Lost in Time von Shelling__Ford (ShinichixRan) ================================================================================ Prolog: Time ------------ Ein Hallo an alle Leserinnen und Leser, ich freue mich dass ihr den weg zu meiner neuen FF gefunden habt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen, Spekulieren und vielleicht auch Kommentieren ;D Alles Liebe, eure Shelling__Ford Time „Shinichi…“ Sie drückte seine Hand, drückte seine Finger ein letztes Mal fest an sich. Er sah das Zögern in ihren Augen, nicht nur das dünne Lächeln, das ihre blutroten Lippen zierte. „…D- Danke, für alles.“ Er war taub für ihre Worte, wusste, was sie bedeuteten, was grade passierte - und war doch taub für alles um ihn herum. Seine Gedanken schotteten sich gegen alles ab, sein Körper war bestimmt von seinem Zittern, dem Gefühl, keine Luft zu bekommen und dem unerfüllbaren Wunsch, dass dies alles nur ein böser Traum war. Seine heisere Stimme erreichte ihr Ohr und blieb doch ungehört. „Nein! NEIN! Mach jetzt keinen Mist... das darfst du nicht. Hörst du…?“ Verzweifelt strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, er sah nicht, wollte nicht sehen, dass ihren Augen bereits jeglicher Glanz fehlte. „Warum hast du das getan!?“ Seine blutverschmierten Hände zitterten, der metallische Geruch stieg ihm in die Nase und vernebelte ihm die Sinne. Blut. Überall. Verzweiflung, Wut und Trauer brachten seine brüchige Stimme zum Beben. „Wieso hast du das getan!?“ „WARUM?!“ Keuchend richtete er sich auf, brauchte kurz, um sich daran zu erinnern, wo er war und wieder ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Seine Finger rannten durch seine Haare während er versuchte, den unliebsamen Traum einfach weg zu atmen. Nächtliche Dunkelheit umgab ihn, die wenigen Lichtstrahlen, die frech zwischen dem Rollladen hervorlugten, reichten nicht aus, um das Zimmer zu erhellen. Langsam ließ er seine Hand sinken, schloss die Augen und lauschte seinem pochenden Herzen. Leise fluchend versuchte er, seinen rauschenden Puls zu bändigen und schaute genervt auf die grüne LED-Anzeige seines Weckers. Erst 05:43 - doch an Schlaf war nicht mehr zu denken. Nervös fuhr er sich übers Gesicht, besah sich die von Angstschweiß feucht glänzende Hand. Angewidert verzog er das Gesicht, schlug die warme Bettdecke von sich und ging mit stillem Kopfschütteln ins Bad. Das kalte Wasser war eine Erlösung. Nass und kühl brachte es ihn langsam wieder zu Verstand. Hastig spritze er sich die Flüssigkeit ins Gesicht, wusch die ohnehin sauberen Finger, die wohl nie wieder sauber sein würden. Er stemmte die Hände auf das kühle Porzellan, beugte sich leicht über das Waschbecken, drehte den Hahn zu und beobachte die letzten Tropfen, die von seinem Kinn als winzige Nachzügler in das kalte Becken fielen. Seine Augen klebten an dem nassen Porzellan als würde es mit ihm sprechen, eine Antwort für ihn bereithalten, die er einfach nicht verstand. Er blinzelte endlich, wandte seinen Blick ab und fuhr sich fahrig mit der Hand über die Stirn, ohne die Kälte seiner Finger genießen zu können, denn die Spuren dieses Alptraums konnte auch das kühle Wasser nicht aus seinem Gedächtnis waschen. < Immer das Gleiche …> Ohne sich zu trocknen oder einen Blick in den Spiegel zu werfen wandte er sich zum Gehen, verfluchte sich innerlich für dieses fast schon tägliche Ritual. Langsam hatte er genug davon. Er hatte es satt. Immer wieder durchlebte er diese Szene, wachte nachts auf und war nicht mehr fähig, ein Auge zuzumachen, wie ein kleines Kind das wachblieb, weil es sich vor dem Monster fürchtete, das in seinem Schrank oder unter dem Bett lauerte und nur darauf wartete, es des Nachts zu überfallen. Sein Monster aber schlief auch tagsüber nicht. Es folgte ihm auf Schritt und Tritt und auch nach all den Jahren war er nicht in der Lage, es abzuschütteln, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passierte. Wieso also musste er das immer wieder durchleben? Er war doch extra gegangen, damit sich genau das nicht mehr wiederholte. Er war gegangen und hatte alles zurück gelassen, hatte sie zurück gelassen. Und doch ließ ihn die Zeit nicht vergessen, sondern verdammte ihn dazu, des Nachts durch die stickigen Nebel seiner Vergangenheit zu waten, um zu sehen, was er getan hatte… und was er nicht getan hatte. Seufzend verließ er das Bad und trat mit ruhigen Schritten ins Wohnzimmer. Die Teetasse des vergangenen Abends stand einsam auf dem Tisch zwischen Sofa und Sessel. Die kleine Sitzgruppe dominierte die Mitte des Raumes … für ihn hätte wohl der Sessel allein gereicht, aber es sollte doch auch irgendwie ein wenig wohnlich aussehen. Er verzog abschätzig das Gesicht, ging langsam zu dem großen Panoramafenster des Apartments, ein Luxus, den er sich einfach gegönnt hatte. Letzte Nachzügler kalten Schweißes rannen noch immer über seine Stirn, versickerten auf ihrem Weg in dem grauen Morgenmantel, den er sich übergeworfen hatte. Die dunklen Ränder unter seinen Augen waren Zeugen seines viel zu unruhigen Schlafes. Er zitterte kurz, während ein leichter Schauer ihn durchfuhr, als die Müdigkeit durch die kurze Nacht wie Regen von ihm abperlte. Lange hatte er nicht geschlafen. Und auch wenn er sich heute Nachmittag vermutlich dafür verfluchte, wenn ihm die Augen über den Fallakten zufielen, so konnte er nicht leugnen, dass er das zu Recht durchmachte. Er hatte es damals nicht verhindern können und war nun nicht fähig, das Geschehene wieder rückgängig zu machen… wie gerne hätte er die Zeit zurückgedreht. Aber die Zeit schien sich ohnehin einen Spaß mit ihm zu erlauben. Er wusste, dass sie niemand aufhalten konnte. Man konnte sie nicht anfassen, nicht festhalten. Ab und an lässt sie uns lediglich spüren, dass sie da ist, entweder sie plätschert langsam vor sich hin, oder rauscht geradezu an uns vorbei. Die Menschen können ihrem Fluss nur zusehen und hoffen, dass er nicht allzu früh über die Ufer tritt und einen von ihnen erbarmungslos mit sich reißt. Ein schwerer Seufzer entrang sich seiner jungen Kehle. Er allein hatte die Zeit betrogen… oder sie ihn. Müde schüttelte er den Kopf, fuhr sich verschlafen durch das dunkle Haar - eigentlich war er es, der betrogen wurde. Schließlich schaute er nun wieder in dieselben Augen, die ihm auch schon vor zehn Jahren im Spiegel entgegen geblickt hatten. Das kräftige Blau war ungetrübt. Ihre Umgebung war frei von jeglichen Falten, nicht die kleinsten Täler hatten sich um seine Mundwinkel gelegt, es sei denn natürlich, er verzog die Lippen einmal mehr zu einem Lächeln, das schon lange keins mehr war. Er hatte den Grundschüler endlich eingeholt und war ihn doch nie gänzlich losgeworden. Übelkeit stieg langsam in ihm hoch. Er hatte es satt! So verdammt satt. Er war dieses Bild so leid, dieses Bild, das nie die Wahrheit sprach … das ständig log und diese Unwahrheit auch seinem Leben aufzwang. Er bemühte sich, dem Bild in der spiegelnden Fensterscheibe nicht auszuweichen … zu sehen, was er war … wer er war. Ein bitteres Lächeln zeigte sich in seinen Mundwinkeln. Noch vor zehn Jahren hatte er sich dieses Bild gewünscht, sich nichts mehr gewünscht als wieder in diese Augen sehen zu können… sie damit ansehen zu können. Er spürte, wie ein leichter Schauer seinen Körper schüttelte, der kurze Gedanke an sie war schon zu viel gewesen. Es war ganz einfach … er konnte es sich nicht leisten, an sie zu denken, er konnte es sich nicht leisten, Träumen nachzuhängen, die schon seit zehn Jahren unerfüllt waren. Er durfte nicht… Still schloss er die Augen, genoss den Moment der Ruhe, der Dunkelheit, ehe er sie wieder öffnete. Seine Spieglung im Fensterglas war verschwunden, nur der langsam hereinbrechende Tag war geblieben. Der Frühjahrsnebel hatte die Sonne verschluckt, von ihr war nichts weiter zu sehen als ein großer tiefroter Kreis auf der gleichmäßig weißen Nebelfläche. Er blickte hinunter auf die große Stadt, der Frühling war so weit vorangeschritten, dass die morgendliche Beleuchtung der Zimmer ausblieb und es so aussah, als ob New York nicht vorhatte, noch an diesem Tag aus seinem Frühjahrsschlaf zu erwachen. Um diese Uhrzeit war selbst auf den Hauptstraßen noch nicht viel los, erst in ein paar Minuten würde sich die halbe Stadt wieder auf ihr zusammenfinden, fluchend und tobend in dem allmorgendlichen Stau stehen. Leise lächelnd schüttelte er den Kopf, bemerkte dann eine Bewegung am Rande des Parks. Er konnte die beiden Personen nur schemenhaft erkennen, die Tatsache, dass sie sich Seite an Seite hastig aus dem Central Park schlichen, erlaubte ihm die Schlussfolgerung, dass es sich um ein junges Pärchen handeln musste, das den Morgen, oder vielleicht auch die Nacht, in besonderer Weise genossen hatte. Er schluckte, wandte den Blick von den beiden ab und sah direkt auf die grüne Lunge der Stadt, die ihrem Namen nach der Langen Winterruhe nun langsam wieder gerecht wurde. Ein zarter Grünschleier hatte sich über die Äste der Bäume gelegt, kündigte somit die Jahreszeit der Verliebten an. Genervt verdrehte er die Augen, vergrub die Hände in den Taschen seines Morgenmantels und schlurfte durch das Wohnzimmer, ging jedoch nicht wieder ins Bad, sondern blieb bei einer kleinen Kommode stehen, die den Durchgang zu Bad und Schlafzimmer von einer benachbarten Tür trennte. Routiniert schob er die dritte Schublade des kleinen Schränkchens auf, das schon seit er eingezogen war unverändert an seinem Platz stand. Briefbögen und alte sowie auch neue Notizbücher stapelten sich auf dem dunklen Boden der Schublade. Er griff nach einem leicht abgewetzten Büchlein, dessen Seiten bereits gelblich schimmerten. Als er jedoch den Gummibund beiseite zog, der das Notizbuch sicherte, fiel ihm ein kleiner bronzefarbener Schlüssel in die Hand, den er jeden Morgen wieder sorgsam zwischen den ausgeschnittenen Seiten des Büchleins versteckte. Er schloss das Buch und legte es zurück in die Schublade. Zwischen all den anderen Weggefährten seines Geistes konnte niemand ahnen, dass ausgerechnet dieses kleine Heft den Schlüssel zu einem ganz anderen Geheimnis verbarg, als seine einfachen Gedanken zu irgendeinem Fall. Geräuschvoll schloss er die Schublade, betrachtete für einen kurzen Moment den kleinen Schlüssel in seiner Handfläche ehe er sich zu der geschlossenen Tür wandte. Der Schlüssel passte. Schnell schloss er auf und trat in den Raum, hinter der zufallenden Tür hörte man ein leises Klicken… Erst eine Stunde später saß er endlich in der Küche, genoss seinen schwarzen Kaffee während die plötzlich gealterten blauen Augen über die Brille spähten und die ersten Seiten der Zeitung studierten. Er gähnte, führte erneut seinen Kaffee an die Lippen. Die Hand, die das warme Porzellan umschloss, schien sich der gesamten Verwandlung in ihrer Farbe angepasst zu haben. Seine Pupillen glitten über die von Druckerschwärze geformten Buchstaben und Zeilen, doch nicht ein einziges Wort erreichte seinen Verstand. Seufzend schlug er die Seiten zu und beförderte die Zeitung in seine Tasche; er würde in der Mittagspause weiter lesen. An diesem Morgen ahnte er noch nicht, dass nur drei Seiten weiter ein Artikel prangte, der sein Leben wieder einmal aus der Bahn werfen sollte. Aber er war heute Morgen einfach zu müde zum Lesen, nicht nur das er schlecht geschlafen hatte, er hatte ohnehin die ganze Nacht am Schreibtisch verbracht. Nachdem er gestern Abend die Akte eines Falls mit einem genüsslichen Lächeln aus der Hand gelegt hatte, hatte er sich dem Schreiben gewidmet. Sein ungewolltes Schriftstellerdasein hatte ihm die Tür zu seinem Beruf geöffnet, Über einen Fall grübeln, Schreiben, Arbeiten … all das lenke ihn von seinen eigenen Gedanken ab. Er hätte mit dem Schreiben schon längst aufhören können… Er hatte sich einen guten Namen als Autor gemacht, es gab viele die ihn kannten und wegen dem was er zu Papier brachte, vergötterten. Aber es waren ganz bestimmt nicht seine Leser oder die Arbeit selbst, die ihn an die Tastatur brachten. Aber wenigstens während dieses musischen Prozesses war er der stille Beobachter seiner Geschichten, konnte jedoch immer einschreiten, wenn die Protagonisten etwas taten, das er nicht bewilligte. Ein Privileg, dass ihm im wahren Leben leider nicht zuteil geworden war… Sein Hauptaugenmerk lag jedoch mittlerweile auf seinem eigentlichen Job als Professor für Kriminalistik an der New Yorker Universität. Er machte diesen Job gerne. Zum einen ermöglichte es ihm, immer noch das zu sein was er war, ein Detektiv, dennoch konnte er nicht leugnen, dass es auch gut war, dem einen oder anderen Studenten zu zeigen, was dieser Beruf wirklich mit sich brachte. Bis auf seine Arbeit und seinen heißen, schwarzen Kaffee hatte er keinerlei Laster… so schien es zumindest. Für jeden Außenstehenden musste es so aussehen, als führte Prof. William Bell ein perfektes Leben. Nur wenige, sehr wenige Menschen kannten den Mann hinter dieser Fassade. Nur wenige wussten, dass das Leben, das er führte, in Wahrheit die Hölle auf Erden für ihn war. Das sein größter Wünsch bis jetzt unerfüllt geblieben war. Und die meisten dachten wohl auch, es würde auf ewig so bleiben, denn zwischen ihm und ihr stand weitaus mehr als die Entfernung auf dem Erdball. Er konnte nicht mit ihr zusammen sein, nicht ohne gegen jegliche Naturgesetze zu verstoßen… aber schlimmer noch, nicht ohne gegen die Gesetze zu verstoßen, die er sich selbst gesetzt hatte und nach denen er nun schon seit so vielen Jahren lebte. Er schluckte; die Wahrheit war doch, dass sie alle schon längst nicht mehr an ihn glaubten, auch wenn es niemand von ihnen übers Herz brachte, ihm das ins Gesicht zu sagen - er konnte es sehen, der Blick in ihren Augen sagte alles. Und es gab Zeiten, da glaubte auch er nicht mehr daran, dass es ihm je gelingen würde, wieder in sein eigentliches Alter zurückzufinden. Er war ein Gefangener der Zeit… Wie also könnte sie glauben, dass er es schaffen würde. Traurig blickte er in seine Kaffeetasse. Ein Gesicht, das ihm bekannt und doch fremd war, sah ihm entgegen. Shinichi blickte die zweite Gestalt entgegen, die er neben Conan Edogawa aus seiner Not heraus erschaffen hatte und fragte sich, wie lange er diese Scharade wohl noch spielen musste. Er blinzelte, schluckte den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte, mühevoll herunter. Ein langes tiefes Atmen unterbrach die Stille seiner Küche, angestrengt schob er die Gedanken beiseite, schluckte den Rest des mittlerweile kalten Kaffees hinunter und sah auf die Uhr. Die einzige Uhr neben seinem Wecker, die er in seinem Apartment duldete. Diese aber zeigte ihm gleich mehrere Zeiten an: sie sagte ihm, wie spät es in den großen Hauptstädten der verschiedensten Länder war. Und von allen Uhren die er so sehr hasse, hasste er diese hier am meisten. Als er auf die Zifferblätter sah, die die Überschrift New York hatte, fluchte er innerlich, stand hastig auf und eilte in den Flur. 7:30… er musste gehen. Mit einem letzten Blick auf die Uhr verschwand er aus der Tür. In Japan war es grade halb neun am Abend. Die nächtlichen Straßen Tokios waren bedrohlich leer, nichts zeugte mehr von dem beginnenden Frühling, denn erst vor einer Woche hatten die zarten Sonnenstrahlen ihr Licht auf das erste Opfer geworfen, welches sein Leben lassen musste… der erste Mensch, als einer von vielen. Die warme Frühlingssonne beschien das braune Laub zu seinen Füßen. Der Herbst des vergangenen Jahres zeigte seine Spuren in diesem Teil des Parks noch deutlich, die herabgefallenen Blätter, an deren Stelle an den Bäumen bereits neue Knospen sprossen, war jegliche Farbe entzogen, manche bestanden nur noch aus ihrem spröden und zerbrechlichen Skelett, dessen Farbe altem Pergament gleichkam. Die Geschichte des vergangenen Jahres bildete wie jeden Morgen den braunen Pfad, auf dem er mit gemütlichen Schritten wanderte. Die graue Aktentasche in seiner Hand schien bei diesem morgendlichen Spaziergang mit einem Mal leicht. Er genoss die frühe Einsamkeit des Parks, den er auf dem Weg zu seiner Arbeit durchquerte. Die milde Frühlingsluft erwärmte die Erde, mischte so den Duft des seichten Taus auf den Knospen mit den verwelkten Blättern auf der dunklen Erde. Leben und Tod trafen so auf einander, sorgten so für ein ungeahntes harmonisches Aroma, das er jeden Morgen aufs Neue genoss. Die Jahre der Entbehrung und der Dunkelheit hatten ihn gelehrt, jedes Detail seiner Welt zu genießen und in sich aufzusaugen. Er blieb stehen, nahm gierig erneut einen Zug der frischen Luft. Mit einem Mal wusste er es. Morgen würde er sie fragen. Er würde sie morgen früh in diesen Park entführen, ganz sicher würden sie ihn an einem Sonntag in den frühen Morgenstunden für sich haben. Und inmitten der von Leben und Tod geschwängerten Luft, unter dem von Sonne beschienenen netzartigen Dach der jungen Blätter würde er sie fragen. Sie würde in dem Spiel aus Licht und Schatten wunderschön aussehen, schöner noch als sonst. Den Ring hatte er schon lange besorgt… und morgen, morgen würde sie ihn endlich an ihrem Finger tragen. Es würde perfekt sein. Er spürte, wie sein Herz allein schon bei dem Gedanken begann, schneller zu schlagen, wie es vor Freude hin und her hüpfte und so jegliche anderen Emotionen in ihm verdrängte. Sogar die Angst. Er sah den Schatten in seinem Rücken nicht, vielleicht, weil er in den vergangenen Wochen bereits wie ein stiller Gefährte gewesen war, der ihn aus der Dunkelheit heraus beobachtete. Erst als sich die scharfe Klinge mit einem Stoß durch seine Rückenmuskulatur in seine Lunge bohrte und dabei zwei Rippen durchschnitt, beherrschte die Panik seinen Körper, doch der Schmerz zwang ihn zu Boden. Er hörte wie Schritte sich entfernten, langsam und ohne Hast. Für einen Moment glaubte er, sein Angreifer, sein Mörder würde sich noch einmal nach ihm umdrehen und mit einem genüsslichen Lächeln sein Werk begutachten, doch er konnte ihn nicht erkennen. Er wollte schreien, doch seine Lunge versagte ihm den Dienst. Blut. Er schmeckte es, die eisenhaltige Flüssigkeit färbte seinen Rachen und Mundraum dunkel. Ein leises Röcheln kündigte an, wie sich seine Lunge mit todbringendem Lebenselixier füllte und ihn erstickte, längst hatte sich ein bordeauxroter Teppich über das alte Herbstlaub ausgebreitet. Panisch schnappte er nach Luft, fast automatisch glitt seine Hand in die Tasche umfasste die kleine, von weichem Samt überzogene Schatulle, die er schon seit dem Tag im Juwelierladen mit sich herum trug. Noch während seine Augen trüb und glasig wurden, wusste er, dass er ihr den Ring niemals geben konnte. Dabei wusste er nicht einmal wieso… Kapitel 1: Professor William Bell --------------------------------- Hallo liebe Leserinnen und Leser, erst einmal vielen Dank für die Kommentare! Ich freue mich wirklich über jedes Einzelne (Klischee ich weiß ^//^ und dennoch wahr]. Ich freu mich das sowohl meine alten Leser *heftigzuwink* als auch ein paar neue *BegrüßunsgGummibärendalass* zu dieser FF gefunden haben. Lange Rede kurzer Sinn, ich hoffe mit diesem Kapitel ein paar Fragen beantworten zu können. Es klingt vielleicht erst mal alles ein wenig abseits von Conan, aber das bleibt nicht so, keine Sorge ;D Viel Spaß beim Lesen, Liebe Grüße eure Shelling__Ford Professor William Bell Der große Hörsaal roch nach muffigem, altem Holz. Die Tische und Stühle waren in einem Halbkreis angeordnet und führten zu einer eingelassenen Tribüne herab, auf der das schlichte Holzpult stand. Nur die ersten beiden Reihen zu waren besetzt. Viele Studenten waren nicht mehr übrig geblieben … die meisten hatten schnell gemerkt, dass die Realität ziemlich wenig mit den spektakulären Kriminalfällen im Fernsehen zu tun hatte und hatten beschlossen, Blut, Mord und Tod doch eher aus dem Weg zu gehen. Die Vorlesung neigte sich dem Ende zu. Ruhig stand er hinter dem kleinen Pult, lauschte dem leisen Kratzen der Kugelschreiber, gewährte den Stundeten ein paar Minuten, um ihre Mitschriften zu vollenden und sah in die Runde. Die Angst, dass sie sein Geheimnis herausfinden könnten, war mit der Zeit verflogen, sein Unwohlsein jedoch - war geblieben. Shinichi unterdrückte ein geräuschvolles Ausatmen; der Gedanke daran, was passieren würde, wenn sie wüssten, dass ihr Professor körperlich um einiges jünger war als sie selbst, bereitete ihm immer wieder Übelkeit. Sie würden bestimmt nicht schlecht staunen. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf seine Züge. Ein falsches Lächeln, auf einem falschen Gesicht einer von ihm kreierten Person. Professor William Bell. Er schluckte; nichts… absolut gar nichts war mehr echt. Noch immer war er um zehn Jahre zurückgeworfen in der Zeit. Nie hatte Conan ihn los gelassen… er hatte sich unter einem Haufen Schminke versteckt und lediglich in eine andere Gestalt verwandelt, deren Auftritt er nun von Tag zu Tag vollzog. Er war nach Amerika gegangen, lehrte nunmehr seit anderthalb Jahren, doch unter einer Schicht von Silikon, einer Perücke und Make-up lauerte noch immer das Gesicht eines 17 Jahre alten Oberschülers. Das Gesicht von Shinichi Kudo. Sich in der Öffentlichkeit so zu zeigen wäre unmöglich gewesen. Natürlich hätte er sich mit ein paar kleinen Veränderungen ebenso gut in eine neue Schule integrieren können… Er hätte es so vielleicht leichter haben können. Genervt schluckte er, der plötzliche Geschmack von Blut machte ihm erst jetzt bewusst, dass er sich auf die Lippe biss. Shinichi minderte den Druck seiner Zähne, nahm die schmale Brille von der Nase und polierte nachdenklich die Gläser. Er hatte sich dagegen entschieden, nahm die Unannehmlichkeiten in Kauf, die ihn diese Scharade kostete. Das Schwitzen unter der Perücke im Sommer, der vorsichtige Umgang mit der Farbe in seinem Gesicht… das alles war besser als diese Geschichte von Neuem beginnen zu lassen. Neue Freunde zu gewinnen … die er belog, hinterging und denen er etwas vorspielte. Nein, diese Geschichte hätte sich nicht wiederholen dürfen. Seufzend setzte er die Brille wieder auf, schaute bedächtig in die Reihen und merkte, dass ihn einige Studenten bereits fragend ansahen oder aber mit einem leichten Grinsen über die aufgestellten Versuche tuschelten. Auch auf seinen Lippen erschien wieder ein Lächeln; seine Studenten waren noch weit davon entfernt heraus zu bekommen, wer sie da wirklich unterrichtete. Er rückte sich die Brille zurecht, ging mit bedächtigen Schritten zu dem kleinen Tisch, den er vor dem Podium hatte aufstellen lassen und betrachtete seine Versuche. Blut. Blut war heute ihr Thema gewesen. Vom biologischen Aufbau, Anämien bis hin zu der kleinen Geschichte der Erkennung von Blut am Tatort. Die dünne Schaumkrone des Kaste-Meyer-Tests hatte sich bereits in Nichts aufgelöst, allein der rostrote Fleck erinnerte noch an seinen Einsatz. Shinichi hatte gleich erkannt, dass die Geschichte der Blutspuren seine Studenten nur mäßig interessierte. Kein Wunder, im Zeitalter moderner Analysemethoden. Traurig schüttelte er den Kopf, konnte das freche Grinsen auf seinen Lippen nicht vermeiden, das unechte Falten um seinen Mund legte; er würde ihnen die nächsten beiden Tests schon schmackhaft machen. Mit einem Schmunzeln schielte der vermeintliche Professor zu dem kleinen Tischchen, auf dem die Historie der chemischen Methoden zum Nachweis von Blutspuren Platz genommen hatte. Er räusperte sich, versicherte sich so der Aufmerksamkeit seiner Studenten und begann zu referieren. „Sie haben nun eines der drei Testverfahren kennen gelernt, die ich Ihnen am Ende dieser Stunde erläutern möchte. Natürlich finden die meisten dieser Nachweisverfahren derzeit keine Anwendung mehr, dennoch sind sie ein wichtiger Schritt zu unseren modernen Analysemethoden.“ Shinichi hatte den Satz noch nicht beendet, als er aus dem Augenwinkel heraus erkennen konnte, wie ein Arm in die Höhe schoss. Mit einem süßlichen Lächeln wandte sich Professor Bell einem seiner Studenten zu. Die Augen des jungen Mannes brannten wie sein feuerrotes Haar und die winzigen Sommersprossen, die sich wie ein dünnes Netz über seine Nase gelegt hatten, verstärkten das freche Glimmen in seinem Blick. „Ja Mr. Simes? Was ist?“ Der Junge schien es nicht für nötig zu halten, die Skepsis aus seiner Stimme zu verbannen - abschätzend wanderte sein Blick von Professor Bell zu dem kleinen Tisch voller Altertümchen, den er missmutig betrachtete. „Ich verstehe ja, dass diese Verfahren Grundlage für die heutigen Arbeitsmethoden in der Kriminalistik sind. Aber mit Verlaub Professor, würde es nicht reichen sie zu erwähnen? Ich denke wir sollten uns eher um die modernen Methoden kümmern … die die wir später auch einmal anwenden müssen.“ Die Blicke der Studenten wanderten von Simes zu Bell und wieder zurück, der etwas vorlaute Ton war längst kein Grund mehr sich zu wundern, das war nun mal Simes… und Mr. Bell hatte seine ganz eigene Art entwickelt, mit seinem Studenten umzugehen. Ohne dass das Lächeln von Shinichis Lippen wich, sprach er weiter, ging ganz ruhig auf die Frage des jungen Mannes ein. „Sie haben ganz Recht Simes, wir verwenden heute ganz andere Methoden um diesen verräterischen Spuren auf die Schliche zu kommen. Das jedoch ist nicht das Problem, die eigentliche Frage ist doch, warum wir nicht auf diese rudimentären Techniken zurückgreifen können?“ Ein leises Gemurmel ging durch den Saal als sich Shinichi zu dem kleinen Tischchen umwandte, dennoch spürte er, dass der skeptische Blick Simes‘ noch immer auf ihm lag. Mit einem wissenden Lächeln hielt Shinichi ein kleines Becherglas in die Höhe, zeigte es so in die Runde. „In diesem Glas befindet sich ein winziger Tropfen Blut in Wasserstoffsuperoxid gelöst. Mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Nun warten sie ab, was passiert, wenn ich das hier hinzu gebe.“ Vorsichtig nahm er ein anders Fläschchen zur Hand, gab ein paar Tropfen in die Lösung und wartete. Schon nach ein paar Sekunden stellte sich der Farbumschlag ein. „Es wird blau!“ „Ach ne…“ Launisch kommentierte Simes die Aussage seiner Kommilitonin, er war eindeutig pikiert darüber, dass sein Professor ihn so offensichtlich ignorierte. Shinichi jedoch nickte dem Mädchen aufmunternd zu. „Ganz richtig. Was Sie hier sehen ist die Guajak-Probe, ein scheinbar sehr deutlicher Nachweis für minimale Spuren von Blut.“ Ein Grinsen schlich sich auf seine Züge, langsam stellte er das eine Becherglas ab und nahm ein anderes dessen Inhalt immer noch farblos war. Mit unverhohlener Freude wandte er sich nun zu Simes. „Um wieder auf Ihre Frage einzugehen Mr. Simes. Würden sie mir die Ehre erweisen?“ „Was? A-Aber?“ Verwundert schaute der Rotfuchs auf das zweite Becherglas, dass ihm der Professor vor die Nase hielt, der beißende Geruch des farblosen Wasserstoffperoxids brannte in seiner Lunge. „Was soll ich denn tun?“ Shinichi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, seine Wortwahl war jedoch betont höflich. „Ich bitte Sie darum, dort hinein zu Spucken.“ „BITTE?“ Nicht nur Simes Augen wurden groß, auch die anderen Studenten starrten ihren Professor entgeistert an. „Sie haben schon ganz richtig gehört, Verehrtester.“ „Aber ich… ich kann doch nicht… ich meine-„ Für einen kurzen Moment erfüllte das Lachen Bells den Saal. Leise kichernd schüttelte er den Kopf, ging zurück zum Pult und krönte seine Darbietung indem er in aller Seelenruhe eine Flasche Rotwein hervorzog und mit einem leisen Knall entkorkte. Entgegen der Erwartung vieler seiner Stundeten setzte Shinichi die Flasche nicht an, sondern ließ einen winzigen Tropfen der bordeauxfarbenen Flüssigkeit in die zweite Lösung fallen. Wieder kombinierte er die Mixtur mit dem Guajak-Harz und schuf so innerhalb von wenigen Sekunden ein leuchtendes Blau, das sich kein Stück von dem Reagenz mit dem Blut unterschied. Ein kurzes Murmeln ging über die alten Tische und Bänke des Hörsaals, doch die Augen der Stundeten hafteten an der Probe und ihrem Professor. Mit einem zufriedenen Lächeln stellte Shinichi das Glas neben das andere zurück auf den Tisch. „Wie auch Holmes schon sagte, ist auf die Guajak-Probe, wie man sieht, keinerlei Verlass!“ Ein kurzes Kichern ging durch die Reihen, seinen Spitznamen hatte ihr Professor weg, dennoch lauschten sie weiterhin gespannt seinen Worten. „Der Nachweis von Blut durch das Harz des westindischen Guajak-Baums ist wie man sehen kann, nicht spezifisch. Das Harz reagiert mit Blut und Rotwein genauso wie es bestimmt auch mit dem Speichel von Mr. Simes hier reagiert hätte … die Lösung Färbt sich blau.“ Shinichi wandte sich an den sonst so energischen jungen Mann, dessen Wangen jetzt ein leichtes Rot zierte. „Ich will Ihnen und Ihren Mitstudenten also zeigen, welche Tücken uns auf dem Weg zur modernen Blutanalyse begegnet sind. Manchmal darf man eben nicht einmal seinen eigenen Augen trauen.“ Anerkennend nickte Simes. Während er seinen Professor beobachtete, konnte er jedoch auch das traurige Lächeln erkennen, das sich für wenige Sekunden an den Schluss seines Satzes anreihte, bis es im Nichts der voluminösen Stimme Bells verschwand, der nun zur nächsten Probe überging. Das Uhlenhut-Verfahren bildete den krönenden Abschluss der für die Stundeten fast schon mittelalterlich erscheinenden Nachweisverfahren. Ein Test, der sowohl bei altem als auch frischem Blut funktionierte und nur auf menschliches Hämoglobin reagierte… oder anders gesagt die „Holmes-Probe“. Denn schließlich hatte Sherlock Holmes ein ganz ähnliches Verfahren angewandt, wie Shinichi seinen Zuhörern einmal mehr ans Herz legte. Mit einem Blick auf die Uhr beendete Professor Bell seine Vorlesung und entließ seine Studenten ins Freie. „Wir sehen uns in einer Stunde in der Pathologie, Herrschaften. Ach, und Simes, hier-„ Der Student blickte auf die Rotweinflasche die ihm sein Professor vor die Nase gestellt hatte. „Entsorgen Sie das für mich, ja?“ Der rothaarige starrte ihn fragend an, begriff dann aber schnell, als er das Lächeln auf den Lippen seines Professors sah. „Wollen Sie das nicht selbst machen Professor?“ Shinichi stockte kurz, wich seinem Blick dann mit leicht gedämpfter Stimme aus. „Nein, schon gut Mr. Simes.“ Er ging zum Pult schulterte die seine Aktentasche und versuchte ein unverfängliches Lächeln. „Ich mache mir nicht besonders viel aus Alkohol.“ Die Pathologie gehörte, anders als der alte Hörsaal, zu dem frisch sanierten Teil des Universitätskomplexes, dies jedoch machte sie keineswegs freundlicher. Die Unpersönlichkeit, welche die herrschende Sterilität mit sich brachte, ließ Shinichi jedes Mal aufs Neue einen Schauer über den Rücken laufen, er hatte diese Räume von je her gehasst. Schön und gut, persönliche Gefühle mussten hinter diesen Türen zurück gelassen werden, doch diese Kälte hatten selbst die Toten nicht verdient. Grade einmal rund zehn Studenten pro Vorlesung passten in den grau gekachelten Raum, sodass sich alle noch gut bewegen konnten. Die linke Wand sah aus wie der verchromte Teil eines Bienenstocks, dessen Bewohner die Waben fälschlicherweise rechteckig konstruiert hatten. Dicht an dicht war die Wand mit den stählernen Kühlkammern bepflastert. Auf der gegenüberliegenden Seite hingen allerlei Gerätschaften, die manche Studenten nicht nur von dem Raum selbst fort gehalten hatten. Sägen, Meißel, Geräte zum Spreizen der Rippen, eine Art Heckenschere, Bohrer und etwas das einer Schöpfkelle verdächtig ähnlich sah. Shinichi wandte den Kopf ab, er hatte nicht vor auch nur eines dieser Werkzeuge zu benutzen. Sollten sich die Gerichtsmediziner doch darum schlagen, diese Menschen wie einen Setzkasten auseinanderzunehmen, er würde das ganz sicher nicht tun. Sein Augenmerk lag allein auf dem Erscheinungsbild der Opfer, und um dadurch schon am Tatort selbst eine erste Aussage zu treffen brauchte er keines dieser Fleischermesser. Genervt atmete er aus, versuchte zur alten Objektivität zurückzukehren, auch wenn ihm das nicht allzu leicht fiel, schließlich wusste er ganz genau, dass auch sie höchstwahrscheinlich einer Obduktion unterzogen worden war. Abwehrend schüttelte Shinichi den Kopf, fixierte nun die drei stählernen Tische, die er für die heutige Lehrstunde hatte aufbauen lassen. Durch die sauberen grünen Tücher konnte man die Konturen der Personen noch immer gut erkennen. Die Art und Weise, wie sie zugedeckt waren, erinnerten mehr an eine OP als an eine Leichenbeschau, doch kein Chirurg der Welt hätte diese Patienten wieder ins Leben zurück rufen können. Traurig zog Bell die Stirn kraus, räusperte sich kurz und rief so die quasselnden Studenten wieder zur Ruhe. Die Zeiten, in denen diese noch reihenweise umgefallen oder zur Toilette gerannt waren, wenn sie diesen Raum nur betreten sollten, waren vorbei - längst war der Tod zur Routine geworden, ihrem Job. Eine Medaille, die, wie Shinichi wusste, zwei Seiten hatte. „Ich danke Ihnen allen für Ihr Erscheinen. In dieser Stunde möchte ich mit Ihnen ein wenig an der Praxis feilen. Wie Sie ja alle wissen, ist es Aufgabe der Kriminalistik, den Tatort auf Hinweise zu untersuchen und dazu gehört nun mal auch immer ein Blick auf die Leiche. Sie haben gelernt, anhand der Leichenstarre und den Totenflecken den Todeszeitpunkt zu bestimmen, aber ein Mordopfer besteht nicht nur aus dem Bericht, den der Pathologe für Sie anfertigt. Dinge, die für die weitere Ermittlung wichtig werden können, stehen oft nicht in diesen Schreiben. Unser heutiges Ziel ist es also, ihre Augen für diese kleinen Details zu schärfen. Dafür-“,er wandte sich zu den Tischen um, „Stehen uns nun diese drei Versuchs- … Personen zur Verfügung. Alles ist so gelassen worden, wie man es am Todesort gefunden hat. Ich werde Ihnen nicht sagen, ob es sich in den einzelnen Fällen um Mord handelt oder nicht. Bereit?“ Einige Studenten nickten flüchtig auf Shinichis Frage; der schaute noch einmal kurz in die Runde, ehe er das erste Tuch vorsichtig bis zur Hälfte der Leiche zog und sie so entblößte. Es war eine Frau. Shinichi schluckte, studierte sie zusammen mit den anderen einen Augenblick lang. Auch er hatte die Leichen noch nicht gesehen, sodass auch für ihn die Suche immer wieder von Neuem begann. Nach nur wenigen Minuten verstärkte sich der Schatten zwischen seinen Augenbrauen, ernst schob er sich die Brille auf der Nase zurecht, ließ seinen Blick erneut über die Frau schweifen. Sie war jung - zwanzig, zweiundzwanzig vielleicht - das blonde Haar war strähnig und hatte nichts mehr von dem Glanz, auf den seine Besitzerin zu Lebzeiten wohl Wert gelegt hätte. Mit schnellem Blick durchforstete er die Akte in seiner Hand, im Gegensatz zu den Informationen, die seine Studenten hatten, hatte er einen Namen, und das Alter der Toten auf seinem Blatt stehen… sie war sechzehn. Er schluckte, räusperte sich und wandte sich zu den Studenten um. „Swan, erzählen sie mir etwas über die Leiche.“ Die Angesprochene war bei ihrem Namen zusammengezuckt, schob sich nun nervös die Brille zurecht und begann zerstreut in ihren Unterlagen zu blättern. „Nu- Nun… es handelt sich um eine Frau. Todeszeitpunkt vor ca. 18 Stunden. Sie hat ein großes Hämatom am linken Unterarm, die Todesursache ist allerdings noch unklar.“ Schweigen trat ein. Swan holte Luft, lugte vorsichtig von ihren Unterlagen auf, der Professor aber sah sie nicht an. Von ihr abgewandt stand Bell da und betrachtete die Leiche. „Tut mir leid…“ seine Stimme hatte einen sanften, fast schon traurigen Ton, für einen Moment wusste keiner mit wem Bell nun wirklich sprach. „Ich fürchte, Swan, Sie haben meine Frage missverstanden.“ Er drehte sich um, schaute fragend in die Menge. „Kann einer weiterhelfen?“ Nur vorsichtig ging der Arm eines Mädchens hoch, nervös wickelte sie eine ihrer braunen Locken um den Finger während sie sprach. „Nun… ich denke, Zeit des Auffindens und die Nummer des Totenscheins sind noch zu ergänzen, sie lautet 586-„ „Nein!“ Bells Stimme hallte durch den kleinen Raum, nur mühevoll schaffte es Shinichi sich zu mäßigen, massierte sich müde die Schläfe und drosselte seine Lautstärke. „Nein … so geht das nicht.“ „Ich weiß, Ihnen allen wurde eingebläut, dass Sie Distanz waren sollen, das ist auch keinesfalls verkehrt! Aber wenn sie sich nur auf die Daten, Zahlen und Nummern stützen, die Ihnen vor die Nase gelegt werden, lösen Sie niemals einen Fall. Sie arbeiten hier nicht mit irgendwelchen Objekten, Dingen, oder sonstigen Gegenständen, Sie arbeiten mit Menschen. Auch der Tod erkennt ihnen das nicht ab, also …“ sein Blick glitt über die Brillengläser, „… erzählen Sie mir etwas über diese junge Frau.“ Bell trat einen Schritt zur Seite und gab so den Blick auf die Leiche wieder frei. Er konnte beobachten, wie es in den Köpfen einiger Studenten zu arbeiten begann, andere blätterten weiter hilflos in ihren Unterlagen herum, bis eine kräftige, aber helle Stimme die Stille durchbrach. „Sie war verliebt.“ Eine junge Frau trat einen Schritt aus der Gruppe hervor, ihre grünen Augen fixierten abwechselnd die Leiche und ihren Professor. „Der Fleck an ihrem Hals gehört definitiv nicht zu den Totenmalen. Außerdem…“ Sie lächelte traurig. „… hat sie ein Herz mit zwei Initialen auf ihre Handfläche gezeichnet.“ Der Rest der Gruppe machte einen Schritt auf die Leiche zu um sich die ominöse Zeichnung genauer an zu sehen. Shinichis Augen aber ruhten auf ihr; als sie aufsah, nickte er ihr anerkennend zu. „Sehr gut, Miss Tomsen. Genau das ist es … sie sollen beobachten. Natürlich hilft es nichts, Theorien aufzustellen ohne entsprechende Beweise, aber um Beweise zu finden, muss man gezielt nach ihnen suchen können. Deshalb ist es wichtig, von den leblosen Körpern zurück zum Menschen zu deduzieren. Also weiter… was fällt Ihnen auf?“ „Sie muss geheu- ähm, geweint haben.“ Shinichi hob die Augenbaue. „Wie kommen die darauf, Simes?“ „Nun… in unsere Pathologie werden normalerweise nur Menschen aus dem Umkreis geliefert und ihre Schminke ist verwischt, aber bei uns hat es gestern nicht geregnet. Also entweder hat sie sich, so wie sie ist, unter die Dusche gestellt oder aber… sie hat geweint.“ Die braunen Augen des Rotschopfes wurden ein wenig matt als er seinen Blick erneut über die Leiche streifen ließ, ehe Shinichi ihm langsam zunickte. „Das alles sind Dinge, die Sie in Ihre Ermittlungen mit einbeziehen, die Sie überprüfen und mit denen Sie Arbeiten müssen. Wir sind heute hier, damit Sie den Blick für diese Details lernen und so der Wahrheit auf die Schliche kommen…“ Traurig sah er zu dem jungen Mädchen. „…so ernüchternd sie auch manchmal sein mag.“ Shinichi musste nicht auf den Bericht des Gerichtsmediziners warten. Ihre gelb verfärbten Augäpfel, ihre junge, von Falten durchzogene Haut, die geröteten Nasenflügel und die verräterischen kleinen Blutspuren, die sich durch den grauen Pulli in ihrer Armbeuge gezwängt hatten, sprachen für sich. Prüfend fiel sein Blick auf die Blutanalyse in seinem Skript. Drogen. Professor Bell seufzte kurz, die Studenten um ihn herum waren seinen Augen gefolgt, auch sie waren in der Lage, erste Schlüsse zu ziehen, sodass wohl nicht nur Simes mit der Flasche im Gepäck ein wenig mulmig wurde. Ohne einen Ton über die Gedanken aller zu verlieren deckte Shinichi die Leiche zu und ging zum nächsten Tisch über. Bei dem folgenden Fall war die Frage ob Mord oder nicht wohl gänzlich überflüssig. Das Opfer war männlich, in seinen Dreißigern und offensichtlich um seine Gesundheit oder seine Figur besorgt gewesen. Genützt hatte ihm das wenig. Die Schweißränder unter seinen Armen waren getrocknet, hoben sich auf dem grünen Jogginganzug kaum von den Blutflecken ab, die den Stoff dunkel gefärbt hatten. Seine abgelaufenen Schuhe erzählten davon dass es sich bei ihm keinesfalls um einen reinen Gelegenheitsläufer handelte. Der Bräunungsstreifen an seinem Handgelenk sprach von einer fehlenden Uhr, zusammen mit dem Fundort der Leiche in einem unsicheren Gebiet New Yorks ließ dies mehrere Schlüsse zu - der brutale Schnitt durch die Kehle jedoch nur einen. Die Studenten lernten langsam, das anzuwenden von dem Bell gesprochen hatte, sodass sich Shinichi mit zufriedenem Lächeln der nächsten Leiche zuwenden konnte. Das grüne Tuch zeichnete einen Frauenkörper ab und ließ schon jetzt erahnen dass der Tod auch für sie zu früh gekommen war. Mit einem schnellen Ruck zog er an dem Stoff und legte so die Leiche bis zur Taille frei. Sofort wurde es still im Raum. Die Augen der Studenten wanderten über die junge Frau, von dem blassen Gesicht und den rot geschminkten Lippen bis hin zu dem Loch in Höhe ihres Herzens. Langsam richteten sich die Blicke auf Professor Bell, sie warteten darauf, dass er etwas sagte, doch bei seinem Anblick wurde allen schnell klar, dass er dazu derzeit nicht in der Lage war. Jegliches Blut war aus seinen Lippen gewichen, Bells Augen waren weit aufgerissen und das kühle Blau wirkte starr. Züge solcher Angst und Panik zeigten sich sonst nur in den Gesichtern der Ermordeten, die dem Tod selbst ins Auge geblickt hatten. Shinichi aber spürte die Blicke auf seiner Haut nicht. Panik, Angst und Schmerz töteten jede andere Empfindung in ihm ab. Er wollte wegsehen, von hier verschwinden, doch etwas in ihm ließ das nicht zu. Etwas in ihm zwang ihn, hinzusehen, verbot ihm, wieder wegzulaufen und hatte scheinbar Gefallen an seiner Qual. Er sollte erkennen, was er angerichtet hatte… er sollte leiden. Starr, beinahe tot ruhten seine Augen auf dem Mädchen, immer wieder verschwamm das Bild mit ihrem in seinen Gedanken. Sie sah ihr ähnlich. Ihr Gesicht war makellos, blass und rein, als hätte der Tod selbst es aus Marmor gemeißelt. Der dunkelrote Fleck in ihrem grünen Pullover schuf ein schwarzes Loch in Höhe ihres Herzens. Ihre Lippen waren mit Blut rot geschminkt und das feine Rinnsal an ihrem Mundwinkel sah aus, als wäre sie eben erst mit ihrem Lippenstift abgerutscht. Ihr Haar stand im völligen Kontrast zu ihrer tödlichen Blässe, die rotblonden Strähnen umschmeichelten ihr Gesicht noch im Tod und fielen ihr bis auf die Schultern. Sie war zwanzig … zweiundzwanzig vielleicht, so alt wie sie damals hätte sein müssen. „Nein!“ Das leise Keuchen drang heiser aus seiner Kehle, er spürte, wie sich kalter Schweiß auf seine Stirn schlich und seine Tarnung zu zerstören drohte. Es war ihm egal. Shinichi schaffte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Ständig flimmerten Bilder und Szenen vor seinen Augen, er konnte nicht entkommen. Zitternd ballte er die Hände zu Fäusten, rang nach Luft und versuchte endlich den Blick von ihr zu wenden, doch es gelang ihm nicht. Fluchend presste er die Augen zu, doch auch jetzt ließen ihn die Bilder nicht los, egal wohin er floh, der schwarze Schatten in seinem Nacken blieb. „Professor? Alles in Ordnung?“ Shinichi schrak auf als er den unsicheren Druck auf seiner Schulter spürte, der Ort an dem er sich befand schlug, ihm mit all seinen Eindrücken in den Magen. Die Kälte, das helle Licht, der Geruch nach Desinfektionsmittel, Blut und Tod trieben die Übelkeit in ihm hoch. „Bitte gehen Sie… die- die Stunde ist beendet.“ Seine Stimme zitterte, hatte nichts mehr von dem, was man von Bell sonst kannte. Unsicher und besorgt sahen sich die Studenten an. „A- Aber Professor?“ „Ich sagte RAUS!“ Wütend drehte er sich nach ihnen um. „RAUS! UND ZWAR ALLE!“ Erschrocken traten die Studenten zurück, Shinichi erkannte die plötzliche Angst in ihren Augen und drehte sich beschämt um, doch sein Körper regierte noch immer die Panik. Zitternd stützte er sich an dem Tisch ab, das kalte Metall fraß sich in seine Handflächen, als er hörte wie sich die Studenten aus dem Raum verzogen, bis die Stille ganz und gar Einzug hielt. Schon lange nicht mehr hatte ihn seine Vergangenheit derart drastisch eingeholt. Das hier durfte nicht passieren… er durfte sich nicht so benehmen. Fluchend kniff er die Augen zusammen, tastete vorsichtig nach dem Stoff - er konnte sie nicht so liegen lassen… nicht so. Er öffnete vorsichtig die Augen wollte das Mädchen wieder zu decken, doch ihr Anblick zerriss ihm den Magen. Blind floh er aus dem Raum. Die Übelkeit in ihm verstärkte sich, er lief weg… schon wieder. Seine Schritte hallten schrill und laut von den Wänden wieder, kleine Schweißtropfen hatten sich auf seiner Stirn gesammelt. Yorks Blick richtete sich auf die schmale Tür vor ihm, er stieß sie auf und hörte unter seinen Worten nur dumpf, wie sie zufiel. „Herrgott Bell! Ich hab sie schon überall gesucht! Was zum-?“ Der Universitätsleiter Maximilian York schaute seinen Mitarbeiter fragend an, das rauschende Wasser bildete die leise Geräuschkulisse, die jedoch keiner der beiden Männer zu hören schien. Bell stand in der Herrentoilette, die Hände auf dem Waschbecken und hatte bis eben dem fließenden Wasser zugesehen wie es im Ausguss verschwand. Er hatte seinen Fluss wie in Trance beobachtet, als würde er nur darauf warten, dass er ihn endlich mit sich riss. „Was tun Sie denn hier?“ Shinichi Schluckte geräuschvoll, schaute seinen Vorgesetzten dann mit einem frechen grinsen an. „Ich war auf der Toilette Chef, aber wenn Sie die Details interessieren, schreibe ich Ihnen gerne einen Bericht." Der Angesprochene rümpfte scheinbar beleidigt die Nase, lächelte kurz, schaute aber nicht minder besorgt zu, wie William die Hände flüchtig unter das fließende Wasser hielt und sie dann mit dem kratzigen Papier vorsichtig trocken tupfte als ob er Angst hätte, etwas zerbrechen zu können. Eigenartig. Dieser Mann war von je her nur eigenartig. Ein Einzelgänger und doch redegewandt und schlau, sodass, wenn man ihn dazu überredet hatte, ein Gespräch mit ihm nicht nur aufschlussreich und interessant, sondern auch durchaus unterhaltsam war. Seine Lehrmethoden waren ab und an etwas gewöhnungsbedürftig, aber noch nie war ein Semester so erfolgreich verlaufen wie bei ihm. Die Studenten, die Dozenten, jeder mochte ihn, aber ehe ihm jemand zu nahe kommen konnte verkroch er sich in seinem Schneckenhaus aus Fallakten, Mord und Tod. Über sein Privatleben war kaum etwas bekannt, die allgemeine Meinung war stets nur, dass dort der Grund für sein seltsames Verhalten liegen musste. Die schlauen, ab und an fast schon jugendlichen Augen hatten an manchen Tagen einen seltsamen trüben Glanz, der jeden glauben ließ, dass William Bell selbst Opfer eines Falles sei, den keiner, nicht einmal der erfolgreiche Kriminologe und Detektiv selbst, lösen konnte. York kannte ihn mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er sich auch von niemandem dabei helfen lassen würde. Wenn es etwas gab, einen Fall, der Bell im Magen lag, konnte er sich Stunden, Tage lang damit beschäftigen und vergas beinahe alles um sich herum. Eine Tatsache, die weder für seine Gesundheit noch für die Universität besonders förderlich war. Ein breites Grinsen zog sich über die Wange des Universitätsleiters. Er hatte das perfekte Heilmittel für seinen Kollegen in der Hinterhand. Als Freund würde er ihm dazu raten und als sein Angestellter würde Will nicht den Hauch einer Chance haben, sich im zu widersetzen. „Und?“ Das zu einer genervten Grimasse verzogene Gesicht Bells starrte ihn an und riss York aus seinen Gedanken. „Was kann ich denn für Sie tun? Ich nehme mal nicht an, dass sie mir auf die Toilette gefolgt sind um meine Tätigkeiten auf dem stillen Örtchen zu protokollieren… Sir?“ Der Angesprochene räusperte sich verlegen, überging jedoch den leicht spitzfindigen Ton seines Professors, viel zu deutlich lag noch immer der trübe Schleier über Bells Augen. Er hätte einen hervorragenden Schauspieler abgegeben, da war sich York ganz sicher. Der Blonde schüttelte nur den Kopf, seine Stimme war ernst und ließ schon jetzt keinerlei Widerspruch zu. „Ich habe einen Fall für sie Bell.“ „Hm?“ Interessiert hob Shinichi die Augenbraun, folgte dem stummen Wink seines Vorgesetzten, ihn in sein Büro zu begleiten. Keiner der beiden verlor ein Wort, während sich Shinichi von York in sein Zimmer führen ließ und in dem Sessel vor dem Schreibtisch Platz nahm, während Mr. York hinter ihm die Tür schloss. Es war nicht ungewöhnlich, dass man ihm einen Fall übertrug, mittlerweile war er ein gern gesehener Gast bei der New Yorker Polizei… doch irgendetwas war diesmal anders. Shinichi schluckte, hörte wie die Tür in seinem Rücken mit einem sanften Klicken ins Schloss fiel, er konnte das ungute Gefühl in seiner Magengegend nicht länger ignorieren… irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Kaum war die Tür zu, hörte er ein kurzes Rascheln, dann ein zweites Klicken und wie erwartet trat York mit der üblichen Zigarette zwischen den Lippen hinter ihm hervor, umrundete seinen Schreibtisch und setzte sich Shinichi gegenüber. Er war Kettenraucher, unter den Studenten kursierte das Gerücht, das York selbst mehr rauchte, als die ganze Stadt jährlich an Smog produzierte. Er war Mitte vierzig, der fein gezwirbelte Schnurbart hätte ohne den hässlichen Nikotinfleck wohl auch Poirot neidisch werden lassen, doch das blonde, schon leicht gräuliche Haar verriet seine Sucht. „Haben Sie die Zeitung schon gelesen?“, fragte York, ohne den Blick von seiner Schreibtischplatte zu heben. Ein kurzes Aufatmen schüttelte ihn, Shinichi hatte schon befürchtet, einer seiner Studenten hätte sein seltsames Verhalten bei seinem Chef angemerkt, doch dem war, wie es schien, nicht so. Dankbar und erleichtert über die willkommene Ablenkung lehnte er sich in dem braunen Ledersessel zurück. „Nur einen Teil. Da ich allerdings nichts von einem Raub, einer Entführung oder einem Mord weiß, nehme ich an, dass ich nicht bis zu der Seite vorgedrungen bin, die etwas mit dem ominösen Fall zu tun hat.“ Er stockte, schaute fragend auf. „Es hat doch etwas mit dem Fall zu tun, oder?“ York nickte, strich die Asche seiner Zigarette mit drehenden Bewegungen an dem bronzenen Aschenbecher ab. Shinichi beobachtete ungeduldig das Verhalten seines Chefs, dessen Worte sich diesem Ausweichmanöver anpassten. „Sie brauchen dringend Urlaub, mein Freund… sie sehen alt aus.“ Shinichi konnte das Entgleisen seiner Züge nicht verhindern, allein das bittere Lachen konnte er zurück halten, verschluckte sich jedoch prompt daran. Er unterlag mehrere Sekunden lang einem schweren Hustenanfall, der York anscheinend nur noch mehr Sorge bereitete. „Ich meine das ernst. Sie sind öfter und langer in dieser Fakultät als ich… und dabei beschwert sich meine Frau schon, dass ich doch gleich hier einziehen könnte!“ Abwertend schüttelte er den Kopf, nahm einen tiefen Zug seiner Zigarette und wandte sich dann wieder Professor Bell zu. „Fakt ist, dass sie Urlaub brauchen.“ „Aber Sir, das ganze haben wir doch schon mal durch gekaut. Es macht mir nichts-„ „Nein!“ Rüde unterbrach York seine Versuche, die Sache im Sand verlaufen zu lassen; diesmal ließ er nicht locker. „Kein Aber heute Bell! Ihr Verhalten eben… unten in der Pathologie spricht wohl für sich. Selbst die Studenten machen sich um Sie sorgen, Mann. Sie brauchen Ruhe.“ Shinichi rang umsonst mich sich, schon längst hatte sich jeder Muskel in seinem Inneren versteift. Er wandte den Blick von York ab, starrte stur ins Nichts und krallte die Fingernägel in die Knie seiner Cordhose. Es hatte also doch jemand geredet. Shinichi stöhnte innerlich auf. Wahrscheinlich war es Janice, die immer ein wenig überfürsorglich war, wenn es ihrem Professor nicht gut ging. Dieses Mädchen wollte ihm nur helfen … dennoch hatte sie keine Ahnung, was sie diesmal wieder angestellt hatte. Stumm richtete sich sein Blick wieder auf York, der seinen Mitarbeiter durchdringend ansah. Der Mann wusste, wann und wie er seinen Joker zu setzen hatte. Doch York selbst ging nicht mehr auf sein schlagfertiges Argument ein, als wäre dessen Zweck allein der gewesen, William zu zeigen, dass er wirklich über alles, was an dieser Universität passierte, bestens Bescheid wusste. „Ich weiß, dass in Ihnen ein Workaholic steckt.“ York schüttelte missbilligend den Kopf, fuhr dann aber in einem verständnisvollen Ton fort. „Ich will Sie ja auch gar nicht von der Arbeit abhalten, ganz im Gegenteil. Dennoch denke ich, dass Ihnen eine kleine Luftveränderung nicht schadet.“ Interessiert hob Shinichi eine Augenbraue; das hörte sich schon anders an. York erkannte das Funkeln hinter den Brillengläsern und begann sichtlich zufrieden zu erklären. „Es ist schon alles geplant und vorbereitet. Ihr Flug geht morgen Früh um halb Neun. Mein Freund und Leiter der örtlichen Universität wird Sie in Empfang nehmen und für eine Unterkunft Sorge tragen. Wundern Sie sich nicht, seine Vorlesungen sind nur noch begrenzt, sein Betätigungsfeld ist die Pathologie und wir haben das Glück, dass er eben diesen Fall von der Kriminalpolizei aus betreut. Sie werden ihn mögen, er ist wie Sie auch ein wenig…“ Verkappt, lag ihm auf der Zunge, doch sein Mund entschied anders. „…eigen.“ Beendete York seinen Redeschwall. Er erkannte den missbilligenden Blick in Bells Zügen, dass genervte Zurechtrücken der Brille war der beste Beweis dafür, dass ihm etwas nicht passte. Anfangs war auch York nicht wohl dabei gewesen, William derart vor vollendete Tatsachen zu stellen, aber er hatte die besseren Argumente auf seiner Seite, das wusste Bell nur noch nicht. Nachdenklich taxierte dieser seinen Vorgesetzen, späte mit ruhigem, aber fragendem Blick über den Rand seiner Brillengläser. „Dann werde ich also morgen um halb Neun im Flieger sitzen. Und wohin geht meine verheißungsvolle Reise, wenn ich fragen darf?“ „Japan.“ Das Wort hallte wie ein Schuss in Shinichis Ohren nach. Der Schlag hatte ihn getroffen und nahm ihm die Luft zum Atmen. Shinichi spürte, wie jegliches Blut aus seinen Wangen wich und war froh, dass genügend Schminke seine Blässe verbarg. Sofort tauchten Bilder vor seinem inneren Auge auf, peinigten und quälten ihn bis tief in sein Inneres. Ihr Bild mischte sich wie ein böser Alptraum mit dem des Mädchens, das unten in der kalten Aluminiumbox lag. „Nein…“ Es war kaum mehr als ein Wispern, das seine raue Kehle hervor brachte. York verzog überrascht das Gesicht, versuchte dann jedoch mit der friedlichen Miene eines Geistlichen zu vermitteln. „Die örtlichen Behörden sind auch schon informiert, die japanische Polizei macht zwar keine Luftsprünge, aber die Presse leckt sich dafür schon umso mehr die Finger nach Ihnen.“ „Ich sagte NEIN!“ Bell war aufgesprungen, stand nun mit zu Fäusten geballten Händen vor ihm. Die blauen Augen sahen zornig auf ihn hinunter, dennoch erkannte York die gleiche Panik in ihnen, die eben auch schon im Bad ans Licht gekommen war. Eindringlich sah er den Professor für Kriminalistik an, fing in einem sehr bestimmten Ton an, mit seinem Mitarbeiter zu reden. „Nun hören Sie mal William, ich erlaube Ihnen in diesem Institut wahrlich Narrenfreiheit. Dennoch sind und bleiben Sie mein Angestellter. Sie werden morgen fliegen. Sie eigenen sich am besten für den Job, allein wegen Ihrer umfassenden Sprachkenntnisse. Was ist? Schauen Sie mich doch nicht so an! Mein lieber Bell, meine Kenntnisse der japanischen Sprache sind zwar begrenzt, dennoch weiß ich, dass jemand, der so ausgiebig in dieser Sprache fluchen kann wie Sie es bei dem letzen Fall im Big Apple bewiesen haben, mehr als nur einen geringen Wortschatz zu bieten haben muss. Außerdem habe ich ein Zertifikat über einen zwei Jahre langen Aufenthalt, Ihrer Person an einer japanischen Universität in Ihrer Akte, falls Sie das schon vergessen haben.“ Shinichi stand da wie vom Blitz getroffen. Natürlich hatte er diesen Aufenthalt vergessen… schließlich hatte es ihn nie gegeben. Das Zeugenschutzprogramm hatte ihm da einen Streich gespielt. Er biss sich auf die blutleeren Lippen, eigentlich hatte er sein Englisch gut im Griff, aber als der Mörder ihm Letztens so knapp durch die Lappen gegangen war, war seine Muttersprache in den widerlichsten Tönen ausgebrochen. Er stöhnte, ließ sich hilflos zurück in den Sessel sinken und wurde vom immer noch warmen Leder empfangen. In seinem Inneren überschlug und drehte sich alles. Er hatte seit zehn Jahren keinen Fuß mehr in seine Heimat gesetzt. Und seine Abmachungen mit dem FBI, das Zeugenschutzprogramm, verbot es ihm es zu tun bis… Er schluckte, schüttelte ergeben den Kopf und verbannte die Vorstellungen aus seinen Gedanken. Müde rieb er sich die Schläfe. York schaute seinen Mitarbeiter verständnislos an, versuchte dann weiter Überzeugungsarbeit zu leisten. „Professor Matzudo ist nun mal Leiter unserer Partneruniversität. Und als Pathologe in diesem Fall war er gerne bereit, auf meine Anfrage einzugehen. Glauben Sie mir Bell, niemand eignet sich besser für den Job als Sie.“ Shinichi schaute ergeben auf, konnte sich grade noch mühevoll davon abhalten, mit der Hand über das Gesicht zu fahren und richtete sich stattdessen erneut die Brille. „Und wieso, wenn ich fragen darf? Wieso soll ausgerechnet ich den Fall übernehmen?“ York lächelte wissend, verschwand kurz unter dem Tisch und tauchte mit der hervorgekramten Zeitung wieder auf, die er William nun auffordernd unter die Nase schob. „Ganz einfach, der Fall wird sie interessieren… Sherlock.“ Shinichi hob die Augenbraue, sein Spitzname unter den Studenten machte ihn immer wieder nervös, dennoch konnte er sich nicht davon abhalten, die Analogien während einer Vorlesung zu ziehen. Er seufzte - eine Tatsache, die ihm jetzt, wie es schien, zum Verhängnis wurde. Er griff nach der Zeitung breitete sie auf seinen Knien aus und fing an zu blättern. „Seite Fünfzehn, lesen Sie.“, meinte York nur und lehnte sich abwartend, mit einem zufriedenen Grinsen in seinem Sessel zurück. Gespannt beobachtete er, wie die außergewöhnlich feinen Hände Bells die Seiten umschlugen, bis seine Augen an dem fraglichen Text hängen blieben. Für ein paar Minuten studierte Shinichi die Zeilen, doch schon bei dem Namen des Bezirks in Tokio blieb sein Herzt stehen. Beika. Shinichi schluckte, seine Augen flogen über die Zeilen, doch seine Gedanken erreichten die Buchstaben schon lange nicht mehr. Es ging nicht! Es war einfach ausgeschlossen. Er konnte diesen Fall nicht übernehmen. Niemals. Er versuchte sich zu kontrollieren, irgendwie musste er York davon überzeugen, dass der Fall nichts für ihn war. Langsam lehnte er sich zurück, ließ das Käseblatt auf seine Knie sinken und legte abschätzend die Fingerspitzen einander. „Ein Mord an einem fünfunddreißigjährigen Japaner, der von der Presse direkt schon als potentieller Beginn eines Serienmordes eingestuft wird? Warum bitte sollte mich diese Überreaktion der örtlichen Beamten interessieren?“ „B-Bitte?!“ Yorks Stimme klang heiser, ungläubig griff er nach der Zeitung, blätterte die Seite um und rieb sie seinem Kollegen unter die Nase. „Deswegen! Deswegen Bell! Ihr Faible für einen gewissen Detektiv ist bekannt, es gibt niemanden der sich besser für diesen Fall eignet als sie!“ Doch Shinichi hörte ihn schon nicht mehr, längst hafteten seine Augen an den Zeilen, die der Mörder bei seinem Opfer hinterlassen hatte. Verehrte Damen und Herren, Es scheint als ob die Einäugigen nun gänzlich erblindet sind. Ich erlaube mir deswegen Ihnen meine Hilfe zur Verfügung zu stellen, um die Studie in Scharlachrot erfolgreich zu Ende zu führen. Hochachtungsvoll, Mr. Sherlock Holmes Kapitel 2: Zurück ----------------- Hallo Hallo, es ist mal wieder Freitag und ich freue mich euch hier alle wieder zu sehen. Erst einmal wie immer vielen Dank für die Kommentare, ich weiß es ist Klischee pur, aber da das schreiben ja doch ein wenig Arbeit macht (auch wenn ichs ja gern tue) sind eure Kommis wirklich Balsam für die Seele ^//.//^ Leira war so lieb den guten Bell mal richtig in Szene zu setzten, wenn ihr also einen Blick auf ihn erhaschen wollt findet ihr ihn in den Illustrationen und natürlich auch unter Leiras Fanarts. Genug der Rede, ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und ein schönes Wochenende. Liebe Grüße, Shelling__Ford Zurück Die seichten Sonnenstrahlen des spätnachmittags berührten ihre Wangen mit goldenem Licht und vertrieben die winterliche Kälte aus ihrem Innern. Die wie immer überfüllten Straßen Tokios zogen sie mit sich, Ran hatte die Hälfte des Weges zu ihrem Apartment schon hinter sich, als die monotone Stimme eines Fernsehsprechers sie zum Stehenbleiben bewegte. „Sherlock Holmes noch immer auf freiem Fuß!“ Abrupt hielt Ran inne, sie musste nicht lang suchen, ehe sie erkannte, dass die Stimme aus dem Elektronikgeschäft kam, das vor ihr lag. Davor hatten sich schon etliche Zuschauer versammelt, die anscheinend ihre ganz eigene Meinung zu dem Fall hatten und diese auch immer wieder mit mehr oder minder lauten Kommentaren zum Besten gaben. Langsam, mit steifen und automatisch wirkenden Bewegungen ging sie auf das Geschäft zu, bis sie einen Blick auf einen der Monitore erhaschen konnte, aus dem ihr das von Falten durchzogene Gesicht des alten Moderators entgegensah. „Die Polizei hat noch immer keine neuen Informationen zu dem Fall, der Täter sowie auch das Motiv bleiben unklar. Der ominöse Brief unterzeichnet von „Mr. Sherlock Holmes“, jedoch hält die Behörden jetzt schon in Atmen.“ Ran schluckte, ihr Blick war von dem Monitor gefesselt, auf dem jetzt die verschwommenen Zeilen des Briefes zu sehen waren, den der Mörder bei der Leiche zurückgelassen hatte. Die Tat war jetzt eine Woche her und noch immer ließ die Presse es sich nicht nehmen, das Ganze aufzuputschen. Ran wusste von ihrem Vater, dass im Revier der Teufel los war. Die Tatsache, dass ausgerechnet ein angehender Journalist die Leiche gefunden hatte, war nicht mehr zu ändern und brachte doch das ganze Polizeidezernat zum Toben, denn der junge Mann hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, für seine zukünftige Karriere ein wenig vorzusorgen. Ein kalter Windzug rief die Erinnerung an Winter und Frost wieder in ihr wach und brachte die nun siebenundzwanzigjährige Frau zum Zittern, ihre Augen waren noch immer im Bann der säuberlich getippten Unterschrift des Mörders. „Sherlock Holmes.“ „Das wäre bestimmt ein Fall für ihn gewesen… nicht wahr, Ran?“ Erschrocken drehte sich die Angesprochene um, doch noch ehe sie Zeit hatte, die Frage zu beantworten, bekam der Oberschüler seine Lektion. „Mensch Genta! Du weißt doch, dass du ihn Ran gegenüber nicht-„ „Weißt du etwas über den Fall, Ran?“ Taktisch klug unterbrach Ayumi die beiden Streithähne, sie hatte im Laufe der Jahre gelernt, mit Genta und Mitsuhiko umzugehen und versuchte so möglichst geschickt das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Ran war dieses Manöver keinesfalls entgangen, dennoch war sie der Oberschülerin dankbar, die ihr erlaubte, ihre trockene Kehle erst einmal wieder zu bändigen. Sie zwang sich zu einem resignierenden Lächeln und schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich fürchte fast die Polizei tappt in ähnlicher Dunkelheit wie ihr. Aber sagt mal… hatten wir nicht einen anderen Namen vereinbart?“ „Mhm? Ach so!“ Ein breites Grinsen der drei folgte diesem unausgesprochenen Denkzettel. „Aber Ran, wir sind doch nicht mehr in der Schule!“ Das Grinsen der drei wurde bei Gentas Worten nur noch breiter, sodass Ran nichts weiter übrig blieb, als mit einem kapitulierenden Lächeln zu kontern. Sie war noch nicht lang die Lehrerin der drei, sie belegte die Stelle der Geschichts- und Japanischlehrerin an der Teitan-Oberschule jetzt grade einmal ein Jahr lang. Anfangs war die Umstellung von dem Du auf das höfliche Sie keinem von ihnen leicht gefallen, allerdings wusste Ran, dass es weder die anderen Schüler noch das Rektorat gern sahen, wenn sie Unterschiede machte. Ihnen war also nichts anders übrig geblieben, als sich daran zu gewöhnen. Auch wenn es schon seltsam war, die drei plötzlich als Schüler vor sich zu haben. Schmunzelnd betrachtete sie die ehemaligen Grundschüler in ihren blauen Schuluniformen, sie waren zwar erwachsener geworden, aber wirklich geändert hatten sie sich nicht. Ran hatte den Gedanken noch nicht beendet, als sie spürte wie es ihr erneut kalt wurde und der Frost von außen in einem leisen Schauer in ihr Inneres drang. Sie biss sich auf die Lippen, ihr Blick richtete sich zu Boden, sie störte sich nicht daran, dass sie den Tokioter Fußgängerverkehr behinderte, die Gespräche und das Gemurmel um sie herum schwappte über sie hinweg. Ran war taub für alles außer ihren eigenen Gedanken. Ganze zehn Jahre war es jetzt her… Und sie konnte den Gedanken an ihn immer noch nicht ertragen. Die drei Oberschüler tauschten beunruhigte Blicke, sie kannten den Ausdruck in dem Gesicht ihrer Lehrerin und Freundin, ein Leid, für das sie bis heute noch keine Medizin gefunden hatte, das sie immer sorgsam verbarg aber doch nie ganz verschleiern konnte. Mitsuhiko fuhr sich ungeduldig durch die Haare, die Augen über dem großen Feld aus Sommersprossen glommen kurz auf ehe er sprach. „Wir haben vor den Fall zu lösen, Ran!“ Aus ihren Gedanken gerissen sah die junge Frau auf, in die nun älteren, aber nichtsdestoweniger entschlossenen Gesichter der drei. Für einen kurzen Moment verschwammen die alten Erinnerungen an die Grundschüler mit ihrem heutigen Bild. Ihr Alter und ihre Schuluniform machten sie zwar reifer, aber was ihre „Fälle“ anbelangte, so hatten sich die drei den Grad an Naivität behalten, der auch jetzt wieder ihre Augen zum Leuchten brachte. „Du wirst es schon sehen Ran, wir bekommen den Täter!“ Zustimmend nickte Genta seinem Klassenkamerad zu. „Genau, schneller als du Aal auf Reis sagen kannst, das wäre doch gelacht!“ Mit einem bezeichnenden Grinsen rieb sich der füllige Oberschüler über den Bauch. „Die Detective Boys lösen den Fall im Handumdrehen, schließlich steht doch unsere Ehre auf dem Spiel!“ Ran holte Luft, als sie das klare Lachen Ayumis hörte, das ihre beiden Kameraden sehr bald begleiteten. An der Vorliebe der beiden Jungs für ihre Mitschülerin hatte sich in all den Jahren nichts geändert, aber das Schöne daran war, das auch Ayumi das nicht getan hatte - sie hatte sich von den Schwärmereien der beiden Herren nicht blenden lassen und war die geblieben, die sie immer gewesen war. Dennoch bereitete der Ehrgeiz der drei ihr Kopfzerbrechen, sie nannten sich immer noch Detective Boys, aber jeder, der ihre Geschichte kannte, wusste, warum ihr Erfolg in den letzen Jahren nicht der größte war. Aber die drei gaben nicht auf, es war, als ob sie verbissen an dem festhielten, was ihre beiden Freunde ihnen hinterlassen hatten. Sie schluckte kurz, rang sich aber zu einem Lächeln durch. „Na dann wünsche ich euch viel Erfolg! Aber dass ihr mir ja unter den schwerwiegenden Ermittlungen eure Hausaufgaben nicht vergesst!“ Die drei merkten sofort wie Rans Ton in die leichte Drohung ihres Amtes zurückfiel und antworteten dementsprechend synchron mit dem allen Lehrern gut vertrauten Sprechgesang. „Natürlich nicht.“ Mit einem Auflachen beider Seiten verabschiedeten sich die Detektive Boys von Ran, ihre Augen verfolgten die drei, bis sie von der Menschenmasse Tokios im Strom verschlungen worden waren. Sie seufzte kurz, ihr Blick schwenkte zurück zu den Monitoren, auf denen jetzt die Lieblings-Wetterfee ihres Vaters zu sehen war, die die Zuschauer mit all ihren Argumenten zu überzeugen versuchte, dass man sich trotz des angekündigten Regen morgen bloß nicht die Stimmung verderben lassen sollte. Ran lächelte trocken, irgendetwas sagte ihr, das Tokio im Moment mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen, hatte als mit ein paar aufziehenden dunklen Wolken. „Ich sagte Nein!“ „Nein, Shinichi, du wirst diesen Fall nicht annehmen!“ Die Augen hinter den noch immer viel zu großen Brillengläsern funkelten ihn böse an, die blonden Haare lagen offen auf ihren Schultern, während sie wütend die Hände in die Hüften rammte. Langsam hatte Jodie es satt, mit ihrem Schützling zu debattieren. Shinichi saß in dem Sessel des Büros und ließ sich von ihr anschreien, die Hände als deutliches Zeichen des Trotzes vor der Brust verschränkt. Jodie betrachtete ihn mit stillem Kopfschütteln, der große Professor führte sich auf wie ein stures kleines Kind! Dieser bittere Vergleich schien Shinichi nicht zu interessieren, gleichgültig pellte er an der dünnen Siliconschicht seiner Hand. Auf der Fahrt von der Uni zum Hauptgebäude des FBIs hatte sich seine Meinung über die überraschende Reise in seine Heimat vollkommen geändert. Der Grund für seine einst vehemente Weigerung hatte sich in den Grund seines Zuspruchs verwandelt. Er könnte sie sehen. Nur sehen… schauen ob es ihr und allen anderen, für deren Sicherheit er hier schließlich kämpfte, gut ging. Natürlich war das ganze riskant. Wenn etwas schief gehen würde, war die jahrelange Arbeit auf einen Schlag zerstört, er konnte Jodies Vorwürfe keineswegs völlig von der Hand weisen, aber noch mal würde er diese Chance ganz sicher nicht bekommen. Schließlich war es William Bell und nicht Shinichi, der nach Japan reisen sollte, und der hatte dafür einen triftigen Grund! So hatte er endlich Gelegenheit, nach ihnen zu sehen und die Bilder in seinem Kopf zu neuem Leben zu erwecken, die sich seit zehn Jahren nur durch Spekulation verändern ließen. Nichts, aber auch gar nichts war zu ihm durchgedrungen. Verdammt, er wusste doch im Grunde genommen nicht einmal ob sie noch lebten! Für diese Informationssperre hatte das FBI gesorgt, es war Teil ihres Plans und Teil des Zeugenschutzprogramms, er sollte erst gar nicht in Versuchung kommen. Es war kein Wunder, dass Jodie seine Überlegungen, aus diesem sorgsam errichteten System auszubrechen, nicht wirklich tolerierte. Mit betont desinteressierter Stimme schielte er über Bells Brille zu ihr hinauf. „Ich werde gehen Jodie! Es ist alles schon geregelt, unauffälliger werde ich dieses Land nicht verlassen können. Nein…“ Er fiel ihr in den noch unausgesprochenen Widerspruch, schüttelte ruhig den Kopf. „Ich fliege.“ „Das, mein Lieber entscheidest nicht du.“ Ruckartig fuhr er um, er hatte James Black, der nun im Zimmer stand, gar nicht kommen hören. Langsam schritt dieser auf seinen Schreibtisch zu, gab so die Sicht auf Shuichi Akai frei, der mit nichtssagender Miene am Türrahmen stehen blieb und Shinichi wie immer nicht eines Blickes würdigte. Scheinbar gelangweilt von dieser Show zupfte er ein paar überstehende Tabakfasern von seiner Zigarettenspitze. Shinichi schluckte, er hatte sie schon lange nicht mehr besucht, jedes Mal wenn er hier war, wurde ihm nur einmal mehr deutlich, dass die Zeit nur mit ihm spielte. Wenn er seinen Bekannten aus früheren Tagen gegenüberstand, erkannte er einmal mehr, dass sie für alle anderen stetig geradeausfloss, vor niemandem haltmachte. Vielleicht der Grund, warum er so selten in seinem zweiten Zuhause aufzufinden war. James Black steuerte auf seine Rente zu, den Falten um den mittlerweile grauweißen Bart hatten sich einige neue hinzugesellt, doch wer in die scharfen Augen des alten Mannes sah wusste, dass der nicht aufgeben würde, ehe er den schwarzen Schatten endlich geschnappt hatte, den sie nun schon so lange verfolgten… gänzlich. „Hören Sie James, ich weiß, dieses Vorhaben verstößt gegen unser Abkommen und Sie wissen doch eigentlich selbst, dass ich es nicht tun würde, wenn ich eine Gefahr für die anderen darin erkennen könnte!“ Die Antwort Blacks wurde von einem leichten Hochziehen der Augenbaue begleitet. „Und was ist mit der Gefahr für dich, Shinichi?“ Die Frage verlangte keine Antwort, abwertend schüttelte Black den Kopf. „Bevor wir hier groß anfangen zu diskutieren, tu mir endlich den Gefallen und zieh die Maske aus! Du weißt, dass ich nicht gern mit einer Schicht Silikon spreche.“ Der Angesprochene hatte den Mund schon zum Widerspruch geöffnet, handelte dann mit einem leichten Grollen aber wie befohlen. Die Brille fand ihren Weg in seine Jackentasche, geübt taste er am Hals nach dem Beginn der Maske, zwängte Finger zwischen Silikon und Haut und riss mit einem Ruck das Gesicht Bells von dem seinen. Maske und Perücke fielen neben ihm zu Boden, während er ein paar Klammern entfernte, die sein widerspenstiges Haar darunter in Schach gehalten hatten. Mit den letzten Handgriffen löschte Shinichi nun auch Professor Bells Stimme aus. Eine Weiterentwicklung des Stimmentransposers von Agasa, ein Transmitter unter seinem Eckzahn, der seine Worte über den Transposer nach außen leitete, sodass er sich die lästige Fliege nicht länger vors Gesicht halten musste. Nachdem er das kleine Gerät ebenfalls in seiner Tasche verstaut hatte, ließ er sich trotzig in seinen Sessel zurück fallen. „Zufrieden?“ James zuckte bei der nun jugendlichen Stimme nicht mehr zusammen, die „Verwandlung“ Shinichis war längst etwas Alltägliches für ihn. Er hatte diesen Jungen aufwachsen sehen, gesehen wie Conan Edogawa wieder zu Shinichi Kudo wurde… und doch noch immer weit entfernt von der Person war, die er eigentlich sein sollte. Wahrscheinlich würde dieses Jahr für ihn anstrengender werden, als all die anderen zuvor, denn wenn Shinichi derzeit in den Spiegel schaute, wollte das Bild, das er sah ihn glauben machen, dass es die vergangen zehn Jahre nicht gegeben hatte - dabei sah er dem Schuldigen an dieser ganzen Misere jedes Mal wieder in die Augen. Blacks Blicke huschten über das nun wieder junge Gesicht. Er war auffällig blass, kein Wunder wohl, wenn er seine Haut ständig unter dieser Maskerade versteckte. Die Augen des Detektivs ruhten genervt auf ihm, die Stimme war zwar nicht mehr die Bells, aber beinhaltete weiter den unnachgiebigen Ton. „Es könnte sicherer nicht sein, William Bell soll nach Japan, nicht ich! Ich werde den Fall lösen, den anderen vielleicht über den Weg laufen und das war’s, ich komme schön brav wieder zurück.“ „Und du glaubst wirklich, es wäre so einfach Shinichi?“ Der Angesprochene antwortete nicht, hielt den taxierenden Blicken Blacks stand und wartete. Nichts in der Miene seines Gegenübers verriet auch nur den geringsten Gedanken, doch Shinichi wusste, dass es hinter der mittlerweile faltenreichen Stirn arbeitete. James Black kannte diesen Blick, Sturheit mischte sich mit Hoffnung - damals war das Ganze noch mit Angst gepaart gewesen, diesmal jedoch wurde in Shinichis Augen deren Gegenspieler sichtbar. Freude. Er freute sich. Er war bereit alles zu riskieren, nur um ihnen einmal kurz nahe sein zu können… nach zehn Jahren. James zupfe sich nachdenklich an seinem Bart, er wusste, dass die letzten Jahre nicht leicht für seinen Schützling gewesen waren. Sie hatten ein Abkommen getroffen an dem Tag, als er sie aufgesucht hatte, Shinichi befolgte ihre Regeln, teilte sein Wissen und half bei dem ein oder anderen Fall. Dafür garantierten sie ihm Schutz und ermöglichten ihm ein Leben, dass den Umständen entsprechend angepasst war. Er konnte sich nicht beschweren und er beschwerte sich nicht. Er beschwerte sich nicht, wenn seine Augen ziellos in die Ferne schweiften. Er beschwerte sich nicht, wenn er sein falsches Gesicht im Spiegel sah. Er beschwerte sich nicht darüber, dass er ein Leben lebte, dass noch immer nicht seines war. Black schluckte, betrachtete den Oberschüler in dem alten Sessel eingehend. „Einverstanden.“ „W-was - aber James!“ Doch Jodies Prostest blieb ungehört. Blacks Augen fixierten noch immer den jungen Detektiv vor ihm, dessen Blick hatte auf einmal einen schon längst vergessenen Glanz. „Schauen, nicht anfassen, Shinichi… das weißt du ja. Tracy soll für dich alles vorbereiten.“ Shinichi nickte, noch immer sichtlich erfreut, auch wenn ihm Blacks Worte einen Dämpfer verpassten. Er wusste es doch, wusste es nur zu gut. Ein versonnenes Lächeln zeigte sich unter Blacks Schnurrbart. „Na dann… viel Erfolg!“ Dankbar grinsend sammelte der junge Detektiv seine Sachen auf, verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken von James und Jodie und hastete an Akai vorbei raus aus dem Büro. „Verdammt noch mal, James! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Nach allem, was der Junge durchgemacht hat, wollen Sie ihm diesen Rückfall zumuten? Sie wissen doch ganz genau, dass er immer noch etwas für sie empfindet, wie soll er sich denn da zurück halten? Sie schicken ihn wahrlich in die Höhle des Löwen!“ „Ich weiß es, Jodie.“ „Sie- Was?!“ Ihre Stimme wurde schrill, die ruhigen Worte James‘ hatten sie aus ihrem Redeschwall gerissen, zwangen sie nun endlich wieder Luft zu holen. „Sie, sie wissen es? Ja aber warum in Gottes Namen dann diese Entscheidung?“ „Sie kennen ihn doch mittlerweile gut genug Jodie, er wäre geflogen, so oder so. Wir können es uns nicht leisten, dass er auf eigene Faust handelt. Mir gefällt das Ganze zwar auch nicht, aber Shinichi ist alles andere als Dumm, er weiß, was auf dem Spiel steht. Seinen Dickschädel hat er uns schon oft genug bewiesen, mir ist es ganz einfach lieber, wenn es unter meiner Kontrolle passiert.“ „Glauben Sie denn, das geht gut?“ Skeptisch sah sie zu James hinunter, erkannte hinter dem ruhigen Aneinanderlegen der Finger die innere Anspannung des Mannes, von der seine Stimme nichts verriet. „Nein.“ „Ja aber wieso-?“ Mit einem kleinen Räuspern stand Black auf, trat vor Bürotisch und stützte sich an dessen Platte ab. „Er hat es sich verdient Jodie… er muss wissen, dass es noch etwas gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Ich denke, er brauch diesen Ausflug jetzt, er muss seine Erinnerung auffrischen, bevor er hinter den ganzen Masken völlig vergisst, wer er ist… und wer auf ihn wartet.“ Sie schnappte nach Luft, biss sich kurz auf die Lippen. Allein bei dem Gedanken daran zog sich ihr Herz zusammen, aber sie konnte diese Vermutung, diese Möglichkeit nicht unausgesprochen lassen. „Was ist… sie wird wohl kaum noch auf ihn warten, nicht auf ihn?“ „Sie wird warten.“ Seine Stimme klang eisig wie eh und je, in seinen Worten lag keinerlei Emotionen für diese Behauptung. Jodie drehte sich zu Akai um, er hatte sich nicht gerührt, stand noch immer an der Tür und kämpfte nun schon eine geraume Zeit mit seinem Feuerzeug. Kurz tauschten Black und sie Blicke aus, sie beide spürten das leise Brennen unter ihrer Haut, das seine Worte und die Geschichte hinter ihnen in ihrem Inneren auslöste. Sie sagten nichts, wussten wohl ganz instinktiv dass er weitersprechen würde. „Sie wird warten. Vergiss nicht das Ran uns nie völlig geglaubt hat. Sie wird für immer auf ihn warten, so wie er auf sie wartet. Allerdings-„ Er stockte zündete sich nun endlich die Zigarette an, sodass seine nächsten Worte von einem dunklen Wesen aus Rauch begleitet wurden. „Allerdings weiß ich nicht, ob er sie noch verdient.“ James Lippen wurden schmal, das einst so gute Verhältnis zwischen Shinichi und Akai schien seit dem Vorfall damals auf ewig zerstört. Sie war das einzige gewesen … das ihm noch geblieben war. Sie war es, um die er sich kümmern wollte, weil seine große Liebe es so gewollt hätte. Shiho war ihr wichtig gewesen… nur wegen ihr hat sie ihr Leben aufs Spiel gesetzt, ein Spiel, das sie letztlich verloren hatte. Er wollte ihrem Tod wenigstens noch irgendeinen Sinn geben … dieser Sinn war das Leben ihrer Schwester gewesen. Mit ihrem Tod damals war auch diese Aufgabe aus Akais Leben gelöscht worden, nun gab es für ihn nur noch den Gedanken an Rache, ein Gefühl das seine Seele bis ins Innerste mit dunklem Teer verklebte. Er hatte ihm nie verziehen… Shinichi hätte sie beschützen sollen, er hatte es versprochen. Anfangs war er aus den Worten des verwirrten Jungen, der immer wieder vor sich hinmurmelte, er hätte versagt, nicht schlau geworden. Bis Kudo es ihm gebeichtet hatte. Akai hatte das nicht hinnehmen können, so wie auch Shinichi sich nie verziehen hatte. Sie sahen sich in diesen Dingen einfach viel zu ähnlich… „Aber was wenn er sich verquatscht und die ganze Sache auffliegt? Außerdem wissen Sie so gut wie ich, dass es Dinge gibt, die wir tun mussten, von denen der Junge keine Ahnung hat… seine Reaktion darauf wird ihn uns nicht grade gefügig machen.“ Akais missbilligender Tonfall schreckte Black aus seinen Gedanken auf, sein Blick flog zu seinem Agenten, hielt ihm eine ganze Weile stand, ehe er antwortete. „Schon, aber das wird nicht der Fall sein,… schließlich werdet ihr ja auf ihn aufpassen.“ „Was?!“ Black lächelte leicht ob der offensichtlichen Bestürzung Jodies. „Sie haben schon richtig gehört. Sie und Akai fliegen ihm nach und werden ihn im Auge behalten.“ Ein freches Grinsen zog den ergrauten Schnauzbart auseinander. „Ganz wie in alten Zeiten.“ Skeptisch verschränkte Jodie die Arme vor der Brust, sie hatte zwar nichts gegen einen Trip nach Japan, dennoch gefiel ihr die Sache ganz und gar nicht. Sie hatte ein schlechtes Gefühl bei all dem und ihr Gefühl hatte sie bislang noch nie im Stich gelassen. Von Akai kam wie zu erwartend nur wenig Begeisterung, sein mürrisches Grummeln aber wurde von Black nicht weiter beachtet und ohne zu fragen als ein „Ja“ notiert. Nachdem die beiden mit dem Auftrag alles zu organisieren aus dem Büro verschwunden waren, breitete sich eine dichte Stille aus. Nachdenklich hafteten die grauen Augen James‘ an der Tür, bohrten unsichtbare Löcher in sie hinein. Nein, nein er hatte gar kein gutes Gefühl bei der Sache. Aber wie er Jodie auch schon gesagt hatte, Shinichi musste jetzt gehen… auch auf die Gefahr hin, die von diesem Unternehmen ausging. Doch die dumpfe Stimme in seinem Inneren spielte mit der Idee, dass es vielleicht genau das Richtige wäre. Shinichi als Lockvogel zu gebrauchen stand nicht zur Debatte, aber vielleicht… vielleicht würde diese Reise dennoch etwas ändern. Vielleicht würde es ihnen endlich gelingen den dunklen Staub aufzuwirbeln, der sich im Laufe der Zeit auf ihre Spuren gelegt hatte. Es war untypisch für den Detektiv, solche Entscheidungen zu fällen, wo er sein Leben doch so auf ihre Sicherheit ausgerichtet hatte, aber in diesem Fall gab es wohl lautere Stimmen, als die seines Verstandes. Konzentriert legte er die Hand an die Stirn, rieb sich mit kleinen, kreisenden Bewegungen die Schläfe. Die Euphorie, mit der er seinen Koffer packte, sowie die Freude, dass er noch genug Klamotten hier gebunkert hatte, verschwand so schnell wie sie gekommen war. Die schnellen, griffsicheren Bewegungen, das nachlässige Zusammenfalten der Hemden, um ja alles schnell in dem Koffer verschwinden zu lassen, war mit jedem Kleidungsstück, nach dem Shinichi griff, langsamer geworden, das Zusammenlegen seines Pullovers hatte sich in ein langwieriges Origami verwandelt, bis er seine Bewegungen gänzlich eingestellt hatte. Was zur Hölle tat er hier eigentlich? Shinichi schluckte, spürte wie sein Hals nur noch trockener wurde, als er einen Blick in seinen Koffer warf. Die Sachen gehörtem ihm nicht mal… Sie gehörten Bell. Und William Bell war es, der nach Japan zurückkehren würde, nicht Shinichi Kudo. James Worte hatten ihm einen Dämpfer verpasst. „Schauen, nicht anfassen, Shinichi…“ Natürlich war er noch immer froh, dass er sie sehen konnte, dass er überprüfen konnte ob es allen gut ging, er war dem alten Black dankbar, dass der seiner Bitte zugestimmt hatte - aber nach und nach wurde ihm klar, was das alles wirklich bedeutete. Er würde sehen wie sie lebten, ein Leben führten, von dem er eigentlich ein Teil hätte sein sollen… von dem er sich wünschte, ein Teil zu sein. Ein Teil ihres Lebens. Shinichi schluckte. Der Gedanke an Ran brachte sein Herz zum Rasen, er hoffte, hoffte so sehr dass er ihr begegnen würde, sie endlich wieder sehen könnte, nur sehen. Aber genau dieser Gedanke war es auch, der ihn in die Enge trieb… der ihm Angst machte. Er hatte Angst vor dem, was er sehen könnte. „Und wie stellt der feine Herr sich das bitte vor!? Innerhalb von einer Nacht Präparate für zwei Wochen herzustellen? Eins kannst du mir glauben, Shinichi, ich steh mir nicht allein die Beine in den Bauch heute Abend, du-„ Doch die Frau mit der aufgebracht klingenden Stimme hielt stumm im Türrahmen inne, als sie ihn sah. Wie lange der Junge mit dem halb zusammengelegten Pullover in seinem Schoß schon so da saß, konnte sie nur schätzen, sein Blick jedoch verriet Tracy dass sich seine Gedanken schon weit von diesem Zimmer entfernt hatten. Ihre säuberlich lackierten Nägel gruben sich in den Holzrahmen seines Zimmers. Schon lange hatte sie ihn nicht mehr so dasitzen sehen. Der Ausdruck, der nun in dem Gesicht des Oberschülers stand, war eigentlich das Markenzeichen eines kleinen Jungen gewesen, der dieses Zimmer in der FBI-Zentrale vor zehn Jahren bezogen hatte. Sie wusste, dass er sie nicht sah, wäre er sich ihrer Anwesenheit bewusst, hätte er schon lange eines seiner falschen Lächeln aufgesetzt, um das ihn wohl jeder Schauspieler beneiden würde. Shinichi wollte nie, dass jemand ihn so sah. Seine blauen Augen waren ohne jeglichen Glanz, starrten bewegungslos auf einen unbedeutenden Punkt auf dem Boden, ganz so als hätte man dem Oberschüler jegliches Leben entzogen. Tracy wusste nicht, ob es wirklich seiner Eitelkeit zuzuschreiben war, dass er sich so benahm, oder ob der Detektiv einfach nur bemüht war, alles und jeden vor sich und seinen Problemen zu schützen. Sie seufzte leise, schaute ihn betrübt an, ehe sie zaghaft auf ihn zuging. Auch als sie sich neben ihn setze, nahm er sie erst wahr, als sie zu sprechen begann. „Solltest du dich nicht eigentlich freuen, Shinichi?“ Der Angesprochene schrak aus seinen Gedanken hoch. Betrachtete die Frau neben sich, mit weit aufgerissenen Augen, er hatte sie gar nicht kommen hören. Nun starrte er sie überrascht an, wusste nicht recht, was er ihr antworten sollte, doch Tracy drängte ihn nicht. Shinichi blickte sie nachdenklich an, sie sah wie immer tadellos aus. Ihr brauner Pullover reichte ihr bis zu den Knien und wurde von einem Gürtel um ihre Taille fixiert, wie immer steckten ihre Füße in einem paar ihrer Lieblingspumps, mit denen sie eine Art Hassliebe verband. Bis auf ein paar Strähnen, die sich zu ihrem Verdruss aus der Schlaufe gewunden hatten, war ihr schwarzes Haar zu einem ordentlichen Knoten gebunden. Shinichi versuchte dem Blick ihrer Augen standzuhalten, er hätte nur zu gerne gewusst, wie weit diese Frau schon wieder in seine Gedanken eingedrungen war. Sie kannte ihn mittlerweile einfach viel zu gut. Es hatte keinen Sinn, ihr etwas vorzumachen. Er seufzte, knetete sich nervös die Hände in seinem Schoß. „Ich weiß nicht recht, was ich in Japan überhaupt zu suchen habe…“ Seine Stimme war blass, er sah nicht auf und konnte Tracys hochgezogene Augenbraue deswegen nicht erkennen. „Na, soweit ich weiß, sollst du dort einen Fall lösen, Shinichi.“ Die gespielte Überraschung verfehlte ihre Wirkung nicht. Sie wusste längst, was ihm im Magen lag, es war gemein und hinterlistig von ihr, sich weiter dumm zu stellen. Aber etwas, dass der Junge lernen musste, war, die Dinge auszusprechen, nicht jeder würde es ihm so leicht machen. „Nein… ich meine, ja. William Bell fliegt nach Japan um einen Fall zu lösen. Aber was… was soll Shinichi Kudo dort?“ Seine Stimme geriet hörbar ins Wanken als er seinen Namen aussprach, den er mittlerweile so selten benutzte. Sie sah ihn eindringlich an, holte kurz Luft, ehe sie betont ruhig zu sprechen begann. „Du sollst dich davon überzeugen, dass du all das nicht umsonst tust, Shinichi. Ich denke, das ist auch der Grund, warum dich unser sentimentaler Engländer fliegen lässt, auch wenn er das natürlich nie zugeben würde.“ Sie zwinkerte verheißungsvoll, doch das erhoffte Lächeln ihres Schützlings blieb aus. Sie sah ihn energisch an, sprach nun mit gedämpfter Stimme und erreichte was sie wollte, er sah ihr in die Augen. „Das heißt… das heißt, wenn es immer noch dein Ziel ist, die Organisation zu zerschlagen und zu ihnen zurückzukehren?“ „Verdammt, natürlich ist es das!“ Sie fing seinen wütenden Blick auf, zuckte nicht, ganz als ob sie die Reaktion erwartet hätte. „Es ist nicht so, dass ich mich gar nicht auf die Reise freue aber…“ „Aber?“ Doch sie musste nicht weiter bohren, längst hatten seine Augen ihn verraten, auch wenn er jetzt den Kopf von ihr abwandte, seine plötzlich weißen Knöchel der zur Faust geballten Hand sprachen Bände. Er dachte an sie. Shinichi hatte Angst und war gleichzeitig unglaublich wütend auf sich, weil er sich diese Frage überhaupt stellte und noch wütender, weil er noch immer keine Antwort fand. Aber er wusste einfach nicht, was ihm lieber war. Er wusste es nicht, verdammt noch mal… Zu sehen, dass Ran noch immer auf ihn wartete … oder sie glücklich in den Armen eines anderenzu wissen, beide dieser Vorstellungen rissen ihm das Herz in Stücke. Shinichi schluckte, rieb sich müde über die Augen. Sie sollte glücklich sein, das war es, was er sich eigentlich wünschen musste, und verdammt, das war es doch auch, was er sich wünschte, der Grund, warum er all das tat. Sie sollte glücklich sein. Leben. Wenn das alles war, was er wollte, warum konnte er sich dann nicht freuen? Warum konnte er sich nicht mit dem Gedanken abfinden? Warum? Er verachtete sich selbst für das zermürbende Gefühl, das ihn davon abhielt sie einfach gehen zu lassen. Nun lebte er schon zehn Jahre hunderte Kilometer von ihr entfernt mit dem guten Glauben und Gewissen das Richtige getan zu haben, und mit der Hoffnung, dass Ran, seine Ran, ihn endlich vergessen würde. Die Wahrheit jedoch sah anders aus, zwar würde er ihr Glück niemals zerstören, dennoch gelang es ihm nicht, sie völlig loszulassen. Die Tatsache, dass er sich von ihr fernhielt und sich versteckte, war nichts weiter als Heuchelei. Ein gut eingeübtes Stück, mit dem sich der Schauspieler selbst hinters Licht führen wollte, um sich die Szene nicht vor Augen zu halten und dann vor Schmerzen umzukommen. Er war nichts weiter als ein elender Feigling. Mehr nicht. „Du liebst sie…“ Shinichi sah überrascht auf, als er Tracys stimme hörte, sah in ihre braunen Augen und fragte sich einmal mehr, wie diese Frau es fertig brachte, seine Gedanken zu lesen. Sie strich ihm eine Ponysträhne aus dem Gesicht, ihre Stimme hatte einen warmen, wohlklingenden Ton als sie weiter sprach. „Du liebst sie, Shinichi… das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen, hörst du? Das darfst du nicht vergessen!“ „Ich muss doch jetzt nicht eifersüchtig sein, oder?“ Die beiden sahen auf, als sie die männliche Stimme im Türrahmen wahrnahmen. Das braun karierte Hemd hing ihm auf der linken Seite aus seiner Hose, seine Haare hatten sich mal wieder nicht bändigen lassen, wahrscheinlich hatte Stuart den Kampf mit der Haarbürste schon längst aufgeben und überließ dem borstigen Dingern den Sieg. Doch sein wie immer chaotisches Erscheinungsbild konnte das Lächeln nicht trüben, welches nun unter seinem Dreitagebart hervor blitzte. „Das hier sollte reichen, denk ich.“ Demonstrativ schüttelte er das marmeladenglasähnliche Gefäß, in dem sich hunderte von Transmittern befanden, denen Bell seine Stimme zu verdanken hatte. „Wenn du die nicht grade zum Frühstück isst, solltest du damit wohl locker zwei Wochen auskommen!“ Shinichi lächelte dankbar, sah zu wie der Erfinder die Dose auf seinen Schreibtisch stellte. „Ich dank dir Stu, Professor Agasa wäre mit Sicherheit begeistert!“ „Ach was!“ Verlegen rieb sich Stuart das mittlerweile leicht ergraute Haar, noch immer war die Faszination nicht verschwunden, die der Wissenschaftler seit Shinichis Erscheinen für die Erfindungen des Professors aus Japan hatte, daher rührte wahrscheinlich auch seine unterschwellige Bitte. „Sag mal Shinichi, ich weiß, dass du sie nicht einweihen darfst, aber wie wäre es denn, wenn dein alter Freund ganz zufällig eine meiner Visitenkarten in seinem Briefkasten finden würde? Ich meine, dann könnten wir doch-„ „Stuart Davis!“ Der Angesprochene zuckte zusammen, als Tracy seinen Namen unüberhörbar tadelnd aussprach. „Du wirst dem Jungen keine Flausen in den Kopf setzen! Wir können froh sein, dass er nach zehn Jahren in deiner Gegenwart nicht allein auf so dumme Ideen kommt. Und überhaupt…“ Sie atmete lautstark aus, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute beleidigt zur Seite. „Das ist unfair! Mir steht eine Nachtschicht bevor und du tauchst hier mir nichts dir nichts mit der ganzen Kolonie dieser Dinger auf.“ Verachtend sah Tracy auf das Gläschen mit besagten „Dingern“. Stu ließ sich jedoch nicht von seiner Verlobten einschüchtern. „Planung und Qualität bedeutet eben alles, Liebes, das weißt du doch.“ „Bitte?!“ Sie spuckte ihm die verächtliche Antwort gradezu entgegen, Tracy stand nun in dem kleinen Zimmer und tippte mit der Spitze ihrer schwarzen Pumps auf den Boden. „Von wegen Planung und Qualität, die Idee zu dieser Erfindung war nicht deine, also hör auf, dich mit fremden Federn zu schmücken. Und außerdem…“ Shinichi sah den beiden mit ergebenem Lächeln beim Streiten zu, schon lange hatte er aufgehört, einzuschreiten, um die beiden zu beruhigen. Der beste Beweis dafür, dass diese Tätigkeit nicht nötig war, glänzte schon seit einem Monat golden an Tracys Ringfinger. Das frisch verlobte Paar hatte sich neben Black und den anderen am meisten um ihn gekümmert. Natürlich hatten die beiden nicht schlecht gestaunt, als sie sein Geheimnis erfahren hatten, doch es dauerte nicht lang, bis sie sich mit dem kleinen Jungen arrangiert hatten, der von dort an in der FBI Zentrale rumstromerte und so manch einem Kollegen mächtig auf die Nerven ging. Tracy war als führende Chemikerin zuerst eingeweiht worden, ihre Aufgabe war es gewesen, anhand ihres Wissens und unzähligen Blutuntersuchungen an die sich Shinichi schmerzlich erinnerte, herauszufinden, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, dem Geheimnis des APTX auf die Schliche zu kommen. Sie hatte es nicht geschafft, ihm sein altes Leben zurückzugeben, also hatte sie ihm geholfen, ein neues zu erschaffen. Da sie es nicht vollbracht hatte auch nur annähernd ein funktionierendes Gegenmittel zustande zu bringen schien sie ihr schlechtes Gewissen durch William Bell zu kompensieren, denn es war die Idee der Amateurschauspielerin gewesen, den fiktiven Autor mithilfe von Silikon, Schminke und Fingerfertigkeit ins Leben zu rufen. So war er auch endlich dem Griff des FBIs ein wenig entkommen und hatte seinen Hauptwohnsitz nach all den Jahren als kleines Maskottchen der Zentrale auf sein Apartment am Central Park verlegen können und so ein wenig Freiraum in diesem Labyrinth aus Regeln und Gesetzen ergattert. Vor allem aber hatten beide ihm geholfen, die Wand aus Arbeit aufzubauen, hinter die er sich dankbar vor anderlei Gedanken versteckt konnte. Sie hatten ihm unzählige Bücher und Fallakten zugeschustert, ihn unterrichtet und einige verblüffte Mitarbeiter gebeten, dasselbe zu tun. Letztendlich war es ihm nur durch die beiden möglich, als William Bell hinter den Mauern des FBIs am Leben teilzuhaben. Tracy hatte schon hundertmal versucht, ihm zu zeigen, wie er die Masken selbst anfertigen könnte, doch er scheiterte jedes Mal kläglich am flüssigen Latex und Makeup. Shinichi schluckte, merkte erst jetzt, dass er seine Finger die ganze Zeit über nervös in seinem Schoss geknetet hatte und sah nun erneut zu den beiden Streithähnen auf. „Danke.“ Das einfache Wort ließ beide innehalten, die Erwachsenen tauschten stumme Blicke miteinander. Tracy spielte nervös an ihrer olivgrünen Perlenkette, während Stuart sein Hemd schuldbewusst wieder in seine Hose pfriemelte. Die Anspannung im Raum war greifbar, Shinichi wusste, dass auch sie sich Sorgen machten über das, was ihn Japan auf ihn lauerte, sie ließen ihn keineswegs gern gehen. Doch anstatt Warnungen und Tadel auszusprechen, winkte Stu nur peinlich berührt ab, während Tracy mit einem leichten Rotstich auf den Wangen den Kopf schüttelte. „Mach dir keine Gedanken Shinichi, pack ein was du brauchst, und leg dich hin, der Tag morgen wird anstrengend genug für dich. Außerdem hab ich ja schon einen Helfer.“ Während sie sprach trat ein breites Grinsen auf ihr Gesicht, längst hatte sie sich den Arm ihres Verlobten geschnappt, der den Braten nun zu riechen schien. „Wen meinst du denn, Tracy?“ „Na dich, mein Lieber.“ Sie kicherte verheißungsvoll, sah ihm spöttisch in die blauen Augen, während sie sprach. „Oder wer hat eben gemeint, dass er durch Planung und Qualität den Abend frei hat?“ „Wie? A-Aber ich kann das doch gar nicht Tracy! Und du weist das genau, wenn ich mit dem Zeug herumhantiere erschaffe ich dir vielleicht Frankensteins Monster, aber mehr Ähnlichkeit mit einem Menschen werde ich nicht herausschlagen.“ „Ach was, wir finden schon was für dich!“ Mit einem breiten Grinsen verabschiedete sich Tracy und zerrte Stu mit sich, von dessen stummen Lippen Shinichi nur noch ein verzweifeltes „Hilf mir!“ lesen konnte, ehe beide aus dem Raum verschwanden. Shinichi blieb allein in seinem Zimmer zurück, mit einem leisen Lächeln schüttelte er nur ungläubig den Kopf über das im Flur nun ruhiger werdende Pärchen. Er war Stuart dankbar, dass er seinen Part als Tracys Helfer übernahm, nicht nur, weil er noch einiges zu Packen hatte, sondern auch weil er sich mehr als ungern in Tracys kleinem „Atelier“ aufhielt. Das stückweise Zusammensetzen von Bells… von seinem Gesicht, war für ihn jedes Mal mehr ein Horrorkabinett als eine Art Kunst. Nachdenklich stand er auf, stopfte nun endlich den Pullover in seinen Koffer, den er die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte. Tracys Worte ließen ihn noch immer nicht los. „Du liebst sie, Shinichi… das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen.“ < Was, wenn doch? Was wenn du dich irrst, Tracy, und genau das der Fehler ist?> Sie hielt seinen Arm noch immer eng umschlungen während sie gemeinsam durch den trüb beleuchteten Korridor gingen. Stuart konnte ihren unruhigen Atem an seiner Seite hören, der Tracys Anspannung verriet. Sie hatte den Jungen lieb gewonnen, das hatten sie beide. “Glaubst du, er weiß, was da auf ihn zukommt?” Stuart biss sich auf die Lippe, sah seine Zukünftige nachdenklich von der Seite an. Tracy hielt inne, er konnte sehen wie sich ihr Brustkorb hob und langsam senkte während sie ihren Kopf in den Nacken legte und scheinbar auf der Suche nach einer Antwort in die weiße Deckenbeleuchtung blickte. “Ich bezweifle, dass überhaupt jemand weiß, was auf ihn zukommt.” Sie schluckte, schüttelte traurig den Kopf ohne den Haarknoten zu bedenken, der sich bei dieser Bewegung immer mehr löste. “Ich glaube er denkt derzeit nur darüber nach, welchen Schaden er anrichten könnte… beziehungsweise, welchen Schaden er schon angerichtet hat. Ich vermute nicht, dass er sich der Gefahr bewusst ist, der er sich selbst aussetzt. Und selbst wenn dem so ist, glaube ich wäre es ihm egal…” Sie schluckte, ihr Blick verlor sich in trüben Schleiern auf dem Boden. “Das ist unfair. Was hat der Junge getan, um derart durch die Hölle gehen zu müssen? Das alles ist nicht fair.” Sie wand sich aus seinem Griff, schlug fröstelnd die Arme übereinander, um sich vor der unsichtbaren Kälte zu schützen. Stuart konnte dem mitfühlenden Leiden seiner Verlobten nur stumm zusehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr Recht zu geben. Schon seit er Shinichi Kudo kannte, hatte ihn das Durchhaltevermögen des damaligen Kindes fasziniert. Als er die Geschichte von dem ominösen Gift erfahren hatte, hatte er es nicht glauben können, ehe er den kleinen Jungen, der eigentlich gar keiner war, selbst kennen gelernt hatte. Es war ihm ein Rätsel, wie Shinichi das alles aushalten konnte, er hatte hier beim FBI seine zweite Kindheit durchlebt ohne sich jemals negativ zu äußern, dabei ahnten doch alle, wie dreckig es ihm gehen musste. Erst jetzt hatten die Eingeweihten die Gelegenheit, den Oberschüler kennen zu lernen, der ihnen damals als Siebenjähriger vorgestellt worden war. Wenn man Shinichi sah, hatte man stets das Gefühl, er würde einen Wettlauf mit der Zeit führen, er war ihr dicht auf den Fersen, doch es war ihm unmöglich, sie einzuholen. Egal, wie sehr sich Shinichi Kudo auch bemühte, er konnte nicht gewinnen. Dennoch wurde es langsam aber sicher gefährlich für den Detektiv, denn im Zuge dieses Wettlaufes wurde ihm langsam jedes Mittel recht, um doch noch einen Sieg zu erringen. Die Kosten, die er dafür erbringen musste waren ihm egal. Und ganz genau das beunruhigte Davis im Moment, er kannte Shinichi gut genug, um zu wissen, dass er bereit war, alles zu tun um die Organisation zu zerschlagen und all dem endlich ein Ende zu setzten. Er schluckte ertappt, schaute sich unsicher nach seiner besseren Hälfte um. Wahrscheinlich würde es ihm nicht anders gehen. Langsam machte er einen Schritt auf sie zu, Tracy spürte seinen warmen Arm um ihre Schulter, doch seine Worte spendeten ihr nur wenig Trost. “Shinichi wird das schaffen… es wird schon alles gut gehen.” Sie schaute auf, strich ihm sanft mit dem Handrücken über das stoppelige Kinn, doch in ihren braunen Augen dominierte noch immer die Sorge um ihren gemeinsamen Schützling. “Ich hoffe du hast Recht… das hoffe ich wirklich.” Kapitel 3: Begegnung ohne Wiedersehen ------------------------------------- Begegnung ohne Wiedersehen Sie genoss die wärmende Röte der morgendlichen Dämmerung, trotz der schweren Regenwolken, die drohend über Tokio schwebten, beherrschte die aufgehende Sonne den Himmel, tauchte ihn in ein sattes Rosé. Endlich wurde es wieder früher hell, die seichten Sonnenstrahlen strichen ihr über die Wange. Der Winter war ihr unendlich lang vorgekommen, sodass sie jetzt kurz stehen blieb und einen tiefen Atemzug der von Feuchtigkeit geschwängerten Luft genoss, ehe sie ihre Schritte weiter in Richtung Arbeit lenkte. Heute Morgen würde die neue Lieferung Obst eintreffen, die sie zu sortieren hatte. Ein kleines Seufzen schlich sich über ihre Lippen. Es war keineswegs das, was sie für sich gewollt hatte, nein bestimmt nicht, denn mit dem von ihr angestrebten Studium hatte die Arbeit in dem kleinen Lebensmittelladen wenig zu tun. Doch sie beschwerte sich nicht und versuchte aus der Situation das Beste zu machen, schließlich war sie dankbar, dass man ihr ein Leben ermöglichte, von dem sie schon geglaubt hatte, es für immer zerstört zu haben. Während sie ihren Weg fortsetze, vernahm sie plötzlich ein heiteres Kinderlachen. Als sie aufsah, erkannte sie einen kleinen Jungen, der an der Hand seiner Mutter vermutlich den täglichen Weg zur Schule antrat. Sie beobachtete die beiden ein paar Sekunden mit einem milden Lächeln, freute sich über die Wärme, die dieser Anblick in ihr ausbreitete, und machte sich auf zur letzten Etappe der Strecke. Ihr Weg führte neben den Schienen einer U-Bahn entlang, die an dieser Stelle überirdisch fuhr. Sie fröstelte, hörte im Hintergrund noch immer die quietschende Stimme des kleinen Jungen, doch nahm ihn kaum noch wahr. Eigentlich hatte sie einen anderen Weg nehmen wollen. Schon seit Tagen hatte sie diese Strecke nicht mehr eingeschlagen, hatte extra einen Umweg eingelegt, um ihre Route zu ändern. Das beklemmende Gefühl, das sie seit Wochen beschlich, wenn sie neben den Gleisen her wanderte, hatte es ihr befohlen. Angst. Aberglaube. Unsicherheit. Wahn. Dies alles hätte sie sich früher eingeredet, wäre der Logik gefolgt und den Weg stur weiter gegangen. Doch die vergangenen zehn Jahre hatten ihre Sichtweise geändert. Sie hatte gelernt, der stillen Warnung in ihrem Inneren zu vertrauen, auf ihren Instinkt zu hören, der sie vor den Schatten warnte, die in der Dunkelheit lauerten. Heute aber hatte sie keine Wahl. Sie hatte verschlafen und konnte es sich nicht leisten zu spät zu kommen, ihr einziger Ausweg war die Abkürzung. Sie spürte wie ihr Herz immer schneller zu schlagen begann, nahm die zarten Schneeglöckchen nicht wahr, die sich am Schienenrand durch den harten Boden gekämpft hatten, sondern ging stur weiter. Der Kies knirschte unter ihren Sohlen, sie musste ihre Schritte im Zaum halten, um nicht einfach los zu rennen - dann endlich tauchte ein bekanntes Licht vor ihren Augen auf. Die U-Bahn raste ihr entgegen, und mit ihr kam meistens auch er. Sie schaute auf und tatsächlich - in gleichmäßigen Bewegungen kam ihr ein Fahrrad entgegen. Ehe sie die Route gewechselt hatte, hatte sie den Briefträger jeden Morgen kurz begrüßt… und er sie. Aus der netten Begrüßung war bald ein kurzes Gespräch geworden, bis er sich dazu durch gerungen hatte sie mit hochroten Wangen zu einem Kaffee einzuladen. Das rasche Schlagen ihres Herzens bekam in diesen Sekunden einen neuen Grund, wie wild gegen ihre Brust zu donnern. Ein verlegenes Lächeln über das wohlige Glücksgefühl in ihrem Inneren begleitete ihren Blick zu ihm. Sie wartete, spürte wie die Angst der Freude über das kurze Wiedersehen wich. Als er sich langsam nährte und sie sein Gesicht erkennen konnte, erwartete sie das erfreute und gute Lächeln auf seinen Lippen. Doch dieses Mal blieb es aus. Sie wartete weiter, lächelte ihm entgegen, in der Hoffnung, dass er nicht beleidigt war, weil sie ihre Route geändert hatte, doch was sie dann in seinen Zügen erkennen konnte, hatte nichts mit Trotz zu tun. Es war Panik. Angst hatte sich wie eine große Narbe in sein fahles Gesicht gebohrt, er gestikulierte wild mit seiner freien Hand, der Lenker wankte bedrohlich unter seiner Bewegung. Sie konnte erkennen, dass er sprach, doch das Rauschen des ankommenden Zuges verschluckte seine Worte. Er starrte ihr entgegen als würde er dem Tode selbst ins Auge sehen. Ihr Herz setzte unweigerlich aus. Sie war unachtsam gewesen. Der Zug rauschte an ihr vorbei, sie wollte sich umdrehen, doch in diesem Moment fiel der Schuss. Der Knall ging beinahe im Rattern der Bahn unter, sie spürte nicht mehr wie ihr Körper auf dem Asphalt aufschlug. Sie nahm sein Rufen nicht mehr wahr, hörte ihn nicht kommen und sah nicht, dass die kleinen Schneeglöckchen mit roten Flecken besprenkelt wurden. Seine Heimat hatte die Tore vor ihm verschlossen. Eine dichte Wolkendecke über der Stadt erlaube Shinichi nicht einen winzigen Blick auf Tokio und trübte so das von ihm heimlich herbeigesehnte Wiedersehen. Verdrossen schob er die kleine Jalousie über das Bullauge des Fliegers. Schon längst hatte er seine Uhr zwei Stunden vorgestellt und auch das Datum auf der kleinen Anzeige um einen Tag nach vorn geschoben, es blieb ihm also nichts weiter zu tun, als auf die herbeigesehnte Landung zu warten. Mit einem genervten Blick sah er zu seinem Sitznachbarn. Schon seit geschlagenen drei Stunden sägte der Kerl ganze Wälder ab, jetzt konnte er sich nicht mal mit einem Blick aus dem Fenster von diesem schnarchenden Ungetüm neben sich ablenken zu können. Stattdessen rutschte er nun unruhig wieder in seinen Sitz, begann aus Langeweile die Brille zu polieren die er unwissend dessen das er sie später einmal würde tragen müssen, zum Accessoire Bells gemacht hatte. Als vor einer Minute die Leuchtanzeige zum Anschnallen begonnen hatte zu blinken und die nach dreizehn Stunden Flug eigentlich etwas zu freundliche Stewardess den Rest seines Mittagessens entfernte hatte, hatte er gehofft, einen Blick auf Tokio werfen zu können, doch das Dunkelgrau, in denen das Flugzeug langsam versank, verkündete nichts als Regen. Die Tatsache, dass er wieder in Japan war, schwappte am Gate dafür umso heftiger über ihn hinweg. Das mulmige Gefühl, das es sich bei der Landung in seinem Magen bequem gemacht hatte, verschwand nun so ruckartig wie die Angst, die man beim Hochfahren einer Achterbahn verspürt, bis diese ins Tal rauscht und man außer seinem pochenden Herzen nichts mehr wahrnimmt. Überwältigt schnappte Shinichi nach Luft. Eine japanische Durchsage dröhnte in der großen Halle wieder, so unverständlich wie auch im Airport der USA und wahrscheinlich auch im Rest der Welt, aber unverkennbar japanisch. Altbekannte Schriftzeichen kündigten neben lateinischen Buchstaben den nächsten Flug an. In dem multikulturellen Gewirr nach dem check out dominierte die japanische Sprache nun unverkennbar, Shinichi glaubte sogar einen Hauch japanischen Essens wahrzunehmen, dessen Duft sich unsichtbar von der Einkaufspassage aus durch die Flure zu ihm schlich. Japan. Er war zu Hause. Wie in Trance wanderte er durch die Menge, schaute sich um und registrierte so gut wie jedes Schild, jedes Wort und jedes noch so kleine Detail, das ihm deutlich sagte, wo er war. Seine Muttersprache nach so langer Zeit wieder zu hören war eine Wohltat, dennoch begleitete ein mulmiges Gefühl seine Magengegend als er die Worte der vorbeirauschenden Menschen gierig in sich aufsog. Es kam ihm vor, als würde er einem alten Freund wieder begegnen, der sich äußerlich zwar nicht geändert hatte, aber einem dennoch sowohl bekannt als auch völlig fremd vorkam. Seine Hände schlossen sich enger um den Griff des kleinen Wagens, auf dem er seine Sachen transportierte. Das, was ihn eben noch geärgert hatte, nämlich das eine der vier Rollen schief war und deswegen nur noch eierte, nahm er nun gar nicht mehr wahr. Er hatte seine Koffer eben eilig von dem schwarzen Gepäckband geholt, ehe irgendjemandem die drei großen Gepäckstücke missfallen konnten, die sonst einsam ihre Runden weiter gedreht hätten. Shinichi spürte, wie sich Schweiß unter der Silikonschicht auf seiner Stirn bildete, als er den Terminal verließ. Am Ausgang wurde er scheinbar von einer wilden Menge erwartet, die, als sie seinen Schatten am trüben Milchglas vorbei gehen sahen, etliche Namen schrien. Erst als er ins Freie trat und die Menge sah, dass es sich bei ihm nicht um den handelte, den sie oder er erwartet hatte, verstummte die Gruppe wieder. Enttäuschung und Bedauern huschte kurz über die Gesichter der Leute ehe sie ihren Augenmerk wieder auf den Ausgang richteten, in der Hoffnung der nächste möge doch der sein, den sie so freudig erwarteten. Während Shinichi an der Absperrung entlang den Ausgang suchte, streife sein Blick das Empfangskomitee. Familien, wahrscheinlich auch Freunde, die mit einem großen Namensschild oder auch nur einem noch größeren Lächeln auf Verwandte und Bekannte warteten. Sein Blick wurde trüb, als er die in freudiger Erwartung lächelnden Gesichter sah. Warum war er eigentlich hier? Was hatte er eigentlich hier zu suchen und warum, warum zum Henker noch eins, war er an diesen Ort zurückgekommen, dem er vor zehn Jahren feige den Rücken zugekehrt hatte. Shinichi schluckte, schob sich nervös die Brille zu Recht und versuchte grade das zynische Lächeln zu unterdrücken, als eine junge Japanerin scheinbar gradewegs auf ihn zugelaufen kam. Verwundert blieb er stehen, wusste nicht recht wie er sich verhalten sollte, doch diese Frage wurde ihm von ihr schnell abgenommen, denn statt weiter auf Bell zuzuhalten, schwenkte sie in der letzten Sekunde ab. Ihre Blicke und ihre zum freudigen Empfang ausgebreiteten Arme galten keineswegs Shinichi, sondern dem jungen Mann hinter ihm, der grade mit einem Strauß gelber Rosen bewaffnet hinter der Milchglasscheibe hervortrat. Das hektische Klappern der schwarzen Pumps auf dem ausgetretenen PVC verstummte augenblicklich als sich die junge Frau in den Armen ihres Geliebten wiederfand, der ihre Freude, wie es schien, nur allzu gern erwiderte. Ihr braunes Haar fiel ihm auf die Schultern, seine Reisetasche war dem Ansturm seiner Freundin offenbar nicht gewachsen gewesen und fand nun unsanft einen Platz auf dem Boden. Allein die Rosen hatte er wohl mit Mühe und Not retten können, ehe sich ihre Lippen begegneten. Das lautlose Niederregnen ein paar vereinzelter gelber Blütenblätter begleitete ihren Kuss. „Ich schätze Ihnen wäre eine derartige Begrüßung wohl lieber als ein alter Pathologe, der Sie mit einem nüchternen Händedruck empfängt... was, Professor Bell?“ Erschrocken drehte Shinichi sich zu dem Mann an seiner Seite um, der nun seinerseits das Paar mit einem milden Lächeln begutachtete. Verlegen rückte er sich die Brille zurecht, bemühte sich, den bitteren Geschmack auf seiner Zunge so gut es ging zu ignorieren. „Mr. Matzudo, nehme ich an?“ Shinichi schluckte kurz, als er hörte wie Bells Stimme den japanischen Satz formte, fuhr jedoch so unauffällig wie möglich fort. „Was hat mich verraten, Doktor?“ Sein Gegenüber grinste verschmitzt, Shinichi erkannte den typisch belehrenden Ton seiner Stimme, der jedoch trotz der unverhohlenen Freude des Pathologen nichts Überhebliches in sich trug. „Lassen Sie mich überlegen…, war es der sehnsüchtige Blick in ihren Augen? Oder die leicht verletzten Gesichtszüge?“ „Nun ja…“ Shinichi spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss, war froh, dass Bells Züge diese Schwäche nicht teilten. „Ich meinte eigentlich, warum Sie wussten, dass ich es bin? Es wäre mir neu, dass ich mit einem Namensschild umher laufe.“ „Nein, das nicht.“ Endlich wandte sich der Mann Shinichi zu, sodass er ihn genauer in Augenschein nehmen konnte. Sofort fielen ihm die klaren grünen Augen auf, die, anders als sein restliches Erscheinungsbild, sein Alter kaum verrieten. Anhand der grauen Schläfen und der zahlreichen Falten, die die Jahre in sein Gesicht gegraben hatten, schätzte er ihn auf etwa 50 … vielleicht auch schon älter. Wenn Matzudo ahnte, was in Bells Kopf bei der Musterung seines Kollegen vorging, so ließ er es sich nicht anmerken, sondern beantwortete seine Frage mit einem freundlichen Lächeln. „Sie tragen zwar keinen Ausweis an ihrer Brusttasche Mr. Bell, aber Ihr Erscheinungsbild und Ihr Auftreten verraten mir schnell genug über Ihre Person, um Sie aus der Menge heraus zu fischen.“ „Mhm?“ Neugierig begegnete Bell dem Blick des Pathologen. Die stumme Aufforderung reichte offenbar, um den Doktor zum Sprechen zu bewegen. „Das Erste, was einem auffällt, ist ihr Gepäck; für einen einfachen Geschäftsbesuch müssen Sie sich ganz sicher nicht wie ein Packesel ausstaffieren, für einen Touristen wiederum schauen Sie sich zu wenig um. Allerdings verrät der silberne Metallkoffer, der wohl ohne Frage isoliert ist, dass Sie Arbeitsgerät, welcher Art auch immer, mit sich herum tragen. Hinzu kommt, dass Sie wahrscheinlich noch die gleiche Hose wie gestern tragen, da ich bezweifle, dass Sie heute Morgen noch eine Vorlesung hatten. Auf dem rechten Oberschenkel des Cordstoffs Ihrer Hose finden sich allerdings noch deutliche Spuren von Kreide, die eigentlich nur auf einen Beruf als Lehrender hindeuten. Die New York Times, die Sie sich als solch schickes Accessoire unter den Arm geklemmt haben, verrät mir außerdem das Sie an dem aktuellen Fall hier in Tokio interessiert sind, denn ich glaube nicht, dass es sich bei den Notizen neben dem Artikel um einfache Kritzeleien handelt. Nach diesen Kriterien war es nicht schwer, Sie zu erkennen, Professor.“ Shinichi schluckte, versuchte ein unverfängliches Lächeln, dabei spürte er jedoch ganz deutlich, dass sich die feinen Haare auf seinem Arm aufgestellt hatten, es war ihm gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass dieser Mann ihn so leicht durchschaut hatte. Die Vorgehensweise an sich, mit der der Pathologe ans Werk gegangen war, kam ihm jedoch mehr als bekannt vor, und das breite, abwartende Grinsen, bei dem die sauberen Zähne des Arztes zum Vorschein kamen, schien ihm Recht zu geben. „Da haben Sie mich wohl in der Tat durchschaut Doktor, ganz nach Holmes‘ Methoden, was? Da frage ich mich doch, was ich hier noch soll, wenn mich der Fachmann persönlich vom Flughafen abholt?“ „Na ja, ich gebe zu, dass ich den Fantasien Doyles nicht ganz abgeneigt bin, aber ein Experte bin ich weder in Fragen über Holmes … noch seiner Methoden.“ Mit einem verschmitzten Grinsen zog er ein Foto aus der Tasche seiner hellblauen Jeans, auf dem Shinichi Bells Gesicht entgegen Blickte. Der Pathologe lächelte verlegen, während er das Bild zurück in seine Tasche beförderte. „Wenn man weiß, wonach man suchen muss, ist die Suche nach den Kriterien selbst schließlich kein Problem mehr.“ Shinichi nickte ihm mit einem erleichterten Lächeln zu, schob verlegen die Brille auf seiner Nase wieder zu Recht. „Da haben sie nicht Unrecht, Mr. Matzudo. Aber auch bei mir wird sich noch zeigen, wie profund und vor allem hilfreich mein Wissen in dieser Sache wirklich ist.“ Seine Stimme hatte sich kaum merklich gesenkt, Matzudo merkte schnell, dass das Gespräch der beiden den Grund von Bells Aufenthalt hier in Tokio wieder aufgegriffen hatte. Der Mediziner nickte kurz. „Und die Lage ist seit heute Morgen ernster, als Sie denken Mr. Bell… leider.“ Überrascht zog Bell die Augenbraun nach oben. „Haben Sie denn schon neue Informationen zu dem Fall?“ „Nein, das nicht.“ Traurig schüttelte er den Kopf „Aber?“ „Wir haben ein zweites Opfer.“ Der Mord habe erst vor wenigen Stunden stattgefunden, bei dem Opfer handele es sich diesmal um eine Frau mittleren Alters, erklärte Matzudo. Die Tat ereignete sich wieder im Beika Viertel, berichtete er, während sie Bells Koffer in den silbernen Ford einluden. Er wäre schon vor Ort gewesen, das Morddezernat kümmere sich wahrscheinlich noch um den Tatort. Es handelte sich nicht um dieselbe Waffe, diesmal war es ein sauberer Kopfschuss. Shinichi hörte dem Bericht des Pathologen nur mit einem Ohr zu, er konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken abschweiften, während sie mit dem Auto seine alte Heimat durchquerten. Erinnerungen keimten in ihm auf, wurden aber schnell von dem bitteren Bewusstsein unterdrückt, dass er eigentlich nicht hier sein sollte. Shinichi schluckte, fuhr sich in Gedanken unvorsichtig über die Stirn. In seinem inneren fochten zwei Parteien einen Kampf aus, in dessen Kriegsgetümmel er von der einen zur anderen Seite geschleudert wurde. Matzudo schien die Wortlosigkeit Ruhe seines Begleiters nicht zu entgehen, während nur das dumpfe Klacken des Blinkers zu hören war. Er stellte seinen Bericht ein und beobachtete den Mann an seiner Seite, dessen Blick starr auf die Straßen und Häuser Tokios fiel. Seine Augen waren viel zu trüb für den Blick eines einfachen Besuchers. Sein alter Freund York hatte Recht, irgendetwas stimmte mit diesem Mann nicht. Mit einem kurzen Räuspern erkämpfte sich der Doktor die Aufmerksamkeit seines Beifahrers. „Ich kann Sie natürlich auch gerne erst in ihre Unterkunft bringen, Bell. Ich kann gut verstehen, dass Sie sich nach dieser Reise erst einmal-„ „Was?“ Aus seiner Trance heraus gerissen starrte er Matzudo kurz an, verfluchte sich dann dafür, dass er seine Gedanken nicht im Zaun hatte und begann mühevoll zu rekonstruieren, was er eben mit halben Ohr aufgeschnappt hatte. „Nein! Nein, schon gut. Ich würde gerne erst den Tatort sehen, bevor die Spur kalt wird.“ Anerkennend nickte Matzudo ihm zu, während er in die nächste Straße einbog. „Dachte ich mir doch, dass Sie die Fährte aufnehmen möchten, solange sie noch frisch ist. Ich war so frei, die Polizei auch gleich über Ihr Kommen zu informieren. Auch wenn ich leider sagen muss, dass nicht jeder Ihre Mithilfe so zu schätzen weiß.“ Shinichi schluckte, mimte jedoch ein verständnisvolles Lächeln. „Kein Wunder, ich glaube niemand hat es gern, wenn sich ein Fremder in seine Angelegenheiten einmischt.“ „Mhm…“ Mehr sagte er nicht, trommelte stattdessen ein paar Mal kurz auf dem mit Leder umfassten Lenkrad herum. Shinichi sah lange Finger und filigrane Hände, kaum vorstellbar, dass dieser Mann die meiste Zeit damit verbrachte, die Gedärme von Leichen zu durchstöbern. „Alle Achtung.“ Der Doktor nutze die Minute, als er hielt, um ein paar duzend Fußgänger über den Zebrasteifen zu lassen, um Shinichi kurz in die Augen zu sehen, während er sprach. „Ihr Japanisch ist besser als ich zu hoffen gewagt hatte! Selbst ihr Akzent ist kaum vorhanden!“ „W-Was?“ Erschrocken starrte er Matzudo an, der den ertappten Gesichtsausdruck Bells kurz registrierte, um dann den ersten Gang einzulegen und die Fahrt fortzusetzen. Shinichi saß starr vor Schreck aufrecht in dem cremefarbenen Sitz, kleine Schweißperlen sammelten sich unter der Maske. Wenn er sich nicht langsam wieder beruhigte würde die Menge an Schweiß zwischen Haut und Maske bald einen Juckreiz auslösen, dem er kaum standhalten könnte. Shinichi lief es eiskalt den Rücken runter. Das fing ja gut an. Er verfluchte sich im Stillen, erhaschte einen kurzen Blick auf Matzudo, der sich, jetzt scheinbar ruhig und auf eine Antwort wartend, wieder dem Tokioter Nachmittagsverkehr widmete. Wie konnte er nur so blöd sein! Tracy hatte ihm zwar geraten, sich nicht zu sehr zu verstellen, aber er sollte doch auch nicht gänzlich ohne amerikanischen Slang vorsprechen! Egal, jetzt war es zu spät, nach dieser Aussage ein wenig mehr Englisch in seine Worte einfließen zu lassen wäre zu auffällig. Er musste sich was anderes einfallen lassen, wenn dieser Pathologe, den er erst seit ein paar Minuten kannte, schon misstrauisch wurde, durfte er sich bei jemandem, den er kannte, schon gar keinen Patzer erlauben. „Ich muss zugeben, das wundert mich selbst.“, gestand er nach einer Weile. „Die beiden Jahre in Japan haben sich anscheinend mehr als bezahlt gemacht, vielleicht kann ich so ja auch bei den japanischen Kollegen von der Polizei ein paar Punkte wieder gut machen.“ Er hoffte inständig, dass sein Lächeln nicht so zerknirscht und unecht wirkte, wie es sich anfühlte, wartete gespannt auf eine Reaktion Matzudos. Die buschigen Augenbrauen zogen sich kurz zusammen, ehe das Gesicht des Pathologen sich wieder entspannte und er anerkennend nickte. „Das will ich doch hoffen, Mr. Bell. Aber ich denke grade Megure wird darüber wohl erfreut sein, denn sein Englisch ist bei Weitem nicht das Beste und ich bin sicher, der hatte schon mächtig Magenschmerzen bei dem Gedanken, sich mit Ihnen zu verständigen.“ „M- Megure?“ „Ja, Hauptkommissar Megure, er selbst hat sich dieser Sache angenommen. Was ist? Kennen Sie ihn etwa?“ Verwirrt blickte er in das starre Gesicht des amerikanischen Professors, für einen Kriminalisten ließ er sich erstaunlich rasch aus der Fassung bringen. Der erste Zeuge von Veränderung während seiner Abwesenheit hallte in geisterhafter Form von Matzudos Worten in seinem Kopf wieder. Shinichi merkte kaum, wie trocken seine Kehle war als er antwortete. „Ich… k- kann sein, ich denke ich habe seinen Namen in der Zeitung gelesen.“ Fast automatisch kam dieser Satz aus seinem Mund. Shinichi wunderte sich schon lange nicht mehr, wie sehr er sich an diese Lügerei angepasst hatte, er hatte es schon lange satt sich einen Kopf darüber zu machen, schließlich bildeten Lügen schon mehr als zehn Jahre lang sein Leben. Matzudo schien nicht zu ahnen, was hinter Bells falscher Stirn vor sich ging, fuhr ungerührt fort, während er bestimmt schon an der zehnten verfluchten roten Apel anhielt. „Ich schätze, er und seine Truppe müssten noch vor Ort sein, so können wir sie gleich gebührend in den Fall einweisen.“ Bell nickte, sein Blick schweifte jedoch in die Ferne. Das schwarz-gelbe Absperrband flatterte im Wind, riegelte den Tatort großräumig ab, um Reporter und Gaffer fern zu halten. Der Asphalt unter seinen Füßen verriet seine Schritte, vergrößerte das mulmige Gefühl in Shinichis Magen, während er und Matzudo auf die provisorische Grenze zugingen. Zwei Beamten war das große Glück und die ehrenvolle Aufgabe zuteil geworden, zusätzlich vor dem Band Wache zu schieben, ihre gelangweilten Gesichter waren Zeuge von der Muße, mit der sie ihrer Arbeit nachgingen. Matzudo hatte seinen Wagen zwischen die Polizeifahrzeuge manövriert, er nickte den Beamten von weitem zu, als sie auf den unbefestigten Weg neben die Gleise traten. Der Kies knirschte verräterisch unter seinen Schuhen, Shinichi hatte das Gefühl, den Gang zum Schafott angetreten zu haben, das Absperrband, unter dem er sich grade hindurchbückte, wartete wahrscheinlich nur darauf, jede Sekunde wie ein Beil in die Tiefe zu fallen. Er schluckte, schloss kurz die Augen und atmete lange aus. Sein Blick richtete sich auf den grauen Berg, der sich ein paar Meter vor ihnen aufbaute. Er steuerte auf eine voluminöse Gestalt mit Trenchcoat und Hut zu, der kräftige Mann hätte sich nicht erst herum zu drehen brauchen, Shinichi erkannte ihn auch so. „Verdammt noch mal, Kikuja!“ Der hagre Beamte zuckte kurz zusammen als er seinen Namen hörte. „Klären Sie gefälligst ab, wie das passieren konnte und dann sehen Sie endlich zu, dass Sie diesen Mann beruhigen!” Doch statt dem Gebrüll seines Vorgesetzten Folge zu leisten, schielte der junge Beamte über Megures Schulter zu Dr. Matzudo und seinem Begleiter. Sein gegeltes Haar hielt dem Frühlingssturm, der sich über Tokio ankündigte, ohne mit der Wimper zu zucken stand. Die Frage, was der Polizist sich alles auf den Kopf geschmiert hatte, stellte sich Shinichi gar nicht erst, es musste eine Mischung aus Kleister und Superkleber sein, etwas anderes war bei dieser Beton-Frisur gar nicht möglich. Shinichi bemerkte wohl nicht allein, dass die Augen Kikujas zwischen ihnen und Megure hin und her wanderten, denn wie auf Befehl blieb Matzudo stehen und wartet mit Bell auf eine Reaktion des Hauptkommissars. „Was stehen Sie hier noch rum, Kikuja?! Sie sollten doch-” „Ja – ja, aber Herr Hauptkommissar, da sind doch… Ich meine, Sie sollten sich vielleicht…” Mit ungeschickten Bewegungen versuchte er sein Gestammel zu unterstützen, deutete über Megures Schulter hinweg und schaffe es so seinen Vorgesetzten, wenn auch widerwillig, zum Umdrehen zu überreden. Shinichi spürte, wie sein Puls von Adrenalin angetrieben in die Höhe schoss als Megure sich ihnen, nach einem kurzen Nicken zu Kikuja, zuwandte. Er konnte das kurze, missbilligende Zucken der buschigen Augenbrauen sehen, als Megure, nachdem er den Pathologen kurz begrüßt hatte, sich nun ihm widmete. Unweigerlich biss er sich auf die Lippen, er spürte Megures Blick, als dieser ihn wie ein Scanner abtastete und konnte aber auch seinerseits nicht die Augen von seinem alten Freund abwenden. Sein Haaransatz hatte sich weiter unter seinen Hut zurückgezogen, suchte wohl die Sichere Geborgenheit von Megures treuem Begleiter. Ein paar Falten hatten sich in sein Gesicht geschlichen und der prachtvolle Schnauzer, der noch immer unter seiner Nase thronte, wurde von einigen silbernen Strähnen durchzogen, dem sich die graue Farbe seines Outfits, wie es schien, angepasst hatte. Ein kleiner Schauder schlich sich auf leisen Sohlen über Shinichis Rücken, als er die vertrauten Züge unter der Veränderung der vergangenen zehn Jahre erkannte, er konnte nicht verhindern, dass er sich freute, seinen alten Freund wiederzusehen, doch Megures Worte verpassten ihm schnell einem Dämpfer. „Professor Bell, nehme ich an?” Die Stimme Megures riss Shinichi zurück in die Wirklichkeit, seine Worte waren in dem sachlichen Beamten-Ton gesprochen in dem ein Polizist für Gewöhnlich einen Fremden am Tatort willkommen hieß. Ein Fremder. Nichts anderes war er, und nichts anderes würde er auch für all die anderen sein, ein Fremder, der sich in Angelegenheiten einmischte, die ihn eigentlich nichts angingen. Er Schluckte den Kloß hinunter, der es sich in seinem Hals gemütlich gemacht hatte. Doch das stumme Mantra seiner Gedanken konnte das flaue Gefühl in seinem Magen nicht lindern. Die Wiedersehensfreude für ihn würde, egal wen er traf, einseitig bleiben. Aber warum machte er sich Sorgen, das war eigentlich genau das, was er wollte, sie sollte ihn nicht erkennen, denn würden sie es tun, wäre seine ganze Arbeit umsonst gewesen. Shinichi merkte erst jetzt, dass er perplex auf die Hand des zum Hauptkommissar beförderten Freundes schielte, schnell riss er sich aus seiner Starre und ergriff sie zur freundlichen Begrüßung. „Freut mich, Mr. Bell.“ Wenn Megure sich über das Zögern des Amerikaners wunderte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken, schenkte Shinichi stattdessen ein entgegenkommendes Nicken. Kurz atmete Bell auf, er schien die Musterung bestanden zu haben. Eigentlich war er schön blöd gewesen, wer sollte ihn auch in dieser Maskerade erkennen? Geschweige denn ahnen, dass sich Shinichi Kudo dahinter verbarg, wenn er sich doch selbst manchmal im Spiegel fragte, wer ihm da eigentlich entgegen blickte. „Äh ich meine… I- My name is Megure. M-E-G-U-R-E.” „Mhm?” Shinichi schaute ihn nur verwirrt an, während Matzudo neben ihm schon in heiteres Lachen aus brach, das ihm einen bösen und leicht beschämten Blick Megures einbrachte, dessen Gesicht langsam rot anlief. „Sparen Sie sich ihre zweifellos gut gemeinten Bemühungen, Megure, wie ich schon feststellen durfte, sind die Japanischkenntnisse unseres Gastes besser als erhofft, Sie können sich das Wühlen in der verstaubten Vokabelkiste also sparen. Nicht wahr, Professor?” „Was? Ja… ja, natürlich, das sollte kein Problem darstellen.”, bestätigte Bell Megure mit einem kurzen Lächeln, während sich dieser Matzudo zuwandte, wahrscheinlich um nachzufragen, warum er darüber nicht schon vorher informiert worden war, oder ob der Pathologe einfach nur einmal mit eigenen Ohren hören wollte, wie gut das Englisch seines Chefs wirklich war. Shinichi beobachtete die beiden Männer, versuchte das Sehnsüchtige in seinem Innern zu verdrängen, das er verspürte, als er die Vertraulichkeit sah, mit der sich die beiden unterhielten. Er war nicht mehr als ein Fremder für sie … was die Ermittlungen anbelangte sogar ein bei manchen unerwünschter Eindringling. Er schluckte, spürte wie der Wind an seiner Perücke riss. Er war kein Kind mehr, war endlich wieder in einem Alter, in dem man ihn auch ohne Verkleidung einigermaßen erst nehmen würde, er war wieder der Oberschüler, den sie damals gekannt hatten, aber Megures Umgang, sein Blick, und die Art und Weise, wie er mit ihm sprach, machten Shinichi deutlich, dass er nicht Zuhause war. Er war nicht in Japan … Shinichi Kudo gab es nicht. Wenn überhaupt war es Conan, der sich mit Megure in diesem Moment einen schlechten Scherz erlaubte. William Bell sollte hier bei einem Fall helfen, doch statt sich endlich über den Stand der Ermittlungen schlau zu machen, stand er hier rum, starrte einem alten Freund ins Gesicht, einem Teil seiner Vergangenheit, zu dessen Zukunft er vermutlich nie wieder gehören würde. Verdammt, er musste aufhören, alles aus diesem Glaskasten zu sehen, der ihn von allen abschottete; hier zählte nicht seine Vergangenheit oder das was er sich für die Zukunft wünschte, einzig und allein wichtig war jetzt der Fall. „Der Fall.” Die beiden Männer starrten ihn verwundert an, wussten nicht, ob er mit sich selbst geredet oder wirklich sie angesprochen hatte. „Der Fall, Kom- Hauptkommissar, könnten Sie mir erläutern, was vorgefallen ist und wie derzeit der Stand der Ermittlungen aussieht?” „Natürlich.” Mit einem kleinen Räuspern wandte er sich Bell zu. Eins musste Shinichi ihm lassen, auch wenn man Megure anmerkte, dass er nicht erfreut über Bells Eindringen war, so war er doch so fair und versuchte es nicht allzu sehr zu zeigen, auch wenn sein strenger Blick ihn jetzt wieder musterte. „Ich muss Sie wahrscheinlich nicht darauf aufmerksam machen, Herr Professor, dass es sich um einen wirklich vertraulichen Fall handelt, oder? Die Presse hat uns ohnehin schon in der Hand, wir können es uns nicht leisten, noch mehr Informationen an die Öffentlichkeit zu verlieren.” Bell nickte gleichmütig, schob sich korrekt die Brille wieder zu recht. „Ich habe verstanden.” „Mhm… gut, dann kommen Sie mit, ich zeige Ihnen den Tatort.” „Moment noch, Mr. Bell!” „Ja, was ist denn, Doktor?” Verwundert drehte er sich zu Matzudo um, der Shinichi noch ehe er etwas sagen konnte, einen Zettel und einen Schlüssel in die Hand drückte. „York und ich hielten es für das Beste, Sie bei mir unterzubringen. Keine Sorge, Sie müssen nicht bei mir auf dem Sofa für Wochen campieren.”, entgegnete der Arzt Bell, dessen Gesichtszüge Shinichi kurz entgleist waren. „Auf meinen Grundstück befindet sich noch ein Gästehaus, hier sind der Schlüssel und meine Adresse, wenn ich nicht zu Hause bin, finden Sie mich in der Pathologie der Universität ein paar Straßen weiter, das können Sie gar nicht verfehlen. Ich würde Sie ja nachher selbst begleiten, aber meine Arbeit hier ist abgeschlossen. Ich bin eben im Labor nützlicher als in der freien Natur.” Doch dem verlegenen Lachen des Arztes hatte Bell anfangs nicht viel entgegen zu setzen, ganz im Gegenteil, Shinichi lief es eiskalt den Rücken runter. Das war gar nicht gut, so würde er es nie schaffen, Bells Identität vor dem Pathologen zu bewahren. Auf ein Hotel zu bestehen wäre zwar sicherer, aber das würde den Ermittlungen zweifellos nicht helfen. Irgendwie musste er sich da raus manövrieren, vielleicht hatte er noch eine Chance. „K- Kein Problem, Doktor. Ich bin mir sicher, mit Hilfe eines örtlichen Taxis finde ich den Weg schon und wenn ich den Schlüssel verliere, klopfe ich einfach rasch bei Ihnen an.” Der scherzhafte Tonfall schien zu wirken, auf das kurze Lachen Matzudos folgte bald eine leicht tadelnde Antwort. „Na, das will ich doch nicht hoffen, dass Sie den Schlüssel verlieren, denn selbst wenn Sie dann bei mir vor der Haustür stehen, bleiben Ihnen die Türen verschlossen; Sie müssen wissen, dass ich leider keinen Ersatzschlüssel habe. Auf das gute Stück sollten Sie daher schon achtgeben.” Erleichtert über die Tatsache, dass er seine Verwandlung hinter verschlossener Tür vollziehen konnte, nickte er dem Pathologen zu. „Wenn dem so ist, Doktor, werde ich ihn natürlich hüten wie meinen Augapfel. Vielen Dank schon einmal.” „Nichts zu danken, Professor! Sehen Sie nur zu, dass Sie den Fall lösen. Bis später, auf Wiedersehen, Hauptkommissar Megure.“ Mit einem kurzen Winken verabschiedete sich der Pathologe und ging hinter der Absperrung davon. „Also dann Professor, folgen Sie mir bitte.“ „Was? Ja natürlich. Aber eins noch, Hauptkommissar Megure - lassen wir das „Professor“. Bell reicht vollkommen.“ Megure erwiderte das Lächeln Shinichis nur kurz, der erste Versuch, sich das Vertrauen des Hauptkommissars zu erschleichen, trug, wie es schien, noch keine Früchte. „Ist gut, also folgen Sie mir, Mr. Bell.“ Shinichi ging mit langen Schritten neben Megure her, der war dabei, ihn in Tat und Tatort einzuweisen, trotz der Tatsache, dass der Kom- Hauptkommissar einen Fremden nur widerwillig am Tatort herumschnüffeln ließ, weihte er ihn geflissentlich in Fakten und Daten ein. „Bei der Ermordeten handelt es sich um eine Frau, ca. 30 Jahre alt. Soweit wir es bis jetzt in Erfahrung bringen konnten, war sie wohl auf dem Weg zur Arbeit, bis- … sie-. Hat Matzudo Ihnen schon erklärt, wie der Mörder vorgegangen ist?“ Bell nickte ihm beiläufig zu. „Er sagte, es sei ein Kopfschuss gewesen.“ „Ganz recht.“ Leise grummelnd, sei es wegen dem Wind oder dem redseligen Pathologen, zog Megure sich den Hut tiefer ins Gesicht, ehe er fortfuhr. „Der Schuss muss aus ca. fünf Metern Entfernung gefallen sein, soweit sind jedenfalls die vorläufigen Untersuchungen. Das Geschoss hat den Schädel von hinten fast mittig durchbohrt. Laut Zeugenbericht wollte sie sich gerade herumdrehen, als-„ „Moment mal! Zeuge?“ „Nein, Zeugen.“ Unaufgefordert angelte Megure sein Notizbuch aus der Innentasche seines Mantels. „Um genau zu sein, nun… vielleicht zweieinhalb an der Zahl.“ „Wie bitte – ein halber Zeuge?“ „Nun ja.“ Der Hauptkommissar errötete leicht. „Unser dritter Zeuge ist ein kleiner Junge, aber viel kann man auf den Bericht des Kindes ja nicht geben.“ Shinichi nickte, schluckte jedoch, allzu tief schienen Conans Spuren nicht mehr im Gedächtnis der japanischen Polizei zu sein. „Zum anderen haben wir noch die Mutter des Jungen, allerdings waren beide zur Tatzeit ziemlich weit weg, sodass sich ihre Beobachtungen weitestgehend auf den Knall der Waffe belaufen, als der Schuss fiel. Der dritte und wohl wichtigste im Bunde ist Herr Tome, Postbote von Beruf, er hat den Tatverlauf beobachtet… allerdings ist seine Aussage derzeit leider wertlos. Er ist wegen der Tat so aufgewühlt und steht derart neben sich, dass ich Kikuja, einen meiner Leute, damit beauftragt habe, den Polizeipsychologen mit dem Fall zu betrauen.“ Verächtlich schnaubend atmete er aus. „Allerdings meint dieser Seelenklempner, dass, wenn er so kurz nach der Tat nicht reden wollte, er wohl erst ein wenig Zeit und einen Tag Ruhe braucht um alles zu verarbeiten. Tsss… Zeit, als ob wir so etwas je hätten! Jedenfalls haben wir die Zeugen eben nach Hause gebracht. Natürlich unter Bewachung. Um unseren verweichlichten Briefträger kümmert sich Mori, ich hoffe allerdings, dass er nicht Anteil nimmt, sollte der gute Mann seinen Kummer in Alkohol ertränken wollen.“ Auch wenn die letzten Worte Megures nur gemurmelt waren, so schlug der Name in Shinichi alle Alarmglocken an. „Mori? Kogoro Mori?“ „Was? Ja. Sagt Ihnen der Name etwas, Professor?“ „Nun… wenn es sich dabei um den berühmten Schlafenden Detektiv handelt, dann schon.“ Megure nickte leicht, doch seine Augen schauten unbestimmt in die Ferne. „Der und kein anderer… dennoch, Sie greifen sehr weit in die Vergangenheit, mein lieber Mr. Bell.“ Shinichi Schluckte. Beide Männer schwiegen kurz, bis der Hauptkommissar es schaffte, sich von seinen Gedanken los zu reißen, als sein starrer Blick plötzlich auf etwas Lebendiges fiel. „Um die Zeugen kümmern wir uns daher erst morgen, aber vielleicht kann uns Kommissar Sato schon jetzt Genaueres sagen. Sie und Mori waren eben so freundlich, die Betreffenden nach Hause zu bringen.“ Mit einem kurzen Zeichen wies er zum Parkplatz, auf dem eine junge Frau nun energisch die Autotür ihres feuerroten Wagens zuschlug. Shinichi versuchte schon gar nicht mehr zu schlucken, trotz der langsam immer feuchter werdenden Frühlingsluft hatte sich seine Kehle in eine Wüste verwandelt, in der bei dem Anblick von Sato erst recht ein Sandsturm loszubrechen schien. Auf den ersten Blick hatte die junge Polizistin sich kaum verändert. Sie war der im Dienst zweifellos praktischen Kurzhaarfrisur treu geblieben, ihr energischer Gang sprach davon, dass sie auch von ihrem Charakter in den letzten zehn Jahren nicht viel verloren hatte. Einen wirklichen Unterschied erkannte Shinichi erst, als sie vor ihnen stand und er die ersten Fältchen sehen konnte, sie sich in zarten Netzen auf ihre Haut gelegt hatten. „Und Sato, gibt es was Neues, das uns weiterhelfen könnte?“ „Ich fürchte nicht, Chef.“ Genervt blies sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Jedenfalls nicht, wenn Sie das zerrüttete Gebrabbel eines Postboten oder die Fantasien eines kleinen Kindes über Cowboys sonderlich interessiert.“ Während Bell die neuen Informationen mit zusammengezogenen Augenbrauen aufnahm, schien der Hauptkommissar von den ach so spannenden Neuigkeiten tatsächlich eher gelangweilt als angetan zu sein. „Na prima. Aber sagen Sie Sato, haben Sie nicht eigentlich Dienstschluss?“ „Was? Äh, ja natürlich.“ Die Beamtin wurde rot, rieb sich verlegen an der Wange. „Das stimmt schon, aber ich wollte mich wenigstens ordentlich abmelden, außerdem kommt Wataru gleich mit der Kleinen hierher.“ „Ah, verstehe, mal wieder ein fliegender Wechsel was? Aber ich muss schon sagen, ich weiß wirklich nicht ob es so gut ist, wenn Sie die Kleine so oft an einen Tatort bringen, Sato.“ Die Angesprochene tat den guten Rat des Hauptkommissars jedoch mit einer Hand ab. „Ach was, hier gibt es doch sowieso schon nichts mehr zu sehen, machen Sie sich da mal keine Gedanken, Hauptkommissar Megure.“ Ihre Antwort begleitete ein kleines Zwinkern. „Es sei denn natürlich, Sie haben Neuigkeiten bezüglich des Falls?“ Zum ersten Mal während des Gespräches wandte sie sich an Bell. Shinichi, der bis eben nur verwirrt dem offensichtlich vertraulichen Gespräch der beiden zugehört hatte, spürte nun die Augen der Kommissarin auf seiner Haut. Der interessierte, wenn auch leicht skeptische Blick, den er als Conan schon oftmals von ihr zu spüren bekommen hatte, ruhte nun wieder auf ihm. Ehe einer der beiden etwas sagen konnte, wurde sich Megure der Situation endlich bewusst und schaltete sich ein. „Verzeihung, Professor! Wenn ich vorstellen darf, Kommissarin Sato, sie gehört zu den leitenden Ermittlern in dieser Sache. Sato, wenn ich Sie mit Professor Bell bekannt-„ „Nicht nötig, Hauptkommissar.“ Rüde unterbrach sie ihren Vorgesetzten, reichte einem ziemlich verwirrt dreinschauenden Bell dann jedoch freundlich die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen Professor, sagen Sie … das Happy End auf das wohl mehr als die Hälfte ihrer Leserschaft hofft, wollen Sie uns doch wohl nicht noch ewig vorenthalten, oder?“ Shinichi schluckte; daher wehte der Wind also, sie kannte ihn als Schriftsteller, da war eine große Vorstellung natürlich hinfällig. „Nun, wissen Sie, auch im echten Leben gibt es nicht immer ein Happy End, ich würde mich also an ihrer Stelle nicht allzu sehr darauf verlassen.“ Bells Stimme wohnte, trotz des entschuldigenden Lächelns, eine ernste Nuance inne, sein leicht getrübter Blick veranlasste weder Sato noch Megure dazu, ihm zu widersprechen. Die Kommissarin nickte nur bedauernd, schaute auf den Teil des Weges, in denen sich der der helle Kies scheinbar in kleine rote Steinchen verwandelt hatte. „Ich kann nur hoffen, Sie machen im echten Leben einen besseren Job, Professor.“ Shinichi wollte ihr grade etwas erwidern, als eine helle Stimme ihn noch, bevor ein Laut aus seiner Kehle gekommen war, stoppte. „Mama!!!“ Unter den schnell heran eilenden Kinderfüßen verlor der Kies, welcher unter Shinichis Schritten eben noch laut und verräterisch gewesen war, all seine Geheimnisse. Das kleine, scheinbar nur aus zwei langen Zöpfen bestehende Geschöpf kam so schnell auf die Gruppe zu gerannt, dass, hätte Sato sich nicht hingekniet, um sie aufzufangen, sie bestimmt nicht zu stoppen gewesen wäre. Mit einem vor Freude heiserem Kichern fiel die Kleine ihrer Mutter in die Arme, während ein ziemlich aus der Puste geratener Vater die Verfolgung aufgenommen hatte. „Aber Noriko, du sollt nicht immer einfach weg laufen, du weißt doch, das du allein an einem Tatort nichts zu suchen hast.“ „Jaa, Mama. Aber eigentlich war ich ja gar nicht allein, ich bin direkt zu dir gekommen, außerdem kann ich ja nichts dafür, dass Papa so langsam ist.“ Mit tadelndem Blick schaute die Kleine zu ihrem Vater, dessen Schritte sich nun immer mehr verlangsamten. „Mensch, Nori! Das nächste- nächste Mal wartest du aber!“ Doch sein Töchterchen hatte die Worte ihres Vaters nicht gehört, der noch immer nach Luft schnappte. Munter quasselte die Kleine drauflos und erzählte ihrer Mutter die etwas längere Kurzfassung dessen, was sie heute in der Schule gelernt hatte. Takagi beobachtete seine Frau und seine kleine Tochter ehe sein Blick auf Bell fiel und er mit gesenkter Stimme Megure ansprach. „Das ist er also?“ „Mhm, eben eingetroffen.“ Mit einem kurzen Nicken sah er zu Bell, der noch immer starr dem Treiben Takagis Frau und seiner kleinen Tochter zuschaute. „Haben Sie es ihm schon gezeigt, Hauptkommissar?“ Der seufzte nur, vergrub streng die Hände in den Taschen seines Mantels, ohne den Professor auch nur eine Sekunde lang aus den Augen zu lassen. „Nein… ich ziehe es vor, zu warten bis er hier ist und wir wenigstens auch einen Trumpf vorzuweisen haben, bevor uns der Kerl vielleicht noch sämtliche Karten aus der Hand nimmt.“ „Verstehe…“ taxierend ruhte Takagis konzentrierter Blick noch immer auf Bell, erst die Stimme Satos konnte ihn wieder zurück in das hier und jetzt befördern. „Wataru? Was ist, willst du mich und Noriko nicht verabschieden?“ „Was? Ja doch, natürlich.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln ging er auf seine kleine Familie zu, nahm das circa sechs Jahre alte Mädchen auf den Arm und begleitete seine Frau in Richtung Auto. Shinichis blaue Augen verfolgten das Paar zu Satos Wagen, er beobachtete wie Takagi seiner kleinen Tochter zum Abschied einen Kuss auf die Stirn gab während Sato die Szene mit mütterlichem Blick verfolgte. Er schluckte, versuchte das flaue Gefühl in seinem Magen zu verdrängen und dem Platz zu machen, was eigentlich vorherrschen sollte. Freude. Etwas Schöneres hätte er sich für die beiden nicht wünschen können, wenigstens für sie schienen die Luftschlösser, die sie sich erbaut hatten, Wirklichkeit geworden zu sein. Dennoch konnte er en Anblick nicht einfach unverfänglich genießen, es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er die bittere Stimme in seinem Inneren einfach hätte abstellen können, die ihm mit gespaltener Zunge Enttäuschung und Angst einredete. Denn wie gerne hätte er das kleine aufgeweckte Mädchen früher kennen gelernt, wie gerne hätte er Sato und Takagi zu ihrem gemeinsamen Glück gratuliert. Stattdessen blieb ihm nichts anderes übrig, als so zu tun als würde es ihn nicht kümmern, als hätte er mit all diesen Leuten nichts gemein. Die Veränderung, das scheinbare Happy End, das ihn eigentlich freuen sollte, und natürlich auch freute, machte ihm gleichermaßen Angst. Angst vor den Veränderungen, die ihm sein Besuch in Japan noch offenbaren könnte… Angst vor den Dingen, für die er sich freuen sollte und nicht konnte. Shinichi schluckte. Unfähig brachte er ein kleines Lächeln zu Stande, sah ihnen noch eine Weile nach. Er war nichts weiter als ein unsichtbarer Geist, ein stiller Beobachter, der sich freute, einen Einblick in ein Leben zu bekommen, das schon lange nicht mehr ihm gehörte. Es schüttelte ihn; niemals, nie all die tausend Kilometer entfernt, hatte Shinichi sich je weiter von seinen Freunden und seiner Familie weg gefühlt als heute. Es gab ihn gar nicht. Für sie existierte er nicht, jedenfalls nicht hier, wenn sie ihn nicht sowieso schon längst vergessen hatten. Hallo alle miteinander, diesmal vom Ende der Gesichte, ich dachte ich entlasse euch diesmal gleich in das neue Kapitel. Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen, natürlich war dies nur eines von vielen Wiedersehen die Shinichi noch bevor stehen ^.~ Selbstredend würde ich mich wie immer freuen wenn ihr mir eure Meinung hinterlasst, klischeee… ich weiß, aber es ist wirklich schön zu Lesen was ihr von der Story haltet. Das nächste Kapitel folgt am 22.11.13 Bis dahin alles Gute! LG eure Shelling__Ford Kapitel 4: Lügen sterben nicht ------------------------------ Lügen sterben nicht Die Besichtigung des Tatortes hatte sich als wenig ergiebig erwiesen, bis auf ein paar Blutspuren war nichts mehr zu erkennen. Regen, Wind und eine Horde Polizisten, sowie ein aufgebrachter Postbote hatten alle womöglich vorhandenen Spuren verwüstet. Da Bell sich den ersten Tatort ebenfalls anschauen wollte, hatte Megure ihm Takagi zur Seite gestellt, angeblich, um ihn ein wenig einzuweisen und zu erklären, Shinichi konnte sich jedoch denken, dass der Sinn dieser Aktion eher darin bestand, ihn im Auge zu behalten. Zynisch lächelnd betrachtete er den Inspektor vom Beifahrersitz aus. Sie schlängelten sich nun schon eine ganze Weile durch den Tokioter Verkehr; da Shinichi den Park als Ort des Geschehens kannte, wusste er mit einem Blick in die Straßen, dass es nicht mehr allzu weit sein konnte. Takagi schien der Verkehr vollkommen einzunehmen, er sprach weder mit ihm, noch schien er zu merken, das Bells Augen skeptisch über die Ränder seiner Brille schielten und ihn von oben bis unten musterten. Die Ehe schien dem Inspektor gut zu bekommen, wie Sato auch hatte er sich bis auf ein paar Falten kaum verändert. Er trug noch immer die ihm treue Frisur und zu Takagis zweifelloser Freude ließ sich noch kein graues Haar auf seinem Haupt erkennen. Daran schien die Tatsache, dass er im Gegensatz zu seiner Frau noch nicht im Rang aufgestiegen war, nicht zu rütteln. Mit einem verschmitzten Grinsen fiel Shinichis Blick auf den kleinen goldenen Ring, der den Finger des Inspektors zierte. Vielleicht war es grade der Umstand, dass Takagi sich mehr um sein Töchterchen kümmerte und seiner Frau dienstlich den Vortritt ließ, dafür verantwortlich, dass er ihrem Befehl nun Folge zu leisten hatte, zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls. Dass es zwischen den beiden gut ausgehen würde, hatte man schon erahnen können, als Conan das Land verlassen hatte, dass dies nun tatsächlich geklappt hatte war wahrlich ein Grund zur Freude. „Sie haben eine nette Familie Inspektor, ihr Töchterchen scheint ja schon mächtig auf Draht zu sein.“ Takagis Wangen färbten sich in dem gewohnten Rosè-ton, der schon früher dort ein Zuhause gefunden hatte, wenn es um Sato ging. Shinichi hatte Glück, seine Familie schien ein Thema zu sein, über das der Inspektor gerne und mit jedem sprach. „Allerdings, Nori hat es faustdick hinter den Ohren. Ich meine-„ stammelte er plötzlich verlegen. „Verstehen Sie mich nicht falsch, sie ist mehr als ich mir je hätte wünschen können, aber nichtsdestoweniger manchmal schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe.“ „Na, na Inspektor Takagi, ihre Kleine ist doch schon sieben-„ „Sechs.“ „Verzeihung, sechs Jahre alt, Sie müssten dementsprechend doch schon ein wenig Übung haben oder?“ Sein Blick wanderte zu Takagi, der sich nun ein wenig vom Verkehr los riss, um weiter kleine Anekdoten aus seinem Familienleben zu erzählten. Selbst als Conan hätte Shinichi nun freier mit ihm reden können, denn zum guten, oder auch weniger guten Schluss, hatten den Kleinen wenigstens alle akzeptiert und gekannt. Er aber musste von vorn beginnen. Ihm stand das Spiel aus Skepsis und Vertrauen unter dem Namen „Kennen lernen“ erst noch bevor; dass er sie eigentlich kannte, musste er wie damals bei Conan ausblenden, am besten einfach vergessen. Mit einem dankbaren Lächeln schaute er zu Takagi, nicht jeder würde es ihm so leicht machen wie der Inspektor. „Ich freue mich wirklich für Sie, Takagi.“ Bells Worte ließen den Redeschwall des Beamten stoppen. Takagi merkte unwillkürlich wie sich die Haare auf seinem Arm aufstellten. Bell meinte es offensichtlich erst, dennoch hatte sein Blick etwas Melancholisches, ja fast schon Trauriges in sich. Die schmale Brille spiegelte das Licht, verwehrte dem Inspektor den Blick auf die gesenkten Augen Bells. Kurz flackerte ein Bild vor den Augen Takagis, auf ehe es so lautlos wieder verschwand, wie es gekommen war - das eigentümliche Gefühl in seiner Magengegend blieb jedoch. Er kannte diesen Blick, wo nur hatte er- „Ich freue mich wirklich-“ „B-Bitte?“ Doch Bell kümmerte sich nicht um den konfusen Blick Takagis. „- Sie scheinen mir ein guter Vater zu sein, aber wäre es nicht angebracht, Sie würden mir jetzt auch zeigen, ob Sie ein ebenso guter Polizist sind? Wo wir schon mal am Tatort sind?“ „Was!?“ Mit weit aufgerissenen Augen sah sich der Inspektor um. Er hatte sie tatsächlich zum Tatort gebracht und den Wagen fein säuberlich neben der Grünanlage geparkt. Bell kicherte kurz über die Verwunderung des Beamten, der während seiner freudigen Erzählung völlig automatisch den Weg gefunden hatte. „Die Frauen unterschätzen uns Männer immer wieder…“ kam es von Bell, der grade mit einem schelmischen Grinsen aus dem Wagen stieg. „Wie man an unserer kleinen Fahrt erkennen kann, sind wir durchaus multitaskingfähig, was, Inspektor Takagi?“ „J-ja.“ Doch er starrte Shinichi noch immer mit einer Miene an, die Unbehagen in dem Oberschüler aufsteigen ließ. Er räusperte sich kurz, versuchte seiner Stimme nun wieder mehr Sachlichkeit einzuflößen. „Also los, Inspektor Takagi. Ich für meinen Teil habe nicht vor, den ganzen Tag hier zu verbringen, außerdem-„ sein Blick richtete sich gen Himmel. „-weiß ich nicht wie lange wir unsere kleine Führung noch im Trockenen absolvieren können.“ Takagi nickte, zog hastig den Schlüssel ab und ging dem Professor, nachdem er den Wagen verriegelt hatte, eiligen Schrittes voraus. Die ersten hellgrünen Blätter breiteten ein von Löchern und Lichtungen durchzogenes Dach über ihnen aus, während das Laub des vergangenen Jahres einen braunen weichen Teppich unter ihren Füßen bildete. Die Vegetation Japans war um einiges weiter als die New Yorks, bemerkte Shinichi mit einem kurzen Blick auf die ersten Blütenknospen an den mageren Ästen der Bäume. Dem grauen Himmel hatten sie es zu verdanken, dass sie den Park, bis auf ein paar wetterfeste Jogger, für sich hatten. Der Wind pfiff ihnen noch immer um die Ohren und brachte, als hätte er eine feuchte Aussprache, Kälte und Nässe mit sich, die Takagi und seinem Begleiter durch die Haut gingen. Er hatte Bell wie vereinbart zum Tatort gebracht, allerdings hatte der Inspektor keine Ahnung, was der Professor nach über einer Woche noch im moosigen Boden zu finden hoffte. Er wolle sich nur ein Bild davon machen war Bells Antwort gewesen, als Takagi ihn unverblümt danach gefragt hatte. Und seit einer guten viertel Stunde tat er genau das, Bell machte sich ein Bild von allem, ein sehr genaues, das musste Takagi ihm lassen. Nachdem der ihm in etwa erklärt hatte, wie und wo sie die Leiche gefunden hatten, schnüffelte der Kriminalistikprofessor am Tatort rum und drehte, so kam es dem Beamten zumindest vor, so gut wie jedes Blatt zweimal um. Takagi lächelte zynisch, zumindest in der Akribie seiner Arbeit wurde er Sherlock Holmes gerecht, man konnte nur hoffen dass er für das Auffinden des Täters wirklich hilfreich sein konnte. Sein Blick schweifte über den Mann in den Dreißigern, der nun die umliegenden Baumreihen unter die Lupe nahm, die den Weg umzäunten. Etwas war noch immer seltsam, der Glanz in den blauen Augen des Mannes während er hingebungsvoll seine Arbeit verrichtete, kam ihm verdächtig bekannt vor. Er schloss die Augen, massierte sich das Nasenbein, als hoffte er, so seinen Erinnerrungen einen Schubs geben zu können, doch wie immer wurde ihm die Antwort nicht auf einem Silbertablett serviert, stattdessen griff der Wind mit kalten Händen in seine Jacke und zerrte so sehr an ihr, dass der Beamte auch den letzten Knopf seines Kragens schloss. Erst als er Schritte auf ihn zukommen hörte, öffnete er die Lider erneut, sah in die konzentrierten Augen Bells, die ihm schon die ganze Zeit bekannt vorkamen und die er doch nicht beim Namen nennen konnte. Bell atmete laut aus, vergrub die kalten Fingerspitzen in den Taschen seines braunen Mantels und ließ seinen Blick noch ein letztes Mal über den Tatort schweifen. „Und? Haben sie tatsächlich noch was gefunden, Professor?“ „Ich fürchte, nein.“ teilte er mit ernüchterndem Ton mit. Takagi nickte, schaute verdrossen auf den von Laub bedeckten Pfad. „Das heißt, je nachdem wie wichtig es ist, zu wissen, dass der Mörder seinem Opfer aufgelauert hat.“ Takagis Augen wurden groß, doch Bell begegnete seinem Blick nur mit einem wissenden Schmunzeln. „Wie um Himmels willen wollen Sie denn nach über einer Woche noch solche Schlussfolgerungen ziehen?“ Shinichi lächelte kurz, nahm die schmale Brille von der Nase und begann sie nachdenklich während des Sprechens mit dem Ärmel seiner Jacke zu polieren. „Ich gebe zu, viel lässt sich nicht mehr finden, dennoch glaube ich, dass uns Fortuna hold war.“ „Wie?“ „Nun, die Spuren können natürlich auch woanders herrühren, auch wenn ich es zugegebenermaßen nicht glaube. Sie sehen den großen Lindenbaum circa zehn Meter vor der Stelle, am der die Leiche lag, richtig?“ „Ja, ja doch, aber-„ „Da der Boden durch die Wetterlage ziemlich aufgeweicht ist, graben sich Spuren ziemlich schnell in die Erde, so ist es möglich, tiefe Abdrücke noch lange zu erkennen; wenn Sie mich vielleicht kurz begleiten würden, Inspektor.“ Takagi nickte noch immer verblüfft über das Auftreten Bells, folgte ihm zu besagtem Baum. „Ich schätze, von hier aus hat sich unser Täter auf die Lauer gelegt. Sehen Sie die tiefen Abdrücke, die sich von hier aus abzeichnen. Ja, genau die, Inspektor.“ Er führte Takagi zu einem der Abdrücke, ein etwa dreieckig geformtes Loch hatte sich in den Rasen eingegraben. „Er muss gelaufen sein, deswegen ist auch nur die Schuhspitze zu erkennen, für einen Abdruck wird das aber leider nicht mehr reichen.“ Bell nickte leicht, ging in die Knie und fuhr den Abdruck gedankenverloren mit dem Zeigefinger nach. „Auf dem Weg selbst sind die Spuren nur noch schwach zu erkennen, sie können auch von jedem anderen sein. Aber daran glaube ich nicht. Sie verlaufen zum Tatort und verschwinden ab genau diesem Moment, wahrscheinlich der Grund, warum ihr Team die Spuren nicht entdeckt hat, Inspektor Takagi.“ „Wahrscheinlich…“, murmelte der Inspektor, besah sich erneut die Strecke, die der vermeintliche Mörder genommen hatte. „Erst hat das Gras, und später das feuchte Laub seine Schritte gedämpft, vermutlich hat sein Opfer ihn kaum gehört-„ „Und wenn, dann hat er gedacht, es wäre ein Jogger, der von hinten angelaufen käme, sehr richtig, Inspektor.“ Bell stand nun wieder, wischte sich die leicht verschmutzen Finger an seiner Hose ab. „Das heißt, unser Mörder muss ihm aufgelauert haben, er wusste dass er kommt.“ „Es sei denn es wäre ihm egal wer sein Opfer ist.“ Das selbstvergessene murmeln Takagis ließ Shinichi auf horchen. „Glauben Sie das wirklich Inspektor? Dass ein Mörder, der sich „Sherlock Holmes“ nennt und von einer Studie in Scharlachrot spricht, ziel- und planlos vorgeht.“ Müde schüttelte er den Kopf, rückte sich die Brille penibel wieder zu recht. „Nein. Es gibt einen Plan, es muss einen Plan geben, wir kennen ihn nur noch nicht.“ Der Inspektor stimmte dem nachdenklichen Murmeln Bells mit einem anerkennenden Nicken zu. „Gute Arbeit, Professor!“ doch Shinichi winkte das Lob bedrückt ab. „Noch ist der Fall nicht gelöst Inspektor.“ Takagi schluckte geräuschvoll, Bell hatte Recht, aber dennoch, irgendwie hatte er plötzlich ein gutes Gefühl bei der Sache. Der Professor hatte sich als äußerst kompetent erwiesen, seine Vorgehensweise war ihm seltsam vertraut, er machte einen guten Eindruck ja, man könnte fast sagen, dass er ihn mochte. Takagi lächelte kurz, vielleicht konnte der Mann aus New York ja tatsächlich ein wenig Licht in die Sache bringen. Shinichi aber nahm den Blick des Beamten gar nicht wahr, die Zuversicht, die er in Takagi erweckt hatte, konnte er noch lange nicht teilen. Ihm lang noch etwas anderes im Magen als die bloße Erkenntnis, dass der Mörder seine Opfer gezielt ausgesucht hatte, denn das hatte er schon beim Durchstöbern der Zeitung geahnt. Nein, die Fußabdrücke bereiteten ihm noch immer Kopfschmerzen. Nachdenklich legte er die Finger ans Kinn, verminderte den Druck, als er die Silikonschicht unter seinen Fingerspitzen fühlte, ließ seine Hand aber auf Bells Gesicht ruhen. Die Tatsache, dass sich die Fußabdrücke des Mörders nur zum Tatort hin abzeichneten und dann verschwanden, ließ ihn nervös werden. Er schluckte, nahm die Brille ab und fuhr sich kurz über die Augen, ehe er sie pflichtbewusst zurück auf seine Nase setzte. Dass der Mörder nach der Tat keine Fußabdrücke hinterließ bedeutete, dass er nicht mehr gelaufen war, und sich so die Abdrücke nicht mehr in die Erde gegraben hatten. Wenn dem so war, hatte der Mörder sich mit stoischer Gelassenheit der Tat gewidmet um dann den Tatort ganz in Ruhe zu verlassen. Und genau diese Ruhe war, es die Shinichi fahrig werden ließ. Er schlug das Angebot des Inspektors aus, ihn zu Matzudo zu fahren, wanderte stattdessen nun schon eine ganze Weile ohne jegliches Zeitgefühl durch die Stadt. Sich ein wenig die Beine vertreten, über den Fall nachdenken, frische Luft schnappen, das war alles, was er tun wollte und doch wusste er von Anfang an, dass er nichts davon heute noch machen würde. Seine Gedanken wanderten immer wieder in eine andere Richtung, egal wie sehr er versuchte sie zurechtzuweisen, sie verweigerten ihm stets den Gehorsam. Das Wetter schien ihm hold zu sein, doch Shinichi interessierte das nicht weiter, er registrierte die kleinen Sonnenstrahlen, die sich durch die dicke dunkelgraue Wolkendecke zwangen, kaum. Er spürte den feuchten Boden unter seinen Füßen, bemerkte wie die Nässe sich langsam immer mehr durch seine Schuhe in die Socken fraß, doch es war ihm schlichtweg egal. Zehn Jahre. Ganze Zehn Jahre war er weg gewesen. Es ließ sich nicht leugnen, alles um ihn herum hatte sich verändert, Japan hatte sich verändert, nur er bewegte sich noch immer auf der Stelle. Natürlich, oder besser dem Himmel sei Dank, er war kein Kind mehr nein, er war gewachsen, war wieder der Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo, und doch passte er nicht mehr in das Puzzle, welches er selbst sorgfältig zerstört und in alle Winde gestreut hatte. Shinichi holte tief Luft, versuchte kurz die wärmende Sonne wenigstens wahrzunehmen, doch ihre Strahlen drangen nicht durch die Silikonschicht auf seinem Gesicht. Alles in ihm wünschte sich die Uhr einfach zurückdrehen zu können, in die Zeit zu springen, in die er zumindest jetzt äußerlich gehörte, ein Leben zu führen wie er es führen sollte, ein normales Leben. Ohne Organisation. Ohne APTX 4869. Ohne Conan. Ohne…, nein mit ihr. Er schluckte, versuchte die unsichtbaren Hände zu ignorieren, die sich scheinbar immer fester um seine Kehle legten. Das hier war doch Irrsinn! Das Ganze war total bescheuert. Er hatte doch nicht die ganze Zeit in Amerika verbracht um jetzt nur aus dem lächerlichen Wunsch heraus, sein Leben wiederzubekommen, alles kaputt zu machen. Er war ein Narr, ein Träumer, wenn er glaubte, es würde so einfach sein. Nein, nichts war einfach. Einen leichten Weg gab es nicht, den hatte es für ihn nie gegeben. Schließlich hatte es einen Grund… „Entschuldigen Sie bitte, aber Sie blockieren den Weg.“ „Was?!“ Die dünne Stimme hatte ihn aus seinen Gedanken gerissen, verwundert wandte er sich zur Seite um und blickte in das von Falten gesäumte Gesicht einer Frau. Die mittellangen, weißen Haare waren zu einem Zopf zusammen gebunden aus dem sich nur ein paar Strähnen spinnwebenartig lösten. Ihre Runzeln gruben sich tiefer in ihre Stirn, als sie ihn verwundert ansah, offenbar wartend, dass er endlich auf Seite treten würde. „Ja- ja natürlich, entschuldigen Sie bitte.“ Verlegen ging er auf die Seite, machte der fülligen kleinen Dame Platz und ließ sie vorbei. Sein Blick fiel auf die pfirsichfarbenen Nelken, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte, während sie mit der anderen Hand eine halbvolle grüne Gießkanne mit sich herum schleppte. „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ „Nein, nein, lassen Sie nur, junger Mann. Die Bewegung tut mir gut und hält mich fit, ich will hier nämlich noch ein paar Besuche machen können, bevor ich mich gleich häuslich einrichte.“ Ein schelmisches Lächeln begleitete das freche Zwinkern, mit dem sie Shinichi stehen ließ, während sie mit kleinen Schritten davon ging. „Wie?“ Überrascht sah er sich um, schnell wurden die Augen hinter Bells Brille groß, als er begriff, wo ihn seine Beine hingetragen hatten. Der Weg unter seinen Füßen bestand aus Tausenden kleiner weißer Kieselsteine, welche brav und ordentlich die vom Gras gesetzte Grenze nicht überschritten. Überall führten schmale Wege und Pfade ab, die sich verschlungen und geheimniskrämerisch über den gesamten Platz schlängelten. Zwischen den großen Steinen hatte man Kirschbäume gepflanzt die unter den seichten Sonnenstrahlen bei jedem Windhauch ihre Blüten als rosafarbenen Regen auf die Erde streuten. Die vielen verschiedenen Blumen in den schmalen Vasen verwandelten den Ort in eine Art geordnetes Blumenbeet, über dem in dünnen Schleiern die Rauchschwaden der vereinzelt glimmenden Räucherstäbchen waberten. Er aber war für diesen Anblick blind. Er sah die Vielfalt der Blumen nicht und bemerkte nicht wie die Sonnenstrahlen in immer größeren Löchern den Weg zur Erde fanden. Shinichi vernahm den moosigen Geruch der Steine, hörte ein entferntes Schluchzen, zu dem kein Gesicht zu gehören schien, und beobachtete kurz die rot-schwarzen Käfer die, wie immer an diesem Ort, fleißig ihrer Arbeit nachgingen. Ein Friedhof. Er stand mitten auf einer Friedhofsanlage. Shinichi schluckte verkrampft, sah sich ertappt und nervös um. Alles in ihm sprach davon, möglichst schnell das Weite zu suchen, diesen Ort auf dem schnellsten Wege zu verlassen, zu dem ihn sein Unterbewusstsein in solch niederträchtiger Art und Weise geführt hatte. Er wollte weg, weg von diesem Ort, an dem sein Blick auf hunderte unbekannte Namen fiel, deren Träger er nie kennen lernen würde. Weg von dem Ort, an dem sie sein könnte. Shinichi kniff die Augen zusammen, versuchte seinen Atem zu beruhigen. Er musste sich zusammenreißen, was war er für ein Detektiv, wenn ihn ein einfacher Friedhof dazu brachte, die Flucht zu ergreifen? Nein. Zitternd ballte er die Hände zu Fäusten. Er öffnete die Augen, benetzte sich die trockenen Lippen, sah sich um und bemerkte erst jetzt, dass er schon ein ganzes Stück weit in die Anlage eingedrungen war. Wenn er in die Stadt wollte, um sich ein Taxi zu besorgen, war der Weg über den Friedhof der kürzeste. Shinichi atmete hastig ein, ein schwaches Lächeln umsäumte seine Gedanken. Deswegen…, deswegen hatte er diese Richtung eingeschlagen. Es war der kürzeste Weg. Nur Deswegen. Langsam, einen Schritt nach dem anderen ging er vorwärts. Shinichi vergrub abwehrend die Hände in seinen Manteltaschen, während sein Blick steif zu Boden gerichtet war. Er wollte einfach nur in die Stadt. Nichts anderes. All seinen guten Vorsätzen zu trotz stand er jetzt hier. Er stand sich die Beine in den Bauch und wusste nicht wieso er hier war und was er tun sollte. Shinichi hatte nicht danach gesucht, ja nicht einmal wage danach Ausschau gehalten, ganz im Gegenteil, wenn überhaupt, hätte er einen Bogen so groß wie ganz Japan um dieses Stück Erde herum gemacht. Dennoch hatte er es gefunden, dennoch stand er jetzt hier, vor ihrem Grab. Vielleicht hatte einfach der weiße Marmor seine Aufmerksamkeit erregt, gegenüber den meist grauen, braunen oder schwarzen Steinen fiel das von der Sonne bestrahlte reine Gestein einem ins Auge. Die samtartigen Blütenblätter der kleinen Rose hingen schlaff in der zierlichen Vase hinunter, von dem Räucherstäbchen war nur noch ein kleiner Haufen Asche übrig, den der Wind vergessen hatte wegzutragen. Er aber sah nur ihren Namen, bemerkte das Datum, las die freundliche Widmung, die netten Worte in goldenen Lettern immer und immer wieder. Unfähig wegzugehen, etwas zu sagen oder auch nur zu denken. In Gedenken an Ai Haibara, geliebte Schwester und Freundin, wir behalten dich stehts in unseren Herzen. 1990-1996 „Nein.“ Keuchend, fast würgend, kniff er die Lippen zusammen. Shinichis Augen zitterten, flackerten erneut über den Namen, blieben kurz am Datum hängen ehe sie wieder über die Zeilen glitten. Das durfte nicht sein. Sie konnte nicht…, wieso hatte man sie… Seine Gedanken wirbelten wild umher, ziel- und planlos, mit nur einer Gewissheit. Das hier war falsch. Das konnte nicht sein… Man hatte sie doch nicht so, nicht unter diesem Namen, beerdigen dürfen. Ihm zog es die Kehle zusammen, seine Träume, das was er so oft durchmachte, waren nichts gegen diesen Augenblick. Diesmal starb sie nicht, nein … sie war tot. Tot. Sie lag hier, seit zehn Jahren. Nicht Shiho Miyano, nein, Ai Haibara. Nach all den Jahren … war sie noch immer nicht sie selbst. Shinichi schluckte, wollte sich über die Stirn fahren, ehe seine Hand kurz vor dem Silikon automatisch und warnend innehielt. Er suchte nach einer Erklärung, natürlich hatte es einen Grund, warum man sie als Ai beerdigt hatte. Wahrscheinlich hätte es zu viel Aufsehen erregt, jeder der… der Ai gekannt hatte, hätte gefragt, warum man sie unter einem anderen Namen beerdigte. Es wäre aufgeflogen. Die ganze Geschichte, die Lüge, wäre aufgeflogen. Ganz sicher wäre es das… Des- deswegen hatte sie ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen müssen. Shinichi versuchte Luft zu holen, Ungerechtigkeit und Schuld zerrissen ihn schier, dennoch konnte er den Blick nicht von ihrem Grabstein abwenden, er konnte nicht einfach gehen, nicht einfach so weglaufen, schließlich war sie hier. Sie war hier. Er wusste nicht was er tun oder sagen sollte. Sollte er beten? Wahrscheinlich. Doch alles was ihm in den Sinn kam war diese zermürbende und immer wiederkehrende Frage die ihm seit Jahren keine Ruhe ließ. „Wieso?“ Lautlos formten seine Blutleeren Lippen dieses Wort. Aber sie antwortete nicht. Warum verflucht noch mal antwortete sie nicht! Shinichi spürte wie er zu zittern begann, schlang die Arme um seinen Körper und zwang sich dazu, auf die Seite zu schauen. Seine Augen fielen auf ein kleines, rot-schwarzes Insekt, einen Totengräberkäfer, der plötzlich neben dem weißen Stein auftauchte. Seine dünnen Antennen zuckten, flitzen fleißig in alle Richtungen. Er krabbelte ein paar Zentimeter bis er den Schatten verließ, hielt kurz inne und streckte seine Flügel genießerisch der Sonne entgegen. Das war zu viel. Shinichi unterdrückte ein Würgen, zitternd hielt er sich die Hand vor den Mund, er wollte grade endgültig von diesem Ort fliehen als eine nur allzu bekannte Stimme an sein Ohr drang und ihn aufhielt. „Entschuldigung…, aber kannten Sie sie?“ Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Wie in Trance drehte er sich langsam um, gehorchte nur schwerfällig der lautlosen Stimme, die ihm den Befehl gab, sich ihm zuzuwenden. Shinichi schnappte kurz nach Luft, als er sah, dass sein Gefühl ihn nicht getäuscht hatte und er wirklich hinter ihm stand. Er blinzelte kurz, immer noch ungläubig dessen was hier grade passierte, mühsam lockerte er dann jedoch seine verschränkten Arme, versuchte wieder in seine Rolle zu kommen, um auf die Frage zu antworten die ihm gestellt worden war. „N-Nein, nein ich kannte sie nicht, tut mir Leid.“ Er wusste nicht, was ihn mehr schmerzte, ihn belügen zu müssen oder das gutmütige Lächeln Professor Agasas, das noch immer auf ihm ruhte. Tiefer konnte er nun wirklich nicht mehr sinken. Er, ausgerechnet er leugnete es, sie zu kennen. Shinichi biss sich auf die Lippen, verabscheute und hasste sich in diesem Moment vermutlich mehr als je zu vor. Wahrscheinlich hatte Black doch Recht gehabt, hierher zu kommen war keine gute Idee gewesen, nicht wenn er für einen kurzen Blick zurück auf sein altes Leben so bitter bezahlen musste. Er bemerkte, dass das freundliche Gesicht des alten Mannes sich nicht verändert hatte, auch die Bewegungen und die Stimme waren noch immer die gleichen wie vor zehn Jahren. Ein leichtes Kribbeln fand den Weg über seinen Rücken. Das Aussehen, die Intonation der Stimmen, das alles war im Laufe der Zeit in seinem Gedächtnis verblasst. Die anfangs noch frischen Erinnerungen waren mit der Zeit von einer immer dicker werdenden Schicht Nebel getrübt worden, bis er sich wirklich hatte anstrengen müssen, sich die Gesichter all jener, die er zurück gelassen hatte, wieder in Erinnerung zu rufen. Umso merkwürdiger war es, dass diese Bilder, der Ton, ja selbst der Geruch der Personen jetzt wieder seine Sinne beeinflussten, und von einem grauen, langsam verblassenden Schatten wieder zu etwas Lebendigem wurden. Noch immer starr beobachtete er den Professor dabei, wie er zum Grab ging. Shinichi trat automatisch einen Schritt beiseite, machte Agasa Platz, der in einer Übung, die er scheinbar schon gut kannte, mit einem Seufzer in die Knie ging und die kleinen Grabbeigaben achtsam austauschte. Sorgfältig nahm er die verwelkte Rose aus der Vase, ersetzte sie durch eine neue, deren rote Blütenblätter noch einvernehmlich zu einer kleinen Knospe geschlossen waren. Er entfernte mit den geschickten Händen eines Erfinders den kleinen Aschehaufen, zündete aber, wohl anlässlich des Wetters, kein neues Stäbchen mehr an. Dies alles tat der Professor mit einer solchen Ruhe und Routine, die Shinichi ebenso schmerzte, wie das matte Lächeln auf den Lippen Agasas, die sich ab und an wie zu einem lautlosen Gespräch bewegten. „Sie ist leider viel zu früh von uns gegangen.“ „Was?!“ Erschrocken darüber das Agasa plötzlich mit ihm redete, zuckte Bell zusammen. Mit einem kurzen Stöhnen stützte sich der Professor an seinem Knie ab, richtete sich wieder auf und klopfte sich ein wenig Asche von seinem Jackenärmel, während er die verwelkte Rose noch immer in der Hand hielt. „Es ist ungerecht, dass sie nicht die Chance hatte, ihr Leben zu Leben.“ Shinichi nickte automatisch, spürte wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Agasa log nicht. Ai,… Shiho hatte ein Leben vor sich gehabt, eine Leben ohne die Organisation, ein Leben, das er ihr zugesichert und versprochen hatte. Er schloss die Augen, schluckte kaum merklich. Er hatte versagt, er hatte sie enttäuscht… sie alle. Man konnte auf sein Versprechen, auf seine Worte einfach keinen Wert legen, sie waren nichts weiter als Schall und Rauch, großspurige Gelübde mit denen er alle, ja vor allem sich selbst zu blenden versuchte, um die bittere Wahrheit nicht sehen zu müssen. Sie hatte es erkannt, Ai hatte es gewusst, hatte ihm immer wieder gesagt, dass er es nicht schaffen würde, dass es für ihn unmöglich sei. Sie hatte Recht gehabt, die ganze Zeit. Er schluckte, ballte zornig die Hände zu Fäusten, bemerkte nicht, wie sehr sie zitterten. „Sie wurde in ein Verbrechen verwickelt wissen Sie…“ „Mhm?!“ Der Professor schien seine Desorientierung als Frage aufzufassen, nickte trüb und strich, während er sprach, mit dem Daumen über die kleine Rose in seiner Hand, die in den großen des Erfinders nahezu winzig wirkte. „Wenn wir doch wenigstens die Täter hätten, dann wäre vielleicht alles halb so schlimm.“ „Ich fürchte da irren Sie sich.“ Bells stimmte war schneidend, erregte nun zum ersten Mal die Aufmerksamkeit Agasas, der nun seinen Blick von dem Grabstein erhob und ihn ansah. Das leicht wütende Funkeln in den blauen Augen Bells fesselte ihn, ehe dieser seinen Blick hastig zu Boden richtete, nichtsdestotrotz streng weiter sprach. „Nur, weil man jemanden für etwas verantwortlich machen kann, verliert der Verlust nicht an Schmerz.“ Seine Kehle zog sich zu, nur mühsam konnte er das bittere Lächeln unterdrücken, welches auf seinen Lippen brannte. Der Professor blinzelte, irgendwie war dieser Mann vor ihm seltsam. Seine Stimme hatte einen leicht ausländischen Touch und dennoch kamen ihm die Art und Weise wie und was er sagte, bekannt vor. Shinichi spürte Agasas Augen, die sorgsam Bells Haut abtasten, scheinbar verblüfft über das Ergebnis. „Kann es sein… kenne ich Sie vielleicht?“ „Wie?!“ Schlagartig wurde ihm siedend heiß. „Sie sind doch William Bell, oder? Professor William Bell, ich habe ein paar ihrer Bücher gelesen. Sehr erfreut, Sie kennenzulernen Mr. Bell, mein Name ist Hiroshi Agasa.“ Shinichi schluckte, teils erleichtert, teils noch immer elend, während er mit einem mulmigen Gefühl im Bauch die Hand seines alten Freundes schüttelte. Nie. Noch nie hatte er Agasa anlügen müssen. Niemals. Der Professor aber, schaute ihn nun interessiert an und schien von dem Unwohlsein seines Gegenübers nichts zu merken. „Wie ich gehört habe, sollen Sie der Polizei bei dem derzeitigen Fall unter die Arme greifen?“ Agasa nickte, bestätigte sich selbst seine Fragen. „Aber ja. Und natürlich … natürlich haben Sie recht Mr. Bell, dennoch, die Verhaftung der Täter würde unweigerlich ein paar Fragen klären, die wohl nicht nur mir auf der Seele liegen.“ Die Augen Agasas wurden kurz matt, schweiften in die Ferne, ehe sich der alte Mann dessen, was er tat, besann und Bell plötzlich erschrocken ansah. „Aber entschuldigen Sie bitte!“ Er wurde rot, kratzte sich verlegen die etwas größer gewordene kahle Stelle am Hinterkopf. „Ich werde eben doch alt. Stehe hier rum und belästige Sie mit Dingen die Sie vermutlich nicht interessieren.“ „Nein… nein, schon gut, Prof- Mr. Agasa.“ Abwehrend hob Bell die Hand, schenkte seinem Gegenüber ein kurzes Lächeln. „Machen Sie sich wegen mir keine Gedanken. Außerdem haben Sie, was das kleine Mädchen anbelangt, nicht unrecht.“ Shinichi wandte den Blick ab, sah Bells Gesicht, dass sich in den goldenen Lettern spiegelte, die Ais Namen bildeten. Das Kinn war leicht auf seine Brust gesunken, Agasa hatte plötzlich den Eindruck, dass der Amerikaner nicht mehr länger mit ihm sprach, sondern mit- „Die Wahrheit sollte und muss immer ans Licht kommen, egal… ganz egal wie lange es auch dauert.“ Gegen Ende des Satzes war sein Blick von dem Grabstein gewichen, hatte sich stattdessen fest und entschlossen auf Agasa gelegt, fast so als ginge es hier schon lange nicht mehr nur um irgendein fremdes kleines Mädchen. Ihm stockte der Atem bei diesem Anblick, seine Augen wurden mit einem Mal groß. Der Professor zog scharf die Luft ein, prüfte den Amerikaner nun genauer, das mittelbraune Haar, die für einen Mann seines Alters magere Gestalt, das kantige Gesicht, die schmale Brille und die unergründlichen, blauen Augen. Nein, das war vollkommen unmöglich, er war doch… Das konnte nicht sein. Das Beben seiner Hände übertrug sich auf die welke Rose, die nun den Eindruck machte, als würde sie frieren. Bell schloss kurz die Augen, Professor Agasa hörte wie zittrig sein Atem war als er ihn ausstieß. Der Professor ließ nicht locker, er ertrug das Schweigen Bells nicht länger und stimmte ihm leise murmelnd zu und hoffte, so die richtige Taktik zu finden. „Die Wahrheit. Ich hoffe Sie haben recht… ich hoffe das wird sie, eines Tages.“ Shinichi schluckte, er hörte, spürte, und wusste, was in seinem alten Freund vor sich ging. Er konnte ihn eben doch nicht belügen, das hatte er nie und er konnte es auch jetzt nicht, dafür kannte ihn der alte Mann einfach zu gut. Er lächelte trübe und resignierend, vermied es, dem Professor ins Gesicht zu sehen, während er sprach. Shinichi ahnte, was sein Nachbar gerne gehört hätte, zuckte stattdessen nur unsicher mit den Schultern. „Vielleicht… vielleicht auch nicht.“ Sein Blick fiel zurück auf den hellen Marmor. „Sie warten nun schon zehn Jahre auf diese Antwort, allerdings befürchte ich, dass man nicht alle Fragen tatsächlich auch beantwortet bekommt.“ Er atmete tief ein. Das hier war nicht richtig. Er hätte erst gar nicht hierher kommen sollen… geschweige denn diesem Gespräch zu gestatten, eine derartige Wende zu nehmen, er musste hier weg, jetzt gleich. Ohne Agasa noch einen Blick zu widmen vergrub er die Hände in den Manteltaschen und wand sich zum Gehen, ehe er von seinem alten Freund aufgehalten wurde. Agasa griff nach Bells Arm, es dauerte eigenartig lange ehe er die Knochen des Kriminalisten unter seinen Fingern spürte. Erstaunt und dennoch bekräftigt in seinem Glauben schaute er von Bells Ärmel in das Gesicht des nun überrascht und unbehaglich dreinschauenden Kriminalisten. „Warte - Warten sie Professor!“ Bittend drangen die Worte Agasas an sein Ohr. „Macht es Ihnen etwas aus… k-kann ich Sie vielleicht zu etwas einladen? Ich würde gerne-„ Doch Shinichi blockte ab, wich seinem Blick aus. „Bedaure…“ Er schluckte, schaute zu Boden und schüttelte kaum merklich den Kopf. „Es ist wirklich nett von Ihnen aber-“ seine Augen richteten sich streng wieder auf den Professor. „Ich habe noch einen Fall zu lösen. Sie verstehen schon…“ Der feste Klang seiner Stimme hatte sich gegen Ende immer mehr verloren. Er war noch lange kein so guter Schauspieler wie er wahrscheinlich sein sollte. Agasa verstand, nickte Bell wie in Trance zu. Sein Herz zog sich zusammen, er konnte nicht glauben was ihm sein Gefühl da sagen wollte, sein Verstand konnte es nicht akzeptieren, so sehr es sich auch wünschte. Nach so langer Zeit…, nach so langer Zeit sollte er wieder hier sein. Seine Hand war noch immer eng um den Arm des Amerikaners verschnürt, er schien trotz allem nicht vorzuhaben, Shinichi gehen zu lassen. „Professor…“ Bells stimme wurde weicher wenn auch nicht weniger streng, er sah Agasa eindringlich in die Augen. Der schluckte abermals, löste nun langsam seine verkrampften Finger von Bells Mantel. Shinichi nickte dankend. „Auf Wiedersehen, Professor.“ Damit ging er ohne sich noch einmal um zu drehen. „A-Auf Wiedersehen…“ Hallöchen alle miteinander, wie immer vielen Dank für die Kommentare *DankeschönGummibärenhinstell*. Ich weiß natürlich das ihr alle auf ein anderes Ereignis hin fiebert… nur so viel, es dauert nicht mehr allzu lang und ich kann euch Versprechen es wird nicht langweilig bis dahin :D Ich hoffe ich konnte euch mit dem Kapitel wieder gut ins Wochenende entlassen, natürlich würde ich mich wie immer Freuen wenn ihr mich an eurer Meinung teil haben lasst ^//.//^ Liebe Grüße und bis bald, eure Shelling__Ford Kapitel 5: Ein langer Tag ------------------------- *reingeschlichenkommundNikolausstiefelhinstell* ^//^ Ein langer Tag Müde, hungrig, verwirrt und reichlich wütend auf sich selbst trottete Shinichi durch die Stadt, auf der Suche nach einem Taxi um hier abzuhauen bevor er wohlmöglich noch größeren Schaden anrichtete. Eine grandiose Bilanz. „So ein Mist!“ Fluchend fuhr er sich durchs Haar, das vom Wind, der durch die Tokioter Einkaufspassage pfiff, mittlerweile ohnehin gänzlich zerzaust wurde. Hier in der Stadt hatte sich jedenfalls nichts verändert. Die gleichen unbekannten Gesichter, die eine Hetzjagd durch die Gassen veranstalteten, meist ohne den jeweils anderen auch nur wahrzunehmen. Cafes, Restaurants und Geschäfte, die sich wie immer damit rühmten, nur jetzt und heute und für kurze Zeit eine Sonderverkaufsaktion zu haben. Eigentlich unterschied sich Tokio gar nicht allzu sehr von New York, dank Globalisierung und Co. gab es zum Teil sogar die gleichen Geschäfte wie in Übersee. Allein die Menschen und deren Kultur waren es, die Japan für ihn nach so langer Zeit zu etwas ganz Besonderem machten. Die Sprache, die Gesichter, der Geruch japanischen Essens, das alles gab Shinichi für einen kurzen Moment, endlich das Gefühl wieder da zu sein. Er seufzte kurz, ließ sich von der Menge in eine kleine Straße führen, in der ein paar Marktstände aufgebaut waren; hier musste man nicht aufpassen, seinem Vordermann in die Hacken zu treten, sodass er sein Tempo ein wenig drosseln und sich freier bewegen konnte. Seine Gedanken hingen noch immer an den zierlichen Lettern auf ihrem Grabstein. Der weiße, eigentlich unbefleckte Marmor, auf dem in goldener Schrift noch immer eine schwarze dreckige Lüge verkündete, von der er selbst auch noch immer ein Teil war. Alles, was nur hatte schief gehen können, war damals auch schief gegangen. Er hatte die Situation nicht mehr unter Kontrolle gehabt, alles war aus dem Ruder gelaufen, als sie kam. Das Ganze hätte anders ausgehen sollen, nicht so… nur nicht so! Sie hätte es doch wissen müssen! Sie hätte einmal, nur ein einziges Mal auf ihn hören sollen… Er wusste bis heute nicht, wieso sie eigentlich aufgetaucht war. Ob sie ihm hatte helfen wollen oder sich wieder einmal reumütig opfern wollte. Er wusste es nicht… und sie hatte selbst dafür gesorgt, dass er es wahrscheinlich auch nie erfahren würde. Verdrossen kickte er einen Kieselstein in den Gully neben dem Bürgersteig, spürte mit einem Mal die widerliche Nässe in seinen Socken, die er bis grade vergessen hatte. Aber noch ehe er den Gedanken zu Ende formuliert hatte, drangen plötzlich aufgebrachte Stimmen an sein Ohr; ein Schrei war es letztlich, der Shinichi zum Aufblicken bewog. In der kleinen Gasse, die er sich für den Weg zum Taxistand ausgesucht hatte, herrschte auf einmal Chaos. Er hörte die schrille und aufgebrachte Stimme einer Frau, verstand nur „Hilfe“ und „Dieb“, als er ihn auch schon sah. Ein bulliger Mann mit der Statur eines Grizzly bog hastig um die nächste Ecke in die Straße ein, trotz seiner großen Gestalt waren seine Bewegungen nicht plump, sondern flink und behände. Der Detektiv registrierte die mintgrüne Damenhandtasche, die sich der Hüne unter den Arm geklemmt hatte und mit der er listig grinsend davonlief, als er merkte, dass die Besitzerin ihm nicht mehr länger folgte. Shinichi wollte grade zum Sprint ansetzen als sein Blick eine Gruppe Schüler erspähte, die vor ihm die Szene verfolgten, einer von ihnen trug einen Ball lässig unter dem Arm. „Hey, kann ich mir den kurz mal leihen? Danke!“ Die drei hatten keine Chance auch nur zu reagieren, als er sich von hinten den Ball schnappte und ohne auf eine Antwort zu warten, an ihnen vorbei stürmte. Shinichi kam dem Mann noch ein Stück näher bis die Menge ein freies Schussfeld bot. Er ließ den Ball fallen, zielte und donnerte noch im Flug gegen das Leder und bescherte ihm eine ordentliche Drall, mit dem es zielsicher an den Hinterkopf des Diebes knallte, der daraufhin einen Hechtsprung auf den Asphalt hinlegte. Ruhig ging Shinichi auf den am Boden liegenden Mann zu, nahm mit einem säuerlichen Lächeln Handtasche und Ball wieder an sich. Sein Blick ruhte noch immer auf den zusammengekauerten Mann vor seinen Füßen, allerdings war die Beule auf dessen Hinterkopf nicht das einzige, was sich bewegte, denn ehe Shinichi hätte Handeln können suchte der Kerl zuerst stolpernd, dann immer schneller in der Menge das Weite. Er konnte nur hoffen, dass der Fuji, der sich auf seinem Schädel bildete, erst einmal Lektion genug für ihn war. Er blickte dem Mann noch immer nach, als ihm plötzlich jemand die Handtasche entriss. „Ich bringe sie der Dame zurück.“, kommentierte jemand die Aktion und Bell konnte nur noch zu sehen, wie ein Mädchen sich mit der Tasche von ihm entfernte und sich mit rührender Führsorge um die Bestohlene kümmerte, die am Beginn der Straßenbiegung die Szene verfolgt hatte. „Dem haben Sie’s aber ganz schön gegeben!“ „Wie?“ Verwundert über die anerkennenden Worte drehte Shinichi sich um, sah zwei junge Oberschüler, die ihn und sein „Werk“ bestaunten. „Eins A Schuss, allerdings, Genta!“ Shinichi schnappte kurz nach Luft, besah sich die beiden Jungs mit einem Mal genauer. „Stimmt, aber eigentlich wäre es nicht nötig gewesen.“ Die glockenhelle Stimme des Mädchens war schneidend, den Blick fest auf Bell gerichtet trat sie zwischen die beiden Oberschüler. Shinichi erkannte in ihr schnell die junge Dame, die ihm eben die Handtasche entrissen hatte, um sie ihrer Besitzerin zurückzubringen. Die tadelnden Worte ihrer Mitschülerin trafen bei den Jungs schnell auf Gehör. „Ayumi hat Recht! Wir hätten das schon allein geschafft.“ „Genau, schließlich ist das unser Revier.“ Doch Shinichi hörte die zustimmenden Worte der beiden Jungs kaum noch, ungläubig schaute er auf die drei Oberschüler, die sich in altbekannter Pose vor ihm aufbauten. Er schluckte, starrte die drei ungläubig einen nach dem anderen an, während sich in seiner Magengegend ein flaues Gefühl breitmachte. Jetzt, wo er es wusste, fragte Shinichi sich, wieso er überhaupt so lange gebraucht hatte, um die drei wiederzuerkennen, eigentlich war es nicht zu übersehen, dass es sich bei den Oberschülern um seine alten Klassenkameraden handelte. Genta hatte noch immer ein wenig zu viel auf den Rippen, ließ sich die Haare aber Gott sei Dank nicht mehr mit der Schermaschine absäbeln. Mitsuhiko war seine Sommersprossen noch immer nicht losgeworden und hatte Genta in der Körpergröße mittlerweile eingeholt. Und aus Ayumi war wirklich die hübsche junge Dame geworden, die sie wohl hatte werden wollen, ihr Blick war jedoch noch ganz der alte. Ihren Uniformen nach zu urteilen gingen alle in dieselbe Schule, nein, dem nicht genug, sie gingen in seine Schule. Aus den Kindern, den Grundschülern, die er gekannt hatte, waren tatsächlich junge Erwachsene geworden, die, wie es schien, ihrer Moral und ihrem Charakter dennoch treu geblieben waren. Shinichi konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen, es war schön zu sehen, dass die drei noch befreundet waren, und die Sache damals augenscheinlich gut überwunden hatten. Schuldig zernagte er sich die Unterlippe, als ihm klar wurde, dass sich in dieser kleinen Seitengasse grade die Detektiv Boys nach zehn Jahren unwissentlich wieder zusammenfanden, nun… nicht ganz. Die Detektivboys würde es in der ursprünglichen Formation nicht mehr geben, dafür hatte er selbst gesorgt. Sein Blick fiel zur Seite, er wollte sich nicht vorstelle, was die drei dank ihm durchgemacht hatten… er hatte ihnen ja nicht einmal geholfen, mit dem was geschehen war, zurechtzukommen. Nein, er war einfach davon gelaufen. Langsam atmete er aus, vermied es, den dreien noch einmal ins Gesicht zu sehen. Es war besser er ging jetzt, er hatte kein Recht im freundlichen Ton mit den dreien zu plaudern, wo sie ihn doch eigentlich anschreien, hassen und verachten sollten. „Also wenn das so ist, überlass ich das Terrain gerne wieder euren Händen. Äh… ihr wollt doch bestimmt euren Ball wieder haben, oder?“ Hastig drückte er den Fußball Mitsuhiko in die Hand, versuchte die verwirrten und leicht skeptischen Blicke seiner alten Klassenkameraden zu ignorieren und fuhr rasch fort. „Hier bitte sehr, danke noch mal fürs Ausleihen. Also dann, macht‘s gut, auf Wiedersehen.“ Er wandte sich grade zum Gehen, wollte nichts als möglichst schnell das Weite suchen, bevor die drei diesem Tag den Rest gaben, aber wie es schien, hatten die aber genau das im Sinn. „Nicht so schnell, Mister.“ Wie vom Donner gerührt blieb Shinichi stehen, er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten und fluchte innerlich. Er kannte den Ton, den die drei nun anschlugen, nur zu gut. „Wir hätten da noch ein paar Fragen an Sie.“ Unsicher drehte er sich um, versuchte ein möglichst unschuldiges Lächeln, hob abwehrend die Hände - er wollte wenigstens versuchen, sie abzuwimmeln. „Also wisst ihr, dafür habe ich heute wirklich keine Zeit.“ Doch sie ignorierten ihn schlicht, sodass Genta da weiter machte, wo Mitsuhiko aufgehört hatte. „So ist es, denn wir sind-„ „Die Detektivboys!“ Sie hatten ihre Vorstellung perfekt synchronisiert, schauten ihn nun mit einem überlegenen Grinsen an, wie es schien waren sie sich ihrer Sache ziemlich sicher. Shinichi selbst wäre fast aus seinen Schuhen gekippt, konnte nicht verhindern, dass ihm das Lächeln aus dem Gesicht fiel, verdattert starrte er auf die selbst ernannten Ermittler, deren Elan in den vergangen zehn Jahren anscheinend mit ihnen gewachsen war. Sie nannten sich tatsächlich noch so, sie waren noch immer Detektive. Er schluckte, schnappte kurz nach Luft und versuchte sich selbst zu beruhigen, noch hatten die drei nichts getan, was ihm Sorgen machen könnte. „D-Detektive?“ Stammelte er in gespielter Verwunderung, die den dreien, an deren breitem Grinsen abzulesen, Genugtuung einbrachte. „Ganz Recht und wir wissen sehr genau, wer Sie sind!“ Shinichis Augen wurden groß, er spürte wie sein Puls in die Höhe schoss. Hatte er sich wirklich schon verraten? Hatten die drei ihn tatsächlich durchschaut! Er hätte den Kerl wohl lieber zu Fuß verfolgen sollen. Er schluckte, das durfte nicht sein, nicht sie, auf keinen Fall durften ihn die Kinder durchschauen … das Ganze würde nur Fragen und Schmerz wiederaufleben lassen. Er schluckte, kniff die Augen abwehrend zusammen, nein das durfte nicht passieren, das konnte er nicht zulassen. „Hört mal… ihr, ihr irrt euch bestimmt, wahrscheinlich ver-„ „Nein, wir verwechseln Sie ganz bestimmt nicht mit irgendjemandem. Ganz ausgeschlossen.“ Es war Ayumi, die seinen gestammelten Versuch unterbrach, dem Ganzen auszuweichen, während sie sich kokett die mittelangen Haare in den Nacken warf. Shinichi schlucke, aus dem kleinen Mädchen war wirklich eine junge Erwachsene geworden. „Sie haben wohl gedacht, Sie würden in der Stadt nicht auffallen, tut mir Leid, da haben Sie sich wohl geirrt, wir sind gut informiert.“ Mitsuhiko trat, die Arme vor der Brust verschränkt, näher an ihn ran, schüttelte bedauernd den Kopf. „Und wenn es sein muss, machen wir gleich einen riesen Wirbel um Ihre Person… Professor Bell.“ „Was?“ Die drei staunten über die entgeisterten Blicke, die der Amerikaner ihnen zuwarf, es dauerte eine ganze Weile, bis Shinichi endlich verstand. Natürlich … Bell! Wieso vergaß er den andauernd, wie sollten sie auch etwas anderes denken. Doch um erleichtert zu sein, blieb ihm kaum Zeit. „Aber ja doch! Sie sind zum einen ein gar nicht mal unbekannter Schriftsteller, der es erst in den letzten Jahren zum Erfolg gebracht hat.“, begann Mitsuhiko aufzuzählen, noch immer mit dem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen, welches seine Mitschüler teilten. „Außerdem sind Sie derzeit in den Ermittlungen am „Holmes“-Fall hier in Japan involviert, man hat Sie extra eingeflogen, weil Sie angeblich ein Experte auf diesem Gebiet sind.“ Shinichi schluckte, folgte Gentas Worten, wobei sein Blick auf die Krawatte des Oberschülers fiel, an der augenscheinlich die Reste seines Mittagessens klebten. „Ganz Recht, und wenn Sie nicht wollen, dass hier gleich jeder lautstark erfährt, wer Sie sind, sollten Sie uns einen kleinen Gefallen tun.“ Ayumi sprach die Drohung mit dem zuckersüßen Lächeln aus, dass Sie seit Kindertagen hatte, wie es schien hatte Sie es sich dienlich gemacht. Shinichi stöhnte innerlich auf. Er schluckte, setzte die Brille ab und rieb sich kurz über die Augen. Eins stand fest, ein sarkastisches Lächeln huschte über sein Gesicht, er hatte den Kleinen damals viel zu viel beigebracht. Aber Himmel, wer konnte schon ahnen, dass Grundschüler sich später einmal mit… mit 17 Jahren noch daran erinnerten! Ergeben seufzend setzte er die Brille wieder auf, da musste er jetzt wohl durch, er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass es für ihn so einfach kein Entkommen mehr gab. „Ich habe wohl keine andere Wahl, oder? Also was wollt ihr … Detektive?“ Das Grinsen der drei wurde, aufgrund Bells herausfordernden Tons nur noch breiter. „Wir wollen in den Fall mit eingebunden werden.“ „B-bitte?“ Damit hatte er nun nicht gerechnet. „Wir können Ihnen bestimmt helfen, schließlich sind wir selbst große Fans von Sherlock Holmes, sehen Sie!“ Stolz zeigten die drei ihr Detektiv-Abzeichen hervor, Shinichi schluckte, als er den alten Transmitter sah, auf dem Holmes noch immer in ganz typischer Pose vor dem großen „B“ glänzte. Anders als er hatten sie ihre gemeinsame Vergangenheit wohl nicht einfach untergraben. Mit immer trockener werdender Kehle versuchte er erneut Einfluss auf die Oberschüler zu nehmen. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.“ Doch sie blockten ihn wieder ab. „Wir kennen die Polizei ziemlich gut, es wird für sie kein Problem sein, wenn wir Ihnen ein wenig unter die Arme greifen.“ Skeptisch hob sich Bells Augenbraue über der schmalen Brille. „Habt ihr denn nicht noch Schule?“ Das unheilverkündende breite Grinsen auf den Lippen der drei verriet, dass auch sein letzter Rettungsring dem Untergang geweiht war. „Wir wurden heute in die Frühlingsferien entlassen. Ist das nicht ein glücklicher Zufall Mr. Bell! Nun kommen Sie, wir können Ihnen bestimmt helfen!“ Shinichi konnte sich ein sarkastisches Lächeln aufgrund seines „Glücks“ nicht verkneifen; er seufzte innerlich. „Äh- also wisst ihr, ich glaube, das ist kein fall für Kin…“ <…Kinder.> Ihm blieb das Wort im Halse stecken. Nicht weiter schlimm, wenn man bedachte, dass sie ihm ohnehin nicht zuhörten, für ihn fiel diese Diskussion jedoch ganz in alte Muster. Shinichi schluckte, schaute in die muntere Runde, die drei schienen gar nicht auf eine Antwort von ihm zu warten, so wie er sie kannte, war es schon beschlossene Sache für sie. So wie sie damals beschlossen hatten, ihm zu helfen. Er hätte sie da raushalten sollen, Mord und Tod waren nichts für Kinder ihres Alters gewesen, erst Recht nicht die Organisation oder der Verlust einer Freundin. „Also kommen wir morgen einfach mal im Revier vorbei!“ „Wie?“ „Genau, wenn wir sagen dass Sie uns eigeladen haben, kommen wir schon rein!“ „Ja- Aber-!“ „Bis morgen dann also, Mr. Bell!“ Shinichi schaute ihnen perplex hinterher, hörte sie noch in der Ferne Pläne schmieden, ehe die Menschenmenge sie verschluckte und er sie aus den Augen verlor. Bell stöhnte auf, legte den Kopf in den Nacken und merkte nicht, dass er den Fußverkehr noch immer blockierte. Da hatte er sich wieder was Schönes eingebrockt. Eins stand fest, dieser nicht enden wollende Tag hatte sich definitiv gegen ihn verschworen. Grade hatte er das Taxi an de Pforte von Matzudos Haus verlassen, als ihm an der Haustür des Doktors ein Unheil verkündender Zettel ins Auge sprang. Auf dem Blatt Papier stand in der wie üblich unleserlicher Schrift eines Arztes, dass er Bell in der Pathologie der Universität erwartete. Die Uni selbst hatte Shinichi schnell gefunden, die Frau am Informationsschalter hatte ihm auf einem kleinen Gebäudeplan mit ihren pinken Nägeln, deren Lack langsam abblätterte, lustlos den Weg erklärt und ihn dann mit dem Kaugummi zwischen den Backenzähnen in das Labyrinth aus Türen und Gängen entlassen. Genau in diesem Irrgarten lief er nun auf der Suche nach Zimmer Nummer 303b umher, zwar musste er keine Angst haben, dass der furchteinflößende Minotaurus auf ihn wartete, die Studenten und Presseleute, die am aktuellen Fall Interesse zeigten, waren jedoch nicht weniger lästig. Als er an Nummer 298 und 299 um die Ecke bog, ließen zwei Wachposten vor einem Raum in ihm endlich die vage Hoffnung aufkeimen, das richtige Zimmer gefunden zu haben - wie ihm die Nummer bald bestätigte. Skeptisch sahen die beiden Polizisten ihn an, als Bell auf die Tür zuging, als er jedoch seinen Ausweis zückte und sagte, wer ihn erwartete, und den Grund seines Besuches bekanntgab, gewährten sie ihm Einlass. Shinichi schlüpfte eilig durch die Tür und war froh, als das weiße Ungetüm hinter ihm wieder ins Schloss fiel, ehe die beiden sich seinen Ausweis genauer ansahen. Zwar bestätigte ihm Black immer wieder, dass an diesem Dokument nichts zu rütteln sei, ihm jedoch war nicht wohl dabei, ihn vorzuzeigen in dem Wissen, dass die Wahrheit nur hinter einer dünnen Schicht Silikon wartete. Langsam wanderte er von der Tür weg, die Pathologie hatte den gleichen kalten, leblosen und sterilen Charme wie die New Yorks. Unweigerlich spürte er, wie er zu frösteln begann, seine vom Regen feuchte Kleidung machte das Ganze nicht besser. Er wollte das Ganze nur noch schnell hinter sich bringen. „Doktor Matzudo?! Hallo?“ Der Name hallte in dem Raum aus weißen Kacheln, Edelstahl und Aluminium kalt und ohne klang wider, es dauerte eine ganze Weile, bis jemand Shinichi antwortete. „Professor Bell, sind Sie das?“ Shinichi sah Matzudo aus einem kleinen Raum kommen, in dem sich vermutlich das Obduktionsbesteck befand. Der Arzt schob einen kleinen Wagen vor sich her, auf dem er, ausgebreitet auf einem grünen Tuch, alles Mögliche arrangiert hatte, das man zum Öffnen, Ausnehmen, Untersuchen und wiederzumachen eines Körpers brauchte. Matzudo nickte Bell freundlich zu. „Warten Sie noch einen Moment, ich komme sofort.“ Still seufzend sah er den Mann wieder im Kämmerchen verschwinden, schaute sich leicht nervös in dem Zimmer um. Der Raum war erheblich kleiner als der in New York, er konnte kaum für Vorlesungen gedacht sein, auch die Anzahl der Kühlkammern zeugte davon, dass hier nicht allzu viele Leichen warteten. Der Edelstahltisch in der Mitte kam ihm jedoch nur zu gut bekannt vor, er ahnte wer die Person war, die unter dem grünen Leichentuch auf den Arzt wartete. Shinichi schüttelte es, er ahnte, wieso Matzudo ihn herbestellt hatte. In dem halben Jahr, das er nun an der Universität war, hatte er sich noch erfolgreich um jede Obduktion gedrückt, auch beim FBI hatte man ihm erlaubt, sich diesem Thema zu entziehen, er hatte die Theorie gepaukt… aber immer, wenn man ihn in die Praxis einweihen wollte, kam es zur Katastrophe. Er schlucke, ein kleiner Schweißtropfen rann ihm unter der Perücke hervor über den Nacken; Shinichi ahnte, dass er sich so leicht diesmal nicht drücken konnte. „Also dann…“ Matzudo kam mit einem breiten Grinsen wieder in den Raum, zog sich grade die Latexhandschuhe zu Recht. „… schauen wir doch mal, was wir hier haben. Wenn Sie mir helfen wollen Professor, nebenan befinden sich ein Kittel und auch noch Handschuhe, bedienen Sie sich ruhig.“ „Schon… schon gut, Doktor!“ Abwehrend hob Shinichi die Hände, lächelte leicht verlegen. „Ich richte vermutlich mehr Schaden an, als das ich Ihnen eine Hilfe bin.“ „Wenn Sie meinen.“ Der Doktor begann in seinen Unterlagen zu kramen, schielte kurz zu Bell hoch. „Bevor wir anfangen, möchten Sie bestimmt einen Blick auf unser erstes Opfer werfen, oder? Satoru Okida, richtig? Warten Sie einen Moment.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, kehrte der Pathologe Shinichi den Rücken zu, kramte eine Brille aus seiner Brusttasche und begann die kleinen Schildchen der Kühlkammern zu inspizieren, bis seine Augen an der richtigen Nummer hängen blieben. Neugierig trat Shinichi neben den Arzt, der in geübten Handgriffen die Kammer aufschloss und entriegelte, mit einigem Schwung zog er die Bare samt Leichnam bis zur Hüfte heraus. „Die Obduktion ist natürlich schon gemacht worden.“ erklärte Matzudo, „Keine Auffälligkeiten, der Tod ist eindeutig durch die Stichwunde und das daraus resultierende Ersticken am eignen Blut eingetreten, der Blutverlust ist eher nebensächlich, da das Messer nicht hinaus gezogen worden ist.“ Bell nickte, schob sich die Brille wieder zu Recht und beobachtete, wie der Arzt sich an der Leiche zu schaffen machte. Es war ein Mann, seine Haut war nach der langen Zeit in der Kammer glasig, weiß und leicht durchsichtig, sodass man die feinen Blutgefässe in einem kühlen Blauton hindurch schimmern sehen konnte. Die Augen waren weit geöffnet, das Braun, das früher einmal geleuchtet hatte ,war jetzt nur noch matt zu erkennen. Shinichi schluckte, betrachtete sich das Gesicht des Mannes genauer. Hatte er seinen Täter gesehen? Hatte er ihn gekannt? Hatte er gewusst warum er sterben musste? Ein leichter Schauer durchwanderte Shinichis Körper, als sein Blick auf die breite Narbe über dem Torso fiel; den menschlichen Setzkasten möglichst ordentlich wieder zu schließen, war durch die fehlende Elastizität der toten Haut schwer, kaum ein Pathologe schaffe es, so eine saubere Narbe zu hinterlassen wie Matzudo es offensichtlich konnte. Mit einem erschöpften Stöhnen hatte es der Pathologe geschafft, den Mann auf die Seite zu drehen, deute auf seinen Rücken, sodass Shinichi ihn näher begutachten konnte. „Wie sie sehen, ist das Messer zwischen der 4. und 5. Rippe eingedrungen, hat diese zerschnitten und wurde knapp am Herz vorbei gestoßen, allerdings hat es die Lunge erheblich geschädigt.“ Bells Augen verengten sich mit einem Blick auf die klare Schnittwunde. „Man benötigt schon ziemlich viel Kraft für diese Art von Verletzung, oder Doktor?“ Der Arzt legte den Toten wieder zurück auf die Bare, nickte Bell dann ernst zu. „Ganz recht Professor, es ist ein erheblicher Kraftaufwand, deswegen würde ich stark auf einen Mann tippen. Es ist für eine Frau zwar nicht unmöglich die Tat zu begehen, aber wie gesagt…“, er schüttelte leicht den Kopf. „Ich glaube nicht daran.“ Der Arzt sah, wie sich die Augenbrauen des Professors zusammenzogen, nachdenklich begann dieser in seinen Taschen zu graben, bis er auf ein Paar Handschuhe stieß, die Takagi ihm gegeben hatte. Flink hatte Shinichi sich den Latex über die Finger gezogen, nahm vorsichtig die Hände des Toten in die seine und begutachtete sie, erst die Linke, dann die Rechte. „Meine Theorie scheint sich bis jetzt zu halten.“, murmelte Bell, während er die Handschuhe wieder auszog. Matzudo, der die Prozedur stirnrunzelnd beobachtet hatte, schaute den Professor fragend an. „Inspektor Takagi und ich haben uns eben den Tatort angeschaut, es sind noch deutliche Fußspuren zu erkennen, die wir, bis weitere Informationen vorliegen, wohl dem Täter zuordnen können. Es sieht ganz so aus, als habe der Mörder dem Opfer aufgelauert und es dann, wie die Wunde zeigt, von hinten erstochen.“ Shinichis Blick huschte über den Toten. „Seine Fingernägel sind sauber, kein Blut, keine Haut- oder Stofffetzen, es hat offensichtlich keinen Kampf gegeben, vermutlich hatte er nicht den hauch einer Chance.“ Matzudo nickte dem Professor nachdenklich zu. „Da könnten Sie Recht haben, auch wenn ich Ihnen das mit den Nägeln vorher hätte sagen können.“ Der leicht beleidigte Ton des Arztes wandelte sich jedoch schnell in ein einsichtiges Lächeln. „Ich kann natürlich verstehen, dass sie Ihre Theorie haben prüfen wollen, allerdings glaube ich, dass wir uns nun besser dem heutigen Opfer zuwenden sollten, denn dort gibt es für Sie vielleicht wirklich noch etwas zu entdecken.“ Shinichi nickte, spürte jedoch wie sich seine Magengegend zusammenzog. Er beobachtete, wie Matzudo die Leiche des Mannes wieder säuberlich verschloss, um sich dann der Frau zuzuwenden, die heute morgen ihr Leben lassen musste. Nachdem er das Tuch entfernt hatte, lag eine junge Frau vor ihnen. Wie beschrieben um die dreißig, sie hatte mittellanges braunes Haar, das ihr glatt auf die Schultern fiel… jedenfalls das Haar, welches noch vorhanden und nicht blutverklebt war. Shinichi wusste, dass er der einzige war, der den Atem kurz anhielt, als der Doktor den Kopf der Leiche entblößte - da der Schuss von hinten den Schädel durchbohrt hatte, war die Eintrittsstelle ein kreisrundes Loch, wie aus dem Lehrbuch. Die Wunde an der Stirn der Frau war eigentlich genauso bezeichnend, wenn auch weniger schön anzusehen, denn durch die Wucht der Waffe hatte die Kugel einen großen Teil des Stirnbeins geradezu zerfetzt. Matzudo schien die Nervosität seines Laborpartners nicht mitzubekommen, während er sich mit einer kleinen Schere daran machte, der Leiche die Klamotten „auszuziehen“, begann er bereits mit der Analyse. „Wie Sie sehen, ist der Kopfschuss nicht so sauber wie es sich anhört, man kann nur hoffen, die Jungs von der Spurensicherung geben sich Mühe und finden die Kugel noch. Ich befürchte ja fast schon, dass sie in der nächsten U-Bahn gelandet ist und wir sie nie wieder sehen.“ Shinichi schluckte, teilte das zynische Lachen nicht, sondern sah dem Arzt gebannt bei der Arbeit zu. „Sie haben die Leiche doch heute Morgen schon untersucht oder? Gab es irgendetwas Auffälliges? Etwas, das wir vielleicht mit der Tat in Verbindung bringen könnten?“ Der Pathologe sah auf, legte die Schere weg und begann den Brustkorb der Frau mit Jod zu betupfen, das sich unangenehm mit den bläulichen Leichenflecken biss. Nur schwer konnte er ein Zittern seiner Stimme unterdrücken, kurz schloss Shinichi die Augen, atmete konzentriert ein. Matzudo sollte ihm endlich antworten, er sollte endlich etwas sagen, er brauchte etwas, um sich abzulenken, etwas mit dem er seine Gedanken ausblenden konnte. Wenn dieser verdammte, schweigsame alte Kauz von Pathologe nicht gleich den Mund aufmachte, würde er durchdrehen, noch bevor die Obduktion richtig begonnen hatte. „Wenn Sie auf irgendwelche Spuren von Kampf, Gift oder Ähnlichem hoffen, muss ich Sie, glaube ich, enttäuschen Mr. Bell. Schauen sie sich ihre Finger ruhig selbst an, zwar liegen uns die Laborbefunde noch nicht vor, ich bezweifle allerdings, dass die Partikel, die wir unter ihren Nägeln finden, etwas anderes zu Tage fördern, als den Rest ihres Frühstücks.“ Shinichi nickte, spürte wie er langsam blass wurde. Seine Theorie hatte noch immer festen Boden, aber es half nichts, sie hatten keine neuen Indizien und seine Konzentration hatte sich schon längst verabschiedet. Der Jodgeruch stieg ihm in die Nase, als der Doktor sich die rotbraune Flüssigkeit mit einem Tuch von den Fingern tupfte. Die grünen Augen des Pathologen ruhten so scharf auf der Leiche, als hätte er Angst, sie könnte vor ihm vom Tisch hüpfen. Shinichi zernagte sich die Lippen, beobachtete denn Mann vor sich genau. Eigentlich war er ja ganz nett, aber wie er jetzt mit der Leiche umging, brachte auch den erfahrenen Detektiv zum Frösteln. Die kühle Routine, als wäre das, was vor ihm lag, niemals ein Mensch gewesen, hätte nie gelebt, geweint oder gelacht. „Rigor mortis nicht mehr vorhanden, livor mortis normal, keine auffälligen Veränderungen der Male, sie befinden sich auf Seite des Rückens, gleichmäßig verteilt.“ Die monotone stimme des Mediziners riss Shinichi aus seinen Gedanken, er verstand schnell, dass er Mann nicht mit ihm sprach, seine Augen wanderten routiniert über die Leiche, während er alle Ergebnisse per Diktiergerät zu Protokoll brachte. „Keine auffälligen Veränderungen, Rötungen oder Verletzungen, bis auf die Schusswunde. Gewicht und Größe sind aus den Akten zu entnehmen.“ Er räusperte sich kurz, schaute Bell, an als erwarte er die Erlaubnis zum Fortfahren von dem Kriminalisten, als dieser ihm etwas unsicher zunickte, sprach er weiter. „Beginn der Exenteration.“ Damit schaltete er das Diktiergerät aus und legte es beiseite, die äußere Leichenschau war abgeschlossen, Shinichi zog scharf die Luft ein, er wusste was jetzt folgte. „Es wird jetzt vielleicht etwas laut, aber das wissen Sie ja, Professor. Am besten stellen Sie sich seitlich hinter mich, ja genau, von dort aus müssten Sie den besten blick haben. Also dann, wollen wir mal…“ Shinichis Herz begann zu rasen, als der Pathologe die kleine Säge einschaltete und diese im schrillen Geheul in der Mitte des Brustkorbes ansetzte. Das silberne Metall des Sägblatts verlieh ihren mattblauen Augen, einen kurzen Glanz, der ihm den Magen herum drehte. Verzweifelt versuchte er, das Jaulen der Säge mit seinen Gedanken zu übertönen. Was war er für ein Detektiv, der nicht einmal bei einer simplen Obduktion dabei sein konnte, nur zuschauen, nicht mal helfen! Shinichi schluckte, er spürte, wie Panik und Hitze in ihm aufstiegen, so einfach ließ sich seine Angst nicht betrügen. Früher hätte es ihm nichts ausgemacht… Nun jedoch musste er versuchen sich zu beherrschen, Furcht und Übelkeit im Zaun zu halten, die ihn zum Zittern brachten. In dem Moment war er froh, dass der Arzt ihn gebeten hatte, sich hinter ihn zu stellen, so konnte er wenigstens sein Gesicht nicht sehen, aber Shinichi wagte es einfach nicht, die Augen zu schließen, hielt stattdessen verkrampft die Luft an, bis der Ton der Säge, der beim Eintritt ins Brustbein leicht dumpf geworden war, erneut aufschrie. Der Knochen war durch. Matzudo schaltete das Gerät ab, legte es weg und griff stattdessen nach etwas, das Shinichi als Rippenschere identifizierte. Er beobachtete, wie der Arzt den durchtrennten Knochen spreizte, um die Schere in Höhe des Herzens besser ansetzen zu können. Shinichis eigenes Herz klopfte gehetzt und unregelmäßig, er sah, wie Matzudo die beiden silbernen Klingen ansetzte; die Hitze in seinem Körper kribbelte auf seiner Haut, das Rasen seiner Gedanken hatte aufgehört, ganz im Gegenteil, er war nicht mehr in der Lage zu denken. Als der Professor den Brustkorb öffnete und die ersten Rippen knackend dem heckenscherenähnlichen Gerät nachgaben, war es vorbei. Er musste raus. Weg, einfach nur weg von hier. Flucht, etwas anderes gab es für ihn in diesem Moment nicht. In blinder Panik war er aus dem Raum, an den beiden verwirrt dreinschauenden Beamten vorbei um die nächste Ecke des Flurs gerannt, wo er endlich nach Luft schnappend anhielt. Das war einfach zu viel, viel zu viel gewesen! Er sollte sich zusammenreißen, ja verdammt, das wusste er, aber es war einfach nicht möglich, er hatte es nicht länger ausgehalten, es ging nicht. Sie waren bei ihr genauso vorgegangen, eine Routineuntersuchung, üblich bei einem Mord. Bei einem kleinen Mädchen, deren Todesursache ebenfalls nur allzu offensichtlich war. Shinichi schluckte, lehnte sich an die Wand, die seinen zitternden Körper auffing, die widerliche Kälte ließ sich jedoch nicht so einfach abstellen. Er hatte keine Ahnung, warum ihn grade das so verstörte, der Umgang mit den Leichen an sich war in den meisten Fällen kein Problem, aber das... Die Sterilität, das sture Befolgen der Autopsieetikette… das hatte sie nicht verdient, ihr ganzes Leben war von dieser Kälte erfüllt gewesen, Kälte und Dunkelheit, die ihr Herz fast gebrochen hätten, bis Agasa, die Detektivboys und alle anderen sie wieder aufgebaut hatten. Shinichi kniff die Augen zusammen, sah ihren Körper in der Aluminiumbox, im Sarg… „Nein, verdammt!“ Heiser keuchend fuhr er sich durchs Haar, ließ seine Hand auf der Stirn ruhen, schloss kurz die Augen und versuchte einfach nur zu vergessen, alles zu ignorieren bis er etwas hörte. „Hier.“ Es war Matzudo, der ihm einen weißen Plastikbecher mit Wasser hinhielt - Gott sei Dank hatte er die widerlichen Handschuhe ausgezogen! Shinichi nahm es verlegen an, merkte erst jetzt, wie trocken seine Kehle war. Er leerte den kleinen Becher in einem Zug, das Wasser beruhigte nicht nur seine Kehle, sondern auch seine Gedanken, erst jetzt wurde ihm klar, was er eigentlich angestellt hatte. Das hatte er ja wieder Klasse hinbekommen. Peinlich berührt starrte er ausweichend auf den leeren Grund des Bechers ehe er stammelnd eine Entschuldigung zu Tage förderte. „Verzeihen Sie, ich… mir war ein wenig flau im Magen, der Flug und-„ Seine Stimme war brüchig, er wagte es nicht, den Arzt anzusehen, während er sprach. Aber Matzudo sah ihn nur an, die grünen Augen hingen nachdenklich an dem berühmten Kriminalisten. „Sie haben jemanden verloren, richtig?“ Shinichi sah auf, seine Augen wurden groß, doch Matzudo fuhr unbeirrt fort. „Gewaltsam verloren.“ Die Stimme des Arztes war weich und ließ dennoch keinen Widerspruch zu. Shinichi biss sich auf die Lippe, wandte den Blick ab, seine Pupillen rasten hin und her auf der Suche nach der richtigen Antwort. Für einen kurzen Moment herrschte Stille zwischen den beiden. „Das… das ist schon sehr lange her, eigentlich sollte ich-„ Bells stimme war kaum vorhanden, als Matzudo ihn unterbrach. „Schon gut.“ Überrascht sah Shinichi auf, Matzudo lächelte matt, nickte ihm kurz zu. „Manchmal kommt es leider auch dazu, dass Kollegen von der Polizei ihre eignen Leute verlieren. Glauben Sie mir, ich kenne die Symptome, Sie sind bei Weitem nicht der einzige, dem es so geht.“ Bell erwiderte das lächeln brüchig, schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „Das stimmt Wahrscheinlich. Dennoch… es sind nicht die Toten die mir auf den Magen schlagen, sondern die Art und Weise wie die Pathologie mit ihnen hantiert.“ Er schluckte, sprach mit leicht entschuldigendem Ton weiter. „Verzeihung Doktor, aber ich weiß nicht, ob ich Sie für Ihr ruhiges und routiniertes Vorgehen Bewundern oder Verachten sollte.“ Der Arzt hob nur skeptisch die Augenbrauen, ehe er antwortete. „Na, na Professor, jetzt tun sie sich und mir aber unrecht. Wurde ihnen nicht schon einmal gesagt sie seien kalt und gefühllos am Tatort? Ich hätte wahrscheinlich mehr Schwierigkeiten, wenn die Angehörigen noch dabei währen, ich kann alles in Ruhe in meinem Labor machen, Sie sind den Gefühlen jedoch direkt ausgesetzt und behalten einen kühlen Kopf und machen Ihre Arbeit, das kommt Ihren Bekannten und Freunden doch bestimmt auch komisch vor oder?“ „Ja, ja bestimmt…“ Doch die Antwort war kaum mehr als ein hauch an Worten nach denen Shinichis Mund halb geöffnet blieb. Seine Augen blickten ziellos ins Leere, allerdings… allerdings hatte das schon einmal jemand zu ihm gesagt… Tränen rannen ihr über die Wange, immer wieder versuchte sie, sie sich eilig wegzuwischen, doch der Druck war zu groß. Der Fall hatte sie mitgenommen, die Tragödie, die sich vor ihren Augen abgespielt hatte, tat ihr Leid und er war ihr nicht grade eine besonders große Hilfe. „Was denn, nun wein‘ doch nicht mehr…“ Ein armseliger Versuch, sie zu trösten. Sie aber tat ihm tatsächlich den Gefallen, versuchte sich zusammenzureißen, sah ihn dennoch trotzig fragend an. „Wie kannst du bei der Sache so gelassen bleiben?“ Sie erwartete Hilfe, eine Erklärung, mit der sie es vielleicht auch schaffen könnte, sich zu beruhigen. Und was tat er? Das glatte Gegenteil, er musste es natürlich auf die Spitze treiben. Er grinste, rieb sich stolz und auch ein wenig verlegen den Hinterkopf. „Weißt du, ich war schon an so vielen Tatorten, da ist eine kopflose Leiche nix Besonderes mehr.“ Sein dämliches Grinsen machte sie wütend, zu Recht! Nur noch mehr Tränen verließen unter zornigem Gemurmel ihr Versteck. „Du gefühlloses Ekel!“ Sie weinte nun hemmungslos, sodass er endlich merkte, was für einen Schaden er angerichtet hatte, kläglich versuchte er, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und sie zu beruhigen. „Am besten du vergisst das Ganze schnell wieder! Klar?“ Er hätte ihr die Wahrheit sagen sollen, hätte ihr sagen sollen, dass ihm das ganz bestimmt nicht egal war, dass ihn das nicht kalt ließ, aber dass er nur so denken und den Fall lösen konnte. Er hätte sie in den Arm nehmen sollen, sie trösten, so wie es sich gehörte. Er hätte… er hätte sie nicht allein lassen dürfen. Aber nein, er konnte es natürlich besser. „So was kommt alle Tage vor!“ „Blödsinn…“ Sie schrie ihn an, doch er hörte ihr schon lange nicht mehr zu, hatte kein Auge mehr für das Mädchen, das er schon so lange liebte, sondern war im Begriff, dem größten Fehler seines Lebens, bereitwillig, dumm, neugierig und unvorsichtig in die Arme zu laufen. Er lehnte noch immer an der Wand, steif, starr und unfähig sich zu rühren. Noch immer sah er sie vor sich, Tränen, Vorwurf und hunderte von Fragen in ihrem Gesicht, während sein Blick für andere doch nur stur und vermeintlich leer auf den Boden gerichtet war. „Gehen Sie nach Hause, Professor.“ Erschrocken sah Shinichi auf, Matzudo hatte ihn besorgt beobachtet, sah, dass aus den Lippen des Kriminalisten jegliches Blut gewichen war. „Hier…“ er drückte etwas in die Hand, kühl und uneben, einen Schlüssel. „…holen Sie ihr Gepäck aus meinen Haus und sehen Sie zu, dass Sie sich hinlegen. Den Rest schaffe ich schon allein, machen Sie sich keine Gedanken, wir besprechen die Ergebnisse morgen ohnehin auf dem Revier.“ Shinichis Blick wanderte wie in Zeitlupe von dem Pathologen zu dem Schlüssel in seiner Hand. „Lassen Sie den Schlüssel einfach liegen, ich hab noch einen zweiten im Labor.“ Bell nickte zwar, doch rührte er sich noch immer nicht vom Fleck, ehe der Arzt nun etwas energischer nachhalf. „Nun aber ab mit Ihnen, ruhen Sie sich aus, sodass sie morgen wieder fit sind, schließlich sollen Sie hier einen Fall lösen!“ Das schien zu wirken, die Worte des Docktors drangen zu ihm durch, er nickte dankbar, war jedoch nicht in der Lage, sich ein Lächeln abzuringen, drehte dem Pathologen den Rücken zu und ging. Ein paar letzte Wassertropfen perlten über sein Gesicht, Shinichi genoss die kühlende Nässe noch ein paar Minuten, ehe er nach dem Handtuch griff, um sich das Gesicht ab zu trocknen. Er hatte seine Sachen geholt, alles was er für Williams Auftritt brauchte, bereits ordentlich in einen gesonderten und abgeriegelten Raum ausgepackt und aufgestellt. Bei dem Rest würde er zumindest für heute aus dem Koffer leben, er hatte weder Lust noch Kraft, seine Sachen in den Schränken zu verstauen. Leise seufzend legte er sich das feuchte Handtuch um den Hals, genoss die Kälte in seinem Nacken und ging aus dem Bad in Richtung Wohnzimmer. Das Gästehaus war im westlichen Stil gehalten, sowie auch Matzudos Wohnung, es war einladend, gemütlich und groß, Shinichi konnte nicht leugnen, dass er sich im Stillen fragte, wie ein einfacher Pathologe an ein solches Anwesen gekommen war. Aber eigentlich konnte es ihm egal sein, er konnte sich hier drin in Ruhe aufhalten, längst hatte er alle Fensterläden herunter gelassen, um ganz sicher zu gehen, dass ihn niemand ohne sein tägliches „Make-up“ zu Gesicht bekam. Erschöpft ließ sich der Detektiv im Wohnzimmer in einen Sessel fallen, das Leder fing ihn weich und angenehm kühl auf, eine Weile saß er still da, hörte den entfernten Lärm der Straße und das Ticken der Uhr, die er eben an der Küchenwand entdeckt hatte, als er sich ein paar von den Leckerbissen einverleibte, die der Arzt ihm freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Eine Einladung zum Essen würde wohl das Mindeste sein, um sich bei Matzudo zu bedanken, er hatte Shinichi den ganzen Abend in Ruhe gelassen und der Tonlage nach zu urteilen, in der der Pathologe an der Uni mit ihm gesprochen hatte, würde der heutige Vorfall und die vermeintliche Geschichte dahinter ein Geheimnis zwischen ihnen bleiben. Shinichi legte den Kopf in den Nacken, starrte an die weiß gestrichene Decke. Besser hätte er seinen ersten Tag in Japan gar nicht beginnen können! Ein zynisches Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Oberschülers aus, bei dem, was er heute schon alles verbockt hatte, konnten die nächsten Tage ja wirklich nur allzu spannend werden! Sein Blick blieb weiter an der Decke haften, doch das Lächeln auf seinen Lippen verschwand mit dem leisen Ticken der Uhr immer mehr. Die Erinnerung, die ihn heute Abend heimgesucht hatte, ging ihm einfach nicht aus dem Kopf, sie ging ihm nicht aus dem Kopf. Abwehrend fuhr er sich durch die Haare, entfernte energisch das Handtuch aus seinem Nacken und legte es auf den Tisch, während er die Ellenbogen auf den Oberschenkeln abstützte. Der Ausdruck im Gesicht des siebzehnjährigen verriet jedoch, dass er seine Gedanken nicht so einfach abschütteln konnte. Der leicht nach vorn gebeugte Oberkörper flößte dem Bild etwas Schmerzliches ein, seine Hände baumelten ins Leere, während es in Shinichis Kopf arbeitete. Hier in Japan hatte sich wirklich viel verändert, die Kleinen waren nicht länger Klein, Takagi und Sato waren nicht nur verheiratet, nein sie hatten sogar schon eine sechs Jahre alte Tochter und der Professor, Shinichi schluckte, hatte auf seinem Weg zum Restaurant Colombo noch eine weitere tägliche Station. Nicht auszudenken… nicht vorstellbar, wie ihr Leben sich verändert hatte, wer konnte schon wissen, ob für ihn nun überhaupt noch Platz war. Wer konnte das schon wissen… Bei dem Gedanken blieb Shinichi hängen, seine Augen wurden kurz schmal, ehe er wie von der Tarantel gestochen in den Flur lief, und als er das, was er gesucht gefunden hatte, kehrte er langsam, geradezu unsicher, mit einem dicken Wälzer und einem schnurlosen Telefon in der Hand zurück. Er setzte sich wieder, legte das Buch vor sich auf den Tisch, das Telefon daneben und starrte beides an. Die Antwort war so nah, so dicht vor seiner Nase. Er müsste sie nur anrufen… nur im Telefonbuch nachschauen ob es eine Ran Mori überhaupt noch gab … oder diese jetzt Ran- „Ach, was weiß ich, wie der Kerl heißt!“ Fluchend fuhr Shinichi sich über die Stirn, wenigstens im Telefonbuch nachschauen konnte man ja. Er griff nach dem Buch, ignorierte stur das Zittern seiner Finger, als er nach ihrem Namen suchte. Mori… Fukia Mori… Inu Mori… Kogoro Mori… Siyame Ihr Name war nicht da! Shinichi spürte, wie sein Herz kurz aussetzte. Ihr Name war nicht da. Wenn sie nicht mehr Mori hieß, dann würde das bedeuten… Scharf zog er die Luft ein, schüttelte trotzig den Kopf. Nein, halt! Ein unsicheres Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. Vielleicht war sie einfach umgezogen, oder wohlmöglich wohnte sie ja auch noch bei Kogoro, natürlich, so musste es sein… Wieder huschte sein Name über die Liste, vielleicht stand sie ja irgendwo hinter Kogoro. Dann aber wurden seine Augen groß. Nein, sie wohnte nicht bei ihm. Sie hatte nicht geheiratet. Er hatte sie schlicht übersehen. Shinichi starrte wie hypnotisiert auf die kleinen, zierlichen Buchstaben die ihren Namen bildeten. Mori, Ran 03-3704-1671 Er hatte keine Macht mehr über seine Finger, als diese schnell über die Tasten des Telfons huschten, erst kurz bevor er den grünen Hörer mit dem Daumen erreichte, hielt er inne. Benommen starrte er auf das Telefon in seiner Hand, wurde sich erst jetzt wirklich bewusst, was er da eigentlich tat. Das konnte er doch kaum erst meinen! So dämlich konnte er doch nun wirklich nicht sein. Wie bitte sollte das Gespräch aussehen? Entweder er legte sofort wieder auf, oder er log sie nur ein weiteres Mal an, was schwer werden würde, denn den Stimmentransposer hatte er bereits abgelegt. Das war nicht fair, er hatte nicht das Recht dazu, sich in ihr Leben einzumischen, als würde er heimlich an fremden Türen lauschen. Nein, das wäre nicht fair… Zittrig atmete er aus, drückte das Telefon aus und legte es zurück auf den Tisch. Seine Hände waren schweißnass, das Bewusstsein etwas richtig gemacht zu haben, stritt sich wie immer mit dem Gefühl, etwas unglaublich Wertvolles verloren zu haben, schon wieder. Shinichi schüttelte missbilligend den Kopf, wie hatte er sich nur so gehen lassen können? Es ging hier nicht um ihn, nicht darum, dass er alte Erinnerungen oder gar Gefühle wieder aufleben ließ, sondern um den Fall. Einzig und allein deswegen war er hier. Er war einfach nur erschöpft und müde, kein Wunder, dass er sich beinahe zu solchen Dummheiten hinreißen ließ! Er musste sich ein wenig ablenken, das war alles. Mit noch immer trockener Kehle griff Shinichi nach der Fernbedienung auf dem kleinen Abstelltisch neben ihm, ein wenig japanisches Programm würde ihn vielleicht auf andere Gedanken bringen. Aber auch das schien ihm nicht vergönnt zu sein, kaum hatte Shinichi den Flimmerkasten in Gang gesetzt, flackerte sein eigenes Gesicht kurz über den Bildschirm, beziehungsweise das Gesicht Bells. „…,deswegen leistet der Amerikanische Professor und Schriftsteller William Bell der japanischen Polizei Amtshilfe. Anlässlich des Briefes der bei dem heutigen Opfer gefunden wurde-„ „Bitte?!“ Sein Mund blieb offen stehen, gebannt starrte der Detektiv auf den Fernseher. „Hier der genaue Wortlaut der Botschaft: Ein stummer Hund ist seltener als ein übereifriger Polizeibeamter, dennoch scheinen Sie die Presse nicht im Zaun halten zu können, ich hoffe für Sie dass sich das ändert, bevor ich mir mein Klientel nicht mehr persönlich aussuchen kann. Hochachtungsvoll, Mr. Sherlock Holmes Mit diesen Worten… Shinichi aber hörte dem Nachrichtensprecher nicht mehr länger zu, in seinen Gedanken hallte der Name noch immer nach. Sherlock Holmes Dieser Kerl nannte sich tatsächlich so! Wieso in Dreiteufelsnahmen hatte man ihm nichts von dem Brief gesagt! Wütend ballte er die Hände zusammen, zernagte sich die Lippe. Hallo ihr Lieben, Ich hoffe ich konnte euch mit dem neuen Kapitel an Nikolaus eine Freude machen :D Das nächste Mal gibt es einen weiteren alten Bekannten über den Shinichi sich ganz besonders freut ehe es dann zu der Begegnung kommt auf die ihr bestimmt schon wartet. Natürlich würde ich mich wie immer freuen, wenn ihr mir ein paar eurer Meinung im Stiefel hinterlasst ^.~ Ganz liebe Grüße und bis demnächst, eure Shelling__Ford Kapitel 6: Schwarze Spuren -------------------------- Schwarze Spuren Bell und Matzudo waren getrennt losgezogen, trotz dessen, dass sie beide den gleichen Termin hatten, war der Pathologe mit einem entschuldigenden Lächeln erst zur Uni aufgebrochen, während Shinichi sich direkt ins Präsidium aufmachte. Einem alteingesessenen Pathologen würde man die Verspätung vielleicht verzeihen, ihm aber ganz bestimmt nicht. Das Polizeihauptquartier von Tokio wieder zu sehen, malte ein Lächeln auf Bells Lippen; das Gebäude, welches sich äußerlich nicht verändert hatte zu besuchen, tat Shinichi unverhofft gut und half den ersten Tag seines Aufenthalts ein Stück weit zu vergessen. So schlimm konnte das heute gar nicht werden. Auch wenn es ihn immer noch ein wenig stichelte, dass Megure ihm die zweite Botschaft ohne mit der Wimper zu zucken vorenthalten hatte. Nachdenklich ging er durch die ihm wohl bekannten Flure, wieso Megure es ihm nicht erzählt hatte, war ihm ein Rätsel, spätestens heute Morgen hätte er es sowieso erfahren… wieso also war es dem Kom- nein, Hauptkommissar, so wichtig, ihn bis heute im Ungewissen zu lassen? Er würde es wahrscheinlich gleich erfahren. Shinichi sah auf, merkte, wie ihn ab und an ein Blick fragend streifte; abschätzend und pikiert war nur ein Teil der Gesichtsausdrücke, die ihm begegneten. Augenscheinlich wussten die Beamten genau, mit wem sie es zu tun hatten und wozu er da war, auch wenn ihn keiner direkt darauf ansprach. Während Shinichi das Konferenzzimmer ansteuerte, in das Megure ihn bestellt hatte, versuchte er, das ein oder andere Gesicht in dem zum Teil blau uniformierten Wirrwarr von Polizisten wiederzuerkennen, doch sie alle blieben für ihn namenlose Figuren. Kurz vor seinem Ziel hörte er durch die braune Holztür des Sitzungsraums eine aufgebrachte Stimme, deren Grund zur Wut Shinichi bis eben verdängt hatte. „Was fällt dem Kerl eigentlich ein!“ Noch vor der Tür zuckte der Detektiv zusammen, dachte mit einem zerknirschten Lächeln auf den Lippen an Flucht, während Megure weiter Schimpftriaden gegen ihn ausstieß. „Einfach Kinder hierher zu bestellen-„ „Aber wir sind keine Kinder mehr!“ „-als ob er hier das Sagen hätte!“ „Wir haben Ihnen doch schon öfter bei einem Fall geholfen!“ „D-Das stimmt Hauptkommissar Megure, die Kinder…“ Doch auch Takagis Worte konnten Megure nur schwer besänftigen. „Ich weiß ja, ich weiß, dennoch hier geht es nicht um irgendeinen Fall. Außerdem geht’s hier ums Prinzip! Wenn er euch heute einlädt haben wir hier morgen den ganzen Pressevorstand sitzen!“ Shinichi hatte die Tür einen Spalt weit geöffnet, sah Megure die Hände auf den Konferenztisch gestützt vor sich stehen, der Hauptkommissar war in Rage, die pochende Ader an seiner Schläfe konnte auch sein Hut nicht verbergen. Er sah die Kinder unschlüssige Blicke tauschen, dass der Amerikaner hier eigentlich nicht erwünscht war, hatten sie nicht erwartet und dass er ihretwegen nun Ärger bekam, wollten die drei nun doch vermeiden. „Im Grunde genommen… also eigentlich hat er uns gar nicht wirklich-„ „Schon gut, Mitsuhiko.“ Er öffnete die Tür nun ganz, blieb aber in deren Rahmen stehen, bevor die Oberschüler die Schuld auf sich luden, wollte er lieber einschreiten. Megures Gesicht spannte sich kurz, schwankte zwischen gespielter Höflichkeit und seiner Wut, bis er sich kurzerhand für ein Mittelding entschied. „Ich muss schon sagen Professor, einfach Kinder hierher zu bestellen, obwohl Sie wissen, dass der Fall größter Geheimhaltung unterliegt, ist schon ein starkes Stück!“ Der rüge Tonfall des Hauptkommissars wurde von dem kurzen Zucken seines Schnurrbartes begleitet, das andeutete, was er noch viel lieber gesagt hätte. Bell aber bemühte sich um einen freundlichen Ton, lächelte Megure entschuldigend an, während er weiter in den Raum ging und sich dem Hauptkommissar gegenüber stellte. „Guten Morgen, allerseits. Nun Hauptkommissar Megure, ich kann verstehen dass Sie aufgebracht sind, allerdings versicherten die Kinder mir, dass sie Ihnen schon öfter behilflich waren, und angesichts ihrer Leidenschaft für Holmes dachte ich, sie könnten uns vielleicht wirklich helfen.“ Die Augen der Detektivboys wurden groß, genauso groß wie das dankbare Lächeln, das sich nun auf den Lippen der drei ausbreitete. Dieser Amerikaner haute sie tatsächlich in feinster Manier aus dieser Sache raus, log, um ihnen zu helfen, ohne mit der Wimper zu zucken. Als Bells Blick sie streifte, wussten sie gleich, dass nun auch sie Einsatz zeigen mussten. „Genau so war es!“ Pflichtete Ayumi ihm bei. „Wir haben doch schon öfter mitgearbeitet.“ Doch Megures Stimme blieb hart, auch wenn seine Gesichtszüge ihm leicht entglitten. „Das hier ist aber kein Fall für euch. Ihr seid in der Oberstufe und solltet euch weiß Gott um die Schule kümmern!“ Mitsuhiko aber ließ sich nicht abschütteln, schlug einen protestierenden Ton an. „Das ist unfair. Shinichi durfte Ihnen bei den Fällen doch auch helfen!“ Megure zuckte bei dem Argument merklich zurück, doch die angespannte Ruhe währte nur kurz. „Stimmt… und auch ich hab meine Nase in manch polizeiliche Angelegenheit gesteckt Megure, und se können wohl kaum behaupten, das wir nich hilfreich gewesen wären.“ Shinichis Herz setzte einen Schlag aus als er den Dialekt hörte, die Stimme, von der er auch ohne hinzusehen wusste, wem sie gehörte. Dort wo eben noch Bell gestanden hatte grinste er ihnen nun herausfordernd entgegen. Wie alle hatte auch Shinichi sich zur Tür herum gedreht, anders jedoch als die anderen, die dem Neuling freudig und erwartungsvoll entgegen sahen, war er zu keiner Regung fähig. Mit weit aufgerissenen Augen und achtlos offen stehendem Mund betrachtete er den Mann im Türrahmen, als hätte er nie zu vor etwas Ähnliches gesehen. Dabei stimmte das so bei weitem nicht… Heiji Hattori konnte man nicht vergessen, selbst nach zehn Jahren nicht. Shinichi erkannte direkt, dass sein Freund noch ein Stück gewachsen war, seine Statur hatte sich seinen siebenundzwanzig Jahren angepasst und wie es schien, hatte ihn endlich jemand dazu überredet, die verschlissene Baseballkappe zu beerdigen, oder zumindest weit weg von ihrem Träger aufzubewahren. Der Ausdruck in seinen Augen war jedoch scharf wie eh und je. Noch immer unfähig etwas zu sagen oder zu denken, starrte er seinen alten Freund an, der seinen überraschenden Auftritt nun in altbekannter Manier abrundete. „Lassen se die Kinder doch helfen Megure. Wir können doch jede Hand gebrauchen… sonst hätten wir ja bestimmt nich die Ehre, Mr. Bell hier willkommen zu heißen, oder?“ Heijis Augen richteten sich nun auf Shinichi. Hitze schoss ihm in die Wangen, als hätte der Blick seines Freundes in verbrannt. Hattori hatte ihn schon einmal durchschaut, seinem alten Freund etwas vorzumachen, würde nicht leicht werden. Er schluckte, erwiderte den Blick des Detektivs mit einem kurzen Nicken. Nein, das Ganze würde es für ihn nicht einfacher machen, langsam hatte sich jeder, mit dem er früher einmal etwas zu tun gehabt hatte, um ihn versammelt. Etwas in ihm schrie förmlich danach, sich ihnen mitzuteilen, wenigstens ein paar Neuigkeiten auszutauschen oder zu erfahren, wie es dem jeweils anderen ging, doch sein Verstand stellte dieses Verlangen unter Arrest. Er durfte nicht. Er konnte nur als unbeteiligter Zuschauer beobachten, wie Megure seinen alten Freund nun herzlich begrüßte. „Heiji! Schön das du so schnell kommen konntest!“ Der angesprochene erwiderte das Lächeln Megures, schüttelte ihm freudig die Hand. „Hallöchen Hauptkommissar, freut mich, Sie mal wieder zu sehen, auch wenn die Umstände ja leider weniger angenehm sind.“ Megure nickte, klopfte dem jungen Mann jedoch stolz auf den Rücken. „Na, jetzt wo wir dich haben, kann ja nichts mehr schief gehen! Ach ja…“ Megures Blick richtete sich an Bell. „Wenn ich vorstellen darf, Kommissar Heiji Hattori aus Osaka.“ Heiji verstand die Aufforderung, trat einen schritt auf Bell zu und reichte ihm die Hand. „Professor Bell, nehme ich an? Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen.“ Doch Shinichi kannte den Mann aus Osaka gut genug, um zu wissen, dass das freundliche lächeln auf seinen Lippen keineswegs einfach nur „Willkommen“ hieß, eher stand in den leuchtend grünen Augen herausfordernd geschrieben „Mal sehen ob du mich schlagen kannst.“ Shinichi grinste innerlich, vielleicht würde es zumindest ein wenig lustig werden, auch so mit seinem alten Freund zusammenzuarbeiten. Er erwiderte Heijis Lächeln und ergriff die Hand des Detektivs. „Freut mich ebenfalls! Was macht denn ein Kommissar aus Osaka in Tokio?“ „Das Gleiche wie’n Amerikaner, denk ich.“ Die Atmosphäre war gespannt, der freundliche Händedruck war ein deutliches Zeichen dafür, dass Bell den Federhandschuh aufhob, den Heiji ihm vor die Füße geworfen hatte. Megure, der die leichte Spannung zwischen den beiden Detektiven zu merken schien, wollte die Besprechung nun endlich eröffnen. „Nun gut, nachdem wir die Begrüßung abgeschlossen haben, lassen Sie uns mit dem Fall beginnen.“ „Wir können also bleiben, ja?“ Megure, der die Anwesenheit der drei Oberschüler schon längst vergessen hatte, sah sie nun überrascht an, die Detektivboys hatten das breite Lächeln aufgesetzt, mit dem sie ihn schon früher zu dem ein oder anderem überredet hatten. „Also schön.“, gab er seufzend nach. „Aber ihr macht genau das, was man euch sagt! Verstanden?“ „Klar doch!“ „Wie immer!“ Das breite Grinsen der drei ging über zu Heiji, der sich grade neben Mitsuhiko niederließ. „Jetzt, wo du mit von der Partie bist, wird es bestimmt doppelt so spannend Heiji!“ Inspektor Takagi nickte den drein zu. „Allerdings, fast so wie in alten Zeiten!“ Die Ruhe, die nach Takagis Worten plötzlich eintrat, verwirrte Shinichi, die bedrückten Gesichter, die für eine Sekunde lang Einzug hielten, ehe Megure mit einem Räuspern die Stille durchbrach. „Nun… lasst uns anfangen, ehe dieser Irre sich ein neues Opfer sucht.“ Sie nickten, doch die Stimmung war noch immer gespannt. Bell, der sich grade einen Stuhl gegenüber Heiji zurechtrückte, beobachtete Sato und Takagi, die grade ein „unterirdisches“ Gefecht aus zu tragen schienen, bei dem Sato, Takagis schmerzverzerrter Mine nach zu urteilen, siegte. „Au! Mensch, Miwako…“ „Selbst schuld!“, zischte sie, nickte dann zu den Detective Boys, die nun weit weniger fröhlich den Erläuterungen Megures zuhörten. „Du bist selbst Vater! Da könnest du ruhig ein wenig einfühl-„ „Takagi! Sato!“ Das Paar zuckte zusammen, rutschte unter dem scharfen Blick des Hauptkommissars ein wenig tiefer in ihre Stühle. „Was immer es auch ist, regeln Sie ihre Privatangelegenheiten bitte in Ihren eignen vier Wänden!“ Die beiden nickten synchron und leicht errötet, lauschten nun still den Erläuterungen ihres Vorgesetzten. Die Besprechung der bisherigen Untersuchungen blieb größtenteils ergebnislos, auch der Pathologe, der wie ankündigt etwas verspätet hinzu kam, hatte der Truppe nicht viel Neues mitzuteilen. Bei beiden Leichen waren in Blut- und Organanalyse unauffällig, die Opfer waren an den offensichtlichen Ursachen gestorben. Keines wies Anzeichen eines Kampfes, auffällige Fingerabdrücke, Haut- oder Stoffpartikel auf. Die Vermutung, dass der Täter dem ersten Opfer zu urteilen eher ein Mann war, blieb anhand des zweiten Mordes eine Vermutung. Mehr hatte Matzudo ihnen nicht zu sagen, teilte ein paar Kopien der Laborergebnisse aus und verabschiedete sich dann von der Gruppe, die durch ihn nicht grade schlauer geworden war. Knurrend zog sich Megure einen Stuhl zurück, ließ sich seufzend darauf nieder und überfolg die Ergebnisse mit einem schnellen Blick. Seine Miene hatte sich verfinstert, dieser Fall war so undurchsichtig wie die eklige Gerstensuppe, die Midori immer machte, wenn sie sauer auf ihn war. Sie wusste genau, dass er die Pampe nicht mochte. Sie könnte ja auch gar nichts kochen, aber nein, sie saß lieber daneben und sah mit dem friedlichsten Lächeln dieser Welt zu, wie ihr Mann die Suppe auslöffelte. Megure verzog das Gesicht bei dem Gedanken, dass der Mörder jetzt wohl genau dasselbe tat, dem nicht genug, er konnte es sich ganz offensichtlich nicht verkneifen, seine Taten noch mit Worten zu schmücken, um der Polizei das Ganze erst richtig zu versalzen. Seufzend schüttelte er den Kopf, sah nun wieder in die Runde. „Sieht ganz so aus, als kommen wir mit bloßen Beweisen nicht weiter, am besten, wir widmen uns noch den Briefen, bevor wir uns mit den Zeugen beschäftigen. Ach ja, Bell sie sollten wissen das-„ „Schon gut Herr Hauptkommissar, die Nachrichten gestern Abend waren sehr informativ.“ Bell lächelte nicht, auch wenn er die leichte Röte auf Megures Wangen genoss, der ihn ertappt ansah. „Aber eine Frage habe ich doch. Wie kommt es, dass, obwohl dieser Fall strengster Geheimhaltung unterliegt, eine solche Information an die Presse gelangt?“ Megure zuckte kurz zusammen, dem genervten Ausdruck auf dem Gesicht des Beamten nach zu urteilen, hatte Shinichi da grade einen wunden Punkt erwischt. „Das ist allerdings ein Problem.“, gab der Hauptkommissar grummelnd zu. „Noch ein paar Sekunden, bevor wir am Tatort waren, muss ein Photograph vor Ort gewesen sein. Diesem Gesindel ist es zwar untersagt, etwas über die Identität des Toten bekannt zu geben, ehe nicht alle Angehörigen informiert wurden… so eine Nachricht allerdings wird wohl keiner dieser Aasgeier länger als nötig zurück halten.“ Takagi nickte bekümmert. „Der Kerl hat das Weite gesucht, als wir kamen, diese Hunde wissen genau, dass sie nicht an den Tatort gehören. Auch wenn es schon seltsam ist… die Geschwindigkeit, in der die Presse diesmal da war.“ „Ist es nicht möglich, dass er Ihnen aufgelauert hat?“ „Wie?“ Die Augen aller Anwesenden richteten sich auf Ayumi, die sich von der Aufmerksamkeit der Erwachsenen jedoch nicht beirren ließ. „Na ja, das Ganze hat doch ziemlich viel Aufsehen erregt, durch den ersten Brief hat man doch nur auf einen zweiten Mord gewartet!“, erklärte die Oberschülerin, wurde dabei von Mitsuhiko tatkräftig unterstützt. „Genau! Da wäre es doch denkbar, dass sich jemand hier postiert hat und nur darauf gewartet hat, dass sie losstürmen, oder nicht?“ „Es wäre zumindest eine Möglichkeit.“ „Allerdings gibt es da auch noch eine andere.“ Gespannt huschten die Augen aller auf Kommissar Sato. „Vielleicht steckt der Mörder ja mit der Presse unter einer Decke?“ „Das glaube ich eher nicht.“ Doch die beiden Detektive kamen ins Stocken, nachdem sie den Satz gleichzeitig ausgesprochen hatten, sahen sich nun verwirrt an. Auch die Augen der Anderen Anwesenden ruhten überrascht auf ihnen und brannten wie kleine Armeisenstiche auf Bells Haut. Shinichi schluckte, reagierte schnell hob ergeben die Hände und überließ Heiji damit den Vortritt. „Nur zu Kommissar Hattori, übernehmen Sie.“ Der jedoch inspizierte seinen Konkurrenten genau, ehe er damit begann, den Gedanken beider laut auszusprechen. „Äh… gut. Also, wenn wir uns noch einmal den zweiten Brief anschauen, wird der Widerspruch deutlich, wären se so freundlich Megure?“ „Was? Ja, ja natürlich doch!“ Der Hauptkommissar kramte kurz in den Akten ehe er eine Kopie des Briefes auf den Tisch legte, die nicht nur Heiji nun noch einmal eingehend inspizierte. „Ganz wie ich‘s in Erinnerung hatte.“ begann der Kommissar aus Osaka von neuem. „Der Mörder hat es selbst geschrieben: Ein stummer Hund ist seltener als ein übereifriger Polizeibeamter, dennoch scheinen Sie die Presse nicht im Zaun halten zu können, ich hoffe für Sie, dass sich das ändert, bevor ich mir mein Klientel nicht mehr persönlich aussuchen kann. Das erwähnen der Presse in diesen Zeilen is wohl kaum’n diffiziler und verstrickter Hinweis, ich denke, es steht ganz deutlich geschrieben. Sollten wir es nich schaffen, die Presse aus dem Fall herauszuhalten kann er sich seine „Klienten“ nich mehr persönlich aussuchen. Das heißt-„ „Er wird jemanden von der Zeitung töten!“, warf Ayumi ein, ergatterte sich so von Heiji ein kurzes Nicken. „Ganz Recht. Er kann es sich dann nicht mehr aussuchen, wie er schreibt, sondern muss es seiner Meinung nach tun.“ Das Gesicht Heijis spannte sich kurz, nervös benetzte er sich die Lippen. „Allerdings-„ „Allerdings gibt es da noch eine Möglichkeit.“, schloss Bell Heijis Satz. Der schaute den Amerikaner kurz skeptisch an, ließ ihn jedoch, wenn auch ungern, gewähren. „Es könnte genauso gut auch ein Ablenkungsmanöver sein, denn es besteht nicht nur die Möglichkeit, dass der Mörder mit einem Fotografen unter einer Decke steckt.“ Die blauen Augen Bells wurden gefährlich schmal. „Unter umständen handelt es sich bei ihm selbst um einen Menschen aus diesem Milieu, denn dann würde uns diese Nachricht, so wie beschrieben, natürlich vom Täter ablenken.“ Megure stöhnte auf, zupfte sich nervös am Schnurrbart. „Das heißt, wir sind wieder genau da wo wir angefangen haben, nicht mehr und nicht weniger schlau.“ Ein kurzes niedergeschlagenes Grummeln ging durch die kleine Gruppe, mit Ausnahme von Heiji, der Bell mit einem scharfen Grinsen taxierte. „Wieso lassen wir den Herrn Professor nich einmal erläutern, was er von den Briefen allgemein hält, schließlich is er nich umsonst unser Holmes-Experte, oder?“ Ungläubig ob dieser scheinbaren Kooperation starrte Megure ihn an. „Ja, aber Heiji, ich dachte du könntest uns da auch schon ein wenig weiter helfen!“ „Was?!“ Perplex schaute Heiji den Hauptkommissar an, während sich auf Bells Lippen ein Lächeln immer mehr in die Breite zog. „Na ja, was Holmes anbelangt, ein Detektiv wie du wird sich da doch bestimmt auskennen!“ „Äh… also wisse se Megure, Holmes war noch nie ganz meins. Ich mein, die Arroganz dieses Mannes ist einfach unerträglich, mal abgesehen davon, dass das Ganze einfach total veraltet is-… Äh… ich mein natürlich, es is mit dem heuten Ermittlungstandart leider nich mehr zu vergleichen!“, korrigierte Heiji, nachdem er die vor Wut funkelnden Augen der Detective Boys gesehen hatte. Der Hauptkommissar schien von dieser Offenbarung jedoch mehr als enttäuscht und reichte Bell geschlagen die Kopien beider Briefe. „Also schön Professor, vielleicht können Sie uns weiter helfen.“ Shinichi nahm die Kopien entgegen, rückte sich die Brille zurecht und studierte abermals die kurzen Texte die er ohnehin schon fast auswendig konnte. Es scheint als ob die Einäugigen nun gänzlich erblindet sind. Ich erlaube mir deswegen, Ihnen meine Hilfe zur Verfügung zu stellen, um die Studie in Scharlachrot erfolgreich zu Ende zu führen. Ein stummer Hund ist seltener als ein übereifriger Polizeibeamter, dennoch scheinen Sie die Presse nicht im Zaun halten zu können, ich hoffe für Sie, dass sich das ändert, bevor ich mir mein Klientel nicht mehr persönlich aussuchen kann. Beide unterschrieben mit Sherlock Holmes. Shinichi schluckte, versuchte die Wut zu ignorieren, die sich in seinem Magen bei dem Gedanken an eine solche Frechheit bildete. Allerdings brachte die saubere, wenn auch verschnörkelte Schriftart der mit PC getippten Nachricht, und der Name, der in goldenen Lettern darunter prangte, nichts Neues, das Ganze sah eher aus wie eine Visitenkarte, über deren Inhalt er sich schon die ganze Zeit den Kopf zerbrochen hatte. „Nun… ich fürchte ich kann noch nicht allzu viel dazu sagen, außer, dass es sich ganz offensichtlich auch um einen Angriff auf die Polizei selbst handelt.“ „Wie!?“ Sichtlich überrascht und ebenso schockiert starrten die Beamten den jungen Kriminalistikprofessor an. „Sie meinen, wegen der Drohung bezüglich der Presse?“ „Nein, nein es ist-„ „Ja, aber was denn dann? Ich meine … das ein stummer Hund ist seltener als ein übereifriger Polizeibeamter, ist doch eher ein Kompliment, oder?“ Bell aber schüttelte nur geduldig den Kopf nach Gentas Einspruch. „Nein, darauf will ich nicht hinaus, die Feindseligkeit gegen Ihre Abteilung, Hauptkommissar Megure, findet ganz offensichtlich schon im ersten Brief statt.“ Er schob die Kopie so über den Tisch, dass sie für jeden einsichtig war. „Die Einäugigen unter den Blinden…“ geduldig ließ sich Shinichi in seinem Stuhl zurückfallen, sah auffordernd in die Runde. „Kommt das denn wirklich keinem bekannt vor?“ Die Kriminalbeamten zermarterten sich einschließlich Heiji nahezu ergebnislos den Kopf, bei allen schien die Lektüre des berühmten Holmes schon eine ganze Weile zurückzuliegen. Allerdings enttäuschten die Kinder seine Erwartungen nicht. „Natürlich!“ Es war Ayumi, die ihn nun freudig ansah. „Holmes hat die Polizei so bezeichnet… das heißt, nur ein paar von ihnen, denn die anderen-„ „-waren gänzlich blind. Ganz Recht. Um genau zu sein, waren dies Inspektor Lestrade von Scotland Yard und seine Kollegen Gregson, Hopkins und Jones. Wobei Holmes mit Lestrade wohl die meisten Fälle, aber auch die meisten Probleme hatte.“ Bell konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen, ehe er fortfuhr. „Jedenfalls waren das für Holmes die Einäugigen unter den Blinden, das diese laut unseres Täters nun gänzlich erblindet sind, lässt sich leider nur auf eine Kritik an der japanischen Polizei zurückführen.“ Megure nickte, unmerklich verärgert, drängte den Professor mit einer Handbewegung dazu, weiter zu machen. „Was haben wir noch?“ „Nun … wie erläutert, die Presse, auch wenn ich bis jetzt noch keinen besonderen Zusammenhang mit Holmes sehe, und aus dem ersten Brief noch natürlich die Studie in Scharlachrot, die Sie schon ganz richtig gedeutet haben könnten, nämlich als Beginn einer ganzen Serie von Morden.“ Shinichi verkiff es sich, die Finger ans Kinn zu legen, trommelte stattdessen nachdenklich mit den Fingerkuppen auf dem Tisch herum. „Allerdings bleibt der erwähnte Hund im zweiten Brief für mich bis jetzt ein Rätsel.“ „Aber es gibt doch einen Hund bei Holmes!“, warf Sato ein. „Dieses Buch ist so berühmt, dass ich nicht umhin gekommen bin, den Film zu sehen. Der „Der Hund der Baskervilles“!“ „Oder auch „Der Hund von Baskerville“ je nachdem wie man es gerne übersetzen möchte, ja… allerdings wüsste ich nicht, wie dieser Geisterhund in unseren Mordfall passen sollte.“ „V-Vielleicht war es ja ein Geist!“ Sofort waren die Detective Boys wieder hellwach, verzogen gleichermaßen das Gesicht bei dem Gedanken an das Übernatürliche. In Bells Gesicht erschien unwillkürlich ein ungläubiges Grinsen. „Nun is aber gut mit dem Geschwätz! Ihr habt se doch nich mehr alle! Geister gibt’s nich und selbst wenn, würden se uns wohl keine netten Briefchen schreiben und ne Reihe von Morden anzetteln, oder! Also kriegt euch mal wieder ein!“ Heiji blaffte die drei aufbrausend an, sein Temperament, bemerkte Shinichi, hatte er offenbar noch nicht unter Kontrolle. „Also is es möglich, dass er sich darauf bezieht, oder nich?“ Gereizt wandte sich Heiji nun wieder an Bell, der ihm leicht unsicher antwortete. „Möglich ist es durchaus, allerdings entzieht sich mir, wie gesagt, bislang noch der Sinn der Sache…“ <Überhaupt…> Nachdenklich begann Shinichi mit dem gelben Kugelschreiber vor ihm auf dem Tisch zu spielen. <… dass sich jemand, der sich Sherlock Holmes nennt, nur auf so wenige Details aus den Geschichten selbst bezieht, ist seltsam. Eigentlich sollte man meinen, dass es sich dann auch um einen Fan handelt, der da so außer Kontrolle gerät, ein Kenner. Oder ist da noch mehr? Und wir sehen es bloß derzeit nicht?> „Sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen, is doch ohnehin sinnlos!“ Überrascht sah Shinichi auf, Heijis Stimme hatte den Tonfall, den sie immer bekommen hatte, wenn es irgendwie unangenehm wurde. „Es bringt nichts, sich über den zweiten Brief den Kopf zu zerbrechen, solange wir noch nich einmal wissen, ob’s überhaupt derselbe Täter war, da die Presse einen solchen Wind um den Fall macht, könnt’s sich genauso gut auch um nen Nachahmungstäter handeln.“ Bell nickte zustimmend. „Leider ja. Waffe, Ort, Art des Opfers, das alles ist anders als beim ersten Mord. Das Einzige, was wir haben, ist der ähnlich klingende Wortlaut der beiden Botschaften.“ Shinichi bemerkte nicht, dass Heijis Augen auf ihm hängen blieben, irgendetwas stimmte mit diesem Kerl nicht. Die Art und Weise, wie er sprach und kombinierte, und doch die ewige Geheimnistuerei, er sah es dem Kerl doch an, dass er noch lange nicht alles aussprach, was er dachte. Genervt rollte der Detektiv die Augen. Megure, der nun seufzend die Papiere ordnete, vermittelte klar und deutlich, dass diese Aufgabe jetzt in die zweite Runde gehen würde. „Eine nicht zu übersehende Tatsache, leider. Ich fürchte, wir kommen heute hier nicht weiter, es ist ohnehin Zeit. Am besten, wir hören uns an, was die Zeugen zu sagen haben, vielleicht bringt das ja ein wenig Licht ins Dunkel.“ Wenigstens regnete es nicht. Das wahr wohl der einzig positive Gedanke, den das kleine Gespann von Ermittlern auf dem Weg zum Tatort im Sinn hatte. Viele waren nicht mehr übrig geblieben, nachdem man die Detective Boys weggeschickt hatte, bei einer Zeugenbefragung war schließlich Feingefühl gefragt, zu viele Leute waren da nicht grade etwas, das zum Reden anregte. Widerwillig hatten die Oberschüler es akzeptiert, wenn auch mit dem hochheiligen Versprechen, morgen wieder vor Ort zu sein. Sato hatte mit der Recherche bezüglich der Verbindungen zu den Personen begonnen, außerdem sollte sie herausfinden, wer von der Presse für die Bilder der Nachricht verantwortlich war, schließlich war das die einzige Spur, der sie derzeit folgen konnten - somit war sie nun auch nicht mehr Teil der Truppe, die langsam auf Kogoro zumarschierte. Der bedeutungsvolle Zeuge wartete mit Kogoro am Tatort auf sie. Sein Gesicht war rot und geschwollen, als hätte ihn jemand windelweich geschlagen, es war deutlich zu erkennen, dass sich der Mann nur zusammenriss, weil Mori ihn mit einem strengen Blick bewachte. Shinichi schluckte, wenn sein „Onkelchen“ wüsste, wer da auf ihn zukam, würde die Mordserie ohne Zweifel noch anderweitig fortgesetzt werden. Er nutze die Entfernung, die ihn jetzt noch trennte, um sich den alten, neuen Polizeibeamten genauer anzusehen. Dass er wieder arbeitete, schien ihm gut zu tun, jedenfalls hatte sich der Bierbauch Kogoros nicht so entwickelt, wie Shinichi es nach Conans Abtritt erwartet hatte. Der Schnauzbart des Detektivs war graumeliert und Shinichi war sich sicher, dass er, was seine Haare betraf, heimlich nachgeholfen hatte, auch wenn Mori dies natürlich niemals zugeben würde. Die lichter werdende Stelle am Hinterkopf konnte er jedoch nicht verbergen. In dieser Gegend musste Mori jedoch nicht fürchten, dass jemand die kahle Stelle des ehemals berühmten schlafenden Detektivn fotografierte und meistbietend an die Presse verkaufte. Der zweite Mordplatz befand sich in einem ruhigen Teil des Bezirks, so früh am Morgen konnte man an einem solch herrlichen Tag sogar vereinzelt Vögel zwitschern hören. Die Schatten der Bäume rund um den kleinen Weg neben den Gleisen brachten das Sonnenlicht zum Tanzen, die Bewegung der ersten Blätter im Wind erweckte die Illusion, dass der Boden auf dem sie gingen, sich bewegte. Shinichi aber stöhnte innerlich auf, es war ihm nicht vergönnt, das warme Sonnenlicht zu genießen, ganz im Gegenteil, er wusste, dass sich an einem Tag wie heute die von ihm auferlegte Lüge nur umso schmerzhafter in sein Gesicht einbrannte. Kogoro grinste ihnen entgegen, wie immer sehr überzeugt von der Wichtigkeit seines Auftrags. „Morgen Megure, Auftrag erfolgreich ausgeführt!“ „Ja, ja, schon gut, Mori.“ Ohne Kogoro weiter zu beachten, wandte sich Megure dem schmächtig aussehenden Mann zu, der auf den Namen Noburu Tome hörte. „Ich hoffe, es geht Ihnen heute besser, Herr Tome, sodass Sie uns vielleicht den Tatverlauf ein wenig näher erläutern könnten.“ Der Teint des Befragten wurde augenblicklich blasser, dennoch schien er fest entschlossen zu sein, den Mord an der Frau, die er offensichtlich scheute seine Freundin zu nennen, aufzuklären, sodass er ihnen mit brüchiger Stimme erläuterte, was vorgefallen war. Eigentlich hatte er sich sowieso gewundert, dass sie gekommen war, er hatte in letzter Zeit schon befürchtet, das sie krank war oder ihr etwas… etwas zugestoßen war. Jedenfalls kam sie ihm wie sonst auch entgegen, ganz offensichtlich bemerkte sie die Gestalt hinter sich nicht, als er die Waffe gesehen hatte, wollte er sie warnen, aber… „Sie… sie hat mich nicht gehört. Sie hat mich einfach nicht gehört.“ die Hände das Mannes verkrampfen sich, als wollte er den ausschlaggebenden Moment zurück holen und an sich reißen, um das Ende doch noch umzugestalten. Bell betrachtete den Mann skeptisch, irgendwie wurde Shinichi noch nicht ganz schlau aus der Sache, Heiji aber kam ihm zuvor. „Wie kann’s denn sein, dass sie Sie nich gehört hat? Sie werden doch geschrieen haben, oder nich?“ Tome schaute kurz verwirrt auf, es war offensichtlich, dass der Mann nicht wusste, was er ihnen eben erzählt und was er ausgelassen hatte, wiederholte so stotternd, was geschehen war. „Ich…, sie hat mich nicht gehört, wahrscheinlich… wahrscheinlich wegen dem Zug.“ Megure war wieder hellwach, musste an sich halten, den jungen Mann nicht an den Schultern zu packen, in der Hoffnung er könnte die Informationen aus ihm heraus schütteln. „Was für ein Zug? Wovon sprechen Sie, Mann?!“ „Na ja, es ist allgemein so, das Timing… in der Regel, wenn der Lockführer und ich pünktlich sind, dann…“ „Mensch, nun reden Sie schon!“, blaffte Kogoro dazwischen, schien unverhofft jedoch die richtige Methode gefunden zu haben, Tome zum Reden zu bringen. „Es kam ein Zug, deswegen hat sie mich wahrscheinlich nicht gehört.“ Heiji nickte dem Zeugen zu, sein Blick jedoch blieb an Bell hängen, seine Gesichtszüge hatten Heijis Aufmerksamkeit erregt. Der Blick Bells war starr, die Pupillen des Professors huschten hin und her, ganz als ob er das eben Gehörte nun schriftlich vor sich sah. Nur kurz darauf breitete sich ein triumphierendes Lächeln langsam auf Bells Lippen aus, das Heijis Atem zum Stocken brachte. Dieses Grinsen. Er wusste, woher es kannte und hatte doch geglaubt, er würde es nie wieder sehen. Heiji schluckte, seine Kehle war mit einem Mal trocken und in seinen Inneren übernahm eine kalte Leere die Überhand, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Er schluckte, ertränkte die kurze Hoffnung in bitterer Wahrheit. Er hatte schon lange aufgehört, diesem Phantom hinterher zu jagen, es war unmöglich, alle Beweise sprachen gegen ihn, so sehr er es sich auch wünschte. Shinichi hatten den Kampf damals verloren und er, der sich geschworen hatte, das zu vollenden, was sein Freund angefangen hatte, auch. Er schluckte schwer, versuchte das bittere Gefühl in seinem Magen zu bekämpfen, jetzt war bestimmt nicht die Zeit für Selbstmitleid und Rache. Sein Blick huschte wieder zu Bell, auf dessen Lippen immer noch ein Lächeln prangte, welches dem seines besten Freundes so ähnlich war… aber auch seinem eigenen, wie Ran immer beteuerte. Er schluckte, spürte wie sich sein Herz zusammenzog. Immer wenn er in Tokio war, vermied er es, einen Fall in Rans Anwesenheit zu lösen, sie sagte immer wie ähnlich er ihm doch sei und Heiji wusste genau, das es ihr weh tat. Aber wenn sein Lächeln dem Shinichis ähnelte, war es wohl auch kein Wunder, dass dieser Amerikaner ihnen ähnlich wahr. Genau das machte ihn aber in den Augen des Kommissars so gefährlich. Denn eins war klar, der Grund für dieses Grinsen könnte nur eine Erkenntnis sein, die der Professor ihnen anscheinend nicht mitteilte, sondern genügsam lächelnd verschwieg. Heijis Augen wurden schmal, während er den Gastermittler beobachtete. Shinichi merkte nicht, dass die Augen seines Freundes ihm im Nacken saßen, viel zu zufrieden war er zumindest ein Rätsel einmal gelöst zu haben. Nachdenklich schob er die Hände in die Taschen seines Sakkos, wie immer warf die eine Antwort gleich tausend Fragen auf. Bells Ton war nüchtern und gehaltlos, als er die Stimme erhob, Heiji beobachtete ihn trotzig, dieser Kerl wollte sich wirklich nichts anmerken lassen. „Sagen Sie, Herr Tome, können Sie uns den Mörder beschreiben? Sie müssen ihn doch gesehen haben?“ Das zweifellos ansehnliche Gesicht des Postboten bekam bei dem Gedanken an dieses Ungeheuer unkontrollierbare Zuckungen, die seinen Mund zu einer von Angst und Schmerz verzerrten Fratze verzogen. „Ich- ich fürchte, ich kann Ihnen nicht großartig helfen, die Sonne stand ihm im Rücken. Ich … ich konnte nicht viel erkennen.“ Reumütig brach er ab, deprimiert darüber, wie hilflos er war. „Ja, aber Sie müssen ihn doch wenigstens gesehen haben!? War es ein Mann oder eine Frau?“ „Ich… keine Ahnung, anhand der Größe würde ich auf einen Mann tippen, aber es kann auch-„ „Es kann auch ne hochgewachsene Frau gewesen sein.“ vollendete Heiji ernüchternd. „Was ist mit der Statur? Kleidung? Irgendwas?!“ Megures stimme schwankte bedrohlich, es war dem Hauptkommissar anzumerken, wie sehr dieser Fall ihm an die Nieren ging, Tome schien dies zu spüren und wich den Blicken aller Anwesenden aus, während er sprach. „Das… das kann ich Ihnen nicht sagen, die Kleidung ja … aber eben deswegen kann ich nichts über die Statur sagen. Er, der Täter hatte einen langen Mantel an, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, der … der Mantel sowie auch der Rest der Kleidung- er kam ganz in schwarz, wie der Tod selbst… deswegen, war er mir ja gleich so suspekt!“ Shinichi traf es wie ein Schlag, jeder Muskel in seinem Inneren verkrampfte sich, während er über das Unvorstellbare nachdachte. Er hatte das Gefühl, hunderte von Ameisen wurden über seinen Körper laufen, während er versuchte, zu begreifen, was die Worte dieses verstörten Mannes für ihn bedeuten könnten. Die Organisation. Die Organisation, hier in Japan. Er schluckte, seine Hände verkrampften sich automatisch. Abwehrend schüttelte Bell den Kopf. Nein, nein, das konnte nicht sein. Woher sollten sie wissen, dass er es war, niemand, absolut niemand, wusste wer sich hinter William Bell verbarg, außer ein paar wenigen Leuten vom FBI selbst. Aber was, wenn sie einfach so mit dem Fall zu tun hatten? Langsam benetzte er sich die zitternden Lippen. Wenn das stimmte, bedeutete das eine Gefahr für sie alle. Ehe Shinichi darüber nachdenken konnte, wie er dem ganzen am Besten auf den Grund gehen sollte, riss Heijis Gebrüll ihn aus seinen Gedanken. „WAS SAGEN SE DA?!“ Sofort war der junge Kommissar dem Mann an den Kragen gesprungen, seine Augen glühten förmlich, waren weit aufgerissen. „Nun red schon! Ganz in schwarz? Komplett? Wie sah er aus? Wie?! Sag was, verdammt noch mal!“ „Heiji!“ Megure legte beunruhigt den Arm auf die Schulter seines Kollegen, schaffte es dadurch, ihn aus seiner Raserei aufzuwecken. Nur mühsam gelang es Heiji, sich von dem Zeugen abzuwenden, seine Hände öffneten und schlossen sich in einer krampfhaften Bewegung, während Megure behutsam auf ihn einredete. „Nun reiß dich zusammen Heiji, so bekommen wir nie die Infos, die wir brauchen…“ Shinichi beobachtete die Szene geschockt. Die Haut beider Kriminalbeamten war bleich geworden, auch Takagi, der ein wenig hilflos dastand, machte ein bekümmertes Gesicht, während Heiji langsam versuchte, die Kontrolle über sich wieder zu erlangen. Seine Kehle fühlte sich rau an, verkrampft versuchte Shinichi zu schlucken, erst jetzt wurde ihm klar, welchen Schaden er damals wirklich verursacht hatte. Natürlich wusste Heiji von der Organisation. Und durch Desaster vor zehn Jahren wusste die Polizei zumindest im Zusammenhang mit dem kleinen Conan von der Verbrecherbande deren Markenzeichen die Farbe schwarz war. Nervös biss sich der Oberschüler auf die Lippen. Sein Blick blieb auf Heiji ruhen, sein alter Freund hatte anscheinend die gleichen Schlüsse gezogen wie er, aber dass er deswegen so ausrastete, war eigentlich ganz untypisch für ihn. Zwar hatte der Detektiv aus Osaka schon immer etwas mehr Temperament als er selbst, aber es gelang ihm eigentlich recht gut, es im Zaun zu halten. Shinichis Augen wurden schmal. Sein Freund konnte doch unmöglich so dumm gewesen sein und der Organisation nachgejagt sein … er konnte doch nicht wirklich hoffen, dass er durch diesen Mord einen Zugang zu ihr bekommen konnte. Er schluckte, biss sich nervös auf der Lippe herum, selbst wenn die Organisation etwas mit dem Mord zu tun hatte, er könnte unmöglich zulassen, das Heiji und die anderen da hinein gezogen wurden. Allein bei dem Gedanken spürte er, wie die Übelkeit in ihm hochstieg. Nein. Das musste er verhindern. Er atmete kurz aus, ging mit einer beschwichtigenden Geste auf die Gruppe zu. „Na, na, wozu dieser Aufruhr? Es ist doch ganz normal, dass sich ein Täter in Schwarz kleidet, grade bei der Dämmerung. Es wäre übereilt, jetzt schon-…“ „Was verstehen Sie denn schon davon!“, zischte Heiji von der Seite, er war immer noch außer sich, von dem kühlen Pokerface des Ermittlers war in diesem Augenblick nicht mehr viel übrig. Dennoch versuchte Bell seinen Kurs zu ändern. „Wieso glauben Sie denn, dass die Kleidung des Täters so wichtig ist? In jedem noch so billigem Krimi taucht der Mörder stets in Schwarz auf! Ich weiß wirklich nicht, warum das für Sie so relevant ist, Kommissar Hattori.“ Heiji aber ging nicht auf Bell ein, er spürte, dass hinter dem verwunderten und verwirrten Blick des Amerikaners schlichte Berechnung und auch ein wenig Nervosität steckte. Er beobachtete einen kleinen Schweißtropfen, der sich den Weg über Bells Hals in seinen Hemdkragen suchte, es war ganz so, als suchte der Professor krampfhaft eine Ausrede, die ihm von seinem Verdacht ablenken sollte. Argwöhnisch betrachteter er ihn, wollte grade dem Ganzen auf die Spur gehen, als Megure leise flüsternd von hinten an ihn heran trat und davon abhielt. „Er hat Recht, Heiji… es heißt noch lange nicht, dass es etwas damit zu tun hat, wir sollten wirklich mit der Befragung fortfahren.“ Er hatte die Lippen schon zum Widerspruch geöffnet, eher er sie trotzig zusammenkniff, stur wandte er sich von Bell ab, der das Ganze noch immer mit einer Unschuldsmiene beobachtete. Heiji schloss die Auge, nickte widerwillig und ließ Megure fortfahren. Shinichis Blick blieb auf seinem alten Freund hängen, es fiel ihm schwer ihn so zu sehen, er bemerkte, dass Heiji sich quälte, weil er wohl glaubte, ihm würde gerade die Chance entgehen, die Organisation zu finden. Shinichi schluckte, er tat es Heiji nur ungern an, aber er wusste, es war besser so… für sie alle. Auch wenn er es sich bei weitem einfacher vorgestellt hatte, seinen Freund zu belügen. Seufzend legte er den Kopf in den Nacken, sah in den unergründlich blauen Himmel über Tokio. Es war tatsächlich so, nicht Shinichi sondern Bell war in Japan, alles was er tun konnte, war still dem Treiben der anderen, aber auch seinem eigenen, zuzusehen. Ein bitteres Lächeln verirrte sich auf seine Lippen, er hatte es mal wieder geschafft, sich zum Gefangenen seiner eigenen Figur zu machen, das Phantom das seinen Gedanken entsprungen war, hatte nun die Macht über ihn und anstatt das zu tun und das zu sagen was er wollte, blieb ihm nur die Lüge. Shinichi schluckte, spürte das leichte Zittern seine Hände. Er war immer noch Conan, keine Maske, kein FBI und keine Lüge dieser Welt würde daran etwas ändern. Halli Hallöchen meine Lieben, ich hoffe sehr das Kapitel hat euch gefallen, wie immer würde ich mich natürlich mehr als freuen wenn ihr mir eure Meinung hinterlasst ^.^ Die, die selbst schreiben unter euch wissen, bestimmt wie hilfreich ein netter Kommentar ist (natürlich ist aber auch Kritik erwünscht!) Ansonsten möchte ich gerne noch einmal der lieben Leira für ihre Beta Arbeit Danken! Ohne sie würdet ihr nichts zu lesen bekommen ;D Ich wünsche euch allen ein wunderschönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Allerliebste Wintergrüße, eure Shelling__Ford Kapitel 7: Ein gestohlener Augenblick ------------------------------------- Ein gestohlener Augenblick „Kommen Sie schon, Professor!“ „Mhm?“ Aus seinen Gedanken gerissen sah Bell die Mannschaft erstaunt an. Megure nickte kurz zu Tome, der mit zusammengefallen Schultern unglücklich dastand. „Herr Tome kann uns leider nicht mehr weiterhelfen, aber wenn wir Glück haben, warten unsere anderen Zeugen schon ein paar Meter von hier entfernt.“ „Tut mir wirklich Leid, Herr Hauptkommissar.“ Genau so sah er auch aus, der Postbote wagte es schon gar nicht mehr, sie überhaupt anzusehen, so erbärmlich kam er sich vor. „Schon gut, Herr Tome, Sie haben Ihr Bestes versucht. Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie die Stadt vorerst nicht verlassen dürfen.“ Plötzlich verwundert sah der Mann auf. „Keine Sorge, reine Routineangelegenheit. Also dann, Mori wird Sie noch nach Hause bringen, erholen Sie sich erst einmal.“ Der Angesprochene nickte kurz, schlurfte mit Kogoro an seiner Seite davon. Takagi und die anderen sahen dem ungleichen Gespann nach. „Armer Kerl…“ Murmelte der Kommissar, Bell stimmte Takagi nachdenklich zu. „Er hat sie geliebt… ganz ohne Frage.“ Noch ehe Takagi einen Blick auf Bell erhaschen oder gar etwas sagen konnte, drehte sich dieser zu Megure um. „Also dann, Hauptkommissar Megure, mal sehen ob die beiden anderen Zeugen uns weiterhelfen können.“ Der Angesprochene nickte kurz, ging der kleinen Gruppe voraus. Wie erwartet hatte die junge Mutter ihnen nicht viel zu sagen, sie hatte die Ermordete immer mal wieder morgens gesehen, wenn sie ihren Sohn zur Schule brachte. In der letzten Zeit allerdings waren sie ihr nicht mehr begegnet. Sie hatte einen lauten Knall gehört, der sich deutlich vom Geräusch des Zuges abhob und war misstrauisch geworden, sie ahnte ja nicht, was passiert war. Shinichi ließ sich gähnend gegen eine Hauswand sinken, er stand ein wenig abseits von der kleinen Gruppe, die sich an einer Häuserreihe aufgebaut hatte, die in der Nähe der Gleise lang führte. Sein Blick huschte zu Megure, der die Frau weiter mit höchstwahrscheinlich ergebnislosen Fragen löcherte, Takagi, der fleißig mitschrieb und Heiji, der pflichtbewusst zuhörte, auch wenn seine Aufmerksamkeit mehr Bell gehörte, wie Shinichi bald nervös merkte. Er seufze still, die Frühlingssonne brannte noch immer unbarmherzig auf sie nieder. Geduldig sah Bell zur anderen Straßenseite, auf der sich der „halbe“ Zeuge, wie Megure ihn nannte, gelangweilt als Künstler versuchte und mit einem kleinen Stöckchen Skizzen in den noch feuchten Schlamm am Gehweg ritzte. Kurz entschlossen drückte er sich von der Hauswand ab, überquerte die kaum befahrene Straße, setzte sich zu dem kleinen Jungen auf den Bordstein. „Ganz schön langweilig, wie? Du hast dir die Polizisten doch bestimmt spannender vorgestellt, oder?“ Der Kleine sah überrascht auf, die großen Augen des Kindes tasteten Shinichi kurz ab, ehe er enttäuscht nickte. „Ja. Ich dachte die Polizei kommt immer mit Blaulicht und Pistolen, veranstaltet Schießereien und jagt Autos hinterher.“ Der Ton des Jungen wurde leicht trotzig, verdrossen zeichnete er Schlangenlinien in den feuchten Grund. Shinichi unterdrückte ein zynisches Lachen über die ach so hohen Erwartungen des Kleinen, ging jedoch weiter auf ihn ein. „Verstehe. Da bist du natürlich enttäuscht wie? Ich nehme an, du magst Cowboys lieber als Polizisten, oder?“ Die Augen des Kleinen wurden schmal, die Schlangenlinien verwandelten sich in unförmige Kreise. „Von wegen! Die sind doch genauso doof! Ein Cowboy der seine Pistole einfach so wegschmeißt, ist doch langweilig!“ Bells Augen wurden groß, ein kurzes Lächeln glitt über seine Lippen, sein sechster Sinn hatte ihn wie immer nicht im Stich gelassen. „Sag mal Junge, wie heißt du eigentlich?“ „Ich? Ich heiße Tomoko Kikume.“ Bell nickte freundlich. „Ein schöner Name! Ich bin William Bell. Also Tomoko, was hältst du davon wenn wir zwei den Polizisten ein wenig helfen?“ Die Augen des Jungen wurden groß, sein Blick war gebannt auf Bell gerichtet, sodass er sogar den Stock vergaß, der achtlos seiner Hand entglitt. „Ich soll helfen?!“ Shinichi nickte, stand auf und sah den kleinen Jungen von oben herab an. „Ja, das heißt… wenn du das schon kannst?“ „Na, aber klar doch! Was soll ich machen?“ Die Augen des Kindes leuchteten gespannt, Shinichi aber grinste nur zufrieden und fing an zu erklären. Als Bell wieder zur Gruppe stieß, war Megure noch immer dabei, die Frau zu bearbeiten. „Sie haben den Täter also nicht gesehen?“ „Ich sagte es Ihnen doch schon! Ich hörte den Schuss und wenig später dann den armen Mann an ihrer Seite, als der angefangen hat „Hilfe“ und „Mord“ zu schreien, war ich damit beschäftigt, bei der Polizei anzurufen.“, bekannte sie mittlerweile leicht gereizt. „Sie können ihn uns nicht beschreiben, ihn oder die Waffe?“ „Glock 17, Halbautomatik.“ Ruhigen Schrittes trat Bell an die Gruppe heran, auf seinen Lippen ein unergründliches Lächeln, dem Megure nur mit Erstaunen begegnen konnte. „W-Wie? Was sagen Sie da, Professor?“ „Die Waffe. Bei dem Mordinstrument handelt es um eine Glock 17, beziehungsweise 17C.“ „Ja aber wie-„ Das Grinsen Bells wurde aufgrund der Verwunderung des Hauptkommissars nur umso breiter als er die Plastiktüte hinter seinem Rücken hervorholte, in der sich die Pistole befand. „Wie zum Teufel-! Wo haben Sie die denn aufgetrieben, Professor Bell?!“ Bells Lächeln wurde nun offener, wie auf Kommando schaute ein kleiner Junge mit einem breiten Grinsen hinter ihm hervor. „Tomoko? Was machst du denn!“ Doch der Kleine ging nicht auf seine Mutter zu, sondern blieb deutlich zufrieden neben Bell stehen. Der grinste verschmitzt, wuschelte dem Jungen dankend durch die Haare, während er Megure antwortete. „Der Kleine und ich haben ein wenig Detektiv gespielt! Nicht wahr, Tomoko?“ Das Nicken des Jungen verwunderte die Beamten nur umso mehr, bis Bell ihnen endlich den Gefallen tat, und sie aufklärte. „Kommissarin Sato hatte doch erwähnt, dass der Junge etwas von Cowboys erzählt hat, das Ganze hat mich stutzig gemacht und deswegen habe ich ein wenig nachgehakt - und der Kleine hat mir erzählt was vorgefallen war. Stimmt’s?“ Tomoko bejahte, fing an, aufgeregt zu erzählen, ganz offensichtlich froh darüber, dass die Erwachsenen ihm jetzt auch wirklich zuhörten. „Das war vielleicht ein dummer Kerl. Ich mein, welcher Cowboy is denn so blöd und wirft seine Waffe weg! Ich hab mir gleich gedacht, dass der Mann komisch ist, als er die Pistole weggeworfen hat, wollte ich sie eigentlich aus dem Mülleimer rausholen, aber Mama sagte, ich muss in die Vorschule. Und später hatte ich es dann vergessen.“, endete der kleinen mit einem verlegenen Grinsen, während die Erwachsenen ihn nur erstaunt ansahen. Bell übergab Megure die Waffe, der die Pistole wie in Trance anstarrte. „Genau da haben wir sie auch gefunden, Glück für uns, dass die öffentlichen Mülleimer hier nur alle zwei Tage geleert werden.“ Megure nickte automatisch, ehe er endlich aufwachte. „Los! Sofort ins Labor damit, Takagi!“, blaffte er den Beamten an, der daraufhin mit der Pistole in der Hand zum Wagen lief. „Gut gemacht Bell! Wirklich!“ „Allerdings ausgezeichnet… Professor.“ Shinichi spürte den scharfen Ton Heijis, der die Szene bis eben skeptisch beobachtet hatte. Shinichi registrierte das Lob mit einem kurzen, freundlichen Nicken, sich von Heiji provozieren zu lassen würde nur in einer Katastrophe enden. Am liebsten wäre der diesem eingebildeten Schnösel an die Kehle gegangen um ihn einmal richtig auszuquetschen. Er konnte nicht glauben dass der Kerl wirklich so gut sein konnte, er verbarg etwas vor ihnen, soviel stand für den Mann aus Osaka fest. Alles, was er tat, wirkte einstudiert und gut überdacht, seine Sätze, Handlungen und Bewegungen schienen einem strickten Plan zu folgen. Und dass ausgerechnet ein Kriminalistik Professor, ein kinderloser wohl gemerkt, aufgrund der Phantasien eines kleinen Jungen skeptisch wurde, kam ihm äußerst merkwürdig vor. Megure hatte währenddessen Frau Kikume und den kleinen Tomoko als Zeugen entlassen, nachdem der nichts mehr zu der Beschreibung des Täters beisteuern konnte, als die schwarzen Stiefel, an denen er erkannt hatte, dass es sich um einen, wenn auch ziemlich „blöden“, Cowboy handeln musste. Sie sollten in der Nähe bleiben und immer auf Abruf sein falls man sie brauchte. Der Junge winkte Bell noch kurz zu, ehe er mit seiner Mutter an der Hand um die nächste Ecke bog. „Ihr „halber“ Zeuge wahr wohl ergiebiger als gedacht, was, Hauptkommissar Megure?“ Doch Bells arroganter Ton wurde schnell weich. „Kinderaugen sehen oft andere Dinge als die eines Erwachsenen, es ist ein Fehler, die Kleinen zu unterschätzten.“ Shinichi schluckte, schaute nicht auf, er hatte eigentlich gedacht, die Beamten hätten aus dem kleinen Conan damals etwas gelernt - doch wie es schien hatte der Sand der Zeit seine Spur besser verwischt als er geglaubt hatte. Er seufzte, versuchte die Blicke, die die beiden Beamten ihm zuwarfen, zu ignorieren und das Thema zu wechseln. „Ich fürchte allerdings, dass der Fund der Waffe die ganze Sache nicht unbedingt leichter macht.“ Megure blinzelte kurz; aufgrund des plötzlichen Stimmungswechsels ging jedoch auf Bell ein, immer streng bewacht von den Augen Heijis. „Stimmt. Es is fraglich ob wir darauf irgendwelche verwendbaren Spuren finden.“ Knurrend rieb sich Megure über die Stirn, richtete seinen Hut jedoch wieder ordnungsgemäß grade, ehe er fortfuhr. „Überhaupt, mir kommt es so vor, als seien wir durch die Aktion heute nicht wirklich schlauer geworden, es sei denn, diese Waffe führt gradewegs zu dem Täter.“ „Das stimmt nicht ganz.“ „Wie?“ Verwundert drehte sich Megure zu den beiden um. Hattori und Bell hatten den Satz wie auf Knopfdruck gemeinsam aufgesagt, sogar die Betonung war dieselbe gewesen. Shinichi fluchte innerlich, vermied es, Heiji anzusehen und versuchte, die ganze Situation mit einem verlegenen Lächeln zu überspielen. „Was wollten Sie sagen, Kommissar Hattori?“ Heiji aber ließ sich diesmal mehr Zeit, gönnte sich einen skeptischen Blick zu seinem neuen „Kollegen“, ehe er zu erklären begann. „Beide Zeugen waren sich in einem einig, trotz der Tatsache, dass sie sich nicht kannten, gibt es eine Übereinstimmung in ihren Aussagen, was die Ermordete anbelangt.“ „Wie? Stimmt das, Takagi?“ Megure sah zu seinem Beamten, der daraufhin bemüht, wenn auch ein weinig orientierungslos in seinen Aufzeichnungen blätterte, bis Bell ihn erlöste. „Die Tatsache, dass zum Beispiel Herr Tome sich gewundert hat, dass sie überhaupt da war.“ Der Inspektor griff den Hinweis auf und hatte schnell die richtige Stelle gefunden. „Stimmt, er hat ausgesagt, sie wäre die Strecke schon länger nicht mehr gegangen, obwohl es eigentlich ihre Gewohnheit war, war sie ihm in der letzten Zeit nicht begegnet.“ „Ganz recht. Und auch Frau Kikume hat ausgesagt, dass sie das Opfer schon länger nicht mehr gesehen hatte.“ Heiji nickte, übernahm nun wieder, nachdem der Professor es sich nicht hatte nehmen lassen, sich einzumischen. „Ich denke, wir sollten es bei ihrem Arbeitgeber und ihren Bekannten und Verwandten noch überprüfen, aber es weist darauf hin, dass wir es hier nicht mit einem Nachahmungstäter zu tun haben.“ Heijis stimme wurde ernst. „Es ist durchaus möglich, dass er sie beobachtet hat, ihre Gewohnheiten kannte und wusste, dass sie jeden Morgen diesen Weg nahm. Anhand der Waffe und der… Kleidung des Täters ist anzunehmen, dass das Ganze geplant war, wenn er ihr also schon eine Weile nachgestiegen war…“ „Könnte sie es gemerkt und einen anderen Weg genommen haben, aber natürlich!“, kombinierte der Hauptkommissar mit einem zustimmenden Nicken. „Takagi, Sie werden das überprüfen, fragen Sie ihren Arbeitgeber, ihre Nachbarn und was weiß ich wen noch, aber finden Sie mir heraus, ob es einen Grund gab, dass sie nicht mehr hier lang gegangen ist!“ „Jawohl, Chef.“ Megures Blick schweifte von Takagi über das Gelände. „Es ist wirklich ziemlich ruhig hier, morgens ist man bestimmt fast unbeobachtet, sollte der Mörder das gewusst haben, bietet sich dieser Ort für die Tat natürlich geradezu an.“ Heiji nickte, vergrub die Hände nachdenklich in den Taschen seiner Jeans, während er sich gegen die graue Hauswand lehnte. „Was ich dann allerdings nich verstehe, is warum er sie nicht einfach vor den Zug geschmissen hat, sollte er sie wirklich beobachtet haben, wär’s doch so einfacher gewesen!“ „Genau das ist das Rätsel, welches uns der Täter aufgibt.“ „Wie meinen Sie das, Professor?“, fragte Megure und bot Shinichi so die Gelegenheit, zu erklären. „Nun, ich denke, ich muss ein wenig weiter ausholen, denn dieses Mal bezieht sich unser „Holmes“ tatsächlich einmal näher auf Doyles Werke. Die Geschichte spielt in Dartmoor, man hatte Holmes um Mithilfe gebeten, den Fall um ein verschwundenes Rennpferd zu lösen. Silberstern, so war der Name des Tieres, gehörte zu den berühmtesten Rennpferden des Landes, es war entführt und sein Trainer augenscheinlich ermordet worden. Holmes konnte nicht begreifen, wie man ein so berühmtes Pferd verstecken konnte, nahm den Fall interessiert an und bearbeitete ihn, natürlich nicht ohne Watson.“ Ein schwaches Lächeln begleitete die Erzählung des Professors, die Art und Weise, wie dieser Kerl über Holmes philosophierte, schnürte Heiji die Kehle zu - während Megure, plötzlich sichtlich angetan von dem Professor, dessen Vortag lauschte. „Der ausschlaggebende Punkt jedenfalls ist, dass das Pferd aus dem Stall entführt wurde, in diesem Stall befand sich ebenfalls ein Hund, und die Tatsache, dass dieser Hund nicht bellte brachte Holmes auf die Spur des Täters.“ Heiji nickte automatisch, ahnte langsam, worauf der Amerikaner hinauswollte und wusste, dass sie nun an dem Punkt angelangt waren, der Bell schon bei der Befragung des ersten Zeugen klar geworden war. Heiji schluckte, versuchte das Bild zu verdrängen, dass sich ihm bei dem Gebaren des Professors immer wieder vor seine Augen schlich. Er durfte sich nicht von diesen Ähnlichkeiten herein legen lassen. Etwas stimmte mit dem Kerl nicht, er spielte nahezu mit ihnen, gab Informationen preis, wie es ihm beliebte und vergrub sich ansonsten hinter einem geheimnisvollen Lächeln. „Da hätten wir also unseren stummen Hund“, murmelte Megure, wurde daraufhin mit einem bösen Blick seitens Heiji gestraft, der Hauptkommissar fraß dem Professor ja schon fast aus der Hand! Bell aber nickte nur zustimmend, sein Tonfall wurde erneut ernst. „Ganz genau. Wichtig war in diesem Fall nicht das Offensichtliche, sondern das, was nicht passiert war, obwohl es auf den ersten Blick leicht übersehen wird.“ Seine Augen wanderten zu Heiji, der jedoch hielt seinem Blick stand, zog nur leicht verwundert die Augenbraue hoch. Feindselig kreuzte er die Arme vor der Brust, er würde dem Kerl den Gefallen tun, aber nur um zu sehen wo dieses Spiel endete. „Der Zug.“ Heiji milderte seinen leicht sturen Tonfall nicht. „Die Tatsache, dass er sie nich vor’n Zug geworfen hat, obwohl’s leichter gewesen wär. Das stützt auch unsre Vermutung, dass er sie beobachtet hatte, die Nachricht hat er vor der Tat geschrieben, das bedeutet, er muss den Mord an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt geplant haben, in dem Wissen, dass in dem Moment, wo er sie umbringt, der Zug angerollt kommt.“ Shinichi ignorierte den spitzen Ton Heijis, nickte dem Kommissar aus Osaka anerkennend, aber erst zu. „Genau. Der Täter will uns bewusst darauf aufmerksam machen, dass er die Tat auf seine Art und mit dieser Waffe begangen hat und nicht anders.“ Bell schob sich die Brille zu Recht, schaute ernst auf. „Die Frage ist nur, wieso…“ Megure nickte automatisch, starrte den Professor eine kurze Zeit wie in Trance an ehe sich seine Miene wütend verzog. „Der Kerl hat sie doch echt nicht mehr alle!“ Beide Detektive zuckten kurz zusammen, als Megures Stimme über die Straße donnerte. Dieser Fall schien dem Hauptkommissar wirklich den letzen Nerv zu rauben, kein Wunder eigentlich, wenn man bedachte, dass ihm neben der Presse ganz Japan im Nacken saß und auf die Finger schaute, da kam bei der Erkenntnis, dass der Täter buchstäblich mit einem spielte, nicht grade Freude auf. „Zum Donnerwetter nochmal, da hinterlässt er uns ein Rätsel, dessen Lösung nur in einer anderen Frage endet, also wirklich, der ist doch vollkommen irre!“ Bell jedoch konnte sich ein leicht ironisches Lächeln nicht verkneifen, auch wenn gleichermaßen ein leicht trüber Schimmer auf seinen Lippen ruhte. „Es is fast so, als wollte uns der gute Holmes auf seine Fährte locken, aber ganz ohne ein wenig Nachdenken geht das natürlich nicht. Es wäre nicht seine Art, uns die Antwort auf dem Silbertablett zu präsentieren, nein… er spielt mit uns. Und wahrscheinlich wäre diese Art von Rätsel tatsächlich ganz nach Holmes` Geschmack.“ Während der Hauptkommissar nur mit einem erstaunten und leicht angesäuerten „So?“ die Augenbrauen unter seinen Hut hochzog, witterte Heiji seine Chance und ging spitzfindig auf Bell ein. „Sagen se mal Professor, Sie scheinen wohl wirklich `n großer Fan von Holmes zu sein. Da können Sie sich vermutlich perfekt in unsern Mörder hineinversetzen, oder?“ Megure wollte grade einschreiten, doch Heiji milderte seine Worte rasch. „Sie sind perfekt für diesen Fall, Professor Bell, davon bin ich überzeugt.“ Megure ließ sich zwar von dieser Finte täuschen, doch Bell wusste genau, was der Detektiv aus Osaka andeuten wollte. Doch Heiji nahm die scharfen Blicke des Amerikaners mit seinem typischen Grinsen hin. „Tja, trotz Ihrer zweifellos brillanten Arbeit Professor, wissen wir immer noch nicht genug. Warum zum Beispiel hat der Täter diesmal eine andere Waffe gewählt? Für einen Serienmord ja eigentlich nicht üblich. Außerdem hat er die Waffe in beiden Fällen vor Ort gelassen, was eigentlich schon grob fahrlässig ist. Hinzu kommt die Frage, in wie weit diese beiden Opfer miteinander in Verbindung standen. Ganz davon zu schweigen, dass alles, was wir bisher annehmen, noch nicht auf gesicherten Beweisen aufgebaut ist.“ Doch statt Bell so aus der Reserve zu locken, musste Heiji beobachten wie der Professor nur gleichgültig mit den Schultern zuckte und seine Hände in den Hosentaschen vergrub, während er mit unbeirrbar ruhiger Stimme sprach. „Sie haben Recht Mr. Hattori, mit allem. Aber genau das ist es doch, was einen Fall ausmacht, es wäre doch geradezu langweilig, wenn sich mit einem Mal alles von selbst aufklären würde. Ganz zu schweigen davon, dass Sie dann arbeitslos wären, nicht wahr?“ Mit diesen Worten und einem nicht zu unterdrückenden Grinsen ließ Shinichi die beiden Beamten stehen und ging allen voraus zurück in Richtung Wagen. Zurück auf dem Polizeirevier fassten sie kurz einen stichpunktartigen Bericht zusammen, Megure feuerte die Leute aus dem Labor dazu an, sich gefälligst mit der Waffe zu beeilen, wurde jedoch plump mit einem „wir tun was wir können“ abgespeist. Der Plan für morgen wurde geschmiedet, Megure hatte Bell und Heiji darauf angesetzt, den Bekannten der beiden Opfer morgen ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Shinichi wusste ganz genau, dass Heiji das ganz und gar nicht recht war für den Amerikaner das Kindermädchen zu spielen, doch sein alter Freund hielt sich zurück und verabschiedete ihn höflich. Shinichi ging absichtlich ein wenig früher, er ahnte, dass Megure und Hattori noch etwas unter vier Augen besprechen wollten. Seine Schultern sanken kaum merklich ein wenig herab als er ausatmete und erst jetzt merkte wie angespannt er die ganze Zeit gewesen war. Es war wirklich seltsam… anders als bei Conan damals, auf der einen Seite war er freier und konnte wieder das sagen, was er grade über den Fall dachte, auf der anderen Seite war er nun mehr denn je abgeschottet von allen, die er einmal gekannt hatte. Ihnen so zu begegnen, ohne offen mit ihnen sprechen zu können, war, vor allem, was Heiji anbelangte, mehr als seltsam - die Rolle als Conan war ihm definitiv leichter gefallen als die Bells, zumindest hier in Japan. Hier stritten sich abwechselnd Bell und Conan um die Vorherrschaft, und Shinichi war nur noch ein stummer Zuschauer, zwar einer mit Wünschen und Bedürfnissen, jedoch ohne die Macht, diese irgendwie zu erreichen. Er schluckte, schüttelte kurz den Kopf, er sollte sich wirklich über andere Dinge sorgen, als über die Tatsache, dass sein alter Ego Shinichi Kudo schon längst unter einer Packung Silikon erstickt war. Sein Blick wurde trüber, als er durch die fast leeren Flure des Reviers ging, die meisten hatten schon Feierabend, nur wenige Beamte tummelten sich noch, als Bell Gedankenverloren durch die Gänge schlich. Gespannt biss sich Shinichi auf die Lippen, wenn das wirklich der Fall war, müsste er das FBI informieren, eigentlich sollte er das in Anbetracht der Möglichkeit schon längst getan haben. Aber er hatte es nicht. Energisch öffnete er die Tür, trat aus dem Gebäude und blickte dem nun milden Schein der frühen Abendsonne entgegen. Er würde nichts sagen, solange niemand in Gefahr war und er dieser Spur ungesehen folgen konnte. Denn wenn, wenn die Organisation wirklich in diese Morde verwickelt war, war das seine Chance. Seine Chance, diesem Alptraum endlich ein Ende zu machen. Seine Chance, sein Leben wieder zu bekommen. Und… vielleicht auch seine Chance ihr endlich das sagen zu können, auf das er schon seit über zehn Jahren wartete. Die Möglichkeit aber, dass sie vielleicht wirklich auf ihn wartete, allein, verlassen, enttäuscht und nahezu hoffnungslos, dass er wieder kam, verlieh seinen Augen einen trüben Glanz. Seine Gedanken aber wurden plötzlich rüde unterbrochen, das was er hörte, ließ sie verblassen, als hätten sie nie existiert. „Also wirklich Ran! Du hättest mich nicht begleiten müssen.“ „Lass mich doch, Kazuha, ich hab ihn doch auch schon lange nicht mehr gesehen.“ Ein heiteres Lachen begleitete den Einwand der Freundin. Ein Lachen das Shinichis Herz aussetzen ließ. Elektrisiert blieb er stehen, selbst wenn er gewollt hätte, sein Körper verweigerte ihm den Dienst, nicht einmal seine Lunge wollte sich bewegen. Shinichi presste die Augen zusammen, wagte es nicht, um die Ecke auf den Parkplatz zu schauen, von dem die beiden fröhlichen Stimmen kamen, zu groß war die Angst, dass eine seiner Phantasien ihn jetzt schon am helllichten Tag eingeholt hatte und ihr Bild im weißen Nebel verschwinden würde, ohne dass er es festhalten konnte. Er stand ganz still, als hätte er Angst, er könnte ein scheues Tier verscheuchen, lauschte noch immer ungläubig den Stimmen der beiden Frauen. „Der is eh mal wieder überfällig!“, protestierte Kazuha. „Zitiert mich erst hierher und lässt uns dann warten, typisch Heiji!“ Man hörte der Frauenstimme an, dass die Beleidigung in ihrem Ton mehr aufgesetzt als tiefgründig war, doch ihre Freundin schien bereit, dennoch zu schlichten. „Ach komm schon Kazuha, die Besprechung dauert eben noch ein wenig länger, na und? Vielleicht haben sie ja etwas gefunden das ihnen weiter hilft!“ Zitternd schlug er sich die Hand vor den Mund, presste seinen Rücken enger an die Mauern des Gebäudes, als er ihre Stimme wieder hörte. Sein Atem ging unregelmäßig und flach, Shinichi kniff die Augen zusammen, versuchte, sich unter Kontrolle zu bekommen, doch es war sinnlos. Ihr Bild, ihr Name, ihre Stimme… sie allein bestimmte seine Gedanken. Ran. Langsam nahm Shinichi seine Hand nach unten, seine Finger bebten und kalter Schweiß hatte sich in seinen Handflächen gebildet. Er biss die Zähne aufeinander, verhöhnte den dumpfen Schrei in seinem Inneren, der nichts mehr wollte, als zu ihr zu gehen, alles offen zu legen und ihr zu sagen, was er dachte und fühlte… schon seit so langer Zeit. Er schluckte, spürte plötzlich einen Kloß in seinem Hals, der ganz sicher vorher noch nicht da gewesen war. Die Kälte der Mauer in seinem Rücken verstärkte sein Zittern. Nichts würde er ihr sagen. Er könnte nicht einmal fragen, wie es ihr ging… Geschweige denn ihr endlich alles zu gestehen und die Lüge, die im wie Teer auf der Seele klebte, abzuwaschen. Nie. Nie war er weiter davon entfernt gewesen, es ihr zu sagen. Sie kannte ihn nicht einmal. Eigentlich kannte er, kannte Bell sie auch nicht. Er schluckte bitter, schaute zu Boden und hörte die beiden Frauen in der Ferne noch immer reden, ab und zu erheitert auflachen. Ihre Worte, ihr Lachen, ihre Anwesenheit, die er plötzlich mehr als deutlich spürte, lähmten ihn, klebten seine Sohlen förmlich an den Asphalt. Er wusste nur zu gut, dass er eigentlich einfach an ihnen vorbeigehen sollte, sie vielleicht mit einem freundlichen Nicken grüßen und sich auf den Nachhauseweg machen sollte. Aber er konnte es nicht, es ging einfach nicht. Shinichi schluckte, er fühlte sich plötzlich nackt, die Mauer, die er sorgsam in diesen zehn Jahren aufgebaut hatte, um sich von seinen Gefühlen und nicht zuletzt auch von sich selbst abzuschirmen, war allein durch ihre Stimme eingerissen worden. Er hatte Angst, Angst davor, dass in seinem jetzigen Zustand ein Blick auf ihn allein ausreichen würde, um dafür zu sorgen, dass Ran ihn erkannte. Nur zu gut wusste er, dass es unmöglich, ja geradezu witzlos war, dennoch konnte er seine Beine einfach nicht dazu überreden, diesen Schritt zu tun, heraus auf die Bühne zu treten und seinen Akt abzuliefern, wie es sich für William Bell gehörte. Shinichi zuckte kurz zusammen, wieder hörte er ihre Stimme im zarten Einklang mit Kazuhas Lachen. Ihre Stimme durchfuhr seinen ganzen Körper, brachte ihn zum Zittern. Er konnte nicht einfach nur dastehen, er konnte nicht ruhig hierblieben, oder sich einfach davonstehlen in dem Wissen, dass sie nur ein paar Meter in seiner Nähe war. Er musste sie sehen… wenigstens sehen. Shinichi hatte keine Zeit diesen Wunsch noch einmal zu überdenken, all seine Bewegungen passierten plötzlich automatisch, sein Körper wurde beherrscht von etwas, das nun lauter schrie als sein Verstand. Und dieses Etwas bewegte ihn wie eine Marionette näher an die Mauer heran. Die Steine bohrten sich in Shinichis Rücken doch er spürte nichts, immer näher taste er sich an die Ecke des Gebäudes heran, in dessen Schatten er noch immer stand. Verstohlen, wie ein Dieb in der Nacht, der ein einziges Bild rauben und für immer bei sich behalten wollte, stand er an die Wand gepresst da. Das Ende der Mauer war kurz vor seiner Nasenspitze, aus dem Schatten heraus sah er Staubkörner im Licht tanzen, welches unsichtbar sein Versteck begrenzte, er musste den Kopf nur leicht drehen, um sie zu sehen. Kein FBI, kein Zeugenschutzprogramm und keine tausend Kilometer, die sie trennten. Nur eine einzige Bewegung und er würde sie sehen. Shinichi spürte die einzelnen Schläge seines Herzen nicht mehr, längst waren sie zu einem einzigen Summen verschmolzen, während er den Kopf allmählich drehte und so langsam Zentimeter für Zentimeter Licht auf sein Gesicht fiel, es blendete ihn kurz, ehe die weißen Punkte vor seinen Augen verschwanden und die Sonne sie endlich frei gab. Ran saß neben Kazuha auf einer kleinen Bank, der Parkplatz des Reviers war den beiden im Rücken, Shinichi konnte erkennen, dass sie noch immer in ein Gespräch vertieft waren, dessen Inhalt er nun jedoch nicht mehr hörte. Ihr Anblick allein war alles, was seine Sinne und seinen Geist derzeit beherrschte. Die jungen Blätter der Bäume, unter denen sie saß, warfen ein buntes Netz aus Schatten und Licht auf die Silhouette der jungen Frau. Shinichi spürte wie ihm warm würde, die Kälte in seinem Körper war plötzlich verschwunden und unter Bells Gesicht verbarg sich ein zarter Roséton, der verzweifelt das Tageslicht suchte. Sie war wunderschön. Das braune Haar lag offen auf ihren Schultern, umarmte ihr dezent geschminktes Gesicht. Ihre Augen strahlten immer wieder kurz auf, wenn das Sonnenlicht in sie hinein fiel, das fliederfarbene Kostüm, das sie trug, wurde von dem Spiel aus Licht uns Schatten zum Leben erweckt. Auf ihren Lippen ruhte ein Lächeln. Ihr Lächeln. Das Lächeln, das er so sehr vermisst hatte… Das Lächeln, von dem er geglaubt hatte, er hätte es auf ewig zerstört. Shinichi schluckte, ein angenehmes kribbeln durchwanderte seinen Körper, während sich auf seinen Lippen ihr Lächeln scheu spiegelte. Am liebsten hätte er die Zeit angehalten, einfach gestoppt und für immer diesen Anblick genossen, der mehr war, als er sich in den letzen Jahren je erträumt hatte. Doch Gevatter Zeit war wie immer unerbittlich. Denn nur kurz nachdem er um die Ecke gespäht hatte sah sie auf, unverkennbar in seine Richtung. Panisch, wandte er den Blick ab, zog scharf die Luft ein. Während er die Augen zusammenkniff und lauschte, darauf wartete, dass sie kam, ihn aus seinem dunklen Versteck zerrte und zur Rede stellte. Für ein paar Sekunden beherrschte nur das laute Trommeln seines Herzens seine Gedanken, es fühlte sich an, als würde es ihm gleich aus dem Brustkorb springen, so heftig donnerte es dagegen. Shinichi versuchte ein Zittern zu unterdrücken, langsam ließ er seinen Kopf in den Nacken sinken und schaute aus dem Schatten heraus in den blauen Himmel über Tokio, als er merkte, dass sie nicht kam. Doch die zu erwartende Erleichterung stellte sich nicht ein. Das Lächeln auf seinen Lippen, welches er bis eben noch mit ihr geteilt hatte, verblasste langsam und hinterließ doch eine tiefe Narbe. Er kniff die Augen zusammen, versuchte, alles in ihm zu verdrängen und zu vergessen, eine Leere zu schaffen, die wenigstens nicht wehtat. Doch so einfach war das nicht. Er verhielt sich wie ein Verbrecher, beobachtete sie heimlich und verkroch sich in sein Loch, wenn er glaubte, sie könnte ihn entdecken. Sein Atem zitterte, Shinichi spürte, wie sich sein Herz zusammenzog, wenn er daran dachte, was er hier grade tat, wie er sich verhielt. Verlogen, hinterhältig und feige. Shinichi biss sich auf die Lippen, spürte den nahezu erlösenden Schmerz, bis er endlich Blut schmeckte. Er hatte das Gefühl, Schmutz und Dreck würden in jeder seiner Poren sitzen, es war widerlich - dass er sie klammheimlich beobachtete, war wirklich der Gipfel dessen, was er bisher getan hatte. Er fühlte sich niederträchtig, einfach abartig. Sein Atem ging unregelmäßig, der kalte Schweiß leimte sein Hemd an seinen Rücken und verstärkte das beklemmende Gefühl in seinem Brustkorb nur noch. Er hatte es doch tatsächlich geschafft, jemand noch widerwärtigeren als Conan zu erschaffen, den er doch ohnehin schon heiß und innig liebte. Damals hatte er keine Wahl gehabt, er war Ran nahe, ohne das sie es wusste, weil es einfach nicht anders ging. Bell aber, war da anders. Er schlich sich eine Wand entlang, versteckte sich im Dunklen und versuchte klammheimlich einen Blick auf sie zu werfen, nicht, weil er es musste… sondern weil er es so wollte. Shinichi schauderte, ekelte sich vor sich selbst und wusste, dass kein Wasser der Welt ihn wieder rein waschen konnte. Das Ganze war widerlich, ja geradezu pervers und Ran gegenüber…, er schluckte. Als „unfair“ konnte man sein Handeln schon nicht mehr bezeichnen, das wäre wohl weit untertrieben gewesen. Shinichis Blick wurde trüb, seine Fingernägel aber gruben sich noch tiefer in seine Faust. Mit Bell hatte er die kleine Brillenschlange tatsächlich übertroffen. Ein frohes neues Jahr ihr Lieben! Wenn ihr das hier lest, freue ich mich euch in diesem Jahr wieder als Leser willkommen zu heißen. Tja… das war Shinichis erste „Begegnung“ mit Ran. Ich hoffe ihr reist mir jetzt nicht den Kopf ab, denn wie einige von euch bereits erwähnten, hätte sie ihn wohl sofort durschaut wenn er so vor ihr gestanden hätte, um die Geschichte jedoch nicht gleich enden zu lassen braucht er daher diesen Vorlauf. Ich hoffe natürlich es hat euch dennoch gefallen, von nun an könnt ihr euch dann auf richtige Interaktionen zwischen Bell und Ran freuen ^.^ Bis dahin würde ich mich natürlich wie immer sehr über eure Meinung freuen! In diesem Sinne auch mal ein großes Danke an alle fleißigen Kommentatoren und Kommentatorinnen ihr wisst es vielleicht nicht aber es hilft wirklich sehr zu lesen was ihr so über mein Geschreibsel denkt! In diesem Sinne alles Gute und bis demnächst, eure Shelling Kapitel 8: Alter Freund/Neuer Feind ----------------------------------- Hallöchen ihr Lieben, wie ihr sehen könnt hat die Story ein neues Cover bekommen, das nicht nur wunderschön, grandios und einfach umwerfend ist sondern auch noch aus der Hand der lieben Leira stammt. Die macht sich nicht nur die Mühe jedes Kapitel für euch zu korrigieren sondern hat der ganzen Geschichte jetzt auch noch ein neues Gesicht gegeben! Vielen, vielen, vielen Dank dafür! Ansonsten wünsch ich euch viel Spaß beim Lesen! Heiji schluckte, musste an sich halten, nicht auf dieses Schwein loszustürmen und ihm in seine ach so feine Visage zu schlagen, während er Kazuha und Ran beobachtete. Nein, diese Genugtuung musste er sich jetzt verwehren, zerkaute sich stattdessen nervös die Lippen. Er war ruckartig stehen geblieben, als er gesehen hatte, was dieser Amerikaner da gerade trieb, von seinem Posten aus hatte er beide Parteien im Blick, Bell sowie Kazuha und Ran, die anscheinend noch nicht einmal bemerkten, dass man sie beobachtete. Er stand in der Tür des zweiten Ausgangs vom Revier; als er bemerkte, dass Bell Kazuha und Ran heimlich beobachtete, war seine erste Reaktion gewesen, auf ihn zu zusteuern und ihn zur Rede zu stellen, aber er konnte sich zügeln, wusste, dass er mehr davon hatte, das Ganze heimlich zu beobachten, als Bell direkt darauf anzusprechen. Dieser Widerling würde ihm wohl kaum sagen, warum er seiner Frau und seiner Freundin nachstieg! Bei dem Gedanken stieg die Wut im Bauch des Detektivs aus Osaka an, verkrampft ballte er die Hände zu Fäusten, während er sich die Nase beinahe an der Tür zum Revier platt drückte. Zitternd vor Wut versuchte er, seinen Atem zu zügeln, damit die Glastür vor ihm nicht allzu sehr beschlug und der weiße Dunst seine Sicht behinderte. Er war froh, dass es schon so spät war, sonst hätte er seinen Posten kaum so ungestört für sich - er allerdings auch nicht. Zähneknirschend wanderte sein Blick zu Bell, der hatte sich von den beiden Frauen nun wieder abgewandt, drückte sich noch immer an die Mauer, um ja nicht gesehen zu werden. Zu gerne hätte Heiji Kazuha oder Ran gesagt, was hier grade lief, die beiden würden ihm ganz gewiss die Hölle heiß machen und das Gesicht des so hoch gelobten Professors zu Brei treten, aber Letzen Endes würde das nichts bringen. Heiji seufzte, es nervte ihn, aber er musste sich leider eingestehen, das er mehr davon hatte, wenn er die ganze Sache für sich behielt, sowohl vor Kazuha und Ran als auch vor dem Kriminalisten selbst, der ganz offensichtlich mit falschen Karten spielte. Die Augen des jungen Kommissars wurden schmal, während er Bell beobachtete, der sich plötzlich kaum noch regte. Genau das hatte er gerade auch versucht dem Hauptkommissar klar zu machen, der aber war wegen des kleinen Holmes-Rätsels zwar noch nicht Bells bester Freund, aber dem Amerikaner schon lange nicht mehr so abgeneigt wie zu vor. „Denkst du nicht das du ein wenig übertreibst Heiji?“, fragte Megure vorsichtig, nachdem der junge Mann sich lautstark über den Amerikaner ausgelassen hatte, fing sich jedoch nichts weiter als einen bösen Blick ein. „Wie bitte?!“ „Nun ja…“ begann der Hauptkommissar, wich Heijis Blick aus und sortierte stattdessen etwas zu fürsorglich die Fallunterlagen. „…ich weiß, diese ganze Sache damals hat dich schwer mitgenommen, und nicht nur dich, aber das weißt du wohl.“ Megure seufzte, rieb sich den Nacken und schielte dann vorsichtig zu Heiji, der zwar bis eben noch doch den Raum gewandert war, nun jedoch die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und wandte sich leicht von dem Hauptkommissar ab, als dieser zu ihm schielte. „Ich fürchte nur, du steigerst dich da in etwas hinein. Mein Gott, ich bin ja auch nicht glücklich darüber, den Kerl am Hals zu haben. Aber du kannst nicht leugnen, dass er für uns wirklich hilfreich ist.“ „Ja un wieso!?“, fauchte Heiji. „Was, wenn der Kerl wirklich mehr über den Fall weiß, als wir denken? Dann wär’s ja wohl kein Wunder, dass er die Schlussfolgerungen wie nix aus’m Hut zieht!“ Heiji donnerte mit der flachen Hand auf den Konferenztisch, seine Augen glühten zornig, ehe er bemerkte, mit wem er hier eigentlich sprach und nun kleinlaut versuchte, sein Temperament zu zügeln. „Ich trau diesem Typen einfach nich!“ „Genau so wenig wie ich, Heiji.“, gab Megure freimütig zu. „Warum sonst, glaubst du wohl, schicke ich ihn nur zusammen mit dir los?“, fragend zog er die Augenbrauen hoch, sah den jungen Polizisten eindringlich an, der aber reagierte nicht auf den Vertrauensbeweis Megures, wandte sich zum Fenster. Doch der Ausblick auf den grauen Komplex des Nebengebäudes, der zwischen den ehemals weißen Vorhang hervorlugte, war nicht grade dafür geeignet, ihn aufzuheitern. „Sie haben’s doch gehört.“ Die Worte waren der verzerrte Hauch eines Zischens, das trotz des gedämpften Tons unüberhörbar zitterte. „Bitte?“ Megure hatte keine Ahnung, wovon der Kommissar aus Osaka sprach, bis er in die ernsten grünen Augen blickte, als Heiji sich ihm wieder zuwandte. „Sie haben gehört, wie bedacht er darauf war, von der schwarzen Kleidung des Täters abzulenken!“ Gegen Ende des Satzes brachte Wut Heijis Stimme zum Zittern, lenkte Megures Blick sorgenvoll auf ihn. Das Gesicht des jungen Kommissars war verbissen, das Ganze hing ihm noch mehr nach, als Megure gedacht hatte. Der Hauptkommissar wusste, dass Heiji sich damals in den Fall verbissen hatte und wie es schien, klebte ihm der bittere Geschmack bis heute auf der Zunge. „Heiji…“ begann er vorsichtig, suchte lange nach den richtigen Worten, ehe ein hupendes Auto ihn aus seinen Überlegungen riss. „Du kannst doch nicht wegen einer solchen Kleinigkeit denken, dass er etwas mit der Geschichte zu tun hat!“ „Und wieso nicht!?“ Die Stimme des Kommissars bebte vor Wut, in seinen Augen glomm ein wütender Funke, während er seine Worte mit unkontrollierten Gesten unterstützte. „Der Kerl taucht hier mir nichts dir nichts auf und macht einen auf Mr. Oberschlau! Er verheimlicht uns Details zu dem Fall, bis es dem werten Herrn passt und er sie uns Vollidioten präsentieren kann. Ach ja, und Überraschung!“, fauchte er sarkastisch. „Unser Herr Professor kennt sich mit Holmes genauso gut aus wie unser Mörder! Halt, kommen se mir jetzt bloß nicht mit der Ausrede, dass er dafür ja auch hier is, wenn er uns wirklich helfen wollte, müsst man ihm die Infos wohl kaum so aus der Nase ziehen. Und eins is mal sicher, das Ablenkungsmanöver wegen dieses Schwarzkittels war Eines, Bell war nervös und angespannt, der hat nach Luft geschnappt wie’n Fisch auf’m Trocknen, als sie auf ihn eingegangen sin. Wenn Sie mich fragen dann-„ „Ich frage dich aber nicht, Heiji!“ Die strengen Worte Megures wurden von dem knarren seines Stuhls begleitet; er war aufgestanden, gebot Heiji mit einem einzigen Blick Einhalt. „Wir veranstalten hier keine Hexenjagd, Heiji. Ihr werdet zusammenarbeiten, verstanden?“ „Ja- aber!“ „Kein Aber!“ Megures Ton war schneidend. „Ihr zwei werdet zusammenarbeiten.“ Seine Augen fixierten ihn streng. „Haben wir uns verstanden, Kommissar Hattori?“ Heijis Mund stand noch kurz offen, ehe er verbissen die Lippen zusammenkniff, den Blick von Megure abwandte, als er trüb nickte. Megure erwiderte das Nicken erschöpft, schob geräuschlos die Unterlagen in einen Ordner und klemmte sie sich zusammen mit seinem Mantel unter den Arm. Sein Blick wanderte erneut zu dem Osaka, wurde daraufhin leicht trüb. Heiji starrte noch immer stur auf den ausgetretenen Linoleumboden, seine Hände waren verbissen zu Fäusten geballt, die noch immer nicht das zu fassen bekamen, was der Siebenunzwanzigjährige schon so lange suchte. Megure schluckte, trat vom Tisch weg und machte sich auf den Weg zur Tür, blieb jedoch kurz neben Heiji stehen. Seine Stimme war rau, die beiden Männer sahen sich nicht an, während Megure sprach, obwohl beide genau wussten, dass seine Worte nur wenig mit dem eigentlichen Fall zu tun hatten. „Es tut mir leid, Heiji.“ Der Mann aus Osaka kniff die Augen abwehrend zusammen, spürte, wie seine Fäuste kurz zitterten und hörte nur noch, wie das Schloss hinter dem Hauptkommissar zufiel. Heiji schnaubte wütend, brachte das Glas vor seiner Nase zum beschlagen. Noch immer ruhte Heijis Blick auf Bell, der noch immer steif an der Wand stand, wenigstens schien dieses Schwein sich jetzt nicht mehr zu trauen, um die Ecke zu schielen, wäre ja auch noch schöner wenn- „Was?“ Plötzlich kehrte leben in den Amerikaner zurück, Heiji beobachtete wie die Schultern des Professors kurz straffen ehe er eiligen Schrittes wieder im Revier verschwand, fraglos um den Hinterausgang zu benutzen. Doch Heijis Aufmerksamkeit richtete sich bald wieder auf Kazuha und Ran. Welchen Grund könnte es für Bell geben, den beiden nicht über den Weg laufen zu wollen? Das schlechte Gewissen nachdem Lauschangriff war es wohl kaum. „Hm?“ „Ist was, Ran?“ Kazuhas Frage war an ihre Freundin gerichtet, denn Rans Aufmerksamkeit war plötzlich nicht mehr auf das gemeinsame Gespräch gerichtet gewesen, sondern auf den Eingang des Polizeireviers, auf den sie noch immer gespannt blickte, ehe sie dann jedoch den Kopf mit einem matten Lächeln schüttelte und auf der Bank ein Stück zur Seite rutschte, um Kazuha besser sehen zu können. „Nein, nein, es ist nichts - ich dachte nur - ach schon gut.“ Ran lächelte verlegen, während Kazuha sie noch kurz verwundert ansah, es dann jedoch auf sich beruhen ließ und an ihr Gespräch von eben anknüpfte. „Jedenfalls kommt’s ja wie gerufen, dass de jetzt frei hast. Da können wir zusammen mit Sonoko mal wieder was unternehmen, ganz unter uns Mädels.“ Ran erwiderte das freudige Grinsen der jungen Frau und nickte ihr bejahend zu. „Gern, aber ich denke, das wirst du bestimmt zu erst mit ihm abklären müssen, oder?“ „Wie?“ Auf den Wink ihrer Freundin drehte sie sich um, sodass Kazuha das Revier nicht mehr länger im Rücken hatte sondern sehen konnte, wer grade aus seinem Schatten trat. „Heiji!“ Sie stand auf, trat ihm ein Stück weit entgegen als sie sah das die Freude auf Seiten Heijis nicht erwidert wurde. „Ist etwas passiert?“ Ängstlich und gleichermaßen besorgt streckte Kazuha eine Hand nach ihm aus, zog sie dann jedoch scheu wieder zurück als sie Heijis strengen Blick sah, der noch immer unverwandt auf sie zuging. „Heiji? Was-„ „Kennt du einen gewissen William Bell, Kazuha?“ „Wie? Was?“ Kazuha brachte keine Antwort zustande, schaute ihren Freund noch immer verwirrt an, sodass sich dieser erst genervt Ran zuwandte, als sie ihm nicht antwortete. „Was ist mit dir, Ran? Kennst du ihn?“ Die junge Frau sah verwundert zu ihm auf, schüttelte dann stumm den Kopf, wollte ihn eigentlich grade fragen was los war, aber Kazuha fuhr dazwischen. „Warte mal… du meinst diesen amerikanischen Professor, der jetzt zu dem Fall zugeschaltet worden ist? William Bell, der Schriftsteller? Sag bloß du arbeitest mit ihm zusammen, Heiji!? Wenn, dann musst du mir unbedingt ein Autogramm von ihm besorgen!“ „SAG MAL TICKSTE NOCH GANZ RICHTIG!?“ Beide Frauen zuckten kurz zusammen, als Heijis wütende Stimme über den Parklatz donnerte, seine Nasenflügel weiteten sich bedrohlich, er sah Kazuha an, als sei sie eben aus dem nächsten Irrenhaus ausgebrochen. Ran wollte grade aufspringen, um den aufkommenden Streit zwischen den beiden zu verhindern oder wenigstens zu schlichten, doch dafür war es bereits zu spät, denn wie immer wusste Kazuha Heijis Laune bestens zu parieren. „Das fragt der Richtige! Also echt, wenn hier einer nicht mehr ganz sauber in der Birne ist, bist das dann ja wohl du, Heiji! Oder was soll das? Bittest uns hierher und lässt uns wie bestellt und nich abgeholt sitzen, und jetzt meinst`de einen auf dicke Hose machen zu müssen, oder wie?“ Und schon holte Heiji Luft, um den Schlagabtausch zu erwidern. Ran konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, während sie das Treiben des Pärchen beobachtete, die beiden würden sich nie ändern. Ein kurzes Seufzen begleitete das müde Lächeln, welches nun über ihre Lippen glitt. Sie wandte den Blick von dem streitenden Paar ab, schaute zu Boden und strich sich verlegen den ohnehin ordentlichen Rock glatt. So langsam musste sie es ja eigentlich mal gut sein lassen, es konnte doch nicht sein, dass er sie noch immer beherrschte. War sie denn wirklich so schwach? So naiv? So dumm? Verkrampft versuchte sie zu schlucken, bemerkte, wie ihr Blickfeld kurz verschwamm. Ganz besonders heute schien es mal wieder mit ihr durchzugehen. Sie hatte eben doch tatsächlich geglaubt, jemand hätte sie beobachtet, nein, nicht nur jemand, sondern er, dem donnernden Schlagen ihres Herzens nach zu urteilen. Ran seufzte kurz, schüttelte in Missbilligung ihrer eigenen Schwäche und Dummheit den Kopf, blickte erneut zu dem noch immer streitenden Paar auf. Ihre blauen Augen blieben an dem kleinen silbernen Ring an Kazuhas Finger hängen, sie versuchte ein Lächeln, doch es ließ sich nicht von dem Kummer reinwaschen, der auf ihm lag wie ein grauer Schleier. Eigentlich gab sie es ja nur äußert ungern zu, aber sie konnte nicht leugnen, dass ihre Freunde aus Osaka mit Schuld daran waren, dass sie mal wieder so durch den Wind war. Auch wenn es unfair wäre, die ganze Schuld auf den beiden abzuwälzen. Denn was konnten sie schon dafür? Sie konnten nichts dafür, dass sie ihr die Situation à la „was wäre wenn“ so lebendig vor Augen führten. Und dennoch gab es die ein oder anderen schmerzlichen Situationen, vor allem mit Heiji, dessen Gesten und Mimik den seinen einfach zu ähnlich waren. Doch er wusste das. Und genau hier lag das Problem, denn wie jeder andere auch wollte er sie natürlich nur schonen, mied sogar den Kontakt mit ihr, wenn es nicht anders ging. Ran wollte nicht, dass Heiji dauernd darüber nachdachte, sie wusste, dass er selbst seinen besten Freund nicht minder vermisste. Nein, gewiss nicht. Denn Heiji war seinen Spuren gefolgt, hatte analysiert, ausgeschlossen und die Fährte bis zum bitteren Ende verfolgt, bis er an ein Ziel gelangt war, dessen Schluss er eigentlich nicht glauben wollte. Aber er musste es akzeptieren. Schließlich hatte er alles andere ausgeschlossen, das schmerzhafte Ergebnis zu dem er gekommen war, musste also die Wahrheit sein, das waren nicht nur die Worte Holmes‘, sondern auch die Shinichis, und denen musste sich sein bester Freund wohl oder übel ergeben. Wie konnte er auch anders? Schließlich hatte er nicht den Beweis, den sie hatte, zwar hatte Ran versucht, ihn mit Heiji zu teilen, doch der damalige Oberschülers wehrte sich gegen jeden Versuch, die Hoffnung neu aufkeimen zu lassen, bis heute. So blieb der Beweis, dass der junge Detektiv aus Osaka sich irren musste nichts weiter als das Gefühl in ihrem Innern, auf das Ran jede Hoffnung setzte. Dumm, naiv, einfältig oder nicht, dieses Gefühl ließ sich nicht töten. Sie konnte sich nicht dagegen wehren, vielleicht war das der Grund, warum die allzu bekannten Streitigkeiten des jungen Paars sie so mitnahmen. Erschöpft lächelnd sah sie auf, die beiden stritten noch immer, hatten den Grund dafür offensichtlich schon längst vergessen, sodass Ran beschloss, sie daran zu erinnern und somit vielleicht auch ein Ende dieser Rauferei herbeizuführen. Sie stand von der Bank auf, ging mit einem ruhigen Lächeln auf die beiden zu. „Sag mal Heiji, was willst du denn von diesem Bell? Ich meine, es muss doch einen Grund geben, warum du nach ihm fragst?“ Ran hatte ihr Ziel erreicht, Heiji und Kazuha hatten den Streit gestoppt und sahen sie stattdessen verwirrt an. Sie zweifelte nicht daran, dass beide in diesen Minuten vergessen hatten, dass Ran ihren kleinen Zwist beobachtete, umso mehr freute es sie, dass ihr Manöver, wie es schien, Früchte trug. Noch immer wütend und dennoch merklich ruhiger, hakte Kazuha bei ihrem Mann nach. „Genau, was um Himmels Willen hat dir dieser Bell denn getan, dass de so auf ihn erpicht bist?“ Der schon zum Antworten geöffnete Mund Heijis schloss sich bei dieser Frage augenblicklich, Kazuha spürte, wie er ihren Blicken auswich, die zusammengekniffenen Lippen ihres Mannes sprachen Bände, auch wenn seine Worte etwas anderes verkündeten. „Schon gut. Nichts weiter eigentlich.“ Doch nicht nur Kazuha merkte, dass etwas mit ihm nicht stimmte, auch Ran wurde sich der drückenden Stille zwischen den Pärchen bewusst und versuchte, das Thema möglichst unauffällig zu wechseln. „Wie kommt ihr denn mit den Ermittlungen voran, Heiji? Paps hat sich das letzte Mal ganz schön beschwert.“ Der Angesprochene schien dankbar für diesen Themenwechsel, nickte ihr besorgt zu, während er die ersten Schritte in Richtung Parkplatz machten, in der Gewissheit, die beiden Frauen würden ihm folgen. „Da hat Mori auch allen Grund zu! Der zweite Mord, dieser Bell und jetzt auch noch die Kinder.„ er seufzte lautstark. „Das sin Ermittlungen unter erschwerten Bedingungen!“ „Was!“ Ran war abrupt zum stehen gekommen, Heiji und Kazuha mussten sich herum drehen um das nun geschockte Gesicht ihrer Freundin zu sehen. „Was hast du da grade gesagt, Heiji?“ Hattori nahm die Hände herunter, die er bis eben beim Gehen lässig hinter dem Kopf verkreuzt hatte, machte beschwichtigend einen Schritt auf Ran zu. „Ich sagte, dass die Umstände die Ermittlungen nicht grade erleichtern.“ Er bemühte sich um einen neutralen Ton und wusste doch, das Ran ihn längst durchschaut hatte. Sie überging seine Antwort einfach und fuhr ungehürt fort. „Genta, Mitsuhiko und Ayumi? Aber wieso sind sie mit von der Partie? Was haben die drei mit dem Mord zu tun?“, geschockt wanderte Rans Hand an ihren Mund. „Haben sie etwa die Leiche-„ „Nein, nein!“ Doch Heiji wusste nicht, inwieweit seine Worte Ran beruhigen konnten. „Mach dir keine Gedanken, Ran! Dieser Bell hat sie aufgegabelt und meint wohl wegen ihrer Vorliebe für Holmes wär´n se vielleicht hilfreich.“ Heiji bemühte sich um ein unschuldiges Lächeln, doch bei all seiner Aversion gegen Bell, er kannte die drei gut genug und wusste, dass das Ganze gewiss anders gelaufen war. Er seufzte lautlos, wich den Blicken der beiden Frauen kurz aus. Doch als Heiji wieder aufblickte, sah er noch immer in das besorgte Gesicht Rans, ein Ausdruck, der in den Zügen seiner Freundin eingemeißelt zu sein schien und den er doch möglichst unterbinden wollte. „Wirklich, Ran! Du musst dir keine Gedanken machen!“, versuchte er sie erneut zu überzeugen. „Schließlich werde ich ein Auge auf die Bande haben und wer weiß, vielleicht können uns die drei ja wirklich helfen.“ „Stimmt, denn von Holmes hast’de keine Ahnung!“ Kazuha grinste, hakte sich unaufgefordert bei ihrer Freundin unter und ignorierte den beleidigten Gesichtausdruck Heijis. „Da ich nicht annehme, dass du uns umsonst hierher gebeten und stundenlang hast warten lassen, Heiji, nehme ich doch jetzt mal an das du Ran und mich schick zum Essen ausführen wolltest, wie? Wir gehen dann schon mal zum Auto. Hier hast’e das Parkticket, der Schalter steht noch ein Stück weiter hinten! Bis gleich dann.“ „Wie! Was?“ Verdutzt schaute Heiji den beiden nach, bis sich Erleichterung bei ihm einstellte, als er beide hell auflachen hörte. Sollten sie sich nur über ihn amüsieren, wenn es half. Mit einem Grinsen machte er sich eilig daran, den Parkschein einzulösen, während die beiden Frauen vergnügt in Richtung Auto schlenderten. „Also Ran? Wie sieht der Plan für Morgen aus?“ „Wie? Aber Kazuha, was ist mit Heiji und-„ Doch Kazuha unterbrach sie rüde. „Na, na. Nichts da! Wir haben uns ein paar schöne Tage verdient!? Denkst du nicht?“ Doch ihre Freundin blieb stumm, starrte auf ihre Füße, während sie sprach. „Ich fürchte daraus wird nichts, Kazuha.“ „Wie - aber Ran?“ Doch als diese aufschaute begriff sie, der besorgte Blick und das entschuldigende Lächeln waren Antwort genug. Sie nickte Ran zu, deren Lippen daraufhin ein tonloses „Danke“ formten, doch Kazuha war es nun, die besorgt aussah. Der Abend war fröhlich ausgeklungen, Ran, die sich in Tokio natürlich bestens auskannte, hatte die Freunde zu einem hervorragenden Restaurant geführt, dessen Speisekarte das Pärchen aus Osaka trotz der häufigen Besuche noch nicht ganz ausgelastet hatten. Satt und zufrieden hatte man sich von einander getrennt, sodass Kazuha und Heiji nach einem kleinen Umweg endlich in ihrem Hotel angekommen waren, in dem sie sich schon gestern häuslich niedergelassen hatten. Ihr Mann hatte sich, nicht unbemerkt von Kazuha, in ihr gemeinsames Schlafzimmer geschlichen und überließ sie in dem spärlich eingerichteten Wohnzimmer ihrem Schicksal. Aber so leicht ließ sie ihn nicht davon kommen. Berechnend schaltete sie den Fernseher ein, musste nur wenige Sekunden warten ehe sie sich unbemerkt zu ihm schleichen konnte. Sie fand Heiji auf ihrem gemeinsamen Bett sitzend vor, sein Jackett lag unordentlich auf der Tagesdecke und es hatte nicht den Anschein, als hätte er das Bedürfnis, auch nur ein wenig Ordnung zu schaffen. Es sah ganz so aus, als würde Heiji das nächtliche Treiben Tokios beobachten, auf dessen Straßen er von seinem Platz aus einen hervorragenden Blick hätte, wenn nicht der Vorhang des Fensters, aus dem ihr Freund scheinbar starrte, schon längst zugezogen wäre. Sie ließ sich langsam neben ihm auf der Matratze nieder, begutachtete das ihr gut bekannte Gesicht mit bekümmertem Blick und wusste, dass Heiji sie ohnehin noch nicht wahrgenommen hatte. Seine grünen Augen waren dunkel umwölkt, die zusammengezogenen Augenbraunen waren nur das letzte Zeichen, welches ihr verriet, dass etwas nicht stimmte. Kazuha seufzte kurz, sie wusste genau, was dieser Gesichtsausdruck zu bedeuten hatte - vorsichtig versuchte sie ihn aus seinen Gedanken herauszulocken, sponn mit ihren Worten einen roten Faden, mit dem sie ihm aus dem Labyrinth seines eigenen Geistes heraus führen wollte, ohne dass er sich gänzlich darin verlief. Sie nahm seine Hand und spürte, wie er bei ihrer Berührung zusammenzuckte, sie erst jetzt bemerkte und ohne etwas zu sagen ansah. „Du hast deinen Ring nicht angehabt, Heiji.“ Sie ließ das kleine Schmuckstück vorsichtig in seine Hand gleiten, der Angesprochene aber hörte den kurzen Vorwurf in ihren Worten, auch wenn sie ihn noch so gedämpft hatte, er hörte ihn, weil er ihn hören wollte. Streiten war eben doch einfacher als das Gespräch, auf das sie hinaus wollte. „Na und? Ich hab ihn eben vergessen. Was soll´s.“ Trotzig wie ein kleines Kind zog er die Hand unter der ihren hervor, mied ihren Blick jedoch, erst Recht als er hörte, dass Kazuha ihm noch lange nicht so laut antwortete, wie er es erwartet hatte. Natürlich lag in ihrer Stimme Tadel, aber der konnte die Sorge, die in ihrer Tonlage mitschwang, nicht überdecken. „Ganz zu schweigen davon mein Lieber, dass das dein Ehering ist und du ihn sowieso tragen solltest, weißt du genau, warum es mir so wichtig ist, dass du ihn wenigstens bei dir hast!“ Ein flehendes „Bitte“ hallte ihren Worten stumm und unausgesprochen nach. Er schluckte, irgendwo hatte sie ja Recht. Deswegen hatte er ihn eigentlich auch immer am Finger, auch wenn er ihn heute Morgen in seiner Aufregung und Eile auf der Badezimmerablage hatte liegen lassen, sonst trug er ihn immer, schließlich war er ein Symbol, das die beiden schon von Klein auf miteinander verbunden hatte. Und so sehr er Kazuha auch manchmal mit ihrem Aberglauben ärgerte, so hatte er doch gewusst, wie wichtig es für sie war, allerdings hatte er damals gehofft, es würde ohne großen Aufstand über die Bühne gehen. Aber nein, Kazuha hatte es natürlich gemerkt und ein Drama daraus gemacht. Er hatte ihr natürlich erklären können, dass der Goldschmied eben ein wenig länger brauchte, um die beiden Kettenglieder der Handschellen einzuschmelzen und zu passablen Schmuckstücken zu verarbeiten, das konnte er jedoch nicht, denn schließlich sollte sein Antrag eine Überraschung sein. Eine Überraschung, die ihm geglückt war, auch wenn Kazuha es noch als ein Wunder bezeichnete, dass sie ihre eigne Hochzeit überhaupt erlebt hatten, so hatte der Talisman ihnen doch Glück gebracht. Heiji seufzte ergeben, nahm das kleine Schmuckstück behutsam aus der Mulde seiner Hand und steckte ihn sich ordnungsgemäß an den linken Ringfinger, ehe er resignierend zu ihr aufsah. „Jetzt zufrieden?“ „Allerdings.“ Sie lächelte, doch Heiji ahnte schon, dass es bei Weitem nicht dabei bleiben würde, und er sollte Recht behalten. „Vielleicht war das der Grund, du hattest ihn nich bei dir, deswegen hattest’de heut nen schlechten Tag.“ Er sah sie an, wollte grade widersprechen, doch sie blockte kopfschüttelnd ab. „Sag jetzt nich, dass es nich stimmt, Heiji! Also, was um Himmels Willen hat dir dieser Bell getan, dass de so neben dir stehst. Nun schau mich nicht an wie’n geblendetes Reh, ich kenn dich doch, du bist doch sonst nich so?“ Heiji schluckte, senkte seinen Blick, doch Kazuha konnte schon an seinen zu Fäusten geballten Händen sehen, dass er mit sich kämpfte ehe er endlich sprach. „Irgendwie… irgendwie hab ich gedacht, er is ihm ähnlich.“ Heiji schluckte, stand mit einem Mal ruckartig auf, als Kazuha auf ihn eingehen wollte und fing an, in dem schmalen Gang zwischen Bett und Fenster auf und ab zu tigern. Seine zitternde Stimme war für Kazuha das deutliche Signal seiner Aufgebrachtheit. „Ich hab… nur für einen kurzen Moment hab ich echt gedacht, er-„ Heiji fluchte innerlich, fasste sich an die Stirn und spürte den kalten Schweiß auf ihr. Allein für den Gedanken daran, dass er es hätte sein können prangte nun ein zynisches Lächeln auf seinen Lippen. Was war er doch für ein verblödeter Vollidiot! „Ah verdammt, Kazuha! Ich lern’s einfach nicht! Ich hab mich blenden lassen von diesem Kerl! Dabei is der ganz und gar nicht koscher. Ganz im Gegenteil, wenn de mich fragst, können wir Bell getrost in den Kreis der Verdächtigen aufnehmen.“ Doch diesen Gedanken verkniff sich Heiji, er wusste genau, wie allergisch seine Frau auf dieses Thema reagierte, denn da hatte ihr Verständnis eine Grenze und glitt über in Angst, die gleichermaßen von Wut begleitet wurde. Er seufzte, änderte erneut die Richtung seiner Schritte, während seine Hände in seinen leeren Hosentaschen scheinbar nach einer Antwort oder zumindest nach einer Erklärung fischten, das Ergebnis aber ließ seine Schritte langsamer werden. „Irgendwas stimmt mit dem Kerl definitiv nicht, der hat Dreck am Stecken, das is mal sicher.“ Doch Heijis Bestimmtheit lies rasch nach, langsam ließ er sich wieder neben Kazuha auf die weiche Matratze sinken. So schnell seine Wut über sich selbst gekommen war, so schnell schien sie jetzt auch wieder in ihm zu versickern. Sein Blick wirkte gebrochen und auch seine Stimme war nicht mehr dieselbe, als er weiter redete. „Aber vielleicht fang ich auch einfach nur schon wieder an, Gespenstern hinterherzujagen, Kazuha.“ Ihre Augen lagen unruhig auf ihm, nur selten, sehr selten ließ Heiji so tief Blicken, selbst als seine Frau waren die Momente, in denen er nicht der coole Detektiv war, rar gesät. Sie wusste, dass der plötzliche Zweifel in Heiji nicht allein von dem heutigen Tag stammte, diese Saat war vor gut zehn Jahren gesät worden und wucherte noch immer in ihrem Freund, ohne dass jemand dem Unkraut Einhalt gebot, am allerwenigsten er selbst. Aber das musste jetzt ein Ende haben. „Sag mal, spinnst du, Heiji!?“ Ihre Stimme zog seine Aufmerksamkeit auf sich, überrascht und leicht geschockt sah Heiji sie an. „W-Wie?“ „Wenn du glaubst, dieser Kerl is nich sauber, dann geh dem gefälligst nach! Seit wann lässt de dich denn bitte so schnell von jemandem ins Boxhorn jagen? Und dann auch noch von nem Fremden, das wär ja noch schöner!“ Energisch stemmte sie die Hände in die Hüften, Heiji konnte nichts weiter als verwundert zu blinzeln, er hätte nicht damit gerechnet, Kazuha derart in Rage zu versetzen. „Aber, Kazuha-„ „Nein. Nichts da, kein aber.“ Sie ließ ihn nicht einmal zu Wort kommen, alle Bemühungen, seine Frau wieder zur Ruhe zu bewegen, schienen vergebens. „Das wär ja noch schöner, wenn Kommissar Heiji Hattori einfach aufgibt! Pff… das kommt gar nicht in Frage.“ Die Schimpftriaden gingen weiter, bis es dem jungen Mann allmählich zu viel wurde, und auch seine Stimme eine rauere Tonlage annahm. „Kazuha, hör schon auf.“ Doch sie hörte noch immer nicht. „Du wirst dem Ganzen eben nachgehen, bist de weißt, was Sache ist. So wie du es sonst auch immer machst.“ „Es reicht!“ Er war laut geworden, doch auch das schien sie nicht zu stoppen, wie auch. Kazuha war grade so schön in Fahrt, wollte grade erneut ansetzen, als er sie endlich aufhalten konnte. „Du wirst-„ Doch weiter kam sie nicht. Seine Lippen ruhten plötzlich auf den ihren, raubten ihr somit nicht nur die Luft, sondern auch die Möglichkeit fortzufahren. Heiji küsste sie, vergrub seine Hände in ihren weichen Haaren, bis er merkte, dass sich ihre angespannte Haltung auflöste, ehe er sich mit ihrem Geschmack auf seinen Lippen von ihr trennte. Kazuha sah ihn nur perplex an, verstand erst, als sich ein mattes Lächeln auf seinen Lippen bildete. „Danke.“ Beide wurden kurz rot, bis Kazuha beschloss, die etwas seltsame Situation ein wenig aufzulockern. „Du brauchst mir nicht zu danken, Heiji, und ausserdem-„, sie lächelte süffisant, legte ihre Arme um seinen Hals und zog ihn an sich bis Heiji ihren sanften Atem spürte, der ihm um die Wangen strich. „Du weißt, wie du dich revanchieren kannst.“ Kazuha lächelte vielsagend und Heiji tat ihr den Gefallen das Grinsen zu erwidern. „Allerdings, das weiß ich.“ Er neigte sich zu ihr und schloss genüsslich die Augen als er ihre Lippen wieder auf den seinen spürte, sie erwiderte den Kuss, bis sie sich voneinander lösten und sie ihm sanft über die Wange strich. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, mit dem sie sein Ohr kitzelte. „Also dann, schlaf gut!“ Heiji unterdrückte ein zynisches Lächeln, löste ihre Umarmung und stand von dem gemeinsamen Bett auf. „Na besten dank auch.“ Kazuha aber kicherte nur vergnügt, ließ sich müde in die Kissen sinken und sah ihm mit einem erheiterten Grinsen zu, wie er den Weg ins kleine Wohnzimmer einschlug. An der Tür hielt Heiji kurz inne, beobachtete seine Frau, wie sie die Tagesdecke auf seine Seite des Betts schob und sich erschöpft in die Daunen fallen ließ. Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob der Deal mit ihr wirklich so vorteilhaft gewesen war, denn eigentlich hatte er nur die eine schlaflose Nacht mit einer anderen getauscht. „Aber morgen bist du wieder dran!“ Kazuha aber lächelte nur, ließ sich langsam tiefer in die Kissen sinken, wohl wissend, dass er die Nacht wohl größtenteils auf der Couch verbringen würde. Heiji konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, da hatte sie ihn schön ausgetrickst. Behutsam schloss die Schlafzimmertür hinter sich, als er bemerkte, dass der Fernseher noch immer lief beschloss, er auf die Suche nach einem Glas warmer Milch zu gehen, vielleicht das Mittel, das auch ihm wenigstens ein paar Stunden Schlaf bescheren würde. Ehe er morgen das tat, wozu Kazuha ihm geraten hatte. Hallo nochmal, ich hoffe das der kleine Einblick in Rans Gedanken euch gefallen hat, und das Kapitel vielleicht auch ein wenig verdeutlichen konnte warum Heiji sich doch etwas sehr seltsam Bell gegenüber verhält! Im nächsten Kapitel warten dann auch wieder Ran und Bell/Shinichi auf euch :D Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoff es hat euch gefallen ^^ Natürlich würde ich mich wie immer über eure Meinung in Form eines Kommentars freuen! Ganz liebe Grüße und bis zum nächsten Mal, eure Shelling__Ford Kapitel 9: Ungesagt ------------------- Ungesagt Shinichi seufzte, nahm Bells Brille von der Nase und polierte sie in kreisrunden Bewegungen, versuchte so seine Gedanken irgendwie in Schach zu halten. Hattori ließ ihn nun schon ziemlich lange warten. Der Treffpunkt war wie gestern auch das Polizeihauptrevier, Bell sollte dorthin kommen, sodass sie sich gemeinsam zu den Bekannten, Verwandten, Arbeitgebern und Freunden der Opfer aufmachen konnten. Kurz - alle, die trauerten, ihren Verlust beweinten und dennoch allesamt Hauptverdächtige in diesen Mordfällen waren. Oh ja, ganz genau diese Art von Unterhaltung hatte er nach einem Tag wie gestern gebraucht. Er seufzte kurz, verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und vermied es, schon wieder auf die Uhr zu sehen. Heiji war ohne Frage spät dran und Shinichi hegte keinen Zweifel daran, dass dieses Verhalten ihm auf mehr oder minder subtile Weise zeigen sollte, wer hier das Sagen hatte. Dabei war ihm das Ganze eigentlich schnuppe, sollte Hattori hier nur den Hahn im Ring spielen, Bell würde ihm so unauffällig wie möglich folgen und ganz einfach seine Arbeit machen. Etwas anderes blieb ihm ohnehin nicht übrig, und das Einzige, was er noch wollte, so bitter es für Shinichi war, sich dieses Verlangen einzugestehen, war dieses Land auf dem schnellsten Wege wieder zu verlassen. Zu sehen, was er hätte haben können, einen Einblick in ein Leben zu bekommen, zu dem er schon lange nicht mehr gehörte, war schlimmer als in New York nur von diesem Leben zu träumen. Er schluckte, das „Treffen“ von gestern hing ihm noch schwer in den Knochen und Shinichi war heilfroh, dass Bells Gesicht die Augenringe als Beweise einer nahezu schlaflosen Nacht auf seinem eigenen heute verdeckte. Als der große silberne Kombi um die Ecke bog, hatte Shinichi nicht damit gerechnet, seinen alten Freund darin zu erkennen. Ein solch großer Mietwagen war bei dem, was sie vorhatten, eigentlich gar nicht nötig. Skeptisch ging Bell auf das Auto zu, welches langsam ausrollte ehe es zum stehen kam. Kurz bevor seine Hand die Autotür erreicht hatte, wurde sie mit einem Ruck vor seiner Nase aufgestoßen. „Nun steigen Se schon ein, wir haben nich den ganzen Tag Zeit.“ Heiji, der sich über den Sitz gebeugt hatte, um die Tür zu öffnen, ließ sich nun wieder in den Fahrersitz sinken, trommelte genervt auf dem Lenkrad herum, ehe sein Blick Bell wieder streifte. „Wir haben noch´n wenig Begleitung bekommen.“, deutete er mit einem Wink auf die hinteren Sitze an, ohne Frage eine Antwort auf Shinichis skeptischen Blick bezüglich des Autos. Heijis Augen blieben auf Bell hängen, er sparte sich den Kommentar, dass sie ihm heimlich vor seinem Hotel aufgelauert hatten, dieser Schnösel sollte bloß nicht auf die Idee kommen, er hätte hier nicht alles im Griff. Schon genug, dass sie ihm auf der Nase herum tanzte, auf diese Idee sollte er besser nicht kommen. Als Shinichi einstieg, setzte er sich nicht gleich auf den Beifahrersitz, sondern schaute zwischen den beiden Vordersitzen nach hinten durch, obwohl er schon ahnte, wer die Begleitung war, von der Heiji gesprochen hatte. Das Auto hatte hinten fünf sitze, zwei in der Mitte und eine kleine gepolsterte Bank, die in den Kofferraum ragte, wo gut drei Leute Platz finden konnten. Von dort aus begrüßten ihn die Detektivboys mit einem breiten Grinsen und einem freundlichen „Hallo“. Doch neben den drein, die es sich in der hinteren Bank gemütlich gemacht hatten, war noch jemand mit von der Partie. Sie war dafür verantwortlich, dass Shinichi weder die Begrüßung von Ayumi, Genta und Mitsuhiko hörte, noch Heijis Grummeln wahrnahm, dass er sich doch endlich setzen und die gottverdammte Tür zumachen sollte. Ihr Parfüm stieg ihm in die Nase und als würde ihr Duft selbst sanft über seine Haut streicheln, stellten sich die feinen Härchen in seinem Nacken auf. Sein Herzschlag war kaum mehr als ein Rauschen, Shinichi merkte nicht, dass er den Atem anhielt, wusste nicht, wie lange er sie nun schon ansah, aber er konnte sich auch nicht von ihr losreißen. Ihre Augen bannten ihn, das zarte Blau, das er zuletzt gesehen hatte, als der tiefe Ozean, aus dem es zu bestehen schien, mal wieder über die Ufer getreten war. Shinichi schluckte, seine Zunge stieß an den kleinen Transponder an seinem Eckzahn, dem Bell seine Stimme zu verdanken hatte. Unmerklich zuckte er zusammen, wich ihrem Blick rasch aus. „Guten Tag.“ Rans Stimme lenkte seine Augen wie ferngesteuert wieder auf sie, ihre Wangen zierte zarter Rotschleier und sie lächelte ihn freundlich an, ehe sie Bell die Hand reichte. „Wir kennen uns noch nicht Mr. Bell, mein Name ist Ran Mori, ich freue mich, Sie kennen zu lernen.“ Ihre Worte waren wie ein Schlag in die Magengrube, er spürte wie sich alles in ihm zusammenzog, als hätte grade jemand einen Knoten in seine Eingeweide gemacht. Sie kannten sich doch! Sie kannten sich, verdammt nochmal. Es kostete Shinichi unglaubliche Mühe, Rans Blick weiter standzuhalten, ihr nicht auszuweichen, die Augen zuzumachen, zu schreien oder all das, wonach ihm jetzt zumute war. Er war ein Fremder für sie, so wie er für sie alle nur ein Unbekannter war. Bells Blick huschte kurz zu Heiji, glitt über die Detektiv Boys wieder zu Ran, seine Augen bekamen während dieser Wanderung einen matten Glanz. Er konnte sie nicht einweihen, konnte sie nicht der Gefahr aussetzen, die sein Geheimnis barg und dennoch kam ihm dieses Theater einfach falsch vor. Nicht nur Shinichi sondern auch Conan, dessen Weste bis Dato rein gewesen war, wurde nun zum Lügner, denn diesmal war es nicht nur Ran, der er etwas vormachen musste, nein so gut wie jeder, der ihn einmal gekannt hatte, war seinem Schauspiel ausgesetzt. Und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass er nichts dagegen tun konnte, es blieb ihm nichts anderes übrig, als Bell die Bühne zu überlassen, während Shinichi abgeschottet blieb. Schauen, nicht anfassen, Shinichi… Er schluckte verbot sich ein zynisches Lächeln. Wieder huschte sein Blick zu Ran, als er bemerkte, dass sich ihr freundliches Lächeln in Skepsis verwandelt hatte, bemerkte er ihre Hand, die noch immer vor ihm schwebte. Er hatte sich mal wieder nicht unter Kontrolle gehabt, jetzt galt es sein seltsames Verhalten möglichst schnell vergessen zu machen. Bell ergriff nun ebenfalls mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen ihre Hand, spürte die ihre kühlen Finger in den seinen. Er schluckte kurz, das letzte Mal hatte er als Conan ihre Hand in der Seinen gehalten. Shinichi aber ignorierte den kurzen Schauer, der ihm über den Rücken rann, zwang sich ihr beim Sprechen in die Augen zu sehen, so wie man es von einem höflichen Menschen wie Bell erwartete. „Es freut mich ebenfalls, Sie kennen zu lernen, Miss Mori. Ich bin, wie Ihnen Kommissar Hattori sicher schon mitgeteilt, hat als Berater in diesem Fall tätig.“ Er wusste, dass er unter der Maske schon wieder rot war, allein der Blick in ihre Augen ließ ihm das Blut in die Wangen schießen. Er bemerkte, dass er unbewusst mit den Fingern seiner Hand spielte, die eben noch die ihre gehalten hatte, ganz so, als ob er sie einer Aufgabe entrissen hatte, die ihr eigentlich zustand. „Ich unterbrech euren Smalltalk ja nur ungern, aber wenn wir jetzt nich fahren, könn wir uns gleich zum dritten Opfer aufmachen!“ Heiji erkannte, dass Ran rot wurde, dieser Bell hingegen schien sich diese Verlegenheit nicht einzugestehen, machte zwar ein dummes Gesicht und setzte sich „Natürlich“ murmelnd umständlich hin. Während er genervt den Motor startete, huschte sein Blick erneut über den Rückspiegel zu Ran, auf ihren Wangen lang noch immer ein leichter Hauch von Rouge, der allerdings keinesfalls in einer Parfumerie zu kaufen gab. Die Augen des Osakas wurden kurz schmal, als er bemerkte, dass sie wie gebannt auf die Kopfstütze Bells starrte. Wollte der Kerl sich etwa so an Ran anschleichen? War sie wirklich sein Ziel? Der Grund, warum er die beiden gestern beobachtet hatte? Heijis Körper schien bei dem Gedanken in eine Schockstarre zu verfallen, nur durch äußerste Konzentration konnte er sich dazu überreden, den jaulenden Motor aus dem ersten in den zweiten Gang zu entlassen. Ganz bestimmt würde er das nicht zulassen, was immer dieser Bell auch plante, er würde ihm dazwischenfunken! Shinichi hingegen versuchte, seine Gedanken krampfhaft von ihr abzulenken. Beobachtete den Straßenverkehr, die Kreuzung an der Heiji abbog, und dafür einen Gang runter schalten musste, sodass der Blick des Kriminalisten unweigerlich an dem Ring an der linken Hand des Kommissars hängenblieb. Relativ klein und unauffällig, sicherlich nichts, dass man als Modeschmuck bezeichnen konnte. Der Ring sah eher aus wie… Doch Shinichi stockte bei dem Gedanken, sein Blick wanderte von dem kleinen Schmuckstück fragend zurück in das Gesicht seines Freundes, der Bell noch immer nicht eines Blickes würdigte. Doch der Kommissar ließ ihm keine Zeit, den Gedanken zu vollenden. „Sagense mal Bell, woher können Sie unsere Sprache eigentlich so gut?“ Das kurze Zusammenzucken, als er ihn ansprach, war für Heiji schon eine kleine Genugtuung und Ansporn genug, um weiterzubohren. „Es is mir gestern schon aufgefallen und es interessiert mich einfach.“ Der Kommissar erlaubte sich einen schnellen Blick zur Seite, als er grade ein paar Fußgänger über die Straße ließ. Shinichi hörte die Skepsis in der Stimme seines alten Freundes und wusste genau, was er mit diesem Spielchen bezwecken wollte, jetzt hieß es einfach cool bleiben und mitspielen. Bell lächelte kurz, faltete die Hände bedächtig in seinem Schoß während sein Blick, als er sprach, über Tokios Straßen schweifte. „Ich habe ein paar Jahre in Japan studiert. Wahrscheinlich liegt mir die Sprache einfach.“ Er zuckte mit den Schultern um die Einfachheit seiner Antwort zu bekräftigen, doch Shinichis Puls war schon lange nicht mehr das, was man normal nennen konnte, schließlich ahnte er, dass er Heiji nur neues Zündmaterial vor die Nase hielt. „Und Sie sind seither nicht mehr in Japan gewesen, nein?!“ Der Kommissar versuchte ein anerkennendes Grinsen, sein Ton aber verriet ihn. „Ich muss sagen Ihre Leistung ist dann aber wirklich außergewöhnlich und ihre Ortskenntnis scheint ja auch nicht von schlechten Eltern zu sein!?“ Heiji grinste überlegen, als er den erschrockenen Blick Bells sah, ehe sich die Augen hinter der Brille wieder in das Trugbild verwandelten mit denen er alle um die Finger wickeln wollte. Shinichi war sich des triumphierenden Grinsens seines Fahrers bewusst, aber ihm blieb nichts weiter übrig, als es mit einem verlegenen „Naja“ hinzunehmen. Aber sein Herz hämmerte noch immer in unregelmäßigen Schlägen gegen seinen Brustkorb. Ganz sicher würde er nicht auf diese Falle von Hattori eingehen, allerdings war die Sicherheit, mit der Heiji ihn in die Ecke drängte, Grund genug, sich Sorgen zu machen. Heiji wusste etwas, ahnte es, hatte einen Beweis oder weiß der Teufel was gegen ihn in der Hand! Innerlich fluchend knetete Bell seine Hände im Schoß, vermied es nach der Luft zu schnappen, die er jetzt eigentlich brauchte; doch er fürchtete, dass ihr Parfum ihm wieder in die Nase stieg und seinen Geist benebelte. Mit Ran hatte er heute nicht gerechnet. Er schluckte, rückte sich den Kragen seines Hemdes zurecht und bemerkte einmal mehr die Hitze unter der Polsterung seines Outfits, warum musste sie sich auch in die Ermittlungen einmischen? Die blauen Augen zuckten kurz hinter der schmalen Brille Bells. Wenn Heiji ahnte, vielleicht sogar wusste wer hier neben ihm saß war sie genau der Punkt an dem er ansetzen musste, so schwer es ihm auch fiel, aber da musste er jetzt durch. Er holte kurz Luft, ehe er den Kopf leicht in ihre Richtung wandte, um mit ihr zu sprechen. „Sagen sie einmal Ms. Mori, und entschuldigen Sie bitte meine Neugier, aber sind Sie von der Polizei? Oder wieso haben wir heute die Ehre, Sie als unsere Begleitung begrüßen zu dürfen?“ Er lächelte unverbindlich, spürte wie sich das Silikon dadurch um seine Mundwinkel schmerzhaft spannte. Heijis Mund hingegen drohte offen stehen zu bleiben, als er den freundlichen Ton Bells hörte, den er Ran gegenüber anschlug. Dieser miese Kerl besaß dem Anschein nach tatsächlich kein Schamgefühl, und der Druck, den er ihm eben gemacht hatte, schien diesen Typen nicht zu jucken. Aber das würde er noch ändern! Heijis Hände verspannten sich verkrampft um das schwarze Lenkrad, er würde diesen Kerl schon noch auf die Schliche kommen, und dann war er ein für allemal fällig. Ran aber ahnte nichts von dem Ganzen, antwortete mit einem leicht verlegenen Lächeln auf seine Frage, sodass Shinichi, als er ihre Stimme hörte, froh war, dass er sie nur verschwommen im Augenwinkel sah. „Nein, nein!“ Beschwichtigend hob Ran die Hände, schüttelte lächelnd den Kopf. „Ich bin nicht von der Polizei Mr. Bell, und eigentlich habe ich auch nichts mit dem Fall zu tun, das muss ich wohl gestehen… es ist nur so, Heiji, Verzeihung, Kommissar Hattori und ich sind alte Freunde und die Kinder-“ „Ran ist unsere Lehrerin!“ Unterbrach Genta die Unterhaltung der beiden lauthals. „Genau, sie meint, es wäre sicherer, wenn sie uns begleitet!“, pflichtete Ayumi bei wurde von Mitsuhiko in leicht motzigen Ton aber unterbrochen ehe sie weiter sprechen konnte. „Das sagt sie zumindest. In Wahrheit geht es doch nur mal wieder darum, dass wir keinen Ärger machen.“ In seiner Stimme klangen die Worte „Als ob wir das je getan hätten“ unausgesprochen mit seinem Gram. Doch Shinichi hört das Gemotze der Oberschüler nicht, drehte sich nun weiter in Rans Richtung um. Heiji konnte sein missbilligendes Grummeln grade noch herunterschlucken, ließ die Situation zähneknirschend geschehen und wartete deren verlauf ungeduldig ab. „L-Lehrerin?“ Shinichi hörte, wie brüchig Bells Stimme mit einem Mal war, etwas, das dem sonst so kühlen Professor eigentlich nie passiert war. Er bemerkte, wie sich die Hitze auf seinen Wangen unter dem Silikon staute, schaute mit großen Augen neugierig zu Ran, deren Teint sich ebenfalls um ein paar Nuancen verdunkelt hatte. „J-Ja. Ich bin Lehrerin für Geschichte und Japanisch an der Teitan Oberschule.“ Shinichi versuchte das Lächeln auf Rans Lippen zu deuten, diese freundliche Geste war ihm fremd geworden, zu fremd für seinen Geschmack! „Wir haben also einen ganz ähnlichen Beruf, Professor.“ „Wie?“ „Na ja…“, beharrte Ran noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen, auch wenn sie die Verwunderung des Professors erstaunte. „Sie unterrichten ja auch … nur an der Universität eben.“ „Ach so! Natürlich, das stimmt!“ Verlegen rieb sich Bell den Nacken, stimmte in das Lächeln Rans mit ein, die sich ganz offensichtlich über Bells Unbeholfenheit amüsierte. Heiji aber hatte für dieses Geplänkel nur wenig übrig, ergriff die Gelegenheit, um dem Professor ein wenig mehr auf den Zahn zu fühlen. „Da müssen Sie im Studium aber ganz schon fleißig gewesen sein, was Professor?“ Bells Lachen verklang augenblicklich, doch Shinichi hörte den seltenen Klang noch einige Sekunden lang in seinem Ohr nachhallen, ehe er ganz verstummte und er sich Hattori widmete. „Wie meinen Sie das, Kommissar Hattori?“ Der Angesprochene ließ sich Zeit, um zu antworten, überquerte in Seelenruhe eine Kreuzung und fing dann unter dem Ticken des Blinkers an, zu erklären. „Nun, sie sind etwa Mitte dreißig, Autor, Detektiv und nebenher noch Professor an einer Universität… da frage ich mich, wo sie noch Zeit zum Denken, Atmen oder für ihr Privatleben hernehmen?“ Heiji erwartete ganz offenbar gar keine Antwort von ihm und der ausweichende Blick Bells tat sein Übriges. Dabei hätte Shinichi in Wahrheit am liebsten lauthals losgelacht, um der Ironie dieser Aussage Luft zu machen und seinem alten Freund für seine brilliante Schlussfolgerung gratuliert! Sein Blick flog in den Seitenspiegel der Beifahrertür, Rans Bild, welches er dadurch erkannte, war vom Glas des Autos getrübt und geisterhaft durchsichtig und schien die Distanz zu ihr auf unnachahmliche Weise auszudrücken. „Also Professor-,“ fuhr Heiji fort, „wie kommt es, dass Sie sich so schnell hochgearbeitet haben? Der Titel wird Ihnen wohl kaum in den Schoß gefallen sein, oder?“ Bell der aus seinen Gedanken gerissen wurde, legte aber nur ein sanftes Lächeln auf, er wusste genau wie er Heiji jetzt fürs erste die Suppe versalzen konnte, hatte sich der Gute doch grade selbst ins Knie geschossen. „Ich schätze, es lief ganz ähnlich ab wie auch ihr Aufstieg. Denn mit Verlaub, ich kenne niemanden, der es so jung zu schon zum Kommissar gebracht hat! Das Geheimnis unser beider Karrieren ist wahrscheinlich einfach nur harte Arbeit, Fleiß und die ein oder andere Beziehung. Meinen Sie nicht auch? Kommissar Hattori?“ Heiji wurde kurz blass um die Nase, anscheinend wusste dieser Bell schon mehr über ihn, als ihm eigentlich lieb war. Denn die „Beziehungen“ von denen er sprach, konnten nur seinen Vater bezeichnen, auf dessen Einfluss sich viele gerne stützten, ehe sie Heiji live erlebten. Dennoch fasste sich der Osaka schnell wieder, erlaubte sich einen flüchtigen Blick auf seinen Begleiter. Keiner von ihnen wusste was sie erwarten würde als sie endlich angekommen waren und aus dem Auto stiegen. Grade bei den Hinterbliebenen eines Mordopfers nahm die Art und Weise der Trauer immer wieder die seltsamsten Formen an. Neben der Verleumdung des Todes, der bloßen Trauer oder auch dem langsamen und vorsichtigen Akzeptieren, dominierte bei einem Mord so gut wie immer die Frage nach dem Warum. Denn anders als bei Krankheiten und Alter, bei denen scheinbar etwas Übernatürliches Russisch Roulette mit den Menschen spielte, wurde der Tod durch eine Person herbeigeführt. Kein Gott, keine Fügung, kein Schicksal - einzig und allein die unbekannte todbringende Gestalt, die sich das Recht genommen hatte, ein Leben auszulöschen, war für den Schmerz und den Verlust verantwortlich, den die Hinterbliebenen spürten. Daher wurde Wut zum steten Begleiter der Trauenden und mischte sich in einem waberndem Kessel mit der Frage nach dem Warum und erschuf so ein toxisches Gemisch, auf das sich die Ermittler jedes Mal aufs Neue einstellen mussten. Es wunderte Shinichi daher nicht, als er die zerbrochenen Bilderrahmen sah, in denen Fotos nur noch durch Scherben zu erkennen waren, Bücher waren aus dem Regal gerissen worden. Die Wohnung spiegelte wieder, wie es in der Freundin des Ermordeten aussah - kaputt, leer kaum etwas war noch heil und unberührt. Ran war allen anderen voraus zu erst zu der jungen Frau gelaufen, die neben einem Scherbenhaufen auf dem Boden saß. Sie alle waren zusammengezuckt, als aus der offenstehenden Wohnung plötzlich ein Scheppern zu hören war und hatten es sich dann nicht nehmen lassen, auch ungefragt einzutreten. Die offen stehende Tür mitten in Tokio hatte Shinichi schon gereicht, das Szenario welches sich hier grade vor ihren Augen abspielte verdeutlichte nur noch, wie schwer es werden würde, an die Informationen zu kommen die sie brauchten. Seine Augen ruhten auf Ran, die der am Boden kauerten Frau in sanfter Ruhe zu erklären versuchte, wer hier grade in ihrem Wohnzimmer stand und war gleichzeitig bemüht, den hektischen Atem der Wohnungsbesitzerin zu beruhigen. Ran hatte sich, wie es schien, nicht verändert, noch immer war sie mehr um das Wohl anderer besorgt als um ihr eigenes. Shinichi sah genau, wie viel Kraft sie es kostete, die Trauernde zu beruhigen, obwohl sich der anteilnehmende Schmerz in Rans eigenen Augen verbarg. Er schluckte, fuhr sich über die trockenen Lippen, als er das verkrampfte Lächeln auf ihrem Gesicht sah, das sie Conan so häufig geschenkt hatte. Doch die stumme Frage blieb unbeantwortet. Als Ran und nicht zu letzt auch Ayumi die junge Frau endlich zum Sofa geführt hatten und sich Mitsuhiko und Genta in einem Wettlauf darum stritten, ihr ein Glas Wasser zu holen, blieb es an ihm und Heiji, mit dem weit unangenehmeren Teil der Arbeit zu beginnen. Shinichi seufzte kurz, ließ sich gegen die Kommode gegenüber des Sofas fallen, während sein Blick Heiji streifte. Sein Freund sah aus als, hatte er sich den Mund voller Zitronen gestopft. Shinichi kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er die Fragen, die sie brauchten, stellen würde, wenn er sich selbst dafür auch später mehr als verabscheute. Der Kommissar räusperte sich, fuhr sich ungeschickt durch die Haare - die alte Kappe fehlte offensichtlich noch - und ließ sich in einem Sessel schräg gegenüber der Jungen Frau nieder, die sich nun verlegen vorstellte. „Ich- Es…, es tut mir leid. Mein Name ist Megumi Kisawa ich- Oh bitte verzeihen Sie diese Unordnung und…“ … ihren Zustand, fügte Shinichi in Gedanken hinzu, sah von seiner Position schräg auf die junge Frau herab, die sich in einem schweren Atemzug ihrer Stimme vergewisserte. „Ich… ich kann einfach nicht glauben, dass er nicht… nicht mehr da ist!“ Sie schluchzte unterdrückt auf, hielt sich das zerknüllte Taschentuch vor die Augen, während sie verkrampft versuchte, zu Fluchen. „Dieser elendige Mistkerl!“ „Machen Sie sich keine Sorgen, Fräulein Kisawa!“, begann Ayumi vorsichtig, nachdem die Detektivboys aufgrund der verzweifelten Wut der armen Frau kurze Blicke getauscht hatten. „Mit Heijis und Professor Bells Hilfe schnappt die Polizei den Mörder ganz sicher im Handumdrehen.“ „W-Wie?“ Verwirrt und augrund ihres Gefühlsausbruchs leicht verlegen trocknete sich Megumi mit dem Handrücken die Wangen, verschmierte so das, was von ihrem Make-up noch übrig war, bis an ihre Ohrmuschel. „Nein… ich meine ja, aber eigentlich-„, hatte sie ihren Freund mit dem „Mistkerl“ gemeint, begriffen die anderen nun, sodass sich ein bedächtiges Schweigen in dem kleinen Wohnzimmer ausbreitete. Bells Blick schwenkte zu Heiji hinüber, der Stift des Kommissars wartete im Anschlag, jedoch unschlüssig auf seinem Notizbuch; sein Freund riss sich ganz offensichtlich nicht darum, ihr den Dolch mit jeder Frage noch ein wenig tiefer in die Brust zu rammen. „Das, was Ihrem Freund passiert ist, ist bleibt unentschuldbar.“, begann Bell, nahm Hattori so den Einstieg ab und wurde dafür mit einem annähernd neutralen Blick von seinem ehemaligen Freund belohnt. Der Professor aber ging nicht auf Megumi zu, und hob auch nicht den Blick, während er in einem sanften Ton sprach. „Es fällt Ihnen schwer zu begreifen, dass er nicht mehr da ist, noch schwerer wird es, das zu akzeptieren, deswegen wird das Gespräch zwischen Ihnen und Kommissar Hattori ganz sicher nicht einfach für Sie. Aber nur mit Ihrer Hilfe, Ms. Kisawa, haben wir eine Chance den Mörder Ihres Freundes zu finden.“ Erst bei seinen letzen Worten hob Bell den Blick, sah die Frau über die Ränder seiner Brille hinweg eindringlich an, bis sie unsicher nickte. „A-Aber die Polizei hat meine Aussage doch schon… ich weiß nicht, wie ich Ihnen noch-„ „Wir bemühen uns einfach, in den Ermittlungen gründlich zu sein, deswegen würde ich Ihre Aussage gerne persönlich hören.“, unterbrach Heiji sie in ernstem, aber auch beschwichtigendem Ton. In seinen Augen jedoch prangte eine Frage, der der Kommissar jetzt indirekt Luft machte. „Außerdem… haben wir, wie Sie bestimmt schon wissen, einen zweiten Mord.“ „Was!?“ Ihre Stimme war kaum mehr vorhanden und die Blässe, die ihr Gesicht nun wieder einnahm, ließen die roten Pfade ihrer Tränen nur umso mehr in den Vordergrund treten. Heiji musterte sie leicht verwirrt - dass es jemanden in Japan gab, der nichts von dem zweiten Mord wusste, schien aufgrund des Presseauflaufs nahezu unmöglich. „Sagen Sie bloß, Sie wussten das nicht? Die Medien schreien es doch aus jedem Winkel entgegen! Fernsehen, Radio, Zeitung, Inter-„ „Ich habe den Kontakt nach außen in den letzen Tagen vermieden, Kommissar Hattori. Ich hoffe, Sie verstehen das.“ Ihre stimme klang noch immer rau und von den Wellen ihrer Tränen aufgewühlt, dennoch dominierte zum ersten Mal ein sehr bestimmter Ton, der ihren Einwand bestärkte. Sie hatte ganz offensichtlich nichts von den neuartigen Spekulationen und vagen Aussagen zu dem Mord an ihren Freund wissen wollen, kein Wunder wenn man daran dachte, dass sie diesen Vorfall am liebsten als ungeschehen aus ihrem Inneren verbannen wollte. Heiji berichtete knapp, zeigte ihr das Bild des zweiten Opfers, doch die kurze Analyse blieb bis auf ein trauriges Kopfschütteln ergebnislos. Sie kannte die Frau nicht. Eine Sackgasse mehr, die die Polizei zu nehmen hatte. „Nun…“ begann Heiji jetzt weitaus ruhiger. „Jedenfalls dieser zweite Mord, der Grund warum wir Sie heute noch mal belästigen.“ Die Finger um Heijis Stift spannten sich, eindringlich sah er die junge Frau an. „Sind Sie also bereit, uns die ein oder andere Frage noch einmal zu beantworten, Frau Kisawa?“ Ihre Fingernägel gruben sich tief in ihre schwarze Leggins ein, man konnte sehen, wie sich die Frau innerlich wappnete, sie fuchtelte sich die dunklen und sicher ungekämmten Haare hinter das Ohr, ehe sie dem Kommissar endlich ein mutloses „Ja“ schenkte. Während Heiji die arme Frau mit allerlei Fragen löcherte, übte Bell sich in Zurückhaltung, machte die eine oder andere Notiz und warf nur ab und an eine Überlegung in das Gespräch mit ein. Selbst die drei eigenmächtig ernannten Detektive lauschten der Erzählung aufmerksam, sodass Ran sich den Kriminalistikprofessor endlich etwas genauer ansehen konnte. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare gespannt aufstellten als ihre Augen zu ihm hinüber huschten. Es war der konzentrierte Blick der kühlen blauen Augen, welche er mit seiner Brille kaschierte, die sie in den Bann zogen. Eben im Auto hatte sie ungläubig, ja beinahe verwirrt, bemerkt, wie sein freundliches Lachen allein ausreichte, um ihre Wangen rot zu färben, etwas das niemandem seit zehn Jahren gelungen war und davor… eigentlich auch nur einem. Sie schluckte, spürte wie sich etwas in ihrem inneren schmerzhaft wand und musste den Blick von den Augen des fremden Mannes abwenden, der sie ungewollt faszinierte. Wahrscheinlich war es einfach die Ähnlichkeit zu ihm, die ihren Magen mit Steinen füllte, obwohl ihr Herz am liebsten einen Sprung gemacht hätte, wenn sie den Amerikaner ansah. Als wäre sein Anblick allein eine Droge, die sie stimulierte und sie dazu zwang, sich ihm erneut zuzuwenden und ihn eingehend mit den Augen abzutasten. Bell stand noch immer etwas abseits der Gruppe, beobachtete alles mit Ruhe und Geduld, die man einem Amerikaner gar nicht zugetraut hätte. Doch die einzige Ähnlichkeit, die es zwischen Bell und ihm, gab blieben nach Rans Analyse die Augen. Denn das etwas kantige Gesicht, die dunkelblonden Haare und die Stimme hatten nichts mit ihm gemein. Auch wenn seine ruhigen Worte die Gänsehaut auf Rans Arm auf unnachahmliche, fast schon gruselige Art und Weise verstärkte, wenn er sprach. Doch alles was sie spürte, alle positiven Anzeichen, die sie angenehm zittern ließen, rissen gleichzeitig ihr Herz entzwei. Ran schmeckte die ölige Konsistenz ihres Lippenstifts, während sie ihre Lippen fest aufeinander presste. Hatte sie ihn wirklich schon vergessen? Sie schluckte schüttelte kurz abwehrend den Kopf, ihre Hände kneteten nervös das Glas Wasser, das die Kinder Megumi eben geholt hatten. Angespannt beobachtete Ran die einzelnen Kohlensäurebläschen auf ihrem Weg nach oben, bis sie endlich an der Oberfläche angekommen waren und sich scheinbar in nichts auflösten. Von ihr unbemerkt bildete sich ein trauriges Lächeln auf Rans Lippen, sie saß hier neben einer Frau, die gerade eben erst ihren Freund verloren hatte und machte sich doch nur Gedanken um ihre eigene Gefühlswelt. Dennoch, trotz der Vorwürfe die sich dich wegen ihres unerhörten Egoismus machte, kam sie von ihm nicht los. Die Wärme, die erhöhte Frequenz ihres Herzens und das Blut in ihren Wangen all das war… es war nicht richtig! Nein, es fühlte sich falsch an. Es war falsch. Aber das ihren Gefühlen klar zu machen, war bei weitem nicht leicht, ganz im Gegenteil. Sie konnte nicht glauben, dass jemand, den sie nicht einmal wirklich kannte, so etwas mit ihr anstellen konnte, und das wohlgemerkt auch noch ohne dabei selbst rot zu werden! Nein, ganz sicher würde sie nicht auf diesem Amerikaner herein fallen, so freundlich er auch sein mochte. Energisch stellte sie das Glas zurück auf die Tischplatte. Etwas zu energisch, wie sie schnell feststellte, als mehrere überraschte Blicke zu ihr flogen. Mit hochroten Wangen machte sie ein entschuldigendes Gesicht, sodass die Aufmerksamkeit schnell wieder zu Frau Kisawa schwenkte. Für Ran aber war die Sache klar. Nur weil es Frühling war und diese Welt scheinbar nur noch aus Pärchen zu bestehen schien würde sie sich von diesem Amerikaner ganz sicher nicht um den Finger wickeln lassen. Sich einzureden, dass ihre Gefühle vielleicht wirklich etwas mit Shinichi zu tun haben könnten, diesen Fehler würde sie aufgrund von ein wenig Einsamkeit bestimmt nicht machen. Auch wenn Bells einfühlsam gewählter Ton es ihr ganz und gar nicht leicht machen. „Sagen Sie Frau Kisawa, wissen Sie denn von jemandem, der etwas gegen Ihren Freund hatte? Jemand dem Sie eine solche Tat zuschreiben könnten?“ Sie blinzelte kurz verwirrt unter den Strähnen ihres viel zu langen Ponys hindurch, sah den Professor analysierend an, ehe sie vehement begann, den Kopf zu schütteln. „Niemand, nein. Satoru, er war Arzt, Anästhesist hier im Krankenhaus… wieso sollte-„ „Und Sie meinen nicht, dass vielleicht einer seiner Patienten-?“ „Nein!“ Ihre Stimme war schrill, als sie Bell antwortete. „Ich sagte doch schon… es gibt niemanden! Allerdings…“, sie schluckte, Shinichi konnte förmlich hören wie sich ihre Stimmbänder anspannten, als sie weiter sprach. „Er war in der letzen Zeit so… so seltsam. Angespannt, geradezu nervös! Ich habe ihn gefragt was lost ist, aber dieser Vollidiot meint natürlich, mich anlügen zu müssen! Als ob ich nicht merke, das etwas mit ihm nicht stimmt!“ Die Beschimpfungen kamen unter heiserem Schluchzen ans Tageslicht, sie schien sie zu benutzen wie ein Ventil und ließ so ihrer Verzweiflung freien Lauf. „Dieser… dieser Blödmann macht einfach den Mund nicht auf! Letztens hat er mich sogar angeschrieen, als- als ich eine Krawatte für ihn heraus legen wollte. Er knallte panisch die Schublade zu und … hat mich angeschrieen!“ Ihre Zähne hinterließen weiße, blutleere Stellen auf ihren Lippen, als sie brüchig wieder zu sprechen begann, war jegliche Wut aus ihrer Stimme gewichen, hatte eine klanglose Tonlange hinterlassen. „Das… das war das erste Mal, das wir uns richtig gestritten hatten… nur deswegen.“ „Und was war nun in der Schulblade?“ Doch für diese mehr oder minder mitfühlende Frage fing sich Genta nur einen bösen Blick von Ayumi ein. Frau Kisawa selbst jedoch blinzelte nur verwirrt, eine Geste die nun auch Heiji skeptisch machte. „Na se werden doch bestimmt nachgeschaut ham, oder?“ „Nein!“ Doch zur Verwunderung aller kam der Widerspruch nicht nur von Frau Kisawa, die jetzt ihre Augen senkte, sondern zeitgleich auch von Ran, deren Blick noch immer unverwandt auf Heiji gerichtet war, wenngleich auch auf ihren Wangen ein verlegener Rotton lag, der nicht zu dem Ausdruck in ihren Augen passen wollte. Der Klang Ihrer Stimme war nun jedoch um einiges sanfter als bei ihrem Einwand zuvor. „Wieso sollte sie nachsehen, wenn er es nicht will und er sogar versucht, sie davon abzuhalten? Man schaut dann nicht mehr nach Heiji, schließlich… schließlich vertraut man dem anderen doch. Man vertraut ihm.“ Shinichi konnte nicht verhindern das Bells Mund sich langsam öffnete, ihre Worte und ihr Blick schafften es auch noch nach zehn Jahren, einen giftigen Dorn in sein Herz zu stoßen. Das Kribbeln auf seiner Haut verriet, wie sich das toxische Gemisch aus Schuld und Reue in ihm ausbreitete und paarte sich mit der bitteren Gewissheit das er in seiner gegenwärtigen Situation nichts, gar nichts ausrichten konnte, um der Situation die Unbehaglichkeit zu nehmen, die auf ihr lastete. Ran jedoch schien den betroffenen Blick des Professors nicht zu spüren, längst hatte sie ihre eigenen Interessen wieder in die Ecke verbannt, die ihnen zu stand und kümmerte sich stattdessen fürsorglich wie immer um Megumi. „Ich hab doch Recht… oder?“ Ein zwanghaftes Nicken, gepaart mit ein paar Tränen war alles, was Ran als Antwort bekam. Heiji aber sah seine Freundin noch immer an. Mittlerweile kannte er das Lächeln auf ihren Lippen so gut, dass er sich fragte, wer von den beiden der größte Schauspieler gewesen war, als sie noch gemeinsam unter einem Dach gelebt hatten. Sie hatten ein Stück gespielt, dessen Ende für Ran selbst noch nicht geschrieben war. Der Osaka musste schlucken, manchmal lief er Gefahr, zu vergessen wie sehr Ran noch immer an ihm hing - wahrscheinlich lag es an der Kraft, die Moris Tochter nach all der Zeit immer noch aufbrachte. Immer machte sie gute Miene zum bösen Spiel, sodass man sie wirklich gut kennen musste, um zu merken, wie dreckig es ihr manchmal wirklich ging. So direkt mitzubekommen, wie tief ihre Gefühle für ihn gewesen waren und noch immer waren, war deswegen immer erneut eine schmerzliche Erfahrung für ihn. „Das war das Einzige, neben seinem Perfektionismus, das mich immer an ihm gestört hat…“ begann Kisawa und zog so wieder die Aufmerksamkeit auf sich. „…wenn er nervös war, oder es ihm nicht gut ging, oder Satoru Gott weiß was für Probleme hatte, hat er nie den Mund aufbekommen.“ Bell bemerkte, wie sie unter ihren Worten zitterte und mit diesem Beben schienen sich auch wieder einzelne Tränen aus ihrem Versteck zu wagen. „Satoru… du verdammter Vollidiot!“ Sie fluchte mehr, als dass sie sprach. „Wenn… wenn diese Geheimnistuerei die Nervosität wirklich etwas mit … damit zu tun hat dann-…“ „Na, na, nu machen se sich deswegen bloß nich verrückt, Frau Kisawa!“ Heiji sprach schnell, hob dabei beschwichtigend die Hände, bis der Professor ebenfalls auf den Zug aufsprang. „Der Kommissar hat Recht Ms.Kisawa, bis jetzt deutet nichts daraufhin, also seinen Sie unbesorgt!“ Die beiden Männer tauschten einen kurzen Blick und obwohl Ran längst gemerkt hatte, dass Heiji nicht sonderlich gut auf Bell zu sprechen war, erkannte sie, dass es etwas geben musste, das beide so plötzlich dazu bewegt hatte Hand in Hand das seltsame Verhalten des Opfers zu entschuldigen. Nur was? Als sich Megumi jedoch immer noch nicht beruhigen wollte, änderte Heiji die Taktik und schlug vor, sich das gemeinsame Schlafzimmer und das Arbeitszimmer des Arztes einmal anzuschauen. „Ich möchte nur einen groben Überblick bekommen, Frau Kisawa, das ist alles.“ Die Angesprochene zog erneut das mittlerweile von Löchern durchzogene Tempo hervor, tupfte sich die Augen ab, als wäre dies ein kleines Ritual, das ihre Tränen bannte. Dann stand sie auf, versuchte ein zittriges Lächeln und wies zur Tür. „Wenn- wenn Sie mir dann folgen wollen Kommissar, ich zeige ihnen die Räume gern.“ Heiji nickte dankbar, mit ihm standen auch die anderen auf und folgten der Hausherrin, nur Ran, die gerade den Detektivboys hinterher wollte, merkte, dass Bell nicht sie Absicht hegte, sie zu begleiten. „Bleiben Sie hier, Professor?“ „Mhm?“ Die blauen Augen richteten sich verwundert auf sie, es war offensichtlich, dass er erst jetzt bemerkt hatte, dass Ran noch da war. Mit einem kurzen Lächeln löste sich Bell von seiner Position, sprach, während er langsam auf einen kleinen Beistelltisch zuging. „Nein, ich warte so lange, ich denke der Kommissar bekommt das auch gut ohne meine Hilfe hin, Miss Mori. Derweil kümmere ich mich um das Verletzungsrisiko hier.“ Gesagt, getan, ging der Professor mit einem kurzen Seufzen in die Hocke und begann die Scherben aufzulesen, die Überreste der Vase, die bei ihrem Ankommen das Zeitliche gesegnet hatte. Ran merkte, wie ihr Puls sich beschleunigte, als sie begriff, dass sie mit Bell allein im Raum war. Sie beobachtete den Professor, der sorgsam Scherbe für Scherbe vom Boden auflas, doch sie wusste, dass die Ruhe, die dieser Mann nach außen hin ausstrahlte trog, ein Blick in seine Augen allein genügte ihr, um zu wissen, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. Dass der Amerikaner alles daran setzte, dieses Rätsel zu lösen, um den Mörder seiner gerechten Strafe zuzuführen. „Ran.“ Ihr Herzschlag übertönte ihre Worte. Die Hitze stieg Ran in ihre Wangen zog als seine Augen leicht verwundert auf sie wanderten. „Einfach Ran. Das- das reicht vollkommen.“ Sie ahnte, wie bescheuert sie sich anhören musste, sie sah den Professor kurz verwirrt blinzeln, ehe er sich mit undurchschaubarer Miene wieder den Scherben widmete. Sein Gesicht wirkte starr, wie aus Stein gemeißelt, sodass nichts die Gedanken Bells auch nur annährend verrieten. Sie stieß ein Stoßgebet zum Himmel aus, bemerkte, wie Scham und Unsicherheit sie ergriffen. Endlich fand sich die letzte Scherbe in Bells Hand wieder, als er sich aufrichtete. Das zaghafte Lächeln, mit dem er ihr die freie Hand entgegen hielt, ließ sie endlich aufatmen. „William.“ bemerkte er bestimmt. „Freut mich wirklich sehr,… Ran.“ Shinichi erkannte, dass sie Rot wurde, und war selbst froh das Bells stoische Ruhe ihn schützte, als sie leicht verlegen ihre Hand aus der seinen löste und nun den örtlichen Fußboden studierte. Auf seiner Zunge spürte er noch immer den Klang ihres Namens, Shinichi konnte beschwören ihn sogar zu schmecken. Etwas in ihm hätte ihn gerne nochmal ausgesprochen und nochmal und noch hunderte Male bis er endlich all das beherbergen konnte was er fühlte wenn er ihren Namen aussprach. Doch die Stimme, die er hörte, die Worte, die an ihr Ohr drangen, waren nichts weiter als Bestandteil einer Lüge, deren schwarzer Teer ohnehin schon viel zu viel an ihr klebte, denn es war immer noch Bell, der zu ihr sprach, nicht Shinichi Kudo. „Sagen Sie- ähm, sag mal. Wieso seid ihr beiden eigentlich so davon überzeugt, dass dieser Satoru sich nicht doch in irgendetwas hinein manövriert hat?“ Die Frage kam nur zögernd und in beider Ohren klang das du irgendwie seltsam und doch war es etwas, an das man sich durchaus gewöhnen konnte. Shinichi aber wich Rans Blick aus, verfluchte sich beinahe für diese altbekannte und feige Geste und versuchte, ihre Augen wieder zu fangen, wobei Mitgefühl seine Worte dämpften, ahnte er doch, wie sie reagieren würde, wenn sie von Heijis und seinen unausgesprochenen Vermutungen erfuhr. „Natürlich bleibt es eine Möglichkeit, ich schätze H- der Kommissar überprüft genau das in diesem Moment. Allerdings-„ er schluckte, ein trübes Lächeln begleitete seine Pause. „Allerdings gibt es für einen Mann noch einen ganz anderen Grund nervös zu sein. Sogar ziemlich nervös will ich meinen.“ Rans Augen wurden groß, sie schaute Bell erwartungsvoll an, als würde sie damit rechnen, dass er ihr jeden Moment das größte Geheimnis der Männerwelt preis zu geben. Das Bells Blick bei dem kurzen Satz trüb wurde, verlieh dem ganzen jedoch einen ganz anderen Beigeschmack. „Es gab einen Ring, Ran.“ Ihre Augen flackerten unruhig umher, Shinichi ahnte, dass sie längst wusste, was das bedeutete, aber noch nicht begreifen konnte, dass ihre Vermutung wahrscheinlich stimmte, sodass Bell ruhig weiter sprach. „Sie haben ihn in seiner Tasche gefunden, laut Quittung existiert er schon ein paar Wochen. Wenn er wirklich ein solcher Perfektionist war wie Ms. Kisawa sagt, hat er… vermutlich nur auf den richtigen Moment gewartet.“ Lange sah er sie nur an, beobachtete ihre Reaktion und bemerkte, dass auch ihr Blick auf ihm ruhte, viel zu lange dauerten diese wenigen Sekunden, bis er sich dazu durchringen konnte, zu Boden zu sehen. „Es ist natürlich nur eine Vermutung, aber-„ „Wieso sagt es ihr keiner?“ Eine Anklage, die ihrer Mutter alle Ehre gemacht hätte, schwang in ihrer Stimme mit, Bell war es nicht möglich, ihrem Blick aus zu weichen, sie hatte ihm fest im Griff und erwartete eine Antwort. Jetzt. Shinichi schluckte, die Situation war alles andere als angenehm, erinnerte sie ihn doch daran, dass sie wirklich eine Antwort verdient hatte, wenn auch nicht aus Bells Mund. Ran beobachtete den Professor, sie spürte, wie sie zitterte, bemerkte das Brennen ihrer Augen, doch es fiel ihr nicht im Traum ein, ihrem Körper nachzugeben, nicht, bis er es ihr gesagt hatte. Ein trauriges Seufzen Seitens des Amerikaners kündigte eine Antwort an, die Gläser seiner Brille versperrten ihr kurz die Sicht, als er kopfschüttelnd seinen Blick zu Boden richtete. „Ohne dem Kommissar etwas unterstellen zu wollen Ran, aber ich fürchte wir sind beide einfach zu feige dafür, außerdem… denke ich nicht, dass es uns beiden zusteht.“ Er richtete sich auf, zum ersten Mal erkannte Ran Schmerz in seinen Zügen, auch wenn seine Stimmte gefasst war und er sich um einen milden Ton bemühte, sah man ihm doch an, dass er noch lange nicht so kalt war, wie sein Beruf es vermuten lies. „Sie wird es erfahren, wenn die Polizei ihr den Ring zurückgibt, sobald die Spurensicherung mit ihm durch ist. Es ihr jetzt einfach so zu sagen… ich weiß nicht, ob sie uns überhaupt glauben würde, bei der Wut die sie auf ihn hat. Ich denke, sie weiß genau, dass er nichts dafür kann, aber in ihren Augen hat er sie dennoch allein gelassen, Wut und Zorn sind eben einfachere Gefühle als Trauer, sie sind einem vertraut und man weiß mit ihnen umzugehen, außerdem enden sie irgendwann während Verlust… eigentlich nie aufhört, es wird weniger, er schwächt sich ab… aber er hört nicht auf.“ Sie war nicht einmal mehr in der Lage zu blinzeln, um ihre Tränen aus ihren Augen zu befreien, als würde plötzlich Eiswasser durch ihre Venen schießen, stand sie da wie erstarrt. Ihre Gedanken glitten in alle Richtungen davon, doch sie selbst war nicht imstande, auch nur einem von ihnen wirklich zu folgen, sie zogen an ihr vorbei und hinterließen nur Eindrücke und Gefühle die sich ihrer bemächtigten. Der Ton Bells, der verriet, dass er wusste wovon er sprach, die Augen von Frau Kisawa, die sich mit wütenden Tränen füllten und er, den sie einfach nicht los wurde. „Nur… nur weil er alles perfekt haben wollte… nur deswegen weiß sie es nicht. Und jetzt wird sie es nie erfahren. Das ist nicht fair! Es ist einfach nicht fair! Für keinen von beiden!“ In ihren Augen flimmerten Tränen während sie sprach, Shinichis Herz pochte plötzlich schmerzhaft gegen seinen Brustkorb, als er das ihm viel zu vertraute Salzwasser über ihre Wangen rinnen sah. In seinen Fingerspitzen pochte es, zu gerne hätte er ihre Tränen getrocknet, doch sein Erscheinungsbild zwang ihn, sich daran zu hindern. Wahrscheinlich ahnte sie nicht einmal, wie gut ihre Worte auch auf ihn passten, woher sollte sie auch wissen, was er damals im Restaurant vorgehabt hatte. Und jetzt wird sie es nie erfahren. Er kniff die Augen zusammen, seine Zähne knirschten unter dem Druck bis er seine Hände zur Faust ballte. „Autsch!“ Shinichi zog scharf die Luft ein, blöd wie er war, hatte er die Scherben in seiner Hand vergessen, von der sich grade eine in seine Handfläche gebohrt hatte. „Sie- du hast dich geschnitten!“ „Nein, nein, es ist nichts ich-„ Doch ehe Bell reagieren konnte, spürte er Rans Hand um seiner eigenen, wieder einmal wurde ihm mächtig warm unter der Silikonschicht. Sie suchte nach der Wunde zwischen den Scherben in seiner Hand, bemerkte erstaunt und leicht verwundert wie schmal die Hände des Kriminalistikprofessors waren, ließ ihre Fürrsorge davon jedoch nicht trüben. Schritte und die Stimme des Kommissars unterbrachen Ran in ihrer Krankenpflege jedoch, passender hätte Heiji sie gar nicht unterbrechen können. „Sie haben es gleich hinter sich Frau Kisawa, nur noch-„ Doch Heiji der wie ein Arzt auf seine Patientin einredete verstummte augenblicklich, als er das du hörte und Bells Hand in Rans liegen sah. Das Zucken seiner Augen verriet wie viel Mühe es ihn kostete, nicht gleich loszubrüllen, stattdessen starte er sie nur an. Shinichi lief es kalt den Rücken runter, als er Heijis Miene sah. Hektisch löste er sich aus Rans Griff, schenkte ihr ein leicht verlegenes Lächeln. „Es ist wirklich nur ein Kratzer…, aber Danke.“ Verblüfft sah sie zu ihm auf, folgte seinem Blick über die Schulter und bemerkte ärgerlich, dass sie Rot wurde, als sie Heiji hinter sich erkannte. Ehe er jedoch in der Küche verschwand, blieb Bell kurz neben ihr stehen, Ran spürte seinen Atmen auf ihrer Wange, als er sprach. „Wir sollten dem Kommissar zuliebe doch besser beim „Sie“ bleiben, meinen Sie nicht auch, Miss Mori?“ Benommen nickte sie, sah dem Professor mit einem Rose-Schimmer auf den Wangen nach, der jetzt in Richtung Küche verschwand. Als sie spürte wie Heijis Blick von Bell zu ihr wanderte und wie eine Klette an ihr klebte wich sie ihm aus. Ihre Hände umfassten jeweils ihre Ellenbogen, als hätte sich etwas in ihrem Gehirn grade wieder in die Situation hinzu geschaltet, fühlte sie sich plötzlich fremd in ihrer eigenen Haut. Wenn Blicke töten könnten, hätte Hattori ihn in diesen Minuten wohl gleich mehrfach umgebracht, das wusste Shinichi nur zu gut, denn der Gesichtsausdruck des Kommissars sprach Bände, als Bell den Raum wieder betrat. Bis auf Frau Kisawa, die sich wieder auf dem Sofa niedergelassen hatte und nun eines der geblümten Kissen in ihren Armen zusammenknüllte, stand der Rest der kleinen Gruppe, ein klares Anzeichen dafür, dass die arme Frau den Besuch bald überstanden hatte. Heijis Nasenflügel blähten sich noch immer bedrohlich auf, nur schwer gelang es ihm, sich wieder auf den Fall zu konzentrieren und die Wut, die er spürte, aus seiner Stimme zu verbannen. „Also schön, Frau Kisawa, erst einmal vielen Dank für Ihre Mithilfe, wir müssten nur noch ein paar Kleinigkeiten klären und dann sind Sie uns auch schon wieder los.“ Die zitternde Gestalt auf dem Sofa rang sich zu einem Lächeln durch und nickte, die Erschöpfung war der Frau deutlich ins Gesicht geschrieben. Heiji hatte ein Einsehen mit ihr und zog sein Notizheft ein letztes Mal heraus. „Was wir noch brauchen, wären die Adressen anderer Familienangehöriger.“ Verlegen aber auch leicht beschämt fuhr sich der Osaka durch die Haare, als er sprach. „Es scheint, als hätten die Kollegen da einen Fehler gemacht, denn ich konnte in den bisherigen Unterlagen nichts finden, deshalb frage ich-„ „Es gab keinen Fehler, Kommissar.“ „Wie?“ Das Kissen unter ihren Fingern musste mächtig leiden, als Megumi die verwirrten Blicke auf ihrer Haut spürte. Ein untragbares Gewicht schien auf ihrer Lunge zu lasten und machte ihr das Reden schwer. Gespannt lauschten sie ihrer Erzählung, das mit Mohnblumenmustern bestickte Kissen unter ihren Händen war kaum noch als solches zu identifizieren, während sie davon sprach, das vor einigen Jahren das jetzige Opfer selbst der Täter war. Daraufhin hatte sich seine Familie von ihm … und ihre Familie von ihr abgewandt, weil sie ihn nicht einfach vergessen konnte, sie war bei ihm geblieben und hatte gewartet, 12 Jahre lang hatte sie gewartet, um dann bei ihm zu sein, etwas das ihre Eltern nicht akzeptieren konnten und wollten. „Satoru ist- war kein Möder im… im üblichen Sinne, Kommissar. Die Umstände er- er hat seine Tat bereut, er bereute sie bis zum Schluss!“ „Aber wie … wie haben so lange auf ihn warten können und… und wie konnten sie ihm das verzeihen?“ „Wie?“ Heiji und die Detektiv Boys wandten ihren Blick von der Szene ab, suchten jeder für sich einen Punkt im Raum auf den sie sich stur konzentrierten, einen Fleck auf den Fliesen, die tickende Uhr an der Wand, eine Fliege am Fenster, egal was, Hauptsache nicht sie. Sie wussten genau wo der Grund für diese Frage lag, aber keiner von ihnen brachte es fertig, etwas zu sagen. Sie schauten weg, wie die meisten auf der Straße weg sahen, wenn jemand Hilfe brauchte, ignorierten sie und ließen dem Drama weiter seinen Lauf. Sie hätten es gerne einfühlsam genannt, aber wahrscheinlich war es einfach nur feige, soviel gestand sich Heiji mit einem kurzen Blick zu der jungen Lehrerin ein. Denn keiner von ihnen war stark genug, bei einer Diskussion mit Ran standhaft zu bleiben. Er jedoch sah nicht weg, konnte in den wenigen Sekunden nicht den Schmerz aus seinem Gesicht verbannen, den ihr flehender Ton, die Bitte um eine Antwort, eine Lösung in sich trug. Tonlos formten Shinichis trockene Lippen ihren Namen, sein Blick streifte ihre Augen, vergangene und neue Tränen flimmerten in ihnen, doch auch wenn ihre Stimme brüchig gewesen war, ihr Blick war es bei weitem nicht. Er ahnte, was ihre Frage bedeutete und suchte doch nach weiteren Interpretationsmöglichkeiten, nur um der vagen Hoffnung ausweichen zu müssen, die sie ihm machte. Auch Megumi schaute zu der jungen Frau auf, suchte ganz offensichtlich die Hintergründe in dieser Frage, bis sie ihren Blick trüb zu Boden richtete und so den Weg für ihre Tränen ebnete. Als Frau Kisawa jedoch sprach, glaubte Ran ein kurzes Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen, sie konnte es nicht zuordnen, so flüchtig war diese Erscheinung, aber es war da gewesen. „Ich weiß es nicht.“ „Aber sie haben doch-„ Megumi aber unterbrach sie mit einem sachten Kopfschütteln. „Ich habe gewartet, ich habe ihm verziehen aber ich kann leider nicht sagen warum.“ Als sie aufsah, erkannte Ran einen von Tränen getrübten Blick, der jedoch durch den feuchten Schleier hindurch mehr sagte, als ihre unergründlichen Worte. „Ich habe es einfach getan.“ Hallöchen, wie immer hoffe ich natürlich das ich euch mit dem Kapitel eine kleine Freude bereiten konnte! Vielen Dank für überwältigende 9 Kommis *///.///* Ich freu mich natürlich über jedes einzelne und, wäre euch auch diesmal Dankbar wenn ihr mir eure Meinung hinterlasst ;D Ganz liebe Grüße, eure Shelling__Ford Kapitel 10: Lüge ---------------- Lüge Wie? Rans Frage beherrschte seine Gedanken, hatte sich in ihm festgesetzt wie ein schmutziger Parasit, der Shinichi jegliche Konzentration entzog bis nur noch Unsicherheit übrig blieb. Die Frage, die so viel bedeuten konnte, so wenig aussagte, so viel Hoffnung in sich barg und so viel Leid bescherte. Allein diese eine winzige verdammte Frage! Shinichi schluckte, wurde sich erst jetzt bewusst, dass er noch immer mit dem polieren seiner – Bells - Brille zugange war, während um ihn herum der Fall wieder Priorität erlangt hatte. Mühevoll und so unauffällig wie möglich riss er sich zusammen, blinzelte in die Runde und versuchte, das bisschen Konzentration zusammenzukratzen, das die von ihr ausgesprochene Frage hinterlassen hatte. Geschickt lenkte er seinen Blick an Ran vorbei auf das alte Ehepaar, das nun eng aneinander gelehnt vor ihnen saß. Die Eltern des zweiten Opfers hatten sie unsicher, aber mehr oder minder höflich empfangen. Umgeben von Fotos von Tanten, Cousinen, Kindern und vermutlich auch Enkelkindern, die gerahmt auf etlichen Kommoden, Tischen und Fensterbänken standen, gaben die beiden ein eigentümliches Bild ab. Die in die Jahre gekommene Frau Moto trug, Shinichis Vermutung nach, wahrscheinlich immer noch denselben Pyjama, wie an dem Morgen, als ein Beamter sie und ihrem Mann mit der schrecklichsten aller Nachrichten aus dem Schlaf geklingelt hatte. Er war, wie es schien, schon mehr bei Sinnen gewesen, auch wenn Shinichi in den alten Filzpantoffeln zwei unterschiedliche Socken erkannte, die auf eigentümliche Art und Weise jedoch hervorragend mit dem falsch zugeknöpften Hemd harmonierten. Während sie Heijis Fragen beantworteten, schob Herr Moto immer wieder eine grau gemusterte Decke über die schlotternden Knie seiner Frau, die kein einziges Mal bemerkte, wie sie ihr wieder von den Schenkeln rutschte. Die jungen Augen des dreißigjährigen Professors wurden trüb, als er das alternde Elternpaar beobachtete. Normalerweise überlebten Eltern ihre Kinder nicht. Sie suchten ihnen keinen Grabstein aus, beerdigten sie nicht und legten keine Blumen an ihr Grab. Eltern taten so etwas normalerweise nicht. Aber was war schon normal? Er schluckte, Atmete lange und energisch aus. Shinichi bemerkte schnell, dass Heiji seine liebe Mühe damit hatte, seine Fragen zwischen Anekdoten, Tränen und ungläubigen Beteuerungen hindurch zu manövrieren. Doch der Kommissar war geschickt und trotz der Widrigkeiten fast am Ende seiner Befragung angekommen, aber Herr Moto hing noch immer an seiner letzten Frage. „Ich glaube wirklich nicht, dass es jemanden gibt, der unserem Mädchen etwas Böses wollte. Nein, nein, dazu gäbe es gar keinen Grund. Nicht wahr, Liebes?“ Er drückte ihre von Falten durchzogene Hand, doch ein kurzes Blinzeln über den geschwollenen Tränensäcken war die einzige Antwort, die er bekam; entmutigen ließ er sich von der Lethargie seiner Frau jedoch nicht. „Nein, nein, glauben Sie mir, unsere Kleine gibt niemanden einen Grund, sie nicht zu mögen. Erst neulich, neulich erst hat sie einen Mann kennengelernt. Sie mochte ihn, das haben wir gleich an ihrem Lächeln gemerkt. Eltern merken so etwas einfach, wissen Sie. Jedenfalls-„ Die papyrusfarbene Wange des Alten bekam einen seichten Rotstich. „Wir- wir hatten sogar schon an Enkel gedacht, weil sie ihn so gern hatte, unsere Aya. Nicht wahr?“ Wieder ein sachter Druck an der Hand seiner Frau, doch sie schwieg, so wie sie die ganze Zeit geschwiegen hatte. Heiji aber nutzte die kurze Atempause, um endlich wieder Herr über das Gespräch zu werden. „Hat Ihre Tochter-, hat Aya erwähnt, dass sie ihre morgendliche Route gewechselt hat? Vielleicht weil sie sich unwohl fühlte, oder etwas in der Art?“ „Ja, sie hat tatsächlich so etwas erwähnt! Glauben Sie denn-…“ „Was genau hat sie gesagt? Ist ihr jemand gefolgt? Hat sie jemand beobachtet?“ Doch der alte Mann schüttelte nur den Kopf, seine Züge hatten sich verkrampft, es war deutlich zu erkennen, dass er begriffen hatte, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelte. „Nein… nein, sie sagte nur, dass sie einmal einen anderen Weg ausprobiert.“ Heiji nickte registrierend, seine Stimme aber veränderte sich, als er mit ernstem Blick weiter sprach. „Sie wissen vermutlich, dass Ihre Tochter jetzt schon das zweite Opfer dieses Mörders ist“ Shinichi sah, wie das alte Paar kurz zusammenzuckte, er rückte ein wenig näher zu seiner Frau, allerdings gelang es dem Detektiv nicht, zuzuordnen ob nun „Opfer“ oder „Mörder“, Grund für diese Reaktion war. „Jedenfalls würden wir Sie beide bitten, sich das Foto des ersten Opfers anzusehen. Natürlich nur der Routine wegen.“ Damit hielt der Osakaner ihnen das Bild vor die Nase. Zum ersten Mal war auch in der alten Frau so etwas wie Leben zu erkennen. Ihre Augen waren hinter der nahezu antiken Brille mit wahrscheinlich viel zu wenig Dioptrien zusammengekniffen, als sie das Foto betrachtete, welches sie ihrem Mann kurz zuvor aus den zittrigen Händen genommen hatte. „Das- das ist doch Satoru!“ Ihre Stimme klang rauchig, passte nicht wirklich zu ihrem Erscheinungsbild, und wurde von dem raschen einlenken ihres Mannes wieder in den Hintergrund gedrängt. „Tatsächlich, das ist er! Du hast aber auch wirklich ein ausgezeichnetes Personengedächtnis, Schatz!“ Dies erweckte Bell, sowie auch Heiji wieder zum Leben. „Ihre Tochter kannte ihn also? Sie selbst auch? Wie lang und woher kannten se sich denn? Wie war ihre Beziehung zueinander?“ Hattori hatte nicht einmal Luft geholt, währen er das alte Paar mit all diesen Fragen bombardierte. Die Ruhe von Megure war dem jungen Kommissar mit seinen Dienstgrad noch nicht zu Eigen geworden, ein Fremder hätte sein Verhalten vielleicht als unprofessionell bezeichnet. Aber das war eben Heiji. Mit vollem Eifer bei der Sache, grade dann, wenn es ernst wurde. Shinichi schluckte, konnte sich ein kleines ironisches Lächeln bei dem Anblick Heijis nicht verkneifen. Der bemerkte den Blick seines unerwünschten neuen Kollegen jedoch nicht, sondern lauschte gespannt der Erklärung Herrn Motos, dessen Falten beim Reden ein Eigenleben zu entwickeln schienen. „Wir selbst kannten ihn nur flüchtig, Kommissar Hattori. Unsere Aya war jedoch öfter dort, ich denke, sie waren zumindest flüchtige Bekannte.“ „Was meinen sie denn mit „Dort“?“ „Ach so, nun es ist nichts Besonderes, ein Café hier in der Nähe. Als Aya mit mir und ihrer Mutter etwas besprechen wollte, hat sie das Café vorgeschlagen. So haben wir dann auch diesen Mann kennengelernt.“ In Shinichis Fingerspitzen fing es an zu pulsieren, endlich hatten sie einen ersten Hinweis, etwas, das belegte, dass „Holmes“ nicht einfach durch die Straßen ging und willkürlich jeden abschlachtete, der ihm über den Weg lief. Das Café könnte endlich der erste Lichtblick in diesem finsteren Fall sein. An dem Funkeln in Heijis Augen erkannte Shinichi schnell, dass sein Freund dasselbe dachte. „Wie genau nennt sich dieses Café denn, Herr Moto?“ >Können se sich noch daran erinnern?<, hätte Heiji am liebsten noch hinzugefügt, unterdrückte den Verweis auf Motos alter jedoch und beobachtete nun, wie sich der Mann kurz nachdenklich am Kopf kratzte. Herr Moto verschob ein paar Haare und legte so die ungeschickt versteckte kahle Stelle frei, die sich vermutlich großflächig über seinen Schädel ausgebreitet hatte. „Es ist, wie gesagt, hier in der Nähe. Im Haido-Viertel, nicht Schatz? Der Name war ausländisch, denke ich… so was wie new lyv.“ „Ich denke, Sie meinen „New life“, kann das sein?“ Moto blinzelte kurz zu Bell, womöglich überrascht, dass das Mitbringsel des Kommissars sich so plötzlich zu Wort meldete, nickte dann jedoch gehorsam. „Ja, ja genauso hat Aya es auch ausgesprochen. Ich kann leider kein Englisch, hab’s nie in der Schule gelernt. Aber es ist, wie gesagt, nichts Besonderes, Herr Kommissar - ein kleines Café, in dem sie ab und zu Gast war, nichts weiter.“ Während Heiji dem Ehepaar höflich dankte und nochmals sein Mitgefühl beteuerte, ließ Shinichi die beiden nicht aus dem Auge. Irgendetwas war mehr als faul an der ganzen Sache, natürlich waren die beiden angespannt und kaum zu einem Gespräch fähig, aber es gab etwas, das beide verheimlichten, und das sagte ihm nicht nur sein sechster Sinn. Sein Blick wanderte zu Heiji, er versuchte zu erkennen, ob sein alter Freund dasselbe dachte, doch seine Miene war unergründlich. Nicht zu ersten Mal büchste Rans Blick ihrem Willen aus, als hätte er ein Eigenleben schwenkte er zu dem Amerikaner hinüber, doch die Quittung des Ganzen war, wie so oft zuvor, nur dass ihr das Blut in die Wangen schoss und ihr Herz schneller schlug. Sie bemühte ihre Augen zu Boden, kniff die Lippen fest zusammen und versuchte, ihren Herzschlag zu überhören. Mit einem energischen Kopfschütteln versuchte sie, die Geister aus ihrem Kopf zu verbannen, doch die dunkelrote Farbe ihrer Wangen verriet der jungen Lehrerin, dass sie den Gedanken wohl nicht lange hinter Gittern halten konnte. Er würde wiederkommen… ganz sicher. „Die armen Eltern, es muss schlimm für sie sein, ihre Tochter so zu verlieren.“, bemerkte Ayumi und durchbrach so die angespannte Stille, die im Wagen geherrscht hatte, nachdem sie die Familie Moto verlassen hatten. „Allerdings, und dann ist auch der Mörder noch nicht einmal geschnappt, auch wenn dieses Café doch schon gut klingt. Vielleicht hat es ja jemand auf die Gäste dort abgesehen?“ „Das Café ist ein Anfang.“ Bells Stimme unterbrach die drei, während seine Augen sie im Rückspiegel suchten. „Es stellt die erste Verbindung zwischen den Opfern dar, vielleicht ist es tatsächlich etwas das uns weiterhilft. In jedem Fall wird Hauptkommissar Megure dies in Betracht ziehen müssen, nicht wahr, Kommissar Hattori?“ Heiji sah dem Amerikaner nicht an, ließ ihn lange auf eine Antwort warten. Unbeirrt trat er die Kupplung durch und schaltete in den nächsthöheren Gang, in der Hoffnung, der Verkehr würde ihm nicht gleich wieder einen Dämpfer verpassen. Shinichis Unmut wandelte sich nun langsam aber sicher einfach nur in Unbehagen, es war nicht schön von jemandem, der eigentlich sein bester Freund war, so behandelt zu werden. Doch der Kommissar bog erst noch um die nächste Ecke, ehe er ihm den Gefallen tat und bejahend grummelte. Zum Glück erwies sich das Brummen jedoch als Einleitung zu einem ziemlich nachdenklichen Gespräch, sodass Shinichi ihm wenigstens nicht alles aus der Nase ziehen musste. „Ich denk, das könnt uns weiterbringen. Außerdem muss geklärt werden, ob jemand bemerkt hat, dass Aya beschattet wurde, vielleicht passt die Personenbeschreibung dann ja auch zum Auftreten unseres Mörders.“ „Ihr wisst, wie er aussieht?!“ Es war Ran, die sich nun zwischen den Vordersitzen hindurchzwängte und so die beiden Ermittler im Auge hatte. Nicht grade zu deren Vorteil, wie Shinichi bemerkte, als er sah, dass nicht nur seine Züge bei ihrer Frage ins Wanken gerieten, sondern auch ein plötzlich sehr ins Schwitzen gekommener Heiji verzweifelt versuchte, den Schaden seiner viel zu großen Klappe zu beheben. „Eigentlich is es nichts weiter, Ran. Wir wissen kaum etwas und nich genug jedenfalls, um ne Fahndung zu veranlassen.“ Shinichi erkannte eine einzelne Schweißperle Heijis Wange hinunterrinnen, ein verräterischer Hinweis, vor dem Bells Visage ihn zum Glück schützte. Grund genug, seinem Freund ein wenig unter die Arme zu greifen und Ran von dieser schwarz geteerten Spur abzulenken. „Der Kommissar hat Recht, Miss Mori, ich fürchte, es wird Ihnen nichts nützen, Einzelheiten zu hören, meist ändert sich so etwas durch diverse Zeugenberichte ohnehin andauernd.“ „Ach so…“ Hinter dem kleinlauten Eingeständnis Rans verbarg sich jedoch mehr. Sie wusste genau, dass beide Detektive bemüht waren, sie davon abzubringen, weiter nachzuhaken. Allein die Tatsache, dass Bell und Heiji zusammenarbeiteten, was dieses Manöver anbelangte, machte beide verdächtig. Denn eigentlich war es nicht das, was Heiji wollte, dennoch schien es ab und an ganz automatisch zu passieren, dass beide dieselbe Schiene fuhren. Etwas, das ihm, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, mächtig gegen den Strich ging. Die beiden hatten kurz einen Blick getauscht, dem Bell jedoch schnell auswich. Heiji schluckte, richtete seinen Blick verkrampft wieder auf die Straße, bis sich ein sarkastisches Lächeln auf seinen Lippen bildete. „Sollten wir die Kinder nicht lieber nach Hause bringen, Kommissar?“ Heiji, der bei der Stimme seines „Feindes“ kurz zusammengezuckt war und sich dafür abgrundtief hasste, schaute diesen nun fragend an. „Na es wird gleich dunkel, die Sonne ist schon so gut wie weg und ich dachte, da wäre es sinnvoll-„ „Natürlich.“ Unterbach Hattori ihn rüde, wenn auch einsichtig, denn er erkannte erst jetzt, dass sich der Himmel über Tokio tatsächlich schon in ein sattes Rot gewandelt hatte, blickte die Oberschüler mitsamt Ran nun durch den Rückspiegel an. „Also, wer ist der erste, Leute?“ „K-Kannst du vielleicht mit mir Anfangen, Heiji?“ „Mhm?“ Fragend fiel der Blick des Osakaners wieder in den Rückspiegel, eingerahmt von dem schwarzen Kunststoff schaute ihm Ran nun leicht verlegen entgegen, wohl wissend, dass der Kommissar sie musterte. „Naja, ich hatte es dir und Kazuha doch gestern schon gesagt, dass ich verabredet bin.“ In ihrer Stimme lag nicht ein Hauch von Unbehagen, doch die Selbstverständlichkeit Rans war es nicht allein, die Shinichi eine Faust in die Magengrube zu rammen schien, das Wort Verabredung verpasste ihm eine derartige Ohrfeige, dass es noch lange in ihm nachhallte. Er spürte, wie sich seine Fingernägel tief in den Autositz bohrten, er versuchte, weiter zuzuhören, aber sein Gehirn fühlte sich an, als hätte es irgendjemand mit Watte ausgestopft. „Stimmt ja, das hattest’de erwähnt, wie lang is der Vogel eigentlich schon wieder hier?“ Heiji versuchte die Anspannung in seiner Stimme zu mildern, leitete sie stattdessen auf seine Hände weiter, die sich jetzt verkrampft um das Lenkrad schlangen, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Denn wenn er wieder hier war… war das vielleicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass seine Vermutungen sich als richtig erwiesen. Doch Heijis Augen, die wie Kleister auf Bell hingen, wurden von Rans Worten wieder gelöst und auf sie gelenkt. „Seit gut einer Woche, aber wir haben erst für heute ein gemeinsames Treffen vereinbaren können und eigentlich bin ich fast schon zu spät dran.“ Selbstständig filterte Heijis Gehirn alles aus ihren Worten, das er gebrauchen konnte. Langsam aber sicher formte sich Heijis graue Substanz zu einem Plan um, dieses „Date“ kam ihm dazu wie gerufen. „Klar fahr ich dich hin, Ran! Is doch Ehrensache.“ Shinichi bemerkte, wie Ran ihm die Adresse und den Namen des Restaurants durchgab, doch er war unfähig, auch nur ein Wort wirklich aufzunehmen. Seine Gedanken spulten, einem kaputten Plattenspieler gleich, immer und immer wieder ab, was sie gesagt hatte. Klang sie nervös? Verlegen? Aufgeregt? Oder vielleicht sogar… verliebt? Ohne Zweifel freute sie sich auf ihr Rendezvous, das hatte er gleich erkannt und dennoch war es ihm nicht möglich, das Ganze weiter zu interpretieren. Oder wollte er einfach nicht? Er schluckte, sein Mund fühlte sich an, als hätte er grade einen frisch gebackenen Sandkuchen verputzt. Er sollte sich freuen. Wie ein stilles Mantra versuchte sich Shinichi diese Worte immer und immer wieder einzuhämmern, doch statt das sein rostiger Verstand dies endlich akzeptierte, wurde er jedes Mal, wenn er sein Sprüchlein in Gedanken runter betete, nur noch unruhiger. Hinter Bells Brille schlossen sich die blauen Augen des Oberschülers langsam, er versuchte, sich zur Ruhe zu rufen, doch der Versuch scheiterte kläglich, denn sein Kopfkino meinte es keineswegs gut mit ihm. Er sah sie… seine Ran, mit einem anderen. Glücklich? Er konnte es nicht erkennen. Wahrscheinlich wollte er es einfach nicht sehen, das zynische Lächeln auf seinen Lippen bewies es, er ließ sich immer noch von seinem eignen Verstand austricksen. Dabei sollte der doch alle Hände voll zu tun haben, um seine Gefühle in Schach zu halten. Eifersucht und Freude lieferten sich einen Kampf, während Hoffnung und Verzweiflung am Rand schon darauf warteten, dass der Ring für sie frei wurde. Über all dem schwebte dieses eine Gefühl, das ihn schon zu so vielen Untaten veranlasst hatte und ihm immer wieder die gleichen Worte leise ins Ohr säuselte. Er sollte sich freuen. Die Laternen hatten sich grade mit einem kurzen Flimmern angeschaltet, Tokios Straßen wurden langsam ruhiger, während die kalte Erinnerung an den Winter in Form eines leichten Windes ihre Kleider erfasste. Heiji hatte erst gar nicht nach einem Parkplatz vor dem Restaurant Ausschau gehalten, sondern den erstbesten genommen, den man als „in der Nähe“ betiteln konnte. Obwohl der Osakaner sehr wohl wusste, dass Ran allein in der Lage, war sich zu verteidigen, bestand er darauf, sie bis zu dem Restaurant zu begleiten. Warum, weshalb und wieso sich letzten Endes die gesamte Mannschaft auf den Weg machte, Ran an ihrem Ziel abzuliefern, bekam Shinichi nicht wirklich mit; Tatsache war, dass sie nun gemeinsam vor dem nicht mal allzu billigen Etablissement standen und auf Rans „Date“ warteten. Während sich die Detektivboys angeregt über den Fall und allerlei Erklärungen unterhielten, plauderten Heiji und Ran ein wenig, ließen Mord und Todschlag dabei jedoch außen vor. Shinichi hatte sich ein wenig abseits an eine Laterne gelehnt, über seinem Kopf schwirrten die ersten Motten wild um das künstliche Licht. Er versuchte, möglichst gelassen zu wirken und beobachtete die Szene vor sich, als hätte sie jemand auf eine Kinoleinwand gebannt, alles spielte sich direkt vor seiner Nase ab und war doch unfähig, in das Geschehen einzugreifen. Ganz offensichtlich ging das Leben auch ohne ihn weiter, ohne Conan Edogawa… und ohne Shinichi Kudo. Unter einem kurzen Seufzten sackten Bells Schultern ein wenig herab, während sein Blick langsam zu Boden glitt. Doch eigentlich wusste Shinichi es besser, denn für ihn galt dieses ungeschriebene Gesetz nicht, das Märchen von Anpassung und Akzeptanz der eigenen Situation war letzten Endes nichts weiter als die Illusion eines schlechten Magiers. Er hatte sich an seine Situation vielleicht gewöhnt, daran, sich für jemanden auszugeben der er nicht war, ein Stück zu spielen, dessen Drehbuch mit jedem Tag eine neue Seite bekam und dessen Ende noch immer nicht absehbar war… aber akzeptiert? Nein, akzeptiert hatte er das alles ganz sicher nicht. Er spielte mit, weil er musste, doch der Sinn des Ganzen war ein anderer, doch eben dieser Sinn drohte ihm nun zu entgleiten. Jemand schnappte ihn Shinichi vor der Nase weg und er selbst konnte nur hilflos zusehen, musste dabei wohlmöglich noch ein freundliches Lächeln aufsetzen, das zeigte, dass er der Situation wohlgesonnen war. Shinichi schluckte, über seinem Kopf schwirrten die Motten aufgeregt gegen das Glas, angezogen von dem Licht, aber nicht in der Lage es zu erreichen -und wenn sich doch eine mal in den Lampenschirm verirrte, verbrannte sie sich. Müde setzte er Bells Brille ab und rieb sich vorsichtig mit Zeigefinger und Daumen die Augen, ehe er sich die Gläser pflichtbewusst und verhasst automatisch wieder aufsetzte. Wenn die Umstände anders wären, wenn das alles nicht passiert wäre, würde er sie vielleicht aufklären, er würde sie darum bitten weiter zu warten … noch ein wenig Geduld zu zeigen. Aber so… Nach allem was war und nach zehn Jahren hatte er nicht mehr das Recht dazu. Er konnte Ran ihr Glück nicht verweigern und er war nicht egoistisch genug sie zu bitten weiter zu warten,… nicht mehr. Schließlich liebte er sie. Er liebte sie und deswegen musste er es zulassen. Er liebte sie und deswegen konnte er es nicht. Ein leicht schmerzverzerrtes sarkastisches Lächeln huschte flüchtig über Bells Gesicht. Es war wirklich erstaunlich, wie ein Gefühl allein so viele Emotionen mit sich in den Abgrund reißen konnte. Die Schwelle zum Wahnsinn war ganz in seiner Nähe, das wusste Shinichi nur zu gut, ein ungeschickter Schritt und es war vorbei. Allein deswegen war er froh, dass alle anderen ihn im Moment in Ruhe ließen, vermutlich würde er nicht auch nur einen vernünftigen Satz zustande bekommen, wenn ihn jetzt jemand ansprechen würde. Ob ihm das allerdings gelang, wenn er vor ihm stand, war natürlich nochmal eine ganz andere Frage. Ungeduldig schaute er auf, aber Rans potentieller neuer „Freund“ war nicht in Sichtweite. Shinichi wusste nur zu gut, dass da die Eifersucht aus ihm sprach. Er hörte es in seinen Gedanken und spürte es in seinen Fingern, die mit Rans Date am liebsten etwas ganz anderes gemacht hätten, als bloß nett die Hand zu schütteln. Dabei war das ganze doch albern, lächerlich geradezu. Eifersüchtig zu sein, obwohl er sich eigentlich genau das für Ran gewünscht hatte. Doch die stille Toleranz, die Shinichi versuchte, sich selbst mit gespaltener Zunge einzureden, stellte sich nicht ein. In seinem Kopf waberten unzählige Namen umher, auf der Suche nach einem, den er sich an ihrer Seite vorstellen konnte. Es konnte nur er sein. „Hey Leute, wie geht’s?“ „Mhm?“ Überrascht sah Shinichi auf, er hatte die männliche Stimme nicht direkt erkannt, doch als er zu ihm aufschaute, wusste er direkt, wen er hier vor sich hatte. Allerdings wurde ihm erst bewusst, was sein Erscheinen bedeutete, als Ran den jungen Mann freudig umarmte. Seine Kinnlade fiel Buchstäblich nach unten, doch es war ihm nicht möglich, sich zusammenzureißen, das war einfach zu viel des Guten. Shinichi hatte ja mit allem gerechnet… aber doch nicht mit ihm! Der Detektiv war unfähig, sich zu bewegen, er konnte nur dastehen und die Szene mit offenem Mund beobachten. „Freut mich, dich zu sehen, Ran, aber sag mal - wen hast du denn da noch alles mitgebracht?“ Blinzelnd spähte Eisuke über seine Brille hinweg, die großen runden Gläser waren einem etwas kleineren Modell gewichen. „Ach so! Nun…“ Mit einem verlegenen Lächeln, das Shinichi eine Ohrfeige verpasste, drehte sie sich zu dem Rest der kleinen Gruppe um. „Heiji kennst du ja und die Oberschüler sind, ob du‘s nun glaubst oder nicht, die Detective Boys!“ Mit einem Rans Andeutungen gemäßen überraschten Grinsen wand sich Hondo den Detektiven zu. „Schön, euch mal wieder zu sehen! Auch wenn ich zugeben muss, dass ich euch wohl wirklich nicht erkannt hätte… so erwachsen.“ Die drei lächelten breit und auf Ayumis Wangen fand sich sogar ein leichter Rotschimmer wieder, während sich Eisuke Heiji widmete und ihm freudig die Hand gab, ehe Ran ihm den Letzten im Bunde auch noch präsentierte. „Wenn ich vorstellen darf, Eisuke Hondo, er ist ein guter Freund von uns und hat einige Zeit in den Staaten gelebt. Vielleicht kennst du Mr. Bell ja, Eiskue?“ Die Augen hinter Eisukes Brille wurden groß, als er mit zur Begrüßung ausgestreckter Hand auf ihn zu ging, ganz offensichtlich kannte er Bell. “Oh, don’t tell me you are the William Bell, aren’t you?” Überschwänglich ergriff er Shinichis Hand und schüttelte sie freundlich. “Nice to meet you, Professor!” Shinichi konnte nichts weiter tun, als den jungen Mann fassungslos anzustarren, er registrierte zwar, dass Eisuke ein Stück größer war als er jetzt, doch im Moment war er nicht einmal in der Lage, sich darüber zu ärgern. In seinem Kopf herrschte gähnende Leere, bis etwas in ihm den Autopilot wieder in Gang brachte und seine Worte, ausgesprochen von William Bells Stimme, in seinem Inneren schier endlos widerhallten. “The pleasure is all mine, Mr. Hondo.” Bell versuchte ein Lächeln, doch das dämliche Grinsen, das er zustandebrachte, brannte sich in seinen Mundwinkeln fest. „Sie sind in den Staaten ja wirkliche ein kleine Berühmtheit, dennoch, dass man Sie für den Fall hier herbittet, heißt noch mal einiges!“ „Apropos, hier sein.“, unterbrach Hattori den zum Plaudern aufgelegten Eisuke. „Was machst du eigentlich hier, Hondo? Ich wusste nicht, dass die CIA plötzlich Sonderurlaub vergibt.“ „D- Doch nicht so laut, Heiji!“ „Ach, nu komm schon! Hier weiß es doch eh jeder und wenn‘s noch einer mithört, glaubt der‘s eh nicht, wenn er dich sieht.“ Heijis Lässigkeit galt jedoch nicht Eisuke, der mit einem verlegenen Grinsen bezeugte, dass er wohl nicht das war, was man sich unter einem CIA Agenten vorstellte, sondern Bell, dessen Reaktion genauso ausfiel wie erwünscht. Der vermeintliche Professor schien geschockt. Doch das triumphierende Lächeln auf Heijis Lippen hielt nur kurz. Denn wenn sich seine Vermutung wirklich derart bestätigte, bedeutete das, dass die Gefahr ihnen direkt vor der Nase saß. Für den Moment jedoch konnte Heiji die steife Silhouette des Professors nur genießen. CIA Sein Kopf arbeitete, zwar langsam, aber es bewegte sich wieder etwas in seinen grauen Zellen, die Erwähnung des zivilen Geheimdienst der USA hatte ihn wach gerüttelt. Eisuke hatte es also tatsächlich in die Company geschafft. Shinichi hob den Kopf, begutachtete den Agenten misstrauisch, versuchte dabei krampfhaft Ran, die an seiner Seite stand, auszublenden. Er hatte ihn damals ganz schön unterschätzt. Ähnlich wie ein Inspektor Columbo, den keiner so richtig erst nahm, hatte er ihn zu nah an sich rangelassen, sodass er hinter sein kleines Geheimnis gekommen war. Shinichi wusste, er musste darüber nachdenken, was Eisuke-, was die CIA hier in Japan wollte, er musste sich darüber Gedanken machen, was sein Erscheinen mit dem Fall, mit dem FBI und mit ihm zu tun hatte. Er glaubte nicht, das sich Eisukes Ziel während den Jahren geändert hatte, wenn er es wirklich so weit gebracht hatte, würde Shinichi um ein kleines Brainstorming und das ein oder andere Telefonat nicht herum kommen, soviel war sicher. Aber all das, was getan werden musste, verblasste gegen die Worte des siebzehnjährigen Eisuke, die Shinichi, seit er ihn an Rans Seite gesehen hatte, wie unerwünschte Poltergeister im Kopf rumspukten und alles durcheinander brachten. Ganz unverfroren und mit einem leichten Rotstich auf den Wangen hatte er es dem kleinen Jungen erzählt, weil er genau wusste, dass er den eifersüchtigen Grundschüler danach am Haken hatte. Doch der Köder war weit mehr gewesen als nur ein paar leere Worte, die seinem Zweck dienlich waren, er hatte es ernst gemeint. Als ich sie zum ersten Mal sah, war ich sofort in sie verliebt! So ein schönes und herzensgutes Mädchen habe ich noch nie getroffen! Shinichi schluckte, kniff die Augen zu, ehe er endlich die Kraft fand, aufzusehen, um zu erkennen was er längst schon wusste. Das verlegene Grinsen, der Blick der immer wieder zu Ran glitt, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er ihr Date war… An Eisukes Gefühlen für Ran hatte sich nichts geändert. Er war ganz offensichtlich noch immer verliebt in sie und Shinichi ahnte nur zu gut, dass er nicht so lange Fackeln würde, um ihr das auch zu sagen, er hätte es damals schon getan, wenn er nicht gewesen wäre. Er atmete tief ein, so tief wie es seine Lunge zuließ, die sich derzeit anfühlte, als würde sie jemand zusammenpressen. Diesmal hinderte ihn niemand daran. Shinichis Herz zog sich zusammen, etwas in ihm hätte am liebsten laut geschrien und wand sich jetzt in der ihm zugewiesenen Ecke vor Schmerzen. Sein Atem ging noch immer stoßweise, es kostete ihn Kraft, ein Zittern zu unterdrücken, es kostete ihn Stärke, die Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, die heute Nacht seine Träume beherrschen würden. Sein Blick fiel auf Ran, ihr herzliches Auflachen aus dem Gespräch heraus in dem sie grade zusammen mit den anderen steckte, ihre fröhliche Stimme und ihre klaren, aufgeweckten Augen… frei von jeder Träne. Augen, die lange ohne ihn stumpf gewesen waren, müde vom Kampf gegen das Salzwasser, das doch immer wieder siegte, Augen, die hofften und doch immer wieder enttäuscht wurden und verzweifelt in eine vage Zukunft blickten. Der jetzige Oberschüler seufzte still in sich hinein. Die Stimme in seinem Inneren hatte nicht aufgehört zu schreien, doch er ignorierte sie, was blieb, war jedoch der Schmerz, der sich jetzt erneut mit den alten, nicht minder peinvollen Erinnerungen mischte. Wieso hatte er es je so weit kommen lassen! Er hätte schon damals, hätte viel früher reagieren müssen! Aber das hatte er nicht. Ein kurzer Schauer lief Shinichi über den Rücken, er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten, fühlte den kalten Schweiß, der unter dem aschblonden Haarschopf Bells hervorkam. Er kam sich dreckig vor, widerlich, einfach ekelhaft. Er hatte sich eingeredet, es wäre Hoffnung, die Gewissheit die Organisation zu besiegen, es sei ja nur eine kurze Zeit, die sie überstehen musste. Doch dem war nicht so. Nein, jetzt wusste er es besser, er hatte eingesehen, begriff nun, warum er sie damals nicht hatte gehen lassen können, warum er so egoistisch war und Ran trotz seiner Lage für sich beanspruchte. Diesmal aber würde es nicht so weit kommen, er würde sie nicht hinter Tränen und vagen Hoffnungen einsperren. Sein Blick tastete sich wieder zu ihr hoch, er bemerkte, dass sie mit ihm sprach, ein seltsames Bild, doch das Wort unpassend zu gebrauchen fiel Shinichi nicht ein, stattdessen säuselten Eisukes vergangene Worte geisterhafte Versprechen in sein Ohr. Im Gegensatz zu ihm werde ich Ran nämlich niemals im Stich lassen. Eisuke liebte sie, er liebte sie, wie er Ran schon damals geliebt hatte. Dieses Mal jedoch würde er nicht einschreiten, er würde Eisuke diese Chance nicht nehmen, sondern sie endlich gehen lassen. Der Wind griff in seine Kleider, zerrte an Bells Perücke und schleuderte eine der Motten, die eben noch aufgeregt um das Laternenlicht getanzt hatte, gegen das Glas, sodass das kleine Insekt zappelnd vor seinen Füßen landete. Shinichi beobachtete das Bemühen und die hilflos flatternden Versuche, doch das Tierchen kam nicht mehr hoch, es konnte nur noch drauf warten, bis ein nächster, noch härter Windstoß, es endlich erlöste. Shinichi aber spürte den kalten Zug des Windes nicht mehr, denn Bells Gesicht schütze ihn vor der Kälte und seine Fingerspitzen waren ohnehin schon taub. Shinichi war nicht bereit, sie aufzugeben, aber er war bereit, einen Teil seiner selbst aufzugeben. Nicht der, der wartete, nicht der, der an ihr hängte, nicht der… der sie liebte, sondern ganz einfach der Teil, der noch hoffte. Mit seiner Hoffnung war es ohnehin nicht mehr allzu weit her. Etwas, das man ruhig in den Boden stampfen konnte, vielleicht war es in diesem Falle sogar besser so. Schließlich gab es so keinen Schmerz mehr, so würde er sich selbst wenigstens nicht mehr enttäuschen. Langsam wurde er ruhiger, die Gedanken, die Stimmen in seinem Kopf redeten noch immer auf ihn ein, aber er hörte sie ganz einfach nicht mehr. Alles, was jetzt passierte, lag nicht mehr in seiner Hand, Shinichi war der stumme Zeuge, der alles, was dieser tat, aus einer dichten Nebelwand heraus beobachtete. Er spürte den Schmerz, doch er reagierte nicht darauf. Shinichi spielte endlich ein Stück, dass er ihr schon lange schuldete. Ein leichtes Räuspern von Professor Bell zog die Aufmerksamkeit aller auf den Amerikaner, der nun mit einem kurzen verlegenen Lächeln ein paar Schritte auf sie zukam. „Meinen Sie nicht auch, es ist an der Zeit, dass wir den beiden ihren gemeinsamen Abend gönnen, Kommissar Hattori? Außerdem…“ Ein bezeichnendes Nicken ging in Richtung der drei Oberschüler, es wurde langsam spät und Oberschule hin oder her, die drei gehörten langsam nach Hause. Heiji, der grade noch aus dem Augenwinkel bemerkte, wie Ran Einspruch erheben wollte, funkte ihr dazwischen, gab dem Professor mit einem bedächtigen Nicken recht. „Natürlich, Mr. Bell. Es wird wirklich Zeit, dass wir gehen, also auf, Leute, zurück zum Wagen mit euch.“ Ein leises Grummeln der Detective Boys verriet, dass sie mit dem Plan nicht ganz einverstanden waren, dennoch verabschiedeten sie sich und trotteten den beiden Erwachsenen voraus in Richtung Auto. Der Kommissar verabschiedete sich ebenfalls von den beiden, umarmte Ran kurz und reichte Eisuke nahezu förmlich die Hand. Shinichi, der immer noch krampfhaft versuchte, das Lächeln auf Bells Gesicht zu pressen, bekam weder den überraschten Blick Eisukes mit, noch das schnelle Hinabgleiten seiner Hand, die eben noch Heijis geschüttelt hatte, in seine Hosentasche. Der Detektiv konzentrierte sich auf seinen Atem, und darauf, die Übelkeit zu unterdrücken, die in ihm langsam wuchs. Die Verabschiedung zog sich immer mehr in die Länge, als wär er in ein klebriges Kaugummi getreten, das ihn nun am Boden festhielt. Dabei musste er hier weg. So schnell wie nur möglich. „Also dann…“ Bells Ton klang freundlich, doch ein Blick in seine Augen, der Blick, den Ran suchte, verwehrte er ihr. Sie konnte nicht sagen wieso, aber sie wünschte sich, er würde sie ansehen, würde aufhören so zu reden, in diesem freundlichen und doch leeren und neutralen Ton. Doch den Gefallen tat er ihr nicht. „Ich wünsche Ihnen beiden noch einen schönen Abend. Alles gute Mr. Hondo, Miss Mori.“ Er verbeugte sich ein wenig, doch die japanische Geste wirkte an dem Amerikaner nicht so fehl am Platz wie erwartet. „Auf Wiedersehen.“ Damit drehte er sich um, ging, schnell und ohne auf eine Antwort zu warten - und ohne sich noch einmal herum zu drehen. Shinichi empfand nichts, als die beiden sich verabschiedeten und Eisuke Ran die Tür aufhielt nur um dann selbst mit der Jacke am Türgriff hängen zu bleiben. Die verschiedensten Gefühle, die sich in ihm angesammelt hatten, hatten einen Damm gebrochen und waren alle davon geflossen, hinterließen nichts als dunkle Leere in seinem Inneren. Taub und stumm folgte er Heiji zu seinem Wagen, es passierte alles ganz automatisch, er öffnete die Tür, setzte sich, schloss die Beifahrertür wieder und schnallte sich an, all seinen Sinnen und Gefühlen beraubt funktionierte er im Moment nur noch. Das Restaurant war in warmes Licht getaucht, vor ihnen standen frische Blumen, Nelken, wenn er richtig lag und um sie herum lief eine ganze Horde Kellner, die augenscheinlich allesamt ein Lineal verschluckt hatten. Sie sah noch immer so schön aus wie vor zehn Jahren, und noch immer verzauberte sie ihn mit diesem herzensguten Lächeln. Das sanfte Kerzenlicht tauchte ihre Haut in ein seidenes Gold und umspielte ihre freudig leuchtenden Augen. Eisuke spürte sofort die Hitze in seine Wangen steigen, ohne Frage passte sein Kopf jetzt farblich zu dem Rotweinfleck auf seinem Hemd, den er sich schon beim Anstoßen verpasst hatte. Aber bis auf den Fleck und das Hängenbleiben an der Eingangstür, nachdem er sie Ran aufgehalten hatte, lief der Abend eigentlich perfekt. Eigentlich. Denn der Grund, warum der von ihm heiß ersehnte Abend nicht lief wie er sollte, hatte einen Namen: William Bell. Schon bei der Verabschiedung des Professors hatte er ihre Blicke neben sich bemerkt, doch er hatte sie nicht darauf angesprochen und auch erst als sie auf der Toilette war die Chance ergriffen um auf den kleinen Zettel zu schauen, den Hattori ihm eben heimlich zugesteckt hatte. Es war die Visitenkarte des Kommissars, doch Telefonnummer und sonstige Daten war nicht Grund der Übergabe. Es waren die wenigen mit schneller Hand gekritzelten Worte auf der Rückseite, die offensichtlich Grund für die Geheimnistuerei waren. Wer ist William Bell? Sind sie wieder hier? Besonders die erste Frage macht die kleine Visitenkarte jetzt zu einem nahezu untragbaren Gewicht in seiner Hosentasche, das immer mehr damit drohte, ihn zu Boden zu reißen. Denn eben dieser kleine Satz hatte ihn dazu verleitet, eine ganz unscheinbare Frage zu stellen, die jedoch seinen sorgsam geplanten Abend über den Haufen warf. „Und was hältst du von Bell?“ Der flüchtige Rotton auf ihren Wangen allein brachte den Kloß in Eisukes Hals zum Anschwellen, er hatte ganz eindeutig die falsche Frage gestellt. „Ich weiß es nicht.“ Sie mied seinen Blick und Eisuke spürte ganz deutlich, wie er langsam immer nervöser wurde. „Wie? Du weißt es nicht? Wie kann man denn so was nicht wissen, Ran?“ Er legte die Menükarte nun endgültig beiseite, wollte gerade das Rotweinglas an seine trockenen Lippen führen, als Rans energischer Ton ihn rüde stoppte und für einen zweiten Fleck auf dem Tisch sorgte. „Ich weiß es eben nicht!“ Ihre Wangen glühten, sie sah ihn energisch an und merkte erst jetzt, dass ihr Ton zu laut gewesen war und die Blicke der anderen Gäste auf ihnen lagen. Verlegen zupfte Ran die Serviette auf ihrem Schoß zu recht, sprach weiter ehe Eisuke etwas hätte sagen können, nun in einem ruhigen und weit weniger sicheren Ton, jedoch noch immer unfähig, ihn anzusehen. „Er… ist sehr freundlich, höflich und geradezu freundschaftlich gegenüber den Oberschülern. Aber- nun, was mich betrifft, bleibt er auf Distanz, neutral und rein geschäftlich.“ Die Enttäuschung, die nur zu deutlich in Rans Worten mitschwang, wurde von einem bitteren Lachen übertönt, das man nur selten aus ihrem Munde hörte. Während sie sprach, sortierte Ran das Besteck auf ihrer Seite des Tisches, rückte es ein paar Millimeter dorthin, dahin und wieder zurück, unfähig etwas Sinnvolles mit ihren Händen zu tun. „Es ist seltsam. Ich- ich muss ihn nur ansehen und mein Herz springt im Dreieck! Mir gelingt es kaum mehr einen klaren Gedanken zu fassen mit ihm in der Nähe. Er-„ - sieht ihm ähnlich., beendete Ran, sowie auch Eisuke ihren angefangen Satz in Gedanken, ehe sie leise weiter sprach. Traurigkeit lag nicht mehr länger nur in ihrem Blick. „Das ist nicht richtig. Das- das dürfte gar nicht sein! Ich weiß gar nicht was mit mir los ist.“ Eisukes Blick ruhte unverwandt auf seiner Freundin. Sein Mund, der sich während der Erzählung leicht vor Erstaunen geöffnet hatte, war nun so verschlossen wie der Rest seines Gesichtes. Was Ran da sagte, stimmte nicht ganz. Denn sie wusste genau, was mit ihr los war, das wussten sie beide. Ran war verliebt. Eisuke seufzte, sackte unmerklich ein wenig in sich zusammen und ließ mit einem bedröppelten Gesicht die Schultern hängen. Er war schon wieder zu spät gekommen! Und Rans Erzählung, ihr Vertrauen zu ihm bewies, dass er wohl nie über den Beste-Freunde-Status hinaus kommen würde. Er schaute auf, in das Gesicht des liebevollen und hinreißenden Mädchens, dem er gleich bei seiner ersten Begegnung verfallen war. Damals schon hatte ihr Herz jedoch für jemand anderen geschlagen, sie hatte auf ihn gewartet, obwohl sie nicht wusste, ob er genauso empfand, geschweige denn je wiederkommen würde. Eisuke konnte sich einfach nicht vorstellen, das sie plötzlich aus dem Nichts heraus eine solch starke Bindung zu jemand anderem, einem Fremden aufbauen konnte. Nein. Es musste noch etwas geben. Etwas, von dem sie alle derzeit noch nichts wussten. Deswegen jonglierte er jetzt mit Daten, Namen und vermeidlichen Fakte, er hatte eine Ahnung, eine Idee, die wie damals unmöglich schien, aber schließlich hatte er ihn schon einmal vom Gegenteil überzeugt. Und eben diese Idee leitete ihn wieder zu der Frage des Kommissars hin, die allmählich immer lauter wurde. Wer ist William Bell? Nur langsam wurde sich Ran der drückenden Stille gewahr, die über ihrem Dinner schwebte, erst als sie hörte, wie laut die gegenwärtige Ruhe war, fasste sie sich ein Herz und schaute mit einem leicht verlegenem Lächeln zu Eisuke auf. „Entschuldige bitte. Ich wollte nicht langweilen… eigentlich bespreche ich solchen Quatsch immer mit Sonoko. Ich hab mich wohl einfach hinreißen lassen. Aber sag mal-„ Sie lehnte sich leicht zu ihm nach vorne, sah ihn erwartungsvoll an, während dem ach so geheimnisvollen CIA Agenten der Schweiß auf die Stirn trat. „Du hast doch am Telefon erzählt das es etwas Wichtiges gibt, das du mir sagen willst? Also?“ „W-Wie?!“ Seine Gesichtszüge entgleisten ihm, in einem seiner Mundwinkel begann das Lächeln nervös zu zucken, welches noch immer auf seinen Lippen lag. Er konnte es ihr doch jetzt nicht mehr sagen, nicht, nachdem was er gesehen hatte, nicht nachdem, was er glaubte. Außerdem… gab es da etwas, das er vorher noch regeln musste. „Ein andermal, Ran. Tut mir leid, dass ich dich unter Vorbehalt hierher bestellt habe.“ Ein trübes Lächeln begleiteten seine Worte, während er langsam den Kopf schüttelte. „Ich fürchte ich muss da erst noch etwas mit jemandem klären.“ Hallöchen ihr Lieben, Zum Valentinstag auch von mir eine wenig Romantik, auch wenns bei dem armen Eisuke wohl nicht ganz geklappt hat ;D Wie immer ein ganz herzliches Dankeschön für eure Kommentare! Es hilft wirklich sehr Rückmeldung zu bekommen, insofern würde ich mich natürlich auch diesmal wieder über eure Meinung freuen! Bis zum nächsten Mal, Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 11: Verräterische Zeilen -------------------------------- Verräterische Zeilen In der kleinen Küche sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Kaffeeränder waren unter Zeitungen, Büchern und Notizen verschwunden. Ein halb aufgegessener Toast hatte seine Krümel über den Tisch verteilt und wartete nun immer noch darauf, dass sich sein Schicksal erfüllte. Gebettet in dieses Chaos saß mittlerweile nicht mehr Shinichi Kudo, der noch vor einer Stunde Herr dieses Schlachtfelds gewesen war, sondern William Bell. Selbst unter der Schicht aus Silikon sah man ihm an, dass er die Nacht weitestgehend an dem kleinen Küchentisch verbracht hatte, den Shinichi kurzerhand zu seinem Arbeitsplatz ernannt hatte. Doch die Kritzeleien in den Zeitungen, die Nachschlagewerke und die Notizen waren nichts weiter als eine geschickt gelegte falsche Spur, mit der er nicht zuletzt versuchte, sich selbst auszutricksen. Er sollte an dem Fall arbeiten, die Rätsel entschlüsseln und neue Opfer verhindern. Shinichi seufzte, ließ sich ein wenig tiefer in den Stuhl sinken. Er sollte. Aber er konnte nicht. Seine in Amerika mühevoll hochgezogene Wand aus Arbeit bröckelte nicht nur, nein, seit gestern stand zwischen ihm und allem, was er dahinter eingeschlossen hatte, nichts weiter als eine baufällige Ruine, aus dessen Schutt sich nichts Neues mehr zusammen fügen ließ. Langsam schloss Shinichi die Augen, versuchte sich auf den heutigen Tag zu konzentrieren, auf den Fall, auf einen Mörder. Doch an seiner verzerrten Miene hätte jeder Außenstehende erkannt, dass ihm das nicht gelang, denn alles, was er vor sich sah, waren sie. Bilder, die ihn eine halbe Nacht lang wach gehalten und die andere Hälfte im Traum gequält hatten. Eisuke und Ran. Ran und Eisuke. Zusammen. Verliebt. Ein Paar. Der junge Detektiv stöhnte auf, fuhr sich mit beiden Händen durch das aschblonde Haar Bells. Tracy hatte eine gute Perücke ausgesucht, die Haare fühlten sich echt an, waren es wahrscheinlich auch. Er hätte diesen blöden Fall gar nicht erst annehmen sollen! Schön, er wusste nun, dass es ihnen gut ging, vielleicht tat sich sogar unverhofft eine Spur zur Organisation auf, aber war es das wirklich wert? War es richtig, sie alle zu belügen? Sich erneut falsche Freunde zu schaffen und noch falschere Feinde? Müde griff er nach dem Kaffeebecher, schielte über Bells Brille hinweg kurz hinein und setzte das Porzellan an seine Lippen. Kalt und bitter. Doch er nahm einen kräftigen Schluck, ignorierte den vom Eckel hervorgerufenen Schauer, der ihm über den Rücken rann. Gestern Abend hätte er vermutlich eine ganze Kanne kalten Kaffees leeren können ohne dass er sich hätte schütteln müssen. Er hätte vermutlich nicht mal was geschmeckt, geschweige denn gefühlt. Es war blöd, das wusste er nur zu gut, aber irgendwie wünschte sich Shinichi dieses „Nichts“ zurück, diese Leere, die Gestern Abend in seinem Kopf geherrscht hatte. Doch bei dieser Ruhe, war es nicht lange geblieben, denn nachdem er es in einem tranceartigen Zustand gestern irgendwie nach Hause geschafft hatte und sich ins Bett fallen hatte lassen, war es mit der Stille aus und vorbei gewesen. Je weiter sich sein Puls senkte, desto mehr Emotionen und Gefühle holten ihn ein. Enttäuschung, Eifersucht, Wut und Trauer hatten ihre Gefährten und Gespielinnen gleich mitgebracht und seine Gedanken von dort an beherrscht. Sie alle waren in Begleitung des größten Poltergeistes von allen gekommen, seinem Gewissen. Denn Shinichi wusste genau, er sollte nicht so fühlen, nicht, wenn er in all den Jahren ehrlich zu sich gewesen war. Ein bitteres Lächeln huschte über seine Lippen, er schwenkte sinnlos seine Kaffeetasse im Kreis und beobachtete, wie inmitten der dunklen Brühe ein schwarzer Strudel seinen Schlund auftat. Shinichi schickte ein ersticktes Lachen voraus ehe er den Rest des widerlich kalten Zeugs allein um des Koffeins Willen hinunter spülte. In seinem Nacken hört er die Küchenuhr ticken, die ihn mit bitterer Beständigkeit daran erinnerte, dass er diesem neuen Tag nicht entkommen konnte. Die Hoffnung, ihr heute nicht über den Weg zu laufen, hatte er längst begraben, doch Shinichi musste sich eingestehen, dass es ihm grade recht wäre, wenigstens Hondo nicht mehr zu begegnen. Es reichte ihm schon, dass er sich mit ihm befassen musste, wenn er herausbekommen wollte, was sie hier zu suchen hatten. Die schlaftrunkenen Augen des Detektivs wurden mit einem Mal schmal. Mit einem kurzen Stöhnen rappelte sich Shinichi von dem Stuhl hoch, wollte grade anfangen, die wenigen Ideen und Ergebnisse für die Besprechung aus seinem Wust heraus zu sortieren, als er zum ersten mal die Klingel des kleinen Gästehauses hörte, um nur wenige Sekunden später dem eigentlichen Eigentümer die Tür zu öffnen. „Guten Morgen Dr. Matzudo, kommen sie nur rein, ich bin gleich soweit.“ In der Annahme, dass der Pathologe ihm folgen würde, ging Shinichi in Richtung Küche davon. Er spürte Matzudos Augen in seinem Nacken und auch wenn er in New York selten Besuch empfing, wusste Shinichi, dass er in Sachen Bell instinktiv gründlich war, sodass trotz Müdigkeit keine Gefahr für ihn bestand. In der Küche angekommen beseitige Shinichi notdürftig Toast samt Teller sowie seine Kaffeetasse, indem er alles in der Spüle deponierte. Erst jetzt wurde sich Shinichi der Unordnung bewusst, die er innerhalb einer einzigen Nacht in das Anwesen gebracht hatte, doch noch ehe er sich rechtfertigen oder gar entschuldigen konnte, ergriff sein Gastgeber selbst das Wort. Die Augen des Doktors studierten den zugepflasterten Kaffeetisch akribisch, während er sprach. „Wie es scheint, haben Sie die Nacht nicht ungenutzt gelassen Professor, irgendwelche neuen Erkenntnisse?“ Matzudo war dabei, ein mit Notizen bekritzeltes Ballt aufzuheben, bis sich Bell ihm mit einem höflichen Blick zuwandte und es den filigranen Fingern des Arztes entzog. „Nichts Weltbewegendes, fürchte ich.“ Mit diesem Geständnis begann Shinichi das wenige Brauchbare einzusammeln, klemmte das Zettelchaos in ein Buch und selbiges unter seinen Arm. Trotz all der Freundlichkeit, die der Pathologe ihm entgegenbrachte, hatte er nicht vor, sich von diesem Mann in die Karten schauen zu lassen. Doch als Shinichi wieder aufsah, prangte ein ehrliches Lächeln auf den Lippen des Arztes. „Sie haben vor, den Fall zu lösen.“ „Mhm?“ Shinichi blinzelte kurz, ob der seltsamen Feststellung, ehe sich ein aufgewecktes Grinsen auf seinen Lippen wiederfand. „Allerdings.“ Der Pathologe lachte erfreut, klatsche dabei in die Hände und richtete sich danach den Ring an seinem Finger, während er Bell fröhlich zunickte. „Ich bin wirklich froh darüber, dass York sie zu dieser Entscheidung überreden konnte. Sie sind gewiss eine Bereicherung für den Fall und die Polizei.“ Shinichi erwiderte das Lächeln, ging Matzudo voran in Richtung Flur und nahm noch während er sprach Bells Jackett von der Garderobe. „Das hoffe ich, Doktor.“ Doch hinter der Maske lag dieses Lächeln nicht. Diesmal waren sie nicht zu spät dran, außer einem genervten Hauptkommissar und einem noch etwas verschlafenen Pärchen hatte noch keiner am Konferenztisch Platz genommen. Bell begrüßte die kleine Gruppe flüchtig, die bei seinem und Matzudos Eintreten augenblicklich still geworden war und setzte sich Takagi gegenüber an den großen Tisch. Sein Blick glitt dabei sehnsüchtig zu dem beiden Weit geöffneten Fenstern; er wusste nicht ob es unbedingt die beste Idee gewesen war, die drückende Wärme von draußen mit der gedrückten Stimmung im Inneren des Raums zu mischen. Auch wenn sich derzeit kein Wölkchen über Tokio blicken ließ konnte man spüren, dass ein Unwetter im Anzug war. Während Sato und Takagi darüber debattierten, wie sehr Miwakos Mutter ihre kleine Enkelin verwöhnte, unterhielten sich Megure und Matzudo offenbar über einen gemeinsamen Bekannten, sodass Shinichi nichts weiter übrig blieb, als seine schnell zusammengesuchten Unterlagen zu sortieren. Erst als ein offensichtlich viel zu gut gelaunter Heiji Hattori das Zimmer betrat, schaute Shinichi über die Brille hinweg von seinen Unterlagen auf. „Guten Morgen, allerseits!“ Man grüßte zurück, und während Matzudo Megure die neusten Ergebnisse in die Hand drückte und verschwand, fand Heiji einen Platz neben Takagi und beäugte Bell mit einem scheinheilig aufgesetzten mitleidvollen Blick. „Na Professor, Sie schaun ganz aus, als hätten se ne schlechte Nacht gehabt?“ Genervt schaute Shinichi in das unverhohlen erfreute Gesicht Hattoris. Der Osakaner ärgerte sich zwar, dass Bell nicht halb so verschlafen aussah, wie er es erwartetet und erhofft hatte, aber der trübe Blick und das ausgiebige Gähnen des Amerikaners, waren Anlass genug zu dieser kleinen Stichelei. Shinichi antwortete nicht direkt, legte zuerst die Zeitung samt zwei unwichtigen Notizen zurück in sein Notizbuch. Es ärgerte ihn, dass er nur grade so ein weiteres Gähnen unterdrücken konnte, ganz zu schwiegen davon, was er Heiji gern an den Kopf geworfen hätte. So faltete er genügsam die Hände über seinen Unterlagen und sah den Detektiv des Westens mit einem lammfrommen Blick über seine Brille an, seine Stimme war ruhig, während er sprach. „Verzeihen Sie Kommissar Hattori, anscheinend bin ich einer der wenigen, die nicht seelenruhig ausschlafen können, während ein Mörder, den wir, nebenbei bemerkt, schon lägst geschnappt haben sollten, immer noch frei herum läuft.“ Shinichi konnte erkannte, wie der Mundwinkel seines Freundes entgeistert zuckte - diese Partie gewann Bell, der den Satz mit einem ruhigem Lächeln beendet hatte, welches sich jetzt dennoch zu einem Grinsen erweiterte. < 1:0 für mich, mein Freund.> Heiji aber erwiderte den Gesichtsausdruck des Amerikaners, auch wenn in seinen Augen noch immer Ärger glomm. Doch ehe das nonverbale Duell der beiden in die nächste Runde gehen konnte, griff Megure mit einem lauten Räuspern ein, sodass die beiden Streithähne ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten. „Schön, also was habt ihr gestern rausgefunden, Hattori? Irgendwelche Neuigkeiten?“ Heiji wand wiederstrebend den Blick von Bell ab, erklärte dann jedoch ausführlich zu welchen Ergebnissen bzw. Fragen sie der gestrige Tag gebracht hatte. „Zu allererst kann ich sie beruhigen, Megure. Ihre Leute haben sich keinesfalls nen Fehler erlaubt. Sie ham nich vergessen, nach nem weiteren Verwandten zu fragen. Man könnte eher sagen, dass es einfach keine gibt.“ „Wie bitte?“ Gelassen klärte der junge Kommissar die versammelte Gruppe auf, erläuterte den Vorfall, die Liebe samt ihrer Konsequenzen. „Ein Mord an einem Mörder also?“, murmelte der Hauptkommissar am Ende von Heijis Vortag nachdenklich. „Habt ihr rausbekommen, um was für ein Verbrechen es sich genau gehandelt hat?“ Bevor Heiji Megure sagte, was er gestern Abend noch herausgefunden hatte, nachdem er die halbe Nacht die Datenbank durchwühlt hatte, schwenkte sein Blick zu Bell, abwartend, ob der Professor ihm nicht vorgreifen wollte. Mit Bell im Augenwinkel begann er zu erklären. Der Mord war über zwölf Jahre her, damals hatten sich das Opfer und seine Freundin grade kennengelernt, aber es gab ein Hindernis. Die damalige Ex-Freundin hat die Finger nicht von ihm lassen können, war ihm gefolgt, hatte ihn beobachtete und sogar bedroht. Sie ging bis zum Äußersten und das Ganze hatte in einem Streit geendet. Sie hatte ihn nicht hergeben wollen, ihn als Besitz, als Eigentum gesehen und gedroht, seiner großen Liebe etwas anzutun, als es mit ihm durchging. „Deswegen hat das Gericht ihn nur zu einer Haftstrafe verurteilt. Soweit gehen zumindest meine Recherchen, da ich hier und nicht in Osaka bin, habe ich natürlich nich ausreichend Zugriff auf alles.“ Der Hauptkommissar verstand den Wink ganz offenbar und nickte Takagi auffordernd zu. „Wenn das so is, müssen wir noch Akten über den Fall haben. Bestimmt findet sich auch was im Pressearchiv. Takagi!“ „Schon notiert, Hauptkommissar.“ „Gut und apropos Presse, Sie haben doch den Fotografen überprüft, nicht wahr, Sato?“ Miwako nickte, steckte sich eine lose Haarsträhne hinter das Ohr fest, ehe sie mit Blick in die Runde ihre Ermittlungen erläuterte. Der Name des 28-jährigen Reporters laute Otuchi Kiraba, er bewohne ein kleines Appartement nicht weit vom Beka-Bezirk und wittere mit den Fotos ganz offenbar seine große Chance. Ihm sei es reichlich egal, was die Polizei über sein Vorgehen denke, erläuterte die Kommissarin gerade mit leicht säuerlicher Stimme, als ein Klopfen an der Tür sie rüde unterbrach. Als sich die Tür nach Aufforderung des Hauptkommissars öffnete, schwappte der Geruch von frischem Kaffee zu den Ermitteln herein und milderte die Tatsache der Verspätung etwas ab, als die Anwesenden die vielen braunen Pappbecher sahen, die den Raum betraten. Dennoch erschien ein ziemlich zerknirschter und durchaus genervter Kogoro Mori im Türrahmen, der, während er mit Megure sprach, immer wieder einen hitzigen Blick auf sein „Anhängsel“ fallen lies. „Verzeihen Sie Megure, aber Ran und die Kinder haben mich beschwatzt, sie mitzunehmen und da sie unbedingt noch Kaffee besorgen wollten, hat es etwas länger gedauert.“ Megure stieß nur ein entnervtes Seufzten aus, was waren schon ein paar graue Strähnen mehr gegen einen frischen Kaffee, erst Recht um diese Uhrzeit und bei diesem Fall. Er winkte den Inspektor an den Tisch und begrüßte nun auch Ran in ihrer Runde. Er stöhnte kurz und ertränkte statt einem, gleich zwei Päckchen Zucker in seinem Kaffee. Doch statt zu lächeln, nahm der Hauptkommissar nur einen kräftigen Schluck seines übersüßten Kaffees. Sein Herz hatte schon beim Klopfen an der Tür aufgehört zu schlagen. Er hatte genau gewusst wer draußen war. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte die Tür eigenhändig verbarrikadiert, obwohl ein Sprung aus dem Fester wohl auch noch eine nette Alternative gewesen wäre. Er stöhnte innerlich, ließ sich ein Stück tiefer in den Sitz gleiten. Selbst seine Gedanken beherbergten einen verzweifelten Ton, aber woher sollte sie wissen, wie sehr sie ihn allein mit ihrer puren Anwesenheit quälte, geschweige denn mit ihrer Nähe. Sie wusste ja noch nicht einmal, wer er war. Sie wusste es doch nicht. „Guten Morgen, Professor!“ Ihre Stimme riss ihn zurück in die Wirklichkeit, aber als er Rans strahlendes Lächeln vor sich sah, wusste Shinichi nicht mehr, ob die Hölle seiner eigenen Gedanken nicht die erträglichere gewesen war. Sie musterte den Professor nun ihrerseits, wurde leicht nervös, als das zu erwartende Lächeln auf den Lippen des Amerikaners ausblieb. Der graue Anzug, den er heute trug, ließ ihn irgendwie blass wirken und seine blauen Augen schauten durch sie hindurch als wäre sie Luft. Ihr Lächeln wurde unsicher, doch sie behielt es tapfer auf den Lippen, während sie ihm einen der beiden Kaffeebecher reichte. „Kaffee?“ „Mhm?“ Unsicher schielte er zu ihr herüber, und kam nicht umher, Ran eingehend anzusehen. Sie hatte sich die Haare heute hochgesteckt, sodass nur einzelne Strähnen ihr Gesicht umschmeichelten und das zarte Rot auf ihren Wangen besser zur Geltung kam. Unweigerlich kroch ein saurer Geschmack seinen Rachen hoch, ganz sicher hatte sie sich extra für ihn so fein heraus geputzt. Shinichis Zähne trafen knirschend aufeinander und er konnte nicht verhindern, dass einer seiner Mundwinkel zu zucken begann, ehe er ihr mit einem hervorgepressten Danke den Pappbecher aus der Hand nahm. Ran entging das merkwürdige Verhalten des Professors keineswegs, der grade die Plastikabdeckung entfernte seinen Kaffee jedoch nicht anrührte, sondern nur anzustarren schien. Bis gestern war er doch ganz redselig gewesen und heute? Heute sah er sie nicht einmal wirklich an. Sie schluckte, nervös knetete sie ihren eigenen Kaffeebescher in den Händen, ehe sie einen neuen Versuch startete, mit dem schweigsamen Amerikaner ins Gespräch zu kommen. „Wenn- wenn Sie möchten, Professor, kann ich Ihnen heute Abend die Stadt ein wenig zeigen. Ich meine… sich ein wenig auszukennen, ist bei einem Fall wie diesem doch sicher wichtig, oder?“ Doch statt sie endlich an zu sehen, lehnte der Amerikaner ab. „Ihr Angebot ist wirklich sehr freundlich Miss Mori, aber ich denke nicht, dass es die Mühe wert ist. Außerdem… haben Sie und Ihr Freund heute Abend bestimmt besseres zu tun.“ „Mein Freund?“ Rans Stimme klang vor lauter Überraschung fast heiser, verwirrt und unsicher schaute sie Bell an, dessen Blick galt aber noch immer den Tiefen seines Kaffeebechers. Für einen kurzen Moment wurde Ran heiß, sie hatte wenn auch nur flüchtig daran gedacht, Bell meinte ihn. Aber das konnte nicht sein, es war nicht möglich…, schließlich war er- schließlich waren sie nie ein paar gewesen. Woher sollte der Kriminalist wissen, dass ihr nur ein Name in den Sinn kam, wenn man von ihrem „Freund“ sprach. Die junge Frau schluckte, ihre Wangen brannten, während sie mit kaum wahrnehmbarer Stimme sprach. „W- Wen meinen Sie denn, Professor?“ Sie hörte nur, wie dieser laut die Luft einsog und für einen kurzen Moment glaubte Ran zu erkennen, wie sich Bells Miene minimal verzog. Shinichi nahm die Brille ab, führ sich über die Augen, um den Anblick des jungen Paars im Restaurant aus seinem Kopf zu bekommen. Abschätzend, doch nicht wirklich fähig, auch nur ein Wort zu lesen, fiel sein Blick auf seine Unterlagen, während er scheinbar ganz belanglos weiter sprach. „Na, der junge Mann von gestern Abend.“ Der bittere Klang von Bells Stimme verwunderte Ran, die nun langsam begriff, wen der Amerikaner meinte. Shinichi aber hatte Mühe, normal zu sprechen, unter gar keinen Umständen wollte er laut werden. „Sie hatten bestimmt einen netten Abend zusammen, und ich denke ihm käme ein Stadtbummel weit aus gelegener.“ Ran blinzelte verwundert, sie hätte über die Tatsache Lachen müssen, dass Bell Eisuke für ihren Freund hielt, wenn sie der kühle Ton des Professors nicht so verletzt hätte. So aber blieb ihr nichts übrig, als sich mit einem verlegenen Rotton zu erklären. „Aber Professor Bell, Eisuke ist-„ „Ran!“ Die Angesprochene fuhr aufgrund der etwas lauteren Stimme Megures herum. Der Hauptkommissar konnte seinen genervten Gesichtsausdruck nicht verbergen, währen der sie um Ruhe ersuchte. „Es freut mich wirklich, dass du dich mit unserem Gast so gut verstehst, aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn ich die Ermittlungen fortführen könnte.“ Aus den Augenwinkeln heraus schwenkte Shinichis blick auf Ran, die nun beschämt nickte und still ihre Finger in ihrem Schoß knetete. Schuld nagte an ihm und fraß sich immer weiter in sein Gewissen. Er hatte sich ja wirklich gut angestellt! Ein toller Schauspieler wirklich, das er eifersüchtig war, merkte man wohl auf drei Kilometer Entfernung. Es war unfair, er sollte sich für sie freuen, aber so sehr er sich auch bemühte, wenn er an Ran in Hondos Armen dachte, kam ihm die Galle hoch! Megure schien von alldem jedoch nichts zu bemerken, nickte Ran stattdessen dankbar zu, ehe sein Blick wieder in die Runde glitt. „Also, wo waren wir? Ach ja, die Presse. Was halten sie also von dem Kerl, Kommissar Sato?“ Die Polizeibeamtin schob ihre Unterlagen zu einem ordentlichen Stapel zusammen, ehe sie mit leicht säuerlichem Tonfall antwortete. „In jedem Fall sollten wir auf ihn achten, ganz koscher ist der sicher nicht. Aber wir haben weder Beweise, ein Motiv, noch irgendeine Verbindung zu den Opfern.“ Der Hauptkommissar nickte nachdenklich, kurzum, sie hatten gar nichts. Bisher waren all ihre Ermittlungen ins Leere gelaufen und dieser Irre befand sich noch immer auf freiem Fuß. „Gut. Behalten Sie ihn im Auge. Weiter, wie sieht es aus mit Opfer Nummer zwei? Aus Dr. Matzudos Ergebnissen lassen sich keinerlei Auffälligkeiten erkennen. Was habt ihr raus gefunden, Heiji?“ Der Angesprochene schob dem Hauptkommissar seinen Bericht zu, ohne sich lange mit Einzelheiten aufzuhalten. „Die Befragung lief größtenteils ergebnislos ab, dennoch lieferten uns die Angehörigen endlich eine erste Verbindung zwischen den Opfern.“ Ein kurzes triumphierendes Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Sie erkannten das erste Opfer auf dem Foto, das wir ihnen zeigten und berichteten uns dass ihre Tochter den Mann öfter mal in einem Café in der Nähe begegnet sei, wir haben also eine erste Spur.“ Der Hauptkommissar holte schon aufgeregt Luft, um Heiji mit weiteren Fragen zu löchern, doch Bell funkte ihn mit sachlichem Ton dazwischen. In den Worten des Amerikaners war nicht ein Hauch von Euphorie zu hören, die sich bei den anderen nach Heijis Erklärung breit gemacht hatte. „Ich denke, wir haben mehr als „nur“ das Café.“ Sein Blick fiel fragend zu den Detektivboys, streifte Ran unwillkürlich ebenso. „Kam euch an den beiden nichts seltsam vor?“ Die Oberschüler sahen ihn verdutzt an. „An den Eltern?“ Genta sah aus als hätte man ihm grade gestanden, dass Aal auf Reis ausverkauft sei, doch auch die anderen Mitglieder der Detektivboys taten sich mit einer Antwort schwer. „Nun, sie waren ein wenig… durcheinander.“ „Und traurig, natürlich.“, fügte Ayumi an, ihr Blick blieb dabei auf ihrem mittlerweile leeren Becher geheftet. Shinichi aber seufzte nur, es war das gleiche wie mit seinen Studenten, die drei hatten sich gestern von dem ganz oberflächlichen Verhalten täuschen lassen. Genau diese Reaktion erwartete man von jemandem, dessen Tochter grade ermordet worden war. Aber da steckte noch mehr dahinter. Er wusste zwar noch nicht was, aber er wusste, dass die beiden gestern nicht ganz ehrlich zu ihnen gewesen waren. Als Antwort auf die Vorschläge der drei schüttelte der Detektiv nur den Kopf. „Nein, nein, ich meine eher das-„ „Mr. Bell.“ Der raue Ton, in dem Megure ihn unterbrach, ließ sogar Shinichi zusammenzucken. Langsam drehte er sich zu dem Hauptkommissar um, der sich um einen neutralen Blick bemühte, doch an dem Zucken seines Schnurrbartes konnte Shinichi erkennen, dass es ihm gar nicht passte, dass der Ausländer jetzt vom Thema abwich. „Die beiden haben grade ihre Tochter verloren, da ist es jawohl nicht weiter verwunderlich, dass sie ein wenig neben sich stehen, oder?“ Shinichi wollte ihm grade widersprechen, als Heiji ihm ins Wort fiel. „Ich denke, wir sollten uns jetzt erst mal darauf konzentrieren, vielleicht erfahren wir so auch etwas über den Täter, oder ham se vielleicht etwas dagegen, Professor?“ Bell kam dem auffordernden Blick seines Kollegen nach, für eine kurze Zeit begegneten sich die Blicke der beiden Detektive, ehe Bells blaue Augen sich schließlich ergeben senkten. Er konnte ja verstehen, das Megure jetzt erst mal auf Heijis Zug aufgesprungen war, zum einen war er eigentlich nicht wirklich Teil der Mannschaft und zum anderen hatte Hattori dem Hauptkommissar einen Funken Hoffnung beschert. Kein Wunder, dass er sich den nicht so einfach wieder ausreden lassen wollte. Doch Shinichis Blick blieb unbemerkt, der Kommissar aus Osaka war schon längst dabei, dem Hauptkommissar die Fakten über das kleine Café zu unterbreiten, allerdings mit ziemlich ernürchterndem Ergebnis. Bei so einem Fall war die Untersuchung des Café leider nicht so einfach wie manch ein Laie es vielleicht aus den Detektivromanen kannte. Sie konnten nicht einfach dort auflaufen und Gäste sowie Inhaber befragen, ohne dass es jemand mitbekommen hätte und ein solches Etablissement mit einem Mord in Verbindung gebracht wurde. Dies würde nicht nur das Interesse der Medien nach sich ziehen, sondern auch eine Anklage seitens des Inhabers wegen Rufmords und einen Termin mit dem Gericht mit sich bringen. Beides waren Termine, die die Polizei im Allgemeinen nicht schätzte und denen der Hauptkommissar unter allen Umständen aus dem Weg gehen wollte. So schnell würde es also nicht zu einem Besuch des Cafés kommen. Sie verloren Zeit. Zeit, die sie dringen brauchten. Zeit, in der sich der Mörder ein neues Opfer suchen konnte. Für ihn galten diese Regeln jedoch nicht. Shinichi konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, es hatte von jeher einen Grund gehabt, dass er sich nicht der Polizei untergeordnet hatte. Gegen einen harmlosen amerikanischen Touristen konnte schließlich niemand etwas haben. Einige Häuserblocks vom Polizeirevier entfernt brachte ein etwas zerstreuter Wissenschaftler keinen Bissen seines morgendlichen Rühreis hinunter. Zum Einen, weil seine ehemalige Mitbewohnerin eine derartige Cholesterinbombe bestimmt nicht gut geheißen hätte, zum anderen, weil sein Magen bereits randvoll mit Zweifeln und Selbstvorwürfen gefüllt war. Aus dem, was Vorgestern noch Erleichterung und Freude gewesen war, wurde nun Sorge, die wie ein blutrünstiger Moskito alle Standhaftigkeit aus Professor Agasa hinaus sog. Der alte Mann seufzte, rutschte unruhig in seinem Stuhl hin und her, während sein Blick erneut auf sein Foto in der Zeitung fiel. Namen waren zwischen ihnen beiden genauso wenig gefallen wie irgendein Versprechen und doch wusste Agasa genau, dass es ihm wahrscheinlich lieber war, wenn er keinem etwas sagte. Genau wie damals. Aber genau wie damals wurde der Professor von der treue zweier Parteien hin und her gerissen. Natürlich war es nicht richtig, etwas zu sagen, aber genauso falsch schien es ihm, in diesem Moment zu schweigen. Wenigstens ihnen gegenüber, seinen Eltern. Der Professor schluckte, für einen kurzen Moment blieb sein Blick abermals an seinem Bild hängen. Seinem falschen Bild, mit falschem Gesicht, falschem Alter und falschem Namen. Zumindest ihm musste er es erzählen, vielleicht hatte er eine Idee, wie sie alle mit diesem Geheimnis umgehen sollte. Mit verkrampfter Miene stand der Professor vom Küchentisch auf, verfrachtete nun gänzlich appetitlos das mittlerweile kalte Rührei in die Mülltonne und stellte den Teller in die Spüle. Außerdem war es vorerst besser, wenn er es nur ihm erzählte, Yusaku konnte dann immer noch entscheiden, ob es für Yukiko gut war, Bescheid zu wissen, oder eben nicht. Trotz seines ach so tapferen Entschlusses, dauerte es bemerkenswert lange, bis der Professor sein Nachbarhaus erreichte und sein Finger in Richtung Klingel wanderte, doch grade in diesem Moment riss jemand von innen die Tür auf, als hätte man sein Kommen erwartet. „Guten Morgen, Hiroshi!“ Yukiko blieb abrupt vor ihm stehen, sah ihn überrascht, wenn auch freundlich an. „Wenn du zu Yusaku willst, der hat sich mal wieder in der Bibliothek verbarrikadiert, sag ihm, dass ich sein Auto zum Einkaufen nehme, es steht günstiger.“ Agasas Reaktion belief sich auf ein kurzes Blinzeln während Yukiko sich von ihm verabschiede. Ihre Locken wippten rauf und runter während sie zum Wagen lief, die Schauspielerin hatte es ganz offensichtlich eilig. Der Professor hörte, wie der Wagen aufheulte und schloss langsam und noch immer ein wenig paralysiert die Tür hinter sich. Schweren Schrittes ging der Professor durch die Räume der Kudo’s, eigentlich hätte er sich freuen sollen, dass langsam wieder Routine im Leben seiner Nachbarn eingekehrt war, aber das Gefühl ließ ihn nicht los, dass sich diese Ruhe bald wieder ändern sollte. Yusaku erwartete ihn in der großen Bibliothek des Anwesens. Der Autor schaute nicht auf, als der Professor den Raum betrat, seine Finger hämmerten ununterbrochen auf die Tastatur seines Laptops ein, während die Asche seiner Zigarette, die er zwischen die Lippen gepresst hatte, langsam dahin schmorte, ohne dass er auch nur einen Zug Nikotin nahm. Da der Professor Yusaku gut genug kannte, wusste er, dass er ihn sehr wohl gesehen hatte und so war es auch. Nur kurz, nachdem der Professor den Raum betreten hatte, verstummte das Klappern der Tastatur und Agasa hörte, wie der Laptop sich langsam in den Stand-by-Modus verabschiedete und die beiden alleine ließ. Noch ehe Yusaku aufschaute, drückte er den kümmerlichen Rest seiner Zigarette in einen leeren Aschenbecher, der Professor wusste, dass dieser ohne Yukikos Abneigung gegen den Zigarettengestank wahrscheinlich heute morgen schon überlaufen würde. Als der Autor nun endlich zu einer Begrüßung aufsah, bemerkte er die ungewohnte Blässe auf den Wangen seines Nachbarn, der nun langsam auf ihn zu ging und sich auf den Stuhl gegenüber Yusaku nieder ließ. „Guten Morgen Professor, was gibt‘s?“ Doch der Angesprochene überging die Frage mit einem Lächeln, während seine Hände nervös in seinem Schoß miteinander rangen. „Yukiko ist grade in die Stadt um ein paar Besorgungen zu machen, ich soll dir ausrichten, dass sie dein Auto nimmt, sie hatte wohl keine Lust, die Wagen noch umzuparken.“ Auch wenn Yusaku der Gedanke gar nicht recht war, dass seine Frau den armen alten Motor seines Wagens nun wieder auf Hochtouren brachte, ging er nicht auf das Manöver des Professors ein, hob stattdessen eine Augenbraue und unterlegte seine Frage mit einem leicht skeptischen Ton. „Was ist los, Hiroshi?“ Ertappt sog der alte Mann die Luft ein, wich den Augen von Shinichis Vater aus, während er mehr mit seinem Bart sprach als mit seinem alten Freund. „Hast du schon mal was von William Bell gehört, Yusaku?“ Da die Augen des Professors immer noch auf seinen Händen ruhten, hatte er keine Gelegenheit, auf eine Reaktion des Autors zu achten, und wenn, hätte er außer einem leichten Zucken der filigranen Hände nichts weiter gesehen. Erst als es eine Weile dauerte, ehe sich Yusaku erneut regte, blickte der Professor auf. Das kurze Zischen, das er statt einer Antwort gehört hatte, kam von Yusakus Feuerzeug, mit dem er sich grade die nächste Zigarette entzündete. Besorgt schaute Agasa über die Tischplatte hinweg zu ihm, dass Yusaku so viel rauchte, war meist ein Anzeichen von Stress. Doch noch ehe der Professor etwas sagen konnte, stand Yusaku auf, entfernte sich langsam vom Schreibtisch, ehe er mit dem Rücken zu seinem Freund vor einem der vielen Regale stehen blieb. „Was ist mit ihm?“ Agasa schluckte, merkte wie seine Kehle mit einem mal trocken wurde. „D- Du weißt sicher, dass er an dem „Holmes-Fall“ hier in Japan beteiligt ist.“ Der Professor konnte nicht sehen, dass sich die kleinen Haare in Yusakus Nacken bei seinem Namen aufstellten, der Autor konnte nicht verhindern, dass sich sein Herzschlag langsam beschleunigte, als er seinem Nachbarn grummelnd Recht gab. „Mhm… ich habe in der Zeitung was über ihn gelesen. Und außerdem-„ Er zog ein Buch aus dem Regal, vor dem er stand, ging damit gemächlich zurück zum Tisch und legte es Agasa vor die Nase. „Außerdem ist er mir, wie Sie sehen, auch sonst nicht ganz unbekannt. Also, was ist mit ihm, Professor?“ Der Schriftsteller hatte sich leicht nach vorn gebeugt, stützte sich mit der einen Hand auf der Schreibtischplatte ab, während er mit der anderen seine glimmende Zigarette hielt. „Also?“ Unweigerlich musste Agasa schlucken, er erschrak beinahe selbst vor seiner nun rauen Stimme, als er unsicher zu erklären begann. „Ich bin ihm begegnet, vor- vorgestern erst.“ Wieder sah der Professor die Szene vor seinem inneren Auge ablaufen, das Ganze kam ihm so real vor, dass sogar Yusakus Zigarette anfing, wie die Räucherstäbchen vom Friedhof zu riechen. Wie sollte er dem Schriftsteller klar machen was er glaubte? Wie sollte er es Yusaku erklären? Er konnte es ich ja noch nicht einmal selbst erklären. In Wahrheit hatte der Professor keine Ahnung wie Shinichi das angestellt hatte, er wusste ja nicht einmal, wie dieser unter der Maske des Amerikaners aussah, wenn es denn eine Maske war. Das Einzige, was er mit Bestimmtheit wusste, auch wenn er nicht erklären konnte wieso und erst Recht nicht wie, war, dass er nicht nur William Bell, sondern auch Shinichi Kudo vor ein paar Tagen getroffen hatte. „Es- es ist Shinichi. Bell, er ist Shinichi.“ Der Professor hatte die wenigen Worte geradezu aus sich heraus gepresst. Ohne Erklärung, ohne Drumherum, nur diese eine Wahrheit, die jetzt ausgesprochen nur noch unglaubwürdiger in seinen Ohren klang. Agasa kniff die Augen zusammen und wartete auf eine Reaktion Yusakus. Doch es kam nichts. Auch als sich sein Puls langsam wieder im Normalbereich befand, herrschte um ihn herum noch immer Stille. Nur langsam erlaubte sich Agasa, wenigstens eins seiner Augen wieder zu öffnen und etwas unsicher zu seinem Nachbarn aufzusehen. Was er dann jedoch sah, ließ ihn das Atmen für ein paar Sekunden vergessen. Yusaku hatte sich nicht von ihm abgewandt, er stand noch immer ruhig vor ihm, die grauen Überreste seiner Zigarette bildeten einen fragilen grauen Turm an der Spitze des Filters. Über den dunkelblauen Augen des Schriftstellers lag ein düsterer Schatten. Der Professor wurde leicht blass um die Nase, er konnte spüren, wie kleine Schweißtropfen ihm den Nacken herunter rannen. Ungläubig starrte er zu seinem alten Freund hinauf, konnte nur gerade so verhindern, dass ihm der Mund offen stehen blieb. Der Schriftsteller schluckte, wandte sich abrupt vom Professor ab, als er dessen Blicke spürte, und begann sich in steifen Schritten von ihm zu entfernen. Agasa aber teilte die Ruhe seines Freundes nicht länger, dem Wissenschaftler dämmerte, was hier los war, dieses Verhalten war typisch, sowohl für Vater als auch Sohn. „Yusaku!?“ Die nun strenge Stimme von Professor Agasa ließ ihn mitten in der Bewegung stoppen, sein Puls raste und der Wissenschaftler konnte hören, wie sein Freund schwer ausatmete. Yusaku wartete nur darauf, dass Agasa ihn zur Rede stellen würde, doch für eine ganze Weile herrschte Stille zwischen den beiden Männern. Es dauerte lange, bis der Professor seinen Atem wiederfand. „Du- du wusstest es? Yusaku, du hast es gewusst!?“ Yusaku, der die raue und leicht anklagende Stimme Agasas hörte, biss sich unweigerlich auf die Lippen, er kniff die Augen zusammen und ballte seine Hände zu zittrigen Fäusten, um sich irgendwie im Griff zu behalten. Es musste ja so kommen. Er schluckte, lehnte den Kopf leicht in den Nacken und starrte an die Decke. Er hatte schon geahnt, was Agasa von ihm wollte, als der, leicht blass im Gesicht, die Bibliothek betreten hatte. Er hätte sich besser im Griff haben müssen, als der Professor anfing, über ihn zu reden, aber es ging einfach nicht, nicht, wo ihm Agasa bestätigte, was er schon so lang glaubte, aber nie wirklich zu hoffen gewagt hatte. Der Schriftsteller seufzte lautlos, er hatte sich verraten, den Professor jetzt noch zu belügen hätte keinen Sinn gehabt, außerdem brachte er es einfach nicht fertig. Yusaku konnte es nicht. Ein trübes Lächeln bildete sich kurz auf den Lippen des Autors. Er seufzte, schluckte kurz ehe er sich dem Professor zuwandte, der noch immer abwartend vor ihm stand. Die Haltung und der ihm ausweichende Blick des berühmten Schriftstellers sagte dem Professor genug, Agasas Augen weiteten sich ein weiteres Mal, er konnte einfach nicht glauben, was hier grade passierte. „Du hast es also gewusst, die ganze Zeit über. Und du hast nichts gesagt! Verdammt Yusaku, du hast es gewusst und wir alle dachten er-„ „Hiroshi, bitte.“ Mit ruhiger Stimme unterbrach Yusaku seinen Freund, dessen noch am Anfang geflüsterten Worte schnell zu einer lauten Anklage geworden waren. Der alte Mann schüttelte nur den Kopf, ließ sich erschöpft wieder in den Sessel sinken und massierte sich müde die Schläfen. „Ich- ich kann das einfach nicht glauben.“ Der Schriftsteller schluckte, ging zurück zum Tisch setzte sich jedoch nicht, sondern drückte endlich die Zigarette aus, welche er allenfalls gekostet, aber nicht geraucht hatte. „Ich habe es nie wirklich gewusst.“ „Aber du hast doch-…“ Yusaku blockte Agasa, der nun wieder zu ihm sah, mit einer Handbewegung ab. „Ich habe es geahnt, ja, aber gewusst- gewusst habe ich es bis eben nicht.“ Seufzend ließ sich der Schriftsteller nun ebenfalls wieder in seinen Stuhl sinken, fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Noch immer sah er den Professor nicht an, Agasa aber schluckte nur, schüttelte noch immer ungläubig den Kopf. Er konnte es nicht verstehen. „Aber wie, Yusaku? Wie um Himmels willen… oder- hat er es dir etwa gesagt?!“ „Nein-“, der Autor seufzte, lehnte sich im Stuhl zurück und starrte der Deckenleuchte entgegen. „Ich sagte doch, ich habe es nicht wirklich gewusst.“ Als sich seine Augen senkten, erkannte der Professor einen Hauch von Schmerz, der ihm bestätigte, dass Shinichi selbst seinem Vater nichts erzählt hatte. Yusaku aber überging die Situation, klärte den Professor über seine Schlussfolgerungen auf. „Hier.“ Er richtete sich auf, schob Agasa mit einem auffordernden Nicken das Buch zu, welches er eben aus dem Regal genommen hatte. „Er hätte mir gleich einen Fingerabdruck schicken können, es wäre das gleiche gewesen.“ Der Schriftsteller lachte freundlos, schüttelte nur den Kopf. „Der Stil, die Art und Weise des Schreibens und die Wortwahl geben immer Rückschlüsse auf den Autor. Für einen Fremden existieren diese Dinge nur als Wiedererkennungswert eines Schriftstellers, für jemanden, der den Autor kennt und sich ein wenig interessiert, ist das eine persönliche Unterschrift, die man jedes Mal, gewollt oder nicht, hinterlässt.“ Für einen kurzen Augenblick strichen die filigranen Finger des Schriftstellers über den in Gold geprägten Namen des Autors, ein kleines Lächeln flackerte über Yusakus Lippen, während seine Augen auf dem Namen hängen blieben. Doch je länger die Augen des Vaters auf dem falschen Namen Shinichis ruhten, desto rascher verschwand das blasse Lächeln auf seinen Lippen auch wieder. „Wie geht es ihm?“ Agasa blinzelte kurz, sah hinüber zu Yusaku, der ihn ebenfalls mit strengen Blick musterte, doch nicht nur in seinen Worten, sondern auch in seinem Gesicht war nun Sorge zu erkennen. Seit zehn Jahren hatte er nichts mehr von seinem Sohn gehört. Der alte Mann schluckte kurz, zupfte sich unbeholfen am Kragen, doch leichter schien im dadurch weder das Atmen, noch die Antwort zu fallen. „Oh… ich-, ich weiß nicht genau. Soweit ich das beurteilen kann würde ich sagen es geht ihm gut. Auch wenn er aufgrund der Umstände ein wenig mitgenommen aussah.“ Yusaku merkte gleich, dass der Professor in Gedanken wieder vor Shinichi stand, die trüben Augen seines Nachbarn schweiften in Erinnerungen zur Seite, sodass sich der Schriftsteller erst bemerkbar machen musste, um eine Antwort zu bekommen. „Mhm?“ Der Professor schluckte, rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Also, unser Treffen- wir, ich bin ihm auf dem Friedhof begegnet.“, begann der Professor drucksend, ein kurzer Blick zu Yusaku reichte jedoch, um zu wissen, das dem Autoren diese Antwort nicht reichte. „Ich war bei ihr, ich denke- ich weiß nicht ob er danach gesucht hat. Er schien jedenfalls ein wenig geschockt zu sein.“ Yusaku nickte, schluckte, doch der Kloß in seinem Hals bewegte sich nicht. „Also hat er es noch nicht gesehen…“, murmelte der Schriftsteller mehr zu sich selbst, als zu seinem Besuch, während er sich nachdenklich über den Bart strich. Der Professor aber wurde nun wieder aufmerksam, er ahnte, was Yusaku meinte und schaute ihn nun leicht verwirrt an. „Wie? Was meinst du Yusaku? Er- Shinichi muss doch wissen-“ „Nein. Nein, Hiroshi.“ Die Tonlage, mit der Yusaku den Professor unterbrach, war nicht laut, aber dennoch sehr bestimmt, genauso wie seine Augen, deren scharfer Blick nun wieder auf Agasa gerichtet war. „Ich denke, er weiß es nicht.“ „Ja- Aber?!“ Doch der Schriftsteller überging den Professor mit einer hektischen Handbewegung. „Nicht so wichtig, und auch alles nur Vermutungen.“ Ohne dass Agasa noch mal hätte einhaken können, sprach Yusaku weiter. „Sie haben doch sonst keinem davon erzählt, oder?“ Doch der leicht angehobenen Augenbraue Yusakus konnte der Professor nur mit einem Kopfschütteln begegnen. „Nein, natürlich nicht.“ „Gut. Das muss auch so bleiben Professor, es ist besser so.“ Der aber machte ein Gesicht, als hätte man ihm grade Zitronen pur serviert, das Ganze schmeckte dem alten Mann ganz und gar nicht. „Aber Yusaku, vielleicht braucht er unsere-„ „Hilfe?“ Yusaku schluckte kurz, schüttelte dann aber bestimmend den Kopf. „Wenn er sie braucht, kann er sie gerne bekommen. Aber wir kennen uns mit dem Fall mittlerweile nicht mehr gut genug aus, Professor. Glauben Sie nur, mir passt das genauso wenig wie Ihnen, aber wenn wir jetzt eingreifen, richten wir vermutlich mehr Schaden an, als dass wir ihm helfen.“ So gelassen Yusakus Stimme im ersten Moment auch wirkte, als er seinen Satz beendete, hatte der Professor das untrügliche Gefühl, dass ein „Tut mir leid“ unausgesprochen auf den Lippen des Autors lag. Denn genauso sah Yusaku in diesem Moment aus. Es tat ihm leid. Es tat ihm leid, dass er einfach nichts tun konnte. Yusaku musste Shinichi jetzt weiter gewähren lassen, ob ihm das nun passte oder nicht. Der Professor schluckte, nickte aber und verfolgte Yusaku, der nun wieder den Laptop aufklappte, um seinem Nachbarn so mittzuteilen, dass das Gespräch fürs Erste zu Ende war, doch der Wissenschaftler hatte immer noch was auf dem Herzen. „Was ist mit Yukiko?“ Die Hände des Autors stoppten augenblicklich, blieben eingefroren auf der Tastatur liegen. Der Professor hätte diese Frage nicht stellen müssen, das wussten sie beide, dennoch, und aus Höflichkeit vor seinem Gegenüber, tat er es doch. „Weiß sie es?“ Die Antwort des Schriftsellers kam zögernd. „Nein…, nein sie weiß es nicht.“ „Aber Yusaku, sie muss ja denken, dass-„ Der Autor nickte nur, holte beschwerlich Luft und schaute dem Professor in die von Falten umrandeten Augen. „Es ist sicherer für sie, wenn sie es nicht weiß, Professor. Sie ist seine Mutter, Yukiko würden keine zehn Pferde davon abhalten, ihrem Sohnemann zur Hilfe zu eilen. Vernunft hin oder her… sie ist seine Mutter.“ „Aber-„ „Bitte, Professor. Bitte.“ Yusaku schaute auf, er konnte dem Professor ansehen, dass ihm nicht wohl bei der Sache war, überhaupt hatte der alte Mann in den letzten Jahren viel mitmachen müssen und er hatte viel verloren. Dennoch nickte Agasa jetzt und verließ den Raum. Der Schriftsteller schaute seinem alten Freund besorgt nach, auch wenn das Wissen um Shinichi ihn erleichterte, so musste sich der Professor nun mit den gleichen Fragen quälen, die auch ihn selbst schon lange plagten. Sein Blick fiel zu dem Buch, das noch immer am Rande der Tischplatte lag, an dem Einband konnte man erkennen, wie gut Yusaku es wirklich studiert hatte. Immer wieder waren ihm Zweifel gekommen, nun endlich hatte er seinen Beweis. Ein trauriges Lächeln huschte unter dem grau melierten Bart hervor. „Passen Sie auf sich auf… Professor Bell.“ Hallöchen ihr Lieben, ich hoffe das Kapitel hat euch trotz des Füller-Charakters gefallen. Im nächsten geht’s dafür wieder Rund und der gute Bell verliert zum ersten Mal sein Gesicht ;D Vielen Dank fürs Lesen und vor allem auch ein RIESEN Dankeschön an alle Kommentatoren/innen. Helau, Alaaf bis zum nächsten Mal, Liebe Grüße, eure Shelling Ford Kapitel 12: Tat und Täter ------------------------- Tat und Täter Die Luft war von Wasser geschwängert, drückte sich feucht und kalt in seine Lunge. Erste Regentropfen prasselten auf seine Schultern und sickerten langsam durch die Perücke, als er endlich vor dem kleinen Café zum Stehen kam. Shinichi musste nicht erst aufsehen, um zu wissen, dass es keine zehn Minuten mehr dauern konnte, bis es richtig schüttete. Der vermeintliche Amerikaner seufzte kurz, er würde nicht drum herum kommen, sich ein Taxi zu rufen, wenn er nicht wollte, dass der Guss ihm Bells Visage vom Gesicht wusch. Die schweren Regenwolken verdunkelten den ohnehin schon abendlich gefärbten Himmel und hüllten die hereinbrechende Nacht in ein tiefschwarzes Gewand. Umso einladender wirkte das kleine Café, vor dem er jetzt stand. Mit einem Blick durch die Fenster erkannte Shinichi, dass alles zum Schließen bereit war. Die Auslagen in der Theke waren verschwunden, die Lichter bis auf das Nötigste erloschen und die Stühle hochgestellt, während die Gäste sich schon längst auf den Heimweg gemacht hatten. Allein das kleine Schild an der weiß lackierten Eingangstür erweckte Hoffnung in dem Detektiv. Geöffnet Behutsam drückte er den Türgriff hinunter, ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht, als die Tür sich öffnete. Nachdem Shinichi in das beheizte und vor allem trockene Café eingetreten war, hörte er hinter sich die Tür ins Schloss fallen, ein paar fast schon altertümliche Glöckchen kündigten mit ihrem hellen und freundlichen Gesang den Gast an, doch auch auf ihr Lied zeigte niemand eine Reaktion. Shinichis Blick huschte über die Theke, suchte nach einem Licht in irgendeinem Hinterzimmer, doch ein Ergebnis blieb aus. „Hallo?“ Auch sein Rufen lockte niemanden aus seinem Versteck, skeptisch sah er sich um, trat ein paar Schritte in den Raum und versuchte es erneut. „Hallo!?“ Er hatte sich bemüht, seinen Ton freundlich klingen zu lassen, obwohl Shinichi schon längst ahnte, dass er auch diesmal wieder keine Antwort bekam. Sein Blick verdunkelten sich, als er langsam in das kleine Café eintrat, ehe er auf Höhe der Theke stehen blieb und lauschte. Die Regentropfen hatten an Gewicht zugelegt, prasselten in lauten Akkorden auf das kleine Vordach, nicht mehr allzu weit entfernt war ein heiseres Grummeln zu hören. Das Gewitter kam näher. Doch der Sturm war es nicht, der die Aufmerksamkeit des Detektivs auf sich zog - auf dem kleinen Herd neben der Theke stand ein altmodischer Wasserkessel, der in einem schrillen Ton pfiff. Ruhig ging er darauf zu, zog die Kanne vom Herd und schaltete ihn aus. Shinichis Augen ruhten auf der Silberkanne, deren ohrenbetäubender Schrei langsam zu einem kleinen kummervollen Wimmern abebbte, schwenkte dann zu der vereinsamten Porzellantasse, in der ein noch unbenutzter Teebeutel seine Ruhe gefunden hatte. Seine Stirn legte sich in Falten, während er auf den so sorgsam vorbereiteten Feierabendtee schaute, vielleicht hätte er doch nicht ganz allein hierher kommen sollen. „Wusst ich‘s doch.“ Heijis Zischen brachte die Windschutzscheibe, an die er seine Nase gepresst hatte, zum Beschlagen, Megure aber kommentierte die Bemerkung seines Begleiters nicht, blieb stumm und blickte noch immer zu der jetzt wieder geschlossenen Tür des kleinen Kaffees. Immer mehr Regentropfen sammelten sich auf der Windschutzscheibe seines Autos, wenn sie noch was sehen wollten, würden sie gleich den Scheibenwischer anschalten müssen. Seufzend richtete Megure seinen Blick auf seinen Beifahrer, Heiji saß nun zwar wieder grade, aber dennoch angespannt neben ihm, konzentriert, fast so als könnte der junge Kommissar hören, was in dem kleinen Café besprochen wurde. Aber immerhin, er hatte Recht gehabt, als er gesagt hatte, dass Bell heute hierhin kommen würde. Ein mattes Lächeln schlich sich kurz unter den Bart des Hauptkommissars, denn vor lauter Misstrauen vergaß Hattori völlig, dass er selbst sich heute Abend ebenfalls wahrscheinlich wieder allen Vorschriften hierhin geschlichen hätte. Doch genau das bekam der sonst so gute Kriminalist nicht mit, er sah nur was er sehen wollte, was in das Muster passte, welches er sich gestrickt hatte. Aber wieso? Hattori war doch sonst nicht so, nicht ohne Grund hatte er sich in seinen jungen Jahren zum Kommissar gemausert. Was also war es, das ihn in diesem Fall so blind werden ließ? Natürlich der Fall von damals, die Verbindung mit Bell und dem Holmes-Fall, die er vermutete. Aber dennoch, normalerweise war Hattori dann erst Recht zurückhaltend, man hatte ihm jeden Wurm aus der Nase ziehen müssen, weil der Kommissar selbst so ungern darüber sprach. Warum beeinflusste also ausgerechnet Bell ihn so? „Wieso?“ Megures Augen, die sonst gerne vom dunklen Schatten seines Hutes verdeckt wurden, richteten sich scharf, aber auch neugierig auf seinen jungen Partner. Der aber blinzelte aufgrund der allein stehenden Frage nur, sah seinen Vorgesetzten aus dem Augenwinkel heraus an, sodass es ihm nicht entgehen würde, wenn sich vor ihnen etwas tat. „Mhm?“ „Wieso hängst du dich so an ihm auf? Weshalb stört er dich so?“ Die Frage hing in der Luft wie die Schwüle des Gewitters, schwer, stickig und nur mit viel Wasser weg zu spülen. Widerwillig richteten sich Heijis Augen nun ganz auf den Hauptkommissar, jedoch nur, um kurz darauf die in dunkelgrau gehaltene Armatur des Wagens zu studieren. Das Trommeln der Regentropfen auf dem Dach wurde nun immer lauter, instinktiv kurbelte der Hauptkommissar ein Fenster ein Stück herunter, um das Beschlagen der Scheiben zu verhindern, jedoch ohne seinen Kollegen dabei aus den Augen zu lassen. „Was ist es, Heiji?“ Die grünen Augen richteten sich kurz auf Megure, ehe sie sich langsam wieder senkten. Er könnte ihm jetzt alles erzählen, sagen, dass Bell Ran und Kazuha beobachtet hatte, sagen, dass er bei dem Anblick Eisukes zu einem Eisblock erstarrt war, wie angespannt er heute in der Anwesenheit Rans gewesen war und wie er versucht hatte, sich bei ihr über Eisuke schlau zu machen. Sagen… das mit diesem Kerl einfach irgendetwas nicht stimmte. Aber er tat es nicht, genauso wenig wie er dem ergrauten Hauptkommissar sagte, welches Leben vor so vielen Jahren wirklich zerstört worden war, und wieso. Dennoch, aus dem Augenwinkel heraus erhaschte er einen kurzen Blick auf Megure, ohne eine Antwort würde er hier jetzt nicht mehr raus kommen. „Er weiß mehr, als er vorgibt zu wissen.“ Der Hauptkommissar nickte. „Ja, das sagtest du bereits.“ Doch der Osakaner schüttelte nur den Kopf. „Nein, nein das meine ich nicht, ich vermute das nicht nur, ich weiß das…“ Doch der Kommissar kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, denn ein greller Schrei zerriss ihre Unterhaltung. „Shit!“ Fluchend riss der Kommissar die Wagentür auf und rannte auf das kleine Café zu. „Warte doch, Heiji!“ Doch die Stimme des Hauptkommissars ging im Tosen des Gewitters unter und selbst wenn er ihn gehört hätte, hätte der aufgebrachte Kommissar ihm in diesem Moment bestimmt nicht gehorcht. Nachdem er den Schrei gehört hatte war er losgerannt, dem angstvollen Wimmern entgegen, durch eine Seitentür, bis er die kleine Terrasse des Cafés erreicht hatte. Das einzige Licht kam von zwei diffusen Lampen, dessen Glanz sich auf den Seen aus Regentropfen spiegelten, sodass es so aussah, als würde der Boden selbst aus hunderten von flimmernden Kerzen bestehen. Der Regen peitschte nun in sein Gesicht und das Donnern des Gewitters war schon längst kein leises Grummeln mehr, aber all das nahm Shinichi im Moment nicht wahr, sein Blick galt allein der Szene vor ihm, die plötzlich wie eingefroren schien. Ihre vor Angst und Schrecken weit aufgerissenen Augen dominierten das Bild, eine Hand war krampfhaft an ihrem Hals, während die andere versuchte, die behandschuhten Finger, die sich auf ihren Mund pressten, zu lösen. In ihren Augenwinkeln standen Tränen, die ihre Wangen hinunter liefen, bis das unsichtbare Salzwasser an ihrem Hals plötzlich rot wurde. Der Nylonfaden schnitt ihr tief ins Fleisch, einzelne Tropfen Blut reihten sich wie Perlen an das Garn und formten, indem sie ihren Hals hinunter liefen, ein blutrotes Collier. Er musste einen starken Griff haben, wenn er mit nur einer Hand in der Lage war, dieser Frau die Luft abzuschnüren. Shinichis Blick fixierte den Täter und auch wenn sein Gesicht durch eine schwarze Kapuze verdeckt war, so wusste er, dass der Mörder ihn genauso anstarrte wie er ihn. Die Starre, in die sowohl der Detektiv als auch der Täter gefallen war hielt nur wenige Sekunden an, denn in dem Moment, als Shinichi den ersten energischen Schritt auf den Mann in Schwarz zumachte, ging plötzlich alles ganz schnell, der Mörder ließ von seinem Opfer ab und stieß die junge Frau energisch von sich weg. Shinichi hatte kaum Zeit zu reagieren, grade noch konnte er sie auffangen und stützen, bevor sie auf dem Steinboden aufschlug. Nur zu gerne hätte er sich erst dem Täter gewidmet, aber die Regungslosigkeit mit der sie jetzt am Boden lag, zwang ihn, sich zu vergewissern. Durch den mondlosen Himmel trat der blasse Schimmer ihrer Haut nur noch mehr hervor, ihre Haare hatten sich teilweise aus einem Zopf gelöst, lagen zu Strähnen gepaart im Wasser und wurden von den Regentropfen hin und her getrieben. Shinichi holte Luft, nahm ihre Hand behutsam in die seine. Kalt. Einmal mehr spürte er, wie sich Bells Kleidung immer mehr mit Regen voll saugte und zu einer immer größeren Last für ihn wurde. Shinichi spürte, das Zittern seiner eigenen Fingerspitzen, während er ihren Puls suchte und auf den erlösenden Schlag wartete. Er hasste diesen Moment. Hatte es von je her gehasst, denn jetzt würden sich Angst und Hoffnung trennen und zur unausweichlichen Gewissheit werden. Grade als sein Blick ihre bläulich schimmernden Lippen streifte, spürte er den befreienden Impuls unter seinen Fingerspitzen. Erleichtert atmete der junge Detektiv hinter der Maske auf, wartete auf einen zweiten, dritten und vierten Pulsschlag. Dem wässrigen Gurgeln der Kanäle und Gullys mischte sich nun ein heiseres Röcheln bei, das langsam wieder etwas Menschliches bekam, während sich ihr Brustkorb unregelmäßig hob und senkte. Aber um aufzuatmen blieb Shinichi keine Zeit - noch ehe er hätte reagieren können, hatte ihn jemand von hinten gepackt und zerrte ihn auf die Füße. Er versuchte sich zu wehren, doch der Überraschungsmoment war nicht auf seiner Seite. Der behandschuhte Griff schnürte nun ihm die Luft ab. Shinichi konnte den heißen Atem seines Angreifers auf Bells Wangen spüren, doch das spärliche Licht versagte ihm noch immer einen Blick in das Gesicht des Mörders. Er wollte sich grade wehren, hatte sein Bein schon zum Tritt erhoben, als er den Schlag auf seinem Gesicht spürte. Der Schmerz folgte schnell, Shinichi hörte ein leises Klirren und bemerkte, wie jemand heißer nach Luft schnappte… dann wurde es ruhig. Für wenige Sekunden schien die Zeit still zu stehen. Der Angriff. Der Schlag. Und jetzt… nichts. Nur das Grummeln des Gewitters und das Orchester der Regentropfen hauchten der Szene etwas Lebendiges ein. Sowohl der Detektiv als auch der Mörder hielten in diesem Moment inne. Shinichi spürte, wie sich sein Atmen beschleunigte und sich etwas in seinem Inneren zusammenzog, während seine Hand ganz langsam hinauf zur pochenden rechten Hälfte seines Gesichtes wanderte. Er wusste längst, was passiert war, die dicken nassen Regentropfen und der erbarmungslose Wind, den er in seinem Gesicht spüren konnte, hatten es ihm erzählt. Dennoch zuckte der Detektiv zusammen, als seine Fingerspitzen seine, Shinichis, Wange berührten. Die feinen Haare unter Bells nassen Klamotten stellten sich auf, als Shinichi bemerkte, dass auf dieser Seite seines Gesichtes von dem amerikanischen Kriminalistikprofessor William Bell nicht mehr übrig war, als ein paar vereinzelte dünne Fetzen, an denen der Wind jetzt zerrte und riss. Shinichi wusste, dass seine Lüge, die Person William Bell nun nicht mehr, oder zumindest nur noch halb existierte, denn während der Professor auf der einen Seite den Mörder noch immer fixierte, schaute ihm nun ebenso Shinichi Kudo leicht fassungslos entgegen. Fluchend rieben die Zähne des Detektivs aufeinander. Sein Gegner hatte ihn bloßgestellt, wie sicher würde sein Geheimnis in den Händen eines Mörders sein, der sich „Sherlock Holmes“ nannte? Er spürte, wie sein Körper vor Aufregung und Kälte anfing zu zittern, versuchte dies krampfhaft zu unterdrücken, um wenigstens den Schein zu wahren, den der Mörder eben mit nur einem Schlag zerstört hatte. Nachdem dieser, als er das Ergebnis seines Fausthiebs gesehen hatte, beinahe erschrocken ein paar Schritte nach hinten getaumelt war, schien er sich jetzt zu fangen. Shinichis Augen wurden schmal, als er unter der schwarzen Kapuze plötzlich Zähne aufblitzen sah, die Lippen seines Gegners verzogen sich zu seinem schmalen Lächeln, das Shinichi den Magen umdrehte. Das war’s. Er war erledigt. Schon so gut wie tot, wenn die Organisation davon erfahren würde, und wenn die ihn nicht gleich umbrachten - Shinichi schluckte, verkniff sich ein bitteres Lächeln. Wenn sie es nicht gleich tun würden, hätten ein paar Leute des FBIs bestimmt auch nicht wenig Spaß daran, ihm den Hals um zu drehen. Er hatte alles vermasselt. Ruiniert. Shinichi schaute auf, noch immer grinste ihm der Mörder entgegen, er glaubte, ihm überlegen zu sein und genoss dieses Gefühl jetzt anscheinend sichtlich. Shinichis Hand ballte sich zur Faust, so einfach konnte er diesen widerlichen Dreckskerl nicht entkommen lassen. Doch genau in diesem Moment durchbrach ein Blitz die Stille, der nächste und übernächste folgte, sodass der Himmel hinter dem kleinen Café nun regelmäßig von blauten Lichtern durchzogen war, denen sogleich ein Shinichi wohl bekannter Donner folgte. Doch das zu erwartende Lächeln auf den Lippen des Detektivs blieb aus. Der Regen trieb die Nervosität in Shinichis Innerstes, wie das kalte Wasser sickerte sie immer tiefer in ihn hinein und brachte den Detektiv zum Frösteln. Die Polizeisirenen brachten sogar den Regen zum Schweigen, sie waren so laut, dass Shinichi Mühe hatte, seine eigenen Gedanken zu verstehen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, zu begreifen was sein Gegner vorhatte. Auch sein Blick hatte sich in Richtung Blaulicht gewandt, ehe er den Detektiv jetzt wieder fixierte. Nach dem kurzen Schock darüber, dass ihm die Polizei so dicht auf den Fersen war, sah Shinichi nun wieder das verhasste Lächeln aus der Dunkelheit aufblitzen. Doch die Geste hielt nur kurz, denn im selben Moment drehte er sich um und drohte mit der Dunkelheit zu verschmelzen. „Nichts da!“ Shinichi setzte grade zum Sprint an, dieser Mistkerl würde ihm ganz sicher nicht entkommen, doch schon nach nur wenigen Schritten kam er langsam zum Stehen, wie ein Spielzeug, das man vergessen hatte aufzuziehen. Sein Blick war zu Boden gerichtet, doch Shinichi spürte nicht, wie sich die Regentropfen an seiner Nasenspitze sammelten ehe sie zu Boden fielen. Seine Pupillen huschten hin und her, ohne dass er etwas sah. Das Wort wiederholte sich, lief sich in seinen Gedanken leer, ohne jemals leiser zu werden. Er konnte ihm nicht hinterher. Er konnte ihn nicht stellen und bei der Polizei abliefern… nicht so. Instinktiv wanderte seine Hand zu seinem Gesicht. Nein, er konnte sich so nicht zeigen. Vielleicht… vielleicht gab es eine Chance und der Mörder wusste nicht wer er war. Aber wenn er ihm jetzt nachlief, ihn bekam und bei der Polizei ablieferte, war alles umsonst. Shinichi schloss die Augen, seine Lieder zitterten als er sie wieder öffnete und sich dem vermeintlichen Opfer zuwandte. Langsam, wie in Trance ging er auf sie zu, das rote Band an ihrem Hals hatte der Regen verwaschen doch ihre Lippen waren blau und zitterten noch immer vor Kälte. Schwerfällig atmete er aus, schaute in Richtung Café. Jemand würde kommen, jemand würde sich um sie kümmern, ganz bestimmt. Mühsam schnappte Shinichi nach Luft, griff an ihrem Kopf vorbei nach seiner Brille die der Schlag des Mörders ihm vor der Nase gerissen hatte. Shinichi bemerkte den krummen Bügel, steckte sie jedoch ohne weiter darüber nachzudenken ein. Sein Blick fiel kurz besorgt zurück auf sie, als er sich aufrichtete, aber er hatte keine Wahl, zu viel stand auf dem Spiel. „Es tut mir leid.“ Er konnte nicht bleiben. Er konnte den Täter nicht verfolgen. Er konnte nur weglaufen. Schon wieder. „Meint ihr nicht, wir sollten nachsehen? Deswegen sind wir doch hier, oder nicht?“ „Spinnst du, Genta! Wenn Megure uns bemerkt, sind wir raus aus dem Fall, dass weist du genau.“ Mitsuhikos zischende Antwort bekam Genta allerdings in den falschen Hals und wollte grade zurück pöbeln, doch Ayumi kam ihm in sachlicher Tonlage zuvor. „Mitsuhiko hat Recht, Genta. Außerdem sind Heiji und Megure ja grade ins Café gegangen.“ Einmal mehr spähte Ayumi aus der kleinen Seitenstraße heraus, in der sie heute Abend Position bezogen hatte. Es goss noch immer in Strömen und sie mussten sich schwer zusammenreißen, um bei Blitz und Donner nicht jedes Mal zusammenzuzucken, aber wenigstens schützte sie hier ein kleiner Hausvorsprung vor dem Regen. „Außerdem ist Professor Bell ja auch noch da, es wird besser sein, wir machen es so wie Mitsuhiko vorgeschlagen hat. „ Doch statt sich über den Zuspruch seiner Mitschülerin zu freuen, presste der Oberschüler die Lippen zusammen und trat unwohl von einem Fuß auf den anderen. „Weißt du, Ayumi… um ehrlich zu sein, macht mir gerade das ein wenig Kopfzerbrechen.“ „Mhm?“ Mit einem Mal hatte das sommersprossige Mitglied der Detektivboys die volle Aufmerksamkeit der anderen. „Wie meinst du das denn jetzt?“ „Nun… es ist doch so, Heiji scheint ihn ja nicht grade sonderlich zu mögen und das heißt ja eigentlich oft nichts Gutes.“ „Der is doch bestimmt nur sauer, weil der sich besser mit Holmes aus-…“ „Schhht! Da kommt jemand!“ Mit diesem plötzlichen Ausruf hatte Ayumi die beiden unterbrochen; alle drei drückten sich nun näher an die Mauer, um sich von ihrem Schatten schützen zu lassen. Dem wässrigen Schlucken der Gullys und dem taktlosen Trommeln des Regens hatte sich ein weiteres Geräusch beigemischt. Schritte. Das peitschenartiges Knallen von Wasser, welches durch schnelle Tritte verdrängt wurde, und sie kamen genau in ihre Richtung. „Was jetzt?“ An dem Klang von Ayumis Stimme, wenn sie Angst bekam, hatte sich nichts geändert und auch Mitsuhiko musste kurz schlucken. „Das- das kann eigentlich nur der Täter sein.“ Für einen kurzen Moment wurde es still zwischen den drei Detektiven, natürlich musste es der Täter sein. Wer sonst sollte hier, im Dunklen und bei diesem Wetter wie vom Teufel gejagt durch die Straßen hetzen? Nach der Stille genügte den dreien ein Blick, sie sahen sich kurz an, in den Gesichtern von allen dreien spiegelten sich zugleich Angst, aber auch Entschlossenheit wieder, so wie es schon vor zehn Jahren gewesen war. Dann nickten sie knapp und einstimmig ehe sich jeder von ihnen noch enger an die Hausmauer presste. Sie würden sich auf ihn stürzen, wenn er an ihnen vorbei wollte, aber dafür brauchten sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. So warteten sie, lauschten angespannt in die von Wasser verschwommene Dunkelheit. Sein heiseres Keuchen wurde langsam hörbar, der Atem war unregelmäßig, zittrig und nicht minder schnell als seine Schritte. Er rannte auf sie zu als ginge es um sein Leben. Als er zu ihnen in die Gasse bog hielten alle drei geradezu automatisch die Luft an, doch aus dem geplanten Überfall wurde nichts. Er lief an den Detektivboys vorbei, ohne dass diese sich auch nur rührten. Keiner von ihnen hatte sich in diesem Moment bewegen können. Und das, obwohl er nur wenige Meter von ihnen entfernt gewesen war. Doch das Gesicht des vermeintlichen Täters hatte sich den dreien tief ins Gedächtnis gebrannt. Er hatte die Augen fest zusammen gekniffen, es interessierte ihn nicht, wohin sein Weg ihn führte, Hauptsache weg von hier. Die aschblonden Haare saßen unnatürlich schief, sodass die dunkelbraunen Ponysträhnen sich ihren Weg an die frische Luft gesucht hatten. Das eigentlich viel zu junge Gesicht trug noch immer Einzelteile einer Miene, die ihnen ebenso geläufig war. Die plötzlich unpassende Statur als auch die mit Wasser vollgesogenen Klamotten hätten die drei als Erkennungsmerkmal nicht mehr benötigt. Er hatte sie nicht gesehen, war an ihnen vorbei gerast, ohne sie auch nur flüchtig zu registrieren oder wahrzunehmen. Schon längst waren seine Schritte in der Ferne verklungen, keiner der drei war ihm nachgelaufen, denn noch immer war niemand in der Lage sich zu rühren - ihre Blicke waren nun ziellos in den Regen gerichtet, dorthin, wo er an ihnen vorbei gerannt war. Ayumi war die erste, die eine Reaktion zeigte, mehr als ein heiseres Schluchzen, nachdem sie sich den Handrücken gegen den Mund presste, brachte sie jedoch nicht heraus, Mitsuhiko konnte nichts mehr als zu zittern, während Genta einen keuchenden Laut von sich gab. „Das war…“ <…Bell.> <…Shinichi.> Doch während die beiden Jungen ihn nur in Gedanken benennen konnten, war Ayumi als einzige Herrin über ihre Stimme, wenn diese auch brüchig im Regen versank. „…Conan.“ Hallo ihr Lieben! Erst mal vielen Dank für die Rückmeldung beim letzten Mal, freut mich das ihr es nicht zu sehr als „Füller“ empfunden habt. Ich hoffe dieses Kapitel hat euch ebenso gefallen. Vielleicht wird es jetzt deutlich warum Heiji es bisher noch nicht wissen sollte, denn einigen von euch wird jetzt bestimmt klar sein was mit unserem lieben Shinichi passiert *muhahaha* Wie immer würde ich mich natürlich über eure Meinung freuen! Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 13: Detektiv unter Verdacht ----------------------------------- Detektiv unter Verdacht Die Luft in seinen Lungen brannte. Noch immer lief er mit dem prasselnden Regen um die Wette, doch auch wenn er sich immer weiter vom Tatort entfernte, vor seinen eigenen Gedanken konnte Shinichi nicht davon laufen. Sie waren da und redeten mit den unterschiedlichsten Stimmen auf ihn ein. Was, wenn sie stirbt? Du hättest warten sollen! Er hat dich erkannt? Wieso bist du hergekommen? Hat dich jemand gesehen? Sie sind alle in Gefahr! Du warst wieder mal zu spät! Du hast ihn entkommen lassen! Das ist alles deine Schuld! Abwehrend kniff Shinichi die Augen zusammen, lief blind durch die dunklen Gassen Tokios und wäre vermutlich noch ewig weiter gelaufen, doch seine Beine konnten nicht mehr. Die mit Wasser geschwängerte Luft machte ihm das Atmen nicht leichter und Bells vollgesogene Klamotten lasteten schwer auf seinen Schultern. Seine Schritte wurden langsamer, bis er dann endlich nach Luft schnappend stehen blieb. Shinichi zitterte, spürte plötzlich wie die feinen Muskelpartien in seinen Beinen zuckten. Er musste weiter gelaufen sein als gedacht, und tatsächlich hatte er keine Ahnung mehr, wo er sich jetzt genau befand. Keuchend ließ er sich gegen eine Hauswand sinken und rang nun hektisch nach Atem. Bis eben hatte weder die Richtung noch das Ziel für ihn eine Rolle gespielt, es war alles egal gewesen. Hauptsache weg, so schnell wie nur möglich. Jetzt aber holten ihn seine Gedanken und auch sein Verstand endlich wieder ein. Dieser Abend war noch lange nicht vorbei. Bereits als er sie Polizeisirenen gehört hatte, wusste Shinichi, dass nur Heiji der Urheber des ganzen gewesen sein konnte. Die Konsequenz aus dieser Schlussfolgerung hatte er bis eben erfolgreich verdrängt. Dennoch war klar, dass Hattori irgendwo in der Nähe gewesen sein musste, vermutlich ebenfalls, um einen Blick auf das Café zu werfen. Und wenn er Bell hatte rein gehen sehen, stand die nächste Deduktion des Kommissars außer Frage. „Verdammt!“ Fluchend fuhr sich Shinichi durch die Haare und riss sich damit nun Bells Perücke gänzlich vom Kopf. Mit ausdrucksloser Miene starrte der Detektiv auf das nasse Bündel in seiner Hand. Es half alles nichts, er musste nach Hause und das so schnell wie möglich. Geschickt entfernte der Detektiv die letzten Überreste des Kriminalistikprofessors aus seinem Gesicht. Ein kalter Schauer überkam ihn als er sich die nasse Perücke wieder auf den Kopf setzte und diese so gut wie möglich frisierte, während dicke kalte Wassertropfen aus dem Haargeflecht in seinen Nacken liefen. Nachdem er die Überreste Bells im nächsten Müllcontainer entsorgt hatte setzte sich Shinichi noch Williams Brille auf die Nase. Eines der Gläser hatte einen kleinen Sprung, doch der passte wahrscheinlich eher noch zu dem Rest seines Erscheinungsbildes. Wie auch immer, das musste als Verkleidung erst einmal reichen. So wie er wurde auch der Regen langsamer, während Shinichi in Richtung Hauptstraße ging um irgendwo ein Taxi aufzugabeln. Die Tropfen fielen schwer und kalt zu Boden, der Schauer hatte endlich nachgelassen, doch das dumpfe Trommeln des Regens schien unheilvolle Botschaften mit sich zu Tragen und folgte dem Detektiv durch die dunklen Gassen Tokios. Mit finsterer Miene schaute der Kommissar aus Osaka dem Krankenwagen nach, der das vermeintlich dritte Opfer abtransportierte. Sie hatte Glück gehabt. Ohne den Blick vom Boden zu wenden, ging Heiji zurück ins Café und durch die kleinen Räumlichkeiten auf die Terrasse zu. Viel hatte der Regen ihnen nicht mehr übrig gelassen, die meisten Beweise waren fortgespült und auch den Täter hatten die heiser gurgelnden Gullys verschluckt. Doch trotz der augenscheinlichen Niederlage richtet sich der Blick des Detektivs nun wieder unerbittlich hart auf den Tatort. Noch war der Fall nicht vorbei. Wortlos trat der junge Kommissar unter das behelfsmäßig aufgestellte Zelt, wobei es an diesem Tatort eigentlich ohnehin nichts mehr gab, was sich noch zu schützen lohnte. „Wie geht es ihr?“ Mit dieser Frage trat Megure neben ihn, die Antwort Heijis wurde von dem immer leiser werdenden Regentropfen begleitet, die in höhnischem Geflüster auf das weiße Zeltdach prasselten. „So weit so gut, sie wird’s wohl überstehen. Allerdings is natürlich fraglich, wie schnell und an wie viel sie sich noch erinnert.“ „Mhmhm…“ Doch ehe der Hauptkommissar sein Murmeln erweitern konnte, wurde er von Heiji unterbrochen. „Schon was Neues von ihm?“ Der Schnurrbart des Hauptkommissars zuckte gefährlich, dieser Fall würde ihm wieder ein paar graue Strähnen mehr bescheren. Auch wenn sich der Beamte lieber auf die Zunge gebissen hätte, wusste Megure doch, dass er seinem jungen Kollegen eine Antwort schuldete. „Nein, nichts. Keine spur kein Anruf, gar nichts.“ „Megure, Sie wissen-„ „Ja, ich weiß, Hattori.“ Die Stimme des Hauptkommissars hatte trotz der einsichtigen Tonlage etwas Raues an sich. „Ich weiß es, und wir werden dementsprechend handeln. Wir können das nicht länger ignorieren, internationale Beziehung hin oder her.“ Megures Blick schlich sich auf das Gesicht des Osakaners, doch statt einem Grinsen der Genugtuung waren die Züge Heijis noch immer hart. Der Hauptkommissar seufzte innerlich, dieser Fall tat Heiji gar nicht gut, je schneller sie ihn jetzt abschließen konnten, umso besser. Heiji zuckte kurz zusammen, als sich die Pranke Megures plötzlich auf seiner Schulter wiederfand und er sie kurz drückte. „Wir fahren dann gleich, Heiji.“ Der nickte nur, folgte Megure mit seinen Augen, während dieser den weiteren Verlauf mit den anderen Beamten besprach. Der Blick des Kommissars schweifte ein letztes Mal über den Schauplatz des Verbrechens, ein paar der Platten schimmerten noch immer in einem leichten Rotton, doch abgesehen von der dünnen Blutspur und der Klaviersaite, die die Spurensicherung bereits sichergestellt hatte, kennzeichnete diesen Platz nichts als Tatort. Fingerabdrücke waren auf dem Mordinstrument ohnehin nicht zu erwarten gewesen und das DNA-Material, das man vielleicht hätte finden können, hatte der Regen fortgespült. Als ob sie es nicht schon schwer genug hatten. Nachdenklich klappte Heiji seinen Mantelkragen ein wenig höher, trat dann unter dem Zelt hervor auf den restlichen Teil der Terrasse. Vor seinen Füßen stand ein weißes Plastikschildchen, das die Stelle markierte, wo sie die Klaviersaite gefunden hatten. Der Kommissar ging in die Knie, blickte abwechselnd zu dem überdachten Fundort des Opfers und dem kleinen weißen Schild. Warum lag die Drahtschnur hier, so weit weg vom eigentlichen Geschehen? Und warum hatte er es überhaupt hier gelassen? Das kleine Stück Draht in die Tasche zu stecken und später zu entsorgen wäre mit Sicherheit kein Problem gewesen. Doch ehe er sich weiter darüber Gedanken machen konnte, fiel sein Blick auf etwas anderes, zwischen zwei Platten in der Fuge eingeklemmt schwamm irgendetwas, von dem abfließenden Regen hin und her getrieben wie ein winziger Fisch im Wasser. Die Augen des Detektivs wurden schmal, sofort bildete sich unter seiner feuchten Kleidung eine Gänsehaut. Umständlich zog sich Heiji einen Handschuh über die vom Regen nassen Finger, das Silikon klebte an seiner Haut und gab seinem sonst so gesunden Teint eine blassen, fast leblosen Ton. Doch der Kommissar kümmerte sich nicht um seine Hand, sondern war bereits dabei, den kleinen Fetzen aus seinem Gefängnis zu befreien. Das kleine Stück hatte die Farbe menschlicher Haut, war jedoch weit dicker und hatte nicht die typische Struktur wie diese. Heiji spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken rann, als er erkannte, was er da in der Hand hielt. Jetzt hatte er ihn. Plötzlich passte alles zusammen. Der Kommissar schluckte, konnte sich nicht von dem kleinen Stück Silikon in seiner Hand los reißen. Zwar passte jetzt alles genau in das Schema, doch die Tatsache, dass er Recht hatte, dass er endlich eine Spur hatte und dass sie an dem Fall dran waren, verpasste dem jungen Detektiv einen Schlag in den Magen. Die eigentliche Freude über den Erfolg verwandelte sich in Unwohlsein und brachte gleich zahlreiche Erinnerungen mit sich, die ihm die Luft abschnürten. Das hier verlangte Fingerspitzengefühl. Er musste den richtigen Moment abpassen… ehe er ihn endlich zu Fall bringen würde. Ein blasses Lächeln erschien auf den Lippen des Kommissars und seine Augen hatten einen Glanz, den schon viele Verbrecher gelernt hatten, zu fürchten. „Heiji?“ Unwillkürlich zuckte der Angesprochene zusammen, verbarg den gefundenen Schatz schnell in seiner Hand. „Ist was, Heiji?“ Megure, der nun langsam auf ihn zu kam, betrachtete den Osakaner skeptisch, doch dessen ertapptes Gesicht wandelte sich schnell zu einem breiten Grinsen um, mit welchem er dem Hauptkommissar nun leicht verlegen entgegen kam. „Es is nichts weiter, Megure.“ Doch das leicht unbeholfene Lächeln wurde schnell wieder erst. „Können wir?“ Für einen kurzen Moment lagen die Augen des Hauptkommissars noch immer abschätzend auf ihm, Heiji wirkte nervös und so ganz traute er der Sache nicht, aber wahrscheinlich lag es auch nur daran, dass der Kommissar jetzt endlich bekam, was er wollte. Ein kurzes Nicken Megures reichte, damit Heiji ihm zum Auto folgte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging er zusammen mit dem Hauptkommissar zu seinem Wagen, sein Beweisstück hatte er im Handschuh verschwinden lassen und nun sicher in seiner Hosentasche verwahrt. Wenn es sein musste, würde er seinen Kollegen darüber informieren, aber wenn nicht… wenn nicht, war das eine Sache zwischen ihm und William Bell. Er saß auf dem Sofa, genau da, wo er schon vor einer Stunde gesessen hatte, genauso regungslos und genauso unnütz. Shinichi hatte sich umgezogen und wieder in William Bell verwandelt, er selbst hatte nicht schlecht gestaunt, als seine Hände die Maske ohne zu zittern auf sein Gesicht legten und den Oberschüler darunter verbargen. Überhaupt war er ungewohnt ruhig, wenn man bedachte, was ihm nun bevorstand. Dabei würde das ganz sicher kein leichter Gang werden, zum ersten Mal… auf der anderen Seite zu stehen. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Er musste weiter Lügen und Leugnen, wenn er die, die ihm wichtig waren, schützen wollte. Vielleicht war es das, was ihn so ruhig werden ließ, das Wissen oder wenigstens die Hoffnung, trotz allem das Richtige zu tun. Natürlich ahnte er, dass es wohl nicht so bleiben würde, die Sache würde noch weitaus schlimmer werden, als sie ohnehin schon war, dennoch - besser sie verdächtigten William Bell, einen Mord begangen zu haben, als dass sie hinter sein wirkliches Geheimnis kamen. Shinichi schluckte leicht, merkte, wie sich in seinem Mangen langsam aber stetig Übelkeit ansammelte, doch er musste die Ruhe, die er im Moment innehatte, bewahren - anders würde er das, was ihm jetzt bevorstand, nicht überstehen. Schließlich wusste er nur zu gut, was auf ihn wartete, jeder von ihnen würde nur darauf lauern, dass er einen Fehler machte, einen winzig kleinen Fehler, der ihnen erlaubte, diesen verhassten Fall endlich jemanden in die Schuhe schieben zu können. Ein gefundenes Fressen für Tokio, die Presse und vor allem für die Polizei. Aber er würde den Buh-Mann spielen müssen, jedoch nur so lange wie nötig, denn während die Polizei ihn auf dem Kicker hatte, hatte der wahre Mörder freie Hand. Der Oberschüler fluchte innerlich, fuhr sich nachdenklich durch die Haare. Mühsam versuchte er den bitteren Geschmack in seinem Mund runterzuschlucken, doch die Tatsache, dass er diesen Fall so torpedierte, ließ ihn zweifeln. Natürlich mussten sie nun denken, dass er etwas mit dem Angriff auf die Dame im Café zu tun hatte. Nicht nur, dass man ihn wahrscheinlich gesehen hatte, nein, die Tatsache, dass er nicht mehr da war, als die Polizei den Tatort erreichte, war der Knoten, der die Schlinge um seinen Hals enger zog. Er hatte weder dem Opfer geholfen noch irgendwie den Täter verfolgt, sonst hätte er ihn ja bei der Polizei gemeldet. Nein, er war weggelaufen, wie ein Feigling, wie jemand, der auf der Flucht war, wie jemand der… etwas zu verbergen hatte. Shinichi verkniff sich ein bitteres Lächeln, ganz zu Unrecht waren diese Vorwürfe nicht, ganz im Gegenteil, sie waren nur allzu wahr. Deswegen blieb ihm erst einmal nichts anderes übrig, als diese eine Lüge aufrecht zu erhalten, um die andere zu denken. Der Blick Shinichis wurde trüb und bohrte sich in den kleinen Wohnzimmertisch vor ihm, seine Gedanken kreisten nun um den Täter, um sein kaltes Lächeln und waren grade bei der Frage angelangt, ob er wusste, wem er heute Nacht gegenüber gestanden hatte, als ein lautes Klopfen an der Tür ihn aufschauen ließ. Schwerfällig atmete der Detektiv aus, blickte weiter in Richtung Flur. Shinichi schluckte, schloss die Augen und versuchte sich noch kurz zu sammeln, doch das mittlerweile laute Krachen an der Vordertür machte es ihm unmöglich. Seufzend richtete sich der Kriminalistikprofessor auf, ging dann langsam in den Flur und öffnete dem laut störenden Besuch die Tür. „Ein einfaches Klingeln hätts auch getan, Kommissar Hattori.“ Der Kommissar aus Osaka staunte nur kurz über das ruhige Verhalten ihres Verdächtigens, ehe seine Miene wieder hart wurde, diesen Kerl schien wirklich nichts zu erschüttern. Während Heiji in Gedanken weitere Pläne schmiedete, traute sich Shinichi nun auch aufzusehen, doch nicht ohne dass er es sofort bereute. Sein Blick glitt über die Gesichter Heijis und Megures, beide schauten ihn berechnend und kalt an, Shinichi kannte diesen Blick, er kannte ihn nur zu gut, aber noch nie… nie hatte er ihm selbst gegolten. Jetzt aber brannten sich die Augen der Anwesenden unter seine Haut. Er hätte nicht gedacht, dass es so weh tun würde. Ihre Züge hatten nichts Freundschaftliches mehr an sich, Megures Blick war abschätzend, so als fürchtete er, dass Bell ihnen jede Minute entkommen konnte, vielleicht aber spielte sich im Kopf des Hauptkommissars aber auch das Szenario ab, in dem neben all den Opfern plötzlich William Bells Gesicht erschien, das Gesicht des vermeintlichen Mörders. Shinichi schluckte, unwillkürlich wichen seine Augen ihnen aus, denn am härtesten traf ihn der Anblick Heijis. Natürlich war sein alter Freund schon die ganze Zeit nicht gut gegen ihn aufgelegt gewesen, aber die vielen Sticheleien hatte Shinichi irgendwo verkraftet. Aber das die Augen seines besten Freundes ihn jetzt als Täter anklagten, traf ihn. Leise atmete der Detektiv aus, konnte ein trauriges Lächeln auf seinen Lippen nicht verbergen, wahrscheinlich lag es daran, dass Hattori diesmal sogar Recht hatte. „Sie wissen, warum wir hier sind, Professor?“ Erschrocken von Megures Stimme, die die dichte Stille um ihn herum durchbrochen hatte, schaute der Angesprochene nun auf, es dauerte jedoch ein paar Sekunden, bis Shinichi sich gefangen hatte und zu einer Antwort bereit war. „Sie sind gekommen um mich wegen dringendem Tatverdacht bezüglich des heute Abend verübten Mordversuchs vorläufig festzunehmen.“ Erst jetzt richteten sich die Augen des Amerikaners wieder auf Megure, sein Ton war sachlich und trug keine Spur von Hohn mit sich. „Da liege ich doch richtig, oder, Hauptkommissar Megure?“ Der blinzelte aufgrund der Offenheit des Kriminalisten kurz verwirrt, fing sich dann jedoch schnell wieder und nickte seinem Gegenüber ernst zu. „Genauso ist es, Mr. Bell.“ Der letzte Funken Hoffnung auf Vertrauen von Seiten Megures wich mit dieser Bestätigung aus Shinichis Körper. Unwillkürlich wandte er den Blick zu Boden, schluckte und wagte es nicht aufzusehen, sondern schloss für einen kurzen Moment kapitulierend die Augen, ehe er antwortete. „Wenn Sie das für nötig halten, Hauptkommissar.“ Megure betrachtete den amerikanischen Kriminalistikprofessor kurz, wieso fiel es ihm so schwer, diesen Kerl einfach festzunehmen? Irgendwie schaffte er es immer wieder, den Hauptkommissar an der ganzen Sache zweifeln zu lassen, dabei war es so gut wie bewiesen, vielleicht nicht der Mord, aber zumindest die Tatsache, dass Bell etwas zu verbergen hatte. Nichtsdestotrotz nickte Megure, statt eine Antwort zu geben, Takagi zu, der bis eben hinter ihm gestanden hatte und nun vortrat. Erst als er das metallische Klicken der Handschellen hörte, kam Shinichi wieder zu sich. Wie in Trance starrte er für wenige Sekunden auf das kalte Eisen um seine Handgelenke. Gemeinsam mit Takagi, der ihn an der Schulter führte ging er zum Wagen und während der Kommissar pflichtschuldig seine Sätze runter leierte, lag Shinichis Blick noch immer auf den Handschellen. „Sie haben das Recht zu schweigen…“ Schon jetzt spürte der Detektiv, wie das Metall in sein Fleisch schnitt, Bells Hände wirkten mit einem mal mehr als fremd unter dem ungewohnten Armschmuck. Die blauen Augen flimmerten kurz trüb und unter den Schichten Silikons und Farbe erschien ein bitteres Lächeln auf den Zügen des Oberschülers. Eigentlich war die ganze Situation beinahe amüsant, denn die Gesichter von Heiji und die anderen, wenn diese wüssten, wen sie in diesem Moment wirklich festnahmen, würden bestimmt zum Schreien komisch sein. Ja, eigentlich war das ganze hier fast schon komisch. „…alles was Sie sagen…“ Eigentlich. Wenn er durch seine Lüge nicht den wahren Täter decken würde, wenn er nicht Angst haben müsste, dass die letzten zehn Jahre umsonst gewesen waren und wenn all diese Lügen nicht wären, dann, ja dann war die ganze Sache vielleicht sogar komisch. So aber hatte die Anklage, unter der er stand, auch einen Hauch Wahrheit in sich und Shinichi konnte nur hoffen, dass seine wahre Tat weiter ungeahndet blieb. „…kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.“ Die Stille im Wagen schien die Luft mit Anspannung zu füllen, auch die leise surrende Heizung kam nicht dagegen an. Zusammen mit Takagi hatte er hinten Platz genommen und während seine ehemaligen Kollegen ihn abwechselnd durch den Rückspiegel taxierten, war Kommissar Takagi der einzige, der seinen Blick mied, doch Shinichi war ebenfalls nicht in der Lage, einen der drei anzusehen. Bell würde seinen Auftritt nachher noch bekommen, bis dahin brauchte Shinichi Kudo aber erst einmal Ruhe. Müde atmete der Detektiv aus, konnte dabei ein kurzes Zittern nicht unterdrücken, denn trotz der trockenen Klamotten spürte Shinichi die Kälte des Regens noch immer tief in seinen Knochen sitzen, dementsprechend brachte ihn die kalte Luft der offensichtlich kaputten Heizung zum Frösteln. Sein Blick lang auf Bells Händen. Auf den Handschellen um seine Gelenke wurden abwechselnd die bunten Lichter von Tokios Straßen reflektiert, die wie Irrlichter an ihnen vorbei flogen. Mit einem kleinen Seufzer wandte Shinichi den Blick ab und schaute aus dem Fenster. Doch statt ihm die Straßen Tokios zu zeigen, gab die Glasscheibe ein anderes Bild preis. Es war Bell. Und doch nicht mehr, als der durchsichtige Schatten seiner selbst, die geisterhafte Gestalt sah den Detektiv mit leeren Augen ratlos entgegen. Shinichis Blick wanderte von den matten Augen über das leicht durchscheinende Gesicht des Professors, die Züge Bells wirkten durch die ihn umgebene Dunkelheit nur noch blasser, als hätte das schwarze Nichts selbst ihn in Ketten gelegt. Der Anblick des Kriminalistikprofessors in Handschellen war für den jungen Detektiv mehr als ungewohnt. Shinichi seufzte kurz, ehe sich auf seinen Lippen ein müdes Lächeln spielgelte, das die durchsichtige Gestalt Bells an seiner Seite prompt erwiderte. So war das alles nicht geplant gewesen. Hi Leute, so jetzt dauert es nur noch wenige Kapitel bis Heiji dem lieben Shinichi aufs Dach steigt, aber das könnt ihr euch sicher schon denken. Fürs erste aber muss der jetzt erst mal sehen wie er mit der Polizei fertig wird. Wie Ran wohl auf die Neuigkeiten Reagiert? Das und mehr im nächsten Kappi! Vielen Dank für eure Fafos und Kommentare, ich freue mich über jedes ^//___________//^ Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 14: Das etwas andere Verhör ----------------------------------- Das etwas andere Verhör Zum Glück war das Revier nahezu leer gewesen, ein Paar Putzfrauen und wenige, mit Kaffee bewaffnete Beamte waren die einzigen Zeugen, die beobachteten, wie der Mann, der gestern noch selbstständig die Türen in diesem Haus geöffnet hatte, nun in Handschellen hinein geführt wurde. Man hatte ihn ohne Umschweife in den kleinen Verhörraum geführt und ließ ihn nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit dort warten. Wenigstens die Handschellen hatte man ihm abgenommen, doch der schmale Plastikstuhl, auf dem er nun saß, engte Shinichi ohnehin schon genug ein. Auf dieser Seite des Zimmers hatte er noch nie gesessen, sicher, an der anderen Hälfte des Tisches schon viele Male, genauso wie hinter der Scheibe, die man immer noch als Spiegel tarnte. Aber hier noch nie. Hier saßen sonst die Täter… Diebe, Einbrecher und Mörder. Lügner. Ekel stieg in ihm auf, nicht Ekel vor denen, die schon vor ihm auf diesem Stuhl gesessen hatten, sondern pure Abscheu gegen sich selbst. Er hätte es nie so weit kommen lassen dürfen. Shinichi schloss die Augen, spürte wie selbst seine Lider unter Aufregung und Anspannung zitterten. Aber er musste diese Gedanken jetzt loswerden, seine Rolle verlangte es von ihm, und nur wenn er die richtig spielte, hatte er heute Abend überhaupt eine Chance. Schließlich hatte William Bell eigentlich nichts getan, und wenn Shinichi eines noch immer fest glaubte, dann dass, das seine alten Freunde gut genug waren, um dies auch irgendwann zu erkennen. Er hörte, wie endlich die Tür aufging, dennoch öffnete Shinichi seine Augen erst, als sein „Besuch“ bereits eingetreten war. Als die Tür hinter den drei Männern ins Schloss fiel, gingen die Augenbrauen des Professors für einen kurzen Moment nach oben. „Nanu? Hatte Herr Hattori etwa keine Lust, an unserem Gespräch teilzunehmen?“ Nur kurz entglitten die Augen Megures, der sich grade dem Professor gegenüber niedergelassen hatte, dem Hauptkommissar. Der kurze Blick zur Seite hatte jedoch gereicht, um Shinichis Ahnung zu bestätigen. Mit einem kurzen Lächeln glitt sein Blick zu dem verspiegelten Glas, hinter dem sich sein Freund ganz offenbar verstecke und Bell ohne Frage für sein dreistes Grinsen jetzt am Liebsten den Hals umdrehen würde. In Wahrheit aber war Shinichi sogar ganz froh, dass der Osakaner ihn jetzt erst einmal in Ruhe ließ und er sich „nur“ mit den Anwesenden auseinander setzen musste. Der Detektiv schluckte, noch immer galt sein Blick dem unsichtbaren Freund. Doch Bell, der ihm statt Heijis entgegenstarrte, antworte ihm genauso wenig wie der Detektiv des Westens selbst, sodass ihm nichts weiter übrig blieb, als sich dem zuzuwenden, was ihm jetzt bevorstand. Während Megure, und zum Leidwesen Shinichis auch Kogoro, ihm gegenüber Platz genommen hatten, stand Takagi an der Tür postiert. Nicht ungewöhnlich für den Kommissar, jedenfalls, wenn er nicht vorhatte, Fragen zu stellen, das wusste Shinichi und jedes Mal, wenn Bells Augen den neugierigen Blick des Beamten erwiderten, zeigte der nur ein auffällig großes Interesse für seine Schuhspitzen. Interessiert spähte Shinichi über die dünnen Brillenränder zu ihm ihn. Doch seine kurze Freunde über das mögliche Vertrauen des Beamten wurde schnell von Megure gedimmt, der mit einem leisen Klick das Tonbandgerät vor ihnen angeschaltet hatte. „Sie wissen, dass Sie auch einen Anwalt hinzuziehen können, Mr. Bell?“ Der Angesprochene nickte, doch das ruhige Lächeln auf seinen Lippen schwand. „Das weiß, ich Hauptkommissar Megure, aber Danke. Nein, ich denke es reicht, wenn wir dieses Gespräch so führen. Allerdings möchte ich vornweg schicken, dass jede Sekunde, die Sie hier mit mir verbringen, der wahre Mörder auf freiem Fuß ist und ich wage nicht daran zu zweifeln, dass er wieder tötet.“ Die Stimme des Kriminalisten hatte am Ende seines Monologs eine Bestimmtheit und Härte erreicht, die dem Hauptkommissar mehr als bekannt vorkam, doch das höhnische Lachen Moris an seiner Seite ließ ihn den Gedanken nicht weiter verfolgen. „Ha! Das werden wir ja noch sehen, inwieweit wir hier unsere Zeit verplempern, Professorchen, wer weiß, vielleicht haben wir den Mörder ja auch schon längst hier sitzen und der versucht uns nur auf eine falsche Fährte zu locken. Aber nicht mit uns, mein Guter, wir wissen genug, um-„ „Das reicht, Mori! Ich denke, Professor Bell hat verstanden.“ Während Kogoro sichtlich Schwierigkeiten hatte, den Rest seines Satzes einfach so runterzuschlucken, wandte sich Megure nun wieder Bell zu. „Also Mr. Bell, wir wissen, dass Sie heute Abend zu Ladenschluss das in der Besprechung erwähnte Café besucht haben-„ „Das wissen Sie, weil mir Kommissar Hattori hinterhergeschnüffelt hat, natürlich nur um meiner eigenen Sicherheit Willen!“ Megure wurde kurz ertappt rot, der dreiste Tonfall Bells fiel beinahe der Ruhe zum Opfer, mit der er diese Worte ausgesprochen hatte. „Nun ja, jedenfalls handelt es sich dabei um eine nachgewiesene Tatsache. Würden Sie uns also sagen, was Sie am heutigen Abend dort zu suchen hatten?“ Während Megure vorher noch ruhig gewesen war, ging sein abschätzender Blick Shinichi jetzt regelrecht unter die Haut. „Und, Professor… ich muss Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie Hauptverdächtiger in einem Mordfall sind.“ Shinichi schluckte, wich unwillkürlich ein wenig zurück und merkte, dass die Worte Megures ihm einen weiteren Schlag in den Magen verpassten. So ein leichtes Spiel wie erhofft würde Bell hier nicht haben. Dabei lief der wahre Mörder da draußen irgendwo rum! Wartete wahrscheinlich nur darauf, wieder zuschlagen zu können und sie spielten hier Mensch ärgere dich nicht. Dabei müsste er es ihnen nur sagen, die Wahrheit, erstens hätte es dann einen Sinn und zweites würden sie Shinichi Kudo mit Sicherheit glauben. Shinichi unterdrückte ein heiseres Lachen und senkte mit bitterer Miene den Kopf. Er hörte die Stimme des Professors klar und deutlich über den Lautsprecher, die Art und Weise, wie er den Ablauf erläuterte, ließ es Heiji kalt den Rücken runter laufen. Unwillkürlich biss er die Zähne aufeinander, hörte es in einem dumpfen Hilfeschrei in seinem Mund knirschen, doch es war ihm egal, Aufregung und Wut mussten sich irgendwo ein Ventil suchen. Die Entscheidung, hinter den Kulissen zu bleiben und einfach nur zu warten, war dem Kommissar nicht leicht gefallen, doch Hattori kannte sich und sein oftmals nur allzu verfluchtes Temperament langsam gut genug, um zu wissen, dass er einen Fehler machen würde, wenn er mit ihm im Raum wäre. Er würde sich nicht zurück halten können und das wäre ein Fehler. Das, was er von Bell wollte, war nicht für die Ohren der Polizei bestimmt, noch nicht, jedenfalls. Bis er etwas Konkretes in der Hand hatte, würde das eine Sache zwischen ihnen beiden bleiben. Alle im Raum hörten Bell aufmerksam zu, bis der Hauptkommissar ihn unterbrach. „Wenn sie miteinander gerungen haben, Bell, müssen Sie ihn doch gesehen haben! Wenn es sich wirklich so abgespielt hat, müssen Sie uns den wahren Täter doch beschreiben können.“ Die Augen Megures lagen unverwandt auf denen Bells, auch wenn dieser seinen Blick jetzt senkte, konnte der Kriminalbeamte erkennen, dass es hinter den schmalen Brillengläsern arbeitete. Der Schnauzer Megures zuckte kurz, er kannte den Ausdruck in Bells Miene, auf diesem ihm eigentlich unbekannten Gesicht erschienen immer wieder vertraute Züge, die dem erfahrenen Beamten einen Schauer über den Rücken jagten. Wieder einmal glitt Megures Blick zur Seite, er konnte Hattoris Augen in seinem Rücken nahezu spüren und endlich glaubte Megure zu wissen, warum sich der Kommissar gleich zu Anfang derart in Bell verbissen hatte. „Er hatte etwa meine Größe, wenn auch nicht ganz meine Statur.“ „Dennoch hat er Sie überwältigen können?!“ Kogoro Moris Ton war abschätzend, wobei er die Augenbrauen missbilligend nach oben zog. Shinichi hingegen biss die Zähne zusammen, er konnte ihnen ja schlecht sagen, dass Bell in Wahrheit den Körper eines Siebzehnjährigen besaß und leider auch nur dessen Kraft. Geschweige denn, das er durch den Mörder buchstäblich das Gesicht verloren hatte. „Der Schlag hat eben gesessen.“, murmelte Bell stattdessen leicht beschämt, griff sich dabei automatisch an die rechte Wange. „Rechts… vielleicht also ein Linkshänder?“ „Lässt sich nicht genau sagen. Sonst nichts? Sie haben sein Gesicht nicht gesehen?“ Megure sah ihn drängend an, Shinichi wusste, dass der Hauptkommissar am Liebsten Name, Aussehen und Adresse des Mörders gehabt hätte, aber so leicht war das nun einmal nicht. „Nein. Ich fürchte ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als die anderen Zeugen auch. Schließlich ist er kurz, nachdem Sie eingetroffen sind, geflohen.“ Doch die kurze aufrichtige Reue in Bells Stimme nutzte Megure gleich, um anzugreifen. „Und was ist mit Ihnen, Bell? Sie waren doch auch nicht mehr da, als Kommissar Hattori den Tatort letztlich erreicht hat.“ Für einen kurzen Moment bröckelte das Pokerface, welches Shinichi in diesem Verhör so mühsam aufgebaut hatte. Er schnappte nach Luft und kam nicht umhin zu schlucken, denn jetzt waren sie an seinem wunden Punkt in der ganzen Geschichte angelangt. „Warum um Himmels Willen haben Sie nicht auf uns gewartet? Uns informiert, in welche Richtung er geflohen ist oder sich wenigstens um das Mädchen gekümmert?“ Doch Megures Drängen half nichts, Bells Augen wichen ihm aus, während seine Stimme, anders als die des Hauptkommissars, noch immer ruhig war. „Ich habe mich natürlich vergewissert, dass es der Dame einigermaßen gut geht, außerdem waren Sie bereits in Reichweite, sodass ich mir sicher sein konnte, dass man sich um Sie kümmert.“ „Das erklärt aber noch immer nicht, Professor, warum Sie sich nicht mit uns in Verbindung gesetzt oder auf uns gewartet haben! Was zum Henker haben Sie denn überhaupt gemacht?!“ Die Stimme Megures hatte etwas Bittendes an sich und tatsächlich hoffte er, dass der Amerikaner ihm alles so logisch erklären würde, wie er es bisher getan hatte. Nicht, weil Megure das internationale Dilemma vermeiden wollte, oder weil er laut Uhrzeit längst friedlich neben Midori liegen sollte, nein… aus irgendeinem Grund wollte er Bell glauben. Umso mehr schmerzten die Worte des Professors, die sich jetzt einen Weg aus seiner rauen Kehle suchten. Auf den blassen Lippen des Kriminalisten lag ein trauriges Lächeln, die blauen, sonst so klaren Augen schauten den Beamten betrübt an. „Es tut mir Leid, Hauptkommissar Megure… aber ich fürchte ich kann Ihnen auf diese Fragen keine Antwort geben.“ „Bitte, Professor Bell, überlegen Sie sich das noch einmal!“ Das plötzliche Drängen Megures überraschte nicht nur Shinichi, auch Takagi und Kogoro sahen ihren Vorgesetzten nun leicht überrascht an. Doch Megure ließ sich davon nicht beirren, fixierte weiter die ihm viel zu vertrauen Augen, er wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas gut zu machen hatte, dass er nicht zulassen durfte, dass Bell log oder schwieg - Megure hatte keine Ahnung, wieso er so reagierte, jeder andere hätte seine Gedanken für unprofessionell erklärt, doch er wusste, dass er es wenigstens versuchen musste. Shinichi schluckte, erneut erschien ein bitteres lächeln unter der Maske. Sein alter Freund ahnte mehr, als gut für ihn wahr, zwar wusste Megure nicht, wer hier vor ihm saß, da war sich der jetzige Oberschüler sicher - aber dennoch ging diese Bitte ganz eindeutig an Shinichi Kudo und nicht an William Bell. Wieder sah Bell auf, der Hauptkommissar sah die Reue in seinen Augen und wusste gleich, wie sich der Detektiv entschieden hatte. „Verzeihen Sie mir Hauptkommissar… aber ich bleibe dabei.“ Der Beamte schluckte ernüchtert, unwillkürlich wurde der Schatten zwischen seinen Augenbrauen dunkler. „Sie verweigern die Aussage also in diesem Punkt?“ „Nun, wenn Sie es so ausdrücken wollen…, ja.“ Seufzend lehnte sich der Hauptkommissar zurück, massierte sich müde die Schläfen. „Wenn das so ist Professor, können wir wohl vorerst nichts mehr tun.“ „Nicht ganz.“ „Wie?“ Die Lippen des Kriminalisten hatten ihr überlegenes Lächeln wieder gewonnen, die Art und Weise, wie er nun die Fingerspitzen leicht aneinander legte und sich ebenfalls ein wenig tiefer in den bestimmt unbequemen Sitz sinken, ließ bescherte dem Beamten eine Gänsehaut. „Ihre Theorie ist doch, dass ich der Mörder in diesem Fall bin beziehungsweise, in dieser ganzen Serie - leider sind Ihre Schlussfolgerungen mehr als falsch.“ „Bitte! Wie können Sie es wagen, Sie-„ „Mori lassen Sie’s gut sein! Weiter, Professor…“ Der nickte Megure mit einem dankbaren Lächeln zu und begann zu erklären. „Fangen wir mit dem Einfachsten an. Es ist vollkommen auszuschließen, dass ich den ersten Mord begangen habe, denn bei all der Prestige, die Ihnen dieser Fall eingebracht hat, Hauptkommissar, bis zu dem Zeitpunkt, als York mir den Fall übertragen hat, wusste ich nicht einmal davon. Und ich denke, die Universität sowie meine Studenten werden Ihnen bestätigen, dass ich mich zur Mordzeit nicht in Japan aufgehalten habe. Selbiges gilt natürlich auch für den zweiten Mord.“ Sowohl Megure als auch Takagi hingen an den Lippen des Kriminalisten, einzig Kogoro musterte mit einem abschätzenden Blick den Inhalt seiner Zigarettenschachtel. Sollte der Kerl doch sagen was er wollte, jedenfalls war dieser Affe daran Schuld, dass er sich hier die Nacht um die Ohren schlagen musste. Doch Kogoro spürte nahezu die kalte Asche in seinem Mund, tatsächlich gab es da noch einen anderen Grund, warum er diesen Typen einfach nicht ausstehen konnte. Dem Kommissar, dessen Beine bis eben vom langen Stehen schmerzhaft nach einer Pause gebrüllt hatten, fiel nun seine erste Begegnung mit dem Amerikaner wieder ein. Das seltsame Gefühl, dass er bei Bells Analyse des Tatorts gehabt hatte, holte ihn schlagartig ein, nur wusste er diesmal, wem er diesen Flashback zu verdanken hatte. Doch Bell schien ihre Blicke nicht zu bemerken, seine Position hatte sich geändert, er war wieder in seinem Element und nicht länger ein bloßer Verdächtiger in diesem Fall. „Natürlich wird Ihnen diese Idee auch schon gekommen sein, sodass sich daraus nicht allzu viele Möglichkeiten ergeben. Entweder der Mordversuch von heute Nacht hat nichts mit den anderen beiden zu tun, wobei man dies anhand der Verbindung zwischen den Opfern wohl nahezu ausschließen kann. Die zweite Möglichkeit ist natürlich, dass ich für die ersten beiden Morde jemanden engagiert habe, doch bei allem Respekt, Herr Hauptkommissar, Sie sind von der Lösung dieser Fälle ja noch weit entfernt. Wieso sollte ich mich also genötigt fühlen, plötzlich selbst Hand anzulegen? Sinn macht dementsprechend keine der Theorien, dass ich etwas mit den Morden zu tun habe.“ „Pff… kein Wunder, dass Ran von Ihnen angetan war. Sie sind genauso ein Schwätzer wie er.“ Während Kogoro sprach wippte die Zigarette in seinem Mundwinkel auf und ab, wer den ehemaligen Meisterdetektiv jedoch kannte, wusste, dass außer Verachtung noch etwas anderes in seinen Worten mitschwang. „Mori! Jetzt reicht‘s und packen Sie endlich den Glimmstängel wieder ein. Sie werden wohl einsehen, dass Professor Bells Argumente nicht von der Hand zu weisen-„ Doch Shinichis Ohren waren mit einem mal taub für alles, was sich um ihn herum abspielte, er hörte Megures Tadel nicht und auch nicht Kogoros kleinlaute Entschuldigung. Als ihr Name gefallen war, hatte sein Herz für einen kurzen Augenblick ausgesetzt. Doch nicht nur dieses Organ schien in diesem Moment nicht mehr zu funktionieren, denn noch ehe er über das nachdenken konnte, was er da sagte, war die ungläubige Frage Shinichis auch schon über Bells Lippen. „Ran? Sie hat von mir gesprochen?“ „Mhm?“ Alle drei sahen ihren Verdächtigen überrascht an, Kogoros Blick wurde schnell misstrauisch, bis Shinichi endlich begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte und diesen nun ungeschickt versuchte auszubügeln. „I- ich meine, sie ist Ihre Tochter, nicht wahr? Die junge Dame schien mir nach dem Besuch bei den Hinterbliebenen der Opfer ein wenig angeschlagen.“ Doch noch ehe Kogoro reagieren konnte, fiel sein Vorgesetzter ihm mit strengem Unterton ins Wort. „Dieser Fall ist für keinen von uns leicht, Mr. Bell.“ Mit einem kurzen Räuspern durchbrach Megure die drückende Stille und schaltete das Tonbandgerät zwischen ihnen endlich wieder aus. „Nun gut, wenn Sie Recht haben Professor, wird Sie spätestens die Cafébesitzerin entlasten können, und sobald sie vernehmungsfähig ist, werden wir ihre Unschuld wohl belegen können.“ „Ihr geht es also gut?“ Man konnte die Erleichterung in Bells Stimme deutlich erkennen, sodass auch Megure ihm nun wieder mit einem leichten Lächeln zunickte. „Ja, sie wird es überstehen. Es sollte sich also bald klären. Also schön, Mr. Bell. Sie verstehen sicher, dass wir Sie in Gewahrsam nehmen müssen, bis sich die Beweislast gegen Sie völlig aufgelöst hat.“ Shinichi zuckte nur mit den Schultern, schenkte Megure ein müdes Lächeln. „Alles, was Sie für nötig halten, Hauptkommissar.“ Doch Megure war immer mehr anzumerken, dass er sich nicht wohl dabei fühlte, die Regeln zu beachten, auch wenn dieser Kerl ihnen vielleicht etwas verheimlichte, dass er ein Mörder war, besser der Mörder war, konnte der Beamte im Moment auch nicht mehr so recht glauben. Aber Vorschrift war nun mal Vorschrift und auch ein Hauptkommissar musste die Regeln einhalten. „Nun gut. Es wird Sie gleich jemand abholen kommen, solange bitte ich Sie noch, hier zu warten.“ Mit diesem Satz hatte sich nicht nur der Hauptkommissar, sondern auch Mori erhoben, während Megure jedoch nicht in der Lage war Bell noch ins Gesicht zu sehen, streifte Kogoro ihn nur mit einem missbilligenden Blick. „Ach ja! Hauptkommissar Megure?“ Shinichi sah zu dem Kommissar hoch, versuchte zu verdrängen, wie bekannt ihm dieser Blinkwinkel war und legte stattdessen ein bittendes Lächeln auf seine Lippen, während Megure fragend die Augenbrauen hoch zog. „Mhm?“ „Wäre es wohl möglich, dass ich eine Einzelzelle bekomme? Ich habe gehört, das Kriminalisten in einer Zelle mit Straftätern leider nicht immer allzu willkommen sind.“ Der Polizeibeamte blinzelte kurz ob der Tatsache, dass Bell diesen Wunsch vorbrachte, als würde er in ein Hotel einchecken, zog sich dann den alten Hut ein wenig tiefer ins Gesicht, während sich seine gemurmelte Antwort in seinem Bart verfing, sodass man ihn nur mit Mühe verstand. „Das wird sich wohl regeln lassen…“ Während im Verhörraum die Nacht übergangslos in den Tag fand, lief ein paar Straßen weiter gerade die erste Tasse Kaffee aus der Maschine. „Ich weiß noch nicht wann, Sonoko! Sie muss das doch erst noch klären.“ Noch im Bademantel und grade dabei, das passende Outfit für heute auszusuchen, hatte Ran sich das Telefon unters Ohr geklemmt, um schon am frühen Morgen mit ihrer Freundin zu telefonieren. Genauer genommen war es Sonoko, der Ran jetzt diesen Balanceakt zu verdanken hatte, denn während sie im Kleiderschrank wühlte und wegen dem Hörer den Kopf schief legte, musste sie nun aufpassen, dass sich das Handtuch auf ihrem Kopf nicht löste. „Ich sag doch, ich weiß es nicht, Heiji hat mit dem Fall viel zu tun und Kazuha will ihn nicht immer bei seinen Eltern abliefern.“ Zufrieden mit den Sachen, die sie ausgesucht auf ihrem Bett drapiert hatte, nahm Ran das Telefon wieder in die Hand und ging damit samt der mittlerweile leicht genervten Sonoko wieder in Richtung Küche. „Aber sag mal Sonoko, geht’s denn bei dir überhaupt? Makoto ist doch auch nur kurz da, willst du nicht lieber was mit ihm-…“ „Ach was!“ Doch unter dem offensichtlich aufgesetztem Tonfall konnte Ran das unterdrückte wütende Schnaufen ihrer Freundin deutlich erkennen. „Das ganze Jahr tourt er von einem Turnier zum nächsten. Wenn ich jetzt mal weg bin, ist das mehr als gerecht!“ Doch Rans Gesicht verzog sich zu einer skeptischen Grimasse. „Sonoko… kann es sein, dass dir unser Ausflug nur dazu dient, Makoto eins auszuwischen?“ „A-Aber Ran, wie kommst du denn darauf?!“ Sie hätte gleich ja sagen können, denn Sonokos ertappte Tonlage reichte aus, um Ran zu bestätigen, dass sie Recht hatte. „Weil sich das ganz nach einem deiner aberwitzigen Pläne anhört, Sonoko!“ „Na schööön, du hast mich erwischt. Aber was bleibt uns Frauen auch anderes übrig, wir müssen uns doch etwas einfallen lassen, um unsere Männer in Schach zu halten!“ „Schon…“ Doch Rans Stimme spiegelte den Enthusiasmus ihrer Freundin kaum wieder, ihr Rat hatte weniger einen ernsten als einen traurigen Beigeschmack. „Aber weißt du, Sonoko… ich denke wirklich, du solltest die Zeit nutzen, in der Makoto da ist, er fehlt dir doch so schon genug.“ Am anderen Ende der Leitung zuckte Sonoko kurz zusammen, sie ahnte gleich, wohin die Gedanken ihrer Freundin sie führten und das war ein Weg, der Ran nie gut tat. Das galt es auf jeden Fall zu verhindern! „Jetzt lass den mal meine Sorge sein, Ran! Ich freu mich schon drauf, mit dir und Kazuha wieder was zusammen zu unternehmen, so oft hat sie ja auch nicht Zeit und du hast Ferien! Besser könnte es also gar nicht sein.“ Ran biss sich kurz auf die Lippen, wollte noch etwas sagen, besann sich dann jedoch eines Besseren. „Da hast du wahrscheinlich Recht…“ „Natürlich hab ich Recht! Also, worauf hast du Lust? Ich denke shoppen wäre mal wieder angebracht, und Essengehen sowieso und dann gibt’s da ja noch die neue Karaokebar…“ Während sie sich die Vorschläge Sonokos anhörte ohne selbst zu Wort zu kommen, lief Ran gerade im Wohnzimmer vorbei um sich endlich ihren Morgenkaffee zu gönnen, doch der Fernsehapparat hielt sie auf. Jeden Morgen schaltete sie die Nachrichten ein, ein Unding, dass sie wahrscheinlich von ihrem Vater übernommen hatte, aber zu wissen, was auf der Welt und in Tokio so los war, konnte schließlich auch nicht schaden. Heute Morgen aber hielt sie neben dem Gerät inne, trat extra noch ein paar Schritte zurück um besser sehen zu können. Doch die aufgesetzt ernste Miene der Moderatorin konnte nicht ausdrücken, was Ran grade fühlte als sie die neueste Meldung hörte. „…der Hauptverdächtige in diesem Fall ist seit heute William Bell.“ „Nein…“ „Wie nein? Du hast also keine Lust auf Kino?“ Doch die Stimme ihrer Freundin holte Ran aus einer völlig anderen Welt. „Was? Sonoko?“ „Ja, wer denn sonst? Hörst du mir nicht zu, Ran?“ „Doch ich… Sonoko, kann ich dich zurückrufen? Bitte.“ Auf der anderen Seite der Leitung blinzelte die gefärbte Blondine kurz, doch auch ihre Stimme klang nun besorgt. „Klar doch, Ran… ist alles in Ordnung bei dir?“ „Alles bestens, Sonoko, Danke. Bis später dann.“ Noch ehe Sonoko hätte Luft holen können, hatte Ran aufgelegt. Der immer wieder kehrende Signalton des nun leblosen Telefons hämmerte die Worte der Nachrichtensprecherin nur noch tiefer in Ran hinein. „… das dritte Opfer befindet sich derweil außer Lebensgefahr. Ausgerechnet der amerikanische Professor William Bell wird derzeit von der Polizei verhört.“ Aus Rans Wangen war nun jegliche Röte geflohen, die junge Frau spürte, wie sie zu frösteln begann, gab ihren weichen Knien nach und ließ sich aufs Sofa sinken. Das Telefon in ihrer Hand gab immer wieder ein monotones Signal von sich, doch nicht mal das Flüstern der freien Leitung konnte Ran in das Hier und Jetzt zurückholen. Es war fast so, als würde die Nachrichtenmoderatorin eine andere Sprache sprechen. Ran hörte ihre Sätze zwar, aber sie verstand nicht, wovon sie sprach, oder wollte es einfach nur nicht glauben. Bell sollte Hauptverdächtiger sein… ein Mörder? Stoisch schüttelte sie den Kopf, die nassen Locken lösten sich nun gänzlich aus ihrem Handtuch, das ihr feucht auf die Schulter glitt. Doch Ran merkte es nicht einmal, ihr Körper war taub gegen jede Stimulation von außen, einzig ihr Herz schien mit einem Mal immer schwerer zu werden. Längst hatte sie aufgehört sich dagegen zu wehren, sie wusste zwar noch immer nicht warum, aber es war nun mal einfach eine Tatsache, dass dieser Mann sie beeinflusste, sie in ihrem Bann hielt, schon bei ihrer ersten Begegnung war es so gewesen. Und nun sollte er, ausgerechnet er, der Serienmörder sein, der ganz Tokio in Atem hielt? Bell war kein schlechter Mensch, kein Mörder. Es war geradezu lächerlich, ihn anzuklagen. Er hatte aktiv an dem Fall gearbeitet und sich den Kopf über dessen Lösung zerbrochen, sie hatte es gesehen, Ran hatte es- sie hatte es an seinen Augen erkannt. Unter dem weißen Bademantel stellten sich die feinen Härchen auf Rans Armen wie kleine Zinnsoltaten in Reih und Glied, während sie an seine Augen dachte. Das klare Blau und der dunkle Schatten des Falls, der über ihnen lag und doch Hoffnung in ihr erweckte. „Laut Aussage der Polizei …“ Die Stimme der Reporterin schrak Ran auf, erst jetzt merkte sie, dass sie die Augen geschlossen hatte und richtete ihre Aufmerksamkeit nun wieder auf das Fernsehen. „…muss sich der Kriminalistikprofessor zum Tatzeitpunkt unmittelbar in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben. Es wird vermutet, dass die Beamten weitere Beweise gegen den Autoren haben, die die Festnahme begründen. Weitere Informationen wird es jedoch wahrscheinlich erst geben, wenn das Opfer zu einer Aussage fähig ist. Bis dahin halten wir sie natürlich weiter auf dem Laufe-„ Ohne Umschweife hatte Ran den Apparat ausgeschaltet, starrte nun auf die schwarze Fläche in der sich ihr eigenes Bild blassgrau spiegelte. Blödsinn. Er war es nicht! Er konnte es nicht gewesen sein. Ein einzelner Wassertropfen hatte sich aus ihren Haaren gelöst, lief ihr erst über die Stirn bis er ihre Wange erreichte, ehe er in ihrem Bademantel verschwand. Doch Ran bemerkte den kleinen Botschafter nicht, längst war ihr eben noch hilfloser und überraschter Gesichtsausdruck einem weit nachdenklicheren gewichen. Entschlossen wählte sie eine ihr gut bekannte Nummer auf ihrem Telefon und brachte so das in die Leere tönende Freizeichen kurz zum Schweigen. Sie musste nicht lange warten, ehe sich auf der anderen Seite der Leitung jemand meldete. „Hier Rechtsanwaltskanzlei Kisaki, Eri Kisaki am Apparat, was kann ich für Sie tun?“ „Mama… ich brauche deine Hilfe.“ Das Telefonat hatte nicht lange gedauert und nachdem Ran den Hörer aufgelegt hatte, spürte sie zum ersten Mal ihre Nassen Haare im Nacken und fing leicht an zu frösteln. Dennoch war die junge Frau noch immer außerstande sich zu rühren, bis auf ihren eigenen Herzschlag war es ganz still in ihrem kleinen Apartment, nur die Uhr an der Wand füllte den Raum mit ihrem beständigen Klang. Aber da gab es noch etwas, etwas das nur Ran hören konnte, als würde eine unsichtbare Stimme es ihr immer wieder ins Ohr flüstern. Es war die Frage ihrer Mutter, eine Frage die Eri nicht gestellt hatte und die Ran doch ganz genau aus ihren Worten heraus gehört hatte. Warum? Halli hallo ihr lieben, nach einem etwas stressigen Abend in meinem zukünftigen Berufsalltag gibt es noch ein neues Kapitel für euch. Ich hoffe sehr es hat euch gefallen und möchte euch an dieser Stelle ganz herzlich für die vielen Kommentar und Fafos bedanken! Und auch in diesem Sinne noch einmal bei Leira die das aaaaaaaaaaalles korrektur liest für euch! Danke *knuddel* Allerdings muss ich euch jetzt sagen das das nächste Kapitel erst am 2.5 raus kommen wird. Bei allen die bisher eine ENS bekommen melde ich mich dann wie immer, wer noch eine möchte und bisher keine bekommen hat kann sich gern mit einem Kommi oder sonstigem bei mir „Anmelden“ dafür. Ich hoffe ihr könnt es so lange aushalten, ich bedanke mich jetzt schon für eure Geduld! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Ford Kapitel 15: Besucher -------------------- Besucher Grau. Die Decke war grau. Genauso wie fast alles in diesem Loch,… pardon Gefängnis, es gab also eigentlich nichts da oben zu sehen - dennoch studierte Shinichi die Zellendecke jetzt schon eine ganze Weile, während er seinen Gedanken nachhing. Kurz nachdem Megure gegangen war, hatte man ihn aus dem Verhörraum gebracht und die übliche Gefängnis-Routine mit ihm durchgezogen. Er musste seine Uhr, sein Handy, seine Jacke und alles was er sonst noch mit sich rumtrug, aber in der Obhut der Justiz nicht behalten durfte, abgeben. Die Beamtin hatte nicht schlecht gestaunt, als sie den Namen auf dem Formular gelesen hatte und während er brav seine Sachen abgab, immer wieder ungläubig zu ihm gestarrt. Shinichi hatte ihre Blicke gespürt, sodass es die Polizistin doch tatsächlich geschafft hatte, dass er sich mit einem Schlag noch mieser fühlte. Für einen kurzen Moment hatte er überlegt, ob er etwas sagen sollte, nur was? Er lachte bitter in sich hinein. Also hatte er geschwiegen, einfach die Klappe gehalten und die Liste mit der Aufstellung seiner Habe unterschrieben und zugesehen wie die Beamtin damit im Lager verschwunden war. Die nächste Station ins Glück waren ein Foto und Fingerabdrücke. Sowohl das Bild mit, als auch das ohne Brille, war schnell geschossen gewesen, allein bei den Fingerabdrücken war Shinichi ein wenig mulmig geworden. Der Oberschüler schluckte, schaute auf die Tintenreste auf seiner Hand. Finger, Ballen als auch Handgelenke hatte der Beamte zu Protokoll genommen, um sie dann in das weltweite System einzuspeisen. Als Mitarbeiter der New Yorker Polizei stand Shinichi zwar schon drin, dennoch musste die japanische Polizei ihn jetzt noch als Verdächtigen in ihre Computer eingeben und vergleichen. Nachdenklich rieb der Detektiv seinen immer noch blauen Zeigefinger auf seinem Daumen, um die Tinte endlich los zu werden. Er wusste zwar, dass die Daten von Shinichi Kudo sich dank des FBIs nicht mehr im Programm befanden, und dennoch… ein Beweismittel von damals ausgepackt von dem man weiß das auch seine Fingerabdrücke drauf sein müssen und man hatte ihn. Man hatte ihn. So einfach war das. So einfach. Unwillkürlich richtete er sich auf, fuhr sich müde durch Haar, ohne dass er die Berührung wirklich spürte, ehe ein zynisches Lächeln auf seinen Lippen erschien. Wenigstens bei seiner letzten Station, ehe er seine Suite betreten durfte, hatte Shinichi Glück gehabt. Denn der Beamte, der ihn letztendlich abtasten sollte, war genauso müde gewesen wie er und wollte es einfach nur hinter sich bringen, um sich im nächsten Dienstzimmer wieder aufs Ohr legen zu können, sodass man, nachdem Shinichi äußerlich sauber war, auf weitere „Durchsuchungen“ zum Glück verzichtete. Denn das wäre nun wirklich sein Ende gewesen. Seufzend ließ sich der Detektiv zurück in sein Kissen sinken und versuchte, weiter die Decke im Auge zu behalten, ohne dass ihn der Schlaf übermannte. Es kam ihm vor, als würde er nun schon seit Stunden mit Morpheus kämpfen, immer wieder drohten seine Lieder zuzufallen. Doch Schlaf war das Letzte, was er sich jetzt erlauben durfte, denn Bell wurde seine unbedachten Bewegungen auf der schmalen Gefängnispritsche ganz bestimmt nicht überstehen. Irgendwie musste er wach bleiben. Durchhalten, so lange wie nur möglich. Doch zum Auf- und Abwandern war der Raum zu schmal, er hatte es versucht, aber das ewige hin und her hatte ihn nur leicht schwindelig gemacht, eine Lösung war also auch das nicht. Danach hatte er wenigstens für einen Moment Zuflucht in dem Fall gefunden, mit dem er sich gedanklich beschäftigen konnte, als Hauptverdächtiger in eben jenem Fall jedoch blieb er auch dabei nicht lange, sodass sein Geist längst wieder Probleme wälzte, die in Bells Kopf eigentlich gar nichts zu suchen hatten. Ran. Ob sie wohl schon Bescheid wusste? Wenn sie wirklich glaubte, dass er der Täter war… Was musste sie dann von ihm denken? Natürlich, dass er sie angelogen hatte, ihnen allen etwas vorspielte, nur um an die Informationen zu kommen, die seinen Zwecken dienlich waren. Angewidert verzog der Detektiv das Gesicht - Wahrheit, viel zu viel Wahrheit steckte in dem, was alle Welt jetzt von ihm halten musste, was sie von ihm halten musste. Der Pseudoprofessor schloss die Augen, schnaubte kurz, ehe er sich aufrichtete, um sich zu setzen. Schon lange machte er sich keine Vorwürfe mehr, natürlich sollte es ihm egal sein, was sie von ihm dachte, vor allem, was sie von Bell dachte. Aber egal ob Conan, Shinichi oder seine neuste Kunstfigur … es war ihm nicht egal, keinem von ihnen Dreien war es das je gewesen und würde es je sein. Er konnte seine Gefühle für sie nicht abstellen… das einzige, was Shinichi Kudo noch tun konnte, war zu hoffen, dass sie, dass Ran dazu in der Lage war. Auf irgendeine Art und Weise mochte Ran ihn, ja, sie mochte William Bell, dass hatte er ihr angesehen. Wahrscheinlich hatte sie die Nachrichten gehört und nur einmal laut geseufzt, schließlich hatte sie ihr gutes Herz schon an so viele Täter verloren. Er schluckte, schaute mit bitterem Blick zu der dicken Eisentür, die ihn von seiner Umwelt abkapselte. Wahrscheinlich war sie wütend auf ihn und verletzt, dass William Bell sie so leicht hintergangen hatte, ohne Reue, Schuldbewusstsein oder wenigstens ein kleines Zögern. Sie hatte jedes Recht, wütend und enttäuscht zu sein, denn mal abgesehen von dem Mord selbst, stimmte die Anklage, die man gegen William Bell erhob, mit dem Strafregister von Shinichi Kudo eins zu eins überein. Sie sollte wütend auf ihn sein. Und selbst wenn sie es jetzt noch nicht war, so würde es ganz sicher nicht mehr lange dauern. Müde massierten Shinichis Finger Bells Nacken, während dieser leise seufzte. Wenn man ihn nicht irgendwann in der nächsten Zeit aus dieser Zelle entließ, würde ihnen die Wahrheit wortwörtlich ins Gesicht springen. Denn allzu lange, das wusste Shinichi, würde sich Bells Haut auf der seinen nicht festklammern können, die Masken hielten zwar einige Zeit, für den Dauereinsatz war die Visage des Kriminalistikprofessors jedoch nicht gedacht. Ein bitteres Lächeln erschien hinter der dünnen Schicht aus Silikon. Wenigstens Megure würde ihm seine Unschuld dann wohl abkaufen. Ohne seine Uhr am Handgelenk hatte Shinichi längst jedes Zeitgefühl verloren, er konnte nicht sagen, wie lange er so dagesessen hatte, bis er plötzlich Schritte hörte. Dennoch öffnete der Detektiv seine vom Schlaf schweren Augen erst, als er das laute Knacken der Tür hörte in der sein Gefängniswärter jetzt stand und wusste nicht, ob er sich über den Eindringling freuen sollte oder nicht. Dem skeptischen Blick begegnete der Mann in Uniform mit einem Räuspern, bei dem sich sein Bierbauch auf- und abbewegte, ehe eine Erklärung für seine Anwesenheit folgte. „Sie haben Besuch, Professor.“ „Wie?“ Verwundert blinzelte der Angesprochene unter seiner Brille hervor. Besuch? Wer sollte ihn hier den schon besuchen kommen und vor allem - wieso? Doch der Polizeibeamte antwortete nicht auf den fragenden Blick des Professors, spielte stattdessen mit dem Schlüsselbund in seiner Hand und fing an zu erklären. „Da sie sich hier in der Untersuchungshaft des Präsidiums befinden, haben wir leider keinen Aufenthaltsraum für derlei Unterhaltungen, Sie und Ihr Besuch werden also mit ihrer Zelle vorlieb nehmen müssen, wenn’s Recht is.“ Noch immer skeptisch zog der Detektiv eine Augenbraue in die Höhe, sein Zellenmeister sah nicht so aus, als ob es ihn wirklich interessierte, ob sein Gefangener seine vier Wände mit jemandem teilen wollte oder nicht. Dennoch zog es Shinichi vor, mitzuspielen, sicher die bessere Idee, als sich mit dem Mann anzulegen, der für seine Verpflegung zuständig war. „Von mir aus, wenn sich mein Gast auch damit anfreunden kann.“ „Wir werden uns sicher arrangieren können.“ Die schneidende Stimme ließ beide Männer augenblicklich verstummen, doch besonders dem Zelleninsassen ging sie unter die Haut, jetzt war das Kribbeln von seinem Körper nicht mehr auf einen übermüdeten Zustand zu schieben. Noch ehe seine Gedanken ihren Namen hätten formen können, war sein Gast selbst in sein Blickfeld getreten. Eri Kisaki. Shinichi schluckte, spürte sofort ihre Augen, die ihn abtasteten, doch auch er konnte seinen Blick nicht von der Anwältin abwenden. Auch wenn der Detektiv keine allzu großen Veränderungen an ihr bemerkte, einzig und allein ein paar kleine Fältchen hatten sich um ihre Augen angesammelt, die verrieten, dass ihre nun so ernsten Gesichtszüge in ihrem Leben auch schon oft genug ein Lachen geformt hatten. Dies jedoch milderte die Trockenheit seiner Kehle keine Spur. Wieso war sie hier? Er hatte nie um einen Anwalt gebeten, und da er noch nicht unter Anklage stand, hatte man ihm auch noch keinen zugeteilt, ganz davon abgesehen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass man ihm in einem solchen Fall ausgerechnet sie an seine Seite stellte, mehr als gering war. Von selbst jedenfalls würde sie bestimmt nicht auf die Idee kommen, sich ihm vorzustellen, also konnte das ganze eigentlich nur eine plausible Erklärung haben. Und tatsächlich trat hinter ihrer ernst dreinschauenden Mutter bald das weniger ernste Gesicht ihrer Tochter auf, das ihm mit einem leicht verlegenen und unsicheren Lächeln begegnete. „Guten Morgen, Professor.“ „M-Morgen.“ Selbst in seinen eignen Ohren hörte sich Bells Stimme mit einem Mal brüchig an, als er Ran antwortete. Nun war die Frage geklärt, warum ihn Eri heute Morgen begrüßte, ganz ohne Zweifel war die Sache auf ihrem Mist gewachsen und das wiederum ließ nur einen Schluss zu. Er seufzte, ein Blick in ihre Augen bestätigte seinen Verdacht. Sie hatte ihn schon oft so angesehen, nicht Bell, auch nicht Conan, sondern Shinichi selbst. Immer wenn sie ihm auf die Schliche gekommen war, aber nicht mehr wütend genug, um ihm gleich den Kopf abzureißen, immer dann hatte sie ihn so angesehen. Mit einer Unsicherheit und Angst, die dem Karatechampion eigentlich gar nicht stand, doch was hinter diesen Gefühlen wirklich in ihren Augen zu lesen war, war eine große Bitte. Die Bitte, sich zu erklären, ihr einen Grund für das alles zu liefern und endlich die Wahrheit preiszugeben, die hinter dieser Lüge stand, in der Hoffnung, sie würde es dann verstehen… in der Hoffnung, sie würde dann wieder an ihn glauben können. Shinichi schluckte, wich ihrem Blick unwillkürlich aus. Mit einem Mal spürte er die Enge seiner Zelle, bemerkte, wie heruntergekommen er nach einer Nacht aussehen musste. Auch wenn sie nicht wusste wer er war, es vermutlich nicht einmal ahnte, so fühlte er sich jedoch nicht wohl bei dem Gedanken, dass Ran ihn jetzt so sah. Als Hauptverdächtiger, mutmaßlicher Mörder, in diesem Fall. Shinichi schluckte, atmete tief ein und versuchte sich an einem Lächeln, während er seinen Kragen und seine Krawatte richtete. „Entschuldigen Sie meine Aufmachung, ich muss zugeben, die Nacht hat mich ein wenig mitgenommen, auch wenn ich mich natürlich nie über die Gastfreundlichkeit der Polizei beschweren würde.“ Erst jetzt stand er auf, ging ein paar Schritte auf Eri zu und reichte ihr die Hand. „William Bell, Detektiv und derzeit Hauptverdächtiger im eigenen Fall.“ Die Anwältin beäugte ihn nicht lange, griff nach seiner Hand und erwiderte die Begrüßung, sie hatte es schon zu oft mit den widerlichsten Menschen zu tun gehabt, dass sie ein Händeschütteln mit einem mutmaßlichen Mörder schon lange nicht mehr scheute. „Eri Kisaki, ich würde Sie gerne in dieser Sache vertreten Mr. Bell, falls der Fall vor Gericht landen sollte.“ Die Anwältin reichte ihm seine Karte, die Shinichi pflichtbewusst beäugte, ehe er sie in seiner Hemdtasche verschwinden ließ. Sein Blick wanderte jedoch dann an Eri vorbei zurück zu Ran. Noch immer lag auf ihren Lippen das leichte Lächeln, welches der Detektiv schon zu gut kannte, ehe sie seine Augen auf ihr bemerkte und ihre Wangen einen leichten Roseschimmer bekamen. „Ich bin dann auch wieder weg, auf Wiedersehen, Mr. Bell.“ „Ab-“ Doch ehe Shinichi den Widerspruch vollständig äußern konnte, war sie aus der Tür verschwunden. Sein Blick ruhte auf dem Fleck im Türrahmen, den sie bis eben eingenommen hatte, ehe Eri ihn aus seiner Trance holte. „Sie werden wohl mit mir vorlieb nehmen müssen, Professor.“ „Mhm?“ Nun war es an Shinichi, unter Bells Gesicht rot zu werden, mit einem verlegenen Lächeln machte er der Anwältin Platz und bot ihr an, einzutreten. Kaum war sie über die Schwelle getreten, murmelte der Beamte etwas von „in Hörweite“ und „nicht zu lange“ in seinen Bart, als darauf die Tür mit einem dumpfen Knall hinter der Rechtsanwältin zufiel. Shinichi spürte sofort wie sich die Anspannung in dem kleinen Raum verdichtete und dafür sorgte, dass ihm ein einsamer Schweißtropfen den Rücken herunter rann. Er bemerkte, dass Eri sich in dem kleinen Raum nun genauer ansah, selbst das ungebrauchte Bett entging ihrem geschäftigen Auge nicht. Der Detektiv schluckte und atmete tief durch. Shinichi schaffte es, ein Lächeln auf Bells Lippen zu zimmern, rieb sich leicht verlegen den Nacken. „Ich sagte ja es ist bescheiden, Ms. Kisaki - ich hoffe aber dennoch, dass ich Ihnen helfen kann.“ Die Angesprochene kam seiner einladenden Geste nach und ließ sich auf dem Bett nieder, wohl die besser Wahl, wenn man bedachte, dass die Toilette neben dem Matratzenlager die einzige Sitzmöglichkeit war. Sie kramte ein Diktiergerät aus ihrer Tasche, schaute ihn jedoch nicht an, während sie ihm mit einem süffisanten Lächeln auf ihren Lippen antwortete. „Wenn ich es recht verstanden habe, Professor, bin doch ich es, die Ihnen helfen soll und nicht umgekehrt.“ „Wie?... Nun, natürlich, da haben Sie wohl nicht unrecht.“ Als Eri endlich aufschaute, sah sie nur noch sein verlegenes Grinsen, von dem verdutzten Blick vorher hatte sie nichts mitbekommen. „Also gut Professor, würde Sie mir bitte erklären, was gestern Abend genau vorgefallen ist. Ich weiß, dass Sie der Polizei bereits ausgesagt haben, ich möchte Sie dennoch daran erinnern, dass alles, was Sie mir hier jetzt sagen, unter uns bleibt und es mir fern liegt, Sie zu verurteilen - wir sind hier, um die Wahrheit herauszufinden, weiter nichts.“ Doch Bells Gesicht ließ seinen Gedanken keinen Platz, er nickte, setzte sich neben sie und fing an zu erzählen. Während der Amerikaner sprach, sah er Eri kaum an, fixierte einen unsichtbaren Punkt auf dem Boden, die perfekte Gelegenheit für die Anwältin, sich ihren Klienten etwas genauer an zu sehen. Das Einzige, was Eri bisher von ihm gesehen hatte, war ein Bild in der Zeitung, da ihre Tochter ihr nicht mehr die Zeit hatte lassen wollen, sich erst selbst über ihren Mandanten zu erkundigen, sondern sie gleich nach ihrer Zusage zu ihm gezerrt hatte. Doch das hoffnungsvolle Bild, das die Zeitung bis heute von ihm geschrieben hatte, passte nun nicht mehr mit dem Menschen überein, der neben ihr saß. Rans Mutter schaute auf, in das von Bitterkeit geprägte Gesicht und fragte sich langsam, ob das Bild der Medien je zu dem Menschen neben ihr gepasst hatte. Denn ganz bestimmt lag der Eindruck, den sie von ihm bekam, nicht bloß an der Müdigkeit, die ihm seine ansehnlichen Züge nicht nehmen konnte, vielmehr war es die Art und Weise, wie er sich verhielt, das Bild in seinen Augen, das sie beunruhigte. Etwas in diesen Augen störte sie, etwas, das ihr ihre Arbeit in diesem Fall nicht wie sonst erleichterte, sondern einfach nur den unprofessionellen Wunsch in ihr dämpfte, dem Detektiven Glauben zu schenken. Reue. Bell fühlte sich in ihrer Gegenwart ganz und gar nicht wohl, bei Ran war es nicht anders gewesen, das plötzliche Versteifen von Bells Muskeln und der bekümmerte Blick zur Seite waren Eri nicht entgangen. Dabei war es doch grade Ran, die ihn hier raus haben wollte, die darauf beharrte, dass dieser Mann, den sie grade einmal ein paar Tage kannte, unschuldig war. Was aber malte dann dieses Bild in seine Augen, Schuld und das Wissen um diese hatte ein Maler in trüben Farben auf die Leinwand gebracht, sodass seine Augen dahinter verblassten. Eri spürte, wie sie sich auf die Lippen biss und rief sich sofort zur Raison. Diese lästigen Unarten, die verrieten, was in ihr vorging, hatte sie eigentlich schon lange abgelegt. Sie atmete kurz durch, machte sich einige Notizen, obwohl das Diktiergerät neben ihr brav arbeitete, sie wollte geschäftig wirken, starrte auf ihre eigene Handschrift, während ihre Gedanken der Frage nachhingen, warum das Wort Schuld quasi auf Bells Stirn stand. Sie kannte diesen Ausdruck, denn eigentlich war es genau das, worauf sie sonst normalerweise hinarbeitete, den Schuldigen so lange bearbeiten, bis dieser kleine Funke in dessen Augen erlosch, bis er sich besann und dem Gericht und vor allem aber auch sich selbst seine Schuld eingestand. Damit war der Fall in der Regel gewonnen. Hier aber war die Lage anders. Obwohl Bell Reue zeigte, war es nicht die aktuelle Anklage, nein, das konnte es nicht sein, sonst würden sie jetzt nicht hier sitzen und ihr Mandant immer noch behaupten, er sei unschuldig. Aber was dann. Selbst wenn sie ihn also aus diesem Fall rausboxen konnte, einen völligen Freispruch würde sie für ihn wohl nicht erzielen. Dabei war es genau das, was sie sich wünschte. Natürlich würde Ran nie zugeben, dass ihr so viel an ihm liegt, aber mal im ernst, eine Mutter kennt ihre Tochter, sie hatte es schon heute Morgen am Telefon gehört. Und auch seine Reaktion auf Ran war durchaus interessant gewesen. Zuerst verwirrt, wenn auch kurz erfreut über Rans Auftauchen bis hin zu dem Unwohlsein, das er am liebsten in peinlicher Stille erstickt hätte. Wenn sie ihn ansah, wenn sie ihre Tochter ansah, kam ihr nur einer, ein einziger Name in den Sinn- Shinichi Kudo. Die Augen der Anwältin wurden schmal, analysierend ging ihr Blick über den Angeklagten an ihrer Seite, der so fremd aussah und dennoch so viel Ähnlichkeit mit ihm aufwies. Sollte dieser Fall, sollte die Mordserie wirklich mit ihm oder dem, was er damals zu bekämpfen versuchte, in Verbindung stehen? Es klang absurd, selbst in ihren Ohren und doch gab es vieles, was diese beiden Fälle gemein hatten. Ein Mörder, der nicht gefasst werden konnte, der nicht gefasst werden kann und ein Mann der ganz offensichtlich ein Geheimnis hatte, ein Mann der scheinbar mehr wusste als sie alle, der Mann, um den ihre Tochter sich sorgte. Wenn Bell ebenso etwas mit sich herum schleppte, wie der Freund ihrer Tochter damals, würde dieses Geheimnis wenigstens den Blick in seinen Augen erklären, die Reue und die Angst, die sonst nur ein Täter auf der Anklagebank zeigte. Denn nein. Nein, ein Mörder saß bestimmt nicht hier neben hier. Und trotzdem… Eri seufzte schaute erneut in das verschlossene Gesicht ihres Gegenübers. Im Moment war dieser Mann dazu bereit, sich zu einem Mörder machen zu lassen, denn ohne eine Aussage, ohne eine Antwort, blieb er das, wofür man ihn hielt, ehe nicht das Gegenteil beweisen wurde. Ohne eine Antwort blieb er ein Verdächtiger. „Sie bleiben bei dem Ende ihrer Geschichte, Mr. Bell?“ Die braunen Augen der Anwältin trafen die seinen, doch die Barriere wich nicht. Er schenkte ihr nur eines seiner entschuldigenden Lächeln und schüttelte ein weiteres Mal reumütig den Kopf. Für einen kurzen Moment herrschte Stille in der kleinen Zelle, man konnte hören, wie der Polizist draußen gelangweilt mit den Füßen scharrte als ob er auch darauf wartete, das Bell endlich mit der Sprache rausrückte, doch der blieb nur wieder stumm. „Also gut, sollte dieser Fall sich nicht in den nächsten Tagen klären und die Ermittlungen sie entlasten, werde ich mich wieder einschalten.“ Mit diesen Worten und ohne Shinichi noch einmal anzusehen, begann Eri ihre Sachen zu verstauen. Shinichis Augen hafteten die ganze Zeit über an ihr, er schluckte, biss sich leicht auf die Unterlippe. In dem Moment aber, als Shinichis Blick sich von ihr abwandte und er wieder in seinen eigenen Gedanken zu versinken begann, sprach sie. „Ran mag Sie.“ „W-Wie?“ Shinichi schaute auf, es wunderte ihn nicht, dass es erneut Eris Stimme gewesen war, die die Stille durchbrach, doch das Thema warf ihn aus der Bahn. Die Anwältin aber beobachtete seine Reaktion genau, ihre Worte wurden von einem höflichen Lächeln begleitet. „Ran Mori. Meine Tochter, wie sie vielleicht schon geschlussfolgert haben. Sie. Mag. Sie.“ Shinichi blinzelte verwundert. Darauf war er nicht vorbereitet gewesen - zum ersten Mal, seit sie den Raum betreten hatte, konnte er nicht verhindern, dass seine Fassade bröckelte. Wo führte das hin? Was wollte diese Frau ihm damit sagen? Er schluckte, wusste, dass er eigentlich etwas sagen sollte, doch das einzige, was er tun konnte, war dumm dazusitzen und seine Verteidigerin anzustarren. Zu mehr war sein dumpfes Hirn grade nicht imstande. Was hatte sie denn jetzt mit all dem zu tun? Doch statt auf den, plötzlich gar nicht mehr so schlauen Blick ihres Mandanten zu antworten, beließ es die Königin des Gerichtssaals dabei, ihre Sachen in ihre Aktentasche einzusortieren. Erst als der Verschluss ihrs Koffers mit einem Klicken einschnappte, ergriff sie wieder das Wort. „Ich würde Ihnen gerne drohen, Professor, nur zu gerne würde ich Ihnen raten, die Finger von meiner Tochter zu lassen. Aber ich werde nichts dergleichen zu Ihnen sagen. Nicht, weil ich davon überzeugt, bin dass Sie ein guter Mensch sind, ganz im Gegenteil…“ Erneut suchten ihre Augen sein Gesicht, versuchten noch einmal, durch das dichte Blau seiner Pupillen zu dringen, während sie eindringlich weitersprach. „Irgendetwas verheimlichen Sie uns und Geheimnisse, ob nun groß oder klein, bergen, so gut sie vielleicht auch gemeint sind, eine Gefahr. Eine Tatsache, die ich meiner Tochter nur ungern ausliefere.“ Sie seufzte, nahm ihren eben noch scharfen Blick von seinen Schultern, stand auf und sah ihn nicht mehr an, während sie sprach. „Ich würde es Ihnen gerne untersagen. Der Grund, warum ich es nicht kann, sind bei weitem nicht Sie, sondern Ran selbst.“ Die Stimme der Anwältin ebbte ab, die starke Anklage ihrer Worte war nun leise geworden. Wie ein Geheimnis, das man nur leise aussprechen durfte damit die Gefängnismauern es nicht in sich aufsaugten. „Ran mag Sie.“ Shinichi schaute sie nur an, merkte, wie sein rasendes Herz einen Schlag übersprang und konnte sie jedoch nur ansehen. Eri aber sagte nichts mehr, schaute ihn nicht an, sondern klopfte stumm gegen die Zellentür, das Signal für den Wärter, sie endlich aus der „Haft“ zu entlassen. Kurz darauf klimperten bereits die Schlüssel und hinter der sich öffnenden Tür schaute das Gesicht des immer noch genauso gelangweilten Polizisten in die kleine Zelle, dies wandelte sich jedoch, als die Anwältin nicht gleich aus dem Raum trat, sondern noch einen kurzen Moment im Türrahmen stehen blieb. „Italienisch.“ „Mhm?“ Der Gefangene blinzelte kurz, sie schien ihn aus einer anderen Welt zurück zu holen, in die ihn ihre Worte eben geschickt hatten. Verwundert schaute er zu ihr auf, ihre Stimme wurde weich, doch ihr Blick durchdrang ihn noch immer, und impfte ihren Worten eine zarte Warnung mit ein. „Ran. Sie isst gerne italienisch.“ Ihre Schritte hallten auf dem steril geputzten Boden und auch dass der Beamte, der sie hinaus begleitete, auf eine altmodische Art mit den Zellenschlüsseln spielte und diese zum Klimpern brachte, sorgten für eine Gänsehaut auf Rans Armen. Zwar gab es in dem Polizeigebäude nicht viele Gefängnisse, schließlich wurden die Insassen hier sozusagen nur zwischengelagert, die Türen aber, die akkurat jeweils links und rechts von dem schmalen Gang zu sehen waren, reichten aus, um ihre Schritte zu beschleunigen. Hinter diesen Türen warteten Verbrecher auf ihre Verhandlung, oder darauf, ins städtische Gefängnis überführt zu werden. Ran schluckte, rieb sich die mit einem Mal kühlen Arme und versuchte den bitteren Geschmack in ihrem Mund zu ignorieren. Und die lästige Stimme aus ihrem Kopf zu verbannen, wieso es so seltsam war, Bell hinter Gittern zu sehen und wieso verdammt noch mal es ihr so viel ausmachte! Wieso legten sein leicht zerzaustes Erscheinen als Häftling der Tokioter Polizei, seine müden Augen und seine zu einem mühevoll erstelltem Lächeln verzogenen Lippen, eine Schlinge um ihr Herz, die sich scheinbar immer fester zu zog. Sie wollte ihn nicht hier sehen. Er gehörte hier nicht hin. Das war es jedenfalls, was sie glauben wollte. Ran schluckte, schüttelte ungeduldig mit sich selbst den Kopf, sodass sich der Wachmann kurz verwundert nach ihr umsah, doch sie ignorierte den fragenden Blick des Beamten, folgte ihm stattessen wie ein kleines, verlorenes Kind während sie ihren Gedanken nachhing. Vielleicht sollte sie mit Heiji reden, schließlich war unter anderem er es gewesen, der Bell verhaftet hatte und außerdem wusste der Osakaner offenbar ohnehin mehr über den Besucher aus Übersee. Seine Reaktion, als Kazuha ihn um ein Autogramm von dem berühmten Schriftsteller gebeten hatte, war nicht aus ihrem Gedächtnis zu bekommen. Mit jedem Schritt, den Ran in die Freiheit machte und jeden Gedanken, den sie unausgesprochen ließ, schnürte sich ihre Kehle immer weiter zu, der Blick ihrer Mutter heute Morgen hatte Bände gesprochen, auch ihr stand noch ein Verhör bevor. Dabei wusste die junge Lehrerin schon jetzt, dass sie wahrscheinlich kaum eine Frage würde beantworten können. Denn die bittere Wahrscheit, die für den dicken Kloß in ihrem Hals verantwortlich war, konnte sie nicht ignorieren. Sie kannte diesen Mann überhaupt nicht. „Entschuldigung, Fräulein Mori?“ „Oh, was? Wie?“ Ihr verdutztes Gesicht schminkte dem Beamten kurz ein freches Lächeln auf die Lippen, als er aber die Schatten in ihren Augen sah, verblasste es auf der Stelle. „Wir sind da- das heißt, wieder am Ausgang des Reviers.“ Ran blinzelte, schaute sich kurz verwundert um und nickte dem Polizisten dankbar zu, als der ihr die Tür auf hielt. Die Sonne auf ihrer Haut und der frische Wind in ihren Haaren waren eine Wohltat. Freiheit. Wenn ihre Mutter Erfolg hatte, konnte auch er dieses Gefühl bald wieder genießen. Sie musste es einfach schaffen, nur so würde Ran endlich dahinter kommen, was es mit diesem Mann und mit ihrem verwirrten Denken auf sich hatte. Und wenn die Königin des Gerichtsaals es nicht konnte, musste sie halt etwas anderes finden, irgendetwas, das ihn entlastete, irgendjemand, der ihn da raus holte. Die warme Sonne entlockte Rans Lungen endlich einen kleinen, fast schon erleichterten Seufzer, erst jetzt wurde ihr klar, dass sie das Atmen unter ihren Gedanken beinahe vergessen hatte. Tief luftholend richtete sie ihren Blick nun auf den Parkplatz, tastete den in der Sonne vor buntem Metall schimmernden Ort nach ihrem Auto ab, bis ihre Augen an zwei Gestalten hängenblieben, die im Schatten der Bäume offensichtlich eine Diskussion führten. Zwar verzerrte das Schattenspiel der Blätter ihre Kontur, aber die Art und Weise, wie sie sich bewegten und die schemenhafte Zeichnung unter dem bunten Blattwerk reichten aus, um sie zu erkennen. Rans Augen wurden groß, sofort merkte sie, wie sich der Kloß, den sie grade eben erst los geworden war, es sich jetzt wieder in ihrer Kehle gemütlich machte, dennoch schaffte sie es, ein freudiges Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern und steuerte mit einem seltsamen Gemisch aus Freunde, Angst und Neugier auf sie zu. Sie erkannte nicht, dass die Augen der beiden genauso groß wurden, als sie erkannten, wer da auf sie zusteuerte und auch noch nicht, dass ihr Teint einen Deut heller wurde, als Ran sie schon von weitem grüßte. Er gähnte, rieb sich müde den Schlaf aus den Augen und trat mit einem gebrummten „Morgen“ an den diensthabenden Beamten ins Gebäude. Von wegen Morgen, es war bereits halb vier und doch hatte sich Kommissar Hattori erst jetzt aus seinem Hotelzimmer quälen können. Schön, sie waren erst heute Morgen ins Bett gekommen, aber das war es nicht, sowas war er ohnehin gewohnt und sonst zog die Müdigkeit nach ein paar Stunden Schlaf und einer Tasse Kaffee an ihm vorbei. Aber genau an Punkt 1 dieses kleinen Rituals war der junge Kommissar heute gescheitert, denn eigentlich hatte er so gut wie gar nicht geschlafen. Nein, stattdessen hatte er wach gelegen, sich von einer Seite zur anderen gedreht, bis Kazuha ihn letztlich auf die Couch verbannt hatte, damit wenigstens einer von ihnen schlafen konnte, nachdem ihr Ehegatte es mal wieder bevorzugte, zu schweigen, statt das auszusprechen, was ihm die Tore zu Morpheus versperrte. Leise fluchend steuerte der Detektiv zum nächsten Wasserspender und füllte einen der nach Plastik stinkenden Becher. Dabei hätte er gut schlafen müssen! Er hätte mit einem genugtuenden Grinsen ins Reich der Träume segeln müssen mit dem Wissen, dass Tokio zumindest heute Nacht sicher war. Aber neiiin, er musste natürlich dennoch wach liegen, sodass die Müdigkeit seinen Kopf heute Morgen mit dröhnendem Kopfweh strafte. Leise fluchend fummelte er zwei Kopfschmerztabletten aus der Packung und spülte sie mit dem abgestanden Wasser hinunter. Und das lästigste an der ganzen Sache war, dass Heiji genau wusste warum er nicht hatte Schlafen können, warum es jetzt in seinem Kopf donnerte als wäre ein Flugzeug zwischen seinen Ohren gelandet. Ein Fehler. Irgendetwas stimmte mit diesem Fall nicht. Etwas passte nicht, oder aber er hatte etwas übersehen. Denn eigentlich hatte er Bell jetzt genau da, wo er ihn haben wollte, alles weitere war nun nur noch eine Frage der Zeit, aber auch der Triumpf, vielleicht einen Faden zur Organisation in der Hand zu haben, konnte das flaue Gefühl in Heijis Magengegend nicht dämpfen. Ein Puzzleteilchen fehlte, oder wollte einfach nicht ins Bild passen. Nachdenklich massierte er sich die Schläfe, pfefferte den Becher in den nächsten Mülleimer und setzt seinen Weg zum Konferenzraum fort. An zwei offenen Bürotüren unterhielten sich ein paar Beamte über den Flur hinweg. Er wollte sich grade möglichst unauffällig an der kleinen Gruppe vorbei schleichen, bis drei Buchstaben ihn am Boden festnagelten. „FBI?“ „Was wollten die denn hier?“ „Keine Ahnung, jedenfalls hätte ich die Blondine bestimmt nicht von der Bettkante geschubst.“ „WAS?!“ Ertappt und sofort errötend, sah der Polizist sich zu Heiji um, der sie nun mit einem immer blasser werdenden Teint anstarrte. „Na ja… Sie müssen zugeben, Herr Kommissar, die ausländischen Frauen-„ Doch Heiji ging nicht auf den Mann ein, trat stattdessen einen Schritt auf ihn zu. „Wer vom FBI war hier? Zu wem wollten sie und um was gings?“ Die drei Beamten schauten sich kurz verwirrt an, unsicher, weshalb der Kommissar an den Informationen derart interessiert war. Es dauert einen kurzen Moment, ehe sich einer der drei zu sprechen traute. Dem etwas untersetzten Beamten hätte eine gute Mahlzeit und ein wenig Training bestimmt nicht geschadet, seine Statur hielt ihn jedoch nicht davon ab, im Gegensatz zu seinen Kollegen, zu antworten. Grade weil man Kommissar Hattori heute ansah, dass man besser Vorsicht walten ließ. „Viel wissen wir eigentlich auch nicht. Es waren eine Blondine mit Brille und ein Japaner, kurze Haare und ne Dunkle Wollmütze. Viel geredet ham die eigentlich nich, nur gefragt, wie sie zum Hauptkommissar kom-„ Doch weiter ließ Heiji ihn nicht kommen, mit einem schnellen Satz hatte er sich durch sie hindurch gedrängt und mit wenigen Schnitten den Konferenzraum erreicht, dessen Tür er ohne vorheriges Fragen oder Klopfen aufriss. Megure war allein am Tisch, kehrte ihm seinen breiten Rücken zu und liess sich nicht anmerken, dass Heiji grade ins Zimmer gestürzt war. Doch die stummen Beweise der beiden Gäste waren noch sichtbar vorhanden. Ein Kaffeebecher, an dessen Rand man einen auffällig pinken Lippenstiftrest erkennen konnte, den Sato nie tragen würde und der Geruch von Zigaretten, den auch den auch das geöffnete Fenster nicht so schnell vertreiben konnte. Jodie Starling und Shuichi Akai. Der Hauptkommissar hörte, wie Heiji hinter ihm scharf einatmete, schenkte seine Aufmerksamkeit jedoch weiter den Akten. Er las den Bericht nochmals durch, hörte dabei wie ein Stuhl ihm gegenüber zurecht geschoben wurde, als er den dünnen Bogen Papier grade mit einer Unterschrift versah und dann schon beinahe zu sogfältig in die Akte sortierte. Auch als er den braunen Umschlag schloss, blieb es in dem kleinen Konferenzraum still. Der Blick Megures blieb auf dem Namen der Akte liegen. Bell Hatte ein Geheimnis nicht schon gereicht? War ein Serienmörder denn nicht schon genug, um ihn nachts wach zu halten? Aber nein, er musste sich natürlich jetzt noch mit den verworrenen Hintergründen seiner Ermittler rum schlagen. Aber nicht nur ihr vermeintlicher Häftling machte das Mittagessen von Midori heute zu einem Klotz in seiner Magengegend, nein, auch sein Gegenüber war im Moment nicht leicht zu handhaben. Mit einem erschöpfenden Seufzten massierte sich der Hauptkommissar die Schläfe. „Heiji-…“ Doch seine eindringliche Stimme kam nicht zu ihm durch. „Was wollten sie?“ Die Stimme des jungen Kommissars war trocken, seine Worte ohne Klang. Megure schaute auf, erkannte erst jetzt, dass der Osakaner wie gebannt auf den Namen starrte, der drohend auf der Akte prangte. Ohne den Blick von dem braunen Paper abzuwenden, formten seine Lippen einen fast lautlosen Satz. „Sie wollen, dass wir ihn laufen lassen, hab ich Recht?“ Der Hauptkommissar schluckte, schaute Heiji lange an und versuchte vergeblich, mit seinem jungen Kollegen Augenkontakt herzustellen, ehe er schließlich die Antwort als einen missmutigen Seufzer ausstieß. „Ja.“ Megures Hände suchten etwas zu tun, doch auf dem Tisch gab es für sie nur die langweilige Akte, sodass der Hauptkommissar den Hut vom Kopf zog, und neben seinem immer grauer werdenden Haar auch die kleine Narbe an seiner Schläfe entblößte, welche er sich nun mit kreisenden Bewegungen massierte. „Sie waren zum einen als Vermittler der amerikanischen Botschaft da, wir haben nicht genügend Beweise, um ihn fest zu halten. Schau mich nicht so an, Heiji… du weißt, dass ich Recht habe, solange unsere Zeugin nicht bei Bewusstsein ist, haben wir keine Aussage und ohne Aussage sind unsere Beweise gegen Bell ziemlich dünn gestrickt.“ Er schluckte, merkte, wie die nächsten Sätze wie ein Kloß in seiner Kehle saßen und eigentlich gar nicht vorhatten diesen gemütlichen Ort zu verlassen. „Zum anderen ist es für das FBI selbst wichtig, dass Bell auf freiem Fuß bleibt und die Ermittlungen unterstützt. Vielleicht gibt es auch internationale Fälle, die mit unserem zusammenhängen, deswegen wollen sie ihn im Spiel behalten.“ Mit einem unverhohlenen Seufzen setzte er seinen treuen Begleiter wieder auf seinen Kopf, versuchte erneut, Augenkontakt mit Heiji herzustellen. Vergebens. Der Kommissar wirkte wie eingefroren und dennoch wusste Megure genau, dass er ihn hörte. „Ich weiß nicht, was alles dahinter steckt, Heiji. Aber du und ich kennen die Agents mittlerweile, ich denke nicht, dass sie unsere Ermittlungen gefährden würden, wenn-„ „Tsss.“ Plötzlich kehrte Leben in die unbewegliche Gestalt des Osakaners zurück, auch wenn er Megure noch immer nicht ansah, konnte der erfahrene Beamte in den grünen Augen des Osakaners ganz deutlich Wut glimmen sehen. „Sie wissen genau so gut wie ich, dass es das FBI nicht interessiert, was oder wen sie gefährden. Die ziehen ihr Ding durch, egal was es einen von uns kostet.“ Die Augen des jungen Kommissars waren finster, wie Megure sie schon lange nicht mehr gesehen hatte, nie hätte er gedacht, dass so etwas an Heiji derart nagen könnte. Seine Stimme wurde weich, während er sprach. „Heiji…“ Doch der ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen, sondern fiel ihm gleich ins Wort, der Osakaner musste sich bemühen, um seiner Stimmung die Bedrohung zu nehmen die in dieser Frage lag. „Sie lassen ihn also gehen?“ Megure schaute auf, sah in das bittere Gesicht Heijis, ehe sein Schnurrbart einen müden Seufzer entließ. „Wir haben uns mit der Verhaftung Bells schon genug Freiheiten herausgenommen, wir können es uns nicht leisten, dem FBI zu widersprechen und dem Dezernat noch mehr Schwierigkeiten auf internationaler Ebene einzuhandeln.“ „Sie lassen einen Mörder auf freien Fuß!“ Heiji war aufgesprungen, der Stuhl hinter ihm scheppernd zu Boden gefallen und seine Stimme war eindeutig zu laut, um sie Megure gegenüber zu benutzen. Doch der Hauptkommissar schaute ihn nur an, es hatte ihn ohnehin gewundert, dass Heiji so ruhig geblieben war, dass es jetzt mit ihm durchging, war wohl zu erwarten gewesen. Und wäre es nicht dieser Fall, wären sie jetzt nicht hier allein hätte er ihn wohl auch dafür getadelt so mit einem Vorgesetzten zu sprechen. Doch stattdessen stand Megure ruhig auf um mit dem Osakaner wieder auf Augenhöhe zu sein und begann, zwar ohne laut zu werden, aber durchaus mit einer gewissen Schärfe in seinen Worten, zu sprechen. „Was sollte das FBI davon haben, Heiji? Sie müssen von seiner Unschuld überzeugt sein, oder wieso sollten sie wollen, dass wir ihn gehen lassen, wenn sie genau wissen, dass er schuldig ist?“ Der Hauptkommissar fügte noch an, dass sie schließlich alle an einem Strang zögen und auch die amerikanische Behörde bestimmt ihre Ermittlungen nicht in Gefahr bringen wollte, doch das alles hörte Heiji schon längst nicht mehr. Die grünen Augen des Kommissars wurden groß, für einen kurzen Moment starrte er durch seinen Vorgesetzten hindurch, ehe ein untrügliches Lächeln auf seinen Lippen erschien. Hallo noch mal, Tja das war´s erst mal. Wer kann sich denken was jetzt im nächsten Kapitel kommt ;] *gg* Natürlich bleibt auch bei Eri ein Nachgeschmack ihres Besuches bei dem lieben Bell nicht aus. Ich hoffe sehr das Kapitel hat euch gefallen! Vielen Dank für die vielen Kommis und Fafos :D Wie immer bin ich natürlich neugierig darauf was ihr zu sagen habt, außerdem hebt jedes noch so kleine Kommentarlein einfach die Stimmung eines Autors ^//^ (Obwohl auch Kritik natürlich immer willkommen ist) Dann bis zum nächsten Mal, *muhahahha* Eure Shelling__Ford Kapitel 16: Fake ---------------- Fake Es goss in Strömen. Die dunklen Wolken verdeckten Tokios Himmel gänzlich, sodass nicht ein Licht seinen Weg durch den nassen Nebel fand. Selbst die kurze Strecke vom Taxi bis zu dem kleinen Haus, in dem der Pathologe ihn einquartiert hatte, reichte aus, um ihn bis auf die Knochen zu durchnässen. Zitternd vor Kälte und Müdigkeit pfriemelte er den Schlüssel aus seiner Tasche, steckte ihn ins Schloss und öffnete die Eingangstür. Aus dem Regen zu kommen war eine Wohltat für ihn, als auch sein Gemüt. Endlich war er unbeobachtet, konnte wieder er selbst sein und die lästige Maske Bells sowie die Scharade, die er nun schon viel zu lange an einem Stück spielte, ablegen. Ruhe. Ruhe, nur für einen kurzen Moment, war alles was Shinichi jetzt wollte. Für ein paar Minuten nicht auf jede seiner Bewegungen achten, nicht aufpassen, dass er etwas Falsches sagte, einfach nicht mehr denken… nur für ein paar Minuten. Ohne sich um die Wasserlache zu kümmern, die er hinterließ, ging er mit einem langen Seufzer den schmalen Flur entlang zum Wohnzimmer. Offenbar hatte der Pathologe ihn nicht belogen, als er gesagt hatte, dass es nur diesen einen Schlüssel für dieses Gebäude gab. Alles war so, wie er es verlassen hatte, die Fensterläden waren herunter gelassen und die Akten zu dem Fall waren noch in dem gleichen Notizbuch eingeklemmt, wie gestern Abend. Sein Blick huschte kurz in die Küche, hinauf zur Uhr, die offensichtlich auch ohne ihn weiter gelaufen war. Halb zehn. Er würde Matsuda Morgen sagen, dass er wieder da war und sich seinem neuem Kollegen erklären, für heute Abend hatte er die Geschichte mehr als oft genug erzählt. Im dämmrigen Licht, das vom Flur aus das Wohnzimmer beleuchtete, ließ sich Shinichi auf dem braunen Ledersofa nieder, schloss für einen kurzen Moment die Augen. Doch die Ruhe des Hauses konnte nicht zu ihm durchdringen, selbst die Müdigkeit und Erschöpfung in ihm schafften es nicht, seinen Verstand, auch nur für eine einzige herbeigesehnte Sekunde, zum Stillstand zu bringen. Als sein Zellenmeister heute Abend zu ihm gekommen war und ihm verkündet hatte, er sei entlassen, hatte er nicht weiter nachgefragt. In diesem Moment war es ihm schlicht egal gewesen. Er war müde und einfach fix und fertig mit den Nerven gewesen, froh, hier endlich raus zu kommen, schließlich würde er den Grund seiner Entlassung noch früh genug erfahren. Also hatte er sich, ohne weiter nachzufragen, dem offiziellen Prozedere hingegeben und irgendwie war es ihm diesmal länger vorgekommen. Bis die Dame mit seinen Sachen gekommen war, waren Ewigkeiten vergangen und auch der Papierkram, der extra für ihn zum unterscheiben sortiert wurde, hatte sich gegen ihn verschworen. Aber wahrscheinlich lag es einfach daran, dass er einfach nur noch raus wollte. Jetzt aber ärgerte er sich. Was war es, das ihn so plötzlich entlastete? Eri war zwar gut, aber so gut nun auch wieder nicht. Er seufzte, trat sich unleidig die nassen Schuhe von den Füßen und ließ sie tropfend unter dem Couchtisch zurück. Hauptsache, das Ganze war endlich vorbei. Denn seien wir ehrlich, es war wirklich knapp gewesen heute. Als Ran und Eri ihn bei der Polizei besucht hatten, hatte er für einen kurzen Augenblick geglaubt, es wäre vorbei, seine Scharade aufgeflogen und das Spielchen endgültig zu Ende. Ein gequältes Lächeln schlich sich unter die Züge Bells, das Silikon spannte sich um seine Lippen, und Shinichi war heilfroh, dass er sich seines unerwünschten dritten Ichs gleich entledigen konnte. Dennoch musste er fast schon lachen, als er daran dachte, dass Eri ihm Ran quasi überlassen hatte. Mit noch immer zu einem Grinsen verzerrten Lächeln rieb sich der Detektiv die Schläfen. < Als ob ich das nicht wüsste…> Doch das Lachen auf der falschen Haut hatte nicht die Wirkung, die man erwarten könnte, denn die Augen und auch der Rest der durchweichten Gestalt, die da auf dem Sofa saß, revidierte den freudigen Eindruck, den man im dämmrigen Schein des Flurlichts vielleicht von ihm bekommen konnte. Angst, Unsicherheit und schierer Unwille mischten sich mit der Erschöpfung in seinen Augen. Das alles konnte doch nur ein dummer Scherz sein… Eri konnte das nicht ernst gemeint haben. Zum einen wäre es ihm neu, dass Rans Mutter plötzlich so freizügig mit dem Liebesleben ihrer Tochter umging, erst recht, wenn man bedachte, dass ein vermeintlicher Mörder- den er ja zu diesem Zeitpunkt noch dargestellt hatte- wohl kaum der richtige Umgang für jemanden wie Ran war. Außerdem war da ja noch Eisuke… Leicht angesäuert verzog der Detektiv seine Miene, stützte dann jedoch nachdenklich das Kinn in seine Hand. War da wirklich was? Shinichi schluckte, versuchte sich zu erinnern an die Zeit vor Bell und vor Conan Edogawa, an die Zeit, bevor er wusste, dass Ran mehr für ihn empfand als nur Freundschaft. Sofort bildete sich ein Kloß in seinem Hals. Es war nicht leicht gewesen damals, nicht zu wissen, wo man in den Augen des anderen stand und auf der anderen Seite zu vorsichtig, um selbst auf irgendeine Weise durchschimmern zu lassen, was man fühlte. Alles nur, um ihre Freundschaft nicht zu gefährden. Während er sich meist aus allem heraus gehalten und versucht hatte, sein eigenes Ding durchzuziehen, war sie offen jedem gegenüber und zu jedem freundlich und nett. Zu freundlich manchmal für seinen Geschmack. Doch statt sie zu verteidigen oder seine Eifersucht offenkundig zu machen, hatte er ihr auch noch mit den Liebesbriefen seiner weiblichen Fans um die Nase gewedelt, wie ein unreifes Schulkind. Dabei war es ihr damals ganz offensichtlich nicht besser ergangen, erst dem kleinen Conan gegenüber, den sie für so unschuldig hielt, ihr Geheimnis zu verwahren, hatte sie die Wahrheit offenbart. Shinichi schluckte, wurde noch heute rot bei dem Gedanken. Dennoch… Fakt war, er hatte es bis dahin nicht gewusst. Er, der große Detektiv des Ostens hatte nicht herausfinden können, dass seine Sandkastenfreundin in ihn verliebt gewesen war. Sollte das heute auch so sein? Übersah er bei seiner ganzen Angst von seinen alten Freunden erkannt zu werden, dass Ran sich wirklich in William Bell verliebt hatte? Ein Schauder schlich sich über seinen Rücken, irgendwie gefiel der Gedanke ihm nicht… Ran hatte sich dann zwar wieder in ihn verliebt… aber eigentlich war er jemand anders, sie liebte dann nicht mehr Shinichi Kudo, sondern William Bell. Oder? „Verflucht noch mal!“ Zähneknirschend fuhr er sich durch die Haare. Genervt massierte sich Shinichi die Schläfe, während sein Mundwinkel unter dem Gedanken leicht zu zucken anfing. Doch wenn… wenn Ran sich tatsächlich in ihn- Shinichi schluckte, seine Fingerknöchel wurden weiß unter dem Druck seiner zusammengedrückten Faust. Es machte ohnehin keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er wusste ja noch nicht mal, ob die Ahnungen der Anwältin stimmten, und das er selbst unfähig war, das herauszufinden hatte er schon lange akzeptiert. Liebe war nun Mal keine logische Sache, sie hinterließ in diesem Stadium keine Indizien, denen er nachgehen könnte, keine Wissenschaft konnte ihm bei der Beantwortung dieses Rätsels helfen. Ein dünnes Lächeln umspannte seine Lippen, Hattori hatte eben doch Recht gehabt damals - wenn es um sein eigenes Leben und die Personen um sich herum ging, hatte er wirklich keine blasse Ahnung. Abermals schloss der vermeintliche Professor die Augen, ließ sich tief in das lederne Sofa sinken. Man konnte den Regen hören, wie er mit lauten Trommelschlägen auf das Haus niederging, doch für Shinichi spielte das im Moment keine Rolle - hier drin konnte ihm der Regen nichts anhaben, hier war er abgeschottet von der Welt und allem, was um ihn herum passierte. Und für einen kurzen Moment gelang es ihm tatsächlich, in der Einsamkeit und Stille des Hauses, dem prasselnden Regen und in der Müdigkeit seiner Gedanken, Ruhe zu finden. Erst als ein leichter Schauder, wohl ausgelöst von seinen immer noch nassen Klamotten, seinen Rücken herunterlief, öffnete Shinichi seine Augen wieder und verließ das Land zwischen Schlaf und Wachsein, welches ihm durch seine Leere für einen kurzen Moment die Ruhe gewährt hatte, die er brauchte. Mit einem langen Gähnen richtete er sich vom Sofa auf. Ja, ganz recht. Er würde Morgen wieder im Polizeiquartier auf der Matte stehen, ob sie ihn nun wollten oder nicht. „Holmes“, wie er sich selbst nannte, wusste, wer sich hinter Bells fahler Haut versteckte und das Lächeln auf den Lippen seines Gegners hatte ihm eines ganz klar gezeigt. Er würde die Information nicht ungenutzt lassen. Unwillkürlich griff sich Shinichi an Bells falsches Kinn, das Wasser blieb auf dem Latex als dünner Film haften, eine spezielle Farbe auf der falschen Haut verhinderte, dass an ihm der Regen wie von einer ungeliebten Puppe abperlte. Es wurde Zeit, dass er das Ding endlich los wurde. Doch gerade, als sich der Detektiv seiner nassen Sachen entledigen wollte, klingelte es. Diesmal aber erschrak Shinichi nicht, langsam kannte er den freundlichen Ton seiner Haustür, allerdings hatte dieser mit dem Besuch dahinter nicht immer übereingestimmt. Demensprechend vorsichtig und mit einem skeptischen Blick hinüber zur Uhr, die ihm bestätigte, dass es für Besuch eigentlich schon zu spät war, machte er sich auf den Weg zur Tür. Shinichi seufzte, holte noch einmal tief Luft, als seine Hand die Klinke berührte, er hoffte inständig, dass die Medien noch keinen Wind davon hatten, dass er wieder auf freiem Fuß war. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, waren Fotos und einen quasselnden Reporter, der ihn Löcher in den Bauch fragte. Umso schwerer fiel es ihm ,das gewohnte Lächeln auf Bells Züge zu pressen, als er dann endlich die Klinke hinunter drückte, um seinem Gast die Tür zu öffnen. Als Shinichi dann jedoch erkannte, wer da auf seiner Türschwelle stand, blieb mit einem mal nichts mehr von dem höflichen Grinsen auf seinen Lippen zurück, stattdessen beobachtete er mit großen Augen wie er- betrachtete man die großen Pfützen die er auf den Fließen hinterließ- wahrscheinlich nass bis auf die Knochen, an ihm vorbeischritt, ohne den Amerikaner auch nur eines Blickes zu würdigen. Minuten schienen zu vergehen, in denen keiner auch nur ein Wort sagte. Schließlich war es Shinichi, der wieder in seine Rolle fand und die Stille brach. „Ich nehme nicht an, dass Sie gekommen sind, um mir zu meiner wiedererlangten Freiheit zu gratulieren. Allerdings sind Sie auch nicht hier, um mich zu verhaften. Wie also kann ich Ihnen behilflich sein, Kommissar Hattori?“ Seine Stimme konnte mit dem höflichen Lächeln auf Shinichis Lippen nicht mithalten, ganz deutlich hörte man den Argwohn und auch einen Hauch von Unsicherheit aus den Worten des jungen Detektivs. Nun war es an Heiji, sein Gegenüber anzugrinsen, mit einem abschätzenden Blick trat er ein Stück von seinem Gastgeber weg und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Rückenlehne des Sofas. Während er sprach, schaute er Shinichi nicht einmal an, was diesen nur noch mehr ins Schwitzen brachte. Irgendwas lief hier grade ganz und gar falsch. „Eigentlich habense recht, wenn Sie so wollen, Professor, bin ich schon gekommen um Ihnen zu gratulieren.“ Ein lautloses Lachen entwich der Kehle des Osakaners, mit einem triumphierenden Lächeln, schaute er auf. „Sie haben`s wirklich ziemlich lange geschafft, mich an der Nase herumzuführen.“ Shinichi schluckte, sagte nichts, wusste nicht, ob ihm sein alter Freund nicht vielleicht eine Falle stellte und schaute ihn einfach nur ernst an. Das, was Heiji dann jedoch von sich gab, ließ sogar den mittlerweile recht erfahrenen Schauspieler zusammenzucken. „Sie sind doch nicht echt, oder?“ Die Stimme des Osakaners war schneidend, ließ keinen Widerspruch zu und auch das etwas herablassende Grinsen war längst von seinen Lippen gewichen. Shinichi spürte, wie sich jeder Muskel seines Körpers verkrampfte, dennoch wagte er den Versuch, Heiji mit verwirrtem Blick anzusehen. „Mhm?“ Keine Chance. Heiji zuckte nicht einmal, als hätte er Bell gar nicht gehört, ließ er die Hände in seinen Hosentaschen verschwinden, erst als er zu sprechen begann, wandte er den Blick seinem vermeintlichen Kollegen zu. „Ich mein damit, dass es „William Bell“ nicht gibt, Sie sind nicht echt.“ Sag mal, du bist doch Kudo, oder? Shinichi durchfuhr es siedend heiß, als die Erinnerung ihm die Worte seines Freundes von damals ins Ohr flüsterten. „Ich- ich verstehe nicht ganz, wovon Sie da reden, Kommissar Hattori. Mich eines Mordes zu beschuldigen, ist das eine… aber meine Existenz anzweifeln? Ich bitte Sie.“ Er würgte ein kurzes Lächeln hervor, das einzige, was er jetzt noch tun konnte, war, Hattori irgendwie davon abzubringen, weiterzumachen. Auch wenn dieser Versuch, das musste sich Shinichi eingestehen, wohl ein Griff ins Klo war, wenn er seinen Freund so ansah. Shinichi schluckte unweigerlich, als sich seine Kehle langsam zuschnürte. Heijis Züge waren ernst, dennoch hatten seine Augen einen Glanz, der vielleicht Kazuha in ihren Bann zog, aber Shinichi im Moment nichts weiter als einen Schweißausbruch bescherte. „Versuchen Sie’s erst gar nicht, Professor. Am Anfang dacht ich ja noch, ich wär mit der Zeit einfach paranoid geworden, Sie haben wirklich gut gespielt, das muss ich Ihnen lassen. Dennoch…“ Das leicht zynische Grinsen verschwand von seinen Lippen. „Sie selbst waren es auch, der mir die Beweise geliefert hat, um Sie zu überführen. Schon ironisch, oder? Hätten Sie sich einfach zurückgehalten und uns unsere Arbeit machen lassen, hätten se mich vielleicht wirklich täuschen können.“ Er fing an zu zittern, Shinichi spürte wie sich der Nebel in seinem Kopf langsam verdichtete, seine Hände eiskalt wurden, als sein Kreislauf langsam zusammenbrach. Erst jetzt fiel ihm auf, wie geschickt Hattori ihn in seinen Bewegungen gelenkt hatte, sodass der Osakaner ihm die Tür versperrte. An Flucht war nicht zu denken. Heiji entging diese Reaktion nicht, Bells Körperhaltung hatte sich geändert, der Mann vor ihm war unsicher geworden, auch sein schneller Blick zur Tür hatte ihm das bestätigt. Aber heute würde er ihm nicht mehr entkommen, heute nicht. „Als Sie uns immer wieder nur Stück für Stück verraten ham, was Sie aktuell über den Fall denken, dacht ich noch, se‘ sind einfach arrogant und woll’n uns vorführen. Wie gesagt… se‘ waren gut, wirklich gut. Und eigentlich schon zu perfekt. Was Sie sagten, und die Art und Weise, wie Sie‘s taten, ja selbst Ihre Bewegungen waren kalkuliert, ganz der perfekte Ermittler. Die Hilfe aus dem Ausland, die versuchte, sich im Hintergrund zu halten und nur dann auftauchte, wenn man sie brauchte… Sie dachten viel zu viel über all das nach, über Ihre Handlungen und wie wir Sie wahrnehmen. Der einzige Grund für dieses Benehmen konnte sein, dass Sie uns etwas vorspielen, bemüht sind, jemand zu sein, der sie nicht sind und perfekt in Ihrer Rolle sein wollten, damit es ja niemandem auffällt. Aber Perfektion ist ein gefährlicher Freund… hat Ihnen das noch niemand gesagt, Professor?“ Heiji machte einen Schritt auf ihn zu, kümmerte sich nicht um das plätschernde Geräusch, dass seine Schuhe machten, als er in die Pfütze trat, die das Ergebnis seiner nassen Kleindung war. „Die meisten Verbrechen können deshalb aufgelöst werden, weil der Mörder sie von langer Hand plant, während ein Mord aus Affekt weit schwerer aufzuklären ist. Aber das muss ich Ihnen doch bestimmt nicht sagen.“ Shinichi schluckte, konnte diesen indirekten Hinweis auf Holmes nicht überhören, wenn die Situation anders wäre, hätte er Heiji vielleicht noch damit aufgezogen, dass er ja doch ein wenig Geschmack zeigen konnte, was seine Literatur betraf. So aber konnte er nichts weiter tun, als hilflos zuzuhören, wie Hattori ihm seine Schlussfolgerungen präsentierte und ihn hinter dem alternden Silikon immer weiter in die Ecke drängte. „Somit haben Sie sich also selbst zum Verdächtigen erklärt. Von da an war eigentlich alles ganz einfach. Es war offensichtlich, dass Se versuchen, uns von dem wahren Täter abzulenken, Sie haben es wirklich geschafft, die Fakten so zu drehen, wie es Ihnen grade in dem Kram passte, vor allem, weil Megure keine Lust hatte, den alten Kram wieder aufzuwärmen. Ich hatte also nichts in der Hand…“ Heiji schaute auf, als sich das Grinsen auf seinen Lippen langsam in die Länge zog, wusste er, dass es vorbei war, Shinichi wurde übel, er hatte ihn. „Bis gestern.“ „Ich weiß nich‘, wie‘s passiert is, wahrscheinlich hat Sie unsere Anwesenheit aus dem Konzept gebracht, jedenfalls-„ Das Lächeln Heijis verschwand, während er einen kleinen Plastikbeutel aus seiner Hosentasche hervorholte und ihn in sicherem Abstand Bell vor die Nase hielt. „Jedenfalls haben Sie gestern wohl etwas ganz Entscheidendes verloren, Professor Bell.“ Shinichi erkannte es sofort. Für einen kurzen Moment klebten seine Augen auf dem Stückchen von Bells Haut, das Heiji mit sich herum getragen hatte. Shinichi war unfähig, irgendetwas zu denken, bis hunderte Ideen und Argumente gleichzeitig, einem Hagel Bomben ähnlich, auf ihn niedergingen- schließlich könnte dieses Silikonstück überall herkommen- aber anstatt im Schützengraben unterzutauchen, konnte er nichts weiter tun, als blicklos ins Leere zu starren und zuzusehen, wie die Granate vor seinen Augen explodierte. Der Druck in seinem Innern ließ ihm das Atmen schwer fallen, wie gerne hätte Shinichi dem ganzen Luft gemacht, Hattori einfach alles erzählt und sich dafür entschuldigt, dass er ihn an der Nase herum geführt hatte. Doch es ging nicht. Diesmal nicht. Shinichi schluckte, er biss sich auf die Unterlippe, seine Stimme war kaum vorhanden, er konnte seinen Freund nicht einmal ansehen während er sprach. „Lass es, Hattori… du weißt nicht, was du tust. Was auf dem Spiel steht…“ Die Bitte war sinnlos, das wusste Shinichi schon während er sie stellte, Hattori würde jetzt keinen Rückzieher mehr machen… aber noch hatte er die Wahl, noch konnte er seinen gottverdammten Hintern retten, die Organisation und alles andere hinter sich lassen. Er rechnete damit, dass Heiji ihn nicht davonkommen lassen würde, dass er seine Schlussfolgerungen durchzog und von ihm eine Antwort erwartete, womit Shinichi allerdings nicht gerechnet hatte war das. „WAS?“ Die Stimme des Kommissars klang heiser, fast so, als hätte er sich an dem kleinen Wörtchen verschluckt. Doch die scheinbar grade noch vorhandene Schwäche des Osakaners endete schlagartig. Ohne, dass Shinichi hätte reagieren können, hatte ihn sein Gegenüber am Kragen gepackt, und mit nur wenigen Schritten an der Wand in seinem Rücken fixiert. „WAS?! Glaubst’e etwa ich weiß nich, was hier läuft? Ich weiß sehr wohl, was ich hier tue und diesmal werden sie mich auch nich so leicht abwimmeln.“ Shinichi versuchte sich gegen den Griff seines Freundes zu wehren, doch selbst jetzt als Oberschüler hatte er mit den zehn Jahren, die zwischen ihnen lagen, keine Chance. Dennoch umklammerten seine Hände Heijis Griff, den Kommissar juckten die mickrigen Befreiungsversuche seines Gefangenen nicht, noch immer schnaubend vor Wut sprach er weiter. „Diesmal halt ich nich‘ brav die Füße still und lass das FBI die Sache regeln.“ Dies brachte nun auch Shinichi zu Reaktion. „W-Was!?“ „Ganz Recht, das FBI; anscheinend hat die Truppe sie schon lang im Visier und nun wollten sie, dass de´se in euer Drecksnest führst. Oder wieso glauben sie, hat Megure sie laufen lassen? Aber darauf werde ich nicht warten. Ich will endlich, dass ihr Schweine für das bezahlt, was ihr getan habt.“ Entgegen Shinichis Erwartungen hatte Heiji den letzten Satz nicht mehr geschrien, sondern kaum mehr laut ausgesprochen, während seine Augen seinen Gefangenen für kurze Zeit entließen und stattessen zu Boden wanderten. Shinichi aber konnte nicht anders, als seinen Freund perplex anzustarren. Für einen Moment konnte man förmlich hören wie es in seinem Kopf rumorte, als die Dinge umsortiert wurden und in die richtige Reihenfolge fielen. „Warte Hattori du-„ „Nein.“ Der Osakaner verstärkte seinen Griff nur, hob Shinichi damit fast ein paar Millimeter vom Boden an. „Nein. Ich habe lange genug gewartet, um einen von euch in die Finger zu bekommen und ich hab verdammt nochmal viel zu lange gebraucht, bis ich nen Beweis hatte. Bis gestern Abend. Die Kerle von der Spurensicherung hättens übersehen, aber ich weiß, mit welchen Mitteln und Tricks ihr arbeitet. Keine Ahnung, was genau passiert is, wahrscheinlich hat se sich gewehrt und das Teil is dabei kaputt gegangen. Mag sein, das sie leugnen können, dass es von ihnen is, vermutlich hat der Regen ohnehin schon alle Spuren abgewaschen. Aber das spielt keine Rolle. Denn wir beide wissen doch ganz genau, warum Sie abgehauen sind, nich‘ wahr, Professor, wir beide wissen, dass Sie nichts weiter sind als ein billiger Fake.“ Ein diabolisches Grinsen zeichnete sich auf den aufgebrachten Zügen des Osakaners ab. „Du hattest Schiss, dass wir dich sehen könnten, den Beweis dafür, dass de uns alle belügst.“ Shinichi spürte, wie Heijis Blick Bells Haut abtasteten, er war zu nah, viel zu nah dran. „Hattori?! Nicht-“ „Willst’e immer noch behaupten, du weißt nich wovon ich rede?“ Shinichi presste die Lippen aufeinander, für den Moment unfähig etwas zu sagen. „Sie wollen also nen Beweis, seh ich das richtig?“ Shinichi schloss kurz die Augen, schluckte und merkte, wie auch dies von Hattoris Griff erschwert wurde, ein weiteres Mal hörte er Bells Stimme bittend, beinahe flehend den Namen seines Freundes formulieren. „Heiji-“ Der aber ignorierte die viel zu persönliche Anrede und ließ sein Gegenüber nicht aus den Augen. „Nen untrüglichen Beweis für das, was de getan hast! Einen Beweis dafür, wer du wirklich bist?!“ Langsam wanderte Heijis Hand an seinen Kragen, die grünen Augen des Kommissars hatten einen fast schon fiebrigen Glanz vor Aufregung und Wut. „Hier haste deinen Beweis!“ Mit einem Ruck war alles vorbei. Ein kurzer stechender Schmerz, als sich der Latexkleber von seiner Haut löste, ein Ziehen an den Spangen, die Bells Perücke an seinen eignen Haaren festhielt und es war vorbei. Das Klimpern seiner Brille, die zu Boden fiel, war das Letzte, was beide Detektive für eine unbestimmte Zeit hörten. Nachdem der kleine Flur eben noch von der lärmenden Stimme Heijis beherrscht wurde, war nun Stille eingekehrt. Shinichi hatte die Augen von dem Zug noch immer geschlossen, presste seine Lider fest zusammen in der Hoffnung, dass, wenn er seine Augen gleich wieder aufmachte, das alles, diese ganze verdammte Geschichte, die er sein Leben nannte, nur ein böser Traum gewesen war. Doch die Realität hatte keine Gnade mit ihm. Vorsichtig schaute er seinen Freund an, musste unwillkürlich schlucken, als er ihn dann vor sich sah. Blankes Entsetzen hatte sich auf dem Gesicht des Osakaners breitgemacht. Seine Augen waren weit aufgerissen und von seinem dunklen Teint war kaum noch was zu sehen. Shinichi presste die Lippen aufeinander, versuchte, das aufkommende schlechte Gewissen und den Schmerz zu ignorieren. Das hatte er nicht gewollt. Zwar hielt ihn Heiji immer noch fest und presste ihn gegen die Wand, doch das überlegene, fast schon boshafte Lächeln war längst Geschichte. Vielmehr hätte es sich zu einem ungläubig geöffneten Mund verzerrt, während seine Augen durch Shinichi hindurch zu sehen schienen, als stünde er nicht wirklich vor ihm. Langsam, wie in Zeitlupe ließ Heiji von ihm ab, seine Hände zitterten, als sich seine verkrampften Fäuste von Shinichis Kragen lösten. Der machte den Mund auf, wollte etwas sagen, doch als er erneut Heijis Blick einfing, schlossen sich seine Lippen unverrichteter Dinge wieder. Unwillig biss er die Zähne aufeinander, wich den Blicken seines Freundes aus und starrte zu Boden. Erst jetzt begannen sich die leeren Augen des Osakaners wieder mit Leben zu füllen, er hörte sein Blut in seinen Ohren rauschen, das tosende Geräusch begleitete seine Gedanken. Ohne das Shinichi es bemerkte, tastete Heiji ihn nun von oben bis unten mit seinen Blicken ab. Das nun schmale Gesicht des Oberschülers passte nicht zu dem restlichen Erscheinungsbild Bells, vermutlich hatte er sich unter der Weste ein wenig ausgepolstert, um den Betrug perfekt zu machen. Noch immer schien Shinichi seine eigenen Schuhspitzen für interessanter zu halten, als die Welt um sich herum. Doch er musste Heiji nicht in die Augen schauen, der Kommissar wusste auch so, wen er vor sich stehen hatte. Shinichi Kudo. Ein Schauer durchfuhr den Osakaner. Conan Edogawa. „Hattori- ich…“ Der Angesprochene zuckte zusammen, doch es war nicht sein Name, der ihn auffahren ließ, sondern die Stimme. Bells Stimme. Bells Stimme, die aus Shinichis Mund kam. Heiji beobachtete ihn, ohne eine Miene zu verziehen, während sein Gegenüber plötzlich mit dem Zeigefinger an einem seiner Eckzähne rumhantierte und binnen Sekunden ein kleines etwas in seine Tasche gleiten ließ. Heiji konnte sehen, wie sich die Schultern Shinichis müde hoben als dieser lange einatmete, ehe er es wieder schaffte, ihm die Augen zu sehen. „Heiji…“ Diesmal zuckte der Osakaner nicht. Diese Stimme kannte er- Kudo, ganz unverkennbar und dennoch lief es ihm kalt den Rücken herunter, denn eigentlich… eigentlich hatte er geglaubt, diese Stimme nie wieder zu hören. „Hattori… ich weiß-„ Er stockte, massierte sich müde mit Daumen und Zeigefinder die Stirn, während sein Blick unruhig von Heiji zu Boden wanderte und wieder zurück. „Ich weiß, dass du jemand anderen erwartet hast, es tut mir ja leid, dass ich dich enttäuschen, muss aber wie‘s aussieht, hast du die Falschen in Verdacht gehabt.“ Doch das entschuldigende Lächeln auf Shinichis Lippen verschwand schnell, als er seinen Freund erneut ansah. Denn in Heijis Gesicht herrschte noch immer eine Leere, die pures Entsetzen ausdrückte. Shinichi hätte nicht gedacht, dass es ihn so schwer treffen würde… natürlich hatte sich sein Freund eine Spur zu den Männern in Schwarz erhofft, aber die Ironie, dass er ausgerechnet Shinichi für einen von ihnen gehalten hatte, schien an dem Osakaner vorbeizugehen. Shinichi schluckte, sah erneut in das immer noch blasse Gesicht seines Freundes und seufzte lautlos. „Hör mal Hattori, es tut mir Leid, ehrlich, ich weiß, ich hätte nich so einfach abhauen dürfen… aber nach der Sache damals blieb mir einfach nichts anderes übrig. Es tut mir Leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast ab-…“ Doch weiter kam er nicht. „ES TUT DIR LEID?!“ Shinichi wollte etwas sagen, doch im nächsten Augenblick hatte Heiji ihn wieder am Kragen gepackt. Diesmal aber galt Heijis Wut nicht irgendeiner fiktiven Figur, sondern ganz allein ihm. „Wie kannste hier auftauchen, uns allen was vorspielen und jetzt so mir nichts, dir nichts, behaupten es täte dir Leid! Sorry Kudo, aber das zieht bei mir nich mehr… nich bei all dem, was war.“ „Verdammt…“ Lautlos fluchend ließ Heiji von ihm ab, griff sich zerstreut in die Haare, ohne den verwirrten Blicks seines Freundes noch einmal aufzusuchen. Seine Hände waren kalt wie Eis, zitterten, als er sie endlich aus den Haaren nahm und sie nutzlos immer wieder zu ungebrauchten Fäusten ballte. Das konnte nicht sein… ein blöder Scherz, ein Traum, ja, genau das musste es sein, er träumte bloß. Aber nein… nein das hier war echt, es war real, er war real. Ohne laut zu werden und ohne dass Heiji es merkte, formten seine Lippen diese Frage. Sein Kopf, sein ganzer Körper fühlte sich an, als hätte sich ein Bienenstock hier seinen Platz gesucht. Er konnte nicht klar denken, keinen Gedanken fassen oder gar halten, zu viele polterten nun ungenutzt in seinem Hirn herum, wurden von seinen Emotionen hin- und hergerissen, ohne dass er hätte sagen können, wie er sich fühlte. Nur vorsichtig wagte er es, erneut den Blick zu heben. Tatsache. Er stand vor ihm, etwas blass, aber sonst unverändert, der Shinichi Kudo von vor zehn Jahren - zu unverändert natürlich, aber das spielte jetzt keine Rolle. Denn eigentlich war es egal, ob da nun Conan oder Shinichi vor ihm stand, es war unmöglich. Es konnte nicht sein. Shinichi merkte die Blicke auf seiner Haut, trat sichtlich unwohl von einem Fuß auf den anderen und schaute seinen ehemaligen besten Freund immer noch leicht verwirrt an. Das Hattori wütend war, konnte er ja noch nachvollziehen, sehr gut sogar, dennoch war die Reaktion selbst für den Osakaner etwas zu viel gewesen. Sein ganzes Verhalten wollte nicht recht zu Heiji passen, er war doch sonst nicht auf den Mund gefallen. War er wirklich so wütend auf ihn, dass ihm jetzt die Worte fehlten? Der vermeintliche Amerikaner seufzte, machte einen Schritt auf Heiji zu und konnte im gleichen Augenblick schwören, dass dieser einen von ihm weg gemacht hatte. Mit genervtem Ton fing Shinichi an zu erklären, rieb sich dabei entschuldigend den Nacken, eine Geste, die Hattori bislang auch nur bei ihm gesehen hatte. „Ich weiß, ich hab dich- euch hier einfach so sitzen lassen, ohne wirklich zu erklären, was passiert ist. Oder mich bei dir zu bedanken, Hattori, denn ohne dich… ich will gar nicht wissen, was passiert wäre. Aber nun- jedenfalls ist es nicht so, als hätte ich das gern gemacht, aber es war nunmal Teil des Abkommens, im Zeugenschutzprogramm sehen dies nicht gern, wenn-„ Das ließ den Osakaner mit einem Mal aus seiner Starre erwachen. „Zeugen-WAS?“! Shinichi blinzelte kurz, schaute seinen Freund dann aber genervt an. „Zeugenschutzprogramm. Was is los, Hattori, bist du in den letzten Jahren auf den Kopf gefallen oder was?“ Nun aber war es der Kommissar, der seinen Gegenüber nur ungläubig anstarren konnte. Shinichi hob nur fragend eine Augenbrauche, täuschte er sich, oder war Hattori eben noch ein Stück blasser geworden? Und warum in drei Henkers Namen starrte er ihn nun wieder so an, eigentlich dachte er, da wären sie jetzt drüber hinaus. „Hattori, was-?“ Der aber schaute ihn nur noch überraschter an, eher sich sein Gesichtsausdruck schlagartig verdüsterte. Ohne noch ein Wort zu sagen, griff er Shinichis Handgelenk und fing an, diesen in Richtung Ausgang zu ziehen. „Heiji, was zum-„ „Komm mit, Kudo.“ „Aber-„ „Komm einfach.“ Doch Shinichi stoppte blieb stur stehen, sodass er sich einen wütenden Blick von Heiji einfing. „Ich kann nicht, Hattori…“ Shinichi schluckte, schaute mit bekümmertem Blick zur Tür. „Nicht so.“ Dem überraschten Blick Hattoris folgte schnell ein resignierender Seufzer. Er ließ seinen Ex-Gefangenen los und noch ehe dieser fragend aufschauen konnte, hatte Hattori ihm seine alte Mütze aufgesetzt, die er grade aus seiner Tasche gekramt hatte. „Jetzt kannstde.“ Die Autofahrt verlief schweigend, obwohl es zwischen ihnen beiden so viel zu bereden und zu klären gab, herrschte Stille. Erst als Heiji parkte, den Motor ausschaltete und wortlos ausstieg, erkannte Shinichi, wohin er ihn gebracht hatte. Nach einem kurzen Zögern stieg auch er aus, machte die Tür zu, aber rührte sich nicht von der Stelle. „Hattori?“ Der aber schüttelte nur den Kopf, pfriemelte eine Taschenlampe hervor und machte Licht, während er vorausging und Shinichi unmissverständlich klarmachte, ihm zu folgen. Mit einem Seufzten leistete der Heijis Bitte Folge und trottete hinter ihm her, auch der Himmel hatte kein Einsehen mit ihm, sondern vergoss weiter dicke Tränen, die sie beide bis auf die Knochen durchnässten. Anders als in Amerika gab es an diesem Ort kein stählernes Tor, wie man es gerne aus entsprechenden Filmen kannte, dennoch machten die beiden Gestalten mit Taschenlampe einen zwielichtigen Eindruck an diesem Ort. Der Kies knirschte unter ihren Füßen, der Regen prasselte auf sie hinunter und verschleierte den trüben Schein der Taschenlampe, während sie im Dunklen an namenlosen Gräbern vorbeischlichen. Bis auf einzelne Kerzen, deren Licht im Dunkeln zu schweben schien, lag der Friedhof düster und verlassen vor ihnen. Immer wieder versuchte Shinichi, mit seinem Freund Blickkontakt aufzunehmen, doch vergeblich, Heiji sah sich nicht nach ihm um, eigentlich sah er sich gar nicht um, als ob seine Füße den Weg kannten und ihn ganz automatisch zu seinem Ziel führten. Shinichi fröstelte, die Kälte drang schon lange nicht mehr zu ihm durch, es war der Ort und die böse Ahnung, wohin Hattori ihn bringen könnte, die ihm eine Gänsehaut bescherten. Er schluckte, legte einen Gang zu, bis er neben Heiji ging, der sich nicht darum scherte, dass sein Schrittmaß für Shinichi etwas zu schnell war. „Sag mal Hattori, muss das sein? Hältst du es wirklich für eine gute Idee, nachts mit dem Mann über den Friedhof zu gehen, der bis vor ein paar Stunden noch Hauptverdächtiger in der neusten Mordserie Japans war?“ Heiji ließ nur ein kurzes Murren von sich hören, stapfte mit patschenden Geräuschen voraus, die verrieten, dass sich das Wasser schon lange einen Weg in seine Schuhe gesucht hatte. Shinichi dachte schon, dass er auch diesmal keine Antwort bekommen würde, bis Heiji sprach. „Erstens, ja muss es. Und zweitens siehst´de grad nich aus wie er, falls des schon vergessen hast.“ Aus dem Augenwinkel heraus sah der Osakaner den Detektiv blinzeln, offensichtlich hatte der tatsächlich vergessen, dass zwischen ihm und dem Rest der Welt ein Stück Silikon fehlte, dann aber bekam das junge Gesicht seinen Ernst zurück. „Schon… aber trotzdem, Hattori. Was wenn uns jemand sieht und die Polizei ruft, weil er denkt, wir seien aus unseren Gräbern gekrochen?“ Der Angesprochene zuckte zusammen, blieb unwillkürlich stehen und starrte Shinichi für wenige Sekunden mit großen Augen an. Doch die Schockstarre des Polizisten hielt nur kurz, ohne seinen von der Reaktion verwirrten Freund nochmal anzusehen, ging er weiter. Shinichi konnte ja nicht wissen, dass sich Heijis Kehle bei seiner Bemerkung zugenschnürt hatte und er gar nicht in der Lage gewesen wäre, irgendwas zu sagen, weil sein Hals sich anfühlte als würde er grade am Galgen baumeln. Ganz davon zu schweigen, dass sein Hirn nicht imstande war, auch nur einen vernünftigen Satz zu formen. So folgte Shinichi ihm wieder, ebenfalls Still während seine Augen dem Schein der Taschenlampe folgten. Heiji ging nach einer Weile wieder langsamer, tastete nun jedes zweite dritte Grab mit der Lampe ab. Die Bilder, die, geisterhaft von dem trüben Licht bestrahlt, aus der Dunkelheit auftauchten und genauso schnell wieder verschwanden, ließen Shinichi einen Schauer über den Rücken laufen. Spielzeug, etwas, das aussah wie ein Rennauto, ein paar Puppen oder ein verlassenes Stofftier, dessen plüschiges Fell sich mit dem kalten Wasser vollgesogen hatte, während seine Knopfaugen im Lichtschein der Lampe matt glänzten. Er starrte noch immer auf den Fleck an dem der Teddy saß, nun wieder vom Licht der Lampe verlassen im Dunkeln, da Heiji schon längst weiter gegangen war und nicht darauf achtete das sein Freund ins Leere starrte. Shinichi hingegen blieb in Gedanken nur kurz bei seinem völlig durchnässten plüschigen Freund, er versuchte sich zu erinnern. Wieso waren ihm die Gräber nicht schon beim ersten Mal aufgefallen? Natürlich hatte er neben sich gestanden, Professor Agasa hatte ihm noch den Rest gegeben, aber bitte! Er war Detektiv und trotz aller Schikane so viel Ego besaß auch er noch, dass er wusste, sie wären ihm aufgefallen. Aber dann… Noch während er diesen Gedanken formte, hatte Shinichi sich nach ihm umgesehen, ihn gut zwanzig Meter weiter dann entdeckt. Die tropfnasse Gestalt, die dort stand, ließ dem Detektiv eine Gänsehaut über den Rücken schleichen. Der trübe Lichtschein schien von Heijis Hand selbst zu kommen und das wenige Licht, dass in sein Gesicht fiel, ließ den sonst so gut gebräunten Osakaner blass wirken und gab seiner Haut einen ungesunden durchsichtigen Schimmer. Shinichi schluckte, wusste genau, dass er wahrscheinlich keinen besseren Eindruck machte und hoffte inständig, dass niemand sie hier sah. Heiji aber scherte sich nicht wirklich darum, dass man sie sehen konnte, und wenn schon! Sollten die Leute doch denken, was sie wollten, war ihm doch egal. Er hob den Schein der Taschenlampe, die mit einem Mal noch schwerer in seiner Hand lag, von dem Grabstein, den er bis eben studiert hatte, leuchtete den Weg entlang bis er Shinichi erreichte, der langsam auf ihn zukam. Sein Gang war steif und wie er, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, auf ihn zutrat, erinnerte nichts mehr an den sicheren Auftritt Bells, eigentlich erkannte Heiji darin aber auch nicht Conan, noch Shinichi Kudo. Denn die Unsicherheit, die der Teenager ausstrahlte, der da mit gesenktem Blick und einem eindeutig viel zu blassen Gesicht auf ihn zukam, passte zu keinem der beiden, beziehungsweise drei. Heiji schluckte, konnte bei seinem Näherkommen ein kurzes Zittern durch den jungen Körper erkennen. Wie alt musste er jetzt eigentlich sein? 16, nein eher 17, dennoch… fast noch ein Kind. Abwertend schüttelte der Osakaner den Kopf, packte das Gefühl wieder ein, dass ihm sagte, er sollte den Kerl am besten in ein warmes Handtuch wickeln und ins Trockene schaffen, seit Neuestem war er einfach überführsorglich, was so etwas anbelangte. Kudo hatte schon damals gehasst, wenn man ihn derart verhätschelte und er würde es ihm auch jetzt ganz bestimmt nicht Danken. Noch während er das dachte, war Shinichi vor ihm zum Stehen gekommen, sodass Heiji nun in die neugierigen und sichtlich beunruhigten Augen sehen konnte, die eigentlich die ganze Zeit nur hinter einer gläsernen Fassade verborgen gewesen waren. Hunderte von Regentropfen beschwerten seine Schultern in einem unregelmäßigem Takt und inmitten dieser dumpfen Sonate wagte er es nicht, den unsichtbaren Dirigenten zu unterbrechen. Schweigend starrte Shinichi seinen Freund an, Hattori wiederrum hatte die Taschenlampe auf irgendeinen Punkt des Kieswegs gelenkt, beobachtete, wie der Regen als dichter Vorhang den Lichtschein in Bewegung brachte. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis Heiji schneidend einatmete und seinen Blick endlich auf Shinichi fokussierte. „Ich hab nich umsonst mit meinen Schlussfolgerungen so dermaßen danebengelegen, Kudo.“ Seine Augen, die sich kurz auf dem matschigen Kies ausgeruht hatten, wanderten zu Shinichi zurück. Er konnte die Anspannung in seinem Körper sehen und auch wenn in seinen Augen noch immer ein großes Fragezeichen prangte, so konnte Heiji doch erkennen, wie es in dem Kopf seines Freundes arbeitete. Er öffnete kurz den Mund, wollte etwas sagen schwieg dann jedoch und fixierte Shinichi stattdessen mit seinem Blick. Erst als dieser auch aufschaute und Heiji wartend ansah, atmete der Kommissar aus, ließ die Taschenlampe langsam ihren Weg suchen, in dem Wissen, dass sein Freund ihr folgen würde. Die kleine Kerze, die an diesem Ort eigentlich für Licht sorgen sollte, war längst erloschen, von ihr wahr nichts weiter übrig als ein kleines Häufchen Wachs, welches unnütz und kalt von seiner Laterne aus dem Regen zuschaute. Das Licht von Heijis Taschenlampe reichte jedoch aus, um die silbernen Buchstaben zu beleuchten, die den zierlichen Stein zu erdrücken schienen. Der weiße Marmor glänzte im Regen, die silbernen Tropfen liefen über die wenigen Zeilen. Conan Edogawa 1988 - †1996 Unwillkürlich schlug Shinichi sich die Hand vor den Mund, merkte nicht wie ihm dicke Regentropfen aus den Haaren fielen, als er seinen Kopf ungläubig zu schütteln begann. Immer wieder glitten seine Augen über die winzigen Zeilen, in der Hoffnung, sie würden einfach verschwinden, doch die kleinen silbernen Buchstaben der Grabinschrift blieben, wo sie waren. Hattori hörte, wie er keuchend ausatmete, sah die weit aufgerissenen Augen seines Freundes, die offensichtlich nicht glauben konnten oder wollten, was sie da sahen. Keiner von beiden wusste, wie lange sie dort gestanden hatten, noch immer ging Shinichis Atmen stoßweise, er zitterte während seine Hände sich langsam zu Fäusten ballten. Sie hatten ihn angelogen. Die ganze Zeit. „Hey Kudo…“ Shinichi zuckte zusammen, entzog sich reflexartig der Hand, die ihm auf die Schulter gelegt wurde und sah seinem Freund ins Gesicht. Mit einem Mal wirkten die Züge des Osakaners müde, Shinichi konnte erkennen, wie er unter dem kalten Regen zu frösteln begann. In Hattoris Augen lag Unsicherheit und noch immer ein Funken Wut, den der Osakaner offensichtlich nicht abstellen konnte, aber da war noch etwas, etwas, dass Shinichi schon oft gesehen hatte in der letzten Woche, nicht nur bei Heiji sondern auch bei den anderen. Schmerz. Einen Schmerz, den er erst jetzt zuordnen konnte, erst jetzt verstand. Er schmeckte Blut, merkte erst jetzt, dass er sich auf die Lippen biss, doch änderte nichts an dem Druck. Das war zu viel… einfach zu viel. Erst Heijis Stimme brachte ihn zurück in das Hier und Jetzt. „Komm… lass uns gehen, Kudo.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, ging der Osakaner an ihm vorbei, hörte bald, wie sein Freund ihm wortlos folgte. Das Grab ließen sie beide im Dunklen zurück. *VorsichtighinterMäuerchenhervorgeschlichenkomm* Äh- Hallo erst mal ^^, Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, schließlich habe ich euch ziemlich lange zappeln lassen bis hier her. Ich muss gestehen ich bin natürlich mächtig gespannt was ihr dazu sagt und ich hoffe das ich euren Erwartungen gerecht werden konnte. Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren :3 Ganz liebe Grüße und bis demnächst, eure Shelling__Ford Kapitel 17: Under cover ----------------------- Under cover Der Regen prasselte auf ihn ein, doch zum ersten Mal an diesem Tag war er warm. Im Bad waren die Spiegel von Dampf beschlagen, doch um ihr Aussehen kümmerte sich heute Abend keiner von beiden mehr. Er schluckte, versuchte sich allein auf die sanfte Massage des warmen Wassers auf seinem Rücken zu konzentrieren und atmete ein letztes Mal tief ein. Die feuchte Luft schwängerte seine Lungen, doch ihn von innen sauber zu bekommen, dazu war auch dieser Nebel nicht fähig. Mit einem leisen Quietschen drehte er den Wasserhahn zu, und der Fluss erstarb. Ein paar Tropfen sammelten sich und vielen dick und schwer auf seine Schultern, sofort erreichte die Kälte ihn und trotz des griffbereiten Handtuches bildete sich eine Gänsehaut auf seinen Armen. Shinichi schluckte, trocknete sich und schlüpfte in die Klamotten, die er sich bereit gelegt hatte - seine, nicht Bells. Das klamme Gefühl in seinem Magen hatte jedoch andere Gründe als die Kälte, denn der wahre Grund dafür saß, wie Shinichi grade bemerkte, mittlerweile auf dem Sofa. Für einen kurzen Augenblick blieb er in dem kleinen Flur stehen, der Wohnzimmer und Bad miteinander verband, schaute seinen Freund vom Türrahmen aus an, da dieser ihn offensichtlich noch nicht bemerkt hatte. Heiji saß noch genauso da, wie er ihn zurück gelassen hatte, Shinichi hätte schwören können, dass sein Freund das kleine Gästehaus längst auseinander genommen hatte, auf der Suche nach einer versteckten Kamera und jemandem, der ihm bestätigte, dass das alles nur ein böser Scherz war. Er hatte eigentlich gehofft, dass, wenn Heiji zuerst unter die Dusche ging, er vielleicht wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, denn nötig hatten sie das warme Wasser ohnehin alle beide gehabt, nachdem sie Hattoris Leihwagen mit ihren nassen Klamotten durchtränkt hatten. Zumindest hatte er ihm ein paar trockene Klamotten von Bell geben können. So saß der Beamte, der ihn eben noch verhaften wollte, nun in seiner Jeans und in einem schlichten weißen Hemd auf dem Sofa. Shinichi versuchte gerade einen Blick in sein Gesicht zu erhaschen, als Heiji, als ob er es bemerkt hätte, aufschaute. Keine Makeupreste mehr, keine falsche Stimme und keine ausgepolsterten Klamotten mehr, die nicht zu seinem Gesicht passten. Denn er musste sich auspolstern, da war sich Heiji ganz sicher, auch wenn ihm Bells Sachen passen mochten, so musste Shinichi bestimmt erst selbst dafür sorgen, dass er nicht zu schmächtig unter den Kleidern des Kriminalistikprofessors wirkte. Die Sachen, die er jetzt trug, passten ihm hingegen perfekt, allerdings konnte er so auch nicht mehr verbergen, wer er war. Heiji schluckte, automatisch tasten seine Augen seinen Freund ab, es war, als hätte es die vergangen zehn Jahre nicht gegeben, als hätte er eine von seinen Pillen genommen und war nun wieder der, der er sein sollte. Dabei wusste er, dass, wenn er selbst einen Blick in den Spiegel warf, ihm die Wahrheit ins Gesicht sprang, er war nicht mehr der siebzehnjährige Oberschüler von damals und Kudo auch nicht… auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht so aussah. Doch je länger er seinen Freund anschaute, der noch immer stumm und mit nassen Haaren im Türrahmen stand, desto mehr wurde ihm bewusst, dass das so nicht stimmte. Auch Shinichi sah man die zehn Jahre an, beziehungsweise irgendetwas war anders… er war der Oberschüler von vor zehn Jahren und dann auch wieder nicht, etwas passte nicht mehr, etwas hatte sich verändert, als er ein zweites Mal erwachsen geworden war. Nicht Shinichi Kudo, sondern ein jugendlicher Conan Edogawa. Heiji schluckte, versuchte den verwirrenden Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und fragte sich gleichzeitig, wie Kudo all die Jahre über seine Nerven behalten konnte und nicht schon längst in der Irrenanstalt saß. Denn nicht zuletzt seine Augen verrieten ihn, denn noch immer wahren sie viel zu alt für das Bild des Oberschülers, älter noch, als Heiji es für sein richtiges Alter für gut halten würde. „Hhm-rrh“ „Mhm?“ Shinichis Räuspern riss ihn in die Wirklichkeit zurück, doch Heiji tat nichts weiter, als seinem Freund stumm zuzusehen, wie dieser ins Wohnzimmer trat und sich in den Sessel ihm gegenüber fallen ließ. Am liebsten hätte er sich ins Bett gelegt und die vergangen Tage einfach in tiefen erholsamen Schlaf ertränkt. Aber dazu würde es so bald nicht kommen. Hattori starrte ihn noch immer, nein eher schon wieder, an - entnervt zog er die Augenbraue hoch, es war fast so wie in seinen ersten Stunden als Conan mit ihm. Als der Osakaner endlich wusste, wer da vor ihm stand, hatte er ihn auch angeschaut, als ob es gleich einen Knall geben würde und er wäre auf magische Weise wieder er selbst. Shinichi lächelte bitter. „Wie lang dauert das?“ Nun war es an dem Kriminalisten, überrascht auszusehen. „Wie?“ Heiji verdrehte nur die Augen, deutete an seinem Freund rauf und runter, um seine Frage zu verdeutlichen. „Bell. Wie lang brauchst´e dafür?“ Shinichi blinzelte - das, von allem, was er ihn hätte fragen können, interessierte Heiji, das? Doch er ließ sich seine Verwunderung nicht anmerken, zupfte sich stattdessen den Ärmel seines Hemdes grade, während er ihm antwortete. „Wenn die Masken vorbereitet sind, so wie jetzt, eine gute Stunde.“ „Mhm…“ Heiji nickte. Schweigen. Bis der Osakaner es nicht mehr länger aushielt. Mit knirschenden Zähnen sprang er gradezu vom Sofa auf, fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, während er hinter der Couch auf und ab tigerte. „Das Ganze is doch völlig bescheuert! Die ganze Zeit, die ganze Zeit denken wir alle du bist abgekratzt und jetzt hockste hier, als wär nie was gewesen und es stellt sich raus, dassde selbst nich wusstest, was das FBI uns für ne Lüge aufgetischt hat. Das is doch krank. Alles vollkommen krank. Ich mein, jetzt bist´de wieder hier und lügst uns allen was vor, weil diese Kerle immer noch hinter dir her sind und merkst nich mal, was hier in der Zwischenzeit abgelaufen is. Und das FBI lässt dich auch noch blind in die Falle tappen, obwohl die genau gewusst haben was los is… diese Ärsche.“ „Hattori…“ „Na is doch wahr!“ „Schon, und ich dank dir, dass du mein Leben und die letzten Wochen so wunderbar zusammengefasst hast. Glaub mir, dass ich ganz bestimmt nicht weniger wütend über das Alles bin.“ „Aber es bringt nichts, sich hier jetzt darüber aufzuregen, sag mir lieber was passiert ist, beziehungsweise was… was in euren Augen passiert ist. Was hat das FBI euch genau gesagt?“ Shinichi war aufgestanden, er teilte die Wut seines Kollegen und nichts lieber würde er in diesem Moment tun, als Jodie und die anderen zur Hölle zu schicken. Aber Fakt war, dass sie das momentan nicht weiter brachte, wenn er ihnen schon die Hälse umdrehen wollte, musste er die ganze Geschichte kennen. Heiji aber war auf seine Bitte hin wieder merklich blasser geworden, mit einem langen Seufzen suchte er sich den Weg zurück auf das Sofa, starrte einen für Shinichi unsichtbaren Fleck auf den Fliesen an. Er konnte sehen, wie schwer es seinem Freund fiel, darüber zu reden, seine wütenden Standpauken waren das eine, aber das hier… das lag dem Kommissar überhaupt nicht. Ein, zweimal bewegten sich Heijis Lippen, ehe zwischen ihnen endlich ein Laut zustande kam. „Eigentlich bist du derjenige, der sich erklären sollte, Kudo, nicht ich.“ Heiji schaute den Oberschüler vor sich lange an, fuhr dann fort, als hätte er nie etwas gesagt. Sein Mund war trocken, Shinichi erkannte, dass die Augen des Kommissars hin und her huschten, als würden er einen auswendig gelernten Text abrufen - in dem Fall brauchte sein Freund ganz dringend einen Souffleur. „Als ich vom Professor hörte, wie sehr dein schöner Plan - der von Anfang an Mist war, Kudo, ganz ehrlich, jedenfalls… als der Professor mir gesteckt hatte, was passiert war, bin ich natürlich sofort los. Ich weiß, bevor de jetzt den Mund aufmachst, ich weiß, du hattest mir gesagt, ich soll bei ihr bleiben, aber verdammt nochmal, das erwarteste hoffentlich nich wirklich von mir! Dass ich einfach untätig bin, während du dich mit diesen Typen rumschlägst.“ Shinichis harter Blick wurde weich, als seine Stimme gegen Ende immer leiser wurde. Der Osakaner atmete keuchend aus, seine Lunge fühlte sich an, als hätte es sich ein Elefant auf seinem Brustkorb gemütlich gemacht. Aber in Wahrheit war es ohnehin egal gewesen, ob er nun am Schluss auf Kudo gehört hatte oder nicht… zu dem Zeitpunkt, an dem er aktiv geworden war, war es schon zu spät gewesen. Er kniff die Augen zusammen, atmete erneut stockend aus. „Glaub bloß nich, dass du mich nochmal so im Abseits stehen lassen kannst.“ Heiji schaute auf, blickte in ein bitter lächelndes Gesicht. Hitze längst vergangener Tage ließ dem Kommissar eine Gänsehaut auf den Armen wachsen, lange schaute er seinen Freund an, ehe er mit rauchiger Stimme erzählte. „Ich hab ohnehin keine Ahnung, wie de da rausgekommen bist, wirklich nich, Kudo...“ … Das Erste, was er wahrnahm, als er sich nährte, war der beißende Gestank, der sich selbst durch Fahrtwind und Helm einen Weg zu ihm suchte. Feuerwehr, Polizei und etliche Krankenwagen tauchten die Dämmerung in flimmerndes Blaulicht. Doch der Sonnenuntergang war nicht das einzige, was den Himmel rot färbte. Er schaltete und gab Gas, hörte, wie der Motor unter sich aufdrehte, bei dieser Geschwindigkeit spürte er jeden Riss und jeden Kiesel auf der Fahrbahn. Er hörte das Hupen der Autos neben denen er sich hindurch schlängelte, sah die gelbe Ampel und drehte den Gashebel bis zum Anschlag durch. Kein Feuerwehrmann und keine Polizeiabsperrung hielten ihn auf, als er endlich da war, er fuhr einfach hindurch, sollten die Typen ihm doch aus dem Weg gegen. Erst als er sich zwischen den Einsatzwagen durchgequetscht und freie Sicht hatte, schaltete er die Maschine aus und stieg ab. Sofort brannte sich die Hitze in sein Gesicht. Die Flammen in dem Gebäude knisterten, verschlangen gierig alles, was sie in die Finger bekamen, bis nichts mehr als stechender, schwarzer Rauch übrig blieb. Heiji schluckte, schüttelte energisch den Kopf, er hatte keine Zeit sich hier von der Asche berieseln zu lassen. Doch die schiere Gewalt des Feuers, dass da vor ihm tobte, hatte ihn mit seinem glühenden Hauch eingefroren. Die Tore zur Hölle hatten sich hier, mitten in Tokyo geöffnet. Das konnte einfach niemand überleben… „Nein!“ Ohne auf die Schreie der Beamten um ihn herum zu hören, stürmte er los, spürte wie sich die Hitze mit jedem Schritt tiefer in sein Fleisch grub und schmerzte. Sein ganzer Körper forderte ihn auf, stehen zu bleiben, nicht näher zu kommen, doch diesen Gefallen tat er ihm nicht, da musste erst jemand anderes kommen. „Sag mal spinnst du, Junge!“ „Du kannst da nicht rein gehen.“ Er spürte wie ihn vier Arme von hinten packten, ihn mit aller Macht zurück hielten, während ihre beiden kräftigen Besitzer ihn abwechselnd versuchten, zu beruhigen und dann wieder für seine Dummheit verfluchten. „Verdammt, bist du lebensmüde oder was?! Das ganze Gebäude steht in Flammen, da kommt keiner mehr raus oder rein!“ „Jetzt lass den Mist!“ „Nein! Lassen Sie mich los verdammt!“ Er riss ihnen seine Arme aus den Händen, doch die Kräfte der Beamten waren zu stark, sie gruben ihre Finger immer tiefer ein, verdrehten ihm das Handgelenk und fluchten gleichzeitig über diesen lebemsmüden Wahnsinnigen, dem sie eigentlich nur helfen wollten. „Loslassen! Finger weg, hörn se, ich muss-…“ Dann, mit einem lauten Knall, verstummte alles um ihn herum. Die Leute schrien, obwohl keiner den anderen verstehen konnte, die Hektik, die Aufregung der Menschen, die hin und her liefen, seine beiden Aufpasser, die ihn vermutlich noch immer anschrien, wie er anhand ihrer Lippen vermutete, die lodernden Flammen, die Blaulichter, deren Sirenen, die in diesem Moment keiner hörte, das alles wirkte bizarr in diesem kurzen Augenblick der Stille, die von der lauten Explosion verursacht worden war, als die obere Etage einstürzte. Es schien nicht echt, ohne die Hitze, die seine Haut versengte, hätte Heiji beinahe gehofft, dass das alles nur ein böser Traum war, in dem man ihm grade den Ton abgestellt hatte. Doch das wahre Leben kündigte sich mit einem hellen Piepsen in seinen Ohren erneut an. Sein geschädigtes Gehör erholte sich, und als das schrille Pfeifen in seinen Ohren wieder leiser wurde, wurde es bereits wieder von dem Lärm der Wirklichkeit übertönt. Er hörte die Beamten neben sich fluchen, auch sie schauten starr auf das Feuer, das vor ihnen loderte. „Wir müssen hier weg.“ Die Stimme des uniformierten Polizisten hörte sich an, als hätte er zusammen mit seinen Kumpanen eine Flasche Whisky geleert. Der andere nickte nur, starrte noch einmal kurz ins Feuer, wandte sich dann ab, blinzelte, als die Flammen ihm die Augen austrockneten. „Da haben selbst die Jungs von der Feuerwehr keine Chance mehr.“ Sein Blick fiel auf den Oberschüler in ihrem Griff, er schien verstanden zu haben, denn die Wut in seinen weit aufgerissen Augen mischte sich mit Verzweiflung. „Komm schon Mann, du kannst hier nichts mehr tun.“ Hattori aber rührte sich erst wieder, als die beiden Männer versuchten, ihn wegzubringen, doch dankbar war er für ihre Hilfe nicht wirklich. „NEIN! Loslassen verdammt, hören se nich! Er is doch noch da drin, verdammt, loslassen, ich muss-„ „Hattori?“ Inspektor Megures Stimme schaffte, wozu die anderen beiden nicht in der Lage gewesen waren, der Osakaner hörte auf, sich zu wehren, blinzelte und blickte sich langsam um. Dem Kriminalbeamten rann der Schweiß vom Gesicht, seine Augen waren glasig von der Hitze und sein Blick forderte eine Erklärung, wenn auch gleich er die Antwort eigentlich nicht hören wollte. Er ging auf den Jungen zu, gab den beiden Beamten ein Zeichen, stellte sich direkt vor dem Osakaner auf und versperrte ihm damit den Blick auf das brennende Gebäude. Er packte Heiji an der Schulter, nicht zu fest, aber mit genug Druck um dem Oberschüler deutlich zu machen, wer vor ihm stand, und genug Druck, um ihn aufzuhalten, wenn das nötig war. „Beruhig dich, Heiji. Sag mir… weißt du was? Wer- wer war noch da drin?“ Doch Heiji konnte nichts weiter als ihn anstarren, er hatte in den Augen des Inspektors schon lange gesehen, was er nicht wahrhaben wollte. Megure schien das zu spüren, er schloss die Augen, schaute ihn dann nicht weniger eindringlich an als zuvor. „Hattori- wir haben Ai Haibara im unteren Stockwerk gefunden, bevor das Feuer sie erreicht hat.“ Der Inspektor schluckte, merkte wie seine trockene Kehle ihm den Dienst verweigern wollte. „Wer war noch da drin, Hattori?“ „Sie haben ihn nich gefunden…“ Es dauerte eine Weile bis er sprach, seine Augen drifteten ab, als müsse er das, was er sagte, erst irgendwo ablesen. „Wen Heiji! Wer war noch da?“ „Ku- Co… Conan.“ Der Inspektor fühlte, wie ihm ein Schauer über seinen nassen Rücken lief, für einen kurzen Moment schloss er die Augen und kniff die Lippen fest aufeinander. Er hatte es ja geahnt. „Aber das…“ Hattoris Stimme brachte ihn wieder zur Besinnung, stumm wartete er darauf, dass der Osakaner weiter sprach. „Das muss nich heißen… es muss nich heißen, dass-„ „Nein Heiji, muss es nicht.“ Sein Ton war nüchtern. Es war die Wahrheit und ganz davon abgesehen, das Leichteste, was ihm im Moment über die Lippen kam. In Heiji fing es wieder an zu arbeiten, das erkannte Megure, der Motorschaden war behoben, zwar stotterte die Maschine noch, aber sie lief wieder. „Sie sagten was von Haibara! Wo is sie jetzt? Vielleicht kann sie uns sagen wo er is, oder zumindest wo wir nach ihm suchen können.“ Doch diesmal blieb der Kriminalbeamte stumm. Heiji sah, wie ihm Megure auswich, doch er war zu stur um auf die kleine Stimme in seinem Kopf zu hören. „Kommen se schon Inspektor, nun sagen se mir wo sie ist, damit wir anfangen können mit der Suche.“ Megures Blick aber blieb auf den Asphalt gerichtet, seine Stimme war rau. „Hattori…“ Dem folgte nicht mehr viel, denn über die Tatsache, wie das FBI seine Finger im Spiel hatte, konnte auch Hattori nur spekulieren und alles andere war ohnehin schnell abgehandelt. Sie hatten es ihnen allen abgekauft, wieso sollte das FBI auch lügen? Schließlich hatten sie weit mehr Erfahrung was die Organisation anbelangte, als alle anderen. Hattori hatte ihnen einen säuerlichen Blick zugeworfen, als man ihm gesagt hatte, wie wenig er wirklich wusste, wie wenig ihm Shinichi damals wirklich erzählt hatte. So hatten sie sich alle mehr oder weniger damit abgefunden, dass es so endete… Na ja, bis auf eine. „Ran… Kudo, sie hat es nie geglaubt.“ Plötzlich glitt Heijis Blick über den Rand seiner Kaffeetasse, die grünen Augen schauten Shinichi eindringlich an. Er hatte so viele Fragen. Er wollte wissen, was damals wirklich passiert war, wie die Dinge aus seiner Sicht gelaufen waren, doch ein Blick in das Gesicht des Oberschülers verriet ihm, dass er darauf heute nicht bestehen konnte. Shinichis Augen waren auf einen Punkt auf der Tischplatte fixiert, er war blass und presste die geschlossene Faust gegen seinen Mund, um zu verhindern, dass die Übelkeit sich einen Ausweg suchte. Denn das war alles, was Shinichi im Moment noch fühlte, ihm war einfach nur noch furchtbar schlecht. Heijis Geschichte hatte ihm den Magen umgedreht. Sie hatten ihn beerdigt, verdammt noch mal! Beerdigt. Und Haibara… Shiho- „Wer weiß von der ganzen Sache?“ Der Osakaner schaute auf, erstaunt von der plötzlichen Reaktion, nach so langer Stille. „Wie meinst´de das?“ „Ai und Conan, wer weiß davon?“ „Naja… wir haben´s dem FBI natürlich gesagt, wobei die nicht allzu überrascht waren.“ Ein verächtliches Schnauben begleitete den Satz, dann jedoch änderte sich seine Tonlage wieder. „Und den Moris haben wir`s gesagt… schließlich war klar, dass- dass Kudo nun auch nicht mehr auftauchen würde und dabei haben`s die Kleinen auch mitbekommen, ein ziemliches Drama, das kann ich dir sagen!“ „Die Polizei-„ „Weiß noch immer nichts. Wir hielten es nicht für nötig, für noch mehr Aufruhr zu sorgen, grade weil die Organisation noch auf freiem Fuß war.“ Shinichi nickte nur, seine Augen huschten hin und her, Heiji konnte förmlich sehen, wie das Gehirn seines Freundes versuchte, das alles zu verarbeiten. Es war still. Lange. „Was haste vor, Kudo? Du kannst sie nicht-…“ „Doch.“ Heiji hatte gleich gewusst, dass Kudo abblocken würde, so wie er es eben auch getan hatte, als er auf sie zu sprechen kam. Mit einem lauten Seufzen erhob sich Shinichi aus seinem Sessel, gähnte, wohl wissend, dass Hattoris Blick noch immer auf ihm lag. Aber nicht heute, nicht mehr heute. Am besten niemals. „Wir sollten uns hinlegen, Megure wird Morgen ganz bestimmt nicht gut gelaunt sein, jetzt wo sein Hauptverdächtiger wieder auf freiem Fuß ist.“ Heiji aber reagierte erst gar nicht auf die Ablenkung seines Kollegen, sie beide wussten, dass Kudo sich um dieses Thema drückte - und mit einem Blick in das ausgezehrte Gesicht Shinichis, beschloss er ihm heute diesen Gefallen zu tun. Aber nicht für lange, es wurde Zeit, dass auch ein gewisser Shinichi Kudo sich damit auseinandersetzte was er, das FBI oder sonst wer angerichtet hatte. Grade wegen ihr… denn schließlich war da auch noch Bell. Mit einem geschlagenen Lächeln kämpfte sich Heiji vom Sofa hoch, merkte beim Aufstehen, was die Hetzjagd nach Bell in den letzten Tagen mit seinem Kreislauf gemacht hatte. „Ich nehm die Couch.“ „Mhm?“ Die immer noch ungewohnte Stimmte Shinichis riss ihn aus den Gedanken. Der verdrehte nur die Augen, fing schon an sich ein paar Kissen zu Recht zu legen und nach einer Decke zu suchen, während er sprach. „Es gibt nur ein Schlafzimmer und das Bett ist definitiv nicht groß genug für uns beide Hattori, die Zeiten sind vorbei, außerdem solltest du deine alten Knochen besser weich betten.“ Heiji´s Mundwinkel zuckte gefährlich, doch noch ehe der Osakaner dem dummen Spruch etwas entgegensetzen konnte, fuhr Shinichi ungerührt fort. Er hatte eine Decke gefunden und war einigermaßen zufrieden mit seinem Nachtlager, sodass er nun die Augen wieder auf Heiji richtete, der nur darauf wartete, ihm für seine Frechheit eine zu verpassen. „Im Ernst, glaubst du, ich hab Lust morgen Abend wieder jemanden stinkwütend auf der Matte stehen zu haben, nur weil du total verschlafen nach Hause kommst? Danke auf den Besuch von Kazuha kann ich gut verzichten.“ Er wollte grade den Mund wieder aufmachen und ihm ganz beiläufig zu ihrer Verlobung, Ehe oder was auch immer zu gratulieren, als er es sich anders überlegte. Das konnte warten, es würde nur wieder zu Themen führen, die sie beide noch weiteren Schlaf kosten würden. Hattori seufzte nur, vergrub die Hände in den Taschen von Bells Hose und fügte sich seinem Schicksal. „Komm, ich zeig dir wo alles ist.“ Damit ging Shinichi voraus während Heiji folgte, doch dem Kommissar entging nicht, dass ihm sein Freund bei der Führung ein Zimmer vorenthielt. Er fühlte sich, als hätte ihn ein Bus überrollt. Beinahe hätte er verschlafen, weil er vergessen hatte, sein Handy von Vibration auf laut zu stellen, wäre das blöde Teil nicht durchs Vibrieren vom Nachttisch auf den Boden gefallen, hätte er glatt weiter geschlafen. Kein Wunder eigentlich, denn die Sonne hätte ihn nie wach bekommen, so sorgfältig wie Kudo sie hinter den Rollläden versperrt hatte. Nach einem angehauen Knie an der Bettkannte und einem blauen Zeh durch den Türrahmen, hatte er schließlich den Weg in den kleinen Hausflur hinter sich gebracht. Und siehe da - es war Licht. Zwar waren auch hier noch alle Rollos verschlossen, doch in der kleinen Küche brannte Licht. Mit einem müden Gähnen schlurfte Kommissar Heiji Hattori dem Kaffeegeruch entgegen. Er konnte es noch immer nicht begreifen. Dass Kudo hier war, lebendig. Und er hatte ihn für ein Mitglied der Organisation gehalten, eingesperrt. Heiji verdrehte die Augen, massierte sich den Nasenrücken, um das Pochen in seiner Stirn zu besänftigen. Ein schöner Polizist war er… ein schöner Freund. Nicht zu erkennen, wer da vor ihm stand und die ganze Zeit vor der Nase rumtanzte. „Guten Morgen.“ Er war grade in die kleine Küche getreten, als er ihn begrüßte. Shinichi saß am Küchentisch, schaute ihn über sein Mäuerchen aus Kaffeetasse, Notizbuch und Laptop heraus an. Ohne das Schweigen seines Gegenübers auch nur zu erwähnen sprach Shinichi weiter. „Derzeit gibt’s noch nicht viel Neues. Keiner unserer Angehörigen scheint noch etwas Wichtiges gesagt zu haben und ein Reporter der zufällig wieder über eine Leiche gestolpert ist, haben wir auch nicht. Das einzige Thema das diese Paparazzi haben ist Bells kurzer Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen.“ Shinichi gähnte, streckte sich ausgiebig und ließ sich mit verschränkten Armen hinter dem Kopf in seinem Küchenstuhl zurück sinken. „Na uns soll`s Recht sein. Je weniger die ihre Nase in wirklich wichtige Dinge stecken, desto besser. Soweit zumindest zu den News aus dem Internet. Eine Zeitung müssen wir uns nachher noch besorgen, um die Ecke ist ein kleiner Tabakladen, ich war heut Morgen nur noch nicht da.“ Stille. Hattori blinzelte kurz, überwältig von dem morgendlichen Monolog seines eigentlich toten Freundes. „Morgen.“ Die Ruhe, die nach Shinichis Ansprache nun eingekehrt war, ließ die Anspannung aufkeimen, genau das, was der Detektiv des Ostens mit seinem Redeschwall hatte übertünchen wollen. Heiji schluckte, ließ seinen Freund nicht aus den Augen. „Kaffee?“ Der blickte nur über seine Schulter zum Kaffeeautomaten auf der Küchenzeile. „Da drüben, eine Tasse hab ich dir schon hingestellt.“ Mit einem undefinierbaren Murmeln trat Heiji an ihm vorbei, stellte die Tasse unter den Kaffeeauslauf und drückte gleich zweimal auf den Knopf auf dem die Tasse leuchtete. Zum Glück funktionierten die Dinger immer so gut wie gleich. Während sich das Monster in seinem Rücken anhörte als würde es statt Kaffeebohnen Kieselsteine mahlen folgte Heijis Blick dem Shinichis, schnell stellte er fest, dass Kudo Recht hatte, gäbe es irgendwas Neues, würde man es auf einen Blick sehen. Stattdessen wanderte sein Blick nun zu dem offenen Notizbuch, von hier aus konnte er zwar nichts lesen, doch er erkannte, dass die Schrift nicht die Shinichis wahr, doch fürs Erste war es besser, auf Kudos leere Kaffeetasse zu reagieren, statt auf seine Fälscherqualitäten. Er ging neben ihn an den Tisch deutete auf seine leere Tasse. „Willst`de auch noch einen?“ „Danke, aber lass gut sein. Ich hatte schon zu viele eigentlich. Und um deine Frage zu beantworten, ja ich bin schon länger wach. Gut kombiniert, Sherlock.“ Hattoris eben noch gehobene Augenbauen sanken wieder, fast ein wenig zu tief aufgrund der Stichelei seines Kollegen, aber er hatte keine Lust, darauf ein zu gehen. Das war das, was Kudo wollte, um von dem was er sah, abzulenken. Denn das Shinichi nicht gut geschlafen hatte, sah man ihm an. Er war blass und die schwarzen Ränder um seine Augen riefen die Erinnerung an einen gewissen FBI Agenten in Heijis Kopf wach. Und obwohl er Kudos Normalzustand eigentlich gar nicht mehr kannte und beurteilen konnte, sah er in dem Blick seines Freundes doch etwas, was er ganz genau kannte. Wut. Der Schock von Gestern war nun doch Wut gewichen, die in ihm gehrte und die er glaubte, vor ihm verstecken zu können, doch Hattori erkannte die Anzeichen genau. Das falsche Lächeln, die verkrampften Gesichtszüge und das ständige Arbeiten hinter diesen wachen Augen. Heiji seufzte, er nahm einen großen Schluck seines Kaffees und schaute Shinichi über den Tassenrand hinweg an. „Kudo, du-…“ „Solltest ans Telefon gehen, Hattori.“ Der Kommissar warf dem Oberschüler einen schrägen Blick zu, pfriemelte dann etwas ungeschickt sein Handy aus der Tasche, welches zu klingeln begonnen hatte, mit einem Blick auf das Display nickte er Shinichi zu und ging ran. „Guten Morgen, Megure. Was gibt’s?“ Schnell wurden Heijis Augen groß. „Schon unterwegs!“ Die Krankenhausatmosphäre ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Doch im Moment hatte Shinichi ganz andere Sorgen, denn damit, dass die Leute so auf ihn reagieren würden, hatte er nicht gerechnet. Eigentlich hatte er gehofft, dass nur wenige ihn erkennen würden, aber was das anbelangte, machte ihm wohl Bells ausländisches Gesicht Schwierigkeiten, er stach aus der Menge heraus. Die Blicke der Leute hingen ihm nach, als er hinter Heiji die Krankenhausflure entlang lief. „Das wird die Ermittlungen nicht grade erleichtern…“ Auch wenn Shinichi dies leise fluchend zwischen seinen Zähnen hervor stieß, so blieb es doch nicht ungehört. „Mach dir nix draus Kudo, hättst`de das Ding nich auf der Visage kleben wär`s auch nich besser.“ „Hattori, du-„ „Kommissar Heiji Hattori?” Heiji blinzelte kurz, schaute den Beamten verwundert an, der so plötzlich vor ihm aufgetaucht war und Shinichi unterbrochen hatte. „Der bin ich. Was kann ich für Sie tun, Wachtmeister-„ „Joichi Nakazu, Kommissar.“ Der junge Polizist verbeugte sich so tief vor seinem Vorgesetzten, dass ihm beinahe die Brille von der Nase rutschte. „Der Hauptkommissar hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass Sie hier auf ihn warten sollen. Der behandelnde Arzt des Opfers ist im Moment mit ihm im Gespräch, erst dann dürfen wir mit der Befragung beginnen.“ Heiji seufzte vergrub genervt die Hände in seinen Hosentaschen. „Na toll, dann können wir uns hier erst mal nur die Beine in den Bauch stehen, da hätte Megure gar nich so nen Stress machen müssen.“ Doch mehr als einen zuckenden Mundwinkel sah Heiji nicht von seiner Anmerkung, stattdessen ließ sich Bell in der nächstbesten Sitzreihe des Gangs nieder und sah sich um. Weit waren sie ohnehin nicht mehr von ihrem Zimmer entfernt. Unauffällig wie eh und je hatte man gleich zwei Beamten vor ihrer Tür postiert. Mit einem lautlosen Fluchen und Blick auf die Uhr ließ sich jetzt auch Hattori neben ihm nieder, zum Glück hatte er wenigstens seinen Kaffee noch runtergebracht, während Kudo sich „ausgehfertig“ gemacht hatte. Auch Heiji begann sich nun umzusehen, es war auffällig wenig los in diesem Teil des Krankenhauses, doch noch bevor er sich weiter darum kümmern konnte, merkte er, dass der Blick von Nakazu noch immer an ihm klebte. „Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?“ Die Nervosität des Beamten zog nun auch Shinichis Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Unbeholfen kaute der junge Beamte an seinen sowieso schon spröden Lippen, bis er es schaffte, über seinen Schatten zu springen. „Halten Sie…, halten Sie das für eine gute Idee, Kommissar?“ „Was? Se müssen sich schon nen wenig genauer ausdrücken.“ Doch noch ehe er antwortete, hatte sich ein Lächeln auf Bells Lippen gebildet, die Blicke waren eindeutig. „Na ihn. Ihn hierher mitzunehmen.“ Hattoris Augenbrauen gingen nach oben, sein Blick wanderte zu seinem Nachbarn, der mit einem seligen Grinsen neben ihm saß. Er konnte von Shinichis Stirn ablesen, was er dachte. Der Kommissar verzog kurz das Gesicht, wandte sich dann mit einem ergebenen Seufzen wieder Wachtmeister Nakazu zu. „Er sitzt doch hier neben mir, oder?“ „Äh- ja, ja, Kommissar.“ „Demnach ist er von dem Verdacht befreit, nicht wahr?“ „Ja, schon, a- aber-…“ „Kein aber. Professor Bell ist unschuldig, und es gibt keinen Grund, warum er nicht hierher kommen, oder weiter an den Ermittlungen teilhaben kann. Nicht wahr, Kommissar Hattori?“ Shinichi war automatisch aufgesprungen, wandte sich nur ganz langsam in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und auch Hattori hatte der scharfe Ton eine Gänsehaut beschert. Das hatte sie eindeutig von ihrer Mutter. „So is es. Aber erst mal guten Morgen, Ran.“ Nun stand auch Heiji auf, ging auf sie zu und versuchte ein freundliches Lächeln auf sein Gesicht zu pressen. „Sag mal Ran, ist was passiert, oder willst du jemanden besuchen?“ „Was? Nein, nein. Ich bin wegen dem Fall hier, Paps hat mir heute Morgen gesagt, was passiert ist. Eigentlich dachte ich ja, ich würde die Kinder hier treffen.“ Ein verlegenes Rot mischte sich auf ihre Wangen, das Shinichi, obwohl er ein Stück weit entfernt stand, den Puls in die Höhe trieb. „Aber Heiji! Du ahnst nicht, wen ich gestern getroffen habe! Jodie, sie sagte zwar, sie wäre nur auf Durchreise hier, weil sie ein paar alte Akten abholen muss, aber vielleicht wäre sie ja bereit, an dem Fall mitzuarbeiten. Schließlich haben wir schon einen Amerikaner auf unserer Seite, nicht wahr, Professor?“ Doch der Gang hinter Heiji war bis auf den Wachtmeister und die beiden Beamten leer. „Seltsam…“ „Ach was, mach dir nichts draus, Ran! Dem haben die letzten Tage nur nich so gut bekommen, du weißt ja was man über das Essen im Gefängnis sagt, nicht wahr? Los, erzähl lieber was Jodie erzählt hat?“ Ran schaute ihn nur verwundert an, hatte aber kein Auge für den nervösen Blick des Kommissars, sondern schaute noch immer in den leeren Krankenhausgang. Es dauerte bis sie ihre Sprache wieder hatte, doch der Ton hatte nichts mit dem von eben gemein. Er war leise ängstlich, und doch hörte er einen Funken Hoffnung aus ihrer Frage. „Im Ernst, Heiji…, was will sie hier?“ Das war zu viel. Einfach viel zu viel. Er hatte sie nicht ansehen können, ohne zu wissen, was er ihr angetan hatte, und ausnahmsweise, dieses eine Mal, hatte er nicht Schuld daran. Wie musste es ihr gehen, oder seinen Eltern. Shinichi schluckte, presste die Lippen fest zusammen und rang gierig nach Luft. Sie glaubten alle… Er rang förmlich nach Atmen und hatte doch das Gefühl, dass er grade wie ein Fisch auf dem Trockenen erstickte. Er erstickte an dieser Lüge, dieser dreckigen kleinen Gesichte, die aber nicht seine war. Nie sein sollte. Und nach all dem trauten die sich tatsächlich noch hier her. Er schluckte, versuchte noch einmal Luft zu holen. Tief einatmen und wieder ausatmen. Einatmen und ausatmen. Einatmen, ausatmen. Ein, Aus. Atmen. „Mist, verdammt!“ Ohne noch lange darüber nachzudenken zog er sein Handy aus der Tasche, sah nicht, dass seine Hände zitterten und seine Finger beinahe so kalt waren, dass er die Tasten unter seinen Fingerkuppen nicht einmal spürte. Er hörte das Freizeichen, das seinem rauschenden Blut einen unregelmäßigen Takt verlieh. Ein kurzes Stolpern in der Leitung und er hörte ihre Stimme, glockenklar und wie meistens gut gelaunt. Er schnarrte kurz, als er sie hörte, wie hatte er sich auf das Spiel einlassen können, er wusste doch eigentlich, wie diese Organisationen arbeiteten. Eigentlich. „Hey Shinichi, how’s it going over there…?“ “Cut the act, Jodie, you`d better gonna start telling me what you thought by pronounce Conan Edogawas death!” Bells Stimme war überraschend ruhig gewesen. Für einen kurzen Moment schien Jodie zu überlegen, ob sie sich wohl verhört hatte, doch es blieb nichts weiter als Stille in der Leitung, bis sie antwortete. Ihre Stimme hatte sich vom Modus „nette Englischlehrerin“ auf das umgestellt was sie war, eine FBI-Agentin. Ganz Dienerin ihres Landes. “So… you know?” “Yeah, I do! Imagine, last night Hattori blamed me for being a member of the organization, and moreover, the murderer we`re trying to catch here! Imagine - he accused me of just using a disguise to fool him, the police and pretty much the rest of the world.” Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus, er konnte hören wie sie am anderen Ende der Leitung scharf nach Luft schnappte. Ihre Frage klang dementsprechend heiser. “What?!” “Nice, isn’t it? But no need to worry about that any longer, he just ripped my face of. Literally.” Er lachte trocken, schüttelte beinahe amüsiert den Kopf. “Yes, and you could never believe his reaction when he`d seen that it was just me, Kudo Shinichi, the one who disappeared ten years ago. Cause while I was apologizing and explaining myself to him, he just stared at me like he has seen a ghost and well… then the shouting thing began anew.” Er schluckte, doch diesmal kehrte das Grinsen nicht auf seine Lippen zurück. „Anyway, he ended up being right after all, it could just have been a ghost standing there in front of him. Due to the fact, that Kudo Shinichi is already dead.” “Shinichi, listen…” “No. No I´ve enough from that. It`s not just what you`ve done to me, or that you never told me, I´m used to be left out by your stupid company. But it’s a nasty fact, that the little story you made up here isn`t just affecting me…” Seine Stimme brach, erst jetzt merkte er wie trocken seine Kehle war. Beinahe zuckte er zusammen als sie wieder zu sprechen begann. “I know. I know you must be upset, but if you will just be calm for a minute I`ll tell you-“ “I`ve got enough of this! Your rules, your instructions and your steady interference.” “But-“ „And now you`re telling me to stay clam! Stay fucking clam. No way after what you`ve done! Watch your own business, would you! Cause I am no longer yours.” Shinichis Brustkorb bewegte sich hektisch auf und ab, er hatte geschrien, hatte sie angebrüllt, oder besser sein Handy mitten im Krankenhaus. Aber im Moment kümmerte ihn das gerade nicht. Nicht nur dass sie ihm diese Lüge auf den Hals gehetzt hatten, da war noch mehr… sie hatten ihn verraten. Jodie hingegen war am anderen Ende ruhig geworden, sie schien zu ahnen, was in ihm vorging. Das nächste was sie beide sagten war kaum mehr als ein Flüstern. "You can't honestly be blaming me.” “Yeah, I can.” Sie antwortete nicht, für einen kurzen Moment herrschte Stille, bis er sich in die Leitung drängte. “We just tried to make sure all of them to be safe, something you always pretended to care for. But to be honest Kudo, it`s not like you have been very successful the last time you tried to protect someone.” Shinichis Stimme war nicht weniger kalt als die Akais. “Neither have you.” Damit legte er auf, starrte auf sein Handy, das noch immer die ID von Jodie anzeigte, ein Bild von der Blondine, die freundlich in die Kamera lächelte, sich dabei bei ihrem mürrischen Begleiter einhakte. Das Gespräch war beendet. Hallo ihr Lieben, am Ende wie immer meinen Senf zu allem ;] Aber erst mal: WIE GENIAL IST/WAR DENN BITTE DIE NEUE SHERLOCK FOLGE *quietsch* Herrlich einfach! Da kann mein Kapitelchen natürlich nur schwer gegen Anstinken. Ich hoffe aber dennoch es hat euch gefallen. Aber jetzt wieder ernst *hust* Erst mal vielen Dank für die Überwältigende Rückmeldung vom letzten Kapitel! Ich habe mich wirklich über jeden einzelnen Kommentar gefreut ^//^ Vielen Dank fürs Lesen, ich hoffe es hat euch gefallen! Ich würde mich natürlich wie immer sehr über eure Meinung freuen. Bis zum nächsten Mal, eure Shelling__Ford Kapitel 18: Rätsel ------------------ Rätsel Er sah müde aus. Das war das erste was ihr auffiel, als Bell wieder kam. Sie hatte ihm erklärt, dass Heiji mit dem Hauptkommissar schon im Zimmer war, sie würden ihn hinzu holen, sobald die Patientin bereit dazu war. Ran verschwieg ihm den skeptischen Blick, den der Hauptkommissar Heiji zugeworfen hatte, als er hörte, dass er zusammen mit Bell gekommen sei. Der hatte nur erklärt, dass sie so gleich Gewissheit hätten, wenn sie ihn erkannte. Die Art und Weise, wie der Kommissar sich dabei durch die Haare fuhr, hatte seine Lüge entlarvt. Ran war hellhörig geworden, zum einen fragte sie sich, warum Bell aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, wenn das Opfer nicht für ihn ausgesagt hatte. Denn das war, laut dem Telefonat, das sie gestern Abend noch mit ihrer Mutter geführt hatte, das Einzige, was ihm hätte raus helfen können. Sie hatte ihr auffällig viel erzählt. Normalerweise war die Königin des Gerichtssaals, was ihre Klienten anbelangte, verschwiegen, doch dieses Mal hatte sie eine Ausnahme gemacht. Sie schluckte, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wagte es nicht zu dem Mann aufzusehen, der neben ihr Platz genommen hatte. Er verheimlichte ihnen etwas. Soviel hatte ihre Mutter gestern durchblicken lassen. Es gab eine Lücke im Polizeibericht, der sich mit dem, was er Eri erzählt, oder besser nicht erzählt hatte, deckte. Selbst seiner Anwältin, die es nicht gegen ihn verwendet hätte, hatte er nichts gesagt. Wieso also war er heute hier? Wieso war er frei? Das war Frage Nummer eins. Frage Nummer zwei war da schon weniger klar zu formulieren. Bis gestern war Heiji, was Bell anbelangte, noch der Spinne Feind gewesen und heute schleppte er ihn mit in die Klinik und bestand darauf, ihn wieder in den Fall einzubinden, als Ermittler, nicht als Verdächtigen. Was hatte sich geändert, dass man ihn auf freien Fuß setzte und Heiji sich auf einmal so gut mit ihm verstand, und was um Himmels Willen hatte Jodie hier zu suchen? Ran schauderte merkte wie die vielen Fragen ihr eine Gänsehaut bescherten und es hinter ihrer Schläfe drohend zu Pochen anfing. Sie hatte es satt, Fragen, Geheimnisse und Lügen, konnten die Menschen um sie herum nicht einmal ehrlich sein? Wieso war es nicht möglich, die Karten auf den Tisch zu legen, anstatt sie mit einem aufgesetzten Lächeln anzusehen, nur um ihr zu beteuern, das alles gut sei. „Miss Mori? Alles okay bei Ihnen?“ Seine Stimme kam so unvermittelt, die gut gemeinte Frage reizte sie nur noch mehr, als ob er genau wusste, was in ihr vorging. „Nein!“ Sie hatte vor Wut zu zittern begonnen, merkte erst, dass sie viel zu laut gewesen war. Beschämt wandte sie sich von ihm ab, sofort zierte ein Rosaschimmer ihre Wangen. „Entschuldigung… ich war in Gedanken.“ Bell hatte sie überrascht angesehen, war sogar ein Stückchen zurück gewichen, sein Blick ruhte nun besorgt auf der jungen Frau. „Ich- Sie, Sie zitterten, deswegen dachte ich-„ Sie folgte seinen fragenden Blicken, bemerkte erst jetzt, dass sie tatsächlich schlotterte und sich eine Gänsehaut ihre Arme hinauf schlich. „Verzeihen Sie, ich hab Ihnen gar nicht richtig zugehört. Dieser ganze Fall nimmt mich wohl doch mehr mit als gedacht.“ Bells Blick streifte sie nur kurz, aber immer noch lange genug, um den Rotton in ihrem Gesicht zu verstärken. Seine Miene blieb weiterhin kühl, nur seine belegte Stimme verriet, dass es ihm nicht viel besser ging. „Das tut mir leid.“ Shinichis Herz pochte ihm in den Ohren, langsam dämmerte ihm was hier ablief, warum weder Ran ihn, noch er sie ansehen konnte. Die Erkenntnis schwappte über ihn wie eine warme Welle, durchtränkte seinen Körper und ließ ihm einen angenehmen Schauer rüber den Rücken laufen. Gegen diese physische Reaktion war auch die kleine Stimme in seinem Hinterkopf machtlos, die schon lange Hilfe und Erbarmen schrie. Denn genau das hätte nie passieren dürfen. Er schluckte, schüttelte abwehrend den Kopf, bis ihm Bells Brille dabei beinahe von der Nase viel. Langsam schob er sie wieder zurecht, Ran beobachtete ihn dabei aus den Augenwinkeln heraus. Unwillkürlich begann ihr Herz schneller zu schlagen, sie spürte das Hämmern deutlich, konnte beinahe sehen, wie der Kragen ihrer Bluse zitterte. Sie wandte den Blick von ihm ab, biss sich leicht auf die Lippen. Sie seufzte, starrte nach vorn auf die kahle Wand des Krankenhausflurs, als hätte sie die Lösung für all ihre Probleme bereit. Doch dort starrte ihm nur eine kleine Uhr entgegen, die nichtssagend vor sich hin tickte. Der Detektiv runzelte die Stirn, schaute auf seine Armbanduhr und brachte ein schiefes Lächeln zustande, das blöde Ding an der Wand ging auch noch eine ganze Stunde vor. Warum ausgerechnet er? Warum zog es sie zu einem Mann hin, der jeden Tag nur noch undurchschaubarer, noch rätselhafter wurde. Ein schwaches Lächeln zitterte kurz über ihre Lippen. Ihre Augen huschten zu Bell, der mittlerweile in seinem kleinen Notizbuch herum kritzelte. „Professor? Beide schraken auf, als der Beamte plötzlich vor ihnen stand. „Wir wären dann so weit.“ Der Angesprochene nickte nur und stand auf. Ran konnte sehen, wie es hinter seinen Brillengläsern arbeitete, wer genau hinsah, konnte erkennen, dass die Ruhe nach außen nur Fassade war. Er schien ihre Blicke zu spüren, wandte sich zu ihr um und lächelte kurz, hielt der leicht verwunderten Ran dann auffordert eine Hand vor die Nase. „Dann wollen wir mal, mhm?“ Ran schluckte, nickte dann und ließ sich von ihm aufhelfen. Die Berührung war nur kurz, gleich darauf kehrte Bell ihr wieder den Rücken zu und verschwand nach ein paar Metern im Patientenzimmer, doch das Pochen in ihren Fingerspitzen hallte nach. Die Luft im Raum verdichtete sich spürbar, als er eintrat, sein Blick wanderte von Heiji, der am Türrahmen stand, zu Megure, der sich auf einen Stuhl neben dem Krankenbett niedergelassen hatte. Takagi stand mit seinem Notizbuch hinter seinem Chef, sein Blick streifte die beiden kräftig gebauten Beamten in der Ecke des Raums, unverkennbar die Sorte Polizist, die man zum Zeugenschutz einsetzte. Mori stand neben ihm, hatte ihm die Tür geöffnet und schaute Shinichi für seinen Geschmack ein wenig zu lange an, ehe er in eintreten ließ. Die hellen Gardinen waren zugezogen, sodass das eindringende Sonnenlicht den Raum in ein stumpfes weißes Licht tauchte. Nicht grade vorteilhaft für den schon sowieso blassen Teint des Gesichts, auf dem Bells Blick nun haften blieb. Ihre Lippen waren nicht mehr blau, dass rote Collier an ihrem Hals durch eine Dicke Mullbinde verdeckt und aus ihren braunen Augen war der Nebel gewichen. Sie schaute ihn erwartend an, bis ihre Augen vor Erkenntnis groß wurden. „SIE!?“ Er zuckte kurz, bemerkte sofort, wie die Beamten im Raum nach ihrer Waffe griffen, als sie ihn wiedererkannte. Sie schien die Reaktion der Polizei zu bemerken, stemmte sich in die Matratze um sich weiter aufzurichten. „Nein. Nein, es ist nicht so wie Sie denken, er…“, ihre Augen wanderten erneut zu Bell, ihre eben noch hysterische Stimme wandelte sich zu einem heiseren Flüstern. „… hat mich gerettet.“ Ran erkannte, wie die eben noch steifen Züge des Professors langsam wieder weich wurden und sich ein kleines höfliches Lächeln auf seine Lippen schlich. Auch Heiji, der nun neben ihr an der Tür stand, atmete sichtlich erleichtert aus, während die restlichen Beamten im Raum den Professor noch immer etwas skeptisch anschauten, der nun einen weiteren Schritt auf das Opfer zu machte. „Eine Rettung würde ich das nun nicht nennen, ich denke da können Sie sich eher bei Hauptkommissar Megure und Kommissar Hattori bedanken, Miss-„ „Kikuja, Mira Kikuja.“ Das Lächeln auf den Lippen des Amerikaners wurde größer, er wollte sich grade vorstellen, als sie ihm zuvor kam. „Ich denke, ich liege mit meinem Dank bei Ihnen schon ganz richtig, Professor Bell, sonst würden Sie wohl heute meine Leiche obduzieren anstatt mir Fragen zu stellen.“ Shinichis Augenbrauen zogen sich langsam nach oben, und auch die anderen Beamten hatten wenig für ihren Sinn für Humor übrig, zu viel Wahrheit steckte in ihren Worten. Ihre leicht erröteten Wangen zeigten, dass auch Mira gemerkt hatte, dass der Witz ein wenig zu weit abseits dessen war, was man noch als Galgenhumor bezeichnen konnte. „Verzeihen Sie bitte. Es ist nur so… ich weiß sehr gut, wie knapp ich entkommen bin Professor, und wem ich entkommen bin. Ich hatte keine Ahnung wer mein Angreifer war. Er ließ mir keine Zeit mich umzudrehen, erst als ich Sie auf meiner Terrasse stehen sah, wusste ich, dass es der Serientäter war, dieser „Holmes“, wegen dem man Sie eingeschaltet hat, den Sie jagen.“ Bell nickte bedächtig, rückte sich danach die Brille zurecht, während er sprach. „Ganz recht. Deswegen habe ich Sie an diesem Abend auch aufsuchen wollen.“ Heiji trat neben den Professor nickte bestätigend. „Wie Ihnen Hauptkommissar Megure bereits gesagt hat, sind Sie bisher das dritte Opfer in diesem Fall. Wir haben durch die Eltern von Frau Aya Moto erfahren, dass Sie und das erste Opfer, Herr Satoru Shikata, sich in Ihrem Café getroffen und somit gekannt haben. Für uns ist es natürlich wichtig, eine mögliche Verbindung zwischen den Opfern zu finden.“ Megure nickte, übernahm nun das Feld. „Hören Sie Fräulein Kikuja, ich weiß es wird Ihnen bestimmt nicht leicht fallen, aber es wäre für uns eine große Hilfe, wenn wir mit Ihnen die anderen beiden Fälle durchgehen könnten.“ Der Arzt, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, räusperte sich kurz, doch Megure kam ihm bereits zuvor. Führsorglich legte er der jungen Frau die Hand auf die Schuler während er sprach. „Wir können natürlich verstehen, wenn das für Sie zu-„ „Vergessen Sie`s!“ „Mhm?“ „Ich will, dass Sie diesen Kerl bekommen, einiges habe ich sowieso schon in der Zeitung gelesen.“ Ihr Blick fiel erneut zu Bell, der der plötzlich lebendig gewordenen Zeugin nun ein kleines Lächeln schenkte. „Sie wollen vermutlich wissen, ob mir die beiden in Erinnerung geblieben sind? Ja sind sie. Allerdings haben sie nicht viel geredet, mit mir zumindest nicht.“ „Gut, Sie ahnen wahrscheinlich, dass wir uns in Ihrem Café umsehen müssen, wüssten Sie vielleicht etwas, das uns die Suche nach einer Verbindung zwischen den vorherigen Opfern erleichtert?“ Megures Stimme war weich und einladend und ließ den Druck, der hinter dieser Frage stand, nur vage erahnen. Doch Frau Mira schien sich der Bedeutung seiner Worte bewusst zu sein, dachte angestrengt nach, während sie eine Strähne ihrer Haare um den Finger zwirbelte. „Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen Zugriff auf die Umsätze, die einzelnen Rechnungen, vielleicht kann ich anhand dessen sagen, wann sie da gewesen sind und Ihnen vielleicht die Namen ein paar der Gäste nennen ,die ebenfalls anwesend waren.“ Sie schaute auf, sah ihn hoffnungsvoll an. „Würde das helfen?“ „Wir könnten es zumindest versuchen. Mori!“ Der Angesprochene zuckte kurz zusammen, war in Gedanken offensichtlich woanders gewesen und wandte seinen Blick nun wieder seinem Vorgesetzten zu, nickte dann pflichtbewusst. „Wir gemacht, Hauptkommissar.“ Megure wartete, bis das schabende Geräusch von Takagis Kugelschreiber verstummte, die Schatten in seinem Gesicht schienen mit einem mal dunkler zu werden, es tat dem alten Beamten sichtlich leid, diese Frage zu stellen. „Frau Kikuja, Sie haben uns die Vorfälle des Abends zwar schon geschildert, ich weiß auch, es fällt ihnen schwer, aber-…“, doch seine leicht belegte Stimme wurde von ihr unterbrochen. „Sie wollen, dass ich näher auf den Täter eingehe.“ Ein kurzes Lächeln schlich sich auf Bells Lippen, als er den Glanz in den Augen der jungen Frau sah. Er musste zugeben, dass sie ihn überraschte. So ruhig, fordernd, fast schon frech ab und an, nachdem was sie durchgemacht hatte und in anbetracht der Gefahr, in der sie sich immer noch befand. Doch das Lächeln auf seinen Lippen wurde schnell wieder von seinen Gedanken verdrängt. Sie war beinahe schon zu ruhig. Shinichi schluckte, richtete sich die Brille zurecht und strich sich ein paar der aschblonden Strähnen von Bells Pony aus dem Gesicht. Die Frage, die ihn schon die ganze Zeit im Magen lag, quälte ihn in diesem Moment nur noch mehr, aber er hatte noch keine Beweise, brachte sich vielleicht in Teufels Küche, wenn er einfach so drauf los schoss. Seine Augen glitten zu Heiji, der ganz der fleißige Polizist in seinem Notizblock herum kritzelte. Der Detektiv seufzte, richtete seinen Blick wieder auf das Geschehen. „Ich kann Ihnen nur sagen, dass er schwarze Handschuhe und eine schwarze Lederjacke trug, das ist das einzige, was ich gesehen habe, während…“, Megure nickte, ersparte ihr erneut auszusprechen, was sie vor ein paar Tagen durchgemacht hatte. „Er hat nicht mit Ihnen geredet? Nicht gesagt, Sie sollen still sein oder sonst irgendetwas von sich gegeben, anhand dessen Sie seine Stimme beschreiben könnten?“ Heijis Augen lagen geduldig auf ihr. „Überlegen Sie…“ „Nein… nein. Er hat keinen Ton gesagt. Ich hätte es gehört, wenn er auch nur den kleinsten Laut von sich gegeben hätte, denn er stand so dicht an mir, ich konnte seinen Atem auf meiner Wange spüren. Glauben Sie mir, ich hätte es gehört, wenn er etwas gesagt hätte.“ Sie schaute auf, wurde kurz rot als ihr die Theatralik ihrer Worte bewusst wurde. Heijis Blick wanderte von ihr zu Bell, es fiel ihm noch immer schwer, seinen alten Freund hinter dieser starren Maske zuerkennen. Das Silikon schütze ihn, allein ein Blick in seine Augen, ließ erkennen, dass der Detektiv tief in Gedanken versunken war. Erst ein leises Räuspern kündigte seine Frage an. „Sie sagen, er hat sie fest an sie gedrückt. Was ich übrigens bestätigen kann, Herr Hauptkommissar.“ Shinichis Blick fiel kurz auf Megure. „Ich vermute zum einen, um sie besser im Griff zu haben, aber auch, weil es ganz danach aussah, als wäre er ein ganzes Stück größer als unsere Miss Kikuja, so konnte er sie besser halten. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte, wenn Sie so nah an ihm waren, könnte es sein, dass sie vielleicht doch noch etwas mehr bemerkt haben, seine Statur vielleicht? Oder ein bestimmter Geruch, ein Parfum?“ Er sah, wie sie ihre Stirn kraus zog und zu überlegen begann, hakte dann hastig ein. „Nein, nein. Versuchen Sie nicht zu denken. Wir bekommen sonst noch Dinge, die nicht da sind, weil Sie uns gerne mit einer Antwort weiter helfen wollen. Überlegen Sie nicht, versuchen Sie es nicht einmal. Ich möchte, dass Sie uns das Erste sagen, was Ihnen in den Sinn kommt, wenn Sie an den Täter denken.“ Sie nickte, ihr Blick zeigte, dass sie in Gedanken schon abwesend war, beinahe hypnotisiert von Bells Worten, begann sie zu sprechen. „Es roch nach Regen… nach dem Leder seiner Handschuhe und…“ Sie blinzelte kurz, schaute Bell dann etwas verwirrt an. „Da war noch was, ein stechender Geruch.“ Mira schluckte, schüttelte leicht den Kopf. „Ich fürchte nur, ich kann ihn nicht zuordnen, wenn ich müsste, würde ich sagen, es roch ähnlich wie hier. Nach Krankenhaus.“ Sie wurde rot lächelte leicht beschämt. „Wahrscheinlich ist es, weil ich hier aufgewacht bin. Aber wenn ich so vorgehe wie Sie sagen, dann-“ „Schon okay, Miss, vollkommen in Ordnung. Versuchen Sie es ein weniger näher auszuführen.“ „Es war Alkohol, Jod vielleicht, eben das, was einem sofort in die Nase sticht, wenn man ein Krankenhaus oder eine Praxis betritt.“ Bell nickte ihr dankend zu und überließ erneut Megure das Feld, während er die ersten Notizen machte. Langsam legte sich das Kribbeln in ihrem Bauch, während Ran´s Augen noch immer auf Bell lagen, der nachdenklich seine Brillengläser polierte, während er Megure aufmerksam zuhörte, der Frau Kikuja erklärte, dass sie fürs erste unter Polizeischutz stand und sich keine Sorgen machen müsste. Sie lächelte schwach, Ran sah direkt, dass sich langsam Schlaf in ihre Augen schlich. Auch Megure schien dies zu bemerken, gemeinsam verabschiedete sich die Gruppe von ihr, sie waren schon beinahe aus der Tür, als sie Miras Stimme erneut hörten. „Warten Sie? Professor… war da nicht noch jemand bei Ihnen?“ Sie sah den Amerikaner fragend an, Ran sah, wie sich seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen zogen, ehe er ihr antwortete. „Sie müssen sich geirrt haben Miss, versuchen Sie nicht weiter darüber nachzudenken. Überlassen Sie alles weitere uns und ruhen Sie sich aus.“ Mira nickte, sah ihnen nach, bis sich die Tür hinter den Beamten schloss, dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass ihr noch jemand geholfen hatte. Wie ein Gespenst lauerte er in ihren Erinnerungen, von dem dichten Nebel aus Ohnmacht beinahe überdeckt, ein junges Gesicht, dessen Blick vielleicht mehr Schrecken und Angst gezeigt hatten als ihr eigenes. Ein tiefer Seufzer entwich der Kehle des ehemals „schlafenden“ Kogoro. Zwar hatte es nicht viel Überredungskunst gekostet, Ran davon zu überzeugen, dass er sie auf seinem Weg ins Café daheim absetzte, dennoch erkannte er, dass sein Mausebein in Gedanken noch ganz wo anders war. Sie hatten über das Wetter, seine Arbeit an dem Fall geredet und darüber, dass es für sie ja ohnehin keinen Sinn machte, der Polizei jetzt nachzulaufen wenn die Kinder nicht da waren. Gut, das Argument war von ihm gekommen, aber dennoch. Über alles hatten sie geredet, über alles, nur nicht über ihn. Moris Brauen zogen sich zusammen, unsanft schaltete er in den nächsten Gang, brachte das Auto dazu, einen kleinen Satz zu machen. Sein Blick fiel auf seine Tochter, die mit ihrem Handy beschäftigt war. Nichts erzählte mehr von dem leichten Rot auf ihren Wangen, von dem Zittern ihrer Stimme, wenn sie mit Bell sprach. Allein das Leuchten ihrer Augen war noch immer Zeuge dessen, was er mit ihr gemacht hatte. Der Vater biss sich auf die Lippen, er nutzte den Seitenblick beim Abbiegen, um sich seine Tochter anzusehen, unterdrückte dabei einen weiteren Seufzer. Nur zu gerne würde er sich für sie freuen, darüber, dass es seiner Ran nach allem nun wieder besser ging, doch nachdem was seine Frau ihm am Abend zuvor erzählt hatte, fiel im das mehr als schwer... Sein Feierabendbier zischte in seinem Glas, in der Flimmerkiste lief ein typischer Krimi. Ein Fall, dessen Täter man schon von Anfang erahnte, obwohl er es unmöglich sein konnte und der am Ende doch von einem Detektiv mit dunkler Vergangenheit innerhalb weniger Stunden entlarvt wurde. Kogoro schnaubte, ärgerlich bewegte sich sein Schnurbart hin und her. Er fischte nach seinem Glas, nahm einen großen Schluck, während er an sein Abendessen dachte, das noch weitere drei Minuten in der Mikrowelle seine Runden drehen musste. Doch anstatt das die verhasste Maschine sich endlich meldete, klingelte es an der Tür. Einmal. Er Kniff ein Auge zusammen, dachte nicht daran, seine Position auch nur ein wenig zu ändern. Zweimal. Ein Auge ging wieder auf, spähte in den Fernseher, der in nun auch noch mit Werbung strafte. Dreimal. „Ach, verdammt!“ Energisch stelle der Polizist sein Bier auf den Tisch, schlüpfte zurück in seine Pantoffeln und schlurfte in den Hausflur, wo er die Tür energisch öffnete. „Was zum-? Eri.“ Er blinzelte kurz, machte dann Platz, sodass seine „Ex“-Frau eintreten konnte. Die Besuche waren nach Rans Auszug häufiger geworden, angenehmer, doch für den nächsten Schritt war noch keiner von ihnen bereit. Auch wenn er sich normalerweise freute über einen Besuch, diesmal kam sie ihm nun wirklich ungelegen, schließlich hatte er sich die halbe Nacht mit diesem Bell herum geschlagen. Doch das interessierte sie natürlich nicht. Mit einem müden Seufzen schloss er die Tür hinter sich, ging ihr nach ins Wohnzimmer, wo sie sich bereits an den Tisch gesetzt hatte und nun mit hochgezogener Augenbraue sein Bierglas musterte. Kogoro sagte nichts, nahm stattdessen einen Schluck und stelle es beiseite. „Kann ich dir was anbieten, Eri?“ „Nein, Danke.“ Ihr Ton war kühl und so reserviert wie schon lange nicht mehr. „Schön.“ Er schluckte, rutschte nervös auf seinem Sitzkissen hin und her. „Wenn du`s dir anders überlegst, weißt du ja noch, wo alles ist.“ Doch anstelle eines Nickens musterte ihn seine Frau nur, bis sie unvermittelt zu sprechen begann. „Ran hat mich heute Morgen angerufen. Sie hat mich gebeten, Professor William Bell in dem aktuellen Fall zu vertreten.“ Dass dem Detektiv nicht der Schnurbart aus dem Gesicht gefallen war, war auch alles, ungläubig sah er seine Frau an. Eri bemerkte, wie die Ader an seiner Schläfe langsam dicker wurde, erlaubte ihm aber nicht, zu Wort zu kommen. „Lass mich erst ausreden, bevor du dich gleich aufregst, Kogoro.“ Die Anwältin seufzte, strich sich kurz den Rock glatt, ehe sie zu sprechen begann. „Du weißt selbst, wie schwer es ist, unserer Tochter etwas abzuschlagen, erst Recht, wenn sie so sehr darauf besteht wie in diesem Fall.“ Sie wartete bis er nickte, fuhr erst dann fort. „Ich war da. Habe mir den Bericht durchgelesen und selbst noch mit ihm geredet und auch wenn ihr Recht habt und die Beweise gegen ihn sprechen, so glaube ich nicht, dass ihr den Richtigen habt.“ Nun platzte dem Beamten dann doch der Kragen. „Na toll, jetzt hat dich dieser Ami auch schon eingelullt, oder was? Wirklich Eri, das kann doch nicht dein-„ „Moment, Kogoro. Versuch einmal nicht, wie ein Polizist zu denken, der seinen Feierabend in Gefahr sieht.“ Das stopfte dem schlafenden Detektiv tatsächlich den Mund, leicht angeschlagen aber dennoch aufmerksam schaute er sie an. „Du und ich, wir beide haben genug Verbrecher gesehen, um einschätzen zu können, wer lügt und wer nicht. Natürlich gilt das noch lange nicht für alle, dennoch glaube ich, dass Bell einer von diesen Menschen ist.“ „Selbst wenn, Eri, irgendwas ist doch ober faul mit dem Kerl.“ Sie nickte zögerlich und ihr stechender Ton ebbte etwas ab. „Ich sage nur, dass er den Mord nicht begangen hat, Kogoro… mehr nicht. Denn ich muss dir leider Recht geben, es gibt etwas, dass er uns verschweigt, etwas, dass auch mit diesem Fall zu tun hat. Ein Geheimnis, das er für so schützenswert erachtet, dass er es lieber in Kauf nimmt, von aller Welt als Mörder gesehen zu werden, wenn auch nur bis zu seinem eventuellen Freispruch.“ Donnernd wanderte die Hand von Mori auf den Wohnzimmertisch, brachte ihn dabei kurz zum Schwanken. „Wusst ichs doch! Von Anfang an war mir dieser Kerl nicht ganz geheuer, wie er einfach auftaucht und am Tatort auf und ab marschiert, als hätte er hier das Sagen.“ Eri sah ihrem Mann zu, beobachtete wie seine Augen wütend zu glimmen begannen, während er weitere Schimpftriaden auf den Professor losfeuerte. Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Du hast es also auch bemerkt.“ „Mhm?“ „Das mit Ran.“ Automatisch breitete sich Röte auf seinen Wangen aus, ertappt hielt er die Luft an, schaute dann jedoch ausweichend zur Seite. „Ich weiß gar nicht was du meinst, Frau.“ Doch ihr Grinsen wurde bei dem motzigen Ton nur noch breiter. „Du magst vielleicht bei deinen Kriminalfällen gerne mal ein Brett vor dem Kopf haben, Kogoro Mori, aber was deine Tochter anbelangt, so bist du aufmerksamer als jede Mutterkuh.“ Das Rot auf seinen Wangen verstärkte sich, hielt jedoch nicht lange an, stattdessen löste er seine verschränkten Arme, legte seine Hände offen auf den Tisch und schaute sie ernst an. „Du denkst also auch, dass er sich an mein Mausebein ranmacht?“ Eri lächelte kurz. „So würde ich es jetzt zwar nicht ausdrücken, aber ja, wobei ich auch sagen muss, Kogoro, auch Ran ist nicht ganz unbeteiligt an der ganzen Sache.“ Die Lippen des Detektivs wurden schmal, noch immer wich er ihrem Blick aus. „Die Art und Weise, wie sie ihn ansieht, mit ihm umgeht, spricht und sich um ihn sorgt. Ich bin mir sicher, das ist dir auch schon aufgefallen, mein Lieber.“ Ein gegrummeltes „Und wenn schon“ war alles, was sie von ihm als Antwort bekam. „Das war der Grund, warum ich den Fall überhaupt angenommen habe und warum ich hoffe, dass ich mich irre in William Bell. Dass er wirklich unschuldig ist… in allen Anklagepunkten. Ich habe sie schon lange nicht mehr so gesehen, Kogoro.“ Sie schluckte, brach den Blickkontakt mit ihrem Mann. „Nicht, seit-„ „Ich weiß.“ Er seufzte, fuhr sich durch die Haare, ließ sie zerzaust zurück. „Ich weiß.“ In seinem Magen grummelte es, er musste sich beherrschen nicht sauer aufzustoßen bei dem Gedanken an ihn. Er hatte keine Ahnung, warum Ran sich damals unbedingt in diesen Möchtegern-Detektiv hatte verlieben müssen, noch schlimmer, warum sie immer noch an ihm hing. Na ja… bis jetzt, zumindest. Er, der seine Nase so tief in Angelegenheiten stecken musste, die ihn nichts angingen, bis er dafür zahlen musste. Auch wenn alle ihm immer beteuerten, wie sehr er damals versucht hatte, Ran aus seinem Schlammassel heraus zu halten, so war sie es doch, die gelitten hatte, die ganzen Jahre über. Es hatte vor Bell schon viele andere gegeben, Männer, die er vielleicht sogar irgendwann an ihrer Seite akzeptiert hätte, doch das Herz seines kleinen Mädchens hing noch immer an ihm. Keiner hatte sie für sich gewinnen können, schließlich glaubte sie noch immer, dass er lebte. Er hatte oft versucht, es ihr zu erklären, behutsam und manchmal auch streng, schließlich machte sie sich mit ihrer Warterei ihr Leben kaputt. Doch Ran sagte nichts zu Fakten und Beweisen, versuchte sich nicht mit ihm zu streiten sondern schenkte ihm nur ein trauriges Lächeln. „Das verstehst du nicht, Paps.“ Er schluckte, fuhr sich durchs Haar und blickte dann zu seiner Frau, für einen kurzen Moment hatte er vergessen, dass Eri noch da war. Doch die sagte nichts zu seinem Schweigen, beobachtete ihn nur während er vor sich hin brütete. „Glaubst du, sie hat vielleicht Recht?“ Seine Stimme war rau, langsam schaute er auf, erkannte sofort das seine Frau die Frage verstand, die er einfach so in den Raum geschmissen hatte. Der Detektiv biss sich auf die Lippen, zernagte sich dabei seinen Bart, während er auf eine Antwort wartete. Eri zögerte, wählte ihre Worte mit Bedacht. „Ich weiß es nicht, Kogoro. Es ist unmöglich, nach all dem, was wir wissen… aber wir reden hier immerhin von Shinichi Kudo.“ Ein bitteres Lächeln huschte kurz über ihre rot geschminkten Lippen, blieb von Mori jedoch unbemerkt, der sich langsam die Schläfe massierte. „Ran hatte, was ihn anbelangt schon immer einen sechsten Sinn, selbst als kleinen Dreikäsehoch hatte sie ihn ständig auf dem Radar.“ Die beiden Eltern schwiegen kurz, mussten offensichtlich erst jeder für sich verdauen, zu welchem möglichen Ergebnis sie grade gekommen waren. Entweder dieser daher gelaufene Amerikaner hatte wirklich geschafft, was keiner der Männer vor ihm erreicht hatte, oder aber er war zu ihr durchgedrungen, weil er es schon immer konnte. Nur wie? Die Sache hatte damit geendet, dass sie sich gegenseitig auf dem Laufenden halten würden, nur mit Mühe und Not hatte er Eri davon abgehalten, ihm etwas „Anständiges“ zu kochen. Da hätte er eher noch seine Börse geplündert und wäre mit ihr ausgegangen, doch die Einladung hatte sie dankend abgelehnt und war gegangen. Er konnte es verstehen, auch ihm war der Appetit nach diesem Gespräch gehörig vergangen. Kogoro seufzte schaute erneut zu seiner Tochter, die schon wieder mit ihrem Handy zu Gange war. Der Tag heute hatte es seinem zermarterten Kopf nicht grade leichter gemacht. Ran bemerkte die Blicke ihres Vaters nicht, ihre Finger flogen über die Tasten ihres Handys, zwischen ihren Augenbrauen machte sich eine kleine Sorgenfalte Platz, als sie erneut ihren Posteingang abrief. Leer. Sie hatte die Nachricht gesendet während sie mit Bell darauf gewartet hatte, ins Zimmer zu kommen, nur wenige Wortet die ihr doch den ganzen Tag im Nacken gesessen hatten, weil es so gar nicht zu ihnen passte. Wieder Tippte sie sich durch ihre SMS, sah erneut dass sie gesendet worden war und auch schon als gelesen markiert wurde. … Empfänger: Ayumi Yoshida, Genta Kojima, Mitsuhiko Tsuburaya Text: Wo seid ihr? … Der Tee vor ihren Nasen war schon lange kalt und auch der Kuchen, den ihnen der Professor noch bei der Bäckerei um die Ecke geholt hatte, war nur halb aufgegessen. Selten war das sogenannte „Hauptquartier“ der Detektiv Boys so schweigsam, Agasa hatte lange bei ihnen gesessen und darauf gewartet, dass einer der Drei zu reden anfing. Keiner wusste, wie lange es gedauert hatte, ehe der alternde Wissenschaftler sich verabschiedet hatte, mit den Worten, er wäre in seiner Werkstatt, wenn sie ihn bräuchten. Die Gesichter der Oberschüler hatten ihm verraten, dass sie einen Fall hatten, der sie bis an ihre Grenzen trieb. Es war mehr als nur Ehrgeiz, das Rätsel allein lösen zu wollen, mehr als Verschwiegenheit, weil die Polizei sie darum gebeten hatte. Ein bitteres Lächeln schlich sich unter den schneeweißen Bart des Erfinders, Agasa kannte diesen Gesichtsausdruck, nur zu gut. Er schluckte, erneut versuchte Mitsuhiko die Trockenheit in seinem Hals zu bekämpfen, sein Blick huschte zu Ayumi. Der Tee hatte wieder etwas Farbe in ihr Gesicht zurück gebracht, doch von Mal zu Mal erkannte er, wie die Oberschülerin kurz zitterte. Zwei Tage war es nun her, dass ihnen ihr eigentlich toter Freund über den Weg gelaufen war und dennoch hatte keiner der Drei auch nur ein Wort darüber verloren. Nervös knetete er seine Hände, bemerkte den Film kalten Schweißes, der sich auf seinen Handinnenflächen gebildet hatte, schaute erneut zu seiner Klassenkameradin auf. Er ahnte nur zu gut, was in ihr vorging… dennoch, nur mit Schweigen kamen sie nicht weiter. „Was-…“, seine Stimme war heiser, erst als er sich räusperte, schauten die anderen beiden Mitglieder der Detective Boys auf. „Was meint ihr... weiß der Professor Bescheid?“ Eine gute Frage fand er, nah am Thema und dennoch nicht so nah, dass er gleich mit der Tür ins Haus fiel. Außerdem etwas, das geklärt werden musste - wenn sie Antworten wollten, mussten sie erst wissen, woher sie sie bekommen konnten. „Er stellt ihm immer eine Kerze hin, wenn er zu Ai geht.“ Selbst Gentas Stimme klang belegt, doch mit dem Reden wich die Kälte im Raum, die alle drei bisher anscheinend schockgefroren hatte. „Stimmt schon… aber.“ Ayumi schluckte, schaute vorsichtig in die Runde und sprach dann weiter. „Habt ihr bemerkt, wie er uns angesehen hat, als wir rein kamen? Als wüsste er, womit wir uns herum schlagen.“ „Das ist wahr… aber das könnte genauso gut für den Fall gelten. Er weiß ja, dass wir an den Morden dran sind, mit Sicherheit lässt sich also nichts sagen.“ Wieder kehrte Stille ein, weit waren sie ja nicht grade gekommen. „Sollten wir es ihm sagen? Seinen Eltern? Die müssen es doch wissen, oder? Er kann doch nicht- nicht so einfach verschwinden und nicht mal ihnen sagen, dass er noch lebt. So grausam kann er doch nicht sein, oder? Wir- wir dachten doch alle… Heiji sagte doch-…“ Sie biss sich auf die Lippen, kniff die Augen zusammen und versuchte die Bilder zu verdrängen, die plötzlich ihren Kopf überfluteten. Die Blicke der beiden männlichen Mitglieder trafen sich kurz, ehe jeder für sich in ungeliebten Erinnerungen zu versinken schien. „Warum… warum macht er so etwas?“ Ihre Stimme zitterte und dennoch lag in den wenigen Worten noch so viel mehr, Wut, Schmerz und Trauer. Die Frage schwebte in der Luft, schien alle anderen Laute zu verschlucken, die Antwort aber fand keiner der drei in dieser schier endlosen Stille. Erst Gentas Schnauben, als der sich ratlos durchs Gesicht fuhr, brachte wieder Bewegung in die Gruppe. „Nun… wir können es jedenfalls keinem erzählen ohne einen Beweis, ich fürchte nämlich, dass diese Geschichte nur schwer zu glauben ist.“ Mit einem nachdenklichen Nicken gab ihm sein Gegenüber recht, knetete unruhig die Hände in seinem Schoß, während sein Blick auf dem Boden Halt suchte. „Stimmt… außerdem sollten wir behutsam vorgehen, nach allem, was passiert ist.“ Mitsuhikos Stimme war belegt und wurde immer leiser während er sprach. Genta schluckte, nickte dann, ehe er leise zu sprechen begann, eher feststellte als fragte. „Wir haben also einen Fall.“ Sein Freund schaute auf erkannte den Ernst in seinen Augen. Seine Worte waren kaum zu hören, als er Genta Recht gab. „Wir haben einen Fall.“ Die langsam wohlbekannte Ruhe schlich sich unter ihre Haut, stellte die feinen Härchen auf ihren Armen auf. Keiner konnte sich so wirklich mit dem Gedanken anfreunden, eine hatte bisher nur mit einem kurzen Zusammenzucken auf die Äußerung der Detektive reagiert. Die Oberschülerin starrte in ihre Teetasse, unfähig ihren Blick von ihrem bräunlich trüben Spiegelbild zu wenden. Erst Mitsuhikos vorsichtige Frage ließ sie auf sehen. „Ayumi?“ Mit einem kurzen Blinzeln vertrieb sie das Wasser aus ihren Augen, dennoch blieb das Blau weiterhin trüb, während ihr Blick wieder zu Boden wanderte. „Ich…“ Sie stockte, wusste nicht genau ob und wie sie beginnen sollte. „Was- was ist mit Ran?“ Sie sah wie die beiden Jungs kurz zusammenzuckten, wusste, dass sie beide auf dem falschen Fuß erwischte, denn ganz sicher waren ihnen diese Gedanken auch schon durch den Kopf gegangen. Ihre gemeinsame Freundin, ihre Lehrerin, hatte mehr gelitten als sie alle zusammen. Seine Lügen, sein Geheimnis und sein Schweigen hatten ihr zugesetzt, hatte sie zweifeln lassen an allem was er ihr je bedeutet hatte. Jetzt hinter ihrem Rücken Nachforschungen anzustellen, sie anzulügen, wenn sie fragte, was sie tun sollte, ganz einfach zu schweigen… das war nicht richtig. Ayumi schluckte, ihre Stimme war rau, zitterte aber nicht, sondern wurde mit jedem Wort das sie Sprach lauter, bestimmter und aufgebrachter. „Sie sollte es doch wissen. Auch wenn wir keine Beweise haben, wir haben ihn gesehen, gesehen! Sie…“ „- sollte sich keine falschen Hoffnungen machen Ayumi.“ Mitsuhikos Worte bremsten sie aus, seine leise Stimme reichte aus um sie zum Schweigen zu bringen. „Solange wir nicht wissen, wieso er das getan hat und was noch an dieser ganzen Sache hängt, sollten wir sie da nicht mit hinein ziehen.“ Die beiden Jungs hielten ihrem Blick stand bis sie nickte, der Kloß wollte jedoch nicht so leicht verschwinden. Sie meinten es ja gut, wollten nicht das Ran in Gefahr geriet, sich Gedanken machte über Dinge, die sie nicht ändern konnte. Ein kurzes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Sie hörte wie Genta und Mitsuhiko begannen, Pläne zu schmieden, und dabei langsam auftauten. Ihr Blick aber fiel erneut auf ihr Handy, das mittlerweile stumm neben ihr auf dem Sofa lag. Mit einem unterdrückten Seufzen nahm sie es in die Hand, drehte es leicht hin und her, doch dem Spiegelbild, das sie vorwurfsvoll ansah, konnte sie nicht entgehen. Es hatte bereits zu Dämmern begonnen, als die beiden Detektive sich im Polizeirevier wieder fanden. Die Formalitäten im Krankenhaus hatten länger gedauert als erwartet und Megure ließ es sich nicht nehmen, sich noch einmal in aller Form bei Bell zu entschuldigen. Der aber hatte nur abgewunken und sich stattdessen dafür bedankt, wieder an dem Fall teilhaben zu können, als Ermittler, selbstverständlich. Da sie warten wollten, bis sie sämtliches Material zusammen hatten, war die Fallbesprechung für den nächsten Tag angesetzt worden. Während der dickliche Hauptkommissar Takagi zu seiner Familie entlassen hatte und selbst zu seiner Frau nach Hause fuhr, war für die beiden Detektive noch lange nicht Schluss. Schon während sie im Krankenhaus auf Megure warteten, der noch mit den Beamten sprach, die Nachtwache hatten, hatte Bell Heiji deutlich gemacht, dass es da noch etwas gab, das er gerne überprüfen wollte. Auf der Fahrt ins Präsidium aber hatte sich Kudo ausgeschwiegen, still aus dem Fenster gestarrt, während sein Fahrer nur die Augen gerollt hatte. Er hatte sich wirklich bemüht, hatte versucht, sich zusammenzureißen, da er ganz genau wusste, wie sein Freund tickte. Doch als sie dann endlich allein in dem kleinen Büro wahren, welches man für bezirksfremde Beamte eingerichtet hatte, platzte dem Kommissar der Kragen. „Klärst´de mich denn jetzt bitte mal auf, Kudo? Ich weiß nich, was de noch suchst, wir haben doch schon alle Akten durchkämmt, oder traust´de etwa der japanischen Polizei nicht mehr?“ Shinichi verkniff es sich, auf den blöden Kommentar seines Kollegen zu antworten, warf ihm jedoch kurz einen bösen Blick zu, ehe er seinem Blick wieder dem PC zuwandte. Hattori hatte sich mit seinen Angaben und Passwort eingeloggt, sodass er endlich ein wenig mehr Einsicht in die Datenbanken der Polizei hatte. Er gab etwas ein und ging auf Suche, ehe er sich erneut zu seinem Freund umdrehte und in leicht genervten Tonfall antwortete. „Erstens heißt das Bell. Von mir aus auch noch William oder, wenn du so willst, Professor.“ Er grinste kurz, doch Heiji machte ihm mit einem Blick klar, dass er sich den Professor abschminken konnte. „Und zweitens geht es nicht darum, dass ich glaube, dass die anderen nicht gut genug recherchiert haben, es geht mir vielmehr darum, wo sie gesucht haben.“ „Wo?“ „Ja, wo. Das war es auch, was ich vor meinem kleinen kostenlosen Hotelurlaub bei der letzten Fallbesprechung mit den Kindern klar machen wollte, allerdings haben Sie mich leider damals an der Stelle unterbrochen, werter Herr Kommissar Hattori.“ Heiji aber verdrehte nur die Augen. „Jedenfalls ging es mir um die Reaktion von Ayas Vater, kam dir der Mann nicht auch irgendwie seltsam vor?“ Mit dieser Frage schaute er Hattori an, der nun nachdenklich die Hand ans Kinn legte und laut zu Überlegen begann. „Mhm… nun er hat grade seine Tochter verloren, da is wohl keiner ganz normal, auch wenn de schon recht hast damit, dass er seine Frau sehr bevormundet hast, aber ich nehm nich an, dass es das is, worauf de hinaus willst?“ Shinichis Grinsen huschte kurz über Bells Gesicht, verschaffte dem Osakaner eine Gänsehaut, ehe er langsam den Kopf schüttelte. „Nah dran, aber nein. Versuch dich mal genau an seine Reaktion zu erinnern, als wir ihm das Bild des ersten Opfers gezeigt haben.“ Der Kommissar ließ sich nach hinten sinken, stützte sich mit den Händen am Tisch ab während sein Blick nachdenklich an die Decke ging. „Er wusste nicht, wer es war… und als seine Frau ihn dann erkannte, wirkte er irgendwie nervös, fast so, als ob er nich wollte, dass wir wissen, das die beiden sich kannten und in dem Café getroffen haben.“ Shinichi nickte bedächtig, fing den Blick seines Kollegen auf. „Ganz recht. Ich habe es auch erst darauf geschoben, dass er einfach nicht wahrhaben wollte, dass seine Tochter zum Opfer eines Serienmörders geworden ist, der vielleicht einfach wahllos tötet. Aber dann hat er etwas anderes gesagt, das mich stutzig gemacht hat.“ Heiji beobachtete, wie Bell sein kleines Notizbuch aus der Jacke kramte, nach kurzem Blättern hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte. „Zum einen hat Herr Moto ziemlich lange um den heißen Brei herum geredet als wir nach dem Namen des Cafés gefragt haben, er hat uns etwas genannt, von dem er glaube es wäre ein ausländischer Name, den er weder richtig lesen noch aussprechen konnte. Als ich ihn dann fragte, ob er mit seinem Gestammel vielleicht „New live“ meinen könnte, sagte er, dass Englisch noch nie seine Stärke gewesen wäre, dass er es nie in der Schule gelernt hätte. Nun frage ich dich aber Hattori, woher wusste er-„ „Das es Englisch war.“ Heijis Augen waren groß geworden, entgeistert starrte er seinen Kollegen an, fasste sich als er langsam weiter sprach. „Wenn er´s wie er behauptet nie gelernt hat wieso hat er die Sprache dann erkannt, es hätte leicht Französisch oder sonst was sein können.“ Auf Bells Lippen breitete sich ein kurzes Lächeln aus. „Genau. Er hat uns angelogen, die Frage ist also, wieso? Wieso will er nicht, dass wir wissen, dass die beiden Opfer sich gekannt haben? Ein Vater möchte doch normalerweise, dass der Mord am eigenen Kind so schnell wie möglich geklärt wird. Irgendwas muss ihn stören, ihn so belasten, dass er es lieber in Kauf nimmt, den Mörder davonkommen zu lassen, solange wir nur nicht weiter in diesen Gewässern fischen. Die einzige Möglichkeit, die sich mir in dieser Hinsicht aufdrängt, ist das es um seine Tochter um Aya selbst geht. Von ihr wissen wir nicht viel, eine gute Schulausbildung, dann ein abgebrochenes Jurastudium und bis vor kurzem arbeitete sie in dem kleinen Lebensmittelladen.“ Heiji nickte bedächtig, doch seine Stimme war noch immer skeptisch. „Ein ziemlich abrupter Lebenswandel, Kudo, da haste Recht… aber wir wissen nicht, warum. Was zwischen ihrem Studium und ihrem Job passiert ist… diese Lücke, darum muss es gehen.“ Die Brauen des Kommissars zogen sich fragend zusammen. „Aber was sollte das mit der Verbindung zum ersten Opfer zu Shikata zu tun haben? Das einzige, was wir von ihm wissen, ist das er Arzt war und-…“, Hattoris Augen wurden groß, bis dann ein wissendes Lächeln über seine Lippen huschte. „Heilige Scheiße…“ Shinichis Grinsen wurde breiter. „Ja, so kann man´s auch ausdrücken.“ Doch der Kommissar ließ sich von seinem Freund nicht irritieren. „Verdammt, du kannst Recht haben Kudo, und wenn… kein Wunder, dass wir bisher keine Verbindung zwischen ihnen gefunden haben.“ „Ganz genau. Denn dort sucht man nur, wenn man ganz genau weiß, mit wem man es als Opfer zu tun hat, wenn man erahnt, warum der oder diejenige erschossen vor einem liegt und man nach einem möglichen Täter Ausschau halten muss.“ Er drehte sich um, beide Detektive hatten ihren Blick nun auf den Computer Monitor gerichtet, der noch immer mit einem Suchprozess zu Gange war. Gespannt beobachteten die beiden, wie die Prozentzahl der durchsuchten Ordner langsam stieg. Als sie die 100% erreicht hatten hielten beide kurz die Luft an, bis sich plötzlich drei Fallakten auf dem Bildschirm zeigten. Heiji klopfte seinem Freund auf die Schulter, seine Lippen zu dem Lächeln verzogen, das schon einigen Kriminellen das Fürchten gelehrt hatte. „Sieht ganz so aus, als hätten wir unsere Verbindung gefunden.“ Shinichi nickte, schaute auf die drei Ordner vor ihm, die sauber und ordentlich die Namen ihrer jetzigen Opfer trugen. Die beiden Detektive arbeiteten bis spät in die Nacht. Dutzende von Kaffeebechern stapelten sich bereits auf dem Tisch. Doch an Schlaf war für sie beide noch nicht zu denken, sie waren zu nahe dran. Schließlich hatten sie endlich einen Anhaltspunkt, eine Spur, dessen Faden sie nun verfolgen konnten, bis sich die Schlinge um den Hals des Täters immer enger zog und sie diesen grauenhaften Morden endlich ein Ende machen konnten. Nur nicht heute Nacht. Schon längst hatte sie sich an die harten Bettlacken des Krankenhauses gewöhnt, wusste, dass es die Bleichmittel waren, die die Baumwolle so hart werden ließen. Alles, nur damit für den nächsten „Gast“ alles wieder sauber, frisch und weiß aussah. Sie schauderte, ließ sich tiefer in die ungeliebten, aber warmen Laken sinken und versuchte den Gedanken daran zu verdrängen. Sie lauschte in die Nacht, vor ihrem Fenster hatte Japan längst die Dunkelheit eingeholt, doch hier drin schien es heller zu sein, die vielen kleinen Lichter der Notschalter, Lichtschalter und auch der Spalt unter dem Türrahmen, tauchten ihr Zimmer in ein geisterhaftes Licht. Sie seufzte, merkte wie ihr das Schlucken noch immer schwer fiel und berührte die dicke Mullbinde an ihrem Hals. Bilder kochten in ihr hoch, die dünne Schnur schnitt ins Fleisch, war fest gespannt und forderte das letzte bisschen Kraft, solange bis alles ruhig, schlaff und leblos war. Sie unterdrückte einen Aufschrei, presste sich die Hände vor die Augen, bis sie vor ihrem inneren Augenlid Sterne funkeln sah. Langsam versuchte sie, tief einzuatmen, ließ sich Zeit, damit das Gas ihre Lunge füllen konnte, wartete kurz, ehe sie die Luft genauso sanft wieder aus ihrem Gefängnis entließ. Ihr Atmen und ab und an der Beamte auf dem Flur waren ihre einzigen Begleiter in dieser Nacht. So unwohl sie sich auch fühlte, umgeben von Krankheit und Tod, so wusste sie doch, dass sie jetzt nicht in diesem warmen Bett liegen könnte, nicht noch den Geschmack ihres Tees auf der Zunge haben würde, wenn er nicht gewesen wäre. Bell hatte sie gerettet. Und ein Blick in die Runde hatte ihr verraten, dass sie ihn schnappen würden, dass sie hier sicher war und nichts mehr passieren konnte. Sie ließ es zu, als ihre Augen langsam schwer wurden, Müdigkeit und nicht zuletzt auch die Beruhigungstablette, die man ihr gegeben hatte, forderten jetzt ihren Tribut, dem sie nur zu gerne nachgab. Ein tiefer, traumloser Schlaf hüllte sie in seine Decken, eine Ruhe in der weder Zeit noch Raum existierten. So wusste sie nicht, ob es Sekunden, Minuten oder Stunden waren, als sie der erste Alptraum überfiel. Sie war umgeben von Dunkelheit, spürte wie das tiefe Schwarz um sie herum sie langsam zu erdrücken schien. Sie bekam keine Luft mehr. Ein stummer Schrei ging über ihre Lippen, dann der nächste und der folgende, doch sie alle blieben ungehört. Vor ihr begannen auf einmal Blitze zu zucken, als würde sie in einem Gewitter festsitzen. Der Druck in ihrer Lunge wuchs, heiße Tränen rannen ihr die Wange hinunter und hinter ihrer Stirn hämmerte es pochend im Takt der zuckenden Blitze am Horizont. Doch weder hörte sie einen Donner, noch hörte irgendjemand ihre Schreie, erst als sie das Rufen schon längst aufgegeben hatte, wurde es ruhiger. Der Gedanke an Luft war verschwunden, und auch die Blitze und der Schmerz wichen der Dunkelheit, die sie willkommen in ihre Arme schloss, bis es endlich still war. Hallo ihr Lieben, na das Kapitel passt doch zu einem Freitag den 13. ;) Ich hoffe wie immer es hat euch gefallen! Ich weiß ihr wartet schon alle ungeduldig auf Ran und ich kann euch beruhigen, nachdem wir Heiji ja nun ab gefrühstückt haben kommt alles andere langsam in gang. Wie immer geht mein Dank an alle Kommentatoren ^///^ ich freu mich wirklich sehr über eure Meinung! Aber auch mal ein dickes Dankeschön möchte ich hier für über 50! Favoriten los werden! Es Freut mich wirklich euch alle dabei zu haben! Danke ^//^ Wie immer bin ich natürlich auch jetzt gespannt auf eure Meinung zu dem Kapitel. Ganz liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 19: Wasser und Seife ---------------------------- Wasser und Seife Der Geruch von Kaffee war das Erste, was er nach der Dunkelheit des Schlafes wahrnahm. Der Osakaner schluckte, seine schmerzenden Schultern erinnerten Heiji bald daran, dass er die Nacht nicht in seinem gemütlichen Hotelbett verbracht hatte, sondern auf einem der alten Sofas des Polizeireviers. Sie beide hatten so lange an den alten Falldaten gesessen, dass es sich einfach nicht mehr gelohnt hatte, noch irgendwo hinzufahren, um zu schlafen. Zum Glück aber bot das Polizeihauptquartier genügend Schlafgelegenheiten, die den erschöpfen Beamten nach einer Nach voll Arbeit und Observationen nur reichlich willkommen waren. Leider entpuppte sich das, was man in der Nacht zuvor noch als weiches Himmelbett gesehen hatte, am Morgen danach als das, was es war, ein Sofa, das schon so durchgesessen war, dass einem die Sprungfedern ins Fleisch stachen. Doch selbst sein schmerzender Rücken konnte das Grinsen im Gesicht des Kommissars nicht trüben - endlich, endlich hatten sie was in der Hand. Die schlaftrunkenen Augen des Beamten wurden mit einem Mal groß. Erneut schaltete Heiji seine Sinne ein, roch den Kaffee und hörte Papier rascheln. Mühselig grub er sich aus dem Sammelsurium von Decken und Kissen, die sie beide wie die Eichhörnchen gestern noch gehortet hatten, er musste nicht lange suchen, ehe er seinen Freund am Tisch sitzen und Zeitung lesen sah. Oder besser, Bell. Der hatte bemerkt, dass der Kriminalkommissar von den Toten auferstanden war, schaute nun mit einem leichten Grinsen auf den Lippen über seine Brille hinweg. „Morgen, Hattori.“ Seine Hand glitt von der Zeitung zu einem der Kaffeebecher, schob ihn auf dem Tisch ein Stück in Heijis Richtung. „Kaffee?“ Der Kommissar nickte nur, schlüpfte in seine Schuhe, ging zu ihm und schaute in den braunen Pappbecher. Ganz klar kein Kaffee aus dem Revier. Das hieß, das Zeug könnte vielleicht halbwegs trinkbar sein, und gut genug, um den Geschmack von Schlaf aus seinem Mund zu spülen. Er beäugte seinen Kollegen, überflog ein paar der Schlagzeilen, die er von hier aus sehen konnte und stellte fest, dass die Zeitung von heute war. „Wie lang biste`n schon wach?“ Bells Augenbrauen zogen sich zusammen, ehe er mit einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr antwortete. „Anderthalb Stunden etwa. Viertelstunde zu Matsuda, Viertelstunde wieder zurück und eine Stunde Fassade auffrischen.“ Er grinste kurz, ließ es jedoch bald, als er den noch immer bohrenden Blick seines Freundes bemerkte. „Was?“ Wieder ließ ihm Bells Stimme eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Nachdenklich schaute er sich das Gesicht des Professors nun genauer an, wer immer diese Dinger für Kudo auch machte, kannte sich aus. Nichts verriet, das diese Haut tot war, sich nur fest an etwas Lebendiges klammerte, um den Halt in dieser Welt nicht zu verlieren. „Du weißt, dass das gruslig is oder?“ Shinichi zog die Brauen hoch, verdrehte die Augen und wandte den Blick aus dem Fenster. „Ich mein ja nur, Conan… warst wenigstens noch du, eben nur nen Meter kürzer, aber das?“ Bell seufzte, legte seine Zeitung nun endgültig beiseite und beäugte die Reste seines vermutlich mittlerweile kalten Kaffees. Er würde ihn ja doch nicht in Frieden lassen damit. „Was willst du jetzt hören, Hattori? Soviel kann ich dir sagen, das hier war nicht meine Idee.“ Er machte eine kurze Gestik an sich hinunter, ehe er weit weniger aufgebracht weitersprach. „Auf der anderen Seite könnte ich ohne diese Silikonpackung wohl kaum auf die Straße gehen, oder?“ Heiji nickte kurz, und es wurde wieder ruhig zwischen den beiden. Ohne groß darüber nachzudenken widmete sich der Detektiv wieder seiner Zeitung, nicht ahnend, dass für Hattori die Sache noch lange nicht abgeschlossen war. „Sie sind also noch da.“ Sofort hatte sich die Haltung des Amerikaners versteift, Heiji erkannte, wie er schluckte, ganz bewusst seinen Blicken auswich. „Kudo. Was weißt du?“ Der Oberschüler biss sich auf die Lippen, merkte wie sich das Latex auf seiner Stirn spannte, weil er sie in Falten legte. Langsam befreite er sich aus dem Griff von Heijis Augen, wich seinem Blick aus. „Wir sollten zusammenpacken…“ Damit stand er auf, verließ ihr kleines Übernachtungsquartier und machte sich auf den Weg in das Büro, in dem sie die Akten und Notizen hatten, die sie für heute brauchen würden. Heiji hörte die Schritte seines Freundes auf dem Flur, bis eine andere Tür sich hinter ihm wieder schloss. Er hatte sich damals nicht rausgehalten und er würde es auch jetzt nicht tun. Ob er wollte oder nicht, Kudo hatte keine Wahl früher oder später würde er mit ihm darüber reden, so wie er es früher auch getan hatte. Heiji musste nur eines tun, etwas, dass ihm eigentlich gar nicht lag. Grade als sie zusammengepackt hatten und Heiji beschlossen hatte, kurz bei Kazuha vorbei zu schauen, die schon gefühlte hundert Mal versucht hatte, ihn auf dem Handy zu erreichen, klingelte eben dieses. Der Kommissar warf Shinichi einen beunruhigten Blick zu, ein so früher Anruf Megures konnte nichts Gutes bedeuten. Heiji ging dran, der Hauptkommissar auf der anderen Seite der Leitung hielt sich nicht lange mit Höflichkeiten auf sondern kam gleich zur Sache, was Hattori überdeutlich kommentierte. „WAS?!“ Shinichi beobachtete, wie das Gesicht seines sonst so dunklen Freundes einen Tick heller wurde, bis sich seine Miene schlagartig verdunkelte. Der Osakaner unterdrückte ein Fluchen, hatte seine Stimme ansonsten jedoch wieder im Griff. „Wie konnte das passieren? Was is mit Kameras? Haben se-„ Bell erkannte, wie Heiji schluckte, offensichtlich unterbrochen wurde und nur noch kurz Antwort gab, ehe er auflegte. „Is gut, wir sind unterwegs.“ Shinichi schaute seinen Freund lange an, der noch immer leicht benommen auf sein Handy starrte, er musste nicht erst fragen, wusste genau, was Heiji grade erfahren hatte. „Sie ist tot.“ Jetzt erst schaute Hattori ihn an, Entsetzen und auch ein klein wenig Schuld waren zu lesen, ehe sich sein Blick verhärtete und er langsam nickte. Shinichi nahm seinem Freund den Schlüssel aus der Hand schob sich an ihm vorbei Richtung Ausgang. „Ich fahre. Komm los, bevor die Spurensicherung alles zunichtemacht.“ Die Fahrt zwischen den beiden Detektiven verlief schweigsam, Shinichi hatte keine große Mühe, sich in die Straßen von Tokio einzufinden. Immer wieder ging sein Blick zu Heiji, doch erst als sie am Krankenhaus angekommen waren und sein sonst so temperametvoller Freund immer noch schwieg, versuchte er sein Glück. „Hattori, du-„ „Spar`s dir, Kudo. Ich weiß.“ Der Osakaner seufzte, vergrub die Hand in seinem dunklen Haaren, zerzauste die ohnehin ungekämmten Strähnen nur noch mehr. „Ich weiß, dass ich nich schuld bin, auch wenn wir`s vielleicht hätten verhindern können, wenn ich Bell ne Chance gegeben hätte… dir ne Chance gegeben hätte.“ Der Angesprochene aber zog nur die Augenbrauen zusammen, schüttelte abwehrend den Kopf. „Und selbst wenn, Hattori, sie stand heute Nacht unter Polizeischutz, eigentlich konnte niemand raus und niemand rein.“ Für einen Außenstehenden mochte es so aussehen, als würde am Tatort heilloses Durcheinander herrschen, doch wer sich diesen Ameisenhaufen genauer ansah, erkannte gleich Struktur darin. Auf der einen Seite des schmalen Flurs hatte sich ein kleines Grüppchen von Ärzten und Pflegepersonal um Inspektor Takagi eingefunden, der Person für Person durchging und auf seinem Notizblock aufzeichnete, wann wer Dienst gehabt hatte und ob irgendwem in dieser Nacht etwas aufgefallen war. Kommissarin Sato hatte sich in eines der Zimmer zurückgezogen, das ihre Welt durch eine Glaswand von dem Chaos draußen trennte. Man konnte nicht verstehen, was sie sagte, doch ihre strengen Züge und die leicht aus der Form geratene Frisur verriet, dass sie für den Beamten, der die vergangene Nacht Wache geschoben hatte, nicht nur freundliche Worte übrig hatte. Hauptkommissar Megure unterhielt sich grade mit dem Krankenhausvorstand, während ein wachendes Auge immer auf den Leuten von der Spurensicherung lag. Erst als er die beiden Detektive auf sich zukommen sah, ließ er sich entschuldigen, um Heiji aufzuklären. Der einzige Ruhepunkt in diesem Gewirr von Menschen war sie. Wenn man es nicht besser wusste, so hätte man es für ein Fotoshooting halten können, so wie die Beamten das regungslose Modell ablichteten, um ihre Position festzuhalten, ehe der Pathologe seine Arbeit machen konnte. Matsudo nickte Bell kurz, zu als dieser eintrat, doch Shinichi erwiderte die Begrüßung nicht, sein Blick hing auf ihr, die sich vom Getümmel um sie herum nicht beeindrucken ließ. Ihre Haut hatte einen ungesunden Glanz, während ihre dunklen Haare ihr strohig ins Gesicht hingen und es so beinahe bis zu ihren blassblauen Lippen verdeckte. Übersah man diese Dinge, die sich wie ein Leichentuch über Mira Kikuja gelegt hatten, sah es so aus, als würde sie schlafen. Doch bereits als Shinichi ein paar Schritte auf sie zuging, ließ sich das Bild von Tod und Gewalt nicht länger beschönigen. Ihre Augen waren weit aufgerissen, starrten auf ein für ihn unsichtbares Bild. Die Binde an ihrem Hals, die am Tag zuvor noch weiß gewesen war, zierte nun ein kleiner roter Streifen, der verriet, wie wenig Material es gebraucht hatte, um ihr Leben auszulöschen. Shinichi schluckte, ließ den Blick erneut durchs Zimmer schweifen, ehe er sich endlich Heiji anschloss, der Hauptkommissar Megure aufmerksam zuhörte. „Jede Nachtschwester wurde von meinen Männern überprüft, es wurde gegen ein Uhr und dann erst wieder heute Morgen um sechs nach ihr geschaut. Angeblich die übliche Routine in solchen Fällen, da ihre Verletzungen nicht lebensbedrohlich waren, gab es keinen Anlass, öfter nach Fräulein Kikuja zu schauen.“ Heiji nickte, stellte ausgerechnet die Frage, auf die Megure offensichtlich am wenigsten gut zu sprechen war. „Wie hat es der Kerl dann an Ihrem Mann vorbei geschafft, Megure? Ich nehme doch an, dass Sie Wachen für den ganzen Abend hatten?“ Der Hauptkommissar nickte, schob sich leise grummelnd seinen Hut ein wenig tiefer ins Gesicht, während sein Blick kurz das Zimmer streifte, in dem Sato den Beamten befragte. „Ganz Recht. Um genau zu sein, kam es zu einem Wachwechsel um drei Uhr. Der Kollege von der Frühschicht sitzt grade bei Sato, der andere ist auf dem Weg hierher, um seine Aussage zu machen.“ „Wann genau wurde der Mord denn entdeckt?“ Bells plötzliches Einmischen brachte den Hauptkommissar kurz aus der Fassung, der schaute den Amerikaner eingehend an ,ehe ihm erneut bewusst wurde, dass dieser Mann wohl wirklich auf ihrer Seite stand. „Wie ich Kommissar Hattori eben erklärte, wurde die Leiche erst um 7:30 gefunden.“ Megure seufzte, sein Blick glitt zu Takagi, der noch immer das Personal befragte. „Die Untersuchung stand an. Die vorherigen Male hatte man nur kurz ins Zimmer geschaut und sich nichts weiter dabei gedacht, als die Patientin ruhig in ihrem Bett lag.“ Der Professor nickte kurz. „Wir wissen also nicht, ob sie nicht vielleicht schon tot war, als die Schwestern nach ihr geschaut haben.“ Der Hauptkommissar schüttelte nur den Kopf, ging den beiden voraus in das kleine Patientenzimmer, in dem der Pathologe seine Arbeit begann, nachdem ein Beamter der Spurensicherung ihn darauf aufmerksam machte, sich doch Handschuhe anzuziehen und dem etwas verdattert drein schauendem Doktor dann auch gleich welche reichte. Megure aber schüttelte nur mit einem Augenrollen den Kopf, an manchen Leuten nagte das Alter eben schon früher als an anderen. „Bisher nicht, nein. Ich hoffe allerdings, dass Dr. Matsudo uns gleich weiterhelfen kann, zumindest eine vorläufige Einschätzung würde uns derzeit durchaus reichen, Doktor.“ Der hatte bemerkt, dass Megure nun plötzlich mit ihm sprach, drehte sich aber nicht zu ihm um. „Nun hetzen Sie mich mal lieber nicht, werter Herr Hauptkommissar. Liege ich mit meiner Vermutung am Ende der Untersuchung falsch und muss ihnen dann später etwas anderes sagen, ist Ihnen das auch nicht Recht.“ Der Pathologe verschaffte sich einen groben Überblick, und machte gleich deutlich, dass es schwer zu sagen war, ob die Kampfspuren nun von der heutigen Nacht waren oder noch vom ersten Angriff des Täters stammten. Shinichi beobachtete die Vorgehensweise des Mediziners und erkannte gleich, wonach er Ausschau hielt. Matsudo überprüfte den Kiefer und den Nacken des Opfers, ging dann zu den Gelenken an Armen und Beinen über. Mit Hilfe zweier Beamter drehte er sie leicht auf den Bauch, sah sich die Totenflecken an, die gleichmäßig auf ihrem Rücken verteilt waren. Bells Augen folgten denen Matsudos, die Hämatom-ähnlichen Muster hatten eine leicht violette Färbung, allerdings waren die einzelnen Flecken bereits schon zu einer großen Fläche zusammen gelaufen, was dafür sprach, dass sie bereits mehr als zwei Stunden tot sein musste. Auch die noch leicht ins Rötliche gehende Farbe sprach dafür, denn erst wenn der Restsauerstoff aus dem Blut restlos abgebaut war, trat die intensive Blaufärbung auf. Der Pathologe seufzte, streckte die behandschuhten Finger von sich, als stünde er in einem OP und nicht an einer Leiche. „Kiefer und Nacken sind bereits steif, zusammen mit der Erscheinung der Totenflecken würde ich daher vier, vielleicht fünf Stunden ansetzen. Vorläufig.“ Die drei Ermittler nickten nur, ließen den Pathologen dann allein weiterarbeiten und zogen sich in eine kleine Nische des Gangs zurück um weiter zu sprechen. „Es passt zeitlich.“ Megure nickte, massierte sich leicht die Schläfe, während sein Blick erneut zu Sato glitt, die mittlerweile auch den Beamten aus der ersten Wache bearbeitete. „Sieht so aus. Wir müssen wohl abwarten, was Sato nachher zur berichten hat, laut dem, was die Frühschicht jedoch gesagt hat, ist der Wechsel reibungslos und ohne Zwischenfall genau vor dem Zimmer der Patientin verlaufen. Wie also sollte dieses Schwein an sie ran gekommen sein?“ Bell seufzte leise, vergrub seine Hände tief in den Taschen seiner Hose, während er sich in das Gespräch der beiden wieder einklinkte. „Fakt ist jedoch, dass es ihm gelungen ist, und nicht nur das, der Mörder muss auch genau gewusst haben, wo sich Ms. Kikuja aufgehalten hat. Ich denke, da sollten wir ansetzen, denn ich glaube nicht, dass diese Information vielen Personen zugänglich gewesen ist, nicht wahr, Hauptkommissar?“ „Stimmt. Daran haben wir auch schon gedacht. Deswegen habe ich Takagi gebeten, dem Personal das für sie zuständig war, ein wenig auf den Zahn zu fühlen.“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, ließen eine tiefe Kerbe entstehen. Die beiden Detektive tauschten Blicke aus, ehe Bell dem Osakaner zunickte, der mit einem Räuspern das Wort ergriff. „Bis wir genaue Ergebnisse von den Verhören und der Pathologie haben, sitzen wir also vorerst auf dem Trocknen. Richtig?“ Megure hob fragend eine Augenbraue, merkte anhand von Heijis Tonlage gleich, dass da noch mehr dahinterstecken musste. „Wenn wir also bisher noch nich klärn können wie er´s geschafft hat, den dritten Mord zu begehen, vielleicht sollten wir uns dann erstmal damit beschäftigen, einen vierten zu verhindern.“ „Und wie stellst du dir das bitte vor, Heiji? Es ist nicht so, als hätten wir genau das nicht schon die ganzen letzten Tage versucht.“ „Stimmt schon… aber bis jetzt konnten wir die Opfer ja auch noch nich eingrenzen.“ „Eben deswegen… Was?!“ Der Hauptkommissar schaute auf, fragte sich nicht zum ersten Mal, wie diese beiden es immer wieder schafften ihn so aus der Fassung zu bringen. „Bell… ich meine, der Professor und ich sind gestern auf die Verbindung zwischen den Opfern gestoßen. Eigentlich hatten wir sie schon die ganze Zeit in der Hand, wir haben nur nicht dort nachgesehen.“ „Wie? Was meinst du, Heiji?“ Der Osakaner rieb sich verlegen den Nacken, sein Blick fiel auf seinen amerikanischen Kollegen, während er sprach. „Eigentlich war´s ja er, der`s rausgefunden hat. Eine Bemerkung von Ayas Vater, war es, die auffiel. Ganz so, als schäme er sich für die Vergangenheit seiner Tochter. Es lag daher nahe, zu glauben, dass es etwas gab, das wir nicht wissen sollten über sie. Etwas ganz Entscheidendes.“ Bell nickte langsam, seine Stimme war ernst, als er die Erzählung des Kommissars fortsetzte. „Wir haben es hier mit Mördern zu tun. Unsere Opfer, jedes von ihnen war beim letzten Mal selbst Täter.“ Die Augenbrauen des Hauptkommissars verschwanden unter seinem Hut. „Was sagen Sie da?“ „Jedes unserer heutigen Opfer hat eine Kartei in unseren Akten und es gibt da durchaus ein paar Gemeinsamkeiten. Die Umstände der Morde waren so mildernd, dass sich das Gericht damals nur zu einer Freiheitsstrafe entschlossen hat, die alle drei ohne Auffälligkeiten hinter sich gebracht haben. Neben diesen Indizien gibt es zwei Dinge, die in unserem Fall nun ausschlaggebend sein könnten. Jedes unserer Opfer wurde auf die gleiche Art und Weise umgebracht, wie auch sie selbst den Mord damals begangen haben.“ Der Hauptkommissar nickte abwesend, zupfte nachdenklich an seinem Bart herum, während er sprach. „Das bedeutet entweder, dass unser Täter sich über die Zeitung über die Jahre hin weg informiert hat. Oder aber…“ „Er hat Einblick in eben diese Akten.“, bestätigte Heiji. „Das ist aber noch nicht alles.“ Shinichi schluckte, merkte wie Belegt sich Bells stimme plötzlich anhörte. „Die größte Verbindung, die unsere Morde heute aufweisen sind die Opfer von Damals…“ Während Megure den Amerikaner nur erwartungsvoll ansah, bemerkte Heiji zum ersten Mal, wie es aussah, wenn Shinichi hinter der Maske an Farbe verlor, allein die hellen Lippen und seine zittrige Stimme verrieten ihn. Der Osakaner selbst schluckte, sie hatten nicht mehr darüber geredet gestern Nacht, dennoch gefiel auch ihm nicht, wohin sich dieser Fall langsam entwickelte. „Alle waren in einem ähnlichen alter, um die 20.“ Bell schien endlich seine Stimme wieder gefunden zu haben. „Frauen. Und alle rothaarig.“ „Von Natur aus Rothaarig. Da das hier in Japan nicht allzu oft vorkommt, dachten wir dass es so deutlich einfacher wird, den Täter einzugrenzen.“ Heiji hatte sich eingeklinkt, geredet, viel und schnell, doch es hatte eine ganze Weile gebraucht, ehe Megure den Blick endlich von Bell abwandte und seinem Kollegen aus Osaka zuhörte, langsam nickte. „Das könnte uns in der Tat weiter bringen… Aber was ist mit dem Café? War es jetzt wirklich nur Zufall, dass alle drei der Opfer diesen Ort gemein hatten?“ „Nicht ganz. Wir haben uns gestern ein wenig über das Café, als auch über Ms. Kikuja informiert. Es war nicht leicht zu finden, da es in Foren unter vorgehaltener Hand thematisiert wird, aber Ms. Kikuja hat dieses Lokal nicht umsonst eröffnet. Viele haben nach der Haft Probleme, sich wieder in die Gesellschaft einzufügen, oft auch weil diese ihnen einfach keine Chance dazu gibt. Ihr ging es damals wohl ähnlich und als sie endlich auf eigenen Beinen stand, wollte sie auch anderen helfen, das Café war ihre Art, dies zu tun. „New live“ sollte allen einen Neustart bieten, die ihn nötig hatten. Ein Ort, an dem man nicht gleich urteilt und nicht allein mit seinem Problem ist. Seitdem ist es eher ein Insider zwischen den ehemaligen Häftlingen, ich schätze auch das Ms. Kikuja uns deswegen nichts weiter dazu gesagt hat, um ihr eigenes, aber auch die Gesichter ihrer Gäste zu wahren.“ „Schön… das heißt, wir müssen die Akten wälzen. Das ist ein ganzer Haufen Arbeit, der da auf uns zukommt.“ Der Beamte seufzte tief, ahnte jetzt schon was da für ein Papierkram auf ihn und seine Mannschaft zukommen würde. „Ähm. Hauptkommissar Megure.“ Doch der ignorierte den Mann von der Spurensicherung, der sich so rüde in ihr Gespräch eingemischt hatte. „Wir könnten wenigstens die streichen, die nicht in den Medien gelandet sind und wenn nicht, müssen wir wohl-„ „Hauptkommissar, ich denke das wollen Sie sich ansehen.“ „- wirklich davon ausgehen, dass der Mörder Einblick in die Falldaten hat. Nicht auszudenken.“ „Entschuldigung, bitte Chef, ab-„ „Ja, was denn zum Henker nochmal? Was wollen Sie, Hirata! Sehen Sie nicht, dass wir beschäftigt sind.“ Der Hagere Beamte war etwas zusammen gezuckt, fand seine Stimme jedoch schnell wieder. „Schon, Hauptkommissar. Entschuldigen Sie bitte, aber Sie haben uns, als wir hier angekommen, sind eingebläut, Ihnen sofort Bescheid zu geben wenn wir sie finden.“ „Wie?“ Die Augen des Beamten wurden groß. „Was sagen Sie da?“ Leicht zögernd überreichte der Polizist seinem Vorgesetzten einen kleinen Plastikbeutel, durch die Folie schimmerte ein Papier, nicht viel größer als eine durchschnittliche Visitenkarte. „Wir haben sie grade neben dem Bett gefunden. Heute Morgen war sie noch nicht da, es muss also dahin gekommen sein, als wir die Decke oder die Leiche bewegt haben.“ Megure starrte das Stück Papier in seiner Hand an, bis sich sein Blick langsam zuzog. Mit einem mürrischen Schnauben hielt er Professor Bell das Beweisstück vor die Nase. „Das sollten Sie sich wohl einmal ansehen, Professor.“ Der nickte nur, nahm ihm die Tüte ab und begann zu lesen, während Heiji es ihm gleich tat. Wie seltsam sich die Dinge auch entwickeln, sie kommen immer zu einem Ende. Dabei muss ich Sie um Verzeihung bitten, dass Sie durch meine Aktivitäten nun in einen weiteren Fall verwickelt sind, verehrte Herren Polizisten. Dennoch sei gesagt, dass der Schlüssel zu Ihrem neunen Problem in jedem Badzimmer zu finden ist und anders als ich müssen Sie nun keine verriegelten Türen mehr öffnen, um zu Ihrem Ziel zu gelangen. Viel Spaß bei der Jagd. Hochachtungsvoll, Mr. Sherlock Holmes Shinichi überflog die Zeilen ein weiteres Mal, spürte wie die wenigen Worte ihm langsam die Luft zum Atmen nahmen. Gänsehaut schlich sich unter sein Hemd, brachte ihn zum Frösteln, als er die Nachricht noch ein weiteres Mal durchlas. Doch Shinichis Gedanken wurden von Megure unterbrochen, der aufgrund des leicht erschrockenen Gesichts des Fachmanns wohl gleich eine Eingebung und eine Übersetzung erwartete. „Und? Irgendeine Idee, Professor?“ Bell fuhr auf, schaute den Hauptkommissar für ein paar Sekunden erschrocken an, ehe er sich wieder fasste, seine Stimme zitterte jedoch noch immer. „Was? Ich- Nein, nein ich fürchte, hierfür brauche ich ein wenig Zeit.“ Der Hauptkommissar nickte langsam. „Also gut. Die sollen Sie bekommen.“ Er sah sich um, seufzte lange, als ihm bewusst wurde, welches Chaos noch immer um sie herum herrschte. „Bis hier alles geklärt ist, wird es ohnehin noch dauern. Vielleicht wissen wir alle später mehr. Könntest du dem Professor zur Hand gehen, Heiji? Außerdem brauche ich bis nachher einen Bericht, damit wir die anderen über den bisherigen Stand der Dinge gleich aufklären können.“ Der Osakaner nickte, nahm Bell die Tüte aus den leicht zittrigen Fingern, der sich grade den Wortlaut des Mörders notiert hatte und gab sie Megure zurück. „Wird erledigt. Halten Sie uns auf dem Laufenden, Hauptkommissar.“ Der nickte, beobachtete, wie der Osakaner Bell zum Gehen drängte, ehe er seine raue Stimme erneut erhob. „Ach, und Heiji. Wenn ihr das nächste Mal so etwas herausfindet, will ich es gleich wissen. Egal zu welcher Uhrzeit.“ Sein Blick haftete auf den beiden Detektiven. „Manchmal ist es besser die Karten gleich auf den Tisch zu legen. Haben wir uns verstanden?“ Der Kommissar bemerkte wie sein Mund trocken wurde, nickte dann. „Verstanden, Hauptkommissar.“ Endlich draußen vor dem Krankenhaus angekommen, empfing die beiden herrlicher Sonnenschein, den man bei der Stimmung im Inneren des Gebäudes nicht vermutet hätte. Doch der kümmerte die Detektive momentan wenig, sie hatten zwar den Hinterausgang genommen, doch noch hier waren die Stimmen von Schaulustigen und sensationslüsternen Reportern zu hören. Hattori fluchte nur. Wie zum Henker hatten diese Aasgeier jetzt schon wieder so schnell Wind von der ganzen Sache bekommen? Ihnen blieb nichts anderes übrig, als den Weg durch die kleine Parkanlage zu nehmen, die man rund um das Krankenhaus errichtet hatte. Der Osakaner nahm ein paar tiefe Züge der frischen Luft, versuchte seine Lunge so von dem Krankenhausmief zu befreien, der ihm noch immer in die Nase stach. Sein Begleiter spähte über seine kleine Brille und grübelte über der Nachricht, während sie langsam den Park durchquerten. „Rück raus mit der Sprache, Kudo. Was is los?“ Der Angesprochene zuckte bei dem Namen merklich zusammen, bekam dafür nur ein Augenrollen seines Kollegen, bis er mit einem lauten Seufzen zu sprechen begann. „Nichts Neues, eigentlich. Und doch hat mich die direkte Art und Weise unseres Täters ein wenig geschockt, muss ich gestehen.“ Hattori hatte seine Schritte verlangsamt, schaute seinen Freund abwartend an. „Er hat mich gesehen an diesem Abend, Holmes, meine ich.“ „Na und?“ Bell blinzelte kurz. „Ich hab dir das noch gar nicht erzählt, oder? Der Mörder hat mich gesehen,mich. Nicht William Bell.“ Shinichi konnte den Groschen fast klimpern hören, der grade bei seinem Freund fiel. „Was?!“ Er schluckte, zimmerte ein Lächeln auf seine Lippen und rieb sich verlegen den Nacken. „Ich dachte eigentlich, ich hätte es dir erzählt- Auf der anderen Seite hätte es dir auch klar sein können, Hattori, oder wieso, glaubst du, hast du ein Stück von Bells Visage auf dem Asphalt gefunden? Ich hab bestimmt keinen Striptease für unseren Mörder abgehalten.“ Der Kommissar nickte desorientiert, sein Blick galt dem kleinen Weg, auf dem sie gerade wanderten. „Und was jetzt?“ „Ganz einfach, er bindet es der Polizei auf die Nase.“ Bell seufze, ließ sich auf eine der Parkbänke nieder, während Heiji stehen blieb und Shinichi aufschauen musste. „Der Fall, den die Polizei jetzt noch zu bearbeiten hat, ist meiner. Deswegen liegt der Schlüssel zu ihrem Problem auch im Badezimmer.“ Der Holmesexperte konnte sich ein trockenes Lachen nicht verkneifen, fuhr sich ungehalten durch das aschblonde Haar. Doch er schien der einzige zu sein, der seine kryptischen Worte amüsant fand. „Würdest du dich bitte klarer ausdrücken, Mann?“ „Holmes hatte einen Fall zu klären.“ Beide waren von der fremden Stimme aufgeschreckt, schauten nun den Mann an, der scheinbar lautlos in Erscheinung getreten war, jetzt mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen auf sie zuging. „Es ging um einen verschwundenen Mann den seine Frau nun suchte. Ein ortsansässiger Bettler, dessen Markenzeichen eine hässliche Narbe im Gesicht war wurde beschuldigt, besagten Ehemann umgebracht zu haben. Nach langem hin und her gelang es Holmes, das Rätsel zu lösen, den Schlüssel, erklärte er Watson, habe er im Badezimmer gefunden.“ Hattori stieß einen stillen Fluch aus, als er Eisuke Hondo auf sie zu kommen sah, der offensichtlich schon ein ganzes Stück ihres Gesprächs mitbekommen hatte. Diesen Kerl hatte er ganz vergessen. Der Detektiv des Westens stöhnte innerlich, er hatte ihn doch sogar noch auf Bell angesetzt. „So sind die beiden ins Gefängnis losgezogen und Holmes hat dem Bettler mit einem Schwamm ordentlich das Gesicht gewaschen, so das unter der Maske besagter verwundener Ehemann hervor kam, der von seinem Handwerk ganz einfach ins Bettlertum umgesattelt hatte, weil er dort die besseren Chancen sah.“ Sein Blick blieb auf Bell haften, ein ganzes Stück zu lange für Shinichis Geschmack und dennoch spielte er mit. Erwiderte das Lächeln auf Eisukes Lippen, stand auf und reichte dem CIA Agenten höflich die Hand, während er sprach. „The man with the Twisted Lip. Der Mann mit der Narbe oder Fratze, wenn man so will. Guten Morgen Mr. Hondo. Ich muss Sie ja vermutlich nicht daran erinnern, dass Sie diese Informationen vertraulich behandeln müssen, oder?” Hondo Lächelte kurz. „Aber natürlich, Professor.“ Keiner fragte danach was der CIA-Agent so plötzlich hier machte oder wie viel er wirklich gehört hatte, während sie den Park durchquerten, unterhielten sie sich über den Fall, eine weitere Meinung konnte schließlich nicht schaden. Erst als sie die Stecke beinahe hinter sich gebracht hatten, lenkte Eisuke das Gespräch in eine andere Richtung. „Danke übrigens, dass du Ran letztens bei mir abgeliefert hast, bei so einem Irren, der hier sein Unwesen treibt, wäre es mir wirklich nicht Recht, wenn sie allein auf der Straße rumlaufen würde, auch wenn sie sich verteidigen kann - bei so jemandem weiß man nie.“ Heiji schluckte, trieb ein nervöses Lächeln auf seine Lippen. „War doch kein Ding. Was wollteste eigentlich von ihr? Ran hat gemeint, du müsstest ihr irgendwas Wichtiges sagen?“ Während Eisuke nur purpurrot anlief, hätte sich Shinichi am Liebsten die Hand vors Gesicht geschlagen, in manchen Dingen was Hattori einfach nicht der Hellste. „Stimmt…“ Hondos Stimme, die zu anfangs noch belegt klang, wurde während es Redens schnell lauter. „Und ich muss gestehen der Abend lief so gut, dass ich es das nächste Mal auch tun werde.“ „Wie? Was nun, wovon redest´de denn?“ Das Rot auf Eisukes Wangen blieb, doch sein Blick wurde um ein Deut ernster. „Eigentlich wollt ich es dir ja nicht sagen, nach allem was damals gewesen ist, glaube ich nicht, dass du allzu begeistert sein wirst Heiji. Aber-„ Er schluckte erneut. „Ich will ihr sagen das ich sie Liebe.“ „WIE?!“ Der Osaka starrte den Agent an, musste an sich halten, um sich nicht gleich nach seinem Begleiter um zu sehen. Er würde Kudo durchaus zutrauen, dass der grade Mordgedanken hegte. Doch als er endlich einen Blick auf den Amerikaner werfen konnte, war seine Miene so unbeweglich wie eh und je. Erst als Eisuke weitersprach, erkannte er, dass Shinichi schluckte, die Hände in seinen Taschen versteckte, offensichtlich zu Fäusten geballt. „Als ich sie zum ersten Mal sah, war ich sofort in sie verliebt! So ein schönes und herzensgutes Mädchen habe ich noch nie getroffen. Im Gegensatz zu Shinichi werde ich Ran nämlich niemals im Stich lassen! Irgendwann hole ich sie nach Amerika und mache sie glücklich!“ Heiji blinzelte nur, schaute Hondo verwundert an. „W- wirst du das?“ „Und ob.“ Der Agent grinste in die Runde und während in Heiji noch immer Verwunderung Einzug hielt spiegelte sich auf Bells Lippen ein schmales Lächeln wieder. Doch auch der mittlerweile gut trainierte Schauspieler konnte nicht verhindern, dass seine Stimme zu Anfang belegt klang. „Wenn dem so ist Mr. Hondo, darf ich Ihnen wohl auch im Sinne meines Kollegen hier alles Gute wünschen.“ Hattori drehte sich zu ihm um und starrte ihn an. Shinichi aber hielt seinem Blick stand. „Wir sollten gehen, Kommissar. Es wartet Arbeit auf uns.“ Damit verbeugte sich Bell kurz zum Abschied wandte sich um und ging, hörte nach wenigen Sekunden, dass Heiji ihm folgte. Shinichi versuchte, sich allein auf seine Schritte zu konzentrieren, bemüht mit dieser monotonen Bewegung weiterhin das zu unterdrücken, was seinem Autopiloten langsam die Stirn bot und das Lenkrad versuchte, an sich zu reißen. Er spürte Heijis Blicke in seinem Nacken, doch noch ehe der Kommissar nahe genug dran war, etwas zu sagen, war es Hondos Stimme die ihn erneut aufschrecken ließ. „Das war`s also.“ Shinichi drehte sich herum, versuchte erst gar nicht, einen fragenden Blick aufzusetzen, sondern schaute Eisuke einfach nur an. Er hätte nicht dieselben Worte wie damals nehmen müssen, Shinichi hatte auch so gemerkt, dass ihn Hondo durschaut hatte. „Du gibst also auf?“ Die Stimme des Agenten klang ungewöhnlich rau. „Du hast mir damals ein Versprechen gegeben. Du solltest sie glücklich machen.“ Eisuke schluckte, spürte wie sich ein Kloß in seinem Hals ausbreitete. Wie gerne würde er diese Kriterien für Ran erfüllen, doch das konnte nur er. Es dauerte lange, bis der vermeintliche Amerikaner sich regte, als er endlich sprach, waren seine Worte jedoch kaum zu verstehen, so gepresst und leise kamen sie aus seinem Mund. „Vielleicht versuche ich ja genau das zu tun.“ „Unsinn!“ Aufgebracht schnitt der Agent mit der flachen Hand durch die Luft. „Damals standen deine Chancen um einiges schlechter und dennoch hast du mir nicht erlaubt, Ran etwas zu sagen, so sicher warst du dir.“ Er tat einen weiteren Schritt auf Shinichi zu, doch der reagierte noch immer nicht. „Und jetzt! Jetzt, wo du ihr nicht mehr nur bis zum Knie gehst, willst du einfach wieder abhauen als wäre nichts gewesen. Das mag vielleicht für dich gelten Kudo, aber nicht für sie. Nicht für Ran.“ „Hondo.“ Heiji der bisher nur stummer Zeuge dieser Szene gewesen war wollte sich einmischen, wurde aber mit einem harschen Kopfschütteln Eisukes abgewehrt. „Merkst du`s nicht oder willst du es einfach nicht sehen? Sie hat sich in William Bell verliebt. In dich. Schon wieder. Glaub mir es wäre mir auch lieber, wenn es nicht so wäre, sehr sogar, aber für sie gibt es nun mal nur dich, ganz egal hinter wie vielen Masken du dich versteckst, Shinichi Kudo.“ „Glaubst du wirklich, das weiß ich nicht?“ Zum ersten Mal in diesem Gespräch hörte man ganz deutlich Shinichi sprechen, auch Bells Stimme konnte nicht mehr verbergen, wer wirklich vor ihnen stand. Die blauen Augen huschten aufgebracht hinter der Brille hin und her, versuchten vergeblich, Halt in dieser Welt zu finden. Doch in seiner Stimme schwang nicht nur Wut mit, sondern vielmehr auch tiefe Abscheu gegen sich selbst. Abscheu gegen das, was er derzeit sein Leben nennen musste. „Verdammt noch mal, was verlangt ihr eigentlich von mir? Ja Hattori, du bist keinen Deut besser, oder glaubst du etwa, ich merk nicht, was dir manchmal auf der Zunge liegt, ein Wunder, dass du noch nicht dran erstickt bist!“ Er lachte hohl, biss sich dann auf die Lippen, während sein Blick zur Seite fiel. „Aber es- es muss euch doch klar sein, dass es nicht geht. Es geht nicht. Nicht, solange diese Organisation noch Bestand hat, nicht so lange ich sie noch so in Gefahr bringe.“ Shinichi schluckte, spürte wie das Zittern seiner geballten Fäuste sich auf seinen ganzen Körper übertrug. Der Detektiv schnappte nach Luft, ließ seinen Kopf in den Nacken sinken und starrte in den viel zu schönen, viel zu blauen Himmel über Tokio. „Ich weiß doch auch nicht, was ich tun soll.“ Er seufzte schwer, hörte, wie der Kloß in seinem Hals Bells Stimme rau und dumpf klingen ließ. „Ich weiß es doch auch nicht…“ Seine beiden Ankläger konnten nichts weiter tun als stumm dastehen. Während Heiji schon lange wusste, wie sehr sein Freund sich wirklich quälte, hatte es Hondo die Sprache verschlagen. Eigentlich hatte er Kudo nie wirklich gut gekannt und wenn dann als Conan, den selbstbewussten, gar nicht mal so kleinen Grundschüler, der ihm eröffnete, dass er Ran nicht so schnell hergeben würde. Eisuke schluckte, seufzte Leise. Die lange Stille wurde von Bells Seufzen durchbrochen, unwirsch richtete er sich die Brille, ein schiefes Lächeln machte sich auf seinen Zügen bemerkbar. „Was hat mich denn diesmal verraten, Hondo?“ Er pfriemelte an seinem Jackett herum, klopfte unsichtbaren Staub von seinen Ärmeln. „Ich dachte eigentlich, ich hätte mir ein wenig mehr Mühe gegeben als beim letzten Mal.“ Der Agent blinzelte kurz, warf einen unsicheren Blick zu Heiji, offenbar überrascht vom plötzlichen Themenwechsel, der aber lächelte nur leicht verzweifelt und nickte. Für Kudo war das Thema offensichtlich beendet, keiner von ihnen würde ihn noch dazu bekommen, auch nur ein weiteres Wort darüber zu verlieren. „Wenn de so willst Kudo, bin ich wohl Schuld. Ich hab ihn sozusagen auf dich angesetzt. Nicht wahr, Hondo? Du hast dir doch wegen meinem kleinen Briefchen Gedanken über ihn gemacht, stimmt`s.“ „Am Anfang schon, das stimmt, aber der wirkliche Anstoß kam von jemand anderem.“ Er schluckte, zupfte sich ein wenig an seinem Hemdkragen herum, ehe sein Blick erneut auf Shinichi fiel. „Ich hab Ran auf dich angesprochen. Auf Bell, heißt das… und sagen wir einfach ihre Reaktion hat mir so wenig gefallen, dass mich das stutzig machte.“ Eisuke lachte bitter, wäre die Situation anders, würde er Shinichi unter die Nase reiben, welch ein Glück er hatte, dass sich diese Frau offensichtlich nur in ihn verlieben konnte. „Du hast also geahnt, dass ich es bin?“ Hondo nickte nur, vergrub seine Hände tief in seinen Hosentaschen. „Schon. Aber da es mehr als unwahrscheinlich war, meinem Wissenstand nach, habe ich mich erst mal ein wenig über Bell selbst schlau gemacht. Und ich muss wirklich sagen, dass meine Kollegen ganze Arbeit geleistet haben. Es war doch das FBI, oder nicht?“ Shinichi schluckte, nickte dann stockend. „Dacht ich´s mir. Nun sie haben Bell einen schönen Hintergrund eingeräumt, von Schulen, Uni, Veranstaltungen und Arbeitsplätzen - alles da. Auf den ersten Blick sah es also nicht nach einem Fake aus, als ich jedoch an der Universität angerufen habe, wo Bell angeblich ausgebildet worden war, hatten sie dich zwar in den Akten, aber persönlich Auskunft über dich als Student konnte mir niemand geben. So war es auch bei den sonstigen Zufallsanrufen, die ich gemacht habe.“ Unruhig hörte Shinichi zu, zernagte sich dabei angespannt die Unterlippe, er hörte es gar nicht gern, wie leicht man ihm auf die Schliche kommen konnte. Doch Hondo schien das Unwohlsein seines Kollegen nicht zu bemerken. „So weit so gut, William Bell gab es also nicht. Damit war Shinichi Kudo an der Reihe.“ Erneut fiel sein Blick zu Kudo, Bells ruhiges Gesicht mochte ihn zwar schützen, doch sein plötzlich stockender Gang, seine steife Haltung und die zusammengepressten Lippen verrieten ihn. Ganz zu schweigen von Hattori, der plötzlich bei jedem seiner Schritte nur noch Augen für seine Schuhspitzen hatte. „Du hast es nicht gewusst.“ Schweigen. Keine Antwort war auch eine Antwort. Der CIA-Agent seufzte schwer, er kannte die Regeln dieser Organisationen mittlerweile nur allzu gut und wusste, dass die CIA auch nicht anders gehandelt hätte. „Ich kann mir denken, dass es schwer ist, das alles jetzt zu akzeptieren Shinichi, dennoch kannst du mir glauben das dein „Tod“ wohl das einzige ist, das dich und die anderen so lange geschützt hat. Denn den zu wiederlegen war wirklich nicht allzu einfach.“ „Was sagst´de da?! Du redest ja fast so als gäb´s ne Möglichkeit, dahinter zu kommen!“ Shinichi konnte nicht anders als seinen Freund verwundert an zu sehen, doch der Zorn in den Augen des Osakaners machte ihm schnell bewusst, was er offenbar vergessen hatte. Hattori hatte geglaubt, er wäre tot, damals bei dem Brand ums Leben gekommen, doch der Eifer in seiner Stimme verriet, dass er es wohl dabei nicht hatte belassen wollen. Doch der schaute die beiden schon lange nicht mehr an, sein Blick war zu Boden geheftet, während es in seinem Kopf arbeitete. Er hatte damals jeden verdammten Stein umgedreht, um zu beweisen, dass die Leiche, die sie gefunden hatten nicht die Kudos- nicht die von Conan war. Was hatte er damals übersehen? „Quäl dich nicht, Heiji.“ „Wie?“ Eisukes Stimme ließ ihn auf sehen, auf den Lippen des Agents lag ein bitteres Lächeln. „Ich weiß von deinen Bemühungen und du kannst mir glauben, dass du nie einen Hinweis darauf bekommen hättest, dass es nicht Kudo war. Was das anbelangt, ist das FBI sehr gründlich.“ Ein plötzliches Schnauben Bells unterbrach die beiden, auffordernd schaute er sie an. „Würdet ihr mich bitte auch mal aufklären? Es geht hier schließlich um mich.“ Hondo nickte. „Es stimmt, dass aus den Akten der Polizei sowie aus dem DANN-Bericht der Pathologie der zu deinem Fall vorliegt, einwandfrei hervor geht das Conan Edogawa bei dem Brand vor zehn Jahren ums Leben gekommen ist.“ „Aber wie-„ „Eine Fälschung, ebenfalls von deinen Freunden beim FBI, nehme ich an.“, unterbrach Eisuke die aufbrachte Frage des Kommissars. „Aus dem Polizeibericht lässt sich nicht darauf schließen und auch die Akten des FBIs, die wir vom CIA einsehen können, schauen nicht anders aus, bis auf ein winziges Detail. Die Temperatur. Normalerweise ist die Sicherstellung der DNA einer Brandleiche nicht schwer, selbst wenn ein Gebissabdruck nicht mehr weiterhilft, ist das Mark der Röhrenknochen auch bei schweren Bränden noch so gut erhalten, dass eine DANN-Analyse möglich ist. Schwer wird dies jedoch ab einer Temperatur von über 1500°C, die damals noch ein gutes Stück überschritten wurden. Selbst wenn Heiji noch einen Test veranlasst hätte, hätte er keine Beweise gehabt, dass du es nicht warst.“ Sein Blick wanderte von Bell zu Heiji, der mit jedem Wort ein wenig blasser geworden war. „Er hätte wahrscheinlich aufs Labor gehört, die ihm nur gesagt hätten, das FBI habe besseres Material gehabt, bessere Geräte vielleicht oder einfach nur einen anderen Knochen. Die Temperaturen waren höher als das, was man heute in Krematorien benutzt, ich schätzte allein die Tatsache, dass die Hitze nicht gleich verteilt war, ist der Grund gewesen, dass ihr überhaupt noch eine Leiche gefunden habt.“ Shinichi spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinunter lief, er musste Heiji nicht erst ansehen, um zu wissen, dass es genauso abgelaufen war. Der Kommissar biss sich auf die Lippen, versuchte die Bilder der Leichenschau aus seinem Kopf zu verdrängen. „Hattori?“ Der zuckte kurz zusammen, erkannte Kudos Besorgnis hinter Bells Stimme und schaute auf. „Du schuldest uns eine Erklärung, Kudo.“ Shinichi schluckte ob der Bitterkeit von Heijis Stimme ehe er langsam nickte. Eisukes Stimme riss sie schnell wieder aus ihrem Schweigen. „Allerdings. Ich würde auch nur zu gerne erfahren, was damals wirklich abgelaufen ist. Dennoch fürchte ich, habt ihr fürs Erste ganz andere Sorgen.“ Die beiden Detektive schaute überrascht auf, warteten auf den CIA Agenten, der grade mit seinem Handy zugange war, ehe er ihnen das Display vor die Nase hielt. „WIE?!“ Zu sehen war die Newsletter einer einschlägigen japanischen Zeitung, die bereits über den Mord an Mira Kikuja berichtete, mitsamt dem Text des Täters, den sie eben erst gefunden haben. Heiji schluckte, fuhr sich genervt durchs Haar. „Deswegen also der Riesenauflauf vorm Krankenhaus.“ Hondo nickte nur, sein Blick fiel auf Bell, der ihn schon eine ganze Weile einfach nur ansah, bis er sich zu Wort meldete; dennoch erkannte der CIA Agent deutlich, dass er nicht das aussprach, was er dachte. „Darf ich?“ Eisuke überreichte ihm das Handy und der Kriminalist fand schnell was er gesucht hatte, nickte Heiji ernst zu. „Der gleiche.“ Er zeigte den beiden das Display auf dem er den Namen des Reporters vergrößert hatte, der den Artikel geschrieben hatte. „Der gleiche, wie auch schon die drei Male zuvor.“ Die beiden Detektive wurden still, grübelten, ehe Heiji sich rührte. „Entweder der Kerl war also tatsächlich vor uns am Tatort, oder er hat etwas mit den Morden selbst zu tun.“ Shinichi nickte, rückte sich nachdenklich die Brille zurecht. „Es gibt noch eine dritte Möglichkeit.“ Bells Blick fiel auf den Agent, der den blassblauen Augen des Kriminalisten tapfer standhielt. „Die CIA vergibt genauso wenig Urlaubstage wie das FBI auch. Der Grund, warum du hier bist, ist vermutlich der, dass du mit deiner Schwester in Kontakt bleiben sollst, wer wäre dazu besser geeignet. Das bedeutet aber unweigerlich auch, dass sie wieder aktiv sind.“ Bell schluckte, ließ nicht von ihm ab. „Was wird hier gespielt, Hondo?“ Dem gestanden Agent flatterte kurz eine Gänsehaut über die Arme, für einen Moment war das Gesicht Shinichi Kudos hinter dieser Maske erschienen. Ein fast schon entschuldigens Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Du weist wie es läuft, Kudo. Ich bin nicht befugt dir irgendetwas mitzuteilen. Was ich dir aber sagen kann, ist das wir selbst noch nichts Genaues wissen. Sie sind vorsichtig geworden, seitdem du und das FBI ein paar dieser Krähen habt auffliegen lassen.“ Der Oberschüler unter der Maske presste die Lippen aufeinander, hörte jedoch weiter aufmerksam zu. „Ich kann euch nur raten, den Fall so schnell wie möglich abzuschließen.“ Er wandte sich grade zum Gehen, ehe er sich noch ein letztes Mal umdrehte. „Ach ja, ich schätze mal, dass sich meine Kollegen vom FBI nun auch bald wieder einklinken werden. Sie haben zwar nichts gegen einen Köder am Haken, dennoch denke ich, dass ihnen der Einsatz in diesem Spiel langsam ein wenig zu heiß wird.“ Nabend Leute, Wie immer hoffe ich das euch das Kapitel gefallen hat! Vielen Dank für eure netten Worte ://) Im nächsten Kapitel gibt’s dann auch endlich wieder mehr RanShinichi für euch. Ich hoffe, dass ihr noch alle an der Story dran seit und sie euch noch immer gefällt! Das nächste Kapitel kommt allerdings erst in drei Wochen(18.7)rum. Ich hab Prüfungen ^^, Allerdings hab ich zu dem Anlass auch einen Webblog erstellt, da halte ich euch auf dem laufenden, vielleicht gibt’s da auch den ein oder anderen Spoiler ;) Schaut einfach mal in meinem Stecki vorbei. Nochmals vielen Dank für eure Kommentare! Ich muss euch ja nicht sagen das eure Meinungen da wirklich wichtig für mich sind ^//^, Liebe Grüße und bis dann, eure Shelling Kapitel 20: Rendezvous ---------------------- Bevor ich euch gleich ins Kapitel Entlasse möchte ich euch noch über eine Änderung im Kapitel „18. Räsel“ aufmerksam machen, die ich leider nachträglich noch vornehmen musste weil ichs vergessen hatte ins Kapitel ein zu tragen. Es ist für den Fall relevant und ist in dem Teil in dem Shinichi und Ran sich unterhalten. Tut mir wirklich leid >//< Rendezvous Die Fahrt im silbernen Kombi verlief schweigend. Es gab viel zu viel zu sagen, sodass das Meiste zwischen ihnen unausgesprochen blieb. Shinichis Blick fiel zu Heiji, der noch immer schweigsam und sichtlich angespannt neben ihm saß. Dennoch hatte er nicht weiter nachgefragt, nicht sofort eine Erklärung verlangt. Stattdessen hatten sie gemeinsam beschlossen, endlich zum Revier zu fahren, weiter nachzuforschen und den Bericht zu verfassen, den Megure von ihnen verlangt hatte. Ein schwerer Seufzer durchzog seine Lunge, Shinichi konnte nicht leugnen, dass er froh war, dass Heiji es nicht gleich aus ihm heraus presste. Allein bei dem Gedanken, die Geschichte erzählen zu müssen, fühlte sich seine Zunge belegt und bleischwer an. Erst, als sie das Hauptquartier passierten, um auf den Parkplatz zu fahren, kam wieder Leben in den jungen Kommissar. Ein beherzter Tritt auf die Bremse beförderte sowohl Fahrer, als auch Beifahrer, mit einem unsanften Ruck nach vorn. „Hattori! Verdammt, was-?“ Doch das Gesicht des Kommissars hatte jegliche Farbe verloren, seine Mundwinkel hatten leicht zu zucken begonnen und sein Blick war starr. Shinichi versuchte seinen Augen zu folgen, konnte aber nur schemenhaft ein paar Figuren am Eingang des Reviers ausmachen. „Hattori, was ist?“ Doch der antwortete nicht, fing stattdessen an, sein Handy aus der Hosentasche hervor zu holen und drückte den Kopf, um den Displayschoner zu deaktivieren, doch das Ding blieb schwarz. In dem Magen des Osakaners verkrampfte sich etwas. Shinichi, der das ganze Schauspiel nur mit einem verwunderten Blinzeln beobachtete hatte, schaute seinen Freund nun wieder fragend an, während dieser das Auto wieder in Bewegung setzte und die nächstbeste Parklücke ansteuerte. „Würdest du mich vielleicht einmal aufklären, Hattori? Was zum-“ Doch noch ehe er seine Frage hätte beenden können, hatte Heiji das Auto abgestellt, den Schlüssel abgezogen und war aus dem Wagen gesprungen. „Ich geh schon mal vor.“, war das Letzte, was er von ihm hörte. Shinichi hingegen seufzte nur, stieg nun auch aus dem Wagen und folgte seinem Kollegen mit einem letzten Blick aufs Auto. Er hatte eine vage Ahnung, was seinen Freund so aufgescheucht haben könnte, alles was mit dem Fall oder der Organisation zu tun hätte, hätte Hattori ihm gesagt. Blieb also nur noch… „Ach ja!“ Der Oberschüler hinter der Maske zuckte kurz, erkannte die Stimme jedoch sofort, als er sich der kleinen Gruppe nährte. „Und was soll ich bitte denken, Heiji Hattori?! Während du bei jeder Kleinigkeit rot anläufst vor lauter Eifersucht, soll ich die Hände in den Schoß legen und drauf warten, dass de nach Hause kommst, nachdem de dich zwei Tage weder gemeldet hast, noch hast blicken lassen.“ Shinichi konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen, als der Kommissar unter Kazuhas Gekeife zusammenzuckte. Auf ihren Wangen zeichnete sich eine deutliche Röte ab und aus ihrem Pferdeschwanz hatte sich vor Aufregung mehr als nur ein Haar gelöst, während sie ihre Hände in die Hüften rammte. Shinichi schluckte, selbst ihm, der nichts mit ihrem Streit zu tun hatte, signalisierte all dieses nur eines: Flucht! Doch weder ihr Aussehen, noch die Wirkung auf den fremden Amerikaner interessierte Mrs Hattori im Moment auch nur im Geringsten. Während Heiji laut nach Luft schnappte, um zum Gegenschlag auszuholen, glitt Shinichis Blick von dem sich streitenden Paar schnell zu der Frau an Kazuhas Seite. Ran trug ihr Haar heute wieder offen, hatte über die weiße Bluse ihre Jeansjacke halb geöffnet, was ihr Auftreten ein wenig auflockerte. Sie schenkte ihm ein fröhliches Lächeln zur Begrüßung, das er mit einem eben solchen erwiderte. Bald aber schwand der Ausdruck von ihren Lippen, ihre Augen wurden ernst und beherbergte eine Frage, die sie sich nicht auszusprechen traute, doch er verstand auch so. Bell seufzte schwer, nachdem sein Blick kurz von ihr abgefallen war, schaute er sie nun wieder an, nickte vorsichtig. Ran schluckte nur. Shinichi wollte ihren Blick auffangen, sie jedoch neigte nur den Kopf, rieb sich sichtlich unwohl den Unterarm und versank kurz in ihren eigenen Gedanken, ehe sie ihn wieder ansehen konnte. Neben der Schuld in seinen Augen schimmerte ein kurzes Lächeln über seine Lippen. Bells Blick fesselte sie sofort. Seine ganze Erscheinung schien ihr in diesem Moment zu versichern, dass sie sich keine Sorgen machen sollte, dass alles gut werden würde und sie den Täter bekommen würden. Das stumme Gespräch war ihnen jedoch nicht lang gegönnt, da Heijis aufbrausende Stimme ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn lenkte. „Du weißt sehr genau, dass ich ein Diensthandy und ein Privates hab, nur, weil ich an das eine ran geh, heißt das nich-…“ Doch Kazuha schnitt ihm das Wort ab, verdrehte genervt die Augen, ehe sie ihren Mann wieder fixierte. „Ja genau, wenn ein Kollege was von dir will, springst´de sofort, aber wenn ich, wenn deine Frau, versucht, dich zu erreichen ist das vergebene Liebesmüh.“ „Jetzt hör aber mal auf Kazuha, du weißt genau, dass es so nich is. Ich hatte eben mal anderes im Kopf, als mir darüber Gedanken zu machen, welchen Film du dir grad im Hotel reinziehst.“ Shinichi zuckte unmerklich zusammen. „Bitte! Geht’s noch?!“ Doch der schien das gefährliche Zischen in den aufbrausenden Worten seiner Frau einfach zu ignorieren, setzte stattdessen noch einen drauf. „Na is doch wahr! Im ´Gegensatz zu dir bin ich nich zum Urlaub machen, sondern zum Arbeiten hier, und das wusstest du ganz genau. Wer wollte denn so unbedingt mit, hä?“ „Ich dacht‘, ich tu dir nen Gefallen damit, Heiji Hattori, außerdem hatte ich darauf gehofft, dass du dich wenigstens abends bei mir blicken lässt und dich nich sonst wo rumtreibst.“ Kazuha machte einen Schritt auf ihn zu, war ihm nun gefährlich nahe und musste sich doch ein Stückchen auf die Zechenspitzen stellen, um Heiji direkt in die Augen sehen zu können. „Wo warst´de denn jetzt überhaupt?“ Zum ersten Mal wurde ihre Stimme nun leiser, ruhiger und bedrohlicher, sodass nun auch Heiji ein Schweißtropfen über die Stirn rannte. „Das hab ich dir jetzt schon dreimal gesagt, ich und K-… Kollege Bell hier hatten nun mal zu tun.“ Kazuhas Augen aber wurden schmal, ihre Pupillen waren kaum mehr zu erkennen. „So, so - und dafür habt ihr zwei Nächte gebraucht, ja?“ Gerade als ein Schmunzeln auf seinen Lippen Einzug hielt und Shinichi zu überlegen begann, ob er nun einschreiten und Hattori helfen sollte, merkte er, wie etwas an seinem Hosenbein zu zupfen begann. Verwundert glitt sein Blick nach unten, doch die Überraschung machte bald einem milden Lächeln Platz, als er sich zu dem kleinen Etwas hinunter beugte. Aus dem zu allen Seiten abstehenden Gewusel aus dunklen Haaren, starrten ihm zwei türkisblaue Augen entgegen, deren neugieriges Leuchten von dem etwas dunklen Teint seiner Haut nur noch verstärkt wurde. „Na, wer bist denn du?“ Doch anstatt zu antworten, erwiderte der Kleine sein Lächeln nur mit einem noch breiteren Grinsen. Aus der Brusttasche seiner blauen Latzhose lugte ein Spielzeugauto hervor, das, anhand der Dreckspritzer auf dem grün-gestreiften Pullover, wohl trotz des Regens der vergangenen Tage mächtig im Einsatz gewesen war. Erst jetzt ließ der Kleine sein Hosenbein los und begann den Detektiv von oben bis unten zu mustern. Shinichi spürte, wie ihm ein kurzer Schauer über den Rücken rann, irgendwoher kannte er diesen Blick, doch bald zeigte sich ein großes Fragezeichen in den Augen des Jungen. „Spielst du Verkleiden, Onkel? Ich mag das auch. Aber Mama schimpft, weil ich Papas alte Uniform anziehe. Mama sagt, man muss das Schicksal nicht herausfordern, oder so.“ Bell schnappte kurz nach Luft, während der Kleine weiter geredet hatte, war ihm noch von der ersten Frage ganz anders zumute. Für einen kurzen Moment musterte er den kleinen Jungen etwas schärfer, drei, vier Jahre alt vielleicht, doch die Reste seines Frühstücks an einem Mundwinkel und die großen erwartungsvollen Augen ließen keine Fragen offen, er hatte es mit einem normalen kleinen Kind zu tun. Dennoch… hatte der Kleine vielleicht ganz unbewusst diese Schlussfolgerung gezogen. Wahrscheinlich war es sein ausländisches Aussehen, dass den Kleinen auf die Idee gebracht hatte. Ein bitteres Lächeln huschte kurz über Bells Gesicht, ehe er sich dem Kind nun wieder zuwandte. Der hatte die Lippen geschürzt, verschränkte die Arme leicht motzig vor seiner Brust und brabbelte weiter, noch ehe Shinichi die Gelegenheit hatte, etwas einzuwerfen. „Ich versteh´s nich. Ich kann doch einfach mit der Tante Schicksal reden, sie hat bestimmt nix dagegen und Papa freut sich auch immer wenn ich aussehe wie er. Kennst du die Tante vielleicht?“ Shinichi blinzelte, rückte sich kurz Bells Brille zurecht, die vor lauter Verwunderung ein Stückchen nach vorn gerutscht war. Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen, schüttelte er den Kopf. „Ich fürchte nicht, nein.“ „Mhm… das is blöd. Aber wir können ja was anderes spielen, Onkel! Ich hab meine Autos, oder wir spielen Verstecken, oder Fangen, oder…“ Während das Grinsen des Kleinen immer breiter wurde, mit jedem Spiel das er aufzählte, begann Shinichi, sich umzusehen. Doch ihm fiel weder eine besorgte Mutter ins Auge, noch ein Vater der mit langsam verzweifelter Stimme den Namen seines Sohnes rief. Während er überlegte, was er am besten mit seinem kleinen Kumpanen anstellen sollte, hatte der sich in Rage geredet, sodass seine Backen schon vor lauter Aufregung rot glühten. Shinichi aber grinste nur. „… ich bin für Verstecken. Das kann ich. Papa hat mir gezeigt, wie man bis Zehn zählt, soll ich‘s dir zeigen? Eiiins, zwei, drei…“ Bell lachte auf, schüttelte den Kopf. „Das glaub ich dir sofort, dass du das kannst. Aber sag mal, bevor wir anfangen hier rumzutoben, wie wär´s wenn du mir mal sagst, wie du heißt, Kleiner?“ Der kleine Junge vor ihm schaute verwundert. Wie hatte er so was Wichtiges vergessen können? „Klar doch, ich heiß Haiku Hattori. Und du? Wie heißt du, Onkel?“ Doch Shinichi konnte nichts weiter als den kleinen Jungen vor sich anzustarren, er spürte wie seine Kehle sich zuschnürte, sodass von seiner Stimme nur noch ein heißeres Krächzten übrig blieb. „Hattori…“ Der kleine Junge schaute ihn nur mit seinen großen Augen an, schien nicht zu verstehen, ob das nun eine Frage war, oder warum der Erwachsene wiederholte, was er gesagt hatte, er sollte doch einfach mit ihm spielen kommen. Doch weder Shinichi, noch der Kleine hatten eine Chance zu reagieren, als zwei Arme den Jungen aus Bells Blickfeld hoben. „Haikuro Hattori! Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht mit Fremden reden sollst.“ Während Kazuha ihn hochnahm und offensichtlich nicht zum ersten Mal einbläute, wie gefährlich sein offenes Wesen war, konnte Shinichi nichts weiter tun als den kleinen Jungen anzusehen. Der dunkle Teint seines Vaters und die türkisblauen Augen seiner Mutter fielen jetzt an ihren Platz und raubten dem Detektiv beinahe den Atem. Das war Hattoris Sohn. Heijis und Kazuhas gemeinsames Kind. Haikuro Hattori. Er atmete keuchend aus, nur um danach genauso gequält nach Luft zu ringen. Während er in seinem Elfenbeinturm in New York vor sich hin gearbeitet hatte, um jedem Stück Alltag aus dem Weg zu gehen, hatte man hier, am anderen Ende der Welt, nicht so einfach aufgehört, zu Leben. Ganz im Gegenteil. „Sie sind also William Bell?“ „Wie?“ Shinichi blinzelte, schüttele kurz den Kopf um seinen Tagtraum loszuwerden, begegnete dann den gleichen türkisblauen Augen, nur dass diese nicht dem Kleinen, sondern Kazuha gehörten, die ihn eher fragend, als erstaunt ansahen. „Ja, stimmt. Das bin ich wohl.“ Er schluckte, reichte ihr aufmerksam die Hand, während er sich selbst daran erinnerte, dass er Kazuha ja noch nicht kannte. „Sie müssen demnach Mrs Hattori sein, nehme ich an?“ Sie wurde leicht rot, beachtete ihren kleinen Sohn nicht weiter, der angefangen hatte, mit Mamas Haarsträhnen zu spielen. „War wohl nich zu überhören, was?“ Während Bell Kazuha beschwichtigte, merkte Heiji, wie der Kloß in seinem Hals immer größer wurde. Schon bei dem Anblick Bells mit seinem keinen Sohn, war ihm das Herz in die Hose gerutscht und so richtig hatte er sich aus seiner Schockstarre noch nicht befreien können. Umso unglaublicher war es, dass Kudo weiter den braven Ausländer mimen konnte, obwohl Shinichi grade erfahren hatte, was er ihm schon die ganze Zeit hätte sagen können. Nämlich, dass er einen kleinen, drei Jahre alten Sohn hatte. Hatte er wirklich vergessen, Shinichi gegenüber seinen Sohn zu erwähnen? Weil sie so viel zu tun gehabt hatten, weil ihn Shinichis Auftreten und der Fall so sehr in Anspruch genommen hatten, oder hatte er es ihm schlicht und ergreifend nicht sagen wollen? Weil ihm erst jetzt bewusst wurde, wie viel Kudo wirklich entging, wie wenig er am Leben teilhaben konnte, obwohl es ihn von allen Seiten umgab, abgeschottet in einem gläsernen Käfig, den er überall mit sich herum trug. Er verpasste so viel. Sein Blick wanderte zu Kazuha, um nichts in der Welt wollte er seine Frau jemals missen, ganz egal wie nervig sie manchmal auch sein konnte. Und Haikuro… Allein bei dem Gedanken daran, seinen Sohn nicht in den Armen halten zu können, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Heiji schluckte, das alles musste ein Schlag in die Magengrube für ihn sein. Für einen Moment huschte das Bild des Oberschülers vor seine Augen, das Bild des blassen Jungen, der sich hinter der Maske verbarg und nun mehr als eine Fassade aufrechterhalten musste. Den Mann, der er eigentlich sein sollte, gab es nicht, hatte es bisher noch nie gegeben und wenn man bedachte, was vor zehn Jahren passiert war, standen die Aussichten darauf, diesen Mann je kennen zu lernen, mehr als schlecht. „Verstehe, also stimmt es, was meine treulose Tomate von Ehemann erzählt.“ „Das muss ich wohl so bestätigen, wobei ich fürchte, dass ich an diesem Zustand auch nicht ganz unschuldig bin. Ich werde mich aber bemühen, ihn in nächster Zeit pünktlich bei Ihnen abzuliefern.“ Kazuha seufzte nur, verdrehte die Augen und bließ sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Es würde ja schon ausreichen, wenn der Herr an sein Handy gehen würde, dass er selbst auf die Idee kommt, Bescheid zu sagen, habe ich ja schon lange aufgegeben.“ „Nu überteib‘ mal nich! Wir versuchen hier schließlich, nen Mörder zu überführen, noch dazu nich grad unbedingt erfolgreich momentan, da hab nun mal anders im Kopf.“ „Wichtigeres als deine Familie.“ „Ja- Nein! Arg… verdammt, genau darum geht es doch, ich will dieses Schwein erwischen, bevor euch oder irgendjemand anderem etwas passiert.“ Der Detektiv schluckte, sein Blick wandte sich zur Seite. „Ich will dich und Haikuro in Sicherheit wissen, nichts weiter…“ Die aufgebrachte Röte auf Kazuhas Wangen milderte sich bei der leicht rauen Stimme ihres Ehemanns. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, strich ihm mit einer Hand durch die Haare, brachte ihn so dazu, wieder aufzusehen. „Das weiß ich doch.“ Sie lächelte, ließ ihre Hand kurz auf seiner Wange liegen, während Haiku das Ganze mit großen glänzenden Augen beobachtete. „Aber grade deswegen müsstest du doch verstehen, dass ich mir um dich genauso Sorgen mache. Also versprich mir, dass du wenigstens versuchst, dran zu denken, dich zu melden Heiji. Versprich es.“ Der Osakaner seufzte, schenkte ihr ein Nicken, und grinste dann. „Was meinst´de Haiku, bekommt dein Papa das hin? Mhm? Schaffen wir zwei es, Mama nich wütend zu machen, damit sie sich nich in ein feuerspeiendes Monster verwandelt?“ Und mit einem furchteinflößenden Waaaarrrr brachte er seinen vor Lachen quietschenden Sohn zur Flucht, die jedoch schon nach ein paar Schritten vorbei war, als er ihn von hinten packte und schwungvoll in die Luft beförderte. Während ihre beiden Männer rumalberten, schüttelte Kazuha nur den Kopf, warf Ran einen nicht ganz ernstgemeinten hilfesuchenden Blick zu, ehe die beiden Frauen in das Lachen des Kindes mit einstimmten. Selbst Shinichi, der dem bunten treiben zusah konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das einzige was diesen Moment noch trübte, war die zynische Stimme in seinem Hinterkopf, die ihm immer wieder einhämmerte das er derzeit nicht Teil dessen war, eigentlich nicht in ihr Leben gehörte. Es konnten Jahre vergehen, bis er einen von ihnen wiedersehen würde. Shinichi schluckte, sein Blick fiel von der kleinen Familie zu Ran. Für einen kurzen Moment meinte er, einen Schatten in ihren Augen gesehen zu haben, doch der wich, als Kazuha sie mit einem breiten Lächeln ansah. Er seufzte, spürte wie der klamme Frühlingswind an seiner Kleidung zog. Erst jetzt bemerkte Heiji den ersten Blick seines Freundes, der nicht länger auf ihnen lag, sondern wieder tief vergraben in seinen eigenen Gedanken wandelte. Sofort wurde ihm klar, wie die Szene auf Kudo gewirkt haben musste. Während sein Sohnemann ihn von seinem Arm aus groß anschaute, räusperte sich dieser nur, gewann so auch wieder Bells Aufmerksamkeit. „Ich fürchte, wir müssen weiter machen.“ Der Amerikaner blinzelte kurz verwundert, nickte dann aber. Doch der Protest blieb nicht lange aus. Shinichi beobachtete, wie der kleine Hattorisprössling geübt eine Schnute zog, dabei die Lippen fest aufeinander presste. „Du hast doch aber versprochen das wir spielen, Onkel!“ Auf Bells Mund breitete sich ein entschuldigendes Lächeln aus. „Ich fürchte, das muss noch warten, beim nächsten Mal aber ganz bestimmt.“ „Versprochen?“ Shinichi starrte auf den winzigen kleinen Finger, den ihm Haikuro auffordernd hinhielt, sein Blick streifte Hattori, der seinen Sohn noch immer auf dem Arm hielt und ihm nur mit einem leicht verzweifelten Lächeln weiterhelfen konnte. Shinichi aber schluckte, während in seinen Augen ein wenig seines alten Egos aufflammte, hakte dann seinen Finger in den Haikuros ein. „Versprochen.“ Kazuha beobachtete wie das Grinsen auf den Lippen ihres Mannes bei Bells Worten nur noch breiter wurde. So wirklich nachvollziehen konnte sie das alles nicht, erst tut er alles um sie von ihm fern zu halten und nun arbeitet er mit ihm zusammen wie- wie… Wahrscheinlich war es genau das, Bell sah Shinichi ähnlich, deswegen hatte sich Heiji gegen ihn so gesträubt, das wäre mal wieder typisch. Doch bei dem Gedanken an den besten Freund ihres Mannes fiel ihr Blick auf Ran, ihr sonst eingefrorenes Lächeln war getaut, wirkte warm und echt, während sie Bell und den kleinen Haiku beobachtete. Ein breites Grinsen zog sich über Kazuhas Lippen, sie wusste ganz genau, was sie beide jetzt noch machen würden. Mit diesem Grinsen machte sie ein paar Schritte auf die Männer zu, drückte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange, nahm ihm ihren Sohn aus den Armen und setzte ihn neben sich auf den Boden, ergriff dann seine Hand, sodass er nicht gleich wieder ausreißen konnte. „Dann noch viel Erfolg, meine Herren, Ran und ich haben Besseres zu tun, als an einem solchen Tag drin zu sitzen und uns unsere hübschen Köpfchen zu zermartern. Nicht war, Ran?“ „Ähm, also eigentlich, Kazuha-“ „Kein aber, Ran. Oder Haiku, du willst doch auch das Tante Ran mit uns mitkommt.“ Der Kleine schaute die eben erwähnte nur an, ehe er auf sie zustürmte und ihre Hand ergriff. „Au jaa, komm mit, Ran, bitte, bitte, bitte!“ Die lachte nur, doch ihrer Stimme hörte man noch immer an, dass sie von der Intrige seiner Mutter nur minder begeistert war. „Schon gut, okay, ich komm ja mit.“ Noch nachdem sich die drei von ihnen verabschiedet hatten, schauten Heiji und Bell der kleinen Gruppe nach, bis sie sicher im angrenzenden Park angelangt waren. Ungeduldig hatte Heiji sich die Lippen zerbissen, während er darauf wartete, dass seine Frau endlich außer Hörweite war, ehe er einen Blick auf Shinichi erhaschte. „Kudo.“ Der aber reagierte sofort, schüttelte nur mit einem müden Lächeln den Kopf. „Lass gut sein, Hattori.“ „Aber-…“ Doch Shinichi drehte sich zu ihm rum, wieder einmal fiel Heiji auf, dass man selbst durch die Silikonpackung auf seinem Gesicht erkannte, wie müde er aussah, das Lächeln auf seinen Lippen aber war echt. „Ehrlich, lass es sein. Wir hatten weiß Gott anderes zu tun und wenn man bedenkt, mit was du dich in den letzten Tagen rumgeschlagen hast, ist es wirklich nicht verwerflich, dass du deinen Sohnemann nicht erwähnt hast. Und das du ihn Bell nicht auf die Nase gebunden hast, ist bei deinem Gedankengang nur logisch.“ Er grinste kurz, während sein Blick wieder zu der Gruppe fiel, die in der Ferne immer kleiner wurde. „Im Ernst, Hattori, ich freu mich für dich. Ehrlich.“ Der Angesprochene schaute über Bells Brille hinweg in die klaren Augen seines Freundes, wusste aber auch so, dass er es ehrlich meinte. „Danke.“ Der stolze Vater grinste breit. „Aber eins kann ich dir sagen, manchmal bin ich froh, wenn er in seinem Bett liegt und schläft. Nichts als Blödsinn im Kopf, fragt den Leuten Löcher in den Bauch, ganz davon abgesehen, dass ich ihn eigentlich an die Leine legen müsst. Kaum schaust´de mal nich hin, schon is er wieder weg. Schlimmer zu Hüten als‘n Sack Flöhe, schlimmer als du damals. Und wach zu den unmöglichsten Zeiten, statt abends zu schlafen hauts ihn mittags aus den Socken, sodass er nachts ewig lang kein Auge zu tut. Außerdem neugierig ohne Ende, nichts, wo er nicht seine Nase rein stecken muss.“ Shinichi aber lachte nur. Mit einem immer noch leicht fiesen Grinsen auf den Lippen klopfte er Heiji auf den Rücken. „Na komm Paps, lass uns an die Arbeit gehen.“ „Und? Wie schaut´s bei dir aus?“ Heiji hatte grade mit einem lauten Seufzen seinen Bericht abgeschlossen und schaute Bell nun erwartungsvoll an. Der saß noch immer über seinem Notizbuch, den Kopf in die Hand gestützt und den Kuli unruhig im Mundwinkel eingeklemmt. „Viel bleibt uns, fürchte ich, nicht übrig von dem Brief, wenn ich Recht habe, ist das meiste nutzlos… für den Fall zumindest.“ „Weil´s dich betrifft, meinst´de?“ Shinichi nickte nachdenklich, schaute dann erst zu seinem Freund auf und begann zu erklären. „Der einzige Satz, der nicht so recht reinpassen will, ist gleich der erste: Wie seltsam sich die Dinge auch entwickeln, sie kommen immer zu einem Ende. Nichts, womit ich allzu viel anfangen kann, kein Zitat oder ähnliches.“ „Schön… also müssen wir erst einmal mit dem klarkommen, was wir haben, um das nächste Opfer ausfindig zu machen.“ Shinichi nickte. „Zum einen wäre da das Verbrechen, der Mord an einer rothaarigen, jungen Frau. Zum anderen wäre da die mildernde Strafe, die den bisherigen Opfern zugesprochen worden ist.“ „Da hab ich schon nen wenig mehr rausgefunden Kudo, denn scheinbar hat sich unser Mörder erst jetzt dazu entschlossen, die Polizei einzuweihen. Ich habe nachgeschaut und in den vergangenen zwei Jahren gab es immer wieder Morde, die unseren bis aufs Haar gleichen.“ Shinichis Blick wurde ernst, während seine Augen über die Akten ungelöster Fälle schweiften, die der Osakaner ihm vor die Nase gelegt hatte. „Er hat sich damals noch ein wenig mehr Zeit gelassen, sodass die Polizei keine Verbindung erkennen konnte, während er uns seine Taten jetzt stolz und mit Ankündigung präsentiert… die Frage ist nur, warum. Warum das Schema ändern, wenn es doch offensichtlich so gut funktioniert hat.“ „Nun, es wär ja nich das erste Mal, dass sich so ein Gestörter langweilt und glaubt, er müsse die Polizei herausfordern.“ Shinichi stimmte seinem Kollegen nachdenklich zu, es wäre wirklich nicht das erste Mal, dass ein Mörder solchen Größenwahnsinn anheimfiel, dennoch konnte er den Gedanken in seinem Kopf nicht abschalten, dass da vielleicht noch mehr dahinter stecken könnte. Die Begegnung mit Hondo begleitete ihn noch immer, doch so unausgegorene Gedanken sprach er besser nicht aus. „Schön… also liegt unser Augenmerk auf allen Tätern, die wegen guter Führung aus der Haft entlassen worden sind… vielleicht auch die, bei denen es erst gar nicht zur Anklage gekommen ist. In allen Fällen ist das Opfer eine junge Rothaarige, das könnte die Sache ein wenig eingrenzen. Aber da wir keinen genauen Zeitraum haben, den wir nennen können-“ „-werden´s wahrscheinlich viel zu viele werden. Egal… Versuch macht klug.“ Während Shinichi sich wieder über die Zeilen des Mörders beugte, tippte Heiji die von ihnen gefilterten Daten in die Suchmaschine der Polizei und schon nach wenigen Minuten bestätigte ein lautes Stöhnen die Befürchtung der beiden Detektive. Shinichi schaute auf, sah seinen Kollegen, der geschlagen in seinem Stuhl zurück gesunken war. „Wirklich so viele?“ „Viel zu viele… wenn wir die alle durchgehen wollen, seh ich Kazuha und Haiku wirklich erst wieder, wenn der Kleine seinen Abschluss macht.“ Doch das kurze Grinsen auf Shinichis Gesicht hielt sich nicht lange, nun konnten sie die potentiellen Opfer schon eingrenzen, und dann so was… nicht einmal die Gefängnisakten der einzelnen Personen würde weiter helfen. Dabei muss ich sie um Verzeihung bitten, dass Sie durch meine Aktivitäten nun in einen weiteren Fall verwickelt sind, verehrte Herren Polizisten. Dennoch sei gesagt, dass der Schlüssel zu Ihrem neunen Problem in jedem Badzimmer zu finden ist und anders als ich müssen Sie nun keine verriegelten Türen mehr öffnen um zu Ihrem Ziel zu gelangen. Ein Funken leuchtete kurz in seinen Augen auf. Heiji bemerkte ein altbekanntes Lächeln auf dem immer noch fremd wirkenden Gesicht, als Bell ihn ansprach. „Hattori… versuch mal Folgendes-…“ Erschöpft und dennoch erleichtert über das, was sie heute herausgefunden hatten, verließen die beiden Ermittler erst am späten Abend das Revier. Die Nacht wartete nur darauf, sie in Dunkelheit zu hüllen, doch der hereinbrechende Abend schien nicht das einzige zu sein, was auf die beiden wartete. Kaum hatten die Detektive das Freie betreten, erkannten sie, dass Ran auf einer der Bänke vor dem Revier auf sie wartete. Heiji hörte, wie Bell neben ihm schluckte, betrachtete seinen Kollegen kurz, ehe er mit fragendem Blick auf die junge Frau zuging. „Ran? Was machst du denn noch hier?“ „Ich- Kazuha wartet ein paar Blocks weiter in einem Café auf dich, Heiji.“ Der Kommissar schnaubte. Doch als sein Blick Ran noch einmal streifte, deren Augen schon lange an ihm vorbei spähten, keimte noch eine andere Theorie auf. Der Osakaner schluckte, wusste genau, dass das alles nicht richtig war, er es nicht zulassen sollte und dennoch konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Er schluckte, schüttelte mit einem ergebenem Lächeln den Kopf. Dann erst nickte Heiji, deutete dann mit seinem Daumen auf Bell, der ein Stückchen hinter ihm stand, so den Abstand zu der Lehrerin behielt. „Schön… aber ich muss erst noch den guten Professor hier nach Hause bringen.“ „Nicht nötig, ich nehme mir einfach-…“ Doch noch ehe Shinichi seinen Einwand beenden konnte, schnitt ihm Ran selbst das Wort ab. „Ich kann das doch machen.“ Sie lächelte, musste kurz schlucken, als sie die sich ausbreitende Wärme auf ihren Wangen spürte. „Ich bin auch mit dem Auto hier und wollte jetzt sowieso los. Das heißt, wenn das für Sie in Ordnung ist, Professor?“ Heiji konnte beobachten, wie seinem Freund ein Schweißtropfen aus der Perücke rann, als er ihr zu erklären versuchte, dass er keine Umstände machen wollte und auch prima mit einem Taxi zurechtkäme, bis Shinichi schließlich klein bei gab. Dem Osakaner lief ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, dass seine Frau grade irgendwo an ihrem Kaffee nippte und das, was er grade beobachten konnte, alles akribisch geplant hatte. Mühselig versuchte er das aufkommende Grinsen unter zu schlucken, räusperte sich stattdessen. „Na gut, dann mach ich mich also mal auf den Weg. Nen paar Blocks weiter haste gesagt, oder, Ran? Na egal, ich werd sie einfach schnell anrufen und fragen.“ Heiji ignorierte geflissentlich den hilfesuchenden Blick seines Freundes, fischte nach seinem Autoschlüssel, während er sich langsam von den beiden entfernte. „Bis Morgen dann!“ Bells Augen wurden gefährlich schmal hinter seinen Brillengläsern, währen er beobachtete wie Heiji Tempo aufnahm und eilig um die nächste Ecke verschwand. „Und weg ist er.“ Doch Bells Schnauben blieb nicht ungehört. „Wie? Haben Sie etwas gesagt, Professor?“ „Was? Nein, nein, schon in Ordnung!“ Ran nickte kurz, wich seinem Blick aus und biss sich auf die Unterlippe, ehe sie erneut zu sprechen begann. „Ich… ich hoffe Ihnen ist es auch wirklich Recht Professor, wenn ich sie nach Hause fahre, meine ich.“ Shinichi blinzelte nur. „Natürlich nicht, Miss Mori! Ich danke Ihnen sehr für Ihr Angebot, auch im Namen von Kommissar Hattori, ich schätze es ist in unserer beider Sinne, dass er seine Frau nicht allzu lange warten lässt.“ Er grinste kurz und sie erwiderte seine Geste, begann dann Bell zu ihrem Auto zu führen. Das Einzige, was beide in diesem Moment hörten, waren ihre Schritte auf dem noch immer feuchten Kies. Shinichi schluckte, suchte verzweifelt nach Gesprächsstoff, doch sein Hirn war in diesem Moment wie leer gefegt. Sein Blick fiel auf Ran, auch ihr schien die peinliche Stille mehr als unangenehm zu sein, jedoch war sie besser darin, ein unverfängliches Thema zu wählen. „Ich hoffe, Sie und Heiji haben gefunden was, Sie gesucht haben?“ Sofort spürte Shinichi, wie ihm das Atmen leichter fiel, wenigstens etwas, worüber er mit ihr reden konnte. „Nun… was den Täter anbelangt, so zeichnen sich ein paar Indizien ab, allerdings leider noch sehr vage, in Bezug auf das nächste Opfer sieht es besser aus.“ Ran stockte, drehte sich mit einem überraschten Blick zu ihm. „Sie wissen, wen er als nächstes angreifen wird?“ „Wir haben zumindest eine Vermutung, ja.“ Doch noch während er sprach, spürte Shinichi den bitteren Geschmack auf seiner Zunge, wich ihren Augen hastig aus. Ran aber wusste sofort, was in dem Amerikaner vorging, die plötzlich trüb werdenden Augen und die etwas eingefallene Haltung verrieten ihr mehr, als Bell vielleicht lieb war. Ihre Stimme war sanft, unbewusst machte sie einen Schritt auf ihn zu, brachte nun so seine Aufmerksamkeit wieder auf sie. „Es ist nicht Ihre Schuld.“ „Wie?“ „Der letzte Mord. Sie und die Polizei haben alles getan, um diese Frau zu schützen. Es ist nicht Ihre Schuld. Manche Dinge kann man einfach nicht verhindern.“ Shinichi schluckte aufgrund des am Schluss etwas abgefallenen Tons Rans, vermied es jedoch, nachzuhaken. „Ich muss aber gestehen, Miss Mori, dass es genau das ist, was mir Sorgen macht. Wie konnte der Täter an den Wachen vorbei? Wie überhaupt ins Krankenhaus und wieso kennt er die Strafakten seiner Opfer?“ Ran´s Augen wurden groß, sie wusste genau, wohin die Fragen des Kriminalisten führen. „Sie meinen…“ Er nickte ernst, schnitt ihr damit das Wort ab ehe sie jemand hätte hören können. „Es liegt zumindest nahe, derzeit ist es noch kein Muss, da man die Informationen auch anders zusammentragen kann, allerdings erfordert das ziemlich viel Fleiß und Akribie.“ „Verstehe… klingt ganz danach, als hätten Sie viel zu tun.“ Ihre Hände aber spielten nervös mit dem Schlüssel in ihrer Hand, brachten die kleinen Anhänger dazu, eine kleine, zusammengewürfelte Melodie zu klimpern. „Da haben Sie gewiss keine Zeit für ein gemeinsames Abendessen.“ „W- wie meinen?“ Ran schluckte, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, ehe sie mit einem großzügigen Rouge auf den Wangen wieder zu ihm aufsah. „Ich dachte, dass wir vielleicht etwas zusammen unternehmen können, Sie haben die Stadt schließlich noch nicht wirklich wieder gesehen. Wenn Sie also Lust haben führe ich Sie ein wenig herum, oder wir gehen einfach nur ins Kino, ein wenig Ablenkung tut Ihnen bestimmt gut.“ Ran bis sich auf die Lippen, vermied so, dass der Redeschwall weiter überhand nahm. Sie holte tief Luft und hörte doch wie ihr Atmen beim Ausatmen zitterte. „Ich… eigentlich wollte ich sie Fragen, ob Sie vielleicht Lust hätten, mit mir Essen zu gehen, Professor.“ Bell sagte nichts, während sich sein Gesicht langsam aufheizte. Er schluckte, bemerkte wie es in seinem Magen zu kribbeln begann, während er sich mühsam auf die Zunge biss, um ein übereiltes Ja zu vermeiden. Ihre dunkelblauen Augen zogen ihn in seinen Bann, das leicht verlegene Lächeln, welches nur ihm allein galt und die Botschaft in ihrem Blick, die er sich schon so lange erträumt hatte. Und doch quälten ihn seine Dämonen, es schien ihn innerlich zu zerreißen, als er sich darauf vorbereitete, was er ihr sagen musste, dass er ihr absagen musste. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen. Auf keinen Fall. Er durfte nicht mit ihr ausgehen, also durfte William Bell das auch nicht. Er schluckte, merkte wie der Klos in seinem Hals ihm seine Kehle immer mehr zu schnürte, während ein Windhauch den Duft von Kirschblüten zu ihnen hinüber trug. „Klar… Essen klingt gut.“ Das Lächeln aber, das dann über ihre Lippen glitt brachte auch Shinichis innere Stimme zum Schweigen, sorgte dafür, dass sich der Takt seines Herzschlags beschleunigte und sich ein Lächeln auf Bells Lippen spiegelte, noch ehe Shinichi selbst die Instruktion dafür erteilen konnte. Ran hingegen musste an sich halten, nicht noch zehn Mal nach zu fragen, ob der Professor es auch wirklich ernst meinte. „Auf was hätten Sie denn Lust?“ Bell schluckte, Shinichi bemerkte, wie rau die Stimme des Amerikaners plötzlich klang. „Italienisch. Wie wär´s damit? Aber auch nur wenn sie auch wirklich-„Sie aber lächelte nur, wich seinem Blick kurz, aus während sie mehr mit sich sprach als mit ihm. „Nein, nein… schon gut. Italientisch klingt gut…“ Und Hallo noch mal ^^ Ich hoffe der kleine Ausflug in Heijis und Kazuhas Leben hat euch gefallen, es hatte ja ein wenig Füller Charakter aber das wars dann jetzt auch, denn das war nur die Ruhe vor dem Sturm. *muhaha* Wie immer einen ganz herzlichen Dank an alle die mir einen Kommentar dar gelassen haben ^///^ Es bedeutet mir echt viel und hilft mir auch wirklich Motivation fürs schrieben zu finden. Ich freu mich auch das der ein oder andere sich mal wieder gemeldet hat, ich muss ja gestehen manchmal mach ich mir da schon Gedanken, ob ich irgendwen von euch verkrault habe, ob euch die Stors vielleicht zu Umfangreich, zu Kirminalistisch oder zu wenig ShinxRan lastig ist? Danke jedenfalls ^_^ Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen wie immer würde ich mich natürlich über eure Sicht der Dinge freuen ;) Das neue Kapitel: http://www.animexx.de/weblog/275310/738289/ Ganz liebe Grüße, eure Shelling Ford PS: Danke an Leira, die das Kapitel innerhalb kürzester Zeit Korrigiert hat! Ach ja und für die dies nicht gesehen haben es gibt einen etwas längeren "Spoiler" in meinem Blog ;) Kapitel 21: Die Liga der Rothaarigen ------------------------------------ Sooo… bevor es hier irgendwas zu Lesen gibt oder ich mich am Schluss noch mal Melde. Möchte ich mich gleich am Anfang des Kapitels gaaaanz herzlich bei der lieben für ihr Fanart bedanken! Sie hat eine Szene aus dem letzten Kapitel ganz wunderbar in Farbe umgesetzt (meiner Meinung nach besser als ich sie geschrieben habe ;] ) Schaut es euch an! Es ist der Wahnsinn! http://animexx.onlinewelten.com/fanart/favoriten/275310/2413292/ Nochmals vielen vielen Dank! *knuddel* Und jetzt, viel Spaß beim Lesen Die Liga der Rothaarigen Der kleine Konferenzsaal füllte sich langsam und die Stimmung im Raum wurde immer gereizter, offenbar hatten sie alle Hattoris Bericht gelesen, doch das Wissen, dass ihr Mörder auf einem Rachefeldzug war, machte die Stimmung nicht gerade besser. Noch dazu schien allen klar geworden zu sein, dass sie den Täter unter Umständen in den eignen Reihen suchen mussten. Ein Fall ganz nach dem Motto „Need not to know“ lag den Polizisten grundsätzlich im Magen. Shinichi seufzte, nippe müde an seinem Kaffee und rückte sich Bells Brille zurecht. Er konnte Sato und Takagi flüstern hören, vielleicht schon erste Verdächigungen austauschen, während Megure zum gefühlten hundertsten Mal die Akten durchging, um weitere Notizen in sein ohnehin schon vollgeschmiertes Buch zu machen. Kogoro stand mit ihm und Heiji an der Fensterfront des Raums, warf Bell ab und an einen zweideutigen Blick zu, riskierte es jedoch nicht, ein Gespräch anzufangen, sondern paffte stattessen weiter vor sich hin. Hattori, zu seinem Leidwesen, war mehr als gesprächig, versuchte ganz offenkundig, aus ihm herauszuquetschen, wie es mit Ran gestern noch gelaufen war. Erst als die Tür erneut aufging und die Detective boys eintraten und sich sofort an ihren Platz setzten, ließ sich Hattori von einem anderen Gesprächsthema überzeugen. „Ein wenig sehr still heute, die drei, findest du nicht?“ Der Beamte hob fragend eine Augenbaue, liess den Blick zu den Kindern schwenken, deren Augen sofort zu Boden, an die Decke oder aus dem Fenster glitten und so dem scharfen Blick brachen, der bis eben noch auf ihm und Kudo gelegen hatte. „Da haste Recht. Ich frag mich eh, warum sie erst jetzt wieder auftauchen, sonst lassen die sich doch nicht so leicht von nem Fall abbringen.“ Shinichi seufzte nur; ja, das hatte er bemerkt, grade deswegen war es so beunruhigend, die Oberschüler auf einmal so zurückhaltend zu erleben. „Hat Ran denn was gesagt? Warum se die letzte Zeit nicht da waren?“ Bell aber schüttelte nur den Kopf, fuhr sich mit der Hand durchs aschblonde Haar. Die Blicke, mit denen ihn die drei Detektive immer wieder traktierten, gefielen ihm gar nicht. Aber fürs erste gab es Wichtigeres, als seine Paranoia oder die katastrophale Verabredung zum Essen, die Ran gestern angezettelt hatte, welche übrigens pünktlich zum Konferenzbeginn eintraf. Sie hatten einen Fall zu lösen und endlich eine Spur gefunden, die sie geradewegs in die Arme des Mörders führen konnte. Megure räusperte sich kurz, läutete damit den Beginn der Besprechung ein, dessen Ruf alle Folge leisteten und sich entweder an den Tisch begaben oder dem Hauptkommissar endlich ihre Aufmerksamkeit zuwandten. „Guten Tag zusammen, ich nehme an, jeder von Ihnen hat den Bericht von Kommissar Hattori gelesen.“ Die dunkler werdenden Mienen der Polizisten und sonstigen Anwesenden waren Antwort genug. Der füllige Beamte nickte ruhig, doch seine Brauen zogen sich tief unter dem Hut zusammen. „Wir haben also eine erste Verbindung zwischen den Opfern. Zum einen die Tatsache, dass die selbst schon einen Mordprozess hinter sich haben, zum anderen deren frühere Opfer, es ist nur die Frage, ob das ausreicht, um dem Mörder beim nächsten Mal zuvorzukommen. Irgendwelche Fortschritte, was die Nachricht anbelangt, Professor Bell?“ Der Angesprochene schaute auf, nickte - während er anfing, zu sprechen, flog ein Lächeln über seine Lippen, das nicht nur Ran eine Gänsehaut verschaffte. „Es gibt in der Tat ein paar zu erwähnende Fortschritte, Hauptkommissar Megure. Wenn ich Ihnen die letzte Nachricht des Täters nochmals in Erinnerung rufen darf.“ Bell nahm sein Notizbuch zur Hand, stand vom Tisch auf und wanderte unruhig im Raum, während er vorlas. „Wie seltsam sich die Dinge auch entwickeln, sie kommen immer zu einem Ende. Dabei muss ich Sie um Verzeihung bitten, dass Sie durch meine Aktivitäten nun in einen weiteren Fall verwickelt sind, verehrte Herren Polizisten. Dennoch sei gesagt, dass der Schlüssel zu Ihrem neunen Problem in jedem Badzimmer zu finden ist - und anders als ich müssen sie nun keine verriegelten Türen mehr öffnen, um zu Ihrem Ziel zu gelangen. Viel Spaß bei der Jagd. Hochachtungsvoll, Mr. Sherlock Holmes Wir wissen nun schon, dass er das zu Ende bringt, was die Polizei oder die Justiz, seiner Meinung nach nicht richtig erledigt hat. Deswegen wohl auch die Anspielung auf die, nun völlig Erblindeten Polizisten im ersten Zitat. Wichtig für uns ist vor allem der zweite Abschnitt, in dem er von „verriegelten Türen“ spricht, um an sein Ziel zu gelangen. Gepaart mit dem Wissen, dass die nächsten Opfer unter ehemaligen Straftätern suchen müssen, ist die nächste Schlussfolgerung nicht allzu schwer.“ „Ein Gefängnis. Unser nächstes Opfer sitzt in Haft?“ Überrascht von seiner eigenen Schlussfolgerung, sah Takagi auf, wartete auf eine Reaktion des Amerikaners. Bell lächelte flüchtig, nickte dem Beamten zu, während er weitersprach. „Ja und nein, die Sachlage verhält sich in unserem Fall noch ein wenig anders.“ „Verdammt, Bell, Sie reden ja gerade so, als wüssten Sie, wo der Kerl das nächste Mal zuschlägt?“ Kogoros Augen hafteten fest auf dem Amerikaner, als auf dessen Lippen trotz der rüden Worte ein Lächeln erschien. „In der Tat.“ „Was?“ „Nun, nachdem wir das kleine Rätsel unseres Mörders entschlüsselt hatten, ist es dem Kollegen Hattori und mir gelungen, den Kreis der potentiellen Opfer auf eines zu beschränken.“ Heiji nickte ernst, stand auf und verteilte an jeden seiner Kollegen eine dünne Akte mit den Informationen zu dem potentiellen nächsten Opfer. „Beachtet man, dass bisher nur Mörder von einer bestimmten Gruppe von Frauen umgebracht wurden, die die Todesstrafe umgehen konnten, bleibt in der Tat nur noch eine Person übrig.“ Die Augen des Hauptkommissars wurden eng, als er einen Blick auf das mitgeführte Foto der Akte warf. „Ich kenne diesen Fall.“ Auch Mori nickte - auch seine Miene wurde dunkler. „Deswegen haben Sie also Takagi eben korrigiert.“ Bell nickte nur, doch die anderen in der Runde wurden langsam unruhig. „Würde uns mal bitte jemand aufklären?“ „Bei dem möglichen Opfer handelt es sich um Roki Kabawa, er ist erst kürzlich des brutalen Mordes an seiner Frau angeklagt worden, wird aber vermutlich aufgrund Mangels an Beweisen frei gesprochen werden. Er befindet sich deswegen momentan noch in Untersuchungshaft, wenn ich mich recht entsinne, findet sein Prozess in der nächsten Woche statt.“ Der Hauptkommissar seufzte laut, als er mit seiner Erklärung fertig war, betrachtete nachdenklich die Akte auf seinem Platz, während er weiter sprach. „Das bedeutet, wir haben unseren Mann. Aber wann dieser „Holmes“ wieder zuschlägt, wissen wir somit noch immer nicht.“ Bell rückte sich seinen Stuhl zurück, setzte sich wieder, ehe er dem Beamten mit einem Kopfschütteln antwortete. „Nein, leider nicht.“ „Und was ist mit dem Rest der ominösen Nachricht, kann die Ihnen nicht weiterhelfen oder haben Sie´s einfach noch nicht raus bekommen, Professor?“ Shinichi zuckte bei der forschen Frage des ehemalig „schlafenden“ Detektiven, er hatte nicht einmal die Zeit, die Zähne zusammenzubeißen, als Hattori für ihn einsprang. „Nicht weiter wichtig. Wahrscheinlich nur nen paar Sprüche damit der Rest besser in sein Konzept passt.“ Er schluckte trocken, wandte sich dann aber mit einem Lächeln seinem Kollegen zu. „Hab ich nicht Recht, Mr. Bell?“ Shinichi blinzelte, schluckte kurz, nickte dann aber, versuchte seine trockene Stimme zu überspielen, als er weitersprach. „Das nehmen wir momentan zumindest an.“ „Schön, also dann bleibt es dabei. Wie sieht es bei Ihnen aus, Sato? Haben Sie etwas aus unseren Wachmännern heraus bekommen können?“ Die Beamtin aber schüttelte nur ernüchtert den Kopf. „Laut unseren Männern und dem Krankenhauspersonal, sowie den Überwachungskameras ist alles so abgelaufen wie es im Plan stand. Kein anderer hat in dieser Nacht das Zimmer weder betreten noch verlassen.“ Der Hauptkommissar seufzte nur, rieb sich die immer größer werdende kahle Stelle unter seinem Hut. So langsam bekam Megure das Gefühl, dass dieser Fall ein einziges Labyrinth war, in dem keiner von ihnen den roten Faden zu fassen bekam. „Allerdings gibt es da noch etwas, dem wir unsere Aufmerksamkeit schenken sollten.“ Der Beamte hob fragend die Augenbraue, während die beiden Detektive nun gespannt zuhörten, und froh waren, dass Kommissarin Sato es von alleine angesprochen hatte, denn dieses Thema lag sowohl Shinichi als auch Heiji noch schwer im Magen. „Sie hatten mich doch beauftragt, den Journalisten zu überprüfen. Den, dem wir unsere erste Schlagzeile zu verdanken hatten.“ „Es war wieder derselbe, oder? Ich habe seinen Namen unter dem Artikel gelesen.“ Sato nickte Mitsuhiko nur zu, ehe ihre Stimme einen Tonfall ernster wurde. „Ganz recht. Es ist derselbe, doch das ist es nicht, was mich stört. Sondern die Erscheinungszeit des Artikels.“ Shinichi schluckte, er und Hattori tauschten kurze Blicke aus, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die junge Kommissarin richteten. „Wir haben die Botschaft des Mörders erst gefunden, als Dr. Matzudo mit der Leiche durch war, doch der Artikel mit dem Inhalt dieser Zeilen war zu diesem Zeitpunkt bereits abgedruckt.“ Megure nickte nur, strich sich über den grau melierten Bart. „Das heißt, wir haben einen Verdächtigen.“ „Genau, Sir.“ Sato schaute ihn ernst an, ein kleiner Funken Hoffnung schimmerte in ihren Augen, während sie sprach. „Und als Journalist hätte er durchaus genügend Informationen zusammengetragen, auch ohne dass er Zugriff auf polizeiliche Akten hätte.“ Auch Megure erkannte, wohin die Gedanken der Beamtin wanderten - vielleicht war es doch keiner von ihren Männern. „Schön.“ Der Hauptkommissar stand dann auf und schaute in die Runde. „Sato, Sie und Mori bringen mir diesen Kerl hierher.“ Die angesprochenen bejahten den Befehl ihres Chefs, während der sich schon an die nächste Gruppe wandte. „Takagi, Sie begleiten Kommissar Hattori und Mr. Bell morgen zu unserem potentiell nächsten Opfer. Ich werde alle nötigen Instruktionen dafür in die Wege leiten.“ Die Angesprochenen nickten nur, hörten kaum, was der Polizist sich in den dicken Schnauzer murmelte. „Es wird Zeit, dass wir diesem Kerl endlich das Handwerk legen.“ Der Konferenzsaal hatte sich bereits geleert und jeder ging seiner Arbeit nach. Während Sato und Mori auf dem Weg zu dem Journalisten waren, hatte sich Takagi daran gemacht, ihnen alle nötigen Formulare für die morgige Befragung zu organisieren, sodass sich die beiden Detektive, die sich irgendwie von den Detective Boys abseilen konnten, in Ruhe dem Mann widmen konnten, dem sie morgen verkünden mussten, dass er selbst im Visier eines Mörders stand. „Na, das wird ja lustig werden mit dem Kerl.“ Lustlos schlug der Kommissar die Akte zu, schaute mit einem gelangweilten Blick zu seinem Kollegen, der ihn scheinbar nicht weiter beachtete. „Ich mach mir viel mehr Gedanken über die Location, Hattori.“ „Mhm… Wieso?“ „Na, ein Gefängnis, ich hoffe, du lässt mich nicht wieder da.“ „Ha ha.“ Doch das Lächeln des Amerikaners wurde aufgrund der beleidigten Miene seines Kollegen nur noch breiter, er wollte grade noch einen drauf setzen, als das Klingeln von Bells Handy die beiden aus dem Konzept brachte. Überrascht schaute Shinichi auf das Display zu seiner Armbanduhr und wieder zurück, bei Elf stunden Zeitverschiebung war es in New York gerade einmal halb neun Uhr morgens. Wer wollte da schon etwas von ihm? Heiji schaute seinen Freund fragend an, Shinichi aber zuckte nur mit den Achseln und nahm das Gespräch entgegen, doch noch ehe der Detektiv auch nur hätte Hallo sagen können, polterte ihm eine rauchige Stimme ins Ohr. „Hell, Will, what´s going on over there?“ “What? Who- York?” “Of course it´s me! Listen, I might believe, there are a view things you should know.” Heiji konnte die aufgeregte Stimme des Amerikaners am anderen Ende der Leitung deutlich hören. Er hatte keine Ahnung, mit wem Kudo da sprach, aber anhand der immer größer werdenden Augen und den mit einem Mal blassen Lippen Bells ahnte er, dass es keine guten Neuigkeiten sein konnten. Sein Blick fiel erneut auf Shinichi, erkannte, wie die Hände seines Kollegen leicht zu zittern begonnen hatten, rückte ihm einen Stuhl zurecht, den der jedoch ignorierte und wartete, ahnte nicht, dass über seinem Freund grade eine Katastrophe hereinbrach. „Ihre Studenten wurden heute von ein paar Männern attackiert!“ Bells Augen wurden groß, der Schlag hatte gesessen. Shinichi schluckte, merkte, wie sich sein Mund in eine Wüste verwandelte und Bells Stimme zum Krächtzen brachte. „Sind sie in Ordnung? Ist jemandem etwas passiert?“ Diesmal war es York, der schwer einatmete, nie ein gutes Zeichen, auf gar keinen Fall ein gutes Zeichen. Der Professor zernagte sich die Lippen, merkte, wie sich die feinen Härchen auf seinen Armen aufstellten, während er seinen Boss innerlich anflehte, ihm endlich Antwort zu geben. „Sie sind alle soweit in Ordnung, alleine Miss Swann wird derzeit medizinisch betreut.“ „Was! Wieso?“ Der Universitätsleiter seufzte. “Nun, die junge Dame war wohl nicht begeistert von der Art und Weise, wie diese Männer mit ihren Kommilitonen umgegangen sind, geschweige denn von der Manier, mit der sie Fragen gestellt haben.“ Shinichi konnte hören, wie York schluckte, ehe er weiterzusprechen begann. „Sie hat ihnen nachgestellt und wurde laut Aussage der anderen von dem Auto der beiden erfasst. Bis auf einen gebrochenen Arm und eine Gehirnerschütterung fehlt ihr jedoch nichts. Nochmal Glück im Unglück.“ Shinichi aber konnte bei dieser Bemerkung ganz und gar nicht aufatmen. Eine seiner Studentinnen, jemand für den er die Verantwortung trug, wurde verletzt… wegen- Er schluckte, ahnte wohin diese Geschichte führte, York war noch nicht fertig mit seiner Rede und gönnte seinem Professor nur eine Pause, um das gerade Gehörte zu verdauen, er würde diese Zeit brauchen. „Sie sagten, die Männer haben dem Semester Fragen gestellt… worüber?“ „Über Sie.“ Diesmal wurde die Stimme des Amerikaners harscher, er vermittelte klar und deutlich, in welcher Situation die Studenten sich befunden hatten. „Sie haben sie ausgequetscht bis ins kleinste Detail oder es zumindest versucht, fragen über alle möglichen Personen gestellt … aber sie kennen die Truppe ja, die sind weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen und haben gleich gesehen, dass an der Sache was faul ist. Deswegen ist ihnen ein Teil gefolgt.“ „Was?!“ „Schreien Sie mir nicht so ins Ohr, Mann, habe ich Ihnen den Kram beigebracht oder Sie?“ Ein ungutes Gefühl keimte in dem Detektiv auf, er lauschte und erkannte im Hintergrund Stimmen und andere Geräusche. Bell schluckte, bemerkte wie sich sein Kiefer verkrampfte, ihm gar nicht erlauben wollte, diese Frage zu stellen. „Wo sind Sie jetzt, York?“ „In Ihrer Wohnung, Bell.“ Die Oberschülerin stockte bei dem Bild, das sich ihr bot. Die junge Frau stand am Waschbecken, ein untrügliches Lächeln zierte Ran´s Lippen. Ein Lächeln, das die männlichen Mitglieder der Detective boys übersehen hatten, ein Lächeln, das mit Schuld war an den Magenschmerzen, die es Ayumi verursachte, Ran verschweigen zu müssen, was sie wussten. Als die Lehrerin die Bewegung im Spiegel wahrgenommen hatte, schaute sie lächelnd auf. „Hey, Ran.“ „Na, Ayumi, auch wieder mit von der Partie heute? Was war los? Ihr lasst euch solche Gelegenheiten doch sonst nicht entgehen?“ Die Oberschülerin nickte, lehnte sich an die Wand gegenüber und unterbreitete Ran die von den Detective boys ersonnene Ausrede über ihr Fernbleiben. „Na ja, allzu lang sind unsere Ferien ja nicht und danach stehen gleich die großen Prüfungen an und wir dachten, bevor der Fall in die Vollen geht, ist es besser, erst etwas zu tun, sodass wir jetzt wieder richtig einsteigen können.“ Ran nickte. „Da habt ihr wohl Recht.“ Doch so wirklich überzeugt von dem plötzlichen Arbeitsdrang der Detektive war Ran nicht – gut, sie waren nicht schlecht in der Schule, jeder hatte seine Stärken und Schwächen, aber wenn ein Fall anstand, noch dazu ein Fall wie dieser, war es nur mehr als unwahrscheinlich, dass man die drei hinter ihren Büchern vorfand. Doch Ran beschloss, es dabei zu lassen, nicht weiter darauf einzugehen, warum sich die drei nicht hatten blicken lassen, sondern setzte Ayumi ein wenig mehr ins Bild, was die derzeitigen Ermittlungen anbelangte. Erst nachdem die Lehrerin eine Weile geredet hatte und die Oberschülerin noch immer mehr als verhalten in ihrer Ecke stand, beschloss Ran, dass es genug war. Sie seufzte, wandte sich dem Mitglied der Detektiv Boys nun ganz zu. „Nun los doch, Ayumi. Frag endlich.“ „Wie?“ Die Oberschülerin, blinzelte, schaute Ran verwundert an. „Was- Was meinst du?“ Die aber lachte nur tupfte sich mit einem Stück Papier die Hände trocken. „Ich bin Lehrerin Ayumi, ich kenne diesen Blick mittlerweile. Die Grimassen, die du grade ziehst, sind typisch für einen Schüler, der nicht weiß, ob er seine Frage nun stellen soll - oder nicht.“ Rans Lächeln wurde etwas sanfter, als sie die ertappte Röte in dem jungen Gesicht erkannte. „Ich nehme mal an, dass das Gerede über den Fall nur dazu dient, das Unausweichliche weiter hinaus zu zögern.“ Sie seufzte, ließ sich gegen das Waschbecken sinken. „Also quäl dich nicht länger und frag endlich, ich werde dich schon nicht auffressen.“ Die Oberschülerin biss sich auf die Lippe, wandte den Blick ab, jetzt oder nie. „Liebst du ihn?“ Sie zögerte kurz. „Bell?“ DAS war allerdings eine überraschende Frage, Ran schluckte schwer, überlegte kurz, ob sie ihrer Schülerin die Antwort einfach verweigern sollte, aber andererseits wäre es vielleicht sogar ganz nett, mit jemanden über das Durcheinander in ihrem Kopf zu sprechen, der alle Beteiligten kannte. „Ich- keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass man das nach so kurzer Zeit schon sagen kann, Ayumi, wir kennen uns ja eigentlich kaum…“ Ran schluckte, doch die Stille verriet der Oberschülerin das unausgesprochene „Aber“ am Ende des Satzes. „Aber du magst ihn.“ Sie sah sich erneut mit Rans Augen konfrontiert, ehe sie dann mit einem Nicken den Kontakt wieder brach. Ran spürte, wie ihre Wangen immer wärmer wurden, knetete nervös das dünne Papiertuch in ihren Händen. „Ich bin gerne in seiner Nähe, ich fühle mich sicher, geborgen, einfach- einfach wohl, wenn er da ist.“ Ein flüchtiges Lächeln begleitete ihren letzten Satz, doch dieses ließ Ayumi einen gefüllten Eimer Eis in die Magengrube gleiten. Es war schon lange her, dass sie Ran so über jemanden hatte reden hören, so lange her, dass sie sie so glücklich gesehen hatte. Wer war sie, ihr dieses Glück wieder abspenstig zu machen, sie erneut ins Wanken zu bringen? Ayumi schluckte, genauso musste es ihm auch gegangen sein, wenn er ihr am Telefon sagte, er würde bald wieder kommen oder er den kleinen Bruder mimte, nur um sie lächeln zu sehen. Lügen, einfach schweigen, schien in diesem Moment so viel leichter. Es war doch so viel besser, als ihr dieses Glücksgefühl mit der simplen Wahrheit wieder zu entreißen. Die Oberschülerin biss sich auf die Lippen. Sie hatte schon oft festgestellt, dass es sich bei diesem Moralgut um ein zweischneidiges Schwert handelte, doch niemals kam ihr diese Klinge so grausam vor. Besser war es, jetzt die Schmerzen zu ertragen, als in dieser vagen Hoffnung zu Leben und immer wieder abzuheben, um dann nur noch tiefer zu fallen. Sie holte tief Luft, wollte grade den Mund aufmachen, als ihr Ran zuvor kam. „Wie kommst du eigentlich darauf? Ist es so offensichtlich?“ Ayumi blinzelte kurz, aus ihren Gedanken gerissen, fing sich aber dann schnell wieder und schenkte ihrer Lehrerin ein verlegenes Grinsen. „Ein wenig…“ Ran wurde rot und Ayumis Grinsen breiter, ehe es wieder zusammenfiel, als sie gleich ihre nächste Frage stellte. „Ich habe mich nur gewundert. Versteh mich bitte nicht falsch, Ran, aber diesen Blick- ich hatte schon nicht mehr geglaubt, dass du jemand anderen so ansehen könntest.“ Ayumi fuhr sich über die Lippen, machte so eine Pause die für Ran die Gelegenheit bot, etwas zu sagen, doch als es still blieb, sprach die Oberschülerin weiter. „Ich meine, sonst hast du nur für ihn immer so etwas gefühlt. Egal wo er grade war, du wusstest gleich, wenn er in deiner Nähe war. Heiji hat uns von dem Fall mit Shinichis Doppelgänger erzählt. Als er augenscheinlich wieder da war, noch dazu mit Amnesie, hast du dennoch nur nach Conan gesucht und dich um ihn gesorgt. Du hast es trotz allem gespürt, irgendwie gewusst, dass er es ist, egal hinter welcher Maske er sich auch grade versteckt.“ Ayumi schluckte, schaute nicht auf, sie wusste genau, welchen Schaden ihre Worte in diesem Moment anrichteten. „Es ist nur seltsam, dass du jetzt plötzlich für einen Fremden so fühlst.“ „Hier wurde eingebrochen.“ Kein Wort kam Bell über die Lippen, zu fest hatte er sie aufeinander gepresst, wartete und ertrug mit pochendem Puls alles, was York ihm erzählte. „Anstatt der Polizei haben Ihre Studenten mich angerufen, Sie können sich meine Begeisterung vorstellen… doch mittlerweile zweifele ich selber daran, ob wir die Behörden wirklich hinzuziehen sollten.“ Er hörte seinen amerikanischen Freund auf der anderen Seite der Leitung schwer seufzen, bemerkte ein leises Rascheln am anderen Ende, ohne Frage das Geräusch, das von York verursacht wurde, der nachdenklich seinen Bart zwirbelte. Er konnte ihn beinahe vor sich sehen, die Hände zitternd vom Verlangen nach Nikotin, die Brauen tief über die braunen Augen zusammengezogen, seine Bartspitzen, deren Winkel noch nach oben zeigten. Bell konnte die stumme Anklage in den Worten seines Vorgesetzten hören, es wunderte ihn nicht, dass sein Chef sich bisher um ein für ihn bestimmt derzeit sehr offensichtliches Thema wand. Er musste es wissen. Warum sonst sollte er zögern die Polizei einzuschalten. „Das FBI…“ Shinichi schluckte, erkannte Bells Stimme unter dem rauen Ton beinahe nicht wieder. „Sie können das FBI einschalten, fragen Sie nach Agent Black und erwähnen Sie meinen Namen.“ York holte Luft, wollte zur Frage ansetzen, als Shinichi ein Rauschen in der Leitung bemerkte, gepaart von den fluchenden Worten des Amerikaners. „Lassen Sie das!- Simes, was zum-„ „Professor?!“ Bell blinzelte kurz, als er plötzlich seinen rothaarigen Studenten an der Strippe hatte, offensichtlich war der noch viel weniger gut auf ihn zu sprechen als York. „Mr. Simes?“ Der Angesprochene nickte nur hektisch, ungeachtet dessen, dass sein Professor das nicht sehen konnte und begann zu sprechen, er hatte sich das Drumherumgerede der beiden alten Herren nun schon lange genug angehört. „Hören Sie Professor, diese zwei Typen haben uns auf dem Campus auf sie angesprochen, noch nen anderen Namen genannt und haben dann Julie über den Haufen gefahren. Natürlich sind wir hinterher, aber die Kerle waren schon wieder weg.“ So ruhig wie der Professor am Telefon wirkte, so wenig war Shinichi es im Moment, seine Hände hatten angefangen zu zittern. „Die beiden Männer waren in schwarz gekleidet, nehme ich an?“ Er spürte, wie sich Heijis Blick auf ihm verstärkte, erkannte auch noch aus dem Augenwinkel heraus, wie die Augen des Osakaners groß wurden, wagte jedoch nicht, seinen Blick zu erwidern. Simes aber schien von der Frage durchaus überrascht, musste jedoch nicht lange überlegen. „Das waren sie.“ Er hörte wie Simes durchatmete, die Hektik fiel aus seiner Stimme und hinterließ umso mehr Ernst. „Ich denke, die Kerle haben gefunden, wonach sie gesucht haben.“ Die Stimme seines Studenten war trocken, Simes ersparte sich die Einzelheiten und Shinichi konnte sich auch so vorstellen, wie es hinter der Tür aussah, die sie eingetreten hatten. Dem Detektiv drehte sich der Magen um bei dem Gedanken, dass sein Kollege und seine Studenten sein Gesicht, Bells Gesicht gleich mehrfach vorgefunden hatten. Damit wäre die Option, zu seinem derzeitigen Leben zurückzukehren, auch gestrichen. William Bell konnte nicht länger existieren. Shinichi biss sich auf die Lippen, schloss die Augen und presste die nächste Frage zwischen seinen Zähnen hervor. „Der Name. Wen haben die Männer gesucht, Simes?“ Er hörte den Rothaarigen die Luft einziehen, konnte sich die von Sommersprossen eingerahmten Augen vorstellen, die ihn, wenn sie jetzt könnten, durchbohrend ansehen würden. „Shinichi Kudo.“ Der Name hallte wie ein Schuss in seinen Ohren nach, machte seine anderen Sinne taub für alles um ihn herum, doch der Rückstoß ließ nicht lange auf sich warten. „Nachdem, was ich weiß ein Japaner, seinerzeit erfolgreicher Detektiv, müsste jetzt um die 27 sein, allerdings hat man seit 10 Jahren nichts mehr von ihm gehört, sodass die Behörden ihn intern für tot halten.“ Die rasselnde Stimme des Studenten verlor mit einem mal an Klang, seine nächsten Worte waren merklich leiser und wurden begleitet von einem Hauch Furcht. „Professor… warum suchen diese Leute nach ihm… was wollen sie von Ihnen?“ Shinichi biss sich auf die Lippen, versuchte verzweifelt, eine Ausrede aus seinem Hirn hervor zu quetschen, doch es blieb bemerkenswert dunkel in seinem Kopf, als hätte jemand einfach, ohne ihn zu fragen, den Lichtschalter umgelegt. Er holte Luft, starrte hilfesuchend an die Decke, während er sprach. „Je weniger Sie wissen, desto besser.“ Simes wollte grade wiedersprechen, doch Bell fuhr ihm in die Parade. „York soll das FBI informieren, ansonsten würde ich Sie aber alle um strengste Geheimhaltung bitten.“ Shinichi schluckte, ließ Bells Stimme ein wenig sanfter werden. „Es ist wichtig, Mr. Simes.“ Er konnte förmlich sehen, wie sich der Rotschopf auf die Lippen biss, doch dieses Mal schien er auf seinen Professor zu hören. „Schon klar… ich glaube sowieso nicht, dass Mr. York es gern hätte, wenn bekannt wird, dass er keine Ahnung hat, wer wirklich in seinem Institut arbeitet.“ Der junge Amerikaner lachte trocken und humorloser als geplant. Shinichi schloss nur die Augen, versuchte für den Moment zu verdrängen, in welches Chaos er seine Studenten und Arbeitgeber hinein gezogen hatte. „Danke. Und Simes-„ „Mhm?“ „Passen Sie auf sich auf.“ „Professor-…“, doch die Leitung war bereits tot. Simes schluckte, starrte auf das nun leblose Handy in seiner Hand, ehe er sich erneut umsah. Die Gänsehaut blieb auch diesmal nicht aus. Sie standen immer noch in diesem kleinen Raum, unfähig, die Blicke von ihrer Umgebung abzuwenden. Die Tür war eingetreten, hing nur noch am oberen Scharnier. Makeup-Tiegel und -Töpfe waren genauso verteilt wie Zeitungsartikel und Notizbücher, doch das alles interessierte hier niemanden. Das Gesicht ihres Professors war es, dass sie frösteln ließen, William Bell, der Ihnen mal mehr, mal weniger menschlich entgegen blickte. In Tokio schien für einige Minuten die Zeit einfach still zu stehen. Heiji biss sich auf die Lippen, er beobachtete seinen Freund nun schon eine Weile, wollte ihm Zeit lassen, doch als Bells Züge so leblos blieben wie die Maske auf seinem Gesicht, schritt der Kommissar ein. „Kudo?“ Sein Freund reagierte nicht, starrte weiter auf das Handy in seiner Hand. Heiji stand auf, machte einen Schritt auch seinen Freund zu, um dessen Gesicht besser sehen zu können, sprach ihn erneut an. Doch anstatt auf Heiji zu reagieren, erkannte der Osakaner, wie er kurz zitterte, ehe er mit einem lauten Knall seine Faust in den nächsten Aktenschrank rammte. „VERDAMMT!“ Shinichis Atmen ging stoßweise, er spürte das kalte Metall unter seinen Fingern nicht, er zitterte und konnte sich doch nicht beherrschen. Der Pseudoprofessor nahm die Faust endlich weg, hinterließ einen unschönen roten Fleck. Er stand einfach nur da, ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, merkte nicht, dass eine von beiden zu Pochen anfing, versuchte stattdessen, nur zu verstehen, was hier grade passiert war. Sie hatten ihn. Die Organisation hatte ihn gefunden, wussten für wen er sich ausgab. All seine Mühen, die letzten zehn Jahre, alles umsonst. Shinichi schlickte trocken, merkte wie ihm Übelkeit langsam die Kehle hochkroch. Er durfte gar nicht daran denken, was hätte passieren können, was einer seiner Studenten zu gestoßen war, wegen ihm. Was einem von ihnen immer noch zustoßen konnte. „Hey, Kudo?“ Die Hand auf seiner Schulter ließ Shinichi aufschrecken, obwohl Hattori schon die ganze Zeit versucht hatte, auf ihn einzureden, bemerkte er ihn erst jetzt und sah ihn wie vom Donner gerührt an. Doch der Detektiv sah mehr als nur seinen dunkelhäutigen Freund, er sah seine Frau mit dem kleinen aufgeweckten Jungen auf dem Arm, der mit großen Augen zu seinem Papa aufsah, der Kazuha eng an sich drückte. Dann verschwand das Bild in der Dunkelheit, machte erneut Heijis Gesicht Platz, der in nun merklich besorgt musterte. Shinichi aber schnappte nur nach Luft starrte seine Schuhspitzen an und versuchte dieses Gefühl einfach wegzuatmen. Die Angst wich, doch die Schuld blieb tief in ihm vergraben, nagte sich durch seinen Körper und drohte ihn jeden Moment gänzlich zu verschlingen. Er konnte das nicht zulassen. Konnte nicht riskieren, dass jemanden von ihnen etwas passierte. Shinichi schluckte, schaute seinen Freund erneut an und merkte, dass Heiji wartete, ihm Zeit geben wollte, auch wenn das den hitzigen Osakaner viel Geduld kostete. Er wollte ihm helfen. Lange atmete Shinichi aus. Irgendwie tat es ja auch gut zu wissen, dass er Hattori nun wieder auf seiner Seite hatte. Diesmal allerdings konnte er nicht zulassen, dass Heiji sich einmischte. Es stand zu viel auf dem Spiel. Und für diesen Einsatz war Shinichi bei Weitem nicht bereit. Bells Stimme war rau als er anfing zu sprechen, Heiji endlich den Gefallen tat, doch was er zu hören bekam, sollte dem Osakaner gar nicht gefallen. „Ich muss zurück.“ „Was meinste damit?“ „Ich meine, dass ich diesen Fall nicht beenden werde, Heiji. Ich muss zurück nach Amerika.“ Hattoris Brauen zogen sich über den grünen Augen zusammen, nachdenklich verschränkte er die Hände vor der Brust, dachte jedoch nicht daran, auf das einzugehen, was sein Freund gerade in seiner Panik redete, wenigstens einer von ihnen musste hier schließlich die Ruhe bewahren. „Du bist also wirklich aufgeflogen? Sie wissen wer du bist. Die Organisation.“ Shinichi schluckte nur, wich seinem Blick aus. Für den Osakaner aber war das Antwort genug, er schnaubte für sich durchs Haar und ließ sich auf die Tischkante nieder. „Oh ha…“ Er atmete lange aus, sah dann erneut zu Bell rüber. „Woher-?“ „Sie waren an der Uni und haben herum gefragt, dann in meiner Wohnung in New York. Haben die Masken gesehen. Dabei wurde eine meiner Studentinnen verletzt, sie liegt im Krankenhaus.“ Heijis Augen wurden schmal, Dinge wie „nicht deine Schuld!“ lagen ihm auf der Zunge, doch er wusste, dass er damit keinen Erfolg haben würde, und überspang dieses Kapitel fürs erste. „Wie?“ „Das sagte ich doch grade, sie-„ „Nee, das mein ich nich.“ Heiji zögerte kurz, schaute seinen Freund dann ernst an. „Wie kommen sie auf die Idee, Willam Bell zu suchen?“ Shinichis Blick verdunkelte sich, wich denen Heijis aber diesmal nicht aus. „Der Fall.“ Er seufzte, massierte sich gequält den Nasenrücken. „Es ist die einzige Möglichkeit, der Mörder hat mich gesehen, wenn er irgendwie mit ihnen in Verbindung steht, dann…“ Heiji seufzte, rieb sich nachdenklich das Kinn. „Deswegen schnüffelt Hondo, die CIA, also hier rum.“ Sein Gegenüber nickte nur, für einen Moment herrschte Schweigen zwischen den beiden Detektiven. „Wieso willste denn dann weg? Du hast doch nur auf ne neue Spur gewartet, wenn ich das richtig verstanden hab, Kudo.“ „Ja, wenn ich sie und nicht sie mich zuerst gefunden hätten, Hattori, aber so…“ „Willste wieder abhauen.“ Heijis Stimme war scharf, brachte Shinichi zum Schlucken, sonst aber blieb Schweigen seine einzige Antwort. „Wenn du gehst, lösen wir den Fall vielleicht nie. Wenn du jetzt abhaust, bleibt der Mörder frei und tötet weiter!“ „Es sind-…“ Doch der Blondschopf biss sich auf die Lippen, hasste sich für das, was er grade, wenn auch nur kurz, gedacht hatte, doch Heiji wusste genau, was die Gedanken seines Freundes trieben. Der Osakaner war aufgestanden, schaute seinen Freund hart an, versuchte hinter das Silikon zu blicken, während er sprach. „Verbrecher. Sprich´s ruhig aus Kudo, es sind selbst Mörder, die nun hingerichtet werden. Egal was sie getan haben, sie haben dafür bezahlt, und weder du, ich noch sonst irgendwer hat jetzt noch zu entscheiden, was mit ihnen passiert. Niemand hat so einfach zu entscheiden, wer lebt und wer nicht, Kudo.“ Heiji schluckte, wandte sich beim Sprechen von seinem Freund ab. „Grade von dir hätte ich etwas anderes erwartet.“ „Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Hattori!? Hier sitzen und warten, bis sie jeden von euch umgebracht haben?“ „So weit muss es nicht kommen Kudo, wir-„ „Nein! Nein…“ Der Detektiv seufzte fuhr sich zerstreut durch die Haare, seine Stimme zitterte leicht, als er versuchte zu erklären. „Ich weiß du willst mir helfen, Hattori und ich dank dir auch dafür, ehrlich. Aber das kannst du nicht wollen. Das kannst du nicht riskieren… ich kann das nicht riskieren.“ Der Osakaner sah ihn betroffen aber weiterhin fragend an, Shinichi seufzte, er hatte nicht gehofft, seine Gedanken weiter ausführen zu müssen. „Du weißt, wie die Organisation vorgeht, Heiji. Die nehmen keine Rücksicht, machen vor nichts und niemandem halt.“ Die Intonation Shinichis Stimme schien Hattori endlich begreiflich zu machen, wohin die Gedanken seines Kollegen wanderten. Das plötzlich weiße Anlaufen seines Freundes sowie auch sein Zurückfallen auf den Schreibtisch hinter ihm zeigten Shinichi, dass Hattori verstanden hatte, dass es diesmal um mehr ging, als nur sein eigenes Leben. Es herrschte peinliches Schweigen. Antwort genug für Shinichi, auch wenn es weh tat, Heiji von seiner Seite zu drängen, war es besser zu wissen, dass er und seine Familie in Sicherheit waren. „Es macht trotzdem keinen Sinn, Kudo.“ „Was? Hattori jetzt denk doch mal nach, du-„ Doch der unterbrach ihn, schüttelte nur den Kopf. „Glaub´s oder nicht Kudo, aber genau das hab ich grade getan.“ „Was willst du dann noch von mir! Du kannst doch nicht wollen, dass-…“ „Nein. Nein, das will ich nicht.“ Der Osakaner schluckte, versuchte den Frosch in seinem Hals zu bekämpfen, der sich eben hartnäckig festgesetzt hatte, doch so schnell wurde er diese Kröte nicht los. „Ich glaube dennoch, es wäre n´Fehler, wenn du jetzt gehst, Kudo. Wenn sie wirklich Bescheid wissen und vorhaben, dich und alle um dich herum zu töten, spielt es ohnehin keine Rolle, wo du bist.“ Er erkannte, wie Shinichis Augen hinter den schmalen Brillengläsern groß wurden. Bestimmt hatte sein Freund auch schon daran gedacht, war jedoch nicht gewillt, der Tatsache ins Auge zu blicken, dass er sie alle so oder so zum Tode verurteilt hatte. Und auch Heiji musste gestehen, das ihm nicht wohl dabei war, seine Familie als Zielscheibe irgendwelcher Schwarzkittel zu sehen. Der Osakaner schluckte, fuhr sich über die Arme und versuchte, so die aufkommende Gänsehaut zu bezwingen. „Das wäre damit Fakt Nummer eins. Nummer zwei is, dass sie doch keine Ahnung haben, dass wir von dir wissen, weder von Conan noch von Bell.“ Shinichi schluckte, da war zwar was dran, aber für jemanden wie Gin war das nur eine Frage des Wie und Wann. Außerdem… „Wie schwer wird es für sie sein, das rauszubekommen, wenn sie bemerken, dass wir zusammen arbeiten, Hattori.“ „Na und? Ich arbeite auch mit Takagi zusammen und den einzigen Dreck den der am Stecken hat, is die Tatsache, dass der noch vor seiner Tochter beim Gutenachtgeschichtenlesen einschläft.“ Shinichi schluckte, er wusste Hattori wollte ihn nur aufheitern, ein wenig Mut machen, aber wirklich gelingen konnte das dem Kommissar nicht. Das schien auch der zu begreifen und griff nun zu anderen Mitteln. „Kudo.“ Seine Stimme klang besorgt, während er sprach. „Was willst du jetzt tun? In dem Wissen, dass wir alle so oder so umgebracht werden, dass du deine Person William Bell eigentlich auch schon wieder vergessen kannst. Wo willst du hin? Willst du wieder abhauen, damit sie einen von uns gefangen nehmen, um dich aus deinem Loch zu holen?“ Er fing sich einen wütenden Blick von Shinichi ein, doch der Osakaner wusste schon längst, dass diese für ihn nicht so bedrohlich waren wie für manch anderen. „Mal ehrlich, Kudo. Ich kann verstehen, dass du seit dem Vorfall damals vorsichtig geworden bist, aber Mann, diesmal wird dir nichts anderes übrigbleiben, als zu handeln. Gehst du, bringen sie uns vielleicht um, vielleicht nicht. Bleibst du, bringen sie uns vielleicht um, und vielleicht nicht. Du bist in jedem Fall gefährdet, der einzige Unterschied ist, dass, wenn du jetzt wieder abhaust, du dir jegliche Chance vermiest, auch nur ein wenig von deinem Leben wieder zu bekommen. Du kannst doch nicht wirklich wieder von vorne anfangen wollen?!“ Er sah wie sein Freund blass wurde, sich so fest auf die Lippen biss, dass seine Zähne eine Reihe weißer Abdrücke hinterließen. Der Kommissar seufzte nur, versuchte das Zittern zu unterdrücken, das ihm grade den Rücken hochran. „Mag sein, dass du momentan weder Optionen noch eine Identität hast, aber du hast eine Spur zu diesen Kerlen, nämlich unseren Fall.“ Bell sah auf, und Heiji bemerkte, wie sein Freund ihn hinter den Brillengläsern lange ansah und sein Blick dennoch so leer wirkte, dass nicht einmal der Kommissar sich in den Augen von Shinichi Kudo spiegelte. Rans Blick ruhte gebannt auf der Tür, als Heiji hineinkam - zu ihrer Überraschung aber folgte Bell diesmal nicht. Der Osakaner flüsterte Hauptkommissar Megure etwas ins Ohr, der erst grimmig dreinsah, dann aber doch unwirsch nickte und ihn auf seinen Platz entließ. Dass die beiden männlichen Mitglieder der Detective Boys, die kurz nach dem Kommissar den Raum betraten, ähnlich blass um die Nase waren wie Hattori, bemerkte Ran schon gar nicht mehr. „Heiji?“ Sie sah, wie er zuckte, sich nur langsam ihrem Flüstern zuwandte. „Mhm?“ „Was is mit Bell?“ Heiji schluckte, hatte geahnt, dass Ran es nicht so leicht auf sich beruhen lassen würde, dass er plötzlich fehlte. Er seufzte, schaute mit leichten Unbehagen zu Ran an seiner Seite. Shinichi hatte ihn darum gebeten, ihn beim Hauptkommissar zu entschuldigen, ihm, wenn nötig, zu erzählen, was an seiner Universität vorgefallen war. In Wahrheit steckte natürlich mehr dahinter - Kudo wollte den ein oder anderen Anruf tätigen und sich selbst klarmachen, wie es weiter gehen sollte. Und wenn der Kommissar sich das Bild seines geschlagenen Freundes in Erinnerung rief, hatte der ein wenig Ruhe jetzt wohl auch mehr als nötig. An Ran hatten sie beide in diesem Moment natürlich nicht gedacht. Sein Blick wanderte zu Megure, der sich leicht hatte abspeisen lassen; Ran aber… Der Osakaner seufzte schwer, rückte leicht gezwungen seine Papiere zurecht während, er mit leiser Stimme sprach. „Es gab einen Vorfall an der Universität, eine seiner Studenten wurde verletzt. Die Täter wollten wohl etwas über ihn und einen alten Fall wissen.“ Rans Augen aber wurden groß, sie nickte verständnisvoll und fragte nicht weiter nach, aber in ihrem Kopf arbeitete es. Ayumi schluckte, ihr war noch immer übel und sie wusste langsam nicht mehr, wie lange ihr Magen das noch aushalten würde. Demensprechend hatte sie es eilig gehabt von ihren beiden Kollegen weg zu kommen, gut, es war vielleicht auch das schlechte Gewissen, dass sie in die Flucht trieb, grade aber als sie sich verabschiedet hatte und sich davon machen wollte, hielten Genta und Mitsuhiko sie auf. „Ayumi, warte!“ Sie seufzte innerlich, drehte sich dann jedoch fragend nach den beiden um und kam ins Stocken. Ihr war schon bei der zweiten Konferenzrunde aufgefallen, dass ihre beiden Begleiter nicht nur still, sondern auch deutlich blass um die Nase waren. Sie hatte das jedoch dem Fakt zugeordnet, dass sie alle drei durch Heijis Bericht erfahren hatten, dass die bisherige Verbindung der Opfer darin bestand, dass sie selbst eine Frau in den Zwanzigern ermordet hatten. Das Alter war jedoch nicht die einzige Verbindung gewesen, sie alle hatten einen europäischen Touch und auffallend erdbeerblondes Haar. Das war eigentlich genug, um den dreien gehörig den Tag zu versauen. Offensichtlich aber lag ihren Klassenkameraden noch mehr im Magen. Sie sah, wie Mitsuhiko sich die Lippen blutig nagte und Genta an der kahlen Stelle an seinem Kopf kratzte, beide unfähig, sie auch nur anzusehen. Ayumi musste unwillkürlich schlucken, das konnte ja nichts Gutes bedeuten. „Was ist los, Leute?“ Die Jungs blickten auf, schauten sich an und dann kurz um, ehe Mitsuhiko zu erklären begann. „Wir sollten das lieber woanders besprechen.“ Und hier waren sie nun, hatten sich in eine kleine Seitengasse zwischen einen Wäschesalon und einer Nudelbar gequetscht, wobei Genta besonders letztere nicht aus den Augen ließ. Dann begannen die beiden zu erzählen, von dem Telefon und dem Gespräch von Bell und Heiji, das sie heimlich belauscht hatten. Während die beiden Detektivkollegen erzählten, wurde auch Ayumi immer bleicher im Gesicht. Der Duft, oder besser gesagt, der Gestank nach Nudeln, taten ihr Übriges, um sie an den Rand des Würgreizes zu bringen. Die Oberschülerin schaute auf, in die ebenso besorgten Augen ihrer Freunde, die noch keine Ahnung hatten was sie angerichtet hatte. „Was machen wir jetzt?“ Hallo ihr Lieben, ich mal wieder ;) Vielen Dank für eure Geduld und eure wirklich überwältigende Rückmeldung *freudigindieLuftspring* Tja… das war mal was oder? Hattet ihr etwa schon geglaubt, dass ich Shinichis Leben nicht noch weiter auf den Kopf stellen kann ;) ? Ich hoffe sehr, dass es euch gefallen hat und bin natürlich schon sehr gespannt auf eure Meinung. Bis zum nächsten Kapitel in zwei Wochen ;) Liebe Grüße und allerherzlichsten Dank, eure Shelling__Ford. Kapitel 22: Mörder unter sich ----------------------------- Mörder unter sich Und schon wieder ist ein Vorwort quasi ein Muss ^^, Denn die liebe [user]achmanno[/user] hat dem kleinen Hattorisprössling das Leben eingehaucht, zusammen mit einem ziemlich überrumpelten Bell und einem Streitenden Hattori-Paar. Vielen vielen Dank! *Campingausrüstungfürmennchenaufstock* Schaut es euch selbst an ;) : http://animexx.onlinewelten.com/fanart/favoriten/275310/2414838/ Also denn viel Spaß beim Lesen! Lange warteten sie noch nicht auf ihn, doch im Gegensatz zu Heiji brachte Ran die vom Tau fische Luft zum Zittern, und dass sie dabei vor einem Gefängnis standen, machte die Sache nicht besser. Bell hatte sich selbst einen Wagen geliehen und Ran konnte nicht anders, als den Grund dafür bei sich zu suchen. War sie vorgestern zu weit gegangen? Normalerweise war es ohnehin nicht ihre Art, einen eigentlich Fremden einfach so um ein Essen zu bitten. Es musste ihm unangenehm gewesen sein, dass sie so plötzlich aufdringlich wurde, sodass er jetzt lieber auf Nummer sicher ging und Abstand hielt. Ayumis Worte geisterten ihr durch den Kopf, die seltsame Anmerkung der Oberschülerin hatte sie ohnehin schon die halbe Nacht gekostet und ließ sie noch immer nicht in Ruhe. Ihre Gefühle und Gedanken kreisten um diesen einen Punkt. Die eine Wahrheit… die Erlösung und Leid gleichermaßen mit sich bringen konnte. Wenn… ja wenn- Abwehrend schüttelte die junge Frau den Kopf, fuhr sich über die Augen, sie konnte die herbeieilenden Kopfschmerzen schon spüren. Doch so gerne sie diesen Gedanken verdrängt hätte, allein sein plötzliches Auftauchen brachte die Stimmen in ihrem Kopf erneut zum Flüstern. „Guten Morgen miteinander.“ Er lächelte matt in die Runde. Und tatsächlich schaffte sie es nicht, ihm mehr zu entgegnen als ein genuscheltes „Morgen“ und auch wenn seine Blicke sie kurz streiften, war Ran heilfroh, als er sich dann doch Heiji widmete und sich offenbar erst einmal nach Inspektor Takagi erkundigte. Ran schluckte, fühlte, wie sein Anblick ihren Magen mit Steinen füllte. Er sah wirklich erledigt aus. Egal wie undurchsichtig die Miene des Amerikaners auch sein mochte, heute konnte man ganz genau erkennen, dass es ihm nicht gut ging. Der Grund dafür konnte nur der Vorfall an seiner Universität sein, für den er sich offensichtlich jetzt verantwortlich machte. Seine Augen wirkten glasig, verrieten jedes noch so unterdrückten Gähnen, während er seine zitternden Hände schnell wieder in den Hosentaschen verschwinden ließ, wo sie zumindest etwas Ruhe gaben. Sein Blick aber war es, der schließlich auch Ran Sorgen bereitete, so müde und abgekämpft hatte sie ihn noch nicht gesehen, und doch war noch etwas anderes in seinen Augen zu lesen - die hektischen Blicke, die er seiner Umgebung immer wieder schenkte, ließen ihn wirken wie ein gehetztes Tier. Schuld und Unruhe prägten heute das Bild des Kriminalisten. Er hatte diese Nacht wahrscheinlich kein Auge zugetan, denn auch wenn er eigentlich gar nichts dafür konnte, so machte er sich doch dafür verantwortlich, ganz genauso wie- <- Shinichi!> Sie schnappte nach Luft, blinzelte, um so zu verhindern, dass das Bild des Amerikaners immer weiter mit seinem verschwamm. Doch sie konnte es nicht verhindern. Die Übergänge wurden fließend, Bell zu Shinichi, Shinichi zu Bell. Ein Bild zu dem anderen, bis nur noch ein Gemeinsames übrig blieb. Ran bemerkte das sein Blick unruhig immer wieder zu ihr wanderte und seine – Shinichis- blaue Augen sie immer wieder kurz streiften. Sie aber war unfähig, diesen Blick zu erwidern, beobachtetet stattessen seine Bewegungen, während er sich grade mit Takagi unterhielt. Ran aber hörte nichts von dem, was die Männer sagten, hatte nur Augen für ihn, hörte die Intonation seiner Stimme, ohne auch nur ein einziges Wort wirklich zu verstehen. Die Art und Weise, wie seine Mimik und Gestik ineinander flossen, seine blauen Augen hinter der Brille zwar müde wirkten und doch nichts an Ehrgeiz verloren hatten. Bell, wie er ihr immer wieder einen unsicheren Blick zu warf. Bell, der sein Kinn in seine Hand stützte, während er nachdachte. Bell, der einem von Heijis Kommentaren einen schrägen Blick zu warf. Bell, der erklärte. Bell, der mit Heiji scherzte. Bell, der sich sorgte. Jeglicher Wunsch nach Zweifel fiel von ihr ab. Seine pure Anwesenheit raubte ihr die Luft zum Atmen. Er war es, er war da… Shinichi. Sie schluckte, Ran musste sich zwingen, den Blick abzuwenden, um ihm nicht gleich um den Hals zu fallen, ob nun um ihn zu erwürgen oder zu umarmen, war ihr selbst nicht ganz klar. Ihr Blick fiel auf Heiji, sie musste nicht lange suchen, um das zu finden, was schon gestern in den Augen des Kommissars geflackert hatte. Sorge. Heiji wusste Bescheid. Ran biss sich auf die Lippen. Sie spürte, wie ihre Augen zu brennen anfingen, mit jeder Geste Bells wurde der Kloß in ihrem Hals nur größer. Ganz egal, ob er Takagi etwas erklärte, Heiji ins Ohr flüsterte oder mit den Augen rollte, wenn der ihm mit einem Grinsen etwas sagte. Auch die Blicke die er ihr zuwarf, unsicher und besorgt mittlerweile und so verdammt freundlich. So warm, dass sie sich am liebsten nie wieder etwas anderem zuwenden mochte, um einfach nur bei ihm zu sein. Das alles hatte jedoch nur ein Resultat bei der jungen Frau. Übelkeit. „Miss Mori? Alles in Ordnung?“ Sie zuckte zurück, als hätte er ihr durch seine Berührung einen elektrischen Schlag verpasst, Ran rieb sich die Schulter, als ob sie verletzt wäre und irgendwo stimmte das wohl auch. „Ich- tut mir leid, ich muss gehen.“ Sie wandte sich nicht um, spürte die verwirrten Blicke in ihrem Rücken kaum, während ihre Schritte sie von ihm weg führten. Ran musste schlucken, um das traurige Lächeln von ihren Lippen zu waschen. Das war das erste Mal seit über zehn Jahren, dass sie von ihm weg wollte! Shinichi schaute ihr lange nach, der Blick in Rans Augen bescherte ihm noch jetzt eine Gänsehaut. Er kannte diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht, kannte ihn nur zu gut und hoffte inständig, dass er sich irrte. Der Detektiv biss sich auf die Lippen, schaute ihr erneut nach, ehe sie hinter der nächsten Hecke verschwunden war. Wie sollte sie ihn erkannt haben? Wieso jetzt? Wenn Ran wirklich etwas geahnt haben sollte, wieso hatte sie ihn dann nicht schon früher durchschaut…? Wieso? Nachdenklich verschränkte er die Arme vor der Brust, blickte kurz schuldbewusst zu Takagi, der ihnen eigentlich gerade erklärte, wie die Rechtslage war, wozu sie befugt waren und wozu nicht. Doch auch die Augen des Kommissars hingen mehr an dem Amerikaner, als an seinem japanischen Kollegen. Wie immer schützte Bells Gesicht Kudo vor allzu großem Schaden, doch selbst hinter der dicken Schicht aus Silikon konnte man erkennen, dass ihn die Geister der vergangenen Nacht noch immer quälten, von Rans Abgang gerade ganz zu schweigen. Sein trüber Blick spiegelte die Unruhe seines Verstandes, ohne Zweifel hörte Kudo dem guten Takagi noch viel weniger zu als er selbst. Heiji schluckte, kein Wunder, wenn man bedachte, dass die Organisation gestern schon wieder eine von Kudo´s Existenzen zerstört hatte. Wenn sie wirklich mit diesem Fall in Verbindung stand, gab es für ihn nur eins… endlich beenden, was er angefangen hatte, um wenigstens eines seiner Leben wieder zu bekommen. Sein Leben wieder zu bekommen. Wenn- Die Augen des Detektivs wurden mit einem Mal groß. Nach all dem, was in den vergangenen Tagen passiert war, hatte er noch nicht darüber nachgedacht, was Ais Tod vor zehn Jahren noch für Kudo mit sich brachte. Heiji schluckte, schaute seinen Freund mit einem mal betroffen an. „Und, können wir?“ Die Stimme des Beamten riss die beiden Detektive aus ihren Gedanken, Takagi blinzelte kurz, legte den Kopf schief, irgendwie fühlte er sich grade ein wenig außen vor. Erst als Bells Stimme ertönte, nickte auch der Polizist aus Osaka zögerlich. „Natürlich Inspektor Takagi, gehen Sie nur vor, Kollege Hattori und ich folgen Ihnen.“ „Ist gut.“ Stumm folgten die beiden Detektive dem Inspektor ins Innere des Gebäudes, doch die Ruhe zwischen ihnen hielt nicht lange an. „Hattori.“ „Mhm?“ „Lass das.“ „Was denn, bitte?“ „Den Blick.“ Bell seufzte, fuhr sich nervös durchs Haar. „Ich stecke schon tief genug im Schlamassel, ohne das Takagi jetzt auch noch irgendwelche Ideen bekommt, ich wäre dir also dankbar, wenn du dich auf unseren Fall konzentrieren könntest.“ „Ab-„ Doch Shinichi schnitt ihm mit einem Blick die Luft ab, worauf hin sich der Osakaner mit einem resignierenden Seufzer geschlagen gab. „Is gut. Aber sag mir wenigstens, ob de das FBI schon informiert hast?“ Der Angesprochene rollte kurz die Augen, antwortete dann aber wahrheitsgemäß. „Wieso sollte ich? Sie wissen von York, was passiert ist und ich bin mir sicher, dass sie es mir deutlich mitteilen, wenn sie in Bell eine Gefährdung ihrer Ermittlungen sehen.“ Shinichi schluckte, seine Blicke verdunkelten sich. „Bevor ich mich darum kümmere die Kavallerie herbei zu trommeln, sollten wir erst einmal diesen Fall lösen. Vielleicht kann uns „Mr. Holmes“ ein wenig auf die Sprünge helfen.“ Heiji biss sich auf die Lippen, schluckte seinen Einwand dann jedoch runter und folgte ihm in das freudlose Gebäude aus grauem Beton. Auch wenn es ihm eine Gänsehaut bescherte, so konnte sich Shinichi ein Schmunzeln nicht verkneifen - so unwohl ihm auch in diesen vier Wänden war, Hattori ging es um einiges schlechter. Er konnte förmlich zusehen, wie sein schlechtes Gewissen den Kommissar auffraß, während sie durch den Ort wanderten, an denen seine Ermittlungen Bell beinahe hineingebracht hatten. Shinichi aber grinste nur. Als sie den nächsten Gang durschritten, wurden die Gedanken der beiden Detektive jedoch rasch wieder auf den derzeitigen Fall gelenkt, schon von Weitem konnte man das Verhörzimmer ausmachen. Vor dessen schwerer Tür stand ein uniformierter Beamter, der gelangweilt die Hände vor der Brust verschränkt hatte, während neben ihm ein adrett gekleideter Mann die ankommenden Gäste sofort ins Visier nahm. Bell zog die Augenbrauen über der Bille zusammen, warf Hattori einen vielsagenden Blick zu, den dieser erwiderte, sie beide kannten diesen Schmierlappen im Anzug nur zu gut. Etsuko Nagato. Ein Strafverteidiger, der alles, was genügend auf der Bank hatte, versuchte rauszuboxen, egal wie widerlich oder offensichtlich schuldig seine Klienten auch sein mochten, dieser Kerl schaffte es immer wieder, die Täter in Opfer zu verwandeln und die Strafe zu mildern. Bei Gericht und in der Öffentlichkeit nicht gut gelitten, dafür aber bei den Verbrechern in ganz Japan noch vor der Tat engagiert. Shinichi schluckte angewidert, versuchte erst gar nicht, das schmierige Grinsen zu erwidern, mit denen dieser Mensch sie grade begrüßte. Wenn einer hinter diese vier Wände gehörte, dann Nagato selbst. „Guten Morgen, die Herren.“ Er reichte keinem von ihnen die Hand, vielleicht in dem Wissen, man würde die Begrüßung sowieso ausschlagen. „Kommen wir direkt zur Sache. In ein paar Tagen ist die Gerichtsverhandlung und ich muss sie wohl nicht darauf hinweisen, dass Sie meinen Mandanten aufgrund der Rechtslage besser nicht wie einen gewöhnlichen Verbrecher behandeln, solange seine Schuld nicht bewiesen ist. Denn das schickt sich ganz und gar nicht, habe ich nicht Recht, Professor Bell?“ Die nussbraunen Augen des Anwalts funkelten gefährlich, er schien nicht zu ahnen, dass er damit eher Kommissar Hattori traf. „Sie mieser-…“, doch ehe Heiji hätte weiter Luft holen konnte, unterbrach ihn Bell mit diesem gutmütigen Grinsen, von dem sich Hattori schon die ganze Zeit fragte, wie der Kerl das nur auf seine Lippen kleistern konnte. Erst recht, wenn sie es mit einem solchen Ekel zu tun hatten. „Gewiss nicht, Mr. Nagato. Es wir Sie vielleicht wundern, zu hören, dass es nicht direkt um den Mordprozess Ihres Klienten geht.“ Die Augen des Anwalts wurden groß, doch Shinichi erkannte sofort, dass die vermeintliche Überraschung nur gespielt war. Denn wenn man diesem Widerling eines nicht vorwerfen konnte, dann, dass er dumm war. Natürlich musste Nagato sich seinen Teil dabei gedacht haben, als William Bell Zutritt zu seinem Klienten forderte. Die Worte des Anwalts schmiegten sich wie das Züngeln einer Schlange an ihre Ohren. „Verstehe. Ich darf die Herren dann aber darauf aufmerksam machen, dass mein Klient physisch nicht dazu in der Lage gewesen war, sich zum Objekt Ihrer Ermittlungen zu machen.“ Bell hob interessiert die Augenbraue, Nagato hatte es geschickt gemacht, keine direkte Frage gestellt und doch so formuliert, dass man ihm gerne antworten würde. Auch Takagi hatte Lunte gerochen und stieg nicht auf die Spielereien des Anwalts ein. „Natürlich nicht. Dennoch haben wir einige Fragen und ich muss Sie darauf hinweisen, dass er in diesem Fall keinerlei Anspruch auf Rechtsbeistand hat, Herr Nagato.“ Die Augen des Anwalts wurden schmal, mit einem Mal wurde Shinichi klar, warum man diese Art von Menschen gerne mit Haien verglich, doch der Jurist verfiel nicht in einen Blutrausch und der in seinem Blick aufgekommene Widerspruch erstarb schnell wieder. „Von mir aus. Tun Sie, was Sie wollen. Allerdings dürfte klar sein, dass alles, was mein Mandant aussagt, in keinster Weise für den laufenden Prozess verwendet werden darf.“ Heiji nickte nur, versuchte dabei, den bitteren Geschmack in seiner Mundhöhle zu ignorieren. Das zurückhaltende Verhalten der Beamten ließ den Anwalt selbst ruhiger werden. Bestimmt machte er einen Schritt zur Seite und gab so die Tür frei. Doch noch bevor er dem Justizbeamtem Platz machte, um aufzuschließen, sah er Takagi noch einmal scharf an. „Ich hoffe, Sie erinnern sich bei der Verhandlung noch daran, Kommissar, wenn nicht, fürchte ich, werden wir uns noch anderweitig wiedersehen.“ Bell biss sich auf die Lippen, sein Blick wanderte zu dem Polizisten, doch der schien nicht mehr so leicht aus der Fassung zu geraten. Stattdessen beherrschte auch Takagis Stimme ein drohender Ton. „Oh, da bin ich mir sicher.“ In dem Moment, in dem sie den Verhörraum des Gefängnisses betraten, war Shinichi wirklich froh, dass dieses Los an Bell vorbei gegangen war. Von der Ausstattung her unterschied er sich nicht sonderlich von dem Raum des Reviers, das Fenster fehlte, um Anwalt und Klient absolute Privatsphäre zu gönnen, sonst war es gleich. Ein Tisch, ein paar Stühle, sonst nichts weiter, nur diese eine Tür, die gerade hinter ihrem Rücken ins Schloss viel. Aber eines war deutlich anders. Der Insasse war in tiefem Dunkelblau gekleidet, seine Hände lagen auf dem Tisch, durch zwei silberne Armbänder unnütz miteinander verbunden. Schuld oder Unschuld spielte in diesem Raum keine Rolle mehr, ganz egal, wer so auf diesem Stuhl sitzen würde, alles um ihn herum implizierte Schuld und Gefahr, die niemand so schnell wieder los wurde. Wie ein Tier, das man zur Sicherheit besser an die Kette legte. Im Fall von Roki Kabawa war das vielleicht sogar richtig. Die Augen des Strafgefangenen wurden schmal, als er die drei Detektive hineinkommen sah, wanderten von einem zum anderen, wobei sein Blick auf Bell ein wenig länger haften blieb. Takagi räusperte sich kurz, zog sich den Stuhl gegenüber des Häftlings zurecht, jedoch ohne sich zu setzen. „Herr Kabawa?“ „Nee, der Mann im Mond! Blöde Frage! Sie sollen doch wohl wissen, wen Sie hier einlochen, oder etwa nicht?“ Er grunzte verächtlich und verschränkte mit einem klirrenden Geräusch die Arme vor der Brust. „Ich habe nichts mehr zu sagen. Für den Prozess ist alles geklärt, wenn Sie also noch Fragen haben, löchern Sie gefälligst meinen Anwalt.“ „Es geht hier nicht um Ihren Fall, Herr Kabawa.“ Takagis Gegenüber lächelte nur, zog dann geräuschvoll die Nase hoch, während er sich mit einem Grinsen ein wenig nach vorn lehnte. „Dacht ich´s mir doch, warum sonst hätten Sie Mr. Amerika hier anschleppen sollen. Aber wenn Sie glauben, Sie könnten mich dafür jetzt auch noch anschwärzen, dann haben Sie sich getäuscht, Mann! Fragen Sie Ihren Kollegen da draußen, ich habe dieses Loch hier nicht verlassen.“ Während Bell es dabei beließ, die Augenbrauen zusammenzuziehen, erwachte Hattori neben ihm langsam zum Leben. „Jetzt hören Sie mal zu. Es geht in der Tat um die Morde, und wenn Sie nicht wollen, dass die Ermittlungen um Ihre Person bald in eine ganz andere Richtung gehen, sollen Sie und besser unsere Fragen beantworten.“ Shinichi hörte, wie der Inspektor seufzte, doch die Reaktion des Häftlings zeigte, dass man vielleicht genau diesen Ton anschlagen musste, um bei Kawaba zum Erfolg zu gelangen. Denn auch wenn der Hüne vor ihnen vielleicht nicht nach Intelligenz, sondern eher nach altem Schweiß stank, schimmerte doch ein wenig Verstand in den sonst brutalen Augen. Soweit es ihm durch die Handschellen möglich war, deutete er den dreien an, sich zu setzen - eine Geste, die jedoch nur Inspektor Takagi wahrnahm. Denn auch wenn Hattoris Rang höher war, so war doch Takagi es, der im Raum Tokio das Kommando hatte. Ohne Roki Kabawa weitere Beachtung zu schenken, breitete der Beamte die Fotos der drei Opfer auf dem kleinen Metalltisch aus, schob sie ein Stück zu ihm hinüber. „Kennen Sie jemanden von den dreien, Herr Kabawa?“ Kabawas Blick huschte kurz zu Bell, ehe er wieder zu den Fotos glitt. „Ne, tut mir leid. Noch nie gesehen, nur in den Polizeiberichten, obwohl ich gedacht hab, Sie hätten Nummer drei verhindern wollen. Hat wohl nicht ganz geklappt, hä?“ Heiji schluckte, am liebsten hätte er diesem Idiot eine reingehauen und ins Gesicht gesagt, dass er dann wohl das nächste Opfer sein würde. Wirklich, bei so jemandem zweifelte selbst er manchmal an seinem Job. Sein Blick fiel zu Bell, sein Freund war bis auf die angespannten Witze heute Morgen auffällig still gewesen. Und er konnte wetten, dass dieser Typ nicht grade gut für Kudos Entscheidung war, jetzt doch in Japan zu bleiben. Von all den Menschen, die er beschützen wollte, lag ihr Fokus jetzt ausgerechnet auf diesem Ekel. Als Takagi nochmals nachgehakt hatte und gerade mit seinen Notizen fertig war, kam dann doch leben in den Amerikaner. Bell trat von der Wand weg, machte einen Schritt auf Kabawa zu, nicht zu furchteinflößend und doch genug, um die Aufmerksamkeit des Häftlings zu erlangen. „Haben Sie sie getötet?“ Kabawa sah ihn nur an. „Ihre Freundin, die Frau, deren Mordes Sie angeklagt sind?“ Schweigen. Ihr bis eben noch so redseliger Gefangener rührte sich nicht, schaute sein Gegenüber einfach nur an. Shinichi hingegen ging noch ein Stück weiter auf ihn zu, impfte Bells Stimme einen gefährlichen Unterton bei. „Weil es ganz danach aussieht, als ob unser Mörder Sie sehr wohl für den Schuldigen hält, Mr. Kabawa. Der hat es nämlich auf genau solche Typen wie Sie abgesehen. Und es gab eindeutige Zeichen, dass Sie sein nächstes Opfer sein sollen.“ Kabawa stellte noch immer auf stur, doch sein Teint verriet ihn, das bullige Gesicht war um die Nase herum eindeutig blasser geworden und seine Aufmerksamkeit Bells Worten gegenüber war gewachsen. „Wissen Sie, wie er tötet?“ Die einfache Frage Shinichis ließ die Anspannung im Raum spürbar dichter werden, er verfolgte einen kleinen Schweißtropfen auf seinem Weg aus Kabawas kahl werdendem Haupt bis zu seinem Hals, wo er in seiner Gefängniskluft versank. Er wartete so lange, bis sich Kabawas kalte Augen fragend auf ihn legten, wusste, das seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlen würden. „Seine Opfer sterben auf dieselbe Art und Weise, wie auch sie selbst getötet haben.“ Kabawas Augen wurden groß, seine Kiefer pressten so fest aufeinander, dass jeder im Raum ein deutliches Knacken hören konnte. „Sehen Sie zu, dass Sie fortkommen.“ Die Stimme des Häftlings war mit einem mal rau und heiser. „Raus.“ Er schaute auf, schaute Bell an, als würd der Teufel persönlich vor ihm sitzen, doch in seinem Blick lag mehr als nur pure Wut, sie wurde begleitet von Angst und Entsetzten darüber, welche Hölle er ihm gerade prophezeit hatte. „RAUS! SOFORT RAUS HIER!“ Auf das dritte, nun lautere Geschrei reagierte jetzt auch der Zellenmeister, bat die drei Herren aus dem Raum, in dem sein Gefangener noch immer vor Wut tobte. Der Anwalt warf ihnen einen bösen Blick zu, während er an ihnen vorbei zu seinem Klienten rauschte und die Tür hinter sich lautstark ins Schloss fallen ließ. Bell seufzte, während Hattori ihm nur nachdenklich zunickte. „Das wär also schon mal erledigt.“ Shinichi sah auf, rückte sich die Brille zurecht, während Bells Stimme antwortete. „In der Tat. Jetzt können wir nur noch abwarten.“ Inspektor Takagi aber schaute verwundert von einem zum anderen. Hatte er irgendwas nicht mitbekommen? Warum zum Henker schienen die beiden auch noch zufrieden zu sein, mit diesem katastrophalen Gesprächsverlauf? „Würdet ihr mich freundlicherweise auch mal aufklären? Was, bitte, ist da gerade auch nur annähernd gut gelaufen?“ Bell schaute sich kurz zu dem Beamtem um, während er dann weiter die Flure des Gefängnisses durchschritt. Kommissar Hattori hingegen zügelte sein Tempo und tat seinem Kollegen den Gefallen. „Wenn der Kerl nicht mit uns kooperiert, haben wir keine Chance, diesen Mord zu verhindern. Ihm ein wenig Angst zu machen ist in diesem Fall wohl die beste Lösung.“ „Und das haben Sie womit erreicht?“ Heiji warf seinem Kollegen einen Blick zu. „Sie sollten sich vielleicht noch mal die Akte vornehmen Takagi, auf die Art und Weise, wie unser Mann hier seine Freundin umgebracht hat, möchte wohl keiner drauf gehen.“ Der Beamte konnte nicht verhindern bleich zu werden, nickte dann und folgte den beiden eigensinnigen Detektiven. Kurz nachdem sie draußen angekommen waren, hörten sie, wie die Tür hinter ihnen erneut aufflog. „Was soll das?!“ Nagato war ihnen mit hochrotem Kopf gefolgt. „Wenn Sie glauben, so die Verhandlung manipulieren zu können, haben Sie sich geschnitten!“ Doch Heiji ließ sich nicht von dem Anwalt einschüchtern. „Wir glauben gar nichts, Mr. Nagato. Wir wissen jedoch, dass wenn Ihr Mandant in nen paar Tagen freigesprochen wird, unweigerlich ein Mordanschlag auf ihn stattfindet.“ Die Augen des Rechtsverdrehers wurden kurz groß, ehe er sein Pokerface wieder gewann und sich an Bell wandte, der zu sprechen begann. „So oder so werden wir versuchen, genau das zu verhindern. Was Sie zu dieser Sache beitragen wollen, bleibt Ihnen überlassen.“ Nagato richtete sich die seidene Krawatte, blieb ansonsten jedoch ruhig. „Sie meinen, wenn er verurteilt wird, wäre er wenigstens in Sicherheit?!“ Auf Bells Lippen erschien ein Lächeln. „Wie kommen Sie darauf, Mr. Nagato? Ich dachte, Ihr Mandant sei eindeutig unschuldig, oder haben Sie Ihre Meinung plötzlich geändert?“ Die überraschte, wütende Miene des Anwalts glättete sich mit einem Schlag, seine Stimme war nun wieder kühl. „Natürlich nicht, Professor, wenn mein Mandant freigesprochen wird, überlasse ich alles weitere Ihren und den fähigen Händen der Polizei. Ich bin sicher, Sie wollen nicht noch einmal scheitern.“ Shinichis Mund wurde mit einem Mal trocken, er hörte wie statt ihm Heiji seine Worte formte. „Sicher nicht.“ Shinichi spürte Megures Blicke auf sich ruhen, während Takagi und Heiji über den Besuch im Gefängnis Bericht erstatteten. Der Hauptkommissar war ähnlich begeistert wie Takagi vom Ausgang ihres Zusammenkommens. „Also müssen wir warten?“ „Ich fürchte, es sieht so aus, vor der Verhandlung können wir ohnehin nicht viel tun und bis zu seinem Freispruch ist er wohl auch sicher.“ Megure kommentierte Takagis Monolog mit einem lauten Seufzer, vergrub seinen Zeigefinger nachdenklich in seinem Schnauzer, bewegte ihn langsam hin und her, sodass gleich der ganze Schnurrbart mitwanderte. „Gut, dann ist das wohl so. Takagi, ich würde Sie bitten, Kontakt mit dem Richter aufzunehmen, und sich über den bisherigen Anklageverlauf schlau zu machen.“ Der Inspektor bejahte, nickte Bell und Heiji noch einmal zu, ehe er aus dem Raum verschwand. „Vielleicht schauen Sie sich unseren Paparazzi noch mal an, er sitzt noch im Verhörraum, ist bisher jedoch nur mit faulen Ausreden zugange, windet sich um unsere Fragen wie eine Schlange. Wir haben genug, um ihn heute Nacht hier zu behalten, mehr jedoch auch nicht.“ „Gut, wir sehen uns den Kerl mal an.“ Sie mussten nicht lange wandern, ehe sie sich in einem kleinen Raum wieder fanden, der beinahe gänzlich im Dunkeln lag - der einzige Lichtschein kam von dem Fenster, das in den Verhörraum ging, von dem es nur als Spiegel zu erkennen war. Kogoro hatte sich vor das Glas postiert, die Nase so dicht an die Scheibe gepresst, als beobachtete er gerade seine Lieblingstiere im Zoo. Shinichi aber wusste, dass dies einzig und allein Satos Sicherheit diente, denn schon bei der kleinsten Regung ihres Gegenübers würde Kogoro ihr zur Hilfe eilen. Demensprechend wenig begeistert schien der angespannte Polizist zu sein, als er sie eintreten sah. Sato hatte ihnen den Rücken zugewandt, nahm den Verdächtigen noch immer in die Mangel, ganze zwei Stunden ging das laut Megure schon so; wenn sich die Gute einmal in etwas verbissen hatte, ließ sie so schnell nicht wieder los. Shinichis Blicke huschten über den Mann, der nun an seiner Stelle auf der anderen Seite des Spiegels saß. Weder besonders groß noch hübsch oder besonders hässlich, das einzige was man als überhaupt so bezeichnen konnte war, dass er besonders unauffällig war. Ein Japaner, der leicht in der Masse unterging. Ein Schatten, der von Ort zu Ort sprang, ohne dass ihn irgendjemand bemerkte. Wohl keine allzu unbrauchbare Eigenschaft als Reporter, dachte der Detektiv. Und dennoch gab es etwas, das Shinichi innehalten ließ, etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte - er konnte es nur noch nicht betiteln. Satos Stimme hallte kalt und bitter in ihren Ohren, man merkte der Frau an, dass sie langsam keine Lust mehr auf irgendwelche Spielchen hatte. „Ich frage mich nur, warum Sie uns nicht einfach sagen, woher Sie die Nachricht hatten, wenn Sie doch Ihre Unschuld beteuern, Herr Koriba. Oder Sie nicht wenigstens einen Anwalt hinzuziehen, wenn Sie sich im Unrecht fühlen.“ Der Reporter aber lächelte nur, ganz im Gegensatz zu Sato schien er von dem stundenlangen Verhör nicht allzu angegriffen, stattdessen faltete er die hageren Hände übereinander und sprach mit einer süffisanten Note in seinem Tonfall. „Wieso sollte ich einen dieser Rechtsverdreher engagieren, wenn Sie offensichtlich nichts weiter als vage Spekulationen gegen mich in der Hand haben?“ Der sonore Ton seiner Stimme vibrierte in Shinichis Ohren. So ging es die ganze Zeit hin und her. Sato fragte ihn etwas und Otuchi Koriba antwortete Belangloses, es war bereits Abend, als die Kommissarin ihm die letzten Fragen stellte. Sie hätten genauso gut über das Wetter reden können und es wäre nicht mehr dabei herum gekommen. Dennoch hatte Shinichi das Gefühl, das Otuchi Koribas Stimme ihm mehr sagte als er preisgab, während er sprach und sie scheinbar durch das verspiegelte Glas direkt ansah, spürte der Detektiv, wie sich jedes seiner Nackenhaare einzeln aufstellte. Heiji stand im Stau und fluchte. Den ganzen Tag hatte er drauf spekuliert, dass er Shinichi wenigstens heute Abend im Auto löchern konnte, dabei hatte er ganz vergessen, dass der sich ja einen Mietwagen besorgt hatte. Jetzt wurde ihm auch klar, wieso. Der Osakaner seufzte, fuhr sich mit der freien Hand durch das sowieso schon zerzauste Haar, während er hoffte und betete, dass die Ampel, die er ein paar Meter weiter vorn vermutete, endlich auf Grün springen würde oder der Idiot, der vor ihm am Steuer eingeschlafen zu sein schien, endlich sein Gaspedal wiederfand. Genervt trommelte er mit den Fingern auf dem Lenkrad herum, während er in Gedanken Kudos Optionen durchging. Heiji schluckte, legte gerade den nächsten Gang ein, um von einer Ampel zur nächsten wenigstens ein wenig Tempo wieder gutzumachen. In seinem Magen rumorte es, das spärliche Mittagessen aus der Polizeikantine und der nicht grade erfolgreiche Tag mischten sich zu einer sauren Brühe, die an seiner Magenwand kratzte. Er wollte nur noch so schnell wie möglich zu Kazuha ins Hotel kommen, sich ein wenig mit seinem Sohnemann beschäftigen und dann friedlich neben seiner Frau in einen hoffentlich traumlosen Schlaf fallen. Doch offensichtlich hatte Fortuna andere Pläne mit ihm. Der Kommissar stöhnte, als er sein Handy klingeln hörte, fischte es aus der Ablage des Kombis. „Kommissar Hattori Heiji.“ „Heiji!?“ Der runzelte plötzlich angespannt die Stirn, als er Megures Stimme aus einem Gewirr von Sirenen und Stimmen erkannte. „Am Apparat. Was gibt´s? Is irgendwas passiert, Megure?“ „Ist Bell bei dir?“ Heiji schluckte, jetzt wurde es brenzlich. Er presste sein Handy fester an sein Ohr, versuchte etwas aus den Hintergrundgeräuschen heraus zu filtern, während er dem Hauptkommissar antwortete. „Nein. Wieso fragen Sie? Was ist los?“ Ein heiseres Husten kündigte Megures Antwort an. „Dieser verdammte Rauch. Das gesamte Gästehaus von Matsudo ist wohl nicht mehr zu retten.“ „Was?“ „Es brennt Heiji, das ganze Haus steht in Flammen.“ Sie wusste nichts mit ihren Händen anzufangen, wusste weder, was sie tun, noch lassen sollte. Und so hatten ihre Finger schneller auf die Tasten des Telefons getippt, als Rans Verstand sie davon abhalten konnte. Nur wenige Minuten später ertönte Sonokos Stimme aus dem Hörer. „Suzuki, Sonoko am Apparat.“ Rans Mund wurde mit einem Mal trocken, plötzlich hatte sie keine Ahnung mehr, was sie überhaupt von ihrer Freundin wollte. Hatte sie überhaupt etwas von ihr gewollt? Endlich aber konnte sie ihre Zunge dann doch dazu überreden, ein paar Worte zu formen. „Hallo, Sonoko.“ „Ah Ran, du bist es. Ich dachte, du wärst mit den drei Nervensägen unterwegs, um den Fall zu lösen.“ „Sonoko!“ Die aber lachte nur, wollte grade etwas sagen als eine männliche Stimme im Hintergrund ertönte, der sie zuerst antworte. „Es ist Ran! … „Ja genau.“ … „Und wieso sollte der hier anrufen, anstatt wie sonst auf deinem Handy?“ Ran hörte ihre Freundin genervt seufzten. „Entschuldige bitte, Makoto wartet auf einen Anruf seines Agenten. Der Herr hat es offensichtlich eilig, hier wieder wegzukommen!“ Den letzten Satz hatte Sonoko bewusst laut gesagt und Ran konnte förmlich vor sich sehen, wie Makoto ein Zimmer weiter zusammenzuckte. „Also Ran, was gibt’s?“ Doch als diese auf diese Frage nicht wirklich eine Antwort wusste, fing Sonoko selbst an zu erzählen, machte es so Ran leicht zu reden oder gemeinsam mit ihrer Freundin zu lachen. Und erst gegen Ende, als Sonoko von Makoto bis hin zu ihren neuen sündhaft teuren Schuhen alles erzählt hatte, was in den letzten Tagen passiert war, fragte sie erneut nach. „Ist irgendetwas passiert, Ran?“ Sie hörte ihre Freundin auf der anderen Seite der Leitung schwer atmen, der Versuch, ihr die Anspannung aus diesem Telefonat zu nehmen, war wohl nicht ganz geglückt. „Ich- es geht um jemanden, der mit in dem Fall ermittelt.“ Noch während sie sprach, spürte Ran wie ihr die Wärme auf die Wangen kroch, verfluchte sich dafür, ihren Körper nicht ein wenig besser im Griff zu haben. „Ahh, du meinst Professor Charming?“ „Sonoko!“ Die aber lachte nur. „Woher weißt du überhaupt von ihm?“ Ein kurzes Zungenschnalzen leitete ihren nächsten Satz ein und Ran wusste, dass auf den Lippen ihrer Freundin wieder ein breites Grinsen prangte. „Na, wenn du dich nicht rührst bezüglich des Treffens mit Kazuha, muss ich die Gute ja wohl oder übel selbst überfallen, oder? Und die hat mir dann gleich auch von deinem neuen Liebhaber berichtet.“ „Er ist nicht-…“ Doch Ran konnte den Satz nicht beenden, mehrere Szenen flackerten vor ihrem Auge auf, in der sie diesen Dialog immer mit einem Satz beendete. <… mein Ehemann.> Nicht Liebhaber, Ehemann, hatte sie Shinichi immer genannt, ihren Ehemann. Ran bemerkte, wie ihr erneut die Luft wegblieb, ein beklemmendes Gefühl hatte sich in ihrem Magen eingenistet, das sie einfach nicht mehr durchatmen ließ. Sonoko bemerkte die Stille ihrer Freundin und seufzte kurz. Das war mal wieder typisch Ran, kaum kam jemand in Sicht, der vielleicht endlich seinen Platz in ihrem Leben einnehmen könnte, nagte auch schon wieder das schlechte Gewissen an ihr. Ran war einfach zu ehrlich, viel zu nett und gut, sodass man sie manchmal wirklich wach rütteln musste, damit sie sich und ihrem Glück nicht selbst im Wege stand. Und so wie Kazuha sich diesmal angehört hatte, könnte er es wirklich sein, der Mann, der Shinichi Kudo endlich aus Rans Geist vertreiben konnte, derjenige, der sie wieder so lächeln ließ wie früher. Sonoko fing wieder an zu reden, versuchte, ganz behutsam vorzugehen. „Du bist dir wohl nicht sicher bei ihm?“ Ran seufzte, legte den Kopf in den Nacken und schaute an die weiße Decke ihres Wohnzimmers. Sie biss sich auf die Lippen, schmeckte die Reste ihres Lippenstifts, den sie heute Morgen extra aufgelegt hatte. Extra für ihn. Wie dumm von ihr. Am Schluss brachte sie doch ein paar genuschelte Worte hervor, die ihre Freundin zufrieden stellten. „So in etwa… ja.“ „Na ist doch kein Problem, Kazuha und ich nehmen den Kerl einfach mal ordentlich unter die Lupe. Dann sehen wir ja, ob er was taugt oder nicht.“ Sie konnte ja nicht sehen, dass Ran daraufhin nur die Stirn runzelte. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Sonoko.“ „Papperlapapp. Du hast doch eh dieses Date mit ihm, oder? Sag einfach, du würdest lieber einen Spaziergang machen und, hoppla, wie aus heiterem Himmel stoßen Kazuha und ich hinzu. Wenn´s dir besser geht, soll sie eben noch Hattori mitbringen, dann hat Bell wenigstens auch wen zum Quatschen.“ Das Date! Sie hatte dieses verfluchte Essen eigentlich schon vollkommen vergessen. Wie sollte das gehen? Sie konnte nicht mit ihm allein sein, ihm nicht gegenüber sitzen, ohne wenigstens irgendetwas zu sagen. Vielleicht war der Spaziergang da wirklich die bessere Variante, vielleicht spielten ihre Sinne doch verrückt und Sonoko könnte ihr das bestätigen. Ran schluckte, spielte nervös mit der Telefonschnur in ihrer Hand. Rans lange Stille wurde von ihrer Freundin kurzerhand als „Ja“ interpretiert. „Also gut. Ich werde mit Kazuha alles klären und melde mich dann wieder bei dir. Halt du ihn nur so lange hin, Ran.“ Die wollte ihr grade widersprechen, als die Möchtegern-Blondine ihr ins Wort fiel. „Ran, bitte versuch es wenigstens… einverstanden?“ Eigentlich hatte Ran vor, ihr zu widersprechen, doch Sonokos Tonfall hielt sie davon ab. Sie seufzte, wusste selbst nicht recht, warum sie sich auf all das einließ, doch die Worte kamen ohne weiteren Befehl über ihre Lippen. „Einverstanden.“ Kurz danach hatten sie aufgelegt, Ran starrte noch immer auf den Hörer in ihrer Hand, welcher nun das monotone Geräusch einer besetzten Leitung von sich gab. Ihre Gedanken hämmerten in ihrem Kopf wie das immerwährende Klingeln aus der Leitung. Sie hatte überlegt, es anzusprechen, ihre Gedanken über Bell und Shinichi, denn auch wenn sie wusste, dass auch Sonoko dieses Thema nicht mehr hören konnte, konnte sich Ran doch immer sicher sein, dass ihre beste Freundin ihr dennoch zuhörte. Vielleicht hätte sie sie für verrückt erklärt. Es darauf geschoben, dass sie ihn mochte und deshalb Ähnlichkeiten von einem zum anderen projizierte. Vielleicht hätte sie nur gelacht, wäre auf Bell zugegangen und hätte ihn auf Nakamori-Art einmal fest in die Wange gekniffen, um ihr damit zu beweisen, wen sie vor sich hatte. Ran schluckte, hatte sich die Szene und ihren Ausgang bildlich vors Auge geführt, beinahe musste sie ein hysterisches Lachen unterdrücken, spürte, wie sich die Härchen auf ihren Armen aufstellten, während sie daran dachte, welchen Schaden Sonoko damit vielleicht angerichtet hätte. Natürlich hätte Shinichi sich auch operieren lassen können, aber sie wusste, dass das nicht seine Art war. Er versteckte sich momentan vielleicht, aber sich selbst so sehr zu verraten, dazu war er dann doch nicht imstande. Denn wenn Ran eines aus den Gesprächen mit Heiji, dem Professor und seinen Eltern gelernt hatte, dann das, dass er sich zwar verstecken musste, sich aber mit diesem Zustand nicht abgefunden hatte. Niemand hätte ihm einen Vorwurf daraus gemacht, irgendwann aufzugeben, einfach noch einmal aufzuwachsen, doch Shinichi stellte sich der Gefahr, suchte sie sogar, nur um sein altes Leben wieder zu bekommen. Wenn er sich aber immer noch verstecken musste, bedeutete dies, dass die Organisation, die ihn jagte, ihm noch immer auf den Fersen war. Er hatte es noch nicht geschafft, bis zu deren Herz vorzudringen und einen Dolch hinein zu jagen. Das jedoch ließ nur einen weiteren Schluss zu, der Ran gleichermaßen zum Schaudern brachte, denn hinter der Maske von William Bell, verbarg sich somit nicht Shinichi, sondern … <…Conan.> Shinichi war um die nächste Straßenbiegung gefahren, schaltete grade den Blinker ab, als er am Abendhimmel in regelmäßigen Abständen bläuliche Blitze zucken sah, der Donner aber blieb bislang aus. Die Augenbrauen des Detektivs zogen sich zusammen, er wollte grade nach Luft schnappen, als ein stechender Geruch sein Vorhaben unterbrach und ihn zum Husten brachte. Seine Hände suchten den Knopf für die Klimaanlage, schalteten sie dann endlich ab, um zu verhindern, dass noch mehr des giftigen Rauchs in seinen Leihwagen drang. Sein Magen füllte sich mit Steinen, als er bemerkte, dass je näher er seinem Ziel kam, der Rauch nur um so dichter wurde, bis die dicken schwarzen Nebelschwaden ihn beinahe verschlangen. Seine Augen brannten mittlerweile, der Rauch suchte sich durch jeden Winkel und jede Ritze seines Autos Einlass, brachte ihn erneut zum Husten. Doch das alles kümmerte ihn im Moment nur wenig, er schaltete einen Gang zurück, hoffte noch, dass er sich täuschte, doch als er auf der Straße neben Dr. Matsudos Anwesen anhielt, schlugen ihm seine letzten Hoffnungen ins Gesicht. Die Straße war voll von Feuerwehr und Polizei, die Beamten huschten wie Phantome durch den dicken Rauch, die Blaulichter allein waren es, die immer wieder für ein paar Sekunden für Licht sorgen, ehe alles wieder mit der Dunkelheit verschmolz. Nun nicht ganz, denn inmitten dieser schwarzen Gewitterwolke aus giftigem Rauch brannte das Gästehaus von Matsudo, spuckte immer wieder bedrohlich Flammen nach allen Richtungen und fauchte wütend, als die Feuerwehr ihre Schläuche weiter aufdrehte. An Shinichi ging das alles irgendwie vorbei, er saß im Wagen, atmete in kurzen Zügen, während seine Blicke durch die brennenden Mauern des kleinen Hauses scheinbar hindurch gingen, zu dem einen Raum, der Bells ganze Existenz enthielt. Shinichi schluckte, unterdrückte einen Schauer, der ihm über den Rücken rann, während er sich vorstellte, wie die Flammen Bells Gesicht zerfraßen und das Latex an Form verlor, ehe nichts Menschliches mehr von seinen Zügen übrig war. Der Detektiv biss sich auf die Lippen, starrte weiter in das Flammenmeer, das immer wieder eine dicke schwarze Rauchwolke ausspie, erst ein uniformierter Schatten, der im zuckenden Blaulicht an seinem Wagen vorbeihuschte, brachte Shinichi wieder zur Besinnung. Er musste hier weg, und das schleunigst. Ohne weiter zu überlegen legte er den Gang ein, trat aufs Gas und raste an den Feuerwehr- und Polizeiwagen vorbei, verschwand abermals im dicken schwarzem Nebel. Weit konnte er jedoch nicht gekommen sein, als er seinen Wagen in einer Seitenstraße parkte. Shinichi konnte noch immer die Feuerwehrsirenen in der Ferne hören und hatte doch keine Ahnung, wo er war. Zu schnell waren die Straßen, Ampeln und Häuser an ihm vorbei gerauscht. Zum Glück hatte sein Verstand noch ausgereicht, um sich selbst für fahruntüchtig zu erklären. Er holte tief Luft, ließ sich dann nach hinten in den Sitz fallen und starrte an die graue Stoffdecke und bemerkte ein, zwei Brandflecken. Seine gesamten Utensilien, alles, was er brauchte, um Bell zum Leben zu erwecken, wurde grade gierig vom Feuer verschlungen. Wenn William Bell heute Abend zu Bett gehen würde, würde er am nächsten Morgen nicht mehr aufwachen. Shinichi seufzte, ließ den Kopf gegen das Lenkrad sinken und ignorierte dabei Bells Fensterglasbrille, die auf seiner Nase nach vorn rutschte. Er zuckte kurz als plötzlich sein Handy zu klingeln begann. Er starrte es an, fand es unverschämt, dass dieses Ding den gesamten Beifahrersitz für sich hatte und dann nicht mal aufhören wollte, zu klingeln. Als er danach griff und endlich auf die Anzeige schaute, schloss er kurz die Augen, holte tief Luft, ehe er den Anruf entgegennahm. „Kudo?!“ „Bell, aber das spielt für dich wohl keine Rolle, Hattori.“ „Allerdings nicht! Wo steckst du? Weist´de, dass-…“ „Ja Heiji, ich weiß.“ Shinichi seufzte, massierte sich angestrengt den Nasenrücken. „Ich weiß. Ich bin grade vorbei gefahren.“ Schon als er den Osakaner auf der anderen Seite der Leitung tief nach Luft schnappen hörte, wusste Shinichi, dass nichts Gutes folgen konnte. „Wie, vorbei gefahren?! Herrgott Mann, Megure dachte, du wärst noch da drin!“ „Was hätte ich den tun sollen, Heiji? Aussteigen und Megure einen guten Abend wünschen? Am Ende quartiert der mich noch in irgendein Hotel ein, wenn ich Pech habe, sogar noch mit Polizeischutz. Wie sähe es dann aus, wenn Bell einige Tage nicht erscheint, wenn er überhaupt wieder auftaucht.“ Er konnte förmlich hören, wie bei dem Osakaner jetzt der Groschen viel. „Das ist wahr. Alles hin, meinst´de?“ Shinichi seufzte, legte erneut den Kopf in den Nacken, zählte die ihm nun bekannten Brandlöcher an der Autodecke. „Davon kannst du ausgehen und alles was noch nicht restlos verkohlt ist, kann man wohl nicht mehr als menschliches Gesicht durchgehen lassen. Gib Megure Bescheid, dass es mir gutgeht und ich mich momentan nach einer neuen Bleibe umschaue.“ Er sah das Nicken seines Freundes nicht, interpretierte die herrschende Stille jedoch als ja und spürte, wie es hinter seiner Schläfe langsam zu pochen begann. „Und was hast du jetzt vor?“ Heijis Frage hallte in seinen Ohren, er brauchte ein Weilchen um seine trockenen Lippen zu einer Antwort zu überreden. „Bell muss weitermachen, oder?“ Ein Seufzen begleitete seinen Satz, unwillig schaute er in den Rückspiegel, von dem ihm William Bell entgegen sah. „Und ich kenne nur eine Person, die mir momentan helfen könnte.“ Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln, das jedoch nicht allzu lange Bestand hatte, zu bitter lag im sein neues Vorhaben im Magen. „Gut, bleib wo du bist, ich bin gleich da.“ Er hörte, wie sich das Auto wehrte, als Heiji unsanft den Gang wechselte, beschloss ihn lieber gleich zu unterbrechen, ehe er irgendwo eine Ampel überfuhr. „Nein Hattori. Nett von dir.“ Shinichi schluckte, griff sich an den Hals, als er bemerkte, das seine Stimme rauer war als gedacht. „Aber das ist etwas, das ich allein machen muss.“ Megure schaltete sein Handy wieder auf Standby, schaute erneut auf das brennende Gebäude, zum Glück war die Feuerwehr mittlerweile der Flammen Herr geworden, sodass nicht länger befürchtet werden musste, dass das Haupthaus des Doktors auch noch Feuer fing. Hinter sich konnte er Mori keuchen hören, der mit langen Schritten auf ihn zu kam, ein Taschentuch aus der Hose kramte, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen und den Ruß in seinem Gesicht dabei nur noch mehr verteilte. „Und?“ „Es geht ihm gut, er war wohl noch auf dem Weg vom Revier, als es passiert ist.“ Der Polizist nickte seinem Vorgesetzten zu, schaute ihn lange an, ehe er seine Frage dann doch noch stellte. „Sie haben ihm nichts davon gesagt. Hattori meine ich.“ Megures Augenbrauen zuckten kurz, ehe er sich von Mori abwandte, das Handy in seiner Hand nervös knetete. „Nein. Ich habe ihm nichts gesagt, und, Mori?“ „Ja.“ „Ich möchte auch, dass es für´s Erste so bleibt.“ Er sah wie Kogoro sich kurz auf die Lippen biss, dann aber knapp nickte und sich wieder seinen Aufgaben zuwandte, während Megure noch immer seinen Gedanken nachhing. Sein Blick fiel auf den kleinen Zettel, den er in der Hand hielt, auf die paar Buchstaben und Zahlen, die einer ihrer Zeugen darauf gekritzelt hatte, als sie von Tür zu Tür gegangen waren und gefragt hatten, ob jemand etwa Auffälliges am Haus bemerkt hatte. Eine nützliche Antwort war tatsächlich dabei gewesen. Die Angabe eines Autos, das kurz vorher dort geparkt hatte. Ein schwarzer Porsche, Modell 356 A. Hi Ho alle Miteinander, freut mich, dass ihr es wieder bis zum Ende dieses Kapitels geschafft habt. Ich hoffe sehr es hat euch gefallen. In diesem Sinne auch noch mal vielen Dank für die lieben Kommentare und die (mittlerweile über 60) Fafos ^//^. Danke! Jaa… ich weiß ich stelle euch was Shinichi und Ran anbelangt ziemlich auf die Probe, aber wir hacken die Liste doch weiter ab oder nicht? Oder Ahnt jemand von euch etwa nicht was bzw. wer jetzt als nächstes an der Reihe ist ;) Natürlich würde ich mich wie immer über eure Meinung freuen ^//~ Ganz liebe Grüße, bis demnächst eure Shelling PS: Spoiler und das Datum des nächsten Kaps gibt’s wie immer im Blog. Kapitel 23: Auferstehung ------------------------ Auferstehung Er hatte keine Ahnung wie lange er jetzt schon hier rumstand, völlig regungslos vor sich hinstarrte und das Licht in den Fenstern des Hauses beobachtete. Seines Hauses. Seines Zuhauses. Shinichi schluckte, vergrub die Hände tiefer in seinen Taschen. Der Rauch kratze immer noch in seinem Hals, doch er wagte es nicht, sich zu räuspern, unterdrückte ein Husten und wollte so verhindern, dass irgendjemand in diesem Gebäude auf ihn aufmerksam wurde. Jedes Mal, wenn er auch nur den Versuch wagte, sich vorzustellen, was die beiden durchgemacht hatten, überschlugen sich seine Gedanken, der aufkommende Schmerz ließ es nicht zu, auch nur einen davon festzuhalten. Er schluckte, nagte sich nervös an der Unterlippe. Er unterdrückte ein Seufzen, fuhr sich durchs Haar und atmete die kühle Abendluft tief ein. Genoss für einen Augenblick die stille Dunkelheit, die ihn umgab. Doch das nagende Gefühl in seiner Magengrube ließ ihn nicht los. „Ich kann das nicht…“ Doch zu Shinichis Überraschung blieben seine geflüsterten Worte nicht ungehört. „Das weiß man erst, wenn man es versucht hat.“ Bell schrak auf, taumelte kurz ein Stück zur Seite ehe sein Blick ein bekanntes Gesicht traf. „Professor?“ Agasa aber lächelte nur, doch Shinichi wich seinen Augen schnell aus, seine Miene verfinsterte sich, als sein Blick erneut zu dem goldenen Schein der Fenster glitt. Für einige Minuten standen die beiden Männer einfach nur vor dem großen metallenen Tor und starrten die Villa Kudo an. Shinichi spürte, wie sich sein verkrampfter Magen etwas löste in der vertrauten Anwesenheit seines alten Nachbarn. Ein mattes Lächeln schlich sich auf Bells Züge, Shinichi spürte förmlich, wie ein Teil der Anspannung von ihm abfiel. Der Professor wusste offensichtlich Bescheid. Er hatte ihm weder den Kopf abgerissen noch einen Herzinfarkt bekommen, sondern wartete einfach nur. Darauf, dass Shinichi sich ihm endlich erklären und die vergangenen Alpträume damit linderte. Er drängte ihn nicht, sondern wartete einfach nur. Shinichi seufzte ergeben, es tat gut, sich in dieses Vertrauen sinken lassen zu können. „Haben Sie´s eigentlich wegmachen lassen?“ Agasa blinzelte, hob fragend eine buschige weiße Augenbraue über den Rand seiner Brille. „Was?“ Bell aber grinste nur matt, ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. „Na, das Muttermal auf ihrem Allerwertesten, Professor, das Ihnen damals so unangenehm war.“ Der alte Mann grunzte kurz, etwas das Shinichi als Lachen deutete, schüttelte dann mit einem schweren Seufzen den Kopf, ehe er wieder zu den Amerikaner aufsah. Shinichi machte noch durch die Maske hindurch einen abgekämpften und müden Eindruck und auch, wenn es sein Freund wohl nicht zugeben würde, war große Dankbarkeit in seinen Augen zu lesen. Er hatte erkannt, das Agasa ihm helfen würde, er musste es nicht allein durchstehen. „Na komm…“ Der Professor legte dem Detektiv die Hand auf die Schulter zog ihn ein Stück in die Richtung seines eigenen Hauses. „…lass uns erst einmal reingehen.“ Er starrte auf den kleinen goldenen Knopf, auch wenn man dem Goldüberzug ansah, das er benutzt war, schüchterte sein Glanz ihn nur noch mehr ein. Shinichi schluckte, versuchte tief Luft zu holen, scheiterte aber kläglich. Wann hatte er diese Türklingel das letzte Mal betätigt? Mit sieben? Oder acht Jahren? Noch bevor er seinen eigenen Schlüssel hatte, jedenfalls. Danach nicht mehr, denn selbst wenn er ihn einmal vergessen oder schlimmer noch, verloren hatte, klingelte er, wenn überhaupt beim Professor und nicht zu Hause. Wozu auch? Es hätte ihm ja doch niemand geöffnet, seine Eltern waren schließlich die meiste Zeit in den Staaten. Shinichi biss sich auf die Lippen, merkte erst jetzt wie unbekannt ihm dieser kleine Knopf eigentlich war. Er schrak auf, zog scharf die Luft ein, als sich auf einmal eine Hand auf seine Schulter legte, während die andere ihren Weg zur Klingel suchte. Eine für Shinichi beinahe fremde Melodie drang an seine Ohren, wie ein Kinderlied, dass man schon lang vergessen hatte und doch irgendwo vertraut fand, hörte man es später erneut. Professor Agasa musste die Anspannung seines Schützlings gemerkt haben, er verstärkte den Druck auf seiner Schulter und zwang ihn so den Blick kurz zu ihm schwenken zu lassen. Das Klingeln hatte aufgehört und hallte doch in seinen Ohren nach, Shinichi schloss die Augen, schnappte energisch nach Luft, als er Schritte hinter der noch verschlossenen Holztür hörte. Mit einem Knacken der Klinke wurde die Tür geöffnet, Licht bahnte sich seinen Weg und mit ihm Gerüche, die Shinichi nur diesem einen Ort zu ordnen konnte. Das süße Parfum seiner Mutter, Kaffee und das Aftershave seines Vaters, das sich stets mit kaltem Zigarettenrauch mischte. Natürlich konnte ein Fremder all diese Dinge kaum unterscheiden, für ihn mischte es sich zusammen zu dem Eigengeruch des Hauses, zu dem jedes Familienmitglied seinen Teil beitrug. Als die Tür sich weit genug geöffnet hatte, setzte sein Herz kurz aus. Shinichi spürte wie sich eine Gänsehaut auf seinem Körper ausbreitete, während sein Blick starr auf denjenigen gebannt war, der ihm grade die Tür geöffnet hatte. Im Türrahmen vor ihm stand sein Vater. Yusaku Kudo. Shinichi schluckte, konnte nicht verhindern, dass seine Augen über ihn glitten und noch bevor er weiter Nachdenken konnte, die Veränderungen registrierten, von denen er zehn Jahre lang keine Notiz genommen hatte. Die grauen Schläfen und gleichfarbigen Strähnen in seinem Bart, sowie die Falten, die sich tiefer in sein Gesicht gegraben hatten, verliehen ihm eine noch nachdenklichere Note, als ohnehin schon von dem Schriftsteller ausging. Hätte er nicht vorher durch den Türspion gespäht, er wüsste nicht, ob er sich so hätte zusammenreißen können. Yusaku schluckte, bemühte sein gesamtes schauspielerisches Talent - das laut seiner Frau eher dürftig war - um dem Mann vor ihm in die Augen zu sehen, ohne sich dabei direkt selbst zu verraten. Seine Stimme war trocken, Yusaku schluckte hörbar, ehe er seinen Mund dazu überreden konnte, ein paar Wörter zu formen. „William Bell, nehme ich an?“ Er schaute ihn an, versuchte seinen Sohn durch das Silikon hindurch zu erkennen, der ihm nur mit zurückhaltendem Schweigen antwortete. Das Unwohlsein, das Shinichi ausstrahlte, bereitete dem Autor eine Gänsehaut, wenn Agasa nicht wäre, hätte er vielleicht schon längst die Flucht ergriffen. Die Blicke des Schriftstellers fielen kurz zu seinem Nachbarn, der zupfte sich mit der Unterlippe am Bart, schaute nicht weniger nervös, als der vermeintliche Amerikaner. Yusaku unterdrückte ein Seufzen, nickte dem Kriminalisten stattdessen auffordernd zu. „Guten Abend erstmal, kommen Sie nur rein.“ Damit trat der Autor einen Schritt zur Seite, ließ Bell mit steifen Schritten an ihm vorbei gehen und folgte ihm dabei mit jedem seiner Blicke. Das war sie also. William Bell. Die Figur, der sein Sohn Leben eingehaucht hatte. Sein Erscheinungsbild war für Yusaku nichts Neues, nachdem er damals geahnt hatte, wer sich hinter dem Autor verbarg, hatte er seine eigenen Nachforschungen angestellt und mehr als nur ein Bild von ihm gesehen. Ihn jedoch so vor sich zu haben und hinter Bells Brillengläsern Shinichis Augen zu sehen, war etwas ganz anderes. Seine Stimme war noch immer leicht heiser, als er sich seinem Sohn zuwandte. „Also, Mr. Bell, was kann ich für Sie tun?“ Die dunkelblauen Augen seines Vaters lagen fragend auf ihm. Sein Blick wanderte kurz zu Agasa, was den Kloß in seinem Hals nur noch größer werden ließ. „E-eigentlich…“ „Yusaku?“ Shinichi erstarrte augenblicklich zu Eis, als er die Stimme seiner Mutter hörte, wandte sich nur zögerlich zu ihr um. Yukiko aber hatte die kleine Gruppe im Hausflur noch nicht gesehen, sie kam grade aus der Dusche, trug neben einer Jeans und grünem Pullover noch das Handtuch um ihre Schultern. Sie steckte gerade ihre noch feuchten Haare mit einer Spange zusammen, während sie langsam die Treppe runterging. „Wer war das an der Tür?“ Er hörte wie sein Vater schluckte, warf ihm einen unsicheren Blick zu, den dieser jedoch nicht erwiderte, antwortete seiner Frau stattdessen mit heiserer Stimme. „Wir haben Besuch, Yukiko.“ „Besuch?“ Zum ersten Mal sah sie auf, erkannte, dass Besagter schon längst im Raum stand. Shinichi konnte sehen, wie ihre Wangen sich leicht rot verfärbten, während sie ihre Schritte auf der Treppe nun beschleunigte. „Oh entschuldigen Sie bitte vielmals. Ich-„ Doch diesen Satz würde sie nie zu Ende führen. Ihr Atmen geriet ins Stocken, als sie ihn endlich erkannte. Für einen kurzen Moment herrschte Stille. Shinichis Blick wich nicht von seiner Mutter, tausend kleine Nadeln schienen in seinen Körper zu stechen, doch er ignorierte es, sah sie stattdessen einfach nur an. Er konnte nichts weiter tun als stumm zuzusehen, wie die Augen seiner Mutter erst groß und dann glasig wurden. Sie hatte ihn erkannt. Sie wusste, wer da vor ihr stand. Sofort. Es gab keine Maske, die eine - die seine - Mutter nicht durschauen konnte. Shinichi selbst war nicht im Stande sich zu bewegen, bemerkte nur, wie sein Herz immer schneller schlug, während ihm abwechselnd heiß und kalt wurde. Langsam glitten Yukikos Hände zu ihrem Mund, bis die Fingerspitzen ihre Lippen berührten, erst dann fing sie an, leicht den Kopf zu schütteln. Nein, das konnte nicht sein, er war- es war unmöglich, sie irrte sich, sie musste sich irren. Sie schloss die Augen, wandte den Blick ab, nur um ihn dann wieder an zu sehen. Kein Traum, keine Einbildung, er stand wirklich vor ihr. „Shinichi.“ Der Name hallte geisterhaft im Raum wieder, drang einer Bitte gleich an sein Ohr. Shinichi schluckte. Er bemerkte, wie seine Augen zu brennen begannen und biss sich auf die Lippen. In ihm fühlte es sich siedend heiß an, sodass er sich fast wunderte, wie Bells Gesicht überhaupt noch auf dem seinen haftete. Sein Blick wandte sich von ihr ab, ohne weiteres Zögern griff er sich in die Haare, entfernte Bells Perücke gleichzeig mit der Maske, so als ob er eine zweite Haut einfach von sich streifen würde. Erst jetzt sah er auf, schaute sie direkt und nickte dann. Diese kleine Geste löste Yukiko aus ihrer Starre. Ohne dass Shinichi noch ein Wort verlieren konnte, fand sie sich in seinen Armen wieder, krallte sich in seine Schulter und vergrub den Kopf in seinem Nacken, während nun erste Tränen ihren Weg fanden um in seinem Kragen zu verschwinden. Shinichi selbst aber war in diesem ersten Moment wie paralysiert, die Berührung seiner Mutter kribbelte unter seiner Haut und es dauerte einen Augenblick, ehe er die Umarmung zögerlich erwidern konnte. Er musste unwillkürlich schlucken, es fühlte sich so gut an wieder hier zu sein und doch trieb jedes Schluchzen seiner Mutter die Schuld tiefer in ihn hinein. Sie breitete sich schwer in seinem Inneren aus, verschlang immer mehr die wohlige Wärme die die Umarmung seiner Mutter hinterließ. Sie hatten geglaubt er sei tot. Tot. Er schnappte nach Luft, versuchte den Gedanken von sich abzuschütteln, sich auf seine Mutter zu konzentrieren, deren Wimmern ihm langsam das Herz zerriss. „Shinichi… , mein Shin-chan. Shinichi…“ Sie sagte seinen Namen, immer und immer wieder, während weitere heiße Tränen in seinem Kragen verschwanden, es war offensichtlich, dass sie noch immer nicht glauben konnte, dass sie ihren Sohn wiederhatte. Er war hier. Allein der Gedanke ließ die Schauspielerin erneut nach Luft schnappen, ein heiseres Seufzten begleitete ihre immer unregelmäßigere Atmung. Shinichi wollte grade etwas sagen, sie beruhigen, irgendwas, als ihm einfiel, dass nicht seine, sondern Bells Stimme aus seiner Kehle ertönen würde. Geistesgegenwärtig suchte er nach dem modifizierten Transposer in seiner Hosentasche und schaltete das kleine Gerät ab. Er zitterte, traute sich kaum zu bewegen, weil sie ihn noch immer umklammert hielt, er schluckte schwer, bevor seine Lippen das eine Wort formten, von dem Yukiko geglaubt hatte, es nie wieder zu hören. „Mama-…“ Ein heiseres Schluchzen verließ ihre Lippen, sie drückte ihn enger an sich, weinte nun noch heftiger, während sich ihre nassen Locken langsam aus der Spange lösten. Erschrocken und nach Hilfe suchend sah er sich nach seinem Vater und dem Professor um, beide sahen mit gequälter Miene zu ihnen hinüber. Der Professor mit deutlichen Spuren eigener Tränen und sein Vater so blass, dass er für ihn am Liebsten einen Stuhl besorgt hätte. Es war ungewöhnlich still im Hause Kudo, die Tränen seiner Mutter belegten den Raum mit einer Schwere, die für ihn das Atmen beinahe unmöglich machte. Shinichi schluckte, schaute erneut zu seiner Mutter die noch immer unverändert bekümmert weinte. Das hatte er nicht gewollt. Niemals. Ob er es nun gewusst hatte oder nicht, das hier hätte nie passieren dürfen. Der Oberschüler schnappte nach Luft streichelte seiner Mutter sanft über den Rücken, seine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern. „Es tut mir leid.“ Irgendwie hatten sie es auf die Couch geschafft. Und während Shinichi unaufgefordert seine Geschichte erzählte, weinte Yukiko sich noch immer an seiner Schulter aus, wurde erst bei den aktuellen Ereignissen ruhiger. Der Professor hatte gleich neben seiner Mutter Platz genommen, während sein Vater ihm gegenüber in dem großen Ohrensessel saß, den er von je her für sich beansprucht hatte. Bis auf ein paar Fragen, wenn die Geschichte für sie nicht ganz schlüssig war, unterbrachen sie ihn nicht. Yusaku ließ seinen Sohn in dieser Zeit nicht aus den Augen, es war seltsam, sich immer wieder daran erinnern zu müssen, dass der Oberschüler vor ihm in Wirklichkeit schon siebenundzwanzig sein sollte, alles andere, aber kein Kind, kein Jugendlicher mehr. Wäre Shinichi hier bei ihnen erneut aufgewachsen so würde ihm diese Tatsache vielleicht nicht so schwer fallen, zumindest war der Schriftsteller geneigt, sich dieses einzureden. Shinichi war so zu ihnen zurückgekommen, als hätte die schwarze Organisation nie existiert, während sie alle um ihn herum gealtert waren, hatte ihn die Zeit nicht angetastet, war er verschont geblieben vom ständigen Weiterlaufen der Uhren und Auf- und Niedergehen der Sonne. Der Schriftsteller schluckte, massierte sich mit einem müden Seufzer die Schläfen. Natürlich stimmte das so nicht, die Zeit hatte ihn nicht unberührt gelassen, er lief nur hinter ihr her… ein Kampf, den Shinichi nicht gewinnen konnte und ein Wettrennen, das deutliche Spuren hinterlassen hatte. Denn vor ihnen saß eigentlich nicht Shinichi, sondern vielmehr Conan, dem eine Verkleidung offensichtlich nicht mehr ausreichte, um am Leben zu bleiben. Denn darum war es seinem Sohn wohl die letzten zehn Jahre gegangen, am Leben zu bleiben und gleichzeitig die zu beschützen, die sein Leben ausmachten. Ein bitteres Lächeln schlich sich unter den graumelierten Bart des Schriftstellers. Welche Ironie, dass er offensichtlich nicht gewusst hatte, dass sie ihn hier alle längst für tot hielten, dass das FBI ihnen genug Beweise vorgelegt hatte, um Shinichis Tod zu bekräftigen, nur damit Conan weiterleben konnte. Yusaku musste schlucken, er kannte die Antwort auf diese Frage ganz genau, und sie gefiel ihm überhaupt nicht. Denn für Shinichi war an ein Aufhören, daran, einfach alles stehen und liegen zu lassen, nicht mehr zu denken. Er würde weitermachen, er musste - so lange, bis es ein Ende fand. Wie dieses Ende jedoch aussehen würde, füllte den Magen des Schriftstellers mit Steinen. Er und Yukiko hatten es einmal überstanden, ein weiteres Mal wollte er das nicht verkraften müssen. Ein matter Seufzer entrang sich seiner Kehle, während er unruhig mit dem Bügel seiner Brille spielte. Shinichi war indes am Ende seiner Erzählung angekommen, sah jetzt noch müder aus als ohnehin schon. Dennoch hatte Yusaku nicht vor, seinen Sohn so einfach zu entlassen, mit einem langen Blick zu ihm beugte sich der Schriftsteller in seinem Sessel nach vorn, legte die Fingerspitzen aneinander, während er seine Ellenbogen auf den Knien abstütze. „Du glaubst also, die Organisation hat das Feuer gelegt?“ Shinichi sah ihn an, zuckte ratlos, beinahe gleichgültig, mit den Schultern, während er sprach. „Es liegt zumindest nahe, oder?“ Sein Vater nickte kurz, lehnte sich dann wieder nachdenklich in seinen Sessel zurück. „Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass das ein Versuch gewesen sein soll, dich umzubringen.“ „Nein, nein, das glaube ich auch nicht. Wenn sie das wirklich vorgehabt hätten, wäre es ihnen auch gelungen… dieses Mal.“ Shinichi schluckte trocken, merkte, wie jetzt auch Agasas Aufmerksamkeit wieder ganz auf ihm lag. „Sie wollten mich warnen, mir Angst machen, oder-„ „Bell von der Arbeit abhalten. Denn das haben sie ja wohl geschafft, hab ich Recht?“ Der Professor warf dem Oberschüler einen fragenden Blick zu, den der nur mit einem Kopfnicken bejahte, und ehe er weiter sprach, konnte er nicht anders, als seinen Blick kurz zu seiner Mutter schweifen zu lassen. „Fürs Erste, ja. Aber ich muss weiter machen. Ich kann jetzt nicht aufhören und die Spur wieder kalt werden lassen.“ „Obwohl du weißt, dass sie ahnen, wer hinter Bell steckt? Diese Leute warten doch nur darauf, dass sie dich endlich los werden können, Shinichi.“ Der zweifelhafte Ton seines Vaters verfehlte bei Shinichi nicht sein Ziel, gestern noch hätte er ja selbst nicht geglaubt, dass er unter diesen Umständen noch länger an dem Fall dran bleiben würde. Aber im Moment stand einfach zu viel auf dem Spiel, jetzt wieder einen Rückzieher zu machen, bedeutete, alles zu verlieren, auch wenn der Einsatz, den er zu zahlen hatte, vielleicht höher war als ihm lieb war. Der Oberschüler schluckte, fuhr sich fahrig übers Gesicht und erschrak kurz, als er unter seinen Fingern warmes Gewebe fühlte. Doch das schiefe Grinsen blieb unterdrückt, er wusste, dass sein Vater noch immer auf eine Antwort wartete, tat ihm mit einem langen Seufzten dann endlich den Gefallen. „Ich weiß. Aber bisher haben sie es nicht, warum auch immer. Glaub mir, es gefällt mir ganz genauso wenig, aber im Moment habe ich keine andere Wahl, als mitzuspielen, bis ich zum Zug komme. Deswegen kann Bell jetzt nicht so einfach von der Bildfläche verschwinden.“ Die Worte des Detektivs lagen schwer im Raum, ehe der Professor die Stille brach. „Und was ist, wenn du selbst-„ Ein bezeichnender Blick seines ehemaligen Nachbars brachte Professor Agasa zum Schweigen und auch Yusaku wurde der Ernst der Lage mit einem Mal noch bedeutend klarer. So konnte Shinichi nicht vor die Tür gehen. Jemand würde ihn erkennen und wenn die Presse erst einmal Wind von der ganzen Sache bekam, war es sowieso vorbei. Vielleicht mochten sich viele nicht mehr an den totgeglaubten Oberschülerdetektiv erinnern, aber nur eine Person reichte aus, um Shinichis ganzes Kartenhaus einstürzen zu lassen. Außerdem gab es da ja auch noch Ran. „Glaubt mir, ich hab auch schon drüber nachgedacht. Aber selbst wenn ich mich irgendwie anders wieder in den Fall einschleuse, stehe ich dennoch mit Erklärungsnot vor der Polizei. Und glaubt mir, nochmal habe ich keine Lust auf eine Nacht hinter schwedischen Gardinen.“ Er lächelte spöttisch, doch seine Worte waren viel ernster als beabsichtigt, passten sich so seinem nächsten Satz an. „Bell muss in diesem Fall weiter ermitteln. Das ist unsere einzige Chance.“ Shinichi schaute seinen Vater ernst an, der hatte schon längst begriffen, worum es seinem Sohn ging, welche Hilfe er sich von ihnen erbat, oder, besser gesagt, von seiner Frau. Seine Augen wanderten zu Yukiko, Shinichi fing seinen Blick auf, schaute nun ebenfalls zu seiner Mutter, die ohne, dass er es gemerkt hatte, ein Stück von ihm weggerutscht war und ihn mit großen Augen einfach nur anstarrte. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, klang heiser und brüchig, als sie endlich zu sprechen begann. „Deswegen bist du hergekommen?“ Shinichi spürte die Augen seiner Mutter auf seiner Haut, schluckte, wagte es jedoch nicht, sich von ihr abzuwenden. „Nach zehn Jahren… Shinichi. Wir – ich dachte, du wärst Tot. Shinichi. Mein Sohn, mein Kind, tot.“ Jedes ihrer Worte brachte ihn zum Zusammenzucken, er saß da, die Hände zu Fäusten geballt und ertrug alles, was sie auf ihn niederprasseln ließ, wieso auch nicht. Es war ihr gutes Recht. Professor Agasa aber gefiel es offenbar gar nicht zu sehen wie Shinichi immer blasser wurde, er konnte Yukiko ja verstehen, nachvollziehen, wieso sie so aufgebracht war aber er wusste genau, dass der Schauspielerin ihre Jetzigen Worte später nur leidtun würden. „Aber Yukiko, der Junge wusste doch nicht-„ Doch die rotblondie Schönheit ließ ihn nicht zu Ende sprechen, sprang vom Sofa auf und fuhr ihm mit einer scharfen Handbewegung in die Parade, wodurch nur noch mehr ihrer Locken aus der Haarklammer sprangen. „Nein. Nein, die letzten zehn Jahre vielleicht nicht, die letzten Tage, seit Heiji es ihm gesagt hat, wusste er es sehr wohl.“ Sie schluckte, ballte ihre manikürten Hände zu Fäusten und sprach ihren Sohn nun wieder direkt an. „Du wusstest, was wir denken, wovon wir ausgehen und mit welchem Gedanken wir leben müssen, Shinichi. Und doch kommst du erst jetzt.“ Ihre Lippen wurden schmal, ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, während ihre Augen unruhig mit einem fiebrigen Glanz noch immer auf ihm lagen. „Wärst du überhaupt gekommen, wenn du meine Hilfe nicht bräuchtest, Shinichi?“ Er schnappte nach Luft, war nun auch wieder auf den Beinen und trat ihr mit einer bittenden Geste entgegen. „Mama ich-„ Doch die Schauspielerin ignorierte seinen flehenden Ton, beharrte auf ihre Frage. „Wärst du?“ Er schluckte, zuckte bei ihrem harschen Ton zusammen und ignorierte das siedende Kribbeln seiner Haut. Shinichi hatte auf diese Frage gewartet. Und seine Mutter kannte die Antwort, das wusste er und doch verlangte sie von ihm, dass er es aussprach, nur um ihr damit noch mehr weh zu tun. Seine Hände ballten sich zu nutzlosen Fäusten, während er lange ausatmete, dabei die Augen zusammenkniff. Shinichis Stimme war rau, er schaute sie nicht an, starrte stattdessen zu Boden, während er ihr antwortete. „Nein.“ Dieses kleine Wort ließ seine Mutter für einen kurzen Moment komplett erstarren, Shinichi schaute noch immer nicht auf, sah nicht, wie die Schauspielerin sich auf die Lippen biss und kurz die Augen zusammenkniff. Erst als er hörte, wie sie sich zum Gehen wandte, fiel sein Blick wieder auf sie. „Mutter, bitte-…“ Die Angesprochene aber stockte nur, sah sich nicht nach ihm um schüttelte stattdessen nur den Kopf. „Nein, Shinichi. Kein Wort mehr. Ich will nichts hören.“ Ihre Worte kamen immer mehr ins Taumeln. Yukiko schloss die Augen, spürte wie neue Tränen über ihre Wange rannen und presste sich den Handrücken vor den Mund um zu verhindern, dass noch mehr dieser unnützen Worte aus ihr heraus kamen. Auch Yusaku und der Professor hatten sich vom Sofa erhoben. Während Agasa an Shinichis Seite blieb ging der Schriftsteller auf seine Frau zu. „Yukiko…“ Er wollte ihr die Hand auf die Schulter legen, doch sie schüttelte ihn ab, funkelte ihn wütend an, als sie sich endlich zu ihm umdrehte. „Lass mich. Wieso bist du überhaupt so ruhig? Wir haben ihn beerdigt. Beerdigt, Yusaku.“ Nicht nur ihre Stimme, sondern ihr ganzer Körper zitterte bei dem Gedanken, sie musste Schlucken, um den Kloß in ihrem Hals zu bekämpfen, ehe sie weitersprach. „Und jetzt steht er hier putzmunter und hat es nicht einmal früher für nötig gehalten, uns etwas zu sagen. Er hätte uns lieber weiter in dem Glauben gelassen, er wäre tot. Wieso, zum Henker nochmal, bist du also so ruhig?“ Sie starrte ihn an, ein dichter Nebel lag auf seinem Bild, der durch das Flimmern ihrer Tränen entstand. Yusaku hielt lange stand, dennoch nicht lange genug, denn als dieser sich auch nur kurz von ihr abwandte, wurde ihr mit einem Schlag bewusst, warum er sich so verhielt. Warum er nicht so aufgebracht war, warum er sie nicht besser verstehen konnte und das alles einfach so hinzunehmen schien. Die Erkenntnis ließ ihre Augen groß werden, beinahe ängstlich, wich sie einen Schritt von ihm zurück, ihre Worte kamen einem Wispern gleich. „Du hast es gewusst…“ Yusaku kniff die Lippen zusammen, holte tief Luft, als er einen neuen Versuch startete, durch die Wut und Trauer seiner Frau hindurchzukommen, auch wenn er ahnte, dass es wenig erfolgsversprechend war. Sie fühlte sich von ihnen betrogen und der Autor wusste, dass sie irgendwie auch Recht damit hatte. „Yukiko-…“ Als er nach ihrer Hand greifen wollte, schlug sie ihn weg, eine leichte Drohung lag nun in ihren Augen. „Nein. Nein!“ Sie schüttelte energisch den Kopf, sodass die Haarspange nun endgültig an Halt verlor und zu Boden fiel, während sie ihre rotblonden Locken freigab, die ihr nun in großen Durcheinander auf die Schultern fielen. „Ich will nichts mehr hören, von keinem von euch!“ Mit einem letzten Blick in die Runde wandte sich die Schauspielerin ab, ging zur Tür und ließ diese lautstark ins Schloss fallen, sodass die drei Männer allein zurück blieben. Als nur kurze Zeit später ein Motor aufheulte und sich ein Auto immer weiter von ihnen entfernte, erklang ein langer Seufzer aus Yusakus Kehle. Er fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht während er die andere in seiner Hosentasche vergrub, drehte sich dann langsam zu seinem Sohn um, der noch immer wie versteinert im Flur stand. Erst als Shinichi merkte, dass Yusakus Augen auf ihm lagen, schaute er auf. Der Blick seines Vaters war ernst, keiner von ihnen sprach ein Wort, bis sich der Autor endlich regte. „Ich werde mit ihr reden, Shinichi. Geh und zieh dich um, du weißt ja wo alles ist. Im Kühlschrank sind auch noch Reste vom Abendessen, wenn du Hunger hast.“ Damit wandte er sich zum Gehen, griff nach seinem und Yukikos Mantel und wollte grade zur Tür raus, als der Professor ihn aufhielt. „Weißt du denn, wo sie hin ist, Yusaku?“ Die dunkelblauen Augen des Schriftstellers sahen ihn durchdringend an. „Ich habe zumindest eine ziemlich gute Ahnung.“ Shinichi starrte auf den Teller kalter Suppe, der vor ihm auf dem Tisch stand. Der Professor hatte sie für ihn warm gemacht ehe er gegangen war, weil er noch „eine Erfindung fertigstellen“ musste, allerdings hatte der Detektiv eher das Gefühl das sein alter Freund ihm einfach etwas Raum geben wollte, mittlerweile aber war das Gebräu schon längst wieder kalt geworden. Er hatte sich umgezogen, die alten Sachen aus seinem alten Zimmer geholt und saß nun an seinem Küchentisch und wusste nicht wirklich etwas mit sich anzufangen. Hunger hatte er jedenfalls nicht. Der Oberschüler seufzte, rührte lustlos in der Suppe herum und beobachtete die Gemüsestücke dabei, wie sie von kleinen Strömungen und Strudeln mitgerissen wurden. Er schluckte, versuchte das Bild seiner Mutter aus dem Kopf zu bekommen, ihren leidgeplagten Blick und die Augen seines Vaters, die mehr sagten, als er je aussprechen würde. Ohne den Professor hätte er diesen Abend nie überstanden, der alte Mann war der einzige, der es ihm leichter gemacht hatte. Shinichi schob nun endlich den Suppenteller von sich weg, er würde sich bei dem Professor bedanken, wenigstens das konnte er tun, nachdem er an diesem Abend so viel Schaden angerichtet hatte. Der Detektiv suchte sich seinen Weg durch die Hintertür, schlich sich durch seinen Garten rüber zum Haus des Professors, um zu verhindern, dass ihn irgendjemand ohne seine schützende Maske erkannte. Ein leises Klopfen an seinem Balkonfenster ließ den Professor aufschrecken. Die dunkle Gestalt seines Besuchers zeichnete sich in dünnen Umrandungen auf dem Gals ab, doch der Wissenschaftler wusste sofort, wer da draußen in der Kälte stand, zögerte nicht länger, ihn herein zu lassen. „Guten Abend Professor, ich wollte mich bedanken… dafür, dass-„ Doch noch ehe Shinichi die Balkontür hinter sich schließen konnte fiel ihm der Professor ins Wort. „Du dummer, dummer Junge!“ Der alte Mann hielt ihn an seinen Schultern fest, krallte die faltigen Hände in seine Kleidung während sein Atem immer unruhiger wurde. Erst jetzt wurde Shinichi klar, wie sehr sich Professor Agasa bisher für ihn zusammengerissen hatte, nun aber, wo er ohne die schützende Silikonschicht und in seinen eigenen Klamotten vor ihm stand, brach der Wall des Wissenschaftlers. Das Schniefen wurde leiser und der Professor ließ Shinichi wieder in die Freiheit. Aus dem heiseren weinerlichen Glucksen wurde ein kurzes Kichern. Professor Agasa lächelte nüchtern, schüttelte peinlich berührt den Kopf und wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln. „Ich alter Narr, beschimpfe dich hier obwohl du ganz offensichtlich selbst nicht wusstest, was hier passiert ist. Es ist nur…“ Seine Stimme ebbte ab, Agasas Blick fiel zu Boden, während er sprach. „Sie fehlt mir so, Shinichi…“ Er schrak auf, getroffen von der gequälten Stimme seines Freundes. Agasas Augen flimmerten erneut, seine Brille war von den Tränen beschlagen. Der Detektiv biss sich auf die Lippe, versuchte, den Kloß in seinem Hals hinunter zu würgen. „Sie haben schon Recht, Professor… Es ist meine Schuld. Das alles ist meine Schuld.“ Shinichi seufzte, schüttelte hilflos den Kopf. „Ich hätte mir schon viel früher Hilfe holen sollen, hätte meine Nase gar nicht noch tiefer in die Sache hinein stecken sollen.“ „Und dann, Shinichi? Dann wären jetzt unter Umständen noch mehr Menschen tot. Nein, nein, so sehr ich es hasste, wenn du dich allein in Gefahr gebracht hast… es war richtig so.“ Der alte Mann lächelte höhnisch. „Eigentlich hab doch ohnehin ich die ganze Sache angezettelt, ich hab dir immer geraten, alles für dich zu behalten und auf eigene Faust zu ermitteln.“ Er schluckte, merkte erst jetzt wie trocken sein Hals plötzlich war. „Keiner von uns hat damals gedacht, dass du an einem solchen Gegner graten bist. Bis… bis Ai da war. Sie hat deutlich gemacht, zu was die Organisation im Stande ist. Aber sie hat auch jeden Tag gesehen, wozu du im Stande bist, Shinichi. Allein deinetwegen hat sie Nacht für Nacht immer ruhiger geschlafen.“ Er schluckte, ein blassen Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Wer hätte gedacht, dass die Kleine mir so ans Herz wachsen würde…“ Die Nummern auf der Anzeige flogen nur so dahin, wanderten immer höher wie ein umgekehrter Countdown, ehe ein schrilles Piepsen ankündigte, dass er das oberste Stockwerk erreicht hatte. Yusaku wartete geduldig, bis die metallene Tür des Aufzugs vor ihm auseinander glitt und trat dann mit einem großen Schritt in den Raum. Noch immer drehte sich das Beika-Restaurant um die eigene Achse, bewegte sich unaufhörlich in die gleiche Richtung, ohne dabei wirklich vom Fleck zu kommen. Die Panoramafenster boten einen wunderbaren Blick auf die Stadt, der sternenklare Himmel verriet nicht, wie eisig die Nacht mittlerweile geworden war. Sein Blick schweifte kurz durch das Restaurant, er musste jedoch nicht lange suchen bis er seine Frau erspähte. Yukiko saß an der Bar, starrte angestrengt in ihr Rotweinglas, als wollte sie es für all ihren Schmerz verantwortlich machen. Die Rötung um ihre Augen herum verblasste langsam, doch ansonsten sah sie noch genauso mitgenommen aus wie eben, nicht einmal Makeup hatte sie aufgelegt. Der Schriftsteller musste schmunzeln, ihm war es egal, ob sie sich herausputzte oder nicht, für ihn war sie auch so wunderschön. Aber für seine Frau war es ein Ding der Unmöglichkeit, ungeschminkt aus dem Haus zu gehen. Normalerweise. Er seufzte, versteckte die Hände in seinen Hosentaschen und ging auf sie zu, setzte sich, ohne etwas zu sagen, neben sie und wartete. Einige Zeit verging, ohne dass jemand von ihnen ein Wort verlor, stattdessen starrte Yukiko weiter auf ihr Glas, von dem sie bislang nichts angerührt hatte. Erst als sich ein weiteres Pärchen an die Baar setzte, um die sich der Kellner kümmern konnte, fing sie an zu sprechen. Die Wut war aus ihrer Stimme verschwunden, ihre Worte klangen nunmehr kraftlos und erschöpft. „Du musst mir keine Predigt halten, weißt du.“ Yusaku schaute sie von der Seite an, wartete, bis seine Frau weitersprach, während sie seinem Blick noch immer auswich. „Ich weiß sehr wohl, warum er das getan hat. Er ist wie du.“ Ein kurzes Lächeln erschien auf den etwas zu blassen Lippen der Schauspielerin. „Und genau das bringt mich bei euch beiden Sturköpfen wirklich zur Weißglut!“ Sie schluckte, sah ihm nun direkt in die Augen, die denen ihres Sohns so ähnlich waren und deren Anblick sie die letzten Jahre so viel Kraft gekostet hatte. „Warum nur müsst ihr immer alles für euch behalten? Alles alleine regeln wollen. Glaubt ihr wirklich, ihr würdet uns damit beschützten würdet und helfen? Mir… oder Ran.“ Yusaku sah sie an und schwieg. Er bemerkte, dass sie zitterte und legte Yukiko ihren Mantel um die Schultern; sie ließ es geschehen, sah ihn jedoch noch immer an und wartete auf eine Antwort. Ihr Ehemann ließ ergeben die Schultern sinken, ehe er ihr mit einem matten Lächeln antwortete. „Ich fürchte, das reden wir uns gerne ein, Yukiko…, dass wir eine Chance haben, euch irgendwie zu beschützen. Wahrscheinlich hast du Recht und es macht überhaupt keinen Sinn. Aber manchmal ist diese Sinnlosigkeit das einzige, an dem man sich festhalten kann, was einem noch bei klaren Verstand hält, weil man glaubt man hat eine Chance, euch diesen Schmerz zu ersparen.“ „Yusaku…“ Sie schaute ihn an, blinzelte aufgrund der seltenen Offenheit, die ihr Mann an den Tag legte, rutschte ein Stück näher an ihn ran, bis sie ihren Kopf an seine Schulter anlehnen konnte. „Ich weiß,… ich weiß warum er das getan hat. Es ist nur…“ Sie schluckte, biss sich nervös auf die Lippen, während Angst unter ihre Haut kroch und der Schauspielerin erneut eine Gänsehaut bescherte. „Er will weiter machen, Yusaku. Obwohl sie ihn jagen, kurz davor sind-…“ Yukiko konnte diesen Satz nicht beenden, spürte wie sich ein Arm ihres Mannes schützend um sie legte. „Ich will ihn nicht verlieren, Yusaku… nicht noch einmal.“ Wie immer ein Hallo am Ende des Kapitels, So… bevor ich jetzt irgendwas Anderes sage: Ich hoffe wirklich ich bin mit diesem, vielleicht doch etwas Emotionsgeladenen Kapitel niemandem allzu nah gekommen, bzw. wenn dann hoffe ich es war wenigstens noch okay irgendwie. Denn im wahren Leben ist Shinichis fall ja nicht allzu realistisch… die die wir verloren haben kommen nicht wieder, so sehr wir`s uns manchmal auch wünschen. Ich selbst hab mich beim Schreiben schwer getan und hoffe, dass ihr es noch für angemessen haltet, sollte jemand der Meinung sein, dass sowas in dieser Form hier nichts zu suchen hat, bin ich gerne bereit es noch einmal zu überarbeiten. *Tieflufthol* So jetzt aber, vielen Dank für diese wirklich überwältigende Kommi Beteiligung! (Bald knacken wir tatsächlich die 200ter Marke O////o) Vielen Danke wirklich! Ich hoffe, dass ich euch auch mit diesem Kapitel wieder eine Freude machen konnte und würde mich natürlich wie immer über eure Reaktion sehr freuen ;) Liebe Grüße *vielzuvielgeredethat* und bis demnächst eure, Shelling Kapitel 24: Augenzeugen ----------------------- Augenzeugen Der heiße Dampf, der aus seiner Teetasse stieg, wurde von einem mächtigen Seufzer durcheinander gewirbelt. Hauptkommissar Megure beobachtete, wie der milchige Nebel sich in- und umeinander wand, bis er wie das Flackern einer Kerze wieder zur Ruhe fand. Mit seinem Fall verhielt es sich leider überhaupt nicht so. Der Beamte schluckte, rieb sich nervös die immer kahler werdende Stelle unter seinem Hut. Anstatt aus alledem endlich Klarheit zu erlangen, wurde die ganze Sache nur immer vertrackter und verworrener. Und jetzt auch noch das. Die Augen des Oberhaupts der Tokioter Mordkommission lagen auf dem kleinen Zettel vor ihm, auf dem in krakeliger Handschrift ein paar Worte und Zahlen zu lesen waren. Doch das hatte gereicht, um dem Hauptkommissar heute Nacht den Schlaf zu rauben. Er hatte nicht einmal den Versuch gestartet, sich zu Midori ins Bett zu legen, weil er genau wusste, er würde sie ohnehin nur Wecken, wenn er sich von Schlaflosigkeit getrieben hin und her wälzen würde. Das harte Sofa allerdings hatte auch nur wenig zu seiner Laune beigetragen und noch weniger zu der Lösung dieses Falls. Porsche, schwarz 356 A Der Hauptkommissar schluckte schwer, er hatte den Tod der beiden Kinder damals nicht vergessen. Ai Haibara und Conan Edogawa. Heiji und das FBI waren mit der Sprache rausgerückt. Dass es eine Organisation gab, die von jeher hinter den beiden Kindern her gewesen war, einen Verein, den man sich besser nicht zum Feind machte, skrupellos und grausam. Und dennoch konnte Megure das Gefühl nicht leugnen, dass irgendetwas fehlte. Dass man ihm etwas nicht gesagt hatte, etwas, das vielleicht auch mit diesem Fall zu tun hatte? Erst das Klopfen an seiner Bürotür riss den Kriminalbeamten aus seinen Gedanken. Es überraschte ihn nicht, dass auf sein „Herein!“ gleich Sato, Takagi und auch Mori in den Raum traten. Mit einem Blick auf seine Armbanduhr stellte er fest, dass auch sie zu früh dran waren und in den Gesichtern seiner Angestellten war zu lesen, dass sie eine ähnliche Nacht hinter sich hatten wie er. Es war wohl besser wenn er gleich zur Sache kam. „Die Konferenz für heute ist abgeblasen.“ Megure stand auf, stützte sich dabei mit den Händen auf seinem Schreibtisch ab. „Wir müssen erst einmal ein wenig richtige Polizeiarbeit leisten, ehe wir erneut Gruppentherapie spielen, um dieses Destaster zu verarbeiten und auseinanderzupflücken. Sato, Sie bleiben weiter an diesem Kiraba dran, sollte dieser Möchtegern-Paparazzi irgendwas Verdächtiges unternehmen, informieren Sie mich sofort. Es kann einfach kein Zufall sein, das er überall auftaucht und sein Benehmen gestern spricht auch nicht grade dafür.“ Die Angesprochene nickte energisch, sie hatte darauf gehofft, dass Megure diesen Kerl nicht so einfach davonkommen lassen würde. „Gut. Takagi, Sie bearbeiten weiterhin das Gericht und, wenn nötig, auch diesen Schmierlappen von Rechtsanwalt. Vielleicht können wir die Verhandlung wenigstens hinaus schieben. Und was Sie anbelangt Mori- was denn jetzt noch!?„ Ein unsanftes Klopfen hatte Megure aus dem Satz gerissen, seine aufgebrachte Frage wurde von dem Eindringling kurzerhand als „Herein“ gedeutet. Hamato, der etwas untersetzte Mann aus der Spurensicherung, betrat nur zögerlich den Raum und reichte Megure eine Akte. „Guten Morgen Hauptkommissar, die Ergebnisse der Brandermittlungen, um die Sie mich gebeten hatten.“ „Danke Hamato, irgendwas Interessantes dabei?“ „Nun ja…“ Der Blick des Beamten suchte die Akte in Megures Händen. „Es wurden deutliche Spuren eines Brandbeschleunigers gefunden. Wir können also davon ausgehen, dass es sich um Brandstiftung handelt.“ „Schön und weiter? Da steckt doch noch mehr dahinter, das sieht man Ihnen an, Hamato.“ Der junge Mann blinzelte kurz, nickte dann aber. „Die Spurenermittlung hat in einem Raum ein erhöhtes Silikatvorkommen festgestellt. Wir konnten zunächst nichts damit anfangen, bis einige Proben auch Reste von Polysiloxan enthielten, oder anders gesagt…“ „Silikon.“ Kogoro zuckte augenblicklich zusammen, als Megure den Satz des Beamten beendete, sein Blick wanderte zu dem Hauptkommissar, doch der bedankte sich grade bei Hamato und entließ den Mann aus dem Raum. Eine schwere Ruhe legte sich über die vier Polizisten, die dem ehemals schlafenden Detektiv nur noch mehr aufs Gemüt drückte. „Verdammt!“ Der Knall von Megures Faust auf seinem, zum Glück massiven, Schreibtisch riss sie alle aus ihren Gedanken. Doch nur Sato und Takagi schauten ihren Chef verwundert an. „Hauptkommissar, was-?“ Doch Takagis zögerliche Frage wurde von Megure abgewunken, er ließ sich zurück in seinen Bürostuhl sinken und schaute von dort aus zu Mori hoch. „Sie haben ihnen also noch nichts erzählt?“ Der Hauptkommissar erkannte, wie die Augen seines Freundes sich verdunkelten, ehe er nickte. „Wovon erzählt?“ Diesmal war es Sato, die Megure mit einem scharfen Blick musterte, ehe dieser ein Seufzen seiner Antwort voraus schickte. „Wie Sie wissen, haben wir keinen Zeugen, der die Brandstiftung belegen könnte, allerdings haben einige Leute durchaus etwas gesehen.“ Der Beamte schluckte kurz, zwischen seinen Augenbrauen bildete sich ein tiefer Schatten. „Einen schwarzen Porsche… das Modell muss ich Ihnen wohl nicht erst nennen oder?“ „Was?“ Sato durchfuhr es siedend heiß, diese Antwort konnte selbst die sonst so kühle Kommissarin aus der Fassung bringen. Auch Takagi ließ diese Nachricht kurz nach Luft schnappen. Sie hatten nicht viele Informationen über diese Organisation, aber genug um zu wissen, dass sie ein gewaltiges Problem hatten, wenn sie irgendwie in den Fall verwickelt war, oder irgendetwas mit Bell zu schaffen hatte. Der Gedanke an diese ominösen schwarzen Gestalten hatte das Paar die ganzen Jahre über nie ganz los gelassen. Sie waren es, die damals am meisten mit den Kindern zu tun gehabt hatten und der Schlag, dass man die beiden Grundschüler so gezielt aus dem Weg geschafft hatte, lag den jungen Eltern noch immer tief im Magen. Takagi war es, der als erstes seine Stimme wieder fand. „Sie glauben Bell, hat etwas mit ihnen zu tun?“ Der Hauptkommissar brauchte etwas zu lange für seine Antwort, schüttelte dann aber nur nachdenklich den Kopf. „Das können wir nicht mit Bestimmtheit sagen.“ Seine Augen wanderten zu Mori, der dem ganzen bisher schweigend zugehört hatte. „Deswegen werden Sie mir den Professor aufspüren Mori, wie Sie es machen ist mir egal, aber finden Sie ihn.“ Kogoro wollte grade antworten, als Takagi den Hauptkommissar erneut mit einer Frage löcherte. „Heißt das, Sie wissen nicht wo er ist?“ „Nein, wir haben seit gestern nichts mehr von ihm gehört. Deswegen möchte ich das Sie ihn finden Mori, hab ich mich klar ausgedrückt?“ Der Detektiv schluckte trocken, nickte dann aber. „Schön. Sie drei tun das, was ich Ihnen aufgetragen habe, mehr bleibt uns momentan nicht. Und egal, welche Vermutungen im Spiel sind, es geht hier immer noch darum, diesen Fall aufzuklären, daran muss ich sie wohl nicht erinnern.“ „Jawohl, Hauptkommissar.“ „Eins noch, Kommissar Hattori nimmt derzeit das ausgebrannte Gästehaus noch einmal unter die Lupe. Er weiß nichts von dem Porsche, und fürs erste möchte ich, dass es so bleibt.“ Die drei Beamten nickten, wollten sich grade aus der Tür davon stehlen, ehe sie Megures Stimme zurückhielt. „Wenn Ihnen irgendetwas seltsam vorkommt, setzen Sie sich sofort mit mir in Verbindung, ist das klar?“ Der maßregelnden Stimme des Polizeioberhaupts war ein Hauch Sorge beigemischt, den sie alle drei wahrnahmen, ehe sie sich mit einem weiteren Nicken von ihrem Chef verabschiedeten. Als die Tür hinter den Dreien zufiel, entwich ein langer Atemstoß Megures Lunge, fahrig wischte er sich mit seiner Hand übers Gesicht, merkte erst jetzt, wie kalt diese war. Aber egal. Aller Furcht zum Trotz, die diese schattenhafte Organisation hervorrief, nochmal würde er so etwas jedenfalls nicht zulassen. Sie blieb vor seiner Zimmertür stehen, bohrte mit ihrem Blick Löcher ins Holz. Wie lange hatte sie diesen Raum nicht mehr betreten, wie oft hatte sie sich vorgenommen, wenigstens Staub zu wischen, doch jedes Mal wenn sie vor dieser Tür gestanden hatte, hatte ihr der Mut versagt. Sie hätten ihn nie allein lassen dürfen… Niemals. Keiner von ihnen beiden war wirklich für ihn da gewesen, sie hatten Conan vorgeschlagen, mit nach Amerika zu kommen, Interpol alles Weitere regeln zu lassen, obwohl sie damals schon ahnten, wie seine Reaktion ausfallen würde. Und dann… Hat man ihnen gesagt er sei tot. Shinichi wäre von eben dieser Organisation, die er so lange gejagt hatte, ermordet worden. Yukiko schluckte, blinzelte um das Brennen aus ihren Augen zu treiben. Sie hatten ihn beerdigt. Nicht Shinichi, sondern Connan. Conan, mit dem sie nur über tausend Ecken verwandt wahren, den sie so gut wie nie sahen und eigentlich kaum kannten. Wobei Letztes wohl irgendwie der Wahrheit entsprach. Für sie beide war es eine schmerzhafte Farce gewesen, ihn nicht einmal als Shinichi Kudo beerdigen zu können. Sie wusste jetzt, dass Yusaku damals noch nichts von der Wahrheit geahnt hatte, anhand seines Verhalten damals hatte sie sich das jedoch bereits gedacht. Ihr Mann hatte zu diesem Zeitpunkt versucht, alle Hebel in Gang zu setzten, um ihn wenigstens unter seinem eigenen Namen begraben zu können. Doch ohne dass die Polizei, vielleicht sogar die Öffentlichkeit etwas davon erfahren hätte, war es unmöglich. Es blieb ihnen nichts weiter übrig, als zu zusehen, wie ihr Sohn diese Lüge mit ins Grab nahm. Yukiko schnappte nach Luft, schüttelte energisch mit dem Kopf. Das alles entsprach jetzt nicht mehr der Wirklichkeit, wurde von ihr in die Ecke für viel zu reale Albträume verbannt. Sie hatte eine zweite Chance bekommen und sie würde diese ganz sicher nutzen. Die Schauspielerin schluckte ein letztes Mal und klopfte dann an die Tür ihres Sohnes. „Shinichi?“ Sie hörte eine Schulbade zu fallen und das Rollen eines Bürostuhls, ehe er ihr antwortete. „Herein.“ Yukiko öffnete die Tür und trieb dabei den Staub in kleinen Nebelschwaden vor sich her. Er stand in der Mitte des Raumes, schaute sie unschlüssig an und machte den Eindruck, als würde er irgendwie nicht dorthin gehören. Die Schauspielerin schluckte und schaute sich zum ersten Mal seit Langem im Raum um. „Himmel, Shinichi, das tut mir leid, ich werde gleich sauber machen.“ „Du musst das nicht tun.“ Seine Stimme war ruhig, ließ sie unweigerlich aufschauen und bescherte der Mutter eine Gänsehaut. Shinichis Blick machte deutlich, dass es ihm mit diesem Satz um mehr ging als den Staub in seinem Zimmer. Yukiko zögerte kurz, ehe sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen zeigte, mit dem sie dann einen Schritt auf ihren Sohn zu machte. Sie fuhr mit den Fingerspitzen durch sein Haar, schaute ihn lange und eindringlich an. „Ich weiß… ich weiß.“ Er schluckte, nickte dann aber und drehte sich ein wenig von ihr weg, sah sich das eingestaubte Zimmer selbst einmal genauer an. „Ganz davon abgesehen, kann ich diesen Saustall auch allein Ordnung bringen. Allzuviel kann ich heute ohnehin nicht anstellen.“ Shinichi schenkte ihr ein schiefes Grinsen, das seine Mutter unsicher erwiderte. „Ist gut. Wenn du Hunger hast warten dein Vater und ich mit dem Frühstück auf dich.“ „Mhm? Du hast Frühstück gemacht?“ Die Stimme ihres Sohnes klang für Yukikos Geschmack ein wenig zu überrascht. „Willst du damit irgendetwas andeuten, Shinichi?“ Sie machte erneut einen Schritt auf ihn zu, war nur noch ein paar Zentimeter von ihm entfernt. „Du solltest nicht vergessen, dass ich immer noch wütend auf dich bin.“ „N-nicht doch.“ „Da dachte ich, dass ich dir nach all der Zeit in Amerika eine Freude bereite und stelle mich in aller Herrgottsfrühe an den Herd um dir ein traditionell japanisches Frühstück zu machen und dann das!“ „So war das doch gar nicht gemeint Mama, ich komme gleich runter.“ „Schön, aber beeil dich, bevor der Reis ganz kalt wird.“ Shinichi nickte nur, beobachtete wie seine Mutter ihm den Rücken zuwandte und grade den Raum verlassen wollte, als seine Stimme sie erneut aufhielt. „Danke.“ Yukiko stockte, drehte sich aber nicht zu ihm um, nickte stattdessen nur, ehe kurz ehe sie beinahe fluchtartig den Raum verließ. Das Lächeln auf seinen Lippen verblasste langsam. Shinichis Blick fiel zurück auf die Schulblade, die er eben hektisch geschlossen hatte, er ging hinüber und öffnete sie erneut und holte das, was er dort versteckt hatte, wieder zum Vorschein. Das Bild von Ran und ihm im Tropical Land. Shinichi schluckte, sah sich die beiden Oberschüler auf diesem Foto lange an, während sich im Glas des Bilderrahmens sein eigenes Bild spiegelte. Er verzog das Gesicht und beförderte die Fotografie wieder zurück in die dunkle Schublade. Er wollte dieses Bild jetzt nicht sehen. Shinichi wusste, seine Mutter hatte es mit dem Frühstück nur gut gemeint, allerdings war dieser Moment zwischen den drei Kudos alles andere als entspannt. Yukiko sah ihn immer wieder verstohlen über ihre Kaffeetasse hinweg an, als würde befürchten, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. Sein Vater hingegen verbarg sich die meiste Zeit hinter der heutigen Tageszeitung, sodass eine beklemmende Stille Begleiter ihres Frühstücks wurde. Er wusste, dass ihnen beiden, vorallem wahrscheinlich seinem Vater, noch unendlich viele Fragen auf der Zunge brennen mussten, denn er hatte ihnen zwar gestern erzählt, wie es ihn nach Japan verschlagen hatte und dass das FBI hinter „William Bell“ steckte, doch wieso es überhaupt so gekommen war, was sich vor 10 Jahren ereignet hatte, das hatte er ihnen nicht erzählt. Im Grunde wusste das bisher niemand. Zwar lockerte Professor Agasas Erscheinen, der sich selbst kurzerhand zum zweiten Frühstück einlud, die Runde ein wenig auf, allerdings hielt das nur so lange an, bis Shinichis, beziehungsweise Bells Handy zu klingeln begann. Shinichi verschluckte sich beinahe an seinem letzten Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab, um dann nach Bells Handy in seiner Hosentasche zu kramen. Als der Detektiv dann jedoch einen Blick auf das Display warf verdunkelte sich seine Miene. Shinichi biss sich kurz auf die Lippen, schaltete das nervige Ding auf stumm und steckte es wieder ein. Erst als er aufsah, erkannte er, dass ihn die restlichen Personen am Tisch unverhohlen anstarrten. „Was?“ Shinichi wusste, dass die Frage ein wenig zu scharf aus seinem Mund gekommen war und schaute nervös zur Seite. Das alles reichte jedoch für seinen Vater um zu deduzieren, wen Shinichi so kalt abgewürgt hatte. „Das war Ran, nicht wahr?“ Sein Sohn hielt für einen Moment den Atem an, schaute aber noch immer nicht auf. „Ahnt sie etwas? Weiß sie Bescheid?“ Yusaku beobachte ihn eingehend, sah, wie er erst die Augen zusammenkniff, um dann langsam mit dem Kopf zu schütteln. „Nein. Nein, ich denke nicht.“ Das regelmäßige Freizeichen hämmerte monoton in ihr Ohr, wurde mit jedem Mal schmerzhafter, bis sie es nicht mehr aushielt. Ran schluckte, nahm den Hörer vom Ohr und starrte ihn noch eine Weile an, wartete kurz, bis sie diesem freudlosen Singsang mit einem Knopfdruck ein Ende bereitete. „Shinichi…“ Rans Stimme hallte einsam in ihrer Wohnung. Die junge Frau konnte nicht verhindern, dass ihr Herz immer schneller zu schlagen begann. Ihr Blick streifte erneut die Zeitung in der die Überreste des Gästehauses zu sehen waren, in dem er untergebracht worden war, niemand hatte ihn seither gesehen. Was, wenn ihm wirklich etwas passiert war? Wenn er… Ran schluckte, schüttelte abwehrend mit dem Kopf. Wahrscheinlich hatte er einfach nur viel zu tun, oder aber… er ging bewusst nicht dran. Ganz sicher ging es ihm gut, man hätte in der Zeitung davon gelesen, wenn William Bell wirklich etwas passiert wäre, die Polizei hätte es nicht geheim halten können, sie würden es wissen wenn- Aber natürlich… Wenn sie ihn nicht direkt erreichen konnte, würde sie ihre Informationen eben woanders her holen müssen. Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, versuchte zu ignorieren, wie sehr ihre Hände zitterten, während sie die Nummer wählte und wieder wartete. Wieder mit diesem lästigen Geräusch im Ohr, das sich langsam zum Tinnitus entwickelte. Diesmal aber wurde Ran nicht enttäuscht. „Hattori.“ Doch mit einem Mal verschlug es ihr die Sprache. Was sollte sie sagen? Der Detektiv am anderen Ende der Leitung hatte nun offensichtlich einen Blick auf sein Display geworfen, das ihm verraten hatte, wer ihm da ins Ohr schwieg. „Ran?“ Die zuckte bei ihrem Namen kurz zusammen, biss sich auf die Lippen und schloss die Augen, atmete kurz aus und gab so Heiji ein erstes Lebenszeichen. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Brust, als sie sich endlich für eine Frage entschieden hatte. „Geht es ihm gut?“ Sie hörte ein Knirschen auf der anderen Seite, unverkennbar Heijis Kiefer, der unter ihrer Frage die Zähne fest zusammenbiss. Er wusste genau, nach wem sie frage, und warum. Der Osakaner schluckte, ließ seinen Blick über den schwarzen Trümmerhaufen gleiten, in dem sein Freund bis gestern Quartier bezogen hatte. Ran wartete geduldig auf seine Antwort, er wusste, er hatte schon viel zu lange geschwiegen, um jetzt noch so zu tun, als wüsste er nicht genau, um wen es der jungen Lehrerin ging. „Er war nich da, als es passiert is.“ Sie atmete unweigerlich aus, merkte erst jetzt, dass sie die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. „Wo ist er jetzt?“ Diesmal aber ließ sich der Kommissar nicht so leicht um den Finger wickeln, wenigstens das konnte er noch richtig machen, alles andere würde nur dazu führen, dass Kudo ihm früher oder später den Kopf abreißen würde. „Wissen wir nich.“ „Aber-„ „Ran, ich kann´s dir echt nicht sagen, er wird sich schon melden, ich schätze er hat jetzt selbst erst mal einiges zu klären, nachdem es irgendwer offensichtlich auf ihn abgesehen hat.“ „Brandstiftung?“ „Sieht ganz so aus… und jetzt entschuldige mich, die Ermittlungen warten.“ Damit legte er auf, überließ sie ihren eigenen Gedanken, wusste nicht, dass es sie innerlich zerriss, eingeengt zwischen Erleichterung und Enttäuschung. Manchmal fragte sie sich, ob es das alles wert war, ob er wirklich gut für sie war. Wenn Shinichi nicht einmal bewusst etwas tun musste, um sie zu verletzten. „Dann lass mal sehen, Shinichi.“ Der schluckte kurz, nickte dann aber und überreichte seiner Mutter Bells Maske, die seinem Empfinden nach ohne die dazu gehörige Perücke nur noch gruseliger war. Es war mittlerweile Nachmittag, so lang hatte er sich um dieses Thema gedrückt, obwohl er gleichzeitig wusste, dass er ohne Bell aufgeschmissen war, hatte er in der Tat erst in seinem Zimmer für Ordnung gesorgt und seine Gedanken zu den Morden sortiert, bis seine Mutter ihn nicht länger in Ruhe gelassen hatte. Shinichi schaute dabei zu, wie Yukiko Bells Gesicht in ihren Händen eingehend studierte, die Maske dabei hin und her drehte, sodass es aussah, als würde der Professor mit dem Kopf schütteln. Doch die Mahnung an sich selbst konnte die leichte Gänsehaut nicht verbergen, die sich auf seinen Armen bildete. Ungeduldig wandte er sich ab, ließ sich auf dem kleinen Drehstuhl vor dem Schminkspiegel seiner Mutter nieder und sah sich um. Der Raum war zwar nicht groß, dennoch runzelte Shinichi die Stirn bei dem Gedanken, dass seine Mutter ein ganzes Zimmer für ihre Masken und Verkleidungen in Anspruch nahm. Nicht, dass es ihnen irgendwo an Platz mangelte, aber der Staub belegte auch hier, wie selten es benutzt wurde, dabei hatte seine Mutter so viel Stoffe, Farben und Schminke gehortet, dass sie damit wohl eine ganze Theatergruppe hätte ausstatten können. Er schluckte, schaute in den Spiegel vor ihm und beobachtete Yukiko so aus dem Augenwinkel heraus. Sie hatte dieses Handwerk zusammen mit Sharon gelernt. Die es sogar noch besser verstand anderen Menschen ihre Identität zu rauben, oder eine völlig neue zu kreieren. Vermouth, Sharon und Chris… Sherri, Shiho, Ai. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf Shinichis Züge. „Sag mal Mama, du hast damals gemeint, du hättest diese ganze Verkleidungsmasche von einem Magier gelernt oder? Wer war es denn, der dich unterrichtet hat?“ Yukiko schaute auf, blinzelte ob der plötzlichen Frage ihres Sohnes, ehe sie antwortete. „Stimmt… du warst damals ja noch klein und kannst dich wahrscheinlich nicht mehr an ihn erinnern. Sein Name war Kuroba, Toichi Kuroba, wirklich ein Meister seines Faches.“ Von der Begeisterung der Schauspielerin blieb am Ende ihres Satzes jedoch nicht viel übrig. Shinichi ahnte wieso, er hatte von dem Fall in den Akten seines Vaters gelesen. Der Name dieses Mannes war ihm in Erinnerung geblieben, weil sein Vater sich damals augenscheinlich so intensiv damit auseinander gesetzt hatte. „Ich erinnere mich, er ist bei einem seiner Auftritte durch einen Unfall ums Leben gekommen.“ Seine Mutter atmete schwer aus und nickte nur. Shinichi aber konnte nicht verhindern, dass der Name ihm irgendwie Unwohlsein bereitete, irgendetwas in seinem Kopf schien zu schreien, ohne dass er auch nur ein Wort davon verstand. Toichi Kuroba. Wieso nagte dieser Name so an ihm? Shinichi seufzte, ließ sich tiefer in den Schminkstuhl sinken. „Alle Achtung, da hat jemand wirklich gute Arbeit geleistet.“ Er schaute aus seinen Gedanken gerissen zu ihr auf. „Meinst du, du bekommst das hin?“ Seine Mutter schürzte die Lippen und runzelte die Stirn, Shinichi schluckte, bemerkte wie alt sie diese Geste mit einem mal aussehen ließ, behielt seine Gedanken jedoch lieber für sich. „Es wird nicht ganz einfach, aber wir werden es auf jeden Fall versuchen. Warte mal einen Moment.“ Mit diesen Worten streifte die Schauspielerin Bells Gesicht über eine Styroporbüste auf dem Schminktisch, setzte ihr die Perücke auf, ging zu einem der Regale und verschwand darin zur Hälfte, während sie offenbar nach etwas suchte. Shinichi verzog das Gesicht beim Anblick Bells, drehte die Silikonattrappe von sich weg, nur um dann zu bemerken, dass dieser ihn jetzt vom Spiegel aus anstarrte. Doch grade als der Detektiv einen dummen Spruch auf der Zunge hatte, den er loswerden wollte, wurde die Welt um ihn herum plötzlich dunkel. „Mhmmhm…“ Er spürte wie fremde Finger etwas Kühles, Gummiartiges an sein Gesicht zu pressen versuchten, hörte seine Mutter dumpf im Hintergrund murmeln, ehe sie ihr Vorhaben offenbar aufgab und ihren nach Luft ringenden Sohn freigab. „Was sollte denn das?!“ Shinichi sah sie gereizt an, erkannte jetzt, dass seine Mutter einen Abguss von ihm in der Hand hatte und sich nun mit einem verlegenen Grinsen an der Schläfe kratzte. „Entschuldige bitte, Shinichi. Aber ich hatte gehofft, es würde gehen…, ich meine, die Form passt zwar noch gut, aber es reicht definitiv nicht aus, um eine lebensechte Maske daraus zu machen, es würde auffallen und nicht hundertprozentig passen.“ Ihre Augen wanderten zu dem Abdruck in ihrer Hand, den sie, kurz bevor die ganze Sache mit der Organisation angefangen hatte, für ihren Sohn angefertigt hatte, weil dieser ihn für einen Fall benötigte. „Ich verstehe nur nicht, warum der alte Abguss nicht mehr passt… du bist doch-…“ Doch seine Mutter stockte, biss sich auf die Lippen, ahnte aber, dass es zu spät war und Shinichi genau wusste, wohin ihre Gedanken führten. Ihr Sohn seufzte, zwang sich dazu in den Spiegel zu sehen, doch neben seinem eignen Gesicht starrte auch der derzeit tote Professor mit leeren Augen in den Spiegel. Ihre Blicke aber trafen sich dabei nicht. „Du hast schon Recht, mein Gesicht müsste das gleiche sein wie vor zehn Jahren. Neben Genen spielen aber auch Umwelt und hormonelle Faktoren eine Rolle beim Wachstum und der Ausbildung einzelner Merkmale. Die Veränderungen sind zwar nicht so entscheidend, dass man mich nicht wieder erkennt, aber doch ausreichend dafür, dass der Abdruck nicht länger passt.“ Er atmete lange aus, versuchte ein schiefes Lächeln auf seine Lippen zu pressen, das unter dem mühseligen Versuch jedoch nur angeschlagen aussah. „Ich bin nicht Shinichi Kudo, der Abdruck ist der beste Beweis dafür.“ Da er ihr noch immer den Rücken zukehrte, konnte Yukiko nicht anders, als sein Spiegelbild anzustarren, seine Worte hatten ihr die Brust zugeschnürt - es tat unheimlich weh, ihn so zu sehen. Sie schluckte schwer, merkte, dass sich auch in ihrer Kehle ein Kloß gebildet hatte, sodass ihre Stimme rau war, als sie endlich sprach. „Shinichi…“ Doch noch bevor Yukiko ihren Satz wirklich beginnen oder beenden konnte, riss die Türklingel sie aus ihren Gedanken. „Nanu, wer kann das jetzt sein?“ Grade als Yukiko den Raum verlassen wollte, hielt Shinichi sie auf, stellte sich vor die Tür und legte die Finger an seine Lippen. „Warte noch…“ Sie hörten Schritte ehe das Klingeln verstarb. Shinichi schluckte, presste sein Ohr gegen die Tür und Fluchte innerlich, er konnte zwar hören, dass etwas gesprochen wurde, aber um es wirklich zu verstehen reichte es nicht aus. Ohne auf seine Mutter zu achten, die ihn beobachtete, drückte Shinichi die Klinke hinunter, langsam, um mögliche Geräusche zu vermeiden und ließ die Tür einen Spalt breit aufgleiten, ausreichend um die Barriere zu brechen, die ihn daran hinderte zu hören, wem sein Vater die Haustür geöffnet hatte. „… also was kann ich für euch tun?“ Yusakus Stimme verriet seine Anspannung nicht, dennoch musste er sich zusammennehmen, um seine Blicke nicht nervös von einem zum anderen gleiten zu lassen. Es war nicht so als wären sie sich noch nicht begegnet, aber für gewöhnlich mieden sie dieses Haus und ihre Bewohner. Die bereits untergehende Nachmittagssonne stand den drei Oberschülern im Rücken und warf seltsame Schatten auf ihre Gesichter. Ayumi schluckte, sah den skeptischen Blick in den Augen des Schriftstellers. Yusaku Kudo wusste längst, warum sie hier waren. Mitsuhiko war es, der als erstes den Mund aufbrachte, um zu sprechen. „Wir möchten sie darum bitten, Mr. Bell etwas auszurichten.“ Noch ehe Yusaku fragend die Augenbraue heben konnte, spürte er, wie sein Mundwinkel kurz zuckte. Gespannt verschränkte der Autor die Arme, lehnte sich ein wenig gegen den Türrahmen und beobachtete die drei mit festem Blick. „Ist das so? Und was bringt euch zur der Annahme, ich könnte-“ „Lassen Sie das...“ Ayumis Stimme war kaum wahrnehmbar und dennoch waren ihre Worte bestimmt und schnitten dem Schriftsteller die Luft ab. Die Oberschülerin hatte ihn nicht angesehen während sie sprach, schaffe es erst jetzt ihren Blick zu heben und seinem Vater in die Augen zu sehen, die Augen, die seinen viel zu ähnlich waren. „Bitte.“ Sie schluckte, merkte wie dick der Kloß in ihrem Hals wirklich war, zwang sich, als sie der Blicke ihrer Mitschüler gewahr wurde, jedoch zur Vernunft und ignorierte das stolpernde Pochen ihres Herzes. „Hören Sie einfach nur zu.“ Yusaku schaute die Oberschülerin lange an, ließ deinen Blick zu ihren beiden Mitschülern gleiten und konnte nicht vermeiden, dass die drei ihn irgendwie beeindruckten. Sie wussten offensichtlich Bescheid, wie sie es herausgefunden hatten, blieb dahingestellt, aber sie kannten das Geheimnis um William Bell. Und dennoch erhoben sie keine Anklage, stellten keine Forderungen und konnten offensichtlich auch ihre Enttäuschung und Wut im Zaum halten, die er in ihren Gesichtern lesen konnte. Sie wollten ihm bloß etwas sagen. Der Schriftsteller schluckte, nickte dann abwartend. Mitsuhiko fiel es zusehends schwer, seine Augen von Ayumi abzuwenden, geschweige denn seine Stimme wieder zu finden, sodass seinem Satz ein heiseres Räuspern voranging. „Wir waren heute Morgen auf dem Revier und haben ein Gespräch von Megure… nicht überhören können.“ Sein Tonfall wurde von unsicher plötzlich ernst. „Augenzeugen zufolge wurde gestern Abend kurz vor dem Brand ein schwarzer Porsche 356 A am Tatort gesehen.“ Yusakus Augen wurden schmal, dennoch hörte er weiter aufmerksam zu, während Genta nun das Wort ergriff. „Außerdem haben die Brandermittler Spuren von Silikon in einem der Zimmer entdeckt.“ Mitsuhiko schluckte nickte Genta jedoch bestätigend zu, ehe er sich erneut Yusaku zuwandte. „Der Hauptkommissar ist ziemlich nervös wegen der ganzen Sache, besonders, was Bells Person anbelangt.“ Yusaku konnte sehen, dass dem Oberschüler noch etwas auf der Zunge lag, Mitsuhiko schaute ihn einen Moment zu lange an, ehe er es sich dann doch anders überlegte und einen ersten Schritt von der Haustür weg machte. „Sagen Sie ihm das.“ Damit ließen die drei ihn stehen, drehten sich um, ohne Yusaku noch einmal anzusehen und hatten es offensichtlich mehr als eilig, das Grundstück der Familie zu verlassen. Der Schriftsteller blieb ihm Türrahmen zurück, schaute den Dreien nachdenklich hinterher. Yusaku schluckte, schloss die Tür hinter sich und ließ sich dagegen sinken. Er atmete lange aus, die Worte der drei Oberschüler hatten ihm ein Stück weit den Atem geraubt. Erst ein verdächtiges Knirschen der Treppe verriet ihm, das er mit seinen Gedanken nicht länger allein war. Der Autor schaute auf, erkannte seinen Sohn der langsam die Treppe hinunter ging und selbst für sein Auftreten ein wenig zu blass im Gesicht war. Shinichis Stimme aber verriet nichts davon, sie war so ruhig wie die ganze Zeit schon. Eine Ruhe, die den Schriftsteller langsam wirklich Nerven kostete. „Sie wissen Bescheid…“ Yusaku nickte nur, während Shinichis Augen ihm auswichen und er auf dem Parkettboden seine Antwort zu suchen schien. „Aber wieso-…“ „Du warst eben ein guter Lehrer, Shinichi. Du hast ihnen mehr beigebracht, als dir lieb ist.“ Shinichi schaute auf, Verzweiflung lag in seinem Blick, während er langsam den Kopf schüttelte. „Das meine ich nicht. Sie sind gegangen… wieso?“ Yusaku aber lächelte nur matt, natürlich hatte sein Sohn mit etwas anderem gerechnet. Mit wütenden Anklagen, die tatsächlich in den dreien verborgen waren, aber zu einem solchen Zeitpunkt waren derartige Dinge eben nur zweitranging. „Sie sind deine Freude Shinichi, egal wie weit das für dich vielleicht schon zurück liegt, die Drei sind Conan Edogawas Freunde.“ Yusaku seufzte nur. „Das sind sie offenbar immer noch.“ Hallöchen da draußen, Ja das war´s schon wieder ;) Ein etwas ruhigeres Kapitel, ehe es für unsern lieben Shinichi wirklich spannend wird. Wie immer vielen, vielen Dank fürs Lesen und vor allem auch Kommentieren! Ich freue mich wirklich sehr darüber und hoffe natürlich, dass ihr mir auch diesmal eure ehrliche Meinung zu diesem Kapitel hinterlasst ^//^ Nochmals vielen Dank! Bis zum nächsten Mal, eure Shelling PS: *flüster* Nächste Woche wird’s noch eine kleine Überraschung geben, ihr könnt also gerne die Augen offen halten ;) Kapitel 25: The truth behind ---------------------------- The truth behind Der neue Morgen war schon lange herein gebrochen, viele Menschen waren aus dem Gebäude heraus, andere hinein geströmt, von ihm jedoch noch keine Spur. Dabei hatte er bereits den dritten Becher Tee intus, sodass sich seine Thermosflasche bedrohlich schnell leerte, während etwas anderes sich nicht minder gefährlich füllte. Kogoro fluchte, rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her. Er war eben doch zu lang außer Dienst gewesen, um sich an diese wichtige Regel bei der Observation zu erinnern. Der Polizist knurrte kurz, ließ sich tiefer in den Sitz des Autos sinken und zündete sich die nächste Zigarette an. Vielleicht hätte er doch jemandem sagen sollen, was genau er vorhatte. Allerdings konnte er so den Fragen entgehen, die bei seiner Vorgehensweise wahrscheinlich aufkommen würden. Denn ganz bestimmt sahen es seine Kollegen nicht gerne, dass er einen aus ihren eigenen Reihen beschattete, um an Bell ran zu kommen. Aber er hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sich der Kommissar so viel Zeit lassen würde. Im Gegenteil, der ehemals „schlafende“ Detektiv war sich sicher gewesen, das der Osakaner noch mit dem ersten Hahnenschrei aufbrechen würde, um ihm einen Besuch abzustatten, ehe ihn die Arbeit aufhalten konnte. Nun wartete er schon geschlagene drei Stunden vor dem Hotel des Polizisten und es tat sich nichts. Das Spannendste an diesem Morgen war die Gruppe Europäischer Touristen gewesen, die sich mit deutlich mehr als einem Sprach- und Reiseführer vor dem Hotel versammelt hatten, in ihren Büchlein blätterten, ehe sie sich dann mit einem Achselzucken in Bewegung setzten. Er grunzte - was für sie Japaner der Fotoapparat waren, war für die Touristen, die nach Japan kamen, offensichtlich Reiseführer und Übersetzer, als ob auch nur eines dieser Bücher ihnen wirklich weiter helfen würde, wenn sie einen alt eingesessenen Tokioter mit Akzent nach dem besten Sushi der Stadt fragten. Gelangweilt blies er den Zigarettenrauch gegen die Frontscheibe, sah erst jetzt, dass er das Wageninnere mal wieder eingenebelt hatte und kurbelte das Fenster seines alten Leihwagens ein Stück hinunter. Während er die noch glühende Asche seiner Zigarette an der offenen Fensterscheibe absteifte, glitt sein Blick erneut über das Hotel, bis seine Augen endlich erspähten, worauf der den ganzen Morgen gewartet hatte. Heiji Hattori war aus dem Foyer des Gebäudes getreten, richtete sich den Kragen seines Mantels, ehe er, ohne sich weiter umzusehen, den Parkplatz ansteuerte. Kogoro wartete. Wartete, bis Heiji eingestiegen war und den Motor anließ. Wartete darauf, dass er das Hotegelende verließ, ehe er sich zwischen den Kommissar und einen weißen Suzuki quetschte. Seine Erinnerungen aus der Polizeischule und sein Verstand rieten ihm, dicht dran zu bleiben, etwas anderes aber sagte ihm, es wäre nicht schlimm, den Osakaner aus den Augen zu verlieren, solange dieser nur keinen Verdacht schöpfte. Denn Kogoro Mori hatte eine sehr gute Ahnung, wohin der Weg des Detektivs führen würde. Heiji hatte den Wagen in der Einfahrt der Kudos geparkt. Stand nun vor Tür und wartete darauf, dass man ihm öffnete. Eigentlich gab es keinen Grund für den jungen Kommissar nervös zu sein, schließlich waren er, Kazuha und besonders der kleine Haikuro gern gesehene Gäste bei ihnen. Besonders Kudos Mutter hatte für den Hosenmatz eine große Affinität entwickelt und bestand gradezu darauf, ihn in ihre Obhut zu nehmen, wenn sie beide in der Stadt waren. Diesmal aber war die Situation anders. Er hatte von dem Geheimnis ihres Sohnes gewusst, nicht viel früher als sie, im Nachhinein betrachtet, aber immerhin. Es wäre seine Pflicht gewesen, ihnen reinen Wein einzuschenken, mitzuteilen, dass ihr Sohn noch am Leben war. Doch er hatte es nicht getan, und er hätte es wohl auch nicht, wenn Kudo wirklich wieder in die Staaten geflogen wäre. Wahrscheinlich war es genau dieser Gedanke, der den Osakaner kurz zusammenzucken ließ, als ihm Yusaku Kudo letztendlich die Tür öffnete. Das Schweigen, das für einen kurzen Moment zwischen den beiden Männern in der Luft lag, wurde von dem Schriftsteller unterbrochen, der beiseitetrat und Heiji damit bedeutete, einzutreten. „Guten Morgen, Heiji. Wenn du zu Shinichi willst, wirst du dich wohl noch ein wenig gedulden müssen, der ist derzeit nicht wirklich… ansprechbar.“ Heiji, der ebenfalls ein guten Morgen vor sich hermurmelte, hob fragend die Augenbrauen, folgte dem Schriftsteller dann jedoch in die Küche, wo ihm mit einem Blick klar wurde, wie der Kommentar des Autors zu verstehen war. Von einem Haufen Zeitungen umgeben, auf einem kleinen Hocker und offensichtlich so etwas wie Mülltüten tragend, saß Shinichi Kudo, oder zumindest das, was man für ihn halten konnte. Denn der Anblick vor ihm hätte genauso gut auch die Maske eines Monsters aus irgendeinem Horrorfilm sein können. Eine graue, nicht definierbare Masse, die mittlerweile aufgehört hatte, auf die Zeitung zu tropfen und unter der die Züge eines Menschen kaum mehr wahrnehmbar waren. „Wie lange noch, Yukiko?“ Die Schauspielerin war grade dabei, die Überreste ihrer Mischung wieder zu verstauen und die Eimer auszuwaschen, als sie sich zu ihrem Mann herumdrehte und erst jetzt bemerkte, dass Besuch da war. „Ah, guten Morgen Heiji, warte ich bin gleich bei dir.“ Doch der winkte ab. „Machen sie sich keine Umstände Frau Kudo, wirklich nicht.“ Yukiko aber rollte nur mit den Augen, tupfte sich ihre Hände am Geschirrtuch trocken. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mich Yukiko nennen sollst. Aber um deine Frage zu beantworten, Yusaku, in ein paar Minuten ist er durch. Allerdings schätze ich, dass er dann erst mal unter die Dusche möchte… du willst also wirklich nichts, Heiji?“ Der seufzte ergeben, zog sich einen Stuhl zurecht und ließ sich am Küchentisch nieder. „Na wenn´s so ist, würde ich mich vielleicht zu einem Kaffee überreden lassen.“ „Gern. Ach - sag mal Heiji, wo du schon mal hier bist, wie sieht es eigentlich zwischen Ran und Shinichi- ich meine Bell - aus?“ Der Osakaner blinzelte, schaute dann leicht beunruhigt zu seinem „einbetonierten“ Freund, als Yukiko ihm dazwischen fuhr. „Mach dir um den keine Gedanken, du sollest doch am Besten wissen, dass man unter dieser Schicht nichts hören kann.“ Heiji schluckte und nickte nur zögerlich. Allerdings, daran konnte er sich noch erinnern. Kein angenehmes Gefühl, zum einen, weil das Zeug nicht grade leicht war, während es sich in jede Pore des Gesichts setzte, zum anderen, weil man bis auf die Luftlöcher vollkommen von der Außenwelt abgeschottet war. Eine tiefere Dunkelheit und Lautlosigkeit hatte der junge Detektiv bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt. Man fühlte sich gefangen und je länger es dauerte, desto mehr verlor man das Gefühl für Zeit und Raum, während man einfach darauf hoffte, jede Sekunde endlich von dem schlammigen Zeug, das einzig allein einem Geschichtsabdruck diente, erlöst zu werden. Auch wenn er seinem derzeit tauben Freund gerne einiges um die Ohren geworfen hätte, zögerte der Detektiv, die Frage von Shinichis Mutter zu beantworten. „Ich fürchte, da müssen sie sich schon an ihn wenden, so ganz blick ich da auch nich durch, um ehrlich zu sein.“ Yukiko aber sah ihn nur lange an, seufzte dann und schüttelte langsam den Kopf. „Das hättest du dir doch denken können Yuki, dass Heiji die Geheimnisse unseres Sohnes für sich behält.“ Der Osakaner zuckte unwillkürlich zusammen, schaute zu dem Schriftsteller auf, der ihm grade die Kaffeetasse vor die Nase stellte, um sich dann mit seinem eigenen Becher ebenfalls an den Tisch zu setzen. Heiji aber senkte schuldbewusst den Blick, wich den Augen seines Vaters aus, während er sprach. „So ist das nich… ehrlich nich.“ Der Osakaner seufzte, wandte sich erneut zu seinem zugekleisterten Freund, dessen versteinerte Miene ihm, wie sonst auch, nicht grade viel weiter half. „Ich glaub, so wirklich weiß er selbst nicht, was da läuft… aber ich denke, wir sollten vorsichtig sein. Ran ahnt vielleicht mehr als sie sich selbst bewusst ist.“ Der Schriftsteller schaute sich den Freund seines Sohnes lange an, ignorierte dabei die kleine Stimme in seinem Kopf die ihn fragte, wie Shinichi wohl in diesem Alter aussehen würde, nippte stattdessen kurz an seinem Kaffee. „Stimmt. Die Frauen sollte man besser nicht unterschätzen, für so was brauchen sie keine Beweise, dafür haben sie einen sechsten Sinn.“ Heiji schwieg, nahm selbst einen Schluck aus seiner Tasse und ließ den bitteren Geschmack des schwarzen Getränks seine Zunge verbrennen, während Yukiko ihrem Mann über den Nacken stich. „Das hast du sehr gut erkannt, mein Schatz.“ Yusaku lachte nur kurz, duckte sich noch während er sprach ein wenig von seiner Frau weg. „Nun ja,… ich habe nicht gesagt, dass ihr immer richtig liegt damit.“ „Yusaku!“ „Und Sie sind sich da auch ganz sicher, Mori?“ Ungeduldig zog der Hauptkommissar den Schal um seinen Hals ein Stückchen höher, einen solch kalten Frühlingsmorgen hatte er die ganzen letzten Wochen nicht erlebt, es war, als schenkte ihnen der Winter noch einen letzten Gruß aus weiter Ferne. Der Polizist lehnte mit dem Rücken gegen seinen Leihwagen, hatte sich die vielleicht hundertste Zigarette an diesem Tag angezündet und ließ die Augen nicht von dem Gebäude, während er seinem Vorgesetzten Antwort gab. „So sicher wie nur möglich, Hauptkommissar.“ Die Stimme Kogoros zitterte nicht, er hatte beinahe eine Viertelstunde gebraucht, ehe er endlich den Mut gefasst, hatte Megure zu benachrichtigen und ihm zu sagen, wo Bell sich aufhielt. Er wusste, dass es wohlmöglich ein Fehler war, ihn zu verraten, aber Kogoro Mori war bereit, dieses Risiko zu wagen, denn was er keinesfalls riskieren wollte, war, dass die Situation noch einmal so aus den Fugen geriet und sein Mausebein wieder leiden musste. Megure nickte seinem Angestellten stumm zu, ihm entging die Ruhe des Detektivs nicht, beschloss aber es erst einmal auf sich beruhen zu lassen, sie hatten im Moment schließlich andere Sorgen. „Schön.“ Der Hauptkommissar atmete lange aus, vergrub die Hände tiefer in den Taschen seines Mantels. „Wir warten noch auf Sato und Takagi, dann gehen wir rein.“ Er hörte wie Mori etwas Unverständliches in den Filter seiner Zigarette murmelte, wandte sich dann selbst wieder dem Gebäude zu, vor dem sie sich postiert hatten. Die Villa Kudo. Unwillkürlich runzelte der Polizeihauptkommissar die Stirn. Die erstbeste Erklärung, die dem Beamten in den Sinn kam, war, dass die beiden Schriftsteller sich wohlmöglich kannten und der Amerikaner deshalb Schutz bei ihm gesucht hatte, das Gefühl in seiner Magengegend aber sagte ihm etwas anderes. Und wenn der Polizist im Laufe seiner Dienstjahre eines gelernt hatte, dann das, dass man sein Bauchgefühl besser nicht ignorierte. Nachdem Yukiko mit den Abdrücken ihres Sohnes zufrieden war und der sich den Rest des torfigen Matschs abgeduscht hatte, hatte er sich mit Heiji zusammengesetzt und ihm erzählt, was sie von Detektiv Boys erfahren hatten. Der Osakaner schluckte die bitteren Reste seines mittlerweile kalten Kaffees hinunter, schaute langsam über den Tassenrand hinweg zu seinem Freud auf. „Damit is es also amtlich, was? Die Typen wissen, dassde als Bell hier bist.“ Er schluckte, legte nachdenklich die Finger ans Kinn, während er weiter sprach. „Aber der Brand-„ „Ist nicht dafür da, mich aus dem Verkehr zu ziehen, nein.“ Shinichi seufzte, ließ sich endlich Heiji gegenüber in einen Sessel fallen, nachdem er während seiner Erklärung vorher unruhig durchs Zimmer gewandert war. „Wir können das wohl eher als eine Art Warnung verstehen, was mir allerdings noch seltsamer vorkommt. Die Organisation ist nicht grade bekannt dafür, Dinge die sie angefangen hat, nicht auch zu beenden.“ „Du meinst also, da steckt noch mehr dahinter…“ „Nun, zum einen war unsere Überlegung, dass sie wahrscheinlich William Bell aus dem Verkehr ziehen wollten, was ihnen ja fürs Erste auch gelungen ist. Dennoch… da steckt eindeutig noch mehr dahinter.“ Der Osakaner beobachtete, wie die Blicke seines Freundes sich verdunkelten, konnte selbst nicht anders, als die Stirn zu runzeln bei diesem Gedanken. Sie jagten ihn, drängten ihn in die Enge, um ihn dann… Der Kommissar musste schlucken, wollte grade zum Sprechen ansetzen, als die Stimme von Kudos Vater ihn unterbrach. „Shinichi… ich fürchte wir bekommen Besuch.“ Yusaku war in den Raum getreten, ohne dass die beiden es bemerkt hatten, sein Blick lag auf einem der Fenster, von dem aus man auf die Straße sehen konnte. Mit gerunzelter Stirn stand Shinichi auf trat zu seinen Vater, während Heiji es ihm gleich tat. Sie erkannten schnell, was und wen sein Vater gemeint hatte. „Verdammt!“ Ein heiserer Fluch erklang aus der Kehle des Kommissars. „Wie kommen die hier her? Es wusst doch keiner, dass ich zu dir will- also zu Bell. Wie zum Henker habense dich gefunden, Kudo?“ Shinichi schluckte, sein Blick schweifte erneut über die kleine Truppe, die sich draußen versammelt hatte und offensichtlich erst einmal die Lage besprach. Seine Augen blieben an der einzigen Person hängen, die ganz entgegen seines sonstigen Temperamentes einfach nur stumm zum Haus starrte, während seine Kollegen redeten. Der Oberschüler seufze nur, wandte sich dann vom Fenster ab. „Sei nicht unfair, Hattori, es sind schließlich deine Kollegen da draußen, Herr Kommissar - und ein wenig muss man der Polizei eben auch zutrauen.“ Er schluckte, massierte sich angespannt den Nasenrücken. „Allerdings habe ich eine gute Ahnung, wem wir diesen Besuch zu verdanken haben.“ Ungeduldig drehte sich der Schriftsteller zu seinem Sohn um, er konnte Yukiko oben ein Liedchen summen hören, während sie wohl an Bells Fassade arbeitete. Mittlerweile kannte Yusaku die Prozedur aber gut genug um zu wissen, dass sie weder heute und erst recht nicht in den nächsten fünf Minuten damit fertig sein würde. Seine Augen lagen unruhig auf seinem Sohn, während er sprach. „Und was hast du jetzt vor?“ Der Schriftsteller selbst öffnete ihnen die Tür, hielt sich jedoch nicht allzu lang mit den Beamten auf. „Guten Morgen, kommen Sie doch rein.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging Yusaku voran ins Wohnzimmer, wo Yukiko Kudo sie bereits mit der passenden Anzahl an Tassen und einem süßlich duftenden Tee begrüßte. Sie hatten sie bereits erwartet. Die Polizisten setzten sich auf Yusakus Einladung hin, einzig der Hauptkommissar blieb stehen, sah seinen Gastgeber und langjährigen Freund lange an. Er hatte ihn, nachdem die Kudos nach Japan zurück gekommen waren, öfters darum gebeten, an einem Fall teilzunehmen, Yusaku Kudo aber hatte diese Einladung ausgeschlagen, so oft es ihm möglich war. Juzo Megure konnte nur spekulieren, was in dem Vater vor ging, was er jedoch wusste, war, dass der Schriftsteller vor ihm ganz genau ahnte, weshalb sie ihn an diesem Morgen, aufsuchten. „Ich nehme an du weißt, warum wir hier sind, Yusaku.“ Der Autor wollte grade zur Antwort ansetzen, als er erneut von dem Hauptkommissar unterbrochen wurde. Megure streifte nervös durch den Raum, sein Zeige- und Mittelfinger glitten unter seinen Hut, rieben nachdenklich an der Narbe während er sprach. „Bevor du etwas sagst, möchte ich dir gerne einiges erklären.“ „Wir sind hier, da wir Grund zur Annahme haben, dass hinter dem Anschlag, der gestern auf William Bell ausgeübt wurde, dieselbe Organisation steckt, die für den Tod von Ai Haibara und Conan Edogawa verantwortlich ist. Des Weiteren legt dies natürlich die Möglichkeit nahe, dass diese auch in den aktuellen Holmes-Fall selbst verwickelt sind. Wir sind natürlich jetzt daran interessiert zu erfahren in welcher… Verbindung Professor Bell mit dieser Verbrecher Organisation steht.“ Der Hauptkommissar seufzte, ließ sich endlich in einen der großen Sessel fallen und stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab, während er sprach. „Wir wissen, dass er hier ist Yusaku. Es zu leugnen bringt weder ihn, dich, noch uns einen Schritt weiter. Wenn er Informationen zu diesen Kriminellen hat, die den Fall betreffen, müssen wir das wissen. Egal ob mit oder ohne Professor Bells Hilfe, wir können diesmal nicht einfach die Augen zumachen, wir müssen etwas tun und diesen Widerlinge endlich Einhalt gebieten. Das FBI hat uns zwar damals in die Schranken weißen wollen, weil sie meinten, es würde uns nichts angehen, das tut es aber jetzt sehr wohl!“ Die Stimme des Beamten war gegen Ende lauter geworden, sein Blick wandte sich von Yusaku ab, wurde mit einem mal genauso weich wie seine Tonlage. „Eigentlich geht es uns schon seit zehn Jahren etwas an…“ Der Hauptkommissar schluckte trocken, seine Stimme verschwamm zu einem beinahe heiseren Krächzen. „Ich kann und will nicht riskieren, dass so etwas wie vor zehn Jahren noch einmal passiert.“ Die Stimme Megures erstarb. Yusaku sah seinen alten Freund lange an, versuchte die drückende Stille zu ignorieren, die eine ganze Zeit lang den Raum belegte, ehe er seufzte und den Versuch wagte, auf die Worte des Beamten ein zu gehen, bis er ihm zuvor kam und endlich in das Geschehen eingriff. „Das müssen Sie auch nicht.“ Seine Stimme ließ sie aufschrecken, sofort drehten sich die Beamten um, suchten den Besitzer dieser Worte und fanden ihn im Türrahmen stehend. Von dem aus trat er langsam auf sie zu, um in gebührendem Abstand inne zu halten. Auf seinen blassen Lippen lag ein müdes Lächeln, das sich nur schwer dort zu halten schien. Sein Blick trug etwas Entschuldigendes in sich, während er durch die Runde blickte. „Außerdem sollten Sie sich für diesen Zwischenfall wirklich nicht die Schuld geben Hauptkommissar Megure… die trägt jemand anderes.“ Megure war nicht der Einzige, dem beim Anblick des Oberschülers der Atmen stockte, er war nicht der Einzige, der bei seinem Erscheinen aufgestanden war und ihn nun mehr einfach anstarrte, allerdings war der Hauptkommissar der Erste, der seine, wenn auch heisere, Stimme wieder fand. „Kudo! Aber du-…“ <-siehst keinen Tag älter aus!> Selbst die Ruhe des ehemals schlafenden Kogoro wurde durch das plötzliche Erscheinen des Teenagers gestört, sodass der Detektiv augenblicklich ein wenig blasser um die Nase wurde. Sie alle hatten ihn so viele Jahre nicht gesehen und doch schien das Äußere des Oberschülers unverändert zu sein. Statt eines Erwachsenen, der seinem Vater vielleicht mittlerweile noch ähnlicher sah, stand der halbwüchsige Oberschüler vor ihnen, der vor mehr als zehn Jahren von der Bildfläche verschwunden war und schon länger im Revier, hinter kaum verhohlener Hand, als tot galt. Den Beamten spukten dieselben Gedanken im Kopf, vielleicht lag es daran, dass sie Shinichi Kudo von allen am wenigstens gekannt hatte, das ausgerechnet Kommissarin Sato, nach einer Weile zu einem anderen Schluss kam. „Nein… nicht Kudo sondern-„ Sie machte ein paar Schritte auf den Oberschüler zu, hielt dann jedoch inne, blinzelte um das Gespenst des kleinen Jungen mit Brille von ihrem inneren Auge zu verbannen. „Sondern Conan.“ Shinichi zuckte kurz zusammen, wagte einen kurzen Blick zu der Beamtin, die seine Reaktion offenkundig als Bestätigung deutete. „Aber wie? Wie ist das möglich?“ Der Angesprochene schluckte, spürte die Blicke der Polizisten auf seiner Haut. Shinichi merkte, wie sich ein Kloß in seinem Hals zu bilden begann und wusste, dass wenn er jetzt nicht sprach, ihm die Stimme gleich ganz versagen würde. Langsam wanderte sein Blick nach oben, er sah die vier Polizisten nur kurz an, ehe er sich zum Sprechen wieder von ihnen abwendete und sich leicht angeschlagen den Nacken rieb. „Eigentlich.. haben Sie beide recht.“ Noch ehe sich eine Frage auf den Lippen der Polizisten formen konnte, fuhr Shinichi fort. „Vor Ihnen steht sowohl Conan Edogawa, als auch Shinichi Kudo, diese beiden bestanden von jeher nur aus einer Person.“ Er schluckte, schaute auf und blickte in entsetzte Gesichter. „Tut mir leid.“ Für einen Moment herrschte Stille, einfache Sprachlosigkeit, die den in die Tage geraten Hauptkommissar, mit einem schmatzenden Geräusch überwältigte, als dieser zurück in den Ledersessel plumpste. Shinichi ließ die Ruhe über sich ergehen, wusste, dass das Donnerwetter schon darauf wartete, über ihn hereinzubrechen. Womit der Detektiv jedoch nicht gerechnet hatte, war die ruhige Frage Takagis, der ihn zwar noch immer unsicher und doch aufmerksam anschaute. „Wie?“ Shinichi seufzte nur, ließ sich neben seiner Mutter auf die Couch sinken, fuhr sich durchs Haar und begann zu reden, ohne den Blick auch nur einmal vom Boden abzuwenden. Er erzählte von Conan, vom Gift, der Organisation und Ai, davon wie es ihm gelungen war, ab und an als er selbst aufzutreten und warum er das alles für sich behalten hatte. Er schnitt Bell als unvermeidbares Übel an, der ihm ein Leben in der Öffentlichkeit ermöglichte. Seine Eltern waren in diesem Moment die einzigen, die bemerkten, dass es ein Thema gab, um das sich der Detektiv gekonnt drückte, von dem er bisher noch keinem etwas erzählt hatte. Doch die Polizeibeamten hatten in diesem Moment ohnehin genug zu verarbeiten. Takagi war in seinen Gedanken versunken, spielte Szenen aus der Vergangenheit vor seinem inneren Auge ab, die mit einem Mal viel mehr Sinn ergaben. Er hatte zwar geahnt, dass mit dem kleinen Jungen etwas nicht stimmte, aber so etwas hatte er nicht vermutet. Satos Blick lag noch immer ungerührt auf ihm, bescherte dem Detektiv wohl am meisten Unbehagen. Auch vor Megure schien ein Film abzulaufen, dem seine Augen mit nervösem Hin- und Herrasen zu folgen versuchten, bis seine Pupillen abrupt zum Stillstand kamen und er erneut zu Shinichi aufsah. „Du bist Conan Edogawa gewesen.“ Shinichi schluckte, nickte dann aber. „Wenn man´s genau nimmt, bin ich das eigentlich noch.“ Doch das verlegende Lächeln des Oberschülers ließ sich nicht auf den Hauptkommissar übertagen. Shinichi schluckte, wartete geduldig auf die nächsten Worte des Beamten. „Du wart die ganze Zeit da… all die Tatorte, die Fälle und ich hab es nicht bemerkt?“ Der Hauptkommissar blinzelte, als ihm bewusst wurde, was er stattdessen getan hatte. Shinichi schien zu ahnen, wie es in dem Kopf des Hauptkommissars aussah und hielt es für besser, gleich einzuschreiten, bevor sich Megure für Dinge die Schuld gab, für die er im Grunde nichts konnte. „Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe, Hauptkommissar. Ich an Ihrer Stelle hätte ganz bestimmt auch nicht anders gehandelt.“ Der Angesprochene schaute auf, versuchte in dem bekannten Gesicht erst Conan zu erkennen, ehe er sich den Oberschüler mit ausländischem Teint und Brille vorstellte, als ihm etwas anderes bewusst wurde. „Oh mein Gott, ich hab dich verhaftet! Des Mordes angeklagt, eingesperrt!“ Shinichi lachte hohl, ob des offensichtlichen Entsetzens des Beamten, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Zum einen hatten sie einen guten Grund dafür und zum anderen war es ja eigentlich Hattori, der mich angeschwärzt hat.“ Er grinste abermals, ehe er mit einem kurzen Seufzen fortfuhr. „Sie haben richtig gehandelt. Auch wenn ich, um ehrlich zu sein, froh wäre, wenn wir das für die Zukunft vermeiden könnten.“ Zum ersten Mal mischte sich nun Mori in das Gespräch ein. Im Gegensatz zu seinen Kollegen war er nicht vor Überraschung aufgestanden, noch in peinlichem Schweigen versunken. Stattdessen schaute er sein Gegenüber mit ungewöhnlich scharfem Blick an, während er seine Frage stellte. „Warum erzählst du uns das alles? Warum jetzt?“ Shinichi schaute Kogoro lange an, seufzte dann geschlagen und schüttelte missmutig mit dem Kopf. „Ich wünschte, ich hätte es nicht tun müssen. Wirklich…“ Bitterkeit schlich sich in Shinichis Mund, belegte seine Zunge und machte ihm das Reden schwer. „Da Sie aber durch den Vorfall damals ohnehin ein wenig über die Organisation wissen und diese jetzt offensichtlich wieder in den Fall involviert ist, ist es nur logisch anzunehmen, dass Sie das Thema nicht einfach so unter den Tisch fallen lassen würden. Ich konnte aber schlecht zulassen, das Sie diesen Gestalten hinterher jagen, ohne dass Sie wissen, worauf Sie sich einlassen.“ Shinichi seufzte, lächelte bitter. „Meine Hoffnung ist es eigentlich, dass ich Sie davon abhalten kann, in diese Richtung weiter zu ermitteln.“ Als sein Blick aber in die Runde glitt, wurde ihm wieder einmal bewusst, was ihm eigentlich ohnehin schon klar war. Die Blicke seiner ehemaligen Freunde waren eindeutig. „Jedenfalls warte ich eigentlich nur darauf, dass die Kollegen vom FBI sich einschalten. Eine solche Gelegenheit werden sie sich wohl kaum entgehen lassen, das ist nach langer Zeit vielleicht die einzige Chance, die Kerle endlich hoch zu nehmen. Außerdem wollte ich ganz einfach nicht riskieren, dass Sie auf eigene Faust ermitteln, ohne dass Sie wirklich wissen worauf Sie sich einlassen. Noch können Sie an diesem Punkt raus aus der Sache, einfach behaupten, Sie hätten von nichts gewusst.“ Shinichis Stimme war bitter, jagte den Anwesenden unweigerlich einen Schauer über den Rücken, doch auch sein Blick, der Zeuge davon war, wie sehr er sich in diesem Moment wünschte, sie alle wieder loszuwerden, konnte die Polizisten nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Doch das leidgeprüfte Erscheinen des Oberschülers, legte bei Takagi einen ganz anderen Schalter um, sodass der Kommissar erst jetzt wirklich begriff, was das alles bedeutete. „Aber wenn- wenn das, was du sagst stimmt - wie kommt es… dass du noch lebst?“ Shinichi schluckte, wich ihren Blicken aus und sah nicht, wie der Hauptkommissar plötzlich käsig wurde, während Takagis nächste Worte kaum mehr als gestammelt waren. „Conan Edogawa ist tot! Wir hatten ihn in der Pathologie… das kann nicht sein.“ Takagis Augen lagen unruhig auf dem Jungen. Ihnen allen lagen die Bilder vom lodernden Feuer und der kaum identifizierbaren Kinderleiche noch schwer im Magen. Der Oberschüler war vor den drei Beamten tiefer in das Sofa gesunken, er verfluchte das FBI innerlich für das, was es den Personen in seinem Umfeld angetan hatte. Und doch konnte er den Agenten nicht allein die Schuld in die Schuhe schieben, denn den Stein hatte er vor zehn Jahren höchst selbst losgetreten. Er holte mit einem müden Seufzer Luft, ehe er sprach. „Ich habe wohl einiges zu erklären, wie‘s aussieht.“ Während die Beamten ihn nur stumm anstarrten, betrat zum ersten Mal Heiji Hattori den Raum, der es bis jetzt für besser gehalten hatte, sich ein wenig zurück zu nehmen. „Das hast´de allerding. Und ich schätze wir wär´n alle dankbar wenn de endlich damit raus rücken würdest, Kudo. Wenn wir dir helfen sollen, müssen wir erst mal wissen, wie das damals gelaufen is.“ Shinichi biss sich auf die Lippen, starrte eine kurze Weile vor sich hin, ehe er seinem Freund zunickte. „Du hast ja Recht…“ Nervös fuhr sich der Oberschüler durchs Haar. „Allerdings wäre es besser, wenn Ayumi und die anderen auch hier wären, ich habe nicht besonders viel Lust, die Geschichte zweimal zu erzählen…“ <… außerdem haben sie ein Recht darauf, es zu wissen.> Shinichi seufzte, wandte sich dann an Yusaku zu, der ihm noch immer gegenüber saß. „So wie ich sie kenne, sind sie ohnehin beim Professor drüben. Vater könntest du- “ Der Autor nickte nur, verschwand dann ohne ein weiteres Wort aus dem Raum. „Die Kinder wissen Bescheid?“ Sato schaute ihn überrascht an, waren sie wirklich so blind gewesen, oder vertraute er ihnen so wenig, dass er sie erst jetzt ins Bild setzte? Shinichi schluckte, rieb sich nervös den Nacken. „Nun ja… Sie haben mich, als ich aus dem Café geflohen bin, gesehen.“ „Verstehe… deswegen konntest du nicht bleiben.“ Shinichi seufzte, nickte dem Hauptkommissar zu. „Ja, der Schlag hatte Bells Gesicht ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.“ Doch das Lächeln auf Shinichis Lippen blieb einsam, während die Beamten versuchten zu verstehen, was in den vergangenen Tagen, in den vergangenen Jahren, wirklich um sie herum passiert war. Erst als Schritte zu hören waren, kam erneut Bewegung in den Raum. Kurz darauf erschienen nicht nur Yusaku und Professor Agasa, sondern auch die Oberschüler, denen beim Anblick des letzten Mitglieds der Detektiv Boys unwillkürlich der Atmen weg blieb. Er war wirklich noch immer einer von ihnen. In der abgedunkelten Gasse war das Bild des Oberschülers vor ihnen nur ein vager Schatten gewesen, genug um ihn zu erkennen, aber noch lange nicht ausreichend, um ihn wirklich zu sehen. Er nickte ihnen zu, sparte sich gleich das entschuldigende Lächeln, auch wenn seine Haltung eindeutig Reue ausstrahlte. Die Oberschüler aber rührten sich nicht, verzogen keine Miene, ehe Mitsuhiko einen Schritt auf ihn zu machte. Shinichi dabei nun fast gegenüber stand und für alle anwesenden im Raum, noch einmal mehr als deutlich machte, wie sehr die Zeit mit Shinichi Kudo spielte. Die Worte seines Mitschülers waren ruhig, und mit Bedacht gewählt, auch wenn eine nicht zu überhörende Drohung in Mitsuhikos Worten mitschwang. „Ich hoffe, du hast eine gute Erklärung. Dafür, warum dieses Gespräch erst jetzt stattfindet. Dass du uns nicht eingeweiht hast, verstehe ich ja, aber die Polizei? Ich hoffe, du kannst uns sagen, warum du sie nicht früher eingeschaltet hast. Warum du dir nicht hast helfen lassen. Warum sie sterben musste… und warum du sie allein gelassen hast. Ich hoffe wirklich du hast eine gute Erklärung dafür… Edogawa.“ Und wiedermal Hallo am Endes des Kapitels, schön das ihr euch wieder hier hin verirrt habt ^__^! (noch lieber wärs natürlich wenn sich auch wieder ein paar von euch zu dem Kommentaren auf machen ^///^;) Aber erst mal vielen vielen Dank für eure Treu, die Kommis und die Fafos, denn Lost in Time ist jetzt schon ein Jahr alt! *WOW* Und ja jetzt, nach diesem Jahr folgt dann im nächsten Kapitel ein Teil der Aufklärung was vor 10 Jahren passiert ist *schluck* Ich hoffe nur es gefällt euch dann auch >//<, Nochmals vielen lieben Dank!! *DiebstenLeseraufderWeltganzfestknuddel* Infos, Daten, Spoiler wie immer im Weblog. Bis bald, eure Shelling PS: Für alle dies nicht mitbekommen haben und es vielleicht intressiert wartet noch ein kleiner OS auf euch ;) viel Spaß! Kapitel 26: Gone ---------------- Gone Ein leises Wimmern durchzog den Raum, welcher nur von wenigen Lampen in ein seicht goldenes Licht getaucht wurde. Gin stand vor ihm, wartete geduldig auf ein Urteil, zu dem sein Boss ganz sicher kommen würde und versuchte dabei, den heulenden Abschaum, der gerade aus dem Raum geführt wurde, zu ignorieren. Wie hatte er so etwas nur übersehen können? Wie war es möglich, dass sie jetzt erst bemerkten, welche Auswirkungen ihre Forschungen wirklich hatten. In dem blonden Hünen brodelte es, seine Kiefer spannten sich bedrohlich, während er nach außen hin ruhig auf seine nächsten Anweisungen wartete. Seine Beherrschung war bemerkenswert, bedachte man, dass der Mann, der vor ihm in dem schweren Ledersessel ruhte, mit nur einem Augenzwinkern seine Hinrichtung anordnen konnte. Doch die Stimme des Bosses war genauso schneidend kühl und ruhig wie immer. „Sucht sie.“ Der Blonde gebot dem Zucken seiner Mundwinkel Einhalt, der Boss musste ahnen, welche Genugtuung dieser Auftrag für ihn war und in Anbetracht seines Fehlers, wollte er dies lieber nicht allzu sehr nach außen tragen. „Verstanden.“ Mit einer kurz angedeuteten Verbeugung wandte sich Gin zum Gehen, hatte die Türklinke beinahe erreicht, als die raue Stimme des Bosses ihm ein erneutes Einhalten gebot. „Ach und Gin, solltest du auf den Schnüffler treffen, der ihr geholfen hat, weißt du, was zu tun ist. Ich will keine Zeugen.“ Diesmal konnte sich der Auftragskiller das schmale Lächeln auf seinen Lippen nicht verbieten, er drehte sich nicht mehr zu ihm um, nickte deutlich und verschwand durch die Tür. Er stand im Gang und wartete, mittlerweile allein, nachdem es Vermouth zu langweilig geworden war und sie diesen Gorilla Wodka dazu überreden hatte können, zusammen mit ihr die Antworten in der nächsten Bar zu suchen. Was sollte es auch, ihn kümmerte der Verbleib der beiden nur wenig. Was Bourbon jedoch noch immer im Kopf herum spukte, war die scheinbar beiläufige Bemerkung der Blondine, als sie über den möglichen Verbleib der Chemikerin diskutiert hatten. „Hätte unsere kleine Sherry auch nur einen Funken Verstand, würde sie wissen, dass das offensichtlichste das beste Versteck ist.“ Die blassblauen Augen des Mannes wurden schmal, während er sich die Worte der Schönheit abermals in Erinnerung rief. Eine Schule also, eine Grundschule. Es gab da einen Kandidaten, ein Kind, das mehr sein könnte, als es vorgab zu sein. Er hatte die Liste durchgeschaut, überprüft, bei wem das Gift angewendet worden war und welche Wirkung es jeweils gehabt hatte, hinter all den Namen war jedoch nur ein Ergebnis eingetragen: Tod. Wie also passte dieser Grundschüler ins Bild? Er hatte diese Ideen bisher für sich behalten, es vermieden, nachzufragen, ob es womöglich einen Fehler in der Liste gab. Denn auch wenn der Boss die Information scheinbar ruhig aufgefasst hatte, spürte jeder seiner Mitarbeiter die Anspannung und den Druck, der mit einem Mal auf ihnen lag. Mit spekulativen Fragen hielt man sich in dieser Situation besser zurück. Der Blonde stützte nachdenklich den Finger ans Kinn. So seltsam dieser Kleine auch war, sie suchten nach einer Frau, einem kleinen Mädchen, besser gesagt. Das sich versteckte, in dem Wissen, dass sie es immer noch jagten und laut Gin Hilfe von einem ominösen Detektiv hatte, den jedoch noch niemand zu Gesicht bekommen hatte. Die grauen Augen des strohblonden Mannes wurden schmal, während seine Lippen sich in die Breite zogen und perlweiße Zähne freigaben, die ein gefährliches Lächeln formten. „Ich bin zu Hause, Ran.“ Schon längst hatte sich Shinichi an die quietschende Stimme des kleinen Jungen gewöhnt, die erklang, wenn er seinen Mund aufmachte. Mit einem müden Seufzen beförderte er seinen Schulranzen in die nächste Ecke im Flur, zog sich die Schuhe aus und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer, während Ran ihm von der Küche aus antwortete. „Hallo Conan! Könntest du schon mal den Tisch decken? Das Essen ist gleich fertig.“ Tatsächlich schwebte der Duft des Mittagessens schon durch die ganze Wohnung und brachte seinen Magen unweigerlich zum knurren. „In Ordnung.“ Ein kurzes Lächeln schlich sich auf die Lippen des Grundschülers, zumindest hatte es nicht nur Nachteile, dass er bei den Moris zur Untermiete wohnte. Nicht ohne den dazugehörigen Krach kramte Conan die Teller aus dem Serviceschrank. Erst vor kurzem hatte Ran die Sachen umgeräumt, sodass er ohne halsbrecherische Balanceakte an alles heran kam. Doch noch ehe der Siebenjährige die Teller und Schalen auf dem kleinen Holztisch platzieren konnte, erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Mit gerunzelter Stirn stellte er den keinen Porzellanberg ab, ehe er nach dem Foto griff, das einsam und verwaist auf dem Wohnzimmertisch gelegen hatte. Er hörte Schritte hinter sich, wandte sich mit dem Bild in seiner Hand um und schaute mit fragendem Blick zu seiner Freundin auf, die gerade eine Schüssel Reis auf den Tisch stellte. „Sag mal Ran, wieso liegt denn mein Klassenfoto hier?“ Die Brünette blinzelte überrascht und nahm dem kleinen Jungen das Foto aus der Hand, auf dem seine Grundschulklasse zu sehen war. Ihre Stirn legte sich in Falten, während sie die Erinnerung der vergangenen Stunde Revue passieren ließ. Sie hatte gerade ihre Einkäufe in die Küche befördert und wollte mit dem Kochen beginnen bis die Türklingel sie unterbrach. Als Ran hörte, wie jemand den Türknauf betätigte und eintrat, wurde der Oberschülerin kurz heiß, ehe eine wohl bekannte Stimme sie aus ihrer Anspannung erlöste. „Hallo, Herr Mori? Ran?“ „Komme schon!“ Nachdem sie schnell die nötigsten Sachen im Kühlschrank verstaut hatte, glitt Ran durch die Tür ins Wohnzimmer, wo er schon auf sie wartete, wie immer mit diesem ungewissen Lächeln auf den Lippen, während seine Augen wissbegierig durch den Raum wandernden. Der „Praktikant“ ihres Vaters, Amuro Toru. Als er sie sah, wurde sein Grinsen augenblicklich ein wenig verlegen. „Entschuldige, dass ich hier einfach so reinplatze Ran, wie es aussieht, ist dein Vater nicht einmal hier, oder?“ Ran nickte nur, winkte seine Sorge gleichzeitig mit einem Lächeln ab. „Mach dir keine Gedanken. Und nein, Paps hat doch heute seine Mah-Jongg Runde. Aber momentan liegt ihm doch sowieso kein Fall vor, oder?“ Die blauen Augen in dem braungebrannten Gesicht wurden ernst, mit einem schweren Seufzen schüttelte er den Kopf. „Nein. Ihm nicht, aber mir. Ich dachte, dein Vater könnte mir vielleicht helfen, sie zu finden.“ „Jemand wird vermisst?“ Der blonde Lehrling ihres Vaters nickte ernst, kramte ein Bild aus seiner Jackettasche und reichte es ihr. „Eine junge Frau um die zwanzig. Man hat mich engagiert, um sie zu finden.“ Doch Ran hörte ihm schon lange nur noch mit einem halben Ohr zu, ihr Blick haftete fasziniert an dem Bild der jungen Frau im weißen Kittel. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, während sie sprach. „Wahnsinn.“ „Wie bitte?“ Die Überraschung Amorus riss Ran aus ihren Gedanken. „Was?“ Ein verlegener Rotstich breitete sich über ihren Wangen aus. „Nein, entschuldige bitte, so war das nicht gemeint. Aber du musst wissen, sie sieht einer Klassenkameradin von Conan wirklich unglaublich ähnlich.“ „Im Ernst?“ Rans Augen flackerten erneut über das Bild, ein kurzes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Ja, sie ist ihr wirklich aus wie aus dem Gesicht geschnitten. Warte mal einen Moment…“ Damit war sie losgegangen, um eines der wenigen Fotos zu holen, auf denen auch Ai Haibara zu sehen war. Währenddessen sah sie nicht, wie sich auf den Lippen des vermeintlichen Detektivs ein kaltes Lächeln ausbreitete, das nicht mehr auch nur im Entferntesten an den netten Amuro Toru erinnerte. Shinichi sah aus dem Augenwinkel heraus, wie sich Rans Lippen noch immer bewegten, ohne dass er auch nur mehr eines ihrer Worte wahrnahm. Der Grundschüler hatte Mühe, Luft zu holen und merkte doch nicht, wie nah er dem Ersticken war. Panik überwältigte ihn. Sie schwappte glühend über Shinichi hinweg und versengte seine Haut mit ihrer Hitze. Sein Verstand war mit ihm zu Eis erstarrt, nur ein einziger Gedanke war geblieben, kreiste wirr in seinem Kopf herum, sodass ihm beinahe schwindlig wurde. Sie wissen es. „Conan?“ Ihre Stimme riss ihn zurück in die Wirklichkeit, blinzelnd stellte er fest, dass Ran sich zu ihm hinunter gebeugt hatte und besorgt ansah. „Alles okay mit dir?“ Doch erst ihre Hand auf seiner Stirn brachte ihn letztlich wieder zur Besinnung, ihre Finger waren warm auf seiner kalten Haut. Shinichi zitterte, konnte den Blick nicht von ihr abwenden als ihm die Tragweite der Situation noch einmal ganz anders bewusst wurde. Abwehrend schüttelte er den Kopf, löste sich aus dem Griff seiner Freundin und machte einen Schritt vom gemeinsamen Esstisch weg. Er legte den Autopilot ein, der ihm in solchen Situationen mittlerweile schon so oft den Hintern gerettet hatte. „Klar, Ran. Die Schule war nur ein wenig anstrengend heute, weiter nichts. Wir brauchen noch Besteck, oder? Ich geh und hole schnell welches aus der Küche.“ Das fröhliche Grinsen ihres kleinen Mitbewohners brachte Rans Sorgen zum Schmelzen, doch der entsetzte Blick des Kindes, das ausgesehen hatte, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen, sollte der Oberschülerin noch lange im Magen liegen. Ein angespannter Seufzer entrang sich seiner Kehle, der Herbstwind zerrte an seinen Kleidern und bei der einen oder anderen Böe hatte er Mühe, den Boden unter den Füßen zu behalten. Fast drei Tage war es nun schon her. Seit drei Tagen musste er davon ausgehen, dass die Organisation Bescheid wusste, über sie. Conans angespannter Blick richtete sich auf die Grundschülerin, die leicht versetzt vor ihm her lief. Er war Haibara seither nicht mehr von der Seite gewichen, allerdings hatte Shinichi keine Ahnung, wie lange sie ihm noch abkaufen würde, dass ihm bei den Moris derzeit die Decke auf den Kopf fiel. Das stimmte zeitweise zwar, aber noch nie war er deshalb gleich so „anhänglich“ gewesen. Er musste es also schaffen, die Distanz zwischen ihnen zu wahren und seine Anwesenheit, in ihrer Nähe, eher als beiläufiges Erscheinungsbild, seiner Flucht aus Conans Alltag, darzustellen. Ai durfte auf keinen Fall bemerken, was wirklich dahinter steckte. Conan schluckte, bemerkte, wie die Anspannung ihm immer mehr die Kehle zuschnürte. Haibara schien von seiner Nervosität bisher nichts zu bemerken und auch ihr Radar für die Organisation hatte bisher noch nicht angeschlagen. Zum Glück. Ein kleines Lächeln schlich sich auf die Züge des Grundschülers, während er Ai dabei zusah wie sie die Straße zum Haus des Professors entlang ging. Vielleicht hatte sie sich endlich daran gewöhnt, nicht mehr ständig in Angst zu leben. Ihre Jahre bei der Organisation hatten ihr lange nachgehangen, ihr das Leben als „normale“ Grundschülerin beinahe unmöglich gemacht. Doch mit der Zeit wurde es besser. Sie entspannte sich in der Gegenwart der Kinder und auch das Lächeln auf ihren Lippen war mit der Zeit ein nicht mehr ganz so seltener Gast. Sie hatte endlich angefangen loszulassen… Sie hatte angefangen zu leben. Shinichi schluckte, seine Augenbrauen zogen sich über dem schweren Brillengestell seines Vaters zusammen. Er würde dafür sorgen, dass das auch so blieb. „Bist du da festgewachsen oder was?“ Ihr sarkastischer Tonfall riss ihn aus seinen Gedanken. Shinichi folgte mit seinem Blick ihrer Stimme und erkannte, dass Ai bereits durch die Gartentür auf dem Weg zur Haustür des Professors war. Seine Mundwinkel zuckten leicht, einiges würde sich an ihr nie ändern. „Ich komme ja. Ich schau nur, ob etwas für mich im Briefkasten ist.“ Er konnte das Rollen ihrer Augen förmlich hören, während sie weiter zur Tür ging. „Na gut, aber beeil dich. So wie ich den Professor kenne, nimmt er deinen Besuch nur als Anlass, selbst zu kochen und was dabei herumkommt, passt meist nicht in seinen Diätplan.“ Conan aber schüttelte nur den Kopf und schloss den Briefkasten des Professors auf. Viel fand er darin nicht. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass er ihn bereits heute Morgen kontrolliert hatte, er wollte unter allen Umständen eine mögliche Nachricht der Organisation abfangen. Nervös überflogen die Finger des Grundschülers das Bündel Papier in seiner Hand. Eine Einladung zum Elternsprechtag der Schule, die Werbung der neusten Pizzeria, doch das was Shinichis Finger mit einem Mal kalt werden ließ, war eine kleine Einladungskarte - wie man sie von einem Kindergeburtstag kannte. Pink. Mit dutzenden von knallroten Kirschen als Motiv. Shinichi schluckte, er wusste nicht ob er wegen diesem schlechten Wortspiel lachen oder weinen sollte. Sein Magen nahm ihm die Entscheidung ab, ihm wurde schlecht. Die Einladung zu einer „Geburtstags“-Feier war für Ai Haibara, in lila Schrift mit verschnörkelten Buchstaben. Shinichi schluckte, er kannte die Adresse, doch es war die Unterschrift, die den Stein in seinen Magen legte. „…ich würde mich freuen wenn du kommst, dein Freund Kuro.“ Das japanische Schriftzeichen für Schwarz brannte sich in seine Netzhaut. Die Karte war so dreist wie einfach und dennoch durchaus effektiv, denn jemand der von Ais wahrer Identität nichts wusste, würde nichts Auffälliges an dieser scheinbar unschuldigen Karte erkennen können. So einfach und doch so effektiv. Shinichi schluckte, verstaute die Karte in seiner Jackettinnentasche und merkte erst jetzt, dass sein Herz gegen seine Brust hämmerte, als hätte es vor, seinem knöchernen Käfig zu entspringen. Ai hatte die Haustür mittlerweile erreicht, und war grade dabei ihren Schlüssel zu suchen, als er zu ihr trat. Sie schaute auf, für einen kurzen Moment flackerte etwas in ihren Augen, ehe sich ihr Blick auf die Post in seiner Hand richtete. „Fanpost?“ Conan schaute auf, sah sie an und wusste, dass es viel zu lange dauerte, ehe er sprach. „Ein Brief von der Schule, Werbung… nichts weiter.“ Ai nickte, schloss die Tür auf und ging an ihm vorbei voraus in die Wohnung. „Schön, dann wollen wir mal sehen ob wir den Professor vor seinem kalorienreichen Schicksal noch retten können.“ Ein schmales Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, während sie dem Geruch von viel zu fettigem Essen folgte. Ihre Stimme war fast zu leise für Conans Ohren. „Manchmal weiß ich gar nicht, was ihr beide eigentlich ohne mich anfangen würdet…“ Die Eiswürfel in ihrem Glas klirrten in einem süßlichen Singsang, während sie mit ihrem Strohhalm einen Hurrikan in ihrem Cocktail erzeugte. Ihr Handy schmiegte sich kühl an ihre Wange und seine Stimme drang rauchig an ihr Ohr. „Dann hat Sherry unsere Einladung also bekommen?“ „Allerdings. Und ich bin sicher, sie wird sie uns nicht ausschlagen.“ Ein Lächeln verzerrte ihre grellpinken Lippen, sie konnte förmlich hören, wie er es ihr am anderen Ende der Leitung gleichtat. „Gut. Alles weitere wie geplant.“ „Aber natürlich…“ Damit legte sie auf, strich mit ihren manikürten Fingernägeln über das Display, das langsam verdunkelte. „…ganz wie geplant.“ Doch ihr Lächeln wurde von seiner Stimme rüde unterbrochen. „Es wundert mich, dass Gin zu so einfachen Mitteln bereit war.“ Bourbon hob seinen Blick nicht von seinem leeren Glas, ohne auf Vermouths Reaktion zu achten sprach er weiter. „Es scheint mir doch ziemlich riskant, einfach darauf zu vertrauen, dass sie auftaucht, ohne die Polizei zu informieren.“ Vermouth aber nippte seelenruhig an ihrem Cocktail, genoss die brennende Wärme, die ihr die Kehle hinunterglitt, ehe sie antwortete. „Gin kennt Sherry, er weiß genau, an welchen Fäden er ziehen muss, um die Kleine gefügig zu machen. Was das anbelangt, ist unsere Verräterin sehr zuverlässig.“ Doch das schmale Lächeln hielt nicht lange, und auch ihr Tonfall wurde mit einem Mal ernster. „Allerdings gibt es da noch etwas anderes, das wir erst aus dem Weg schaffen müssen.“ Der stechende Geruch von verschiedenen Lacken und Fixierungsmitteln stieg ihm in die Nase, während die schäbigen Neonröhren, die die Halle beleuchteten, noch immer, einem nervösen Herzschlag gleich, flackerten und dabei klimpernde Geräusche von sich gaben. Die Augen des blonden Organisationsmitglieds wurden schmal, während sich Gin in der schäbigen Autolackiererei umsah. Viel war von dem Chemiekonzern, in dem Sherry bis zu ihrem Ausbruch gearbeitet hatte, nicht übrig geblieben. Eine große, eher schäbige Halle, mit nur wenig einzeln abgetrennten Räumen. Nicht grade nach Vorschrift mit den ganzen offenen Farben und Lösungsmitteln, die überall herumstanden, aber genau richtig für das, was sie heute vorhatten. Mit einem heiseren Zischen entließ Gin den Rauch aus seinen Lungen, bemerkte wie Wodka neben ihm immer wieder unruhig zu dem alten Karren sah, in dem sie ihr kleines Mitbringsel verstaut hatten. Eines der Garagentore war ein Stück weit geöffnet worden, gerade genug, um hinein zu gelangen, aber nicht ausreichend, um einen Blick auf das Geschehen im Innern zu bekommen. Dennoch verkündete das blutrote Licht, der langsam sinkenden Sonne, dass sich Sherry zu verspäten schien. Selbst Wodka bemerkte es und spürte die wachsende Unruhe seines Partners, seine knurrende Stimme vibrierte dumpf in der großen Halle. „Wir hätten die Schlampe einfach entführen sollen, vielleicht hat sie uns schon längst die Bullen auf die Fährte gehetzt.“ Gin tadelte seinen Partner mit einem kalten Blick, seine dünnen Lippen wurden schmal, doch noch ehe er Wodka zurechtweisen konnte, erregte eine andere Stimme seine Aufmerksamkeit. „Kein Grund, ungeduldig zu werden.“ Shinichi spürte wie die Blicke aller auf ihn wanderten, und sich bald ein feines Lächeln über die dünnen Züge Gins zog. Conan bemühte sich, die ungewohnt rotblonden Strähnen, die ihm in die Augen fielen, genauso zu ignorieren, wie das Rasen seines Herzes, mit dem sein Körper seinem Verstand mitzuteilen versuchte, dass er jetzt eigentlich lieber woanders wäre. Zum Glück hatte das anfängliche Brennen der ungewohnten Kontaktlinsen aufgehört, und auch der im Mundschutz eingebaute Stimmenverzerrer funktionierte ausgezeichnet. Ihr roter Mantel, dessen Kapuze er sich tief ins Gesicht gezogen hatte umspielte seine Silhouette. Allein der kalte Betonboden der Werkstatt schlich sich nun durch die Sohlen seiner Schuhe, während die untergehende Sonne in seinem Rücken Ai Haibaras Schatten trügerisch in die Länge zog. Er konnte nur hoffen, dass Hattori Wort halten würde und mit Ran und den anderen im Tropical-Land blieb. Denn das war der Plan, als der Osaka seinen Besuch angekündigt hatte, auf seinen Wunsch hin natürlich. Und wie vorher gesagt, hatte Ai gepasst und war zusammen mit dem Professor Zuhause geblieben. Darauf hatte Shinichi spekuliert, denn sie dazu zu drängen mit zu gehen hätte sie nur Skeptisch werden lassen, außerdem wusste sie so auch nicht das er Ebenfalls andere Pläne hatte. Auch wenn er dennoch vorsorglich sämtliche Radarbrillen und andere Ortungsgeräte verschwinden hat lassen. Sie hatten wenig Zeit zum Pläneschmieden gehabt, da das Treffen in dem Brief schon für den nächsten Tag angekündigt war. Conan schluckte, schaute sich nervös in der Lackiererei um. Nun stand er hier, wieder einmal in ihrer Haut und hoffte, dass sein Bluff niemand bemerken würde. Das Erscheinen von Shiho Myano ließ die Mitglieder der Organisation augenblicklich verstummen. Conan spürte, wie Gins kalte Augen ihn von oben bis unten musterten, ehe sich das grausame Lächeln auf seinen Lippen in Bewegung setzte. „Meine liebe Sherry, so sieht man sich wieder.“ Die Stimme des Mannes, der am 13. Januar Shinichi Kudo ein tödliches Gift eingeflößt hatte, ließ Conan unweigerlich zusammenzucken. Dennoch bemühte er sich, Ais Gesicht so ausdruckslos wie nur möglich erscheinen zu lassen. Denn so ängstlich er sie auch in Anwesenheit eines potentiellen Mitglieds der Organisation erlebt hatte, so wusste er doch, dass Haibara, wenn es brenzlig wurde, mutiger war, als es ihr vielleicht selbst bewusst war. Daher bemühte sich Shinichi weiterhin, Gins Worten regungslos zuzuhören, den Ekel allerdings konnte er nicht aus seinen Augen verbannen. „Ich gebe zu, dein Versteck ist wirklich überraschend gut. Aber dir wird wohl klar gewesen sein, dass du nicht ewig davonlaufen kannst.“ Das Mädchen entgegnete nichts, dennoch konnte Gin deutlich Wut in ihren Augen sehen. Die kleine Sherry hatte für seinen Geschmack ein wenig zu viel Courage bekommen, in ihrer Auszeit von der Organisation. Umso mehr Befriedigung bereitete es ihm, seiner ehemaligen Kollegin den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Du hast wohl gehofft, dein Zustand wäre einmalig, sodass wir niemals hinter dein kleines Geheimnis kommen würden. Tja Sherry, sieht ganz so aus, als hättest du dich geirrt… ein weiteres Mal.“ Die Worte des blonden Hünen verfehlten ihre Wirkung nicht. „Was?“ Mit Genugtuung beobachtete er, wie sich Sherrys grüne Augen weiteten, während ihre Stimme nur mehr einem erstickten Flüstern glich. Mehr als ein Blecken der weißen zähne bekam Shinichi jedoch nicht zur Antwort, stattdessen nickte Gin Wodka mit einem kurzen Grummeln zu. Der bullige Mann folgte seiner Geste, trat einen Schritt zurück und klopfte mit dem Handrücken gegen die Karosserie des alten Toyota, in dem sie ihr kleines Mitbringsel aufbewahrten. Conan schluckte trocken, bemerkte wie sich ein ungutes Gefühl in seinem Magen breitmachte. Angespannt beobachtete er, wie sich die Tür des dunkelbauen Toyotas langsam öffnete. Ein paar lange Beine in hochhackigen, schwarzen Lederstiefeln waren das erste, das die Sicherheit des Wagens verließ, ehe sich Vermouth gänzlich aus dem Auto erhob. Doch noch bevor er sich hätte Sorgen darüber machen können, dass die geübte Schauspielerin seinen Coup entlarven konnte, führte sie noch einen weiteren Passagier aus dem Auto, eine bei der Shinichi das Blut in den Adern gefror. Ein Kind. Ein Junge, nicht älter als Conan Edogawa vorgab zu sein. Shinichi spürte, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich, während hunderte von Ameisen über seinen Körper zu laufen schienen. Seine Blicke ruhten auf dem kleinen Jungen, dessen Augen sich unter einem Bündel dunkler Haare verbargen, das vermutlich genauso lange ungewaschen war, wie die zerschlissene Kleidung, die er trug. Zähneknirschend wurde Shinichi bei dem Anblick des Jungen bewusst, dass die Organisation offensichtlich auch schon ohne Sherrys Hilfe versucht hatte, dem Geheimnis des APTX auf die Schliche zu kommen. Der Junge war ausgezehrt, hatte tiefe Ringe unter den Augen, während er sich unruhig umsah und sich dabei auffällig die Armbeuge rieb. Erst dann schaute der kleine Junge auf, nahm sein ebenfalls verjüngtes Gegenüber zum ersten Mal wahr. Seine Augen, die bei dem Anblick der geschrumpften Chemikerin langsam groß wurden, zeigten deutlich, dass sich auch in seinem Fall hinter dem kindlichen Äußeren ein viel zu erwachsener Geist verbarg. Nichtsdestotrotz begannen sich seine Augen langsam mit Tränen zu füllen. Shinichi schluckte schwer, fragte sich insgeheim, wer der Junge - der Mann - vor ihm war und warum die Organisation ihn hatte loswerden wollen. Vermouth schien Sherry den Gefallen zu tun und beantwortete diese unausgesprochene Frage. „Wie du siehst, gibt es noch einen weiteren Gewinner im Roulette deines kleinen Giftes, Sherry. Der gute Tobe hier dachte, er könnte der Organisation Gelder unterschlagen.“ Sie beugte sich zu dem Kind hinunter, legte ihm die Finger ans Kinn und zwang ihn mit einer Bewegung aufzuschauen, während sie mit süßlicher Stimme weitersprach. „Das hast du doch, nicht wahr, mein Kleiner?“ Gin aber konnte dem ganzen Trubel gar nichts abgewinnen. „Pah!“ Angewidert stieß er den letzten Rest Rauch aus seiner Lunge und zermalmte die glühenden Überreste seiner Zigarette auf dem Boden. „Er ist zwar dem Tod von der Schuppe gesprungen, aber dafür hat er uns diesen überraschenden Aspekt deiner Arbeit vors Auge geführt.“ Wieder wanderten die Augen des Kleinen auf Ai, wurden noch größer, als ihm bewusst wurde, wer da vor ihm stand. „Ihr habt sie…“ Sein Blick wanderte zu Gin, Panik war in seinen Augen zu lesen. „Lasst mich gehen.“ Conan spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte, er bettelte um sein Leben und seiner Angst nach zu urteilen, wusste er bereits, wie vergebens es war. „B-bitte lasst mich gehen. Ihr habt sie doch, also lasst mich-„ „Schnauze!“ Mit einer schallenden Ohrfeige herrschte wieder Stille in der Lackiererei. Von dem Jungen war nichts mehr weiter übrig als ein zitterndes Bündel dreckiger Klamotten, das zitternd auf dem kalten Beton kauerte und sich die pochende Wange hielt. Shinichi spürte, wie sich die Muskeln in seinem Kiefer spannten, sein Atem zitterte unter dem Mundschutz, übertrug sich auch auf den Stimmentransposer, der somit Sherrys Unsicherheit verriet. Er musste Ruhe bewahren. Shiho war solche Anblicke gewöhnt, auch wenn Shinichi lieber nicht weiter darüber nachdenken wollte. Der Blick des Grundschülers wanderte zu dem Gleichaltrigen an Wodkas Seite. Er versuchte, die stechenden Blicke Vermouths zu ignorieren und wusste doch, dass seine Versuche mit Perücke, Kontaktlinsen und Mundschutz mit einer Maske seiner Mutter nicht mithalten konnten. Dennoch schaffte er es, Ais Stimme ruhig klingen zu lassen, scheinbar nicht beeindruckt von dem üblichen Resultat der Forschung der Organisation. „Wie es aussieht habt ihr eure Laborratte ja schon. Wieso habt ihr mich dann nicht schon längst umgebracht, anstatt mich die ganze Zeit aus dem Hinterhalt zu beobachten?“ Gins Augen begegneten Ais, ehe sein Blick abschätzig auf den noch immer am Boden kauernden Jungen viel. „Oh, ein passendes Versuchskaninchen hat er schon abgegeben, nur leider haben die Experimente unsere Chemiker uns nicht viel weiter gebracht. Es ging dem Boss einfach nicht schnell genug. Tja, schade für ihn und schade für unsere Chemieabteilung.“ Wodka an seiner Seite gluckste höhnisch. Conans Lippen aber blieben versiegelt, er wartete, bis alle die Pointe genossen hatten, ehe er in skeptischem Ton Ais Stimme erhob. „Du willst also damit sagen, dass ihr mich braucht?“ Über Gins Lippen zog sich ein grausames Lächeln, nur langsam begann er den Kopf zu schütteln. „Nein… damit will ich sagen, dass wir ihn nicht mehr brauchen.“ Doch noch ehe Shinichi die Gelegenheit hatte, den Gedanken zu beenden, wurde das manische Grinsen breiter, während sich Gins Finger um den Abzug seiner Waffe spannte. „NEIN!!“ Conan hörte wie Ai schrie, wurde sich erst später klar, dass es sein eigener Schrei gewesen war, der gleichzeitig mit dem Schuss in der einsamen Lackierhalle widerhallte. Der kleine Junge, der eben noch neben Wodka gekauert hatte, hatte versucht seine Chance zu nutzen, während sie redeten und war weiter nach hinten in die Halle gegangen, in der Hoffnung, hinter einer der Türen einen Ausgang zu finden, ehe Gins Schuss ihn traf. Im blieb nicht genug Zeit sich um zu drehen, wie in Zeitlupe fiel er nach vorn, bis der Körper mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aufschlug. Gins rauchige Stimme schmiegte sich einem Flüstern gleich an seine Ohren. „Du, Sherry, gehörst ohnehin schon uns.“ Shinichi konnte sich nicht dazu bringen, den Blick von der wachsenden Blutlache abzuwenden, die mit den bunten Lackflecken auf dem grauen Stein zu einem bizarren Kunstwerk verschwamm. Er versuchte zu verarbeiten, was hier grade passiert war, ohne dass er die Chance hatte, oder den Versuch gewagt hatte, es zu verhindern. Ais zitternder Atem war das einzige Geräusch, das die Halle erfüllte, kein Laut kam mehr von dem in tiefes Rot getauchten Bündel aus Klamotten. Erst Gins abwertender Tonfall riss Shinichi zurück in die Wirklichkeit, während Schuld und Selbstvorwürfe langsam begannen, in sein Ohr zu flüstern. „Du bist weich geworden, Sherry. Früher hätte es dich nicht gestört, wenn eines deiner Versuchskaninchen so einfach das Zeitliche segnet. Eine Nummer weniger auf der Liste, aber dafür ein Ergebnis mehr, war dem nicht so?“ Das rotblonde Mädchen ihm gegenüber aber erwiderte nichts, sodass es an Gin war, die Stille ein weiteres Mal zu durchbrechen. „Schön. Also los, wir haben schließlich nicht ewig Zeit.“ Mit einem Handzeichen von seinem Chef begann Wodka auf Ai zuzugehen, ehe eine andere Stimme ihn aufhielt. „Warte.“ Conan spürte, wie sich eine Gänsehaut auf seine Arme schlich, während sich all seine Muskeln verkrampften. Vermouths Blicke lagen nun direkt auf ihm, ein süßliches Lächeln schmeichelte ihren burgunderroten Lippen, während sie sprach. „Ich glaube nicht, dass du schon wieder einen Fehler machen willst, oder, Gin?“ „Was?“ Es war Wodka, der die Blondine an seiner Seite fassungslos ansah, während sein Kollege sich schon besser im Griff hatte und sie nur mit einem kühlen Blick streifte. „Was willst du damit sagen?“ Gins Worte waren emotionslos, aber fordernd, sodass sich das Lächeln auf Vermouths Lippen in die Breite zog. „Das hier ist nicht Shiho Miyano.“ Shinichi hatte das Gefühl einen elektrischen schlag zu bekommen, während er unfähig war sich zu bewegen. Vermouth hingegen genoss die Spannung, die sie mit nur wenigen Worten erzeugt hatte, wandte sich zu Gin und streichelte ihm mit den Fingerspitzen über die Schulter. Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, nur für sein Ohr bestimmt. „Schau sie dir genau an, Gin, das ist nicht Sherry.“ Für einen kurzen Moment herrschte absolute Stille. Daraufhin ertönte ein heiserer Fluch, blechern, grade so, als ob man eine alte Maschine wieder zum Leben erweckt hatte. In nur wenigen Schritten hatte Gin ihn erreicht und ging vor dem Kind in die Knie, um ihn zu studieren. Shinichi hörte das Trommeln seines Herzens, während Gins Blicke nicht nur Löcher in seine Kleidung brannten, sondern dabei auch seine Haut versengten. Dann aber starrte Conan der Mörder seines alten Egos in die Augen. Und im nächsten Moment war es vorbei. Noch im selben Augenblick erklang ein tiefes Knurren aus der Kehle des Blonden, mit dem er dem Grundschüler die Atemmaske vom Gesicht zerrte, ihn an der Kehle packte und unsanft auf Augenhöhe beförderte. Conan spürte, wie sich die Klammern aus seinen Haaren lösten, während Gin ihm die rotblonde Perücke vom Kopf riss. Wut dominierte die Augen des Mörders. Ein würgender Laut verließ die Kehle des Grundschülers, als sich Gins Pranken immer weiter um seinen Hals schlossen. Schwarze Flecken fingen an vor seinem Blickfeld an zu tanzen, während sich seine Ohren langsam mit Watte füllten. Shinichi fluchte innerlich, es gelang ihm nicht, das Narkosechronometer auszurichten, immer mehr musste er gegen die aufkommende Ohnmacht kämpfen, die ihn mit einem warmen schwarzen Umhang umarmen wollte. Sein Verstand, der durch den Schock von Vermouths Verrat ohnehin gelähmt war, drohte nun gänzlich zum Stillstand zu kommen. Gin jedoch interessierte der zunehmend glasige Blick des Grundschülers nicht. „Verdammt!“ Ein heiseres Lachen begleitete den Fluch, Shinichis Augen wurden groß, doch noch bevor er sich lange über Gin wundern konnte verstummte das grausame Geräusch wieder. Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen warf der Hüne den Grundschüler zu Boden, dieser rutschte noch ein Stück über die Betonplatte, zog dabei in Kopfhöhe eine verdächtig rote Spur hinter sich her. Der Schmerz brachte ihn wieder zu Verstand. Mit jedem Atemzug, den er auf dem staubigen Betonboden machte, wurden seine Gedanken klarer. Shinichi glaubte Vermouths süßliches Lächeln in seinem Rücken wahrzunehmen, indessen Gin ihn von oben herab betrachtete. Das heisere aufgebrachte Atmen des Organisationsmitglieds ebbte langsam ab, dennoch war es klar, dass die Gefahr für den Grundschüler noch lange nicht vorbei war. Shinichi schluckte, rappelte sich von seiner liegenden Position auf Knie und Hände auf und bemerkte wie letzte zitterten. Das Blut machte nun nicht mehr an seiner Schläfe halt, suchte sich stattdessen seinen Weg über die Wange des Grundschülers ehe zu Boden fiel, wo es einen Farbklecks von vielen bildete. Conans Blick viel auf die Uhr an seinem Handgelenk, nicht nur sein Unterarm hatte bei dem Sturz etwas abbekommen, auch die kleine Erfindung Agasas schien nicht ganz ungeschoren davongekommen zu sein. Doch noch ehe Shinichi Gelegenheit hatte, seine Inventur weiter fortzusetzen, riss ihn Gins Stimme aus seinen Gedanken, seine Frage hallte stumpf und kalt im Gebäude wieder. „Wer bist du?“ Conan zuckte nicht, biss stattdessen die Zähne zusammen, ehe sich ein schales Lächeln über seine Lippen zog. Eine gute Frage. Ihm fielen gleich mehrere Möglichkeiten ein, diese zu beantworten und doch blieb er stumm, wägte jede einzelne von ihnen ab, ehe sich ein leiser Seufzer aus seiner Kehle schlich. Der Grundschüler schluckte trocken, versuchte die Leiche des kleinen Jungen in seinem Augenwinkel zu ignorieren. Vielleicht gelang es ihm so dennoch, in die Organisation zu gelangen, irgendwie doch wenigstens einen Teil seines misslungenen Planes zu verwirklichen. „He, was ist! Hört du nicht gut, der Mann hat dich was gefragt!“ Wodka wollte grade auf den Grundschüler am Boden losgehen, als Gin ihn mit einer einfachen Geste davon abhielt. Die Augen des Blonden lagen noch immer auf dem kleinen Jungen und so ungeduldig er auch war, veranlasste ihn das plötzliche Lächeln auf den Lippen des Kindes dazu, seinem Kollegen Einhalt zu gebieten. Gins Augen wurden schmal, er musste selbst ein Zucken seines Mundes unterdrücken, als er mit einem mal spürte wie sich die Atmosphäre um den Grundschüler änderte, als sich dieser langsam auf die Beine rappelte. „Conan Edogawa.“ Seine Stimme war unerwartet klar, unerwartet stark, während er sprach. „Conan Edogawa gehört zu den Leuten, die Sherrys Tod im Bell Tree Express vereitelt haben, durch seine Mithilfe ist es gelungen, den Mord an dem Politiker Domon zu vereiteln. Außerdem war auch er es, der euch im Fall der Diskettenübergabe von Itakura überlisten wollte. Conan Edogawa ist dafür verantwortlich, dass ihr Sherry nicht schon bei eurer Begegnung auf dem Dach des Hotels erledigen konntet, sowie derjenige, der die Bombe im Shinkansen unschädlich gemacht hat.“ Shinichi schluckte, bemerkte wie trocken sein Mund während des Sprechens geworden war und versuchte das leichte Grinsen auf seinen Lippen beizubehalten. „Am 13.01.1994 im Tropical Land, wart ihr es, die Conan Edogawa ins Leben gerufen habt, indem ihr einem Detektiv, der euch hinterher geschnüffelt hatte, ein neuartiges Gift verabreichtet, das jedoch eine etwas andere Wirkung hatte. Aus ihm wurde Conan Edogawa. Dieser Detektiv war Shinichi Kudo.“ Während Shinichis Rede waren die Lippen Gins immer schmaler geworden, die grauen Augen lagen ungerührt auf dem Grundschüler. Das war er also, der Schnüffler, der Sherry unterstützt hatte und wie Teer an ihren schwarzen Sohlen geklebt hatte. Conan Edogawa. Ein Kind. Shinichi Kudo. Ein Detektiv. Der Hüne spürte, wie Galle in ihm hochstieg, seinen Kehlgang verätzte, bei dem Gedanken, dass dieser Möchtegern-Sherlock Holmes ihren Blicken so lange aus dem Weg hatte gehen können, dass auch er das Gift, das eigentlich spurlos töten sollte, überlebt hatte. Ohne den Grundschüler noch eines Blickes zu würdigen, zog Gin eine weitere Zigarette aus ihrer zerknautschten Packung, zündete sie an und brachte das Stäbchen mit einem tiefen Zug zum glimmen. Der graue Rauch begleitete seine viel zu ruhige Stimme. „Na schön, Shinichi Kudo… wirklich lobenswert von dir, uns den Weg zu dir zu sparen und uns gleich darüber aufzuklären, wem wir diesen ganzen Ärger zu verdanken haben.“ Seine grauen Augen wanderten von dem Grundschüler zu der Zigarette in seiner Hand und beobachteten, wie die glühenden Flocken an der Spitze kalt und grau zu Boden segelten. „Wenn du jetzt allerdings glaubst, dass wir uns die Mühe machen und dich nutzen, um dem Gift auf die Spur zu kommen, hast du dich geirrt. Unter anderem Umständen würdest du mit diesem Gedanken vermutlich nicht falsch liegen, in deinem Fall aber gibt es vom Boss ganz klare Anweisungen. Wir brauchen dich nicht.“ Erneut blitzten Gins Zähne unter seinem Lächeln hervor, wie die Fänge eines Raubtieres, das sich zum Töten bereit machte. „Jetzt, da wir wissen wer sie ist und wo wir suchen müssen, ist alles weitere nur eine Kleinigkeit. Du magst ein gutes Spiel gespielt haben, Shinichi Kudo, doch du solltest die Organisation nicht unterschätzen. Wir werden Sherry finden, und dein Tod wird uns dabei sogar behilflich sein. Ich bin sicher, dass unsere gute Chemikerin weich geworden ist und es auf gar keinen Fall riskieren würde, für noch einen Mord verantwortlich zu sein. Sie kennt uns gut, und auch du hast deine Scharade gespielt, mit Sicherheit in dem Wissen was passiert, wenn die Wahrheit ans Licht kommt.“ Shinichi spürte, wie sich sein Herzschlag immer mehr beschleunigte, er kannte die Worte Gins, noch ehe sie seine Lippen verlassen hatten. „Wir werden sie töten, den dicken Alten, ihre kleinen Freunde und wer immer sonst noch um sie herum springt. Einen nach dem anderen. Bis sie freiwillig zu uns kommt, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten, insofern Danke, dass du dich als erster gemeldet hast.“ Gins Finger spannten sich um den Abzug seiner Waffe. „Süße Träume… Conan Edogawa.“ Daraufhin geschah alles ganz schnell, ein verzweifelter Schrei mischte sich mit dem dumpfen Knall eines Schusses, Schmerz traf ihn auf Brusthöhe und riss ihn zu Boden. Erst dann langsam, wurden die Eindrücke deutlicher. Die Situation aus Geräuschen und Gefühlen begann sich langsam wieder in ihre Einzelteile zu zerlegen. Das erste, was Shinichi wahrnahm, war der pochende Schmerz in seiner Brust und das Brennen seines Hinterkopfes, der auf den Beton geknallt war. Nicht genug Schmerz jedoch, nachdem man von einer Kugel getroffen worden war, dieser Eindruck verstärkte sich als sein nächster Sinn zurückkehrte. Der metallische Geruch, der warmen Flüssigkeit, setzte sich in seiner Nase fest wie eine rostige Patina. Er spürte das Blut auf seinem Körper, bis es ihn wie ein warmes Leichentuch bedeckte. Viel zu viel Blut für viel zu wenig Schmerz. Der Grundschüler blinzelte, versuchte so die schwarzen Schatten vor seinen Augen zu vertreiben, als er bemerkte, dass, was auch immer auf seinen Brustkorb drückte, sich zu bewegen schien. Doch in diesem Moment holten ihn die Erinnerungen der vergangenen Schrecksekunden des Schusses ein, ihr Schrei, Gins Fluch, der die Kugel schon auf den Weg geschickt hatte und ein Bündel rotblonder Haare, dass ihn zu Boden gerissen hatte, weg von dem tödlichen Geschoss. „H- Haibara...“ Shinichi spürte, wie sich Kälte in ihm ausbreitete, er versuchte sich langsam aufzurappeln und rutschte dabei mit den Händen fast in dem schmierigen roten Film aus, während das Gewicht von seiner Brust glitt. Sein Blick fiel auf die Grundschülerin, die von seiner Brust zur Seite gerutscht war und nun neben ihm auf dem Rücken lag, während ihre Augen blicklos an die Decke starrten. „AI!“ Ihre Atemzüge waren flach, kaum mehr zu erkennen und doch konnte Shinichi bei den kurzen Auf und Ab keine Erleichterung finden. Im seinem Kopf summte es, das Blut vernebelte ihm die Sinne. „Nein…, nein!“ Seine Augen huschten über ihren Körper, Shinichi wusste, er musste die Blutung stoppen, doch unter dem roten Blutteppich, der sich schon längt in ihre Kleider gezogen hatte, fiel es ihm anfangs schwer, die Schusswunde auszumachen. Als er sie dann jedoch entdeckte, spürte der Grundschüler wie ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht wich. In dem tiefdunklen Rot, das Ais Körper wie ein dichter Schleier umhüllte, wurde das Blut an einer Stelle ihrer Brust zunehmend dunkler. Auf der Höhe von Ai Haibaras Herzen prangte ein schwarzes Loch, das ihr Leben gierig zu verschlingen schien. Er wusste, dass ihr nur Sekunden, vielleicht wenige Minuten verblieben. Zu wenig um- zu wenig für einfach alles. Doch der rationale Teil von Shinichis Verstand hatte sich bei diesem Anblick längt abgemeldet. Der Oberschüler dachte in diesem Moment gar nicht daran, auf die Stimme in seinem Kopf zu hören. Shinichi hörte Gins Stimme im Hintergrund, wusste jedoch nicht was dieser gesagt hatte, als plötzlich Wodka auf die beide Kinder am Boden zu steuerte und neue Panik in ihm aufkeimen lies. „Bleib weg von ihr!“ So gut es ging versuchte der Grundschüler sie mit seinem Oberkörper zu schützen. Es verblüffte ihn, dass Wodka Ai nur mit einem abschätzigen Blick betrachtete. Als er sich dann jedoch umwandte und kopfschüttelnd zu Gin zurück marschierte, spürte Shinichi, wie alles in ihm zu Eis zu gefrieren schien, sodass er Gins Fluchen nicht einmal mehr hörte. „Verdammt, Haibara!“ Seine zitternden Finger suchten nach etwas, mit dem er das Blut aufhalten konnte, doch grade als er sich Ais Wunde zuwenden wollte, wurde er von der Grundschülerin selbst davon abgehalten. „K-Kudo.“ Ihre Stimme zitterte, war kaum mehr als ein leises Flüstern und forderte doch seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Ai… Was hast du- Was tust du hier, Haibara?“ Auf ihren blassen Lippen bildete sich ein kleines Lächeln, während ihre Hand nach seinen Fingern griff. „Das Gleiche könnte ich dich wohl auch fragen, Kudo.“ Shinichi aber erwiderte ihr Lächeln nur kurz, schloss die Hand fest um die ihre, während ihre grünen Augen unter Schmerzen zu ihm aufblickten. Ein allzu vertrautes Bild schoss ihm durch den Kopf, ebenso grüne Augen, die ebenso viel Hoffnung in ihn legten wie Ai es getan hatte. Ein kurzes Stöhnen aber riss ihn zurück aus der Erinnerung ins Hier und Jetzt, er hörte, wie Ai nach Luft schnappte, die gurgelnden Laute, die ihre Lunge dabei machte, immer weiter zunahmen. Ein feines Rinnsal quoll aus ihrem Mundwinkel hervor, tauchte Ais blassblaue Lippen in ein dunkles Rot, das ihr bleiches Gesicht nur noch mehr wie eine Maske wirken ließ. „Es tut mir Leid…“ Sie schluckte, suchte seine Augen in denen sie noch nie so viel Hilflosigkeit hatte sehen müssen. Er hatte verloren, das wussten sie beide. Und auch wenn sie sich entschuldigte, tat es ihr auf der anderen Seite überhaupt nicht Leid. Es tat ihr nicht Leid, hierhergekommen zu sein. Es tat ihr nicht Leid, ihn von der Kugel bewahrt zu haben. Es tat ihr nicht Leid, dass er jetzt hier war, in diesem Moment, ganz nah bei ihr. Ihre Augen richteten sich erneut auf ihn, krampfhaft versuchte sie durch den Nebel hindurch zu blicken, um noch einmal den Menschen sehen zu können, der ihr neben ihrer Schwester zum ersten Mal seit sie denken konnte, mehr bedeutet hatte als ihr eigenes Leben. „Fang jetzt bloß nicht so an, Ai. Das wird schon wieder, wir bekommen das hin, du wirst sehen. Fang jetzt bloß nicht damit an, fang nicht an, dich zu verabschieden… Shiho.“ Seine Worte drangen nur dumpf zu ihr durch, sie hörte die Verzweiflung in seiner Stimme, sah, wie glasig seine Augen wurden und hasste sich in diesem Moment dafür, dass sie fähig war, ihm so viel Schmerz zu bereiten, während ein kleiner Teil von ihr es genoss, ihren Namen aus seinem Munde zu hören. Sollte sie es ihm sagen? Wie viel er ihr wirklich bedeutete, den wahren Grund, warum sie ihn nicht hatte sterben lassen können? Obwohl auch ihre Tat ihn noch lange nicht in Sicherheit gebracht hatte. Vielleicht war es ohnehin nutzlos gewesen, denn was hatte sie schon, außer das Versprechen dieser Frau. Aber sinnlos - sinnlos war das hier sicher nicht. Ai seufzte lautlos, bemerkte wie das Pulsieren der Wunde in ihrer Brust schwächer wurde, während er noch immer auf sie einredete, ohne dass sie auch nur ein Wort davon verstand. Die Chemikerin biss sich auf die Lippen, versuchte so einen Hustenanfall zu unterdrücken, während das Blut immer mehr Raum in ihrer Lunge einnahm. Für einen Moment versuchte die Naturwissenschaftlerin in ihr Trost darin zu suchen, das sie vermutlich längst verblutet sein würde, bevor sie sich mit dem Ersticken auseinander setzten musste. Doch der Gedanke an den Tod, der schon nach ihr gierte, ließ sie erneut Schutz bei ihm suchen. „Shinichi…“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch der seine Wangen streifte, während seine Lippen lautlos ihren Namen formten und alle Angst aus ihrem Inneren entwich, nur weil er ihr in die Augen sah. Ai versuchte ein Lächeln, wusste jedoch nicht, ob ihr dieses gelang. Für einen letzten Moment überlegte sie es ihm zu sagen, dann jedoch entschied sie anders. Sie drückte seine Hand, drückte seine Finger ein letztes Mal fest an sich. Er sah das Zögern in ihren Augen, das dünne Lächeln, welches ihre blutroten Lippen zierte. „…D- Danke, für alles.“ Das Letzte, was sie sah, waren seine Augen gewesen. Shiho hatte immer gehört, dass der Tod Kälte mit sich brachte und mit eisigem Griff das Leben an sich riss. Das Letzte aber, was sie wahrnahm, war eine wohlige Wärme, die sich in ihrem Inneren ausbreitete, bis sie sie letztendlich gänzlich ausfüllte. Er aber war taub für ihre Worte, wusste, was sie bedeuteten, was gerade passierte - und war doch taub für alles um ihn herum. Shinichis Gedanken schotteten sich gegen alles ab, sein Körper war bestimmt von seinem Zittern, dem Gefühl, keine Luft zu bekommen und dem unerfüllbaren Wunsch, dass dies alles nur ein böser Traum war. Seine heisere Stimme erreichte ihr Ohr und blieb doch ungehört. „Nein! NEIN! Mach jetzt keinen Mist... das darfst du nicht. Hörst du…?“ Verzweifelt strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, verschmierte ihre reine Haut dabei mit einem blutigen Muster. Shinichi sah nicht, wollte nicht sehen, dass ihren Augen bereits jeglicher Glanz fehlte. Dass die junge Frau, die er kannte, längst nicht mehr da war. „Warum hast du das getan!?“ Seine blutverschmierten Hände zitterten, der metallische Geruch stieg ihm in die Nase und vernebelte ihm die Sinne. Blut. Überall. Verzweiflung, Wut und Trauer brachten seine brüchige Stimme zum Beben. „Wieso hast du das getan!?“ *LangsamhintereinerEckehervorgekrochenkomm* Äh ja… das wars *schluck* Ich hoffe ihr seid nicht arg so enttäuscht, ich meine… es war echt nicht leicht, das Geschehen, das man sonst in einer ganzen FF abhandelt in ein Kapitel zu pressen. Ich nehme an es sind jedoch jetzt noch mehr Fragen offen als vorher? Und Ran, na ich bin mal lieber still… Die Kinderleiche- ich hab doch gesagt es Steckt ein ganz einfacher „Trick“ dahinter. Ich muss gestehen es ist schon eine ganze Weile her das ich beim Hochladen eines Kaps so angespannt war, *schluck* natürlich würde ich mich hier ganz besonders über eure Kommentare freuen, auch wenn ich ja hoffe das ihr mir nicht den Kopf abreist >//<, Übrigens bevor ich wieder verschwinde: Vielen Dank für die Rückmeldung beim letzten Mal! Ich freue mich wirklich immer sehr wenn Mexx mir eine Kommi Meldung schickt :) Also denn *hust* Ich geh… dann jetzt lieber wieder, Bis bald, eure Shelling Kapitel 27: Ahnungen -------------------- Ahnungen Shinichi schluckte. Er wagte es nicht den Blick zu heben, all jenen, die grade gehört hatten, wie Ai Haibara gestorben war, in die Augen zu sehen. Stattdessen vergrub er seine Fingerspitzen nur tiefer in seinen Haaren, benetzte sich die trocken Lippen, ehe er mit brüchiger Stimme fortfuhr. „Ich weiß bis heute noch nicht, was sie da gemacht hat, woher sie von dem Treffen wusste, oder warum sie da war.“ Er spürte die Blicke auf seiner Haut, zwang sich zu einem tiefen Atemzug und dazu, weiter zu reden, nicht stehen zu bleiben bei dem Gedanken, der ihn all die Jahre nicht in Ruhe gelassen hatte. „Danach ist alles irgendwie verschwommen. Ich weiß, ich habe Sirenen gehört, sie wollten mich wegbringen, aber ich habe mich gewehrt, ich wollte sie nicht dalassen, ganz allein. Irgendjemand, ich nehme an es ist Wodka gewesen, hat mir dann einen Tritt verpasst. Ich muss mir wohl eine Gehirnerschütterung eingehandelt haben, denn von da an gibt es wirklich nicht mehr viel, was ich euch noch erzählen kann.“ Langsam atmete er aus, die Szene mit Shiho war er in Gedanken so oft durchgegangen, dass es ihm keine Mühe bereitete, sich daran zu erinnern. Das, was jedoch danach geschehen war, hatte er bislang nur einmal wiedergeben müssen. „Die Polizei war schon in der Nähe, deswegen konnten sie mich nicht einfach so erschießen, sie hatten Angst ein weiterer Schuss würde die Beamten zu ihnen locken. Also sperrten sie mich ein, Vermouth hat mich in eine der Abstellkammern gezerrt.“ Shinichi erinnerte sich an den kalten Betonboden, daran wie er immer wieder damit gekämpft hatte, bei Bewusstsein zu bleiben, bis ihn ein lauter Knall erneut in die Realität rief. „Sie hatten die Bomben vorsorglich in dem Wagen deponiert, in dem Vermouth den anderen festgehalten hatte. Sie müssen sie per Fernzünder ausgelöst haben, als sie schon längst weg waren. Das Feuer breitete sich aus, schnell.“ Hitze längst vergangener Tage grub sich unter seine Haut, während er erzählte, wie es ihm, nachdem er lange mit seiner Besinnung gerungen, hatte gelungen war, das kleine Fenster mit einer Lackdose einzuschießen und heraus zu klettern. Noch heute wunderte ihn dieses Vorgehen, Vermouth hätte doch ahnen müssen, dass das Fenster für ihn kein Hindernis darstellte. Mühsam schüttelte er den Kopf, blinzelte die unliebsame Erinnerung weg und bemühte sich in klarem Ton weiter zu erzählen. Nachdem er der brennenden Halle entkommen war, hatten ihn seine Füße zu Jodie getragen. Er erinnerte sich heute nicht mehr an den Weg dorthin, oder wie lange er gebraucht hatte, aber sie war die Einzige, die in der Nähe gewesen war, die Einzige, die ihm hatte helfen können. Wir werden sie töten, den dicken Alten, ihre kleinen Freunde und wer immer sonst noch um sie herum springt. Einen nach dem anderen. Ein kleiner Seufzer drang aus seiner Kehle, er merkte, wie sich die Spannung in seinen Muskeln löste. Zumindest schienen alle Beteiligten nun so viel zu wissen, um zu verstehen, warum er so gehandelt hatte, warum er den Schutz des FBI`s gesucht hatte. Er hatte damals ja keine Ahnung gehabt, wie weit die dafür gehen würden. Shinichi schluckte, ihm war klar, dass er auch diesen Punkt noch klären musste, um ihnen zu verstehen zu geben, dass es auf keinen Fall von ihm geplant gewesen war, sie vor „seinem“ Grab stehen zu lassen. Doch grade als er den Mut gefunden hatte, weiter zu erzählen, unterbrach ihn eine andere Stimme. „And after that he had shown up at our place.” Ein kalter Schauer lief dem Detektiv über den Rücken. Er hätte nicht aufschauen müssen um zu wissen wer da unangekündigt in der Villa Kudo stand und doch konnte er seinen Blick einfach nicht mehr am Boden halten. „Tracy?“ Alle Augenpaare ruhten auf der jungen Frau im Türrahmen. Shinichi war aufgestanden, machte ein paar Schritte auf sie zu, bemerkte nebenbei, dass sie wie immer tadellos aussah. Der schwarze Bleistiftrock saß perfekt um ihre Taille und bildete einen wunderbaren Kontrast zu der weißen Seidenbluse, die ihre Figur umspielte. Dennoch erkannte Shinichi schnell, dass ihr etwas im Magen lag, da sie nervös mit einer ihrer schwarzen Haarsträhnen spielte, während ihre braunen Augen ihn durchdringend musterten. “What- what are you doing here?“ Er fasste sich an die Kehle, überrascht wie heiser seine Stimme klang. Tracy aber versuchte, seine Skepsis zu übergehen, machte ein paar Schritte auf ihn zu und zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. “I heard, the place you stayed burned to ashes, so I thought Mr. Bell might need some help to face the world. So here I am. And Stue too, by the way. But he is searching for a parking lot …still.” Doch das zynische Grinsen und demonstrative Augenrollen, kamen bei Shinichi nicht an. Sein Blick lag noch immer ungerührt auf der Amerikanerin, seine Stimme war trocken während er sprach. „Have you known it?“ Die Schwarzhaarige zuckte zusammen, wich seinen Augen aus, ehe sie sich mit einem kleinen Seufzer geschlagen gab. Als Tarcy ihren Blick hob, sah nicht nur Shinichi, sondern auch die anderen im Raum, dass Schuld und Reue sich in den braunen Augen der Frau ansammelten. Sie schluckte, streckte die Hand nach ihm aus und wollte einen Schritt auf ihn zugehen, doch sein Blick hielt sie zurück, ließ ihre Hand an ihren Oberarm wandern, sodass es aussah, als müsste sie sich selbst stützen, um erneut zu Wort zu kommen. „Shinichi-…“ Ihre Stimme klang sanft, sprach den für den Amerikaner so fremden Namen mittlerweile gekonnt aus und doch lag in diesem kleinen Wort mehr als Shinichi hatte hören wollen. Sein eigener Blick wanderte erneut zu Boden. Das Gefühl von Verrat schwappte wie eine Welle über ihn, flüsterte den Härchen auf seinen Armen das Kommando zu, sich aufzustellen, während seine Fingerspitzen taub wurden. Er hatte es gehofft, so gehofft, dass wenigstens sie ihn nicht verraten hätten. Das Tracy und Stuart genauso wenig von seinem angeblichen „Tod“ gewusst hatten wie er selbst. Stattdessen waren sie in die Sache verwickelt gewesen, hatten nichts gesagt, ihn nicht einmal gewarnt, bevor er nach Japan geflogen war. Nichts dergleichen. Er schluckte, schaute sie noch immer nicht an während er sprach. „So you, too…“ Sein nüchterner Tonfall brach ihr fast das Herz, sie hatte gehofft, dass er einfach nur wütend auf sie beide sein würde, damit hätte sie umgehen können, seine Enttäuschung jedoch brannte ein Loch in ihren Magen. Ihr Blick blieb unverwandt auf ihm haften. Er war blass, noch mehr als sonst. Dieses ganze Land zehrte an ihm. Sein altes Leben zehrte an ihm, sodass es ihr vorkam, als hätten sie und Stuart ihm grade den Gnadenstoß gegeben. „Please, Shinichi, you know-…“ Doch er ließ ihrer zitternden Stimme kleinen Platz, schüttelte nur den Kopf während er sprach und fuhr sich mit fahrigen Bewegungen durchs Haar. „No. Just- Arg… Tracy.“ Er schaute auf, doch seine Augen wanderten schnell von ihr in die Runde seiner Angehörigen, die das seltsame Schauspiel mit argwöhnischem Blick verfolgt hatten und nicht so recht wussten, worum es eigentlich ging. „Nicht jetzt, nicht hier. Wenn du mir wirklich einen Gefallen tun willst, dann erzähl du den Rest, ich bin sicher dein Japanisch ist ausreichend dafür.“ Er ging an ihr vorbei und fügte noch einen letzten Satz hinzu, ehe er aus dem Wohnzimmer Richtung Treppe verschwand. „Ich hab fürs Erste genug.“ „Aber, Shinichi…“ Yukiko war aufgesprungen, machte Ansätze, ihm zu folgen bis die filigrane Hand der Amerikanerinm die hier so einfach in ihr Haus geplatzt war, sie aufhielt. „It´s okay, Miss, i-ich kann ihn schon verstehen…“ Nur zu gern hätte Yukiko sie gefragt, was sie sich eigentlich einbildete, schließlich kannte sie ihren Sohn gut genug, um zu wissen was gut für ihn war, wer war sie denn überhaupt? Doch dies alles blieb der ehemaligen Schauspielerin im Halse stecken, als Tracys Blick dem ihren folgte und beobachtete, wie Shinichi langsam die Treppe zu seinem Zimmer hoch stieg. Yukiko erschrak über den Ausdruck in den Augen der fremden Frau, die etwas in sich trugen, das ihr nur zu bekannt vorkam. Tracy aber bemerkte die Verblüffung seiner Mutter nicht. Vor ihren Augen prangte noch immer der geschlagene Ausdruck Shinichis, der sich ihr immer mehr unter die Haut brannte, während er langsam gänzlich aus ihrem Blickfeld verschwand. Shinichi ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Suchte für einen Moment Halt an dem sicheren Holz in seinem Rücken und versuchte die Dunkelheit und Ruhe seines Zimmers in sich aufzunehmen. Sein Kopf schwirrte, fühlte sich an, als hätte man das Ding auf seinem Hals durch einen Bienenstock ersetzt und Mann - die Viecher waren vielleicht sauer. Doch anstatt dass sein Verstand ihm den Gefallen tat und ihm wenigstens ein paar Minuten Ruhe gönnte, konnte dieser nicht anders als zu analysieren, was heute Abend passiert war. Die Polizei, seine Eltern und die Detective Boys wussten Bescheid, wurden vermutlich in diesem Moment von Tracy darüber aufgeklärt, wie „William Bell“ zustande gekommen war und warum sie ihn vor ein paar Jahren beerdigt hatten. Das war das eine, Nummer zwei war die traurige Vermutung, die sich für ihn jetzt in eine Gewissheit verwandelt hatte, nämlich, dass seine Zieheltern, wie sie heimlich von Black genannt wurden, ebenso über die Lügerei Bescheid wussten, wie seine anderen Kollegen vom FBI. Shinichi seufzte, fuhr sich über die Stirn, als er endlich einen Gedanken gefunden hatte, an dem er sich festhalten konnte. Mit Tracy konnte Willam Bell die Ermittlungen schneller wieder aufnehmen als erhofft, sodass es ihm vielleicht endlich gelingen würde, zumindest diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Langsam führen ihn seine Schritte zum Fenster, für eine ganze Weile starrte der Oberschüler in die Dunkelheit, ehe er nur kurze Zeit später hörte, wie die sich die Tür in seinem Rücken erneut öffnete. Er musste sich nicht umdrehen, um zu sehen, wer ihm da nachgeschlichen war, er hatte lange genug bei ihnen gewohnt, um zu wissen, wie sich Kogoro Moris Schritte anhörten. Der Oberschüler machte keine Anstalten, sich herum zu drehen, oder dem Polizisten sonst irgendwie zu zeigen, dass er sich seiner Anwesenheit gewahr war. So kam es, dass sie beide eine ganze Weile in dem kalten Dämmerlicht der Straßenlampen standen, die ihr Licht von außen in das Zimmer warfen. Moris Stimme war es, die die dunkle Stille zwischen ihnen mit seiner einfachen Frage durchbrach. „Du hast mich nicht verraten… warum nicht?“ Shinichi holte tief Luft, Kogoro konnte beobachten, wie sich die Schultern des Jungen erst hoben und dann wieder senkten, ehe er sich leicht zu seinem alten Gastgeber drehte, ohne ihn anzusehen. „Es war nicht Teil der Geschichte. Was hätte es außerdem für einen Sinn? Ich halte sie nicht für einen schlechten Detektiven, nicht zuletzt ihre Neueinstellung in Megures Dienst beweist dies.“ „Ach?“ Moris Überraschung war zwar echt, und doch deswegen nicht weniger kalt, er beäugte den Oberschüler vor sich scharf, versuchte sich in Erinnerung zu rufen, wann er ihn das letzte Mal in dieser Größe gesehen hatte und wurde sich mit einem mal bewusst, dass er es nie für nötig gehalten hatte, allein ein Wort mit dem jungen Mann zu wechseln, in den sich seine Tochter verguckt hatte. Diesem arroganten, großspurigen Idioten, der samals geglaubt hatte, nur weil er der Polizei bei der Lösung von ein, zwei Fällen helfen konnte, nun eine große Nummer zu sein. Shinichi aber seufze nur leise, drehte sich nun ganz zu seinem früheren Ziehvater um, um ihm beim Sprechen in die Augen sehen zu können. „Nein… eigentlich könnte ich sie sogar ein wenig beneiden.“ In seiner ruhigen Stimme schwang tatsächlich etwas Neid, doch Shinichi überging Moris große Augen und den zur Frage offen Mund und sprach mit der gleichen Ruhe weiter, bis sich sogar ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete. „Wie Ran sehen Sie in den Menschen, die sie mögen, nur das Gute. Egal wie lange Sie diese schon kennen, sobald Sie sie erst einmal in ihr Herz geschlossen haben, wollen Sie nicht aufhören daran zu glauben, dass diese Leute unweigerlich gut sein müssen.“ Shinichi seufzte, fuhr sich mit unruhigen Fingern durchs Haar. „Natürlich hat auch diese Eigenschaft Nachteile. Für Ran ist es die große Enttäuschung, die sie jedes Mal erlebt, wenn eine Person, die ihr nahesteht, eine Dummheit begeht. Und für Sie als Detektiv ist es wohl ein wirkliches Handicap im Beruf, denn Sie lassen nicht los. Sie wollen unbedingt Beweisen, das eben jene Person unschuldig ist, Sie verstricken sich dabei in Halbwahrheiten und Lügen, die die Sicht auf die Wahrheit nur verschleiern. Sie suchen bewusst nach den falschen Hinweisen. Das ist mir auch schon passiert und ich weiß, wie schwer es ist, da wieder rauszukommen, erst Recht, wenn es keinen gibt, der einem die Leviten liest. Und dennoch könnte ich Sie dafür beneiden, Mori.“ Kogoro sah ihn an, merkte wie der Ärger, mit dem er eben noch die Treppe hochgestapft war, langsam verebbte, während er dem jungen Detektiven zuhörte, der auf die unausgesprochene Bitte des Beamten hin weiter erzählte. „Bei mir ist es umgekehrt, zwar erleichtert es mir die Arbeit, aber ich glaube nicht, dass es mich zu einem besseren Menschen macht, ganz im Gegenteil. Egal, wo ich hingehe, sehe ich potentielle Morde und Gewalt, noch bevor sie geschehen, natürlich bin ich dann darauf vorbereitet und kann entsprechend reagieren, und dennoch… es ist keine schöne Eigenschaft, Menschen, die man kaum kennt, gleich so etwas zu unterstellen. Ich schätze es wäre das Beste, wenn man ein gesundes Maß von beidem hätte, ein wenig Skepsis und ein wenig Sympathie den Menschen gegenüber.“ Shinichi seufzte, drehte dem Polizisten langsam wieder den Rücken zu und schüttelte kurz den Kopf. „Mittlerweile sollte ich froh sein, dass Sie mich nicht von Anfang an gemocht haben, so ist Ihnen wenigstens diese Enttäuschung erspart geblieben. Schade nur, dass Sie Ran nicht davon überzeugen konnten, ehe es für sie zu spät war.“ Kogoro Mori schluckte. Er schluckte seine Wut und seinen Hass über den Jungen und nicht zuletzt auch darüber hinunter, dass dieser es auch noch geschafft hatte, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden. Er musste jetzt bei klarem Verstand bleiben, das hier war nichts zwischen ihm und Kudo, er war dem Jungen nicht nachgestiegen, um ihm irgendwelche Vorhaltungen zu machen, nicht nur, jedenfalls, sondern um etwas anderes, viel Wichtigeres, mit ihm zu besprechen. „Was hast du jetzt vor… wegen Ran?“ Der Junge vor ihm biss sich kurz auf die Lippen, sein Blick aber streifte ihn nur kurz. „Ran darf davon nichts erfahren. Allein schon weil…“ Shinichi wich seinem Blick aus, doch Kogoro wusste genau, wohin die Gedanken des jungen Mannes vor ihm gewandert waren. Sie alle hatten die Luft angehalten, als er ihnen erklärt hatte, wie die Organisation sie gefunden hatten. Shinichi hätte sie nicht erst darum bitten müssen, es für sich zu behalten. Ihnen allen war schon vorher klar gewesen, was diese Information für die junge Lehrerin bedeuten würde. Dennoch war das bei weitem nicht alles, was dem ehemals schlafenden Detektiv im Magen lag. „Ich rede nicht bloß davon…“ Shinichis Muskeln versteiften sich augenblicklich, doch als er stumm blieb, ließ es sich Kogoro nicht nehmen, noch nachzuhaken. „Sie wird bemerken, dass wir alle etwas wissen, sie ist nicht dumm, Kudo.“ Shinichi schluckte, fuhr sich fahrig über die Augen. Doch er sprach seine Antwort nicht aus, wusste, dass es ihr Gespräch auch nicht weiter gebracht hätte und lud Kogoro mit seinem Schweigen nur zum Weitersprechen ein. „Warum glaubst du wohl, weicht sie euch bei den Ermittlungen nicht von der Seite, warum hat sie dir Eri auf den Hals gehetzt, um dich aus dem Knast rauszuhauen.“ Der ehemals schlafende Kogoro seufzte, er formte die nächsten Worte nur mehr als ungern. „Sie liebt dich, noch immer.“ Shinichi schloss die Augen, zog scharf die Luft ein, drehte sich jedoch nicht zu Mori um, der weiter sprach. „Egal, für wen du dich ausgibst, wie oft du auf weg läufst, daran wird sich so schnell nichts ändern.“ Der nächste Morgen kam seiner Meinung nach viel zu früh. Shinichi hatte sowieso nicht viel Schlaf gefunden, doch nach einer halben Stunde sinnlosen Hin- und Herwälzens, hatte es ihm der Duft nach Kaffee ein wenig leichter gemacht, aufzustehen. Zumindest war er offenbar nicht der einzige ruhelose Geist in diesen vier Wänden. Nach einer kurzen Dusche sah die Welt zwar noch nicht anders, aber zumindest ein Stück besser aus, sodass er sich auf die Suche nach der Quelle des verlockenden Dufts von Koffein machte. Sein Vater saß in der Küche, studierte gerade die Zeitung, sah jedoch auf, als Shinichi den Raum betrat. „Morgen.“ „Guten Morgen.“ Mit einem Kopfnicken deutete der Schriftsteller zur Kaffeekanne auf der Arbeitsplatte. „Es ist noch was da. Wo die Tassen sind, weißt du ja.“ Shinichi murmelte ein Danke, ging an einen der Schränke und griff automatisch seine Lieblingstasse aus dem Regal. Mit einem skeptischen Blick goss er das schwarze Gold ein, der Geruch des Kaffees erlaubte ihm zu schätzen, wie lange sein Vater wohl schon auf war. Eine Stunde, höchstens, vorausgesetzt, dies war seine erste Kanne. Gemächlich zog er einen Stuhl heran, setzte sich an den Tisch und ließ seine vom Schlaf geschwängerten Gedanken treiben. Er war froh, dass es sein Vater, war der ihm gegenüber saß. Bei seiner Mutter hätte er sich schon längst dafür entschuldigt, dass er sie gestern mit all seinen Gästen allein gelassen hatte. Shinichi schluckte, schaute auf und studierte den Teil der Zeitung, die ihm sein Vater zuwandte, ehe er ein kurzes Stöhnen unterdrücken musste. Macht Holmes jetzt Jagd auf ihn? Unter der Schlagzeile prangerte sowohl ein Bild von William Bell, als auch ein Foto des ausgebrannten Gästehauses. Yusakus Blick schlich sich über den Rand der Zeitung, während er skeptisch eine Augenbraue hob, ehe er das Käseblatt zusammen faltete um nochmals einen Blick auf die Titelseite zu werfen. „Sieht ganz so aus, als hätten sie ganze Arbeit geleistet.“ Shinichi stöhnte, rutschte noch ein Stück tiefer in den Stuhl und massierte sich müde den Nasenrücken. „Der arme Matsudo, ich muss mich unbedingt bei ihm entschuldigen und sehen, wer für den ganzen Schaden aufkommt.“ Sein Vater nickte, auch wenn er wusste, dass Shinichi ihn nicht ansah, schlug die Zeitung erneut auf und vergrub seine Nase darin, während er antwortete. „Das solltest du vielleicht dann noch heute Morgen erledigen, Shinichi.“ Damit schaffte der Schriftsteller es, die Aufmerksamkeit seines Sohnes wieder auf sich zu lenken. Shinichi schaute ihn überrascht an. „Was?“ Yusaku aber ließ seinen Blick gesenkt, tat so, als würde er gebannt einen Artikel lesen. „Der Hauptkommissar meinte gestern, er wäre froh, wenn er dich heute bei der Besprechung dabei haben könnte.“ Shinichi aber runzelte nur die Stirn, wollte grade fragen, wie er das denn anstellen sollte, als sein Vater ihm den Gefallen tat und weiter sprach. „Deine amerikanischen… Kollegen, haben in der Umkleide deiner Mutter alles für dich zurechtgelegt.“ Unruhig trat Shinichi von einem Fuß auf den anderen, während er vor Matsudos Haustür auf dessen Erscheinen wartete. Während er die kleine Auffahrt zum Haus des Pathologen hoch gewandert war, hatte er zwischen den Bäumen die verkohlten Überreste des Gästehauses erkannt. Noch immer lag der schwefelige Geruch von Asche in der Luft, verätzte Shinichis Gewissen nur noch mehr, dem erst jetzt klar wurde, wie froh er sein konnte, dass das Feuer nicht auf den eigentlichen Wohnsitz des Doktors übergesprungen war. Shinichi seufzte, wandte sich erneut der Haustür des Pathologen zu und betrachtete Bells Gesicht, das sich in den kleinen Buntglasfenstern auf bizarre Weise spiegelte, ehe er endlich ein Geräusch wahrnahm. Nur kurze Zeit später öffnete der Doktor ihm die Tür, auf seinen Zügen zeigten sich erst Verwunderung, ehe eine gewisse Erleichterung ihren Platz fand. „Es ist schön, zu sehen, dass es Ihnen gutgeht, Professor. Die Polizei erwähnte zwar, dass Sie von dem Brand nicht betroffen seien, dennoch bin ich froh, mich nun mit eignen Augen davon überzeugen zu können.“ Bell aber seufzte nur, schüttelte missmutig den Kopf. „Es tut mir wirklich außerordentlich Leid, dass ich nicht früher gekommen bin, Doktor, und überhaupt möchte ich mich in aller Form bei Ihnen für die Vorkommnisse entschuldigen.“ Matsudo aber runzelte nur kurz die Stirn, winkte dann ab, nur um beiseite zu treten und seinem Kollegen eintreten zu lassen. „Machen Sie sich deswegen keine Gedanken und kommen Sie erst einmal herein, ich denke, so etwas besprechen wir besser im Haus.“ Shinichi nickte dankbar, während der Pathologe ihn durch den Flur führte und weiter sprach. „Es ist ja nicht so, als hätten Sie selbst mit Streichhölzern gespielt, Professor.“ Er hatte ihn in ein kleines Wohnzimmer geführt, bot ihm sowohl die Couch als auch einen Kaffee an, wobei Bell beides dankend ablehnte. „Auch wenn es mich bedrückt, das zu sagen, aber mit so etwas muss man in einem solchen Beruf wohl immer rechnen.“ „Aber der Schaden-…“ „Wird vermutlich von der Versicherung übernommen und wehe denen, wenn nicht, wofür bezahl ich diese Geizhälse schließlich jeden Monat.“ Matsudos Grinsen war ansteckend, wirkte jedoch müde unter Bells Augen. „Dennoch, wenn ich es in irgendeiner weiße wiedergutmachen kann, oder Ihnen etwas ersetzen kann, dann lassen sie es mich wissen.“ „Nicht doch. In dieser alten Hütte gab es ohnehin nichts, das mir besonders am Herzen lag. Allerdings fällt mir da durchaus ein Gefallen ein, Professor. Ich habe gestern den Autopsiebericht des dritten Opfers fertiggestellt und eben eine Kopie angefertigt.“ Bell lächelte, wusste längst, wohin die Gedanken des Pathologen wanderten. „Ich nehme ihn gern mit, Doktor.“ „Großartig, wenn Sie noch einen Moment warten, werde ich ihn grade holen.“ Shinichi nickte, beobachtete wie der Pathologe erst im Flur und dort dann hinter einer anderen Tür verschwand. Sein Büro, wie der Oberschüler vermutete. Die Abwesenheit des Doktors ließ ihm die Zeit, sich zum ersten Mal im Anwesen des Arztes umzusehen. Wie das Gästehaus war auch die Villa des Pathologen im westlichen Stil gehalten. Es gab ein paar Bilder, von denen Shinichi aber weder sagen konnte, ob es Kunst war oder nicht, noch ob sie ihm gefielen - das Persönlichste war wohl die breite Bücherwand, in der der Detektiv bei einer kurzen Durchsicht jedoch auch überwiegend Fachliteratur erkennen konnte. Während er die Blicke immer noch durch den Raum schweifen ließ, wanderte er zu einer kleinen Anrichte, auf dem er neben einer Lampe ein Foto entdeckt hatte, das seine Aufmerksamkeit erregte. Von einem goldenen Rahmen umfasst strahlte ihm ein um Jahre jüngerer Dr. Matzudo, in einem feinen Anzug steckte, entgegen. In seinem Rücken konnte man die Umrisse einer alten Kirche erkennen, was Shinichi vermuten ließ, dass das Bild im Ausland aufgenommen worden war, denn solche Gebäude gab es in Japan nicht. Was jedoch wirklich die Blicke des Detektivs auf sich zog war die Frau, die neben dem Arzt stand. Ein Schleier, so strahlend weiß wie der Rest ihres Kleides, verbarg den größten Teil ihres Gesichts, endete knapp unter ihrer Nasenspitze, doch das bezaubernde Lächeln, das sie darunter zeigte, erzählte Shinichi mehr, als er wissen musste. Er hatte nicht gemerkt, dass Matsudo in den Raum zurückgekehrt war, schaute erst auf, als ihm der Pathologe das Bild aus der Hand nahm und nun selbst mit reumütigem Blick ansah. „Sie ist bezaubernd, nicht wahr?“ Bells Blick wurde trüb, während er langsam nickte. „Doktor, ich-„ „Schon okay, mein Freund. Schließlich habe ich wohl auch bei Ihnen damals einiges aufgewühlt.“ Shinichi schluckte, ihm war klar, dass der Arzt an den Vorfall in der Pathologie dachte und beobachtete, wie er das Bild behutsam wieder auf seinen Platz stellte. Der Pathologe seufzte schwer, strich sich eine graue Haarsträhne hinters Ohr und reichte Bell seinen Bericht. „Wir alle haben unsere Geheimnisse, Dinge an die wir lieber nicht ständig erinnert werden wollen.“ Die Diskussion in dem kleinen Konferenzraum kam augenblicklich zum Erliegen, und um ehrlich zu sein, hatte er auch nichts anderes erwartet - dass jedoch von Ran an diesem Morgen jede Spur fehlte, besorgte und erleichterte ihn zugleich. Die Detective Boys waren auch noch nicht da, dabei begann die Schule erst nächste Woche wieder, gut möglich also, dass sie noch auftauchen würden, dennoch konnte er dem Gefühl nicht entgehen, dass da noch mehr dahinter steckte. Mit einem Seufzen warf er ein allgemeines „Guten Morgen“ in die Runde. Ging zu seinem Platz neben Hattori und begann seine Notizen auszubreiten, als er bemerkte, dass noch immer Stille herrschte. Shinichi blickte auf, sah in die Gesichter der Beamten, die seinem Blick allesamt schnell auswichen, sobald er sie auch nur streifte. Allein Heiji blieb ungerührt, dennoch konnte er gut verstehen, was in seinen Kollegen vor sich ging, mal abgesehen von dem, was sie gestern erfahren hatten, war es einfach nur seltsam mit William Bell zu arbeiten, wenn man wusste, vor ein paar Stunden noch gesehen hatte, dass er sich hinter der Silikonschicht versteckte. Allerdings hatten sie weiß Gott keine Zeit zu verschwenden, also hielt es der Kommissar aus Osaka für nötig, die Sache ein wenig in Gang zu bringen. „Also schön, wir sollten die Zeit nutzen und unserem Täter endlich ein wenig auf die Füße treten. Mr. Bell… wären Sie so freundlich unser weiteres Vorgehen zu erläutern.“ Heiji, der seinen Worten ein Räuspern voraus geschickt hatte, schaute seinen Kollegen erwartungsvoll an. Shinichi aber blieb noch für einen Moment still, nickte ihm dann dankbar zu, offenbar war allen klar, wie wichtig Geheimhaltung war, auch wenn das bedeutete, dass sie sich mit einem Fake begnügen mussten. Erst dann richteten sich seine Augen in die Runde, auch wenn Heijis Ansprache gelungen war, erkannte er doch wie sich bei manchen eine Gänsehaut bildete, als sie erneut Bells Stimme hörten. Besonders Mori ließ ihn nicht aus den Augen. Doch der Oberschüler versuchte zu verdrängen, wie das Gespräch zwischen ihnen gestern geendet hatte, konzentrierte sich stattdessen auf den Fall. „Wie Sie ja bereits alle wissen, haben wir das nächste Opfer unseres Mörders bereits ausfindig gemacht. Allerdings machen es uns die Umstände ein wenig schwer, Maßnahmen einzuleiten, die die Tat verhindern könnten.“ Bell war aufgestanden, hatte den Raum mit langen Schritten durchmessen, um jetzt auf seinen Platz zurückzukehren und in seinen Unterlagen zu blättern. „Ich nehme an, dass Sie ebenfalls von Herrn Nagato, dem Anwalt von Herrn Kabawa informiert worden sind, dass weder er noch sein Mandant dazu bereit sind, den Prozess zu verschieben oder gar zu canceln.“ Megure nickte grimmig, beobachtete aus dem Augenwinkel heraus, wie sich Shinichi- nein Bell, wieder auf seinen Platz setzte. Immer wieder verschwamm das Bild des Professors mit dem des Oberschülers von gestern Abend, sodass der Hauptkommissar sich Mühe geben musste, seine Konzentration beizubehalten. „Das war ja auch nicht anders zu erwarten. Was ist mit Ihnen, Takagi, haben Sie schon Informationen, wie das Gericht die Sache sieht?“ Der Kommissar nickte langsam, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, ehe er anfing zu sprechen. „Schon. Aber ich fürchte, die werden Ihnen nicht gefallen, Hauptkommissar. Nagato hat mal wieder ganze Arbeit geleistet und da die Beweislast gegen der Kabawa nicht ausreichend ist, sieht sich das Gericht gezwungen, ihn freisprechen zu müssen.“ „Das wäre sein Todesurteil.“ Satos Einwand war berechtigt und doch wussten sie alle, dass ihnen in diesem Fall die Hände gebunden waren. „Also gut. Takagi, sorgen Sie dafür, dass man den Wachen an Kabawas Zelle unsere Leute zur Seite stellt. Ich möchte, dass er sowohl vor, als auch nach dem Prozess unter voller Beobachtung steht.“ Sein Blick fiel zu Bell, der ihn mit Shinichis Augen gespannt beobachtete. „Ich nehme an, ich greife nicht zu weit voraus mit der Annahme, dass wir damit rechnen müssen, dass unser Täter, laut seinem Brief, die Tat noch im Gefängnis verüben will?“ Bells Augenbrauen zogen sich über seiner Bille zusammen. „Es ist keine verlässliche Aussage, aber zumindest sollten wir uns auf die Möglichkeit vorbereiten.“ Megure nickte nur. „Die Bedingungen sind für uns günstiger als für ihn, sollte er sich wirklich trauen, die Tat noch im Gefängnis verüben zu wollen, werden wir darauf vorbereitet sein.“ „Verstanden.“ Der Hauptkommissar wollte grade damit beginnen, Instruktionen für den weiteren Verlauf zu erteilen, als Bells Stimme ihn erneut unterbrach. „Es gibt in diesem Fall noch etwas, das wir besprechen sollten, eine Möglichkeit, die wir nicht außer Acht lassen dürfen. Die Organisation. Sie wissen Vermutlich von dem Vorfall an meiner Universität in New York, der in engem Zusammenhang mit dem steht, was Vorgestern auf Dr. Matsudos Grund und Boden geschehen ist.“ Die Spannung im Raum wurde greifbar dichter, besonders für die Tokioter Beamten war die ominöse Organisation, der Shinichi auf den Fersen war, noch immer ein rotes Tuch. „Was Ihnen jedoch noch nicht klar sein kann, ist die Verbindung dieser Geschehnisse mit unserem Fall. Die Information über mich an die Organisation kam nicht von ungefähr, denn es gibt nur eine Person, die Ihnen diesen Hinweis gegeben haben kann. Dabei muss es sich um-…“ Doch diesen Satz würde der Professor nicht so schnell zu Ende bringen können, denn ausgerechnet in diesem Moment klopfe es kurz an der Tür, ehe die Detective Boys samt Ran den Raum betraten. Letztere war es, die sofort alle Blicke auf sich zog und den Pseudo-Amerikaner zum Schweigen brachte. „Morgen.“ Die Begrüßungen wurden erwidert, jeder suchte sich einen Platz am Konferenztisch, dann aber machte sich eine unangenehme Stille breit, die schon die ganze Zeit nur auf ihren Auftritt gewartet hatte. Die Oberschüler tauschten Blicke aus, versuchten, nicht zu oft zum Professor rüber zu schielen, was ihnen jedoch ganz offensichtlich misslang. Bell, der seinerseits ebenfalls ein „Guten Morgen“ genuschelt hatte, setzte sich wieder auf seinen Platz und war sich der drückenden Stille im Raum nur allzu bewusst. Zum Glück jedoch schien es nicht seine Aufgabe zu sein, etwas dagegen zu unternehmen, da ihm Megure mit einem kurzen Räuspern unter die Arme griff. „Also schön, ich will weitere Vorschläge hören. Wie können wir vorgehen? Wie können wir das nächste Opfer schützen, ohne uns den Täter dabei durch die Lappen gehen zu lassen?“ Keiner ließ sich durch die kleine Täuschung oder den plötzlichen Themenwechsel irritieren, sie alle wussten, dass sie dieses Gespräch so nicht weiter führen konnten. Allerdings war es nicht nur Mori, dem dieser Zustand auf den Magen schlug, unruhig suchte er nach der Packung Zigaretten in seiner Hosentasche, klammerte sich daran fest wie an ein Seil, das man ihm zur Rettung zugeworfen hatte. Immer wieder glitt sein Blick vorwurfsvoll zu Bell- zu Kudo - so gut die Absichten des Detektivs auch sein mochten, sein Mausebein ging vor. Und Kogoro konnte seiner Tochter an der Nasenspitze ansehen, dass sie ahnte, was los war, dass ihr die angespannte Atmosphäre im Raum keinesfalls entging. Ran schluckte, versuchte krampfhaft den Blick unten zu lassen, nicht aufzusehen, um zu bemerken, wie ihr die Augen aller anderen nach nur kurzer Zeit auswichen. Die junge Lehrerin hatte den Eindruck, gegen eine Wand gelaufen zu sein. Eigentlich hatte sie vorgehabt, weiter mit unschuldiger Miene und bestem Lächeln auf den Lippen, seine Lügen weiter über sich ergehen zu lassen. Weiter mitzuspielen und darauf warten, das er dem Ganzen endlich ein Ende setzte. Sie wusste, glaubte zu wissen, warum er das tat, warum er sich noch immer so verhielt. Sie hatten es ihr damals erklärt, ihr versucht, begreifbar zu machen, wie viel sie ihm bedeutete. Sie wollte nichts lieber, als daran zu glauben, dass es einen guten Grund dafür gab, dass er sie so sehr quälte. Doch die Sicherheit, in der sie sich selbst zu wiegen versuchte, war von dem Augenblick, in dem sie die Türschwelle betreten hatte, wie weggeblasen. Sie hatte die Augen der anderen auf ihrer Haut gespürt, die unruhigen Blicke zu Bell, die dieser nicht erwidern konnte, während er gänzlich unfähig war, ihr auch nur in die Augen zu sehen. In diesem Moment hatte sie es gewusst. Sie war die Einzige. Die Einzige im Raum, der er nichts gesagt hatte, die offiziell nicht wusste, nicht ahnte, wer sich hinter Bell verbarg. Die Einzige, der man nicht die Augen öffnete. Die Einzige, der er nicht vertraute. Diese Erkenntnis ließ den Mut, den sie sich erkämpft hatte, um ihm gegenüber zu treten, langsam in sich zusammenfallen. Während eine Frage jeden Schlag ihres Herzens begleitete. Die Diskussion der anderen darüber, wie man dem Täter am besten eine Falle stellen könnte, schwappte als blechernes Geräusch über sie hinweg. Der Kloß in ihrem Hals schwoll langsam ab, doch die Leere in ihrem Inneren wollte nicht weichen. Die junge Frau war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass das Vibrieren des Handys in ihrer Tasche sie zusammenzucken ließ. Mit kalten Fingern angelte sie es hervor, betätigte ein paar Tasten, ehe sie den Text einer SMS vor sich hatte. Ein schwerer Seufzer entrang sich ihrer Kehle. Sonoko. Das nannte man wohl Timing. Ihre Augen wanderten von der SMS zu Bell und danach zu Heiji, die sich rege an der Diskussion beteiligten, wie man das Wachpersonal am besten und unauffälligsten einsetzten könnte. Sie seufzte, ließ es zu, dass ihr Blick kurz auf dem „Amerikaner“ hängen blieb, ehe sie ihre Augen wieder auf das Handy in ihrem Schoß gleiten ließ. Das Display hatte sich mittlerweile ausgeschaltet, sodass ihr in dem schwarzen Glas ihr eignes Bild entgegen sah. Vielleicht war das ihre Chance. Vielleicht wartete er ja nur auf einen solchen Moment, um ihr endlich zu gestehen, wen sie wirklich vor sich hatte. Mit angespannten Mienen löste sich die kleine Truppe auf, beunruhigt hatte Shinichi beobachtet, dass Ran eine der Ersten gewesen war, die zur Tür raus war, während er sich auffallend viel Zeit nahm, seine Sachen zusammenzupacken. Ihm war nicht aufgefallen, dass er dadurch mit Megure allein im Raum blieb, bis dessen rauchige Stimme ihn aufsehen ließ. „Kommst du klar?“ Shinichi stockte, blieb langsam neben dem Hauptkommissar stehen, dessen Worte nur leise an sein Ohr gedrungen waren. Sein Blick fiel auf Megure, der ihn lange und durchdringend musterte, bis sich Bell zu einem Nicken durchringen konnte. „Tut mir leid, dass ich sie gestern Abend so habe sitzen lassen. Sie hätten eine richtige Entschuldigung verdient gehabt. Das hätten Sie alle.“ Der alte Beamte aber schüttelte nur mit dem Kopf, Shinichi aber spürte die Anspannung, die noch immer im Raum lag, und wollte das Gespräch nicht so enden lassen. „Aber bevor ich´s vergesse, alles Gute zur Beförderung Hauptkommissar Megure, auch wenn die Glückwünsche vielleicht ein wenig spät kommen.“ Das Zucken seines Schnauzers verriet ein Lächeln, sein Tonfall war weicher als vorher, während er Bell verlegen antwortete. „Vielen Dank. Wie sagt man so schön, unverhofft kommt oft. Von uns hat wohl keiner geahnt, dass ausgerechnet Hauptkommissar Matzumoto ein Kandidat für die Frührente sein würde.“ Megure seufzte, lachte dann trocken. „Mittlerweile kann ich ihn aber gut verstehen.“ Shinichi verzog Bells Lippen zu einem Grinsen und wollte grade den Raum verlassen, als Megure ihn noch ein letztes Mal aufhielt. „Wenn du Hilfe brauchst…“ „Kann ich auf Sie zählen. Ich weiß.“ Shinichis Blick richtete sich auf, er merkte, dass Megure gerne noch mehr gesagt hätte, doch sie beide wussten, dass selbst die Mittel eines Hauptkommissars nur beschränkt waren. Und genau das schien diesem so gar nicht zu passen. William Bell jedoch schüttelte nur langsam den Kopf, ehe sich ein ehrliches Lächeln auf seine Züge verirrte. „Vielen Dank.“ Der Himmel war bedeckt, gut für ihn, denn so musste er sich keine Gedanken darüber machen, dass die Reflektion des Fernglases in der Sonne jemand sehen würde. Der Wind pfiff kalt über das Dach des Gebäudes, auf dem er sich postiert hatte. Schon mehrere Stunden hatte er auf eine Reaktion gewartet, ehe ihre Zielperson nun aus dem Gebäude trat. Unwillkürlich zogen sich seine Lippen in die Breite, entblößten die vom Nikotin vergilbten Zähne, was sein Lächeln nur noch dreckiger wirken ließ, während er die Kurzwahltaste auf seinem Handy drückte. „Er ist draußen.“ Wieder späte er durch sein Fernglas, bestätigte seine Vermutung. „Sieht allerdings nicht so aus, als wäre er bald allein.“ Er hörte ein raues Lachen, dann ein kurzes Rauschen am Ende der Leitung und wusste, dass zwischen den dünnen Lippen seines Kollegen nun eine Zigarette brannte. „Wer ist bei ihm?“ „Der Typ aus Osaka und drei Weiber… eine davon ist seine. Es wär wahrscheinlich besser, wenn-…“ Doch sein Argument wurde durch eine rauchige Stimme unterbrochen. „Nein. Nein, das ist perfekt so.“ Das kühle Grinsen schlängelte sich zusammen mit seinen Worten aus dem Hörer, kitzelte die Wange des anderen so lange, bis auch auf seinen Lippen ein Lächeln erschien, während er genüsslich den Worten seines Partners lauschte. „Das wir den Druck erhöhen. Ihn noch gefügiger machen.“ Genüsslich zog er an seiner Zigarette, bließ den Rauch in die Luft und beobachtete, wie der feine Nebel im trüben Grau des Himmels unterging. „Glaub mir, er wird bereitwillig in unsere Falle laufen.“ Seine grauen Augen funkelten gefährlich, er würde die kommende Aufgabe ganz sicher genießen. Sooo hier bin ich wieder! Vielen Herzlichen Dank fürs Lesen. Das war also das Kapitel nach dem großen Knall, ich muss ja gestehen, ich hätte beim letzten mal gedacht das ein wenig mehr Reaktionen kommen würden, nachdem ich euch so lange darauf haben warten lassen… ich hoffe aber das Kapitel hat euch dennoch gefallen. Genauso wie dieses hier hoffentlich! Vielen Dank aber natürlich an alle die mir einen netten kleinen Kommi hinterlassen haben *freu* Ehrlich jeder einzelne ist mir Jedes Mal eine große Freude. Tja im nächsten Kapitel kommt dann wohl wirklich das worauf ihr alle Wartet… mal sehen was ihr dazu sagst *muhahah* Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende, liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 28: A shot through her heart ------------------------------------ A shot through her heart Diese Frage geisterte wie eine kaputte Schallplatte immer wieder durch seinen Kopf. Dabei hatte Shinichi Kudo sogar eine sehr gute Ahnung, wie es dazu gekommen war und er konnte nicht leugnen, dass ein kleiner Teil von ihm seine Lage sogar genoss. Er schlenderte mit Ran an seiner Seite durch die abgelegeneren Teile Tokios, während Heiji sich mit Sonoko und Kazuha ein Stück vor ihnen abgesetzt hatte. Eigentlich hätte er es kommen sehen sollen, schon von dem Moment an, als man ihm zu diesem Spaziergang eingeladen hatte, hätte er ahnen sollen, worauf es hinaus laufen würde, schließlich hatte nicht zuletzt auch Sonoko Suzuki ihre Finger im Spiel gehabt. Shinichi musste zugeben, es hatte ihn überrascht zu sehen, dass Ran, aber auch Sonoko und Kazuha mit Heiji vor dem Präsidium auf ihn gewartet hatten. Hattoris Gesicht war anzusehen, dass er selbst nicht ganz wusste, was er davon halten sollte, während Ran Bell und Sonoko bekannt machte. Sein Blick wanderte sorgfältig über die noch immer künstlich blonde Japanerin, man sah ihr an, wer sie war. Eine Suzuki. Dennoch schien ihre Affektiertheit nicht größer geworden zu sein, er erkannte es in der Art und Weise, wie sie mit ihm umging, als auch wie sie mit Ran und Kazuha sprach. Soweit es für Sonoko möglich war, schien sie auf dem Boden geblieben zu sein, auch wenn sie es gewohnt war, dass die Dinge ihrer Nase nach liefen. So war sie es, die nachdem Ran ihm im vorgeschlagen hatte, das versprochene Essen durch einen Spaziergang zu ersetzen, da die Zeit einfach zu knapp erschien und ehe er sich aus der Sache hätte rausreden können, hatte sie ihn auf eine Art und Weise dazu gedrängt, wie nur Sonoko es konnte. Denn wenn es etwas gab, das die Blondine beherrschte, war es sich durchzuetzen. Mit einem hilfesuchenden Blick zu Hattori hatte er also eingewilligt, schlenderte jetzt schon eine Weile mit ihnen durch die Gegend. Am Anfang waren besonders Sonoko und Kazuha auf ihn fixiert gewesen, warfen immer wieder scheinbar beiläufig ein paar Fragen an Bell ins Gespräch hinein und schienen dessen Antwort aber nie eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen, dabei wusste er genau, welches Spiel sie spielten. Er hatte als Conan genug Zeit mit Sonoko und Ran verbracht, sodass er die Strategien der Pseudoblondine - die Taktiken der Frauen - mittlerweile selbst aus dem FF beherrschte und wusste, dass die ganze Fragerei nur einem Zweck diente: Herauszufinden was William Bell für ein Typ war. Oder anders gesagt, ob er gut genug für Ran war. Shinichi schluckte, diese Runde hatte er bestanden. Und grade als er sich in Sicherheit wiegte, sich ein wenig mit Heiji unterhielt, während die Mädels hinter ihnen her schlenderten, kam Phase Nummer zwei. Denn aus heiterem Himmel schloss plötzlich Kazuha zu ihnen auf, um mit ihrem Mann den Besuch bei ihren Eltern zu bereden. Und anständig wie Bell nun einmal war, hatte er es für richtig gehalten ein wenig Abstand zu gewinnen und dem Paar in seiner Diskussion mehr Raum zu lassen. Und damit war er genau in ihre Falle gelaufen. Er seufzte, schüttelte mit Bedauern den Kopf. Er hätte es wissen müssen, den bösen Plan des weiblichen Geschlechts dahinter erkennen und verhindern müssen. Stattdessen war er mitten hinein getreten in die Falle die Sonoko und Kazuha im so fürsorglich gestellt hatten. Die beiden Intrigantinnen hatten die Situation genau eingefädelt, denn während er sich ein wenig zurückfallen ließ, um dem Paar aus Osaka ein wenig Privatsphäre zu gönnen, schien Sonoko grade diese Unterhaltung als besonders spannend zu empfinden. Mit einem guten Ratschlag auf den Lippen schloss sie zu Kazuha auf, während er zurück blieb. Mit Ran. Er hätte es ahnen sollen. Wenigstens das hätte er wissen müssen. Von etwas anderem jedoch, das über ihren Köpfen auf einem der Hochhäuser vor sich ging, hätte der Detektiv nichts ahnen können. „Da kommen sie.“ Sein Partner regestierte Wodkas Worte mit einem kurzen Nicken. Es war nicht schwer gewesen einen Ort zu finden, von dem aus sie die Gruppe im Auge behalten konnten. Ein kaltes Grinsen schlich sich über Gins Wangen, während er mit einem letzten Klicken den Lauf des Gewehrs kontrollierte. Als er hinüber zum kleinen Sims des Hochhauses ging, streifte sein Blick den Hünen an seiner Seite, der immer wieder einen nervösen Blick durch sein Fernglas warf. Er wusste, dass Wodka angespannt war, dieser Junge - dieser Detektiv - hatte in der Organisation einen gewissen Ruf bekommen, nachdem das FBI mit seiner Hilfe ein paar harte Schläge gegen sie hatte ausführen können. Die schwarzen Schatten, die sich in der Dunkelheit der Organisation so gut aufgehoben, so unantastbar gefühlt hatten, waren sich ihrer Sache unsicher geworden. Es war höchste Zeit dafür zu sorgen, den Spieß um zu drehen. Sie hatten lange genug darauf gewartet, lange genug darauf hingearbeitet und lange genug geplant, um ihn da zu haben, wo sie ihn haben wollten. Jetzt waren sie am Zug. Deswegen ging ihm die Nervosität Wodkas gerade mächtig auf den Geist. „Jetzt hör schon auf.“ Er montierte die Waffe auf der Metallstütze, die sie am Rande des Sims angebracht hatten und begab sich in Position auf dem kalten Beton. Es kümmerte ihn nicht, dass seine Sachen nachher dreckig waren, es war guter Dreck, denn damit verdiente er sich sein Geld. Gin justierte das Fernrohr, seine kühle Stimme verriet das süßliche Lächeln auf seinen Lippen. „Sie werden uns nicht genau orten können und bis sie auf die Idee kommen, hier zu suchen, sind wir schon längst weg. Sieh lieber zu, dass die Kamera bereit ist.“ Wodka nickte, ungeachtet, dass Gin ihn längst nicht mehr ansah und musste doch schlucken, während er den Aufsatz auf der Digitalkamera befestigte und auf das Objekt ihrer Begierde heranzoomte. Sein Partner aber bekam von alldem nichts mehr mit, endlich hatte auch er die kleine Gruppe im Visier, beobachtete sie ein paar Minuten voller Genugtuung. Dies war die letzte Aktion, die ihnen gelingen musste, um ihren Boss davon zu überzeugen, endlich einzugreifen. Langsam fuhr sich Gin mit der Zunge über seine dünnen Lippen, die Organisation war vorsichtig geworden, seitdem das FBI ihr Nest immer wieder in Brand gesetzt hatte. Der Boss wollte sicher gehen, dass auch Bell nicht nur eine Falle der Agents war, dass alles, was sie bisher glaubten zu wissen, nicht nur gut verteilte Hinweise waren, die das FBI ihnen hinterlassen hatte. Diesmal brauchten sie Sicherheit, absolute Gewissheit, ehe sie zum letzten Schlag ausholen konnten. Gins Finger schmiegten sich um die kalte Waffe in seiner Hand. Dieser Moment, kurz bevor er den Abzug betätigte, gehörte schon immer zu seinen Liebsten. Sein Opfer ahnte nichts von dem Unheil, das ihm drohte, das Leben lief seinen Gang und er allein entschied über die Minute, die Sekunde in der er alles ins Chaos stürzen würde. Das Lächeln Bells prangte im Visier des Zielfernrohrs, während er den Finger um den Abzug des Scharfschützengewehrs legte. Es war eine der Augenblicke, in denen er nicht bereute, dass Chianti und Korn nicht mehr mit von der Partie waren und er nun selbst seine Hände dreckig machen musste. Diesen Job hätte Gin nur ungern jemand anderem überlassen. „Dann wollen wir dem Boss mal seinen Beweis liefern.“ Der Gewehrschaft schmiegte sich kalt und unbeugsam an seine Wange, gab nicht nach, während sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. „Zeig dich… Shinichi Kudo.“ Bell schluckte trocken, starrte auf Hattoris Hinterkopf und versuchte ihn telepathisch um Hilfe zu bitten, doch seine übernatürlichen Fähigkeiten versagten, angesichts der beiden Frauen die den Osakaner auf Trapp hielten. Es war letztendlich Ran zu verdanken, dass ihre Zweisamkeit nicht so kühl weiterging, wie sie begonnen hatte. Er wusste nicht, wie sie es angestellt hatte, aber tatsächlich redeten sie beide miteinander. Ran die bei der Konferenz noch so still gewesen war, plauderte und zauberte damit ein Lächeln auf seine Lippen, während er sich über sein Leben in Amerika ausließ. Zum ersten Mal redeten sie wirklich miteinander. Zumindest sah es für ihn so aus. Denn je mehr er ihr erzählte, desto ruhiger wurde sie, desto ansträngender war es für Ran, das Lächeln auf ihren Lippen zu behalten, auch wenn sie sich bemühte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie lieber etwas anderes hören würde. Am Anfang schien ihr dieses Schauspiel gut zu gelingen, er freute sich über ihre offene Art und bemerkte nicht, wie er mit jedem neuen Satz, der nicht das enthielt, was sie hören wollte, den Dolch tiefer in ihr Herz bohrte. Er schien ihre Maske nicht zu durschauen, die sie schon bei Conan aufgelegt hatte, in den Momenten, in denen sie geglaubt hatte, zu wissen, wer sich hinter dem Grundschüler verbarg. Die Lehrerin merkte nicht, dass ihr Gegenüber nach einiger Zeit sehr wohl ahnte, was für ein Spiel sie spielte. Nach dem letzten „das klingt wirklich sehr interessant“, ließ Shinichi sie reden während seine Augen unbeweglich auf ihr ruhten. Seine Kehle schnürte sich immer mehr zu, er wusste sehr wohl, wohin die Gedanken seiner Sandkastenfreundin wanderten. Er wusste was sie von ihm hören wollte und wusste, dass Kogoro Recht gehabt hatte, mit dem, was er gesagt hatte. Er hätte nichts lieber getan, als ihr endlich die Wahrheit gesagt, sie von dieser Charade erlöst, die sie beide spielten. Aber er konnte es nicht. Er konnte nicht zulassen, dass sie sich wegen ihm weiter in Gefahr brachte, außerdem wollte er sie nicht noch tiefer in das hinein ziehen, was er derzeit sein Leben nennen musste. Shinichi schluckte, bemerkte erst jetzt, dass sie schon lange nicht mehr sprach, sondern ihn einfach stumm ansah, das Gefecht, das er mit sich ausmachte, vielleicht sogar beobachtete. Shinichi konnte nichts weiter tun als mitzuspielen, das falsche Lächeln auf ihren Lippen zu ertragen, während er sein eigenes erneut auftrug. „Was Sie da erzählen ist wirklich äußerst amüsant, ich nehme an, es war schwer, sich daran zu gewöhnen diese „Detektive“ plötzlich in ihrer eigenen Klasse zu haben, wie?“ Er hörte sie kurz ausatmen, wusste, dass sie nach seiner Stille etwas anderes erwartet hatte und doch spielte Ran mit und erzählte weiter von den Detective Boys. Die „Kinder“ waren ihr derzeitiges Thema, schließlich kannte auch Bell sie mittlerweile und so hatten sie wenigstens einen gemeinsamen Nenner gefunden, der nicht unbedingt mit dem Fall zu tun hatte. „Das können Sie laut sagen, Professor, es war recht schwer, ihnen am Anfang abzugewöhnen, dass die Schule, und nicht ein Fall, Vorrang hat.“ Ein kurzes Grinsen huschte über Bells Lippen. „Mhm… verstehe. Ich nehme an, die drei waren statt an ihren Schulbänken ab und zu an einem Tatort zugange?“ Ran seufzte, schaute kurz in den grauen Himmel, hinauf ehe sie weiter erzählte. „Leider ja. Allerdings hätte sich dafür vielleicht noch eine Regelung finden lassen, das Fass ist allerdings nicht deswegen übergelaufen, sondern wegen der einfachen Tatsache, dass sie es nicht zugegeben haben. Jeder der drei hatte eine andere Ausrede gehabt, wo er oder sie zur betreffenden Zeit gesteckt hatte.“ Bell lachte, schüttelte kurz den Kopf über diesen typischen Anfängerfehler. „Nicht grade schlau in Anbetracht dessen, das Sie selbst einen guten Kontakt zu der örtlichen Polizei pflegen.“ „Auch. Aber das ist es nicht… ich werde einfach nicht gerne angelogen, Professor. Mehr nicht.“ Sie hatten den Blick von ihm abgewandt und die Stimme gesenkt, Ran wusste genau, dass sie damit eine Linie übertat. Shinichi schluckte nur, er war stehen geblieben und auch sie hielt nun langsam inne, schaute zu ihm hinüber während seine Augen den Boden abtasteten. Er musste etwas sagen, irgendetwas. Der Kloß in seinem Hals wurde immer dicker, Shinichi spürte ihre Augen auf seiner Haut, blickte langsam zu ihr auf und sah wie sie darauf wartete, dass er ihr endlich etwas sagte. Dass er es ihr sagte. Shinichi holte Luft, merkte wie Bells Stimme zitterte, als er anfing zu sprechen. „Miss Mori, ich-…“ Doch es machte nichts, dass er den weiteren Wortlaut dieses Satzes nicht kannte, denn weiter hatte man ihn ohnehin nicht kommen lassen. Ein Schuss. Schmerz. Panik. Shinichi reagierte schnell, zog Ran in die nächste Seitenstraße und stellte sich vor sie um sie vor einem zweiten Schuss zu bewahren, während Heiji die anderen beiden Frauen ebenfalls in die enge Sackkasse beförderte, in Sicherheit. Sie warteten, die Augen der beiden Detektive suchten die Dächer der Häuser vergeblich nach einem Schützen ab. Doch es gab keinen zweiten Schuss. Demnach auch keinen dritten, oder vierten. Nichts. Dieser eine Schuss schien sein Werk getan zu haben und das hatte er tatsächlich. Während das Pochen des Adrenalins in seinen Venen langsam abebbte, schlich sich erst jetzt das stechende Gefühl von Schmerz in seine Wange. Die Kugel hatte ihn nur gestreift, sie alle hatten das kurze Zischen gehört, dem Laut einer wetzenden Klinge gleich, ehe sie mit einem lauten Schlag in die Betonwand hinter ihnen eingedrungen war. Erst jetzt wo der Schmerz ihm zeigte, dass die Gefahr vorbei war und er spürte wie etwas langsam seine Wange runter rann, wurde ihm bewusst, was gerade passiert war. Hattoris Blick schweifte zu dem Einschussloch in der Wand, hätten sie Bell oder jemand von ihnen töten wollen, wären sie jetzt tot. Der Osakaner knirschte mit den Zähnen, sah sich dann nur noch wütender auf den Dächern Tokios um. „Was sollte das?!“ Die beiden Detektive bemerkten weder wie Kazuha scharf die Luft einzog, noch wie Sonoko leise Rans Namen aussprach. Sie sah ihn an. Beobachtete wie seine Hand langsam, zitternd und ungläubig zu seiner Wange hoch wanderte bis sie den roten Streifen erreicht hatte, aus dem langsam aber stetig Blut hervorsickerte. Sie wusste, dass nicht das Blut seine Finger zum Zittern brachte. Die rote Flüssigkeit war nicht dafür verantwortlich, dass sich seine blauen Augen hinter den Brillengläsern weiteten. Es war die Tatsache, dass er Haut unter seinen Fingern spürte, warmes Fleisch, das in der Lage war, zu bluten. Es war sein Gesicht, das er spürte. Sie konnte seine Gedanken förmlich spüren, sah wie er nach Luft rang, während seine Augen den ihren schon lange nicht mehr standhalten konnten. Seine zitternden Pupillen versuchten auf dem grauen Asphalt halt zu finden, ehe er sie nur langsam zu ihr hinauf wandern ließ. Ran aber rührte sich nicht. Sie beobachtete, wie sich in seinen Augen Überraschung und Angst zeigten, um dann etwas noch viel Größeren Platz zu machen, Verlust. Er hatte verloren. Man hatte ihn geschlagen. Sein Blick fiel erneut auf sie, die ihn noch immer nur ansah, kein Wort ging Shinichi über die Lippen, während tausend Stimmen auf ihn einredeten, ihn fragten, was das alles zu bedeuten hatte, oder ihm erzählen wollten, was er jetzt zu tun hatte. Doch noch ehe er sich auch nur auf eine dieser Stimmen hätte konzentrieren können machte sie einen Schritt auf ihn zu, kam langsam zu ihm hinüber. In ihrer Miene lag noch immer nicht die geringste Regung. Erst als sie die Hand an seine Wange hob, zuckte er zusammen, versuchte, einen Schritt zurück zu machen, ohne wirklich von der Stelle zu kommen. Ihre Finger hielten kurz vor seiner Haut inne, er konnte die Wärme spüren die ihr Körper aussandte, ehe ihre Fingerspitzen ihn berührten. Er ergriff mit seiner noch immer erhobenen Hand die ihre, versuchte ihren Blick aufzufangen und doch war Bells Stimme kaum wahrnehmbar, während er sie anflehte es nicht zu tun. „Ran! W-Warte, bitte!“ Sie sah ihm nur kurz in den Augen, richtete ihren Blick dann wieder ganz auf den Streifschuss an seiner Wange während sie ihre Hand langsam aus der seinen löste. Zärtlich fast schon fürsorglich waren ihre Berührungen auf seiner Haut. Shinichi hätte nichts lieber getan als einfach die Augen geschlossen, um der Pein zu entgehen, doch Rans leerer Blick ließ ihn nicht los. Behutsam berührten ihre Finger Bells falsche Haut. Erst als ihre Fingerspitzen über seine Haut glitten, einen blutroten Pfad von seiner Wange, über sein Kinn, zu Shinichis Lippen formten, spürte er, wie sich seine Muskeln unterer ihrer Berührung verkrampften. Der Schuss hatte einen Teil von Bells Gesicht förmlich von seiner Haut geschält, hinterließ nichts als die pure Wahrheit. „Shinichi.“ Sie sprach seinen Namen aus und doch fühlte er sich nicht angesprochen, sie hatte ihn benannt, wie man jedem alltäglichen Ding einen Namen gab. Nicht der leiseste Hauch von Gefühl verbarg sich in diesem Wort. Shinichi spürte, wie der Druck von seiner Nase wich, als sie ihm die Brille abnahm, Ran ließ es zu, dass ihr das gläserne Gestell aus der Hand glitt. Keiner von beiden interessierte sich noch für das kleine Detail von William Bell, das leblos neben ihnen auf den Asphalt fiel. Ran selbst hatte nur beobachten können, was ihre Finger taten, ohne dass sie ihnen eine Anweisung dazu gegeben hatte. Es fühlte sich an, wie als wäre einem der Fuß eingeschlafen, nur, dass dieses Gefühl ihren ganzen Körper beherrschte. Erst kribbelte es, dann wurde alles taub und man war nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen, hatte den Eindruck nicht mehr in der eigenen Haut zu stecken. Erst dann kehrte das Leben zurück. Und das einzige, was es dann noch mit sich brachte, war Schmerz. Es tat nur noch weh. Sie hörte, wie die beiden Frauen ihm Hintergrund einen heiseren Schrei unterdrückten, als sie seinen Namen sagte, doch Ran kümmerte sich nicht weiter darum. Sie trat einen Schritt zurück, sah ihn erst dann wieder an. Ein Schuss hätte sein Herz nicht mehr treffen können als ihre Augen. Rans Blick war ausdruckslos. Sie sah ihn an und doch fühlte es sich an, als würde sie durch ihn hindurchsehen, ihn gar nicht mehr wahrnehmen. Seine Kehle war trocken, er bemerkte, wie sein Verstand seinen Lippen den Befehl erteilte etwas zu sagen, doch alles was sein Mund zu tun vermochte, war tonlos ihren Namen zu formen. Sie aber bemerkte seinen Versuch nicht. Ran war nicht in der Lage, in Tränen auszubrechen, nicht fähig, ihm einen Tritt zu verpassen, oder sich noch länger zu fragen, warum es sie überhaupt noch so schockierte. Kälte pochte in ihren Venen und beförderte die Erkenntnis, die ihr grade gekommen war mit jedem Schlag näher zu ihrem Herzen. Er hatte nie vorgehabt, es ihr zu sagen. Niemals. Ran schnappte nach Luft. Mit jedem Atemzug drang der Schmerz tiefer in sie ein, es tat immer mehr und mehr weh, bis ihre Augen ihn erneut zusammenzucken ließen, als die Enttäuschung ihren Blick erreicht hatte. Sie sah ihn an, ein letztes Mal. Dann drehte sie sich um und ging, reagierte nicht auf die Rufe von Sonoko, Kazuha oder Heiji. Sie sah sich nicht mehr um, als ihr die beiden Frauen folgten. Ran blickte nicht ein einziges Mal zurück. Sie ging. *fiesgrinsendhinterdereckehervorkomm* Guten Tag ihr Lieben, Tja, das waren Shinichi und Ran… habt ihr es euch so vorgestellt? Ne im erst, ich hoffe natürlich das Kapitel hat euch gefallen! Vielen Herzlichen Dank für die vielen lieben Kommentare ^__^ Bin gespannt wie eure Reaktion hier zu ausfällt ;) Liebe Grüße, eure Shelling *muhaha* Edit: Endlich! Entschuldigt das es so lang gedauert hat, aber man merkt doch das Weihnachten naht, bei den vielen neuen Storys um die sich die Freischalter kümmern müssen. Kapitel 29: Out of the Shadows ------------------------------ Out of the Shadows Für einen kurzen Moment glitt die Hand des Kommissars an sein Handy, ein Kommando an alle verfügbaren Einheiten wäre genau das Richtige, um wenigstens eine Chance zu haben, sie zu erwischen. Doch dafür müsste er erklären, was passiert war und wem es passiert war. Sein Blick wanderte zu Kudo, der noch immer wie ein Reh im Scheinwerferlicht dastand und in die Richtung starrte, in der die drei Frauen eben verschwunden waren. Fluchend ließ der Osakaner von der Idee ab. Der bittere Geschmack auf seiner Zunge ließ ihn schlucken. Sicher war Kudo auch klar gewesen, was es bedeuten musste, dass man nur einen Schuss abgab, einen so präzisen Schuss, wohl gemerkt. Denn sonst hätte er die drei bestimmt nicht einfach so ziehen lassen. Allem Anschein nach waren sich nicht länger in Gefahr. Die Organisation hatte bekommen was sie wollte. Die Miene des Kommissars verdunkelte sich, während er langsam einen Schritt auf seinen Kollegen zu machte. „Kudo…“ Erst die Hand, die Heiji ihm auf die Schulter legte, ließ ihn wieder zu sich kommen, mit starrem Blick wandte er sich ihm zu. Der Osakaner musste unwillkürlich schlucken bei dem Anblick seines Freundes. Kein Wunder, dass ihn Ran sofort erkannt hatte. Der Streifschuss hatte die Maske zwar nicht gänzlich zerstört, dafür aber einen ordentlich Riss verursacht, der sich wie eine hässliche Narbe weitete und einen nur allzu deutlichen Blick auf die Haut darunter frei gab. Die Haut eines Japaners, nicht die William Bells. Doch wenn ihr das nicht genügt hätte, wäre es wohl spätestens Kudos Blick gewesen der ihr die Wahrheit aufgezeigt hätte. Nichts war mehr von dem kühlen Blau in den Augen des Professors übrig geblieben. Während es bei Conan die kindliche Unschuld war, hatte er Bells zurückhaltende, manchmal fast desinteressierte Art genutzt, um Shinichi Kudo hinter seinem Blick zu verschleiern. Nun aber waren all diese mühsam errichteten Mauern eingerissen worden, selbst ohne die Maske hatte er noch nie so viel von Shinichi in den Augen des Mannes gesehen, den er seit zehn Jahre eigentlich nicht mehr kannte. Was er jedoch sah, beunruhigte des Kommissar zu tiefst. „Komm schon… wir sollten verschwinden.“ Doch sein Gegenüber reagierte nicht, starrte weiter stur ins Leere. „Kudo, na los.“ Als Shinichi endlich reagierte, glaubte er zunächst, er hätte ihn endlich aus seiner Trance gerissen, die Worte des Detektiven schienen jedoch nicht wirklich an ihn gerichtet zu sein. „Das war Gin.“ Heijis Augen wurden schmal. Er kommentierte die Vermutung seines Freundes nicht, legte stattdessen eine Hand auf seine Schulter und gewann so endlich die Aufmerksamkeit des Oberschülers für sich. „Lass uns gehen.“ Sie hatten es ohne weiteres Aufsehen zu erregen ins Auto geschafft. Mittlerweile saßen sie beim Professor, der bei Shinichis Anblick erst aufgeschreckt war, sie jedoch nach einem Kopfschütteln Heijis ohne weitere Fragen ins Wohnzimmer geführt hatte. Der Kommissar hatte sich in die Küche zurückgezogen, um ein paar Telefongespräche zu machen, und während Shinichi Bells Stimme und Maske nun gänzlich los wurde, förderte der alte Wissenschaftler einen kleinen Erste-Hilfe-Koffer zutage. Shinichi spürte die besorgten Blicke des alten Mannes auf seinen Schultern, sah ihn jedoch erst an, als der Professor ihn bat, sein Gesicht ein wenig nach rechts zu drehen, damit er die Wunde an Shinichis Wange besser sehen konnte. Agasa biss sich auf die Lippen, während Shinichi unter dem Desinfektionsmittel nicht einmal zusammenzuckte. Der Schnurrbart des alten Mannes wackelte unschlüssig hin und her, ehe sich sein Besitzer dann doch zum Reden entschied. „Du solltest damit ins Krankenhaus, Shinichi. Nicht hier hin.“ Agasa seufzte, er musste dem Detektiv nicht in die Augen sehen, um den fragenden Blick zu erahnen. „Ich fürchte, es wird eine Narbe geben, wenn es nicht richtig versorgt wird.“ Doch auch diese „Drohung“ schien nicht zu wirken, der Oberschüler nickte nur, starrte weiter zu dem unsichtbaren Punkt an der Wand gegenüber. „Tun Sie was Sie können, Professor.“ Der aber seufzte nur, wollte grade mit seiner Arbeit weiter machen, als ein klirrender Schlüsselbund und darauffolgende Stimmen Sanitäter und Patient erneut innehalten ließen. “Oh my, I´m full to the brim.“ Stuarts Stimme hallte durch den langen Flur des Hauses und die leicht patzige Antwort seiner Verlobten ließ nicht lange auf sich warten. “You could have eaten a little slower instead of stuffing yourself within seconds. We could have stayed longer, I quite liked the restaurant.” “Well my dear, I wasn’t the one who ordered the most exotic food on the card and then just nibbled on it. Wasn´t I? Besides, I´m just too excited to see what my science fellow is up to today.” Ein Geist von einem Grinsen huschte über Agasas Gesicht, während er dem streitenden Paar zuhörte, dessen Stimmen langsam immer näher kamen. “Stue, he invited us to sleep over, so you have plenty enough time for-“ Doch die Amerikanische Agentin kam nicht dazu ihrem Sarkasmus weiter freien Lauf zu lassen, kaum hatten sie das Wohnzimmer betreten viel ihr Blick unweigerlich auf ihn. „Shinichi! What happened?“ Der aber schwieg, ein Blick in seine Augen jedoch schien der Chemikerin mehr zu verraten, als er eigentlich preisgeben wollte, sodass er gut daran tat, den Blickkontakt mit ihr abzubrechen. Stattdessen beäugte er nun den Mann an ihrer Seite und schenke ihm ein Nicken zur Begrüßung. Das für das Essen schicke Outfit des Amerikaners war schon lang nicht mehr an Ort und Stelle. Sein Hemd lugte vorne aus der Hose hervor und die Jackettasche war von etwas ausgebeult, das nur die Stoffservierte des Restaurants sein konnte. Denn es wäre ihm neu, wenn Stuart Davis plötzlich eine Vorliebe für Gastronomiesouvenirs wie etwa Pfeffer und Salzsteuer entwickelt hätte. Normalerweise hätte er ihn jetzt mit einem dieser kleinen Details aufgezogen, doch seine Zunge klebte noch immer am Gaumen fest, während sich sein Kopf anfühlte, als hätte man ihn mit Watte gefüllt. Das Bild ihres leeren Gesichtes flimmerte, einem Nachbild gleich über seine Netzhaut, ihre Augen, die ausdruckslos durch ihn hindurch starrten, bescherten ihm auch jetzt noch eine Gänsehaut. Er hatte nicht bemerkt, dass die beiden Amerikaner auf ihn zu gegangen waren. Tracy glitt an seine Seite aufs Sofa, legte dem Oberschüler besorgt eine Hand auf die Schulter, während nun auch Stuart vortrat um die Wunde auf Shinichis Wange genauer zu inspizieren. „Not too deep, but deep enough for troubling the healing process. It seems that you can move just fine, so no nerve damage at least. Are you sure that you have enough practice to treat a wound like that?” Der Erfinder trat einen Schritt bei Seite, um Agasa wieder genug Platz einzuräumen, der aber schüttelte nur mit einem langen Seufzer den Kopf. „We don´t have that much of an alternative anyway. He don´t want to go to see a doctor in his… condition.” Stuart nickte nur, vergrub die Hände in den Hosentaschen, während sein Blick nachdenklich ins Abseits wanderte. “Well… I´m afraid that he has a point.” “I´m right here, you know?” Die Blicke der beiden Männer wanderten überrascht zu Shinichi, der verärgert vom Sofa aus zu ihnen hoch sah. Doch die Wut wich schnell wieder aus seinen Augen, mit einem Seufzer ließ er sich tiefer in die Kissen sinken während er sprach. „Versuchen Sie es einfach Professor, etwas anderes bleibt uns sowieso nicht übrig.“ Der alte Mann nickte nur und machte sich an die Arbeit, keiner im Raum sagte mehr ein Wort. Shinichi spürte die siedend heißen Blicke der beiden Amerikaner auf ihm, während er versuchte, etwas von den Telefonaten aufzuschnappen, die Hattori in der Küche führte. Erst als der Professor ins Bad eilte, um nach einem passenden Pflaster zu suchen, konnte Tracy nicht länger an sich halten. „Shinichi…“ Der aber wich ihren Blicken aus und biss die Zähne zusammen. So leicht allerdings ließ sich die Amerikanerin von ihrem Schützling schon längst nicht mehr abwimmeln. Ohne weiter auf die abwehrende Geste zu achten, ließ sie ihre Hand auf seinem Knie ruhen, während Stuart hinter sie trat, um die nächsten Worte seiner Verlobten mit seiner Anwesenheit zu unterstützen. „Look at me, Shinichi.“ Der schluckte erst, folgte ihrem Wunsch dann jedoch, auch wenn seine Augen ihr Gesicht nur kurz streiften, ehe sein Blick wieder zu Boden glitt. Tracy aber reichte der flüchtige Moment aus. „What happend? Was ist passiert?“ Der Oberschüler holte schwer Luft, erzählte den beiden Amerikanern dann was passiert war und wen er dahinter vermutete. Als er seine Geschichte beendet hatte, war es für einen Augenblick lang still, ehe er erneut zu reden begann. „Just this single shot. I don´t know why they didn´t killed my in an instant, probably because they are mocking me, or they wanted to pile the pressure on me.” Ein hohles Lachen verließ seine Kehle, ehe seine Miene kurz darauf wieder ernst wurde. Die Mägen der beiden Amerikaner hatten sich bei seiner Rede mit Steinen gefüllt, doch während Stuart schon über die möglichen Motive der Schwarzkittel nachdachte, ließ Tracy Shinichi noch immer nicht aus den Augen. „There is more behind this. Isn´t it?” Shinichis überraschter Blick, der nun auf ihr lag, ließ ihr die Zeit, ihn richtig anzusehen, gerne jedoch hätte sie auf die Bestätigung ihrer Vermutung verzichtet. Das Gesicht des jungen Detektivs wirkte fahl, seinem Blick fehlte jegliche Kraft. Seine Augen waren glasig und doch matt zugleich, als hätte man ihnen, seinem ganzen Körper, etwas Lebensnotweniges entzogen. Shinichi aber schluckte nur, richtete den Blick wieder zu Boden. Eigentlich sollte er sich über Tracy schon längst nicht mehr wundern, es war klar, dass sie trotz seinen Bemühungen, Ran aus der Erzählung rauszuhalten, dahinter kommen würde. Und das tat sie auch. „She was there as well.” Ein kurzer Schauer durchlief den Oberschüler, er behielt den Boden vor seinen Füßen nur noch fester im Blick als zuvor. Bei diesem Satz wurde jedoch auch Stuart wieder hellhörig und Shinichi musste nicht erst aufsehen oder nicken, auch so erkannten die beiden Amerikaner, dass Tracy Recht hatte mit ihrer Vermutung. Was das bedeutete, war den beiden Agenten sofort klar. Ratlos suchte sie Stuarts Blick, der ihn auffing und ihre Sorge teilte. Eine drückende Stille machte sich zwischen den drei FBI Mitgliedern breit, ehe Stuart seine Hand auf Shinichis Schulter sinken ließ. “I´m sure, we´ll find a way out of this mess.” Tracy nickte ihrem Mann dankbar zu, wandte sich dann wieder zu Shinichi, während ihre Hand noch immer auf seinem Knie ruhte. „Stuart is right. We-„ „SHINICHI!?“ Der Angesprochene zuckte bei der Stimme seiner Mutter zusammen, die nur kurz darauf ins Wohnzimmer platze, sich jedoch nicht lange suchend umsehen musste, bis sie ihn auf dem Sofa sitzend fand. Die sorgenvollen Augen seiner Mutter mischten sich mit Erleichterung, als sie feststellte, dass es ihrem Sohn bis auf weiteres gut zu gehen schien. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, wollte sicher stellen, dass ihm auch wirklich nichts weiter fehlte und ihm zur Seite stehen, wie Mütter es nun einmal taten, nur um dann jedoch inne zu halten, als sie sich des amerikanischen Paars gewahr wurde. Die Art und Weise, wie sie bei ihm standen, beziehungsweise saßen, ließen der ehemaligen Schauspielerin einen Schauer über den Rücken laufen. Doch Yukikos Gedanken wurden von ihrem Mann unterbrochen, der ebenfalls eingetreten war und ihr eine Hand auf die Schulter legte. Er schein ihre Anspannung zu spüren, vermied es jedoch, das Thema anzuschneiden, stattdessen richtete der Autor seine Aufmerksamkeit auf seinen Sohn, der seine Eltern noch immer überrascht ansah. „Megure hat angerufen und gefragt, ob die Konferenz mit dem FBI vorerst bei uns stattfinden kann, da er nicht möchte, dass im Revier zu viel spekuliert wird. Er hat mir auf meine Frage hin erklärt, was vorgefallen ist…“ Die Frage <…warum bist du nicht selbst zu uns gekommen?> lag unausgesprochen in der Luft. „Wenn du Heiji das nächste Mal darum bittest, derartige Anrufe zu erledigen, wäre es nett von euch, daran zu denken, vielleicht als erstes bei uns anzurufen.“ „Shinichi kann nichts dafür, Herr Kudo.“ „ Der Oberschüler atmete erleichtert auf, als er seinen Kollegen im rettenden Moment aus der Küche treten sah, wenn er es nicht besser wüsste, würde er glatt behaupten, dass Heiji nach diesen paar Minuten noch mal um zehn Jahre älter aussah. Doch statt Müdigkeit vorzutäuschen, klärte er die Kudos nach einem kleinen Seufzer weiter auf. „Ich habe diese Anrufe selbst und ohne sein Einverständnis getätigt. Es tut mir leid, dass Sie´s erst von Megure erfahren haben, ich muss gestehen, dass ich wohl selbst ein wenig durch den Wind bin.“ Mit einem entschuldigenden Blick ließ sich der Osakaner in den nächstgelegenen Sessel sinken. Seine Stimme war, während er weitersprach, an Shinichi gerichtet, fast so, als wären sie beide allein im Raum. „Es ist soweit alles organisiert und sie sind auf dem Weg. Ich nehme an, das ist dir Recht?“ Der Oberschüler biss kurz die Zähne aufeinander, funkelte den Kommissar für ein paar Sekunden hart an, ehe er mit einem Seufzen klein bei gab. Außerdem hatte Heiji Recht, das hier konnte er nicht mehr unter den Teppich kehren, geschweige denn noch versuchen, alleine Regeln zu wollen. Shinichi wusste, sein Freund hatte das Richtige getan, wollte nur helfen und doch hinterließ der Gedanke daran, wieder mit dem FBI zusammenzuarbeiten, einen bitteren Geschmack auf seiner Zunge. Das hatte ja schließlich auch das letzte Mal so wunderbar funktioniert. Während Agasa Shinichi verarztet hatte und nun ein Pflaster die wenige Zentimeter lange Wunde auf seinen Wangenknochen zierte, wahren nach und nach die ersten „Gäste“ eingetroffen. Man hatte die Zusammenkunft kurzer Hand zum Professor verlegt, um sich weiteres Hin und Her zu sparen. Den Blicken der Polizisten konnte Shinichi ansehen, dass Heiji wohl bei seiner Erzählung, anders als er, kein Detail ausgelassen hatte. Besonders Kogoro schien seine liebe Mühe zu haben, seine Wut im Zaum zu halten und das ihm dies gelang, war, wenn überhaupt, den mahnenden Blicken des Hauptkommissars zu verdanken. Megure hatte ihn gebeten, die Geschichte mit seinen Worten noch einmal wiederzugeben, doch das Ergebnis hinterließ mehr als nur ein nachdenkliches Gesicht, sodass Takagi der erste war, der seiner Neugier Luft machte. „Aber was wollten sie damit bezwecken? Sie konnten doch unmöglich wissen, dass…“ „Of course they knew.“ Die kühle Stimme unterbrach den Inspektor, der mit seiner Frage noch nicht weit gekommen war, als ihre Blicke überrascht zu dem FBI Agenten wanderten. Während Shuichi Akai sich jedoch nicht weiter um die Verwunderung der meisten Anwesenden scherte, war es Jodie, die nun aus seinem Schatten trat und ein leicht verlegenes Lächeln aufsetzte. “Hallo, entschuldigen Sie bitte, dass wir einfach so hier reinplatzen, in Anbetracht der Umstände wäre es jedoch vielleicht besser, die Haustür abzuschließen, Herr Professor.“ Ihr Partner aber funkte ihrem Versuch, die Stimmung etwas aufzulockern sofort dazwischen. Shinichi hielt dem scharfen Blick des Agenten stand, dessen Augen nun zu dem langen Pflaster an seiner Wange wanderten. „Wo?“ Er schluckte, merkte wiederwillig, wie seine Lippen sich zum Sprechen verzogen, während seine Miene sich verdunkelte. Zwar war Shinichi momentan zu müde, um sich mit dem FBI anzulegen und dennoch wollte er klarmachen, dass die Vorkommnisse noch lange nicht vergeben und vergessen waren. Momentan jedoch gab es schlicht und ergreifend Wichtigeres als seine Wut. „Beika, Ikedo-Viertel, nicht weit hinter dem alten Ramen-Lokal.“ Akai aber schaute ihn schon nicht mehr an, reagierte mit einem kurzen Nicken. „Gut.“ Ohne Shinichi weiter eines Blickes zu würdigen, nahm er Jodie das schwarze Bündel aus der Hand, das sie wie einen Säugling mit ins Haus gebracht hatte und wickelte es langsam auseinander. Den Inhalt verfrachtete er auf den Couchtisch, während er Shinichi den schwarzen Stoff unsanft in die Hand drückte. Sein Blick streifte den Oberschüler nur kurz während er sprach. „Du wirst es brauchen.“ Damit wandte sich der FBI Agent um und ging, hinterließ damit mehr als nur ein fragendes Gesicht und eine ziemlich genervte Jodie, die von dem Spiel der beiden Streithähne über die Jahre sowieso schon die Faxen dicke hatte. Shinichi aber schaute seinem Kollegen nicht hinterher, sein Blick haftete kurz auf der verwaisten Pistole auf dem Tisch ehe seine Augen auf der schweren schwarzen Jacke in seinen Armen hängen blieben. Seine Kehle wurde trocken, während seine Finger über den dicken Stoff fuhren, der ihr Logo in leuchtend gelben Buchstaben trug. Das Kürzel des Federal Bureau of Investigation kam ihm vor wie ein Stempel, den man ihm grade aufgedrückt hatte. Die Augen der anderen, vor allem die der Polizisten, die gespannt auf ihm ruhten, bewiesen, wie Recht er damit hatte. Schon öfter hatte man ihn darum gebeten, die Sachen zu tragen, wenn es ernst werden würde, nur zu seinem eigenen Schutz. Die Tatsache, dass Akai sie ihm gegeben hatte, sowie die Aufmachung selbst machte seutlich, was das FBI ihm damit sagen wollte. Er arbeitete für sie, er gehörte zum FBI, ob ihm das nun passte oder nicht. Man hatte ihn unter Vertag genommen, sie hatten Vereinbarungen getroffen, aus denen er nicht so mir nichts dir nichts austeigen konnte. Grade jetzt, wo so viele Parteien um ihn buhlten, sollte er sich im Klaren sein, wem er im Zweifelsfall besser die Treue halten sollte. Bis das hier vorbei war, gehörte er ihnen. Jodie aber seufzte nur, warf mit einer genervten Geste die Haare in den Nacken, während sie ihrem Kollegen noch immer nachsah, obwohl der schon lange zur Tür raus war. „Welche Laus is dem denn über die Leber gelaufen?“ Der Osaka-Dialekt schreckte sie aus ihren Gedanken. Der Blick der Amerikanerin wanderte zu dem Mann an ihrer Seite, der sie nun ebenfalls eingehend musterte. Wie es schien, hatte er seine Wut mittlerweile besser unter Kontrolle als bei ihrem Telefonat zuvor. Und irgendwie hatte sie es ihm doch nicht verdenken können, noch viel zu gut erinnerte sie sich an den Oberschüler, der mit beinahe manischer Präzision einen Beweis gesucht hatte, der den „Tod“ von Conan Edogawa auf irgendeine Art und Weise widerlegen könnte. Nie hätte sie gedacht, dass die flüchtige Bekanntschaft des FBI mit zwei Oberschülerdetektiven solche Ausmaße annehmen könnte. Heute dagegen schämte sie sich fast, die Zeichen nicht eher gesehen zu haben, erst sein Auftreten vor ihrer Haustür mitten in der Nacht hatte sie wach gerüttelt. Ihr gezeigt, was schon die ganze Zeit vor ihrer Nase gewesen war. Und noch heute lief der Agentin ein Schauer über den Rücken, als sie dem Polizeibeamten aus Osaka leise erzählte, was vor nun fast zehn Jahren passiert war. Es brannte. Erst dann kam der Geschmack auf ihre Zunge. Süß, und bitter im Abgang. Ruhig schwenkte sie ihr Martiniglas in der Hand, schaute über den Rand hinweg zum Fernseher, durch dessen Programm sie grade durch zappte. Die blonden Haare hatte sie hoch gebunden, heute Abend hatte sie keine Lust mehr auf Föhnen und Frisieren. Wozu auch - sie erwartete ja ohnehin keinen… Das Klingeln ihrer Haustür lies Jodie aufschauen, ihr Blick wanderte vom Flur zurück auf die Wohnzimmeruhr. 22:47 Wer wollte um Himmels Willen um diese Uhrzeit was von ihr? Sie stand auf ging den kurzen Weg in den Hausflur und späte durch den Spion. Niemand da. Sie griff zur Waffe und öffnete. Hektisch schaute sie hin und her, die Pistole zum Schuss bereit vor sich ausgestreckt. Nur langsam begann sich ihr Puls zu normalisieren. Gerade, als sie anfing, an einen einfachen Scherz zu glauben, machte ihr eine fremde Stimme klar, dass sie auch damit falsch lag. „M-Miss Jodie.“ „Wie?“ Ihre Blicke wanderten nach unten, suchten die Quelle des Geräusches und fanden sie. „Conan!“ Sie kniete sich zu ihm hinunter, sah erst jetzt in welchem Zustand der kleine Junge vor ihr stand. Von den vielen Blessuren und Schürfwunden war sein Gesicht am schlimmsten zugerichtet. Ein dickes Veilchen begann in seinen Anfangsstadien an seinem linken Augen in allen möglichen Blautönen zu blühen. Ohne zu Fragen ließ sie ihre Finger durch seine von Asche bedeckten Haare gleiten und fand was sie suchte. Eine Beule an der Stirn und eine noch viel größere und besorgniserregende am Hinterkopf des Jungen. “Cool Kid, you need a doctor!“ „Nein.” Seine trockene Stimme hatte einen unnachgiebigen Ton, der sie zusammenschrecken ließ. Diesen bestimmten Tonfall schlug der Junge immer nur bei einem Thema an. Ihre Augen wanderten beunruhigt zu den seinen, zum ersten Mal sah sie die Qual und Erschöpfung, die in den Augen des Kindes lagen. Jodies Stimme war trocken, als sie ihre Zunge endlich dazu überreden konnte, eine Frage zu stellen. „Was ist passiert?“ Doch das Schweigen und die Blicke des kleinen Jungen bedeuteten ihr schnell, dass es kein Thema war, dass man so einfach an der Haustür besprechen sollte. Sie hatte ihn ins Wohnzimmer bugsiert, ihm einen warmen Tee vor die Nase gestellt, während sie auf James warteten, den sie auf seinen Wunsch hin angerufen hatte. Viel gespannter war sie jedoch auf den anderen Mann, den sie auf Conans Verlangen hin darüber informiert hatte, sich doch bitte mit ihnen zu treffen. Subaru Okiya. Ihr Blick ruhte unruhig auf dem kleinen Jungen, der noch immer in seine noch unberührte Teetasse starrte und seither kein Wort mehr von sich gegeben hatte. Ihr entwich ein erleichterter Seufzer, als es endlich an der Tür klingelte und sie ihrem Vorgesetzten Agent James Black dahinter vorfand, welchen sie ohne weitere Umschweife hinein bat. Die buschigen Brauen hoben sich, als er einen Blick auf den kleinen Jungen warf, der erst aufsah, als er die Kontur des Agenten ihm gegenüber in einem Sessel ausmachen konnte. Jodie reichte ihrem Boss ebenfalls eine Tasse Tee, an der der Engländer genüsslich nippte, während sich eine für die Blondine beinahe unerträgliche Stille in ihrem Appartement ausbreitete, ehe sich Agent Black endlich zu Wort meldete. „Also, wie können wir dir behilflich sein?“ Der kleine Junge schaute nicht auf, heftete seinen Blick stattdessen nur noch fester auf den kleinen Couchtisch. Jodie konnte sehen das er sich seine Worte gründlich gewählt hatte, ehe er den Blick hob und mit für sein Alter viel zu kühlen Ton zu sprechen begann. „Bevor ich Ihnen erzähle, was Sie wissen wollen, möchte ich, dass Sie mir etwas versprechen.“ „Ein Versprechen?“ „Nun… nennen wir es eher einen Deal, Mister Black.“ Der Schnurrbart des FBI Agenten zuckte kurz. „Ich bin ganz Ohr.“ Der Grundschüler nickte dankend, ehe sich sein Blick dann jedoch wieder zu Boden senkte. Man sah, dass er schlucken musste, es kostete ihn offenbar viel Überwindung, diese Forderung zu stellen. „Ich möchte gerne das Zeugenschutzprogramm Ihrer Agentur in Anspruch nehmen und zusätzlich Garantie über den Schutz meiner Freunde und Familie. Allerdings nicht zu den bei Ihnen üblichen Konditionen. Ich lasse mich nicht von meinem eigenen Fall ausschließen, dieser Deal läuft nur, wenn ich weiter an dieser Sache arbeiten darf. So oder gar nicht.“ „Interessant… aber du sprachst von einem Deal, es muss also zwei Seiten geben. Du kannst keine Forderungen stellen, ohne selbst auch ein Angebot zu machen. Ich würde wirklich zu gerne hören, wie dieses lauten soll…“ <…Mr. Holmes.> „Die schwarze Organisation.“ „What?“ Doch um Jodies Bestürzung kümmerte sich niemand von ihnen in diesem Moment, ungerührt fuhr der kleine Junge fort. „Wenn Sie den Deal zu meinen Bedingungen und Konditionen eingehen, werde ich Ihnen alle mir zur Verfügung stehenden Informationen über die schwarze Organisation geben.“ Interessiert schaute der Engländer ihn über den Rand seiner Teetasse hinweg an. „And what information could a kid like you have about that crime syndicate?“ “Sie haben recht… Conan Edogawa wird Ihnen diese Informationen nicht geben können, sondern-“ „Shinichi Kudo.“ Der Name des Oberschüler Detektivs hallte dumpf im Raum wieder, Conan bemerkte wie trocken sein Mund mit einem Mal wurde, während er den Blicken von Subaru Okiya standhielt. Der dunkelblonde Mann schob sich die Brille zurecht, schlenderte mit einem vielsagenden Lächeln weiter in den Raum. „Quite a dramatic scene you have chosen to reveal yourself.” Während Shinichi nichts weiter übrig blieb, als seinen bitteren Kommentar hinunter zu schlucken, erwachte die Besitzerin des Apartments bei dem Fremden in ihrer Wohnung nun langsam zum Leben. „What? But- Who are you? And how did you come in anyway?” Subaru sah sie lange an, ehe er der Blondine ohne Hohn in seiner Stimme antwortete. „You called me. Mein Name ist Subaru Okiya.” Er seufzte, fischte einen kleinen Schlüssel aus seiner Hosentasche und legte ihn beiläufig auf die Anrichte. “And since I have one of your second keys it wasn´t hard to get in. Und um deine andere Frage zu beantworten…” Jodies Augen hingen an dem kleinen silbernen Schlüssel. James Blacks Blick hingegen war fest auf den Neuankömmling gerichtet, der nun unter seinen Rollkragen griff und mit einem kurzen Ruck zu jemand anderem wurde. “…bin ich wohl der zweite Untote auf der Liste der Organisation.” Zum ersten Mal in ihren nun beträchtlichen Dienstjahren wurden der Agentin die Knie weich. Sie nahm James stützende Hand vage an ihrer Schulter wahr, während sie ihre Lippen kaum zum Reden bringen konnte. „Shu-Shuichi?“ „But… how?“ Aus den Augenwinkeln beobachtete sie ihren Boss, bemerkte, wie dessen Blick seinen für tot gehaltenen Agenten nicht verließ, beinahe so, als müsste er fürchten, er würde sich bei der nächsten Gelegenheit gleich wieder in Luft auflösen. Dann aber löste der Engländer doch seine Augen von dem nun wieder dunkelhaarigen Agent und ließ den Blick kurz zu dem Grundschüler schwenken, der die Szene mehr oder weniger teilnahmslos beobachtete. Der Junge hatte gewollt, dass sie ihn anrief, diesen Okiya. Das aber konnte nur bedeuten. „Du hast es gewusst?“ „Das tut jetzt beides nichts zur Sache. Das sind Dinge, die wir später besprechen können. Zu erzählen, was vorgefallen ist, ist jetzt erst mal seine Aufgabe.“ Die grünen Augen lagen abwartend auf ihm, doch Shinichi spürte in diesem Moment wie genau dieser wohlwollende Blick des FBI Agenten ihm die Kehle zu schnürte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wen er da eigentlich vor sich hatte. Dass die Ereignisse der vergangenen Stunden nicht nur sein eigenes Leben maßgeblich beeinflussten. Conan schluckte, seine Zunge klebte förmlich an seinem Gaumen fest, so schwer fiel es ihm, sich zum reden zu bringen. „Es tut mir Leid. Ich hätte besser auf sie aufpassen sollen. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, rauszukommen, mir zu folgen. Ich hätte das nicht zulassen dürfen. Ich hätte sie wegschaffen sollen… Ich-…“ „Was redest du da?“ Doch statt eine Antwort zu geben fing der Grundschüler vor ihm nur an zu zittern. Eine böse Vorahnung legte sich schwer in Akais Magen, während er vor dem Detektiv in die Knie ging, ihn an den Schultern packte und so zwang, zu ihm auf zu sehen. „Was ist passiert Kudo?“ „Shuichi.“ Doch die Worte seines Chefs stießen auf taube Ohren, sein Blick fixierte den kleinen Jungen und sonst nichts. „Spuks aus, Kudo! Was ist mir ihr, was ist mit Shiho?“ Ein weiterer Ruck an seinem Kragen zwang den Jungen dazu, aufzusehen, sein Atem stockte in seiner Kehle, während Akai auf eine Antwort wartete. Der Agent beobachtete Conans Blick. Für einen Moment öffneten sich seine Lippen zum Sprechen, ehe sie sich unverrichteter Dinge wieder schlossen. Der Blickkontakt zwischen ihnen brach, die Augen des Jungen fielen zu Boden und der trübe Schleier, der sich über sie legte, sagte Shuichi Akai mehr, als er eigentlich wissen wollte. „Du solltest auf sie aufpassen.“ Langsam ließ er los. Lockerte seinen Griff immer mehr sodass der Grundschüler ihm langsam aus der Hand glitt und zu Boden rutschte. „Du hast mir gesagt, du hättest alles im Griff und ich könnte mich auf ihn konzentrieren.“ Sein Blick streifte Conan nicht, seine Stimme aber drückte auch so genug Verachtung aus. „Ich hätte es besser wissen müssen.“ Shinichi aber zuckte nicht ob der plötzlichen Kälte in der Stimme des Agenten, seine Augen huschten nervös hin und her, versuchten auf dem grauen Teppichboden eine Antwort auf seine Fragen zu finden. „Woher hat sie von dem Treffen gewusst? Und…“ Seine Stimme war rau, kaum mehr als ein heiseres Flüstern. „Aber wieso hat sie das getan... Gin hatte die Waffe auf mich gerichtet und sie hat… Wieso?“ Akai hatte dem kleinen Jungen zu seinen Füßen nicht zu gehört, zu tief war er in seine eigenen Gedanken versunken gewesen, allein die letzte Frage drang zu ihm durch. “Because she loved you, dumbass.“ Akai sah ihn nicht an, der Wechsel ins Englische schien eine zusätzliche Distanz zwischen ihnen zu schüren. Shinichi starrte ihn an, die Worte seiner Mutter flüsterten leise ihn sein Ohr. Sie hatte es ihm ja gesagt. Der FBI Agent spürte die Blicke des kleinen Jungen auf seiner Haut, und sprach in nüchternen Ton weiter. „Davon abgesehen hätte sie es ohnehin getan.“ Akais Blick wanderte an Jodie und Black vorbei, keiner der beiden wagte es einzugreifen, auch wenn Black ihn mit einem mahnenden Blick strafte, während er sprach. „Du warst derjenige, der ihr Hoffnung gemacht hat, sie hatte geglaubt, dass du dem Ganzen tatsächlich ein Ende bereiten könntest. Sie hat an dich geglaubt. Sie hatte Hoffnung.“ Die Lippen des Agenten waren schmal, kaum ein Atemzug hätte sich zwischen ihnen hindurch pressen können. Seine Stimme war kalt und rau, als er endlich wieder sprach. „Your death would have shattered her hope into pieces. That’s why.” Heijis Mund war mittlerweile mindestens so trocken wie der Jodies, die ihm erklärte, welche Bedeutung der Tod von Ai Haibara, von Shiho Miano, wirklich für ihren Kollegen gehabt hatte. Die damaligen Vorkommnisse hatte er Kudo genauso wenig verzeihen können, wie dieser sich selbst. Es hatte einen Keil zwischen die beiden getrieben, die bis dahin so gut zusammen funktioniert hatten und sogar den Tod des Agenten hatten fälschen können. Diese Zeiten aber waren längst Geschichte. „Verstehe.“ Der Kommissar schluckte, richtete seinen Blick erneut auf Kudo, der mit jeder Minute müder aussah, während er Takagi zuhörte und nickte, der noch einmal zusammenfasste, was sie soeben besprochen hatten. „Du glaubst also, unser Mörder hat dich damals im Café erkannt ohne Maske, aber wie kommst du darauf, dass er die Informationsquelle der schwarzen Organisation sein soll? Beziehungsweise, wenn ich dich richtig verstehe, vielleicht sogar selbst dazu gehören könnte?“ Shinichi seufzte, durchquerte das Zimmer in maßvollen Schritten während er erklärte. „Nun es gibt einige Dinge, die darauf hinweisen. Zum Beispiel die Wachablösung im Krankenhaus.“ „Was ist damit, laut Aussage hat die doch ordnungsgemäß stattgefunden.“ Megures Tonfall hatte eine leicht gekränkte Nuance inne und Shinichi konnte es ihm nicht einmal verdenken, Fehler in den eigenen Reihen mochte niemand. „Ich zweifele nicht daran, dass die Ablösung bilderbuchreif abgelaufen ist, Hauptkommissar. Allerdings waren die Wachen vielleicht nicht die, für die sie ihre Kollegen gehalten haben.“ Er sah, wie mehr als nur einer der Polizisten die Stirn runzelte, ehe Sato plötzlich die Frage aller aussprach. „Wie soll das denn möglich sein?“ Er hatte den Mund schon zum Antworten geöffnet, als ihm eine andere Stimme zuvor kam und einen Namen mit heiserer Stimme ausstieß. „Vermouth…“ Shinichis Blick wanderte zu seiner Mutter, die mit den neuen Informationen nur noch ein wenig blasser geworden zu sein schien, dennoch nickte er. „Ganz recht. Ähnlich wie bei William Bell hat es sich bei den beiden vermutlich nur um eine Verkleidung gehandelt und das Mitglied, das dafür zuständig ist, wird Vermouth genannt, besser bekannt unter dem Namen Chris Vinejard.“ „Die Schauspielerin?“ „Of course. Sie sollten mittlerweile eigentlich wissen, dass die Organisation weder in Schichten noch Berufen Unterschiede macht, Hauptkommissar.“ Jodies Stimme hatte einen kühlen Tonfall angenommen, sie hatte damit mehr als deutlich gemacht, wie dünn das Eis war, auf dem sie sich bewegten. Es klang albern, wie aus einem abgedroschenen Spielfilm… aber wenn man dem Gedanken des FBIs folgte, konnte man wohl wirklich so gut wie niemandem trauen. „Das ist aber nicht die einzig mögliche Verbindung unserer Falls zur Organisation.“ Sein Blick richtete sich an Jodie. „Eisuke Hondo ist in der Stadt.“ „Die CIA?“ Heiji nickte, klinkte sich mit einem Seufzen nun auch endlich wieder in das Gespräch ein. „So sieht es aus und wir haben guten Grund zur Annahme, dass er nicht nur zum Ferien machen hier ist. Ich habe schon versucht, ihn zu erreichen, aber bisher gibt es nichts Neues.“ Für einen langen Moment herrschte Stille, ehe die raue Stimme des Hauptkommissars das Schweigen durchbrach. „Wir haben es also nicht nur mit einem Serienmörder zu tun, sondern mit einer weltweit vernetzten Organisation, die ihre Finger mit im Spiel hat.“ Die braunen Augen des Hauptkommissars ruhten noch immer auf dem für tot gehaltenen „Erlöser der Japanischen Polizei. Am liebsten wäre er gleich auf dem Sofa des Professors liegen geblieben und nicht mehr aufgestanden, nie wieder aufgestanden, am Besten. Aber davon war nie die Rede gewesen. Nachdem sie einen groben Schlachtplan für die nächste Sitzung auf dem Revier ausgearbeitet hatten, waren sie endlich einer nach dem anderen gegangen, bis auch seine Eltern ihn davon hatten überzeugen können, dem Professor für heute Abend seine Ruhe zu gönnen. Daher hatte er sich jetzt in seinem Zimmer verbarrikadiert und die unliebsame Jacke des FBIs schon in den dunkelsten Teil seines Kleiderschrankes verbannt, sodass ihm nur noch die Waffe blieb, die schwer in seiner Hand wog. „Manchmal können die Dinger schon ganz praktisch sein, weißtde.“ Der Oberschüler schrak auf, sah wie ihm der Kommissar mit einem müden Lächeln auf den Lippen entgegenkam und auf sein eigenes Schulterholster klopfte. „Die Zeiten, in denen ein einfacher Fußball zu deiner Verteidigung reichte, sind, fürcht‘ ich, vorbei, Kudo.“ Shinichi aber entgegnete Heijis ernster Tonlage nichts, ließ seinen Blick noch ein paar Sekunden ruhen, ehe er sie sorgsam im Schrank verstaute. Als er sich dann jedoch nach seinem Freund umsah, fand er ihn am Schreibtisch, wie er grade etwas auf einen kleinen Zettel kritzelte, um ihn dann dem Detektiv unter die Nase zu halten. Er blinzelte, hob den Blick, um Hattori fragend anzusehen, nahm ihm dann die Notiz ab, während er beiläufig etwas murmelte. „Ich dachte, du wärst schon weg?“ „Bin ich ja praktisch auch schon.“ Der Oberschüler nickte nur, begutachtete das kleine Stück Papier in seiner Hand worauf, einige aneinandergereihte Zahlen standen. „Was ist das?“ „Ihre Handynummer. Ich schätze, da könntest du mehr Glück haben als auf dem Festnetz.“ „Hattori…“ Doch der blockte ihm mit einem Blick ab. Shinichi aber seufzte nur, mit einem Mal wog das kleine Papier viel schwerer in seiner Hand. Er hatte ja Recht… er musste das in Ordnung bringen. Irgendwie. „Wenn sie hört, von wem ich die Nummer hab, bringt sie dich um.“ „Dann sag´s ihr eben nich.“ Ein kurzes Schmunzeln ließ sich auf den Lippen des Osakaners blicken. „Außerdem hat se mit dir ja erst mal genug zu tun.“ Shinichi aber schenkte ihm nur einen bösen Blick aus zusammengekniffenen Augen, woraufhin sein Freund nur die Schultern hängen ließ. „Wohl noch zu früh für Scherze, wie?“ Doch statt ihm zu antworten ließ sich der Detektiv auf seinen Schreibtisch sinken, fuhr sich zähneknirschend durchs Haar. „Ruf sie an.“ Doch der Nachdruck in der Stimme des Kommissars reichte offenbar nicht. „Heiji… das führt doch zu nichts, du weißt genau, ich kann nicht-…“ Doch der unterbrach ihn herrisch, seine Stimme war mild und ließ doch keinen Widerspruch zu. „Darum geht es doch jetzt erst mal gar nicht, Kudo.“ Er seufzte, schüttelte ergeben den Kopf. „Egal, was bei diesem Gespräch raus kommt, es ist besser, als das, was heute Morgen passiert is.“ Shinichi aber konnte nichts weiter tun als auf den kleinen Code an Zahlen zu blicken, sah nicht mehr, wie sich sein Freund zum Gehen wandte. „Ruf sie an.“ Es hatte keinen Sinn mehr gemacht noch länger zu bleiben, es war Kudos Entscheidung letztendlich und auf ihn wartete schließlich noch sein ganz persönliches Donnerwetter. Er schluckte, ließ die Tür ins Schloss gleiten, so leise wie nur möglich und suchte sich dann einen möglichst lautlosen weg ins Wohnzimmer. Er überlegte kurz, ob es nicht besser wäre, sich in der Dunkelheit seinen Weg zu suchen, doch in Anbetracht der vielen Dinge, die er umschmeißen und damit Krach machen konnte, hielt es der Kommissar doch für besser, das Licht einzuschalten. Doch noch ehe seine Hand ihren Weg zum Lichtschalter suchen konnte, hatte den jemand anderes für ihn umgelegt. Er blinzelte, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen, doch allein den schemenhaften Umriss einer Person im Türrahmen ließ erahnen, dass die Nacht für ihn noch lang werden würde. Er schluckte trocken, schaute dann schuldbewusst zu ihr auf. „Kazuha…“ Hallo ihr lieben, Tja nun sieht man wohl das die Story schon was älter ist anhand von meiner Akai Enthüllung. Ich hoffe es hat dennoch gepasst… der Kostet mich manchmal Nerven unser guter Agent. Ich hoffe dennoch es hat euch gefallen ^__^ Und viiielen herzlichen Dank für die Lieben Kommis beim letzten mal *quietsch* Ich würde mich natürlich auch diesmal über eure Meinung freuen ;) *WeihnachtsPlätzchenhinstell* Ganz liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 30: Voices ------------------ Voices Die Gläser voll mit Eistee klirrten sanft, als sie das Tablett auf den Tisch stellte, die bernsteinfarbene Flüssigkeit wippte stürmisch hin und her, drohte kurz über den Rand zu treten, ehe sich der Sturm wieder legte. Grade aber als sie nach einem der Gläser, greifen wollte, hallte der Klingelton ihres Handys durch den Raum. „Wenn das jetzt wieder Paps ist…“ Mit einem Seufzen ging Ran zu der kleinen Kommode, auf der ihr Handy lag. Sie hatte das Telefon ausgesteckt, nachdem ihr Vater zum gefühlt tausendsten Mal versucht hatte, sie zu erreichen. Sie wollte nichts hören, keine Entschuldigung, keinen Ratschlag, keinen Zuspruch, nichts. Er hatte es gewusst und sie außen vor gelassen, der Gedanke nagte zu sehr an ihr, als dass sie seine Stimme jetzt ertragen konnte. Als Rans Blick jedoch auf das Display ihres Mobiltelefons glitt, bildete sich eine kleine ratlose Falte zwischen ihren Augenbrauen. Sie kannte die Nummer nicht. Ihr Vater konnte es also nicht sein, wenn hätte er wohl versucht seine Nummer zu unterdrücken als sich gleich ein anderes Telefon zu leihen, dasselbe galt für ihre Mutter. Allzu viele Leute hatten ihre Handynummer sowieso nicht, sie musste es also darauf ankommen lassen. „Mori, Hallo.“ Doch auf der anderen Leitung blieb es still. Ran stutzte, presste das Handy ein wenig fester an ihr Ohr doch das Rauschen der vermeintlich unbesetzten Leitung blieb das Einzige, was sie hörte. „Hallo?“ Die Stille begann sich auf ihre Haut zu legen und ließ einen Schauer über ihren Rücken laufen. Noch ehe er auch nur ein Wort gesagt hatte, begann sich ihr Herzschlag zu beschleunigen. Sie hörte jemanden ausatmen, ihn ausatmen, um dann krampfhaft nach Luft zu schnappen, ehe seine trockne Stimme endlich ihr Ohr erreichte. „Ran.“ Ihr Name aus seinem Mund ließ sie zusammenzucken. Hätte Ran das Telefon nicht so eng an ihre Wange gepresst, wäre es ihr in diesem Moment vermutlich aus den zitternden Fingern geglitten. Sie hörte ihn schlucken, konnte beinahe seinen Atmen auf ihrer Wange spüren, während er sie mit geduldigem Schweigen strafte. Rans eigener Atmen stockte, ihre Finger zuckten in dem Impuls einfach aufzulegen, doch die feinen Muskeln in ihren Fingerspitzen ließen es nicht zu. Es dauerte, bis sie sich dazu zwingen konnte zu sprechen. Ihre Zunge klebte förmlich an ihrem Gaumen, während das Einzige was Ran hörte, ihr eigener pochender Herzschlag war. „Was willst du?“ Sie brachte kaum mehr als ein Flüstern zustande. Dennoch reichten ihre wenigen Worte aus, um den Schalter in Ran erneut umzulegen. Alles, was sie versucht hatte gestern Abend und in den letzten Stunden zu bewältigen, kochte nun wieder in ihr hoch. Wut, Verrat und bittere Enttäuschung formten ihre Sätze, von dem jeder einen Nagel in sein Herz hämmerte. „Willst du mir vielleicht sagen, dass ich dein Geheimnis nicht ausplaudern soll? Dass ich mich nicht einmischen soll? Nicht aufregen? Dass es nichts Persönliches ist? Denn keine Sorge, das ist es nicht...“ Die junge Frau holte Luft, bemerkte, wie ihr Atem zitterte, während ihre Blicke Löcher in den cremefarbenen Teppichboden ihres Apartments brannten. „Was willst du?“ Ran hatte die Augen geschlossen, in jedem ihrer Worte schwang mehr Enttäuschung mit, als in ihrer ganzen Predigt zuvor. „Ran.“ Seine Stimme war rau und dennoch konnte sie sich nicht dagegen wehren, dass dieses eine Wort von seinen Lippen ausgesprochen ihr die Haare zu Berge stehen ließen. Sie fluchte, wehrte sich gegen ihren beschleunigten Herzschlag, das Kribbeln unter ihrer Haut und die Tränen, die er ihr in die Augen trieb. „Ich… Ran. Es tut-„ „Wage es ja nicht!“ Sie wollte es nicht hören. Er schluckte und sie sah ihn vor sich, so verletzt, so hilflos, wie er sie gestern angesehen hatte und konnte doch sie ihre Zunge nicht im Zaum halten. Es gab einfach zu vieles, das unausgesprochen zwischen ihnen Stand. „Glaubst du wirklich, eine Entschuldigung kann die letzten zehn Jahre wieder gut machen? Alle dachten, du wärst tot. Ich- glaubst du, sie könnten die Sache mit „Conan“ ungeschehen machen?“ Sie schluckte, bei dem Gedanken an ihren „kleinen Bruder“ rollte unweigerlich eine Träne über ihre Wange. All die Erklärungen, die man ihr für sein Verhalten damals gegeben hatten, verblassten hinter seiner neuen Lüge. „Deine Entschuldigung kommt zehn Jahre zu spät.“ Ihre Worte waren sanft, streiften seine Wange kaum mehr als ein Windhauch und doch rissen sie sein Herz in Stücke, während Shinichis Hände am anderen Ende der Leitung immer kälter wurden. Ran hörte dem singenden Rauschen der stillen Leitung zu, hörte ihn atmen. Unregelmäßig, stockend, fast so als würde er nicht genug Luft bekommen. Doch ihr eignes Herz hatte mit dieser Stille noch viel mehr zu kämpfen, sodass sie nicht verhindern konnten, wie ihre Lippen einen Funken Hoffnung in ihren nächsten Satz hinein pflanzten. „Wenn du mir nicht mehr zu sagen hast, lege ich jetzt auf.“ Er schnappte nach Luft, griff nach diesem Strohhalm in dem Wissen, dass es vermutlich seine letzte Chance war. „Ran, ich-…“ „Shinichi, darling? Könntest du mir hier kurz behilflich sein?“ Die glockenklare Frauenstimme aus dem Hintergrund ließ Rans Welt zu Eis gefrieren. Diese zuckersüße Stimme gehörte gewiss nicht Yukiko und doch lag etwas in ihr, das Rans Herz zusammenschrumpfen ließ. „Lass gut sein…“ „Was? Aber Ran? Warte, das war nicht-„ Doch sie hörte seine hektische Stimme nicht mehr, denn Shinichi sprach schon längst in eine Tote Leitung. Aufgelegt. Ihm blieb nicht viel Zeit sich von dem Besetztzeichen des Telefons hypnotisieren zu lassen, denn nur kurz nachdem Ran aufgelegt hatte, erschien die Amerikanerin selbst im Türrahmen. „Tracy.“ Doch die FBI-Agentin stockte bei seinem Anblick, seine raue Stimme und das Handy in seiner Hand verrieten ihr vieles. Sein Blick aber machte deutlich, dass es noch zu früh war, um darüber zu reden, also ließ sie das Thema ruhen und kam lieber gleich zur Sache. „I need to take a few pictures of your face. Your Mum and I are still figuring out how to cover that new scar of yours.” Shinichi seufzte, nickte dann und “posierte” für Tracys Handykamera, sodass die Amerikanerin schon bald zufrieden mit den Ergebnissen war. „Fine. We need you in… well, maybe an hour for the first fitting. If you don´t have anything better to do, would you mind looking after Stue? He is with the Professor since breakfast and I´m a little bit worried about the old man.” Der Geist eines Grinsens huschte über das junge Gesicht und ließ die Agentin für einen kurzen Moment aufatmen. „No problem at all. But I´m sure both of them are fine.” Tracy nickte dankbar und verschwand schon mit dem Blick auf die Fotos aus dem Raum. Seine Stimme allein war es, die die einsame Stille durchbrach. „Everything is fine.“ Nicht eine Träne in ihren glasigen Augen rührte sich, die junge Frau gab keinen Mucks von sich, wehrte sich nicht, als man ihr das Telefon abnahm und sie sanft zurück auf die Couch steuerte. Erst das kühle Eisteeglas, das man Ran in die Hand drückte und die besorgte Stimme ihrer Freundin beförderten sie in die Wirklichkeit zurück. „Das war Shinichi, oder?“ Kazuhas Stimme war sanft, ihre Augen lagen ungeduldig auf ihr, ehe Ran ein kurzes Nicken zustande brachte. Doch noch ehe sie dazu kam, weiter zu erklären, donnerte eine andere Stimme durch den Raum. „Ich kann es wirklich nicht fassen! Dieser miese kleine Egoist!“ Sonokos Nasenflügel bebten. Ran aber blieb stumm, während sie Kazuha seufzen hörte, gerade erst hatten sie die Suzuki-Erbin zur Ruhe gebracht. Sonokos Wut schwappte über Ran hinweg und hüllte sie in den dichten Nebel scheinbarer Gerechtigkeit und Genugtuung. „Was bildet der sich überhaupt ein! Hier anzurufen. Nach allem, was passiert ist, einfach bei dir durchzuklingeln?!“ Sonokos braune Augen huschten unruhig über die Gestalt ihrer Freundin. Der Eistee schaffte es die Blässe von ihrer Nase zu waschen, sie sah zwar nicht gut aus, aber bei Weitem besser als gestern. Die Miene der Konzerntochter wurde düster. Noch allzu lebhaft hatte sie die Bilder des gestrigen Tages vor Augen. Nie, niemals wieder wollte sie Ran so sehen. Was passiert war… was er ihr angetan hatte, war einfach unmenschlich. Für die Sache mit Conan hatte sie noch Verständnis aufbringen können, schließlich hatte er so gehandelt, um sie zu schützen. Aber wahrscheinlich war er in der schimmernden Rüstung, die man ihm auf den Leib geschmiedet hatte, mittlerweile genauso verrottet und faul wie die Typen, die er jagte. Er hatte keine Ahnung, was er angerichtet hatte. Hätte er gesehen… Sie stockte, spülte das Bild mit einem Schluck Tee hinunter. Hätte er sie gestern gesehen, hätte er ganz bestimmt nicht angerufen. Noch im Nachhinein bewunderte Sonoko die Stärke ihrer Freundin. Ihn einfach so stehen zu lassen, nach all den Jahren, in denen sie sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als ihn wieder in die Arme zu schließen. Ihn einfach zu ignorieren. Ihm das zu geben, was er sich selbst ausgesucht hatte, Einsamkeit. Und doch war es genau diese grausame, beinahe herzlose Art und Weise, die Sonoko bis ins Tiefste erschütterten. Denn so war Ran nicht. Sie hatte ihm schon so vieles verziehen, war so oft an seine Seite zurückgekehrt, obwohl er es gar nicht verdient hatte. Gestern aber war das Maß übergelaufen. Gestern war die Welt aus den Fugen geraten, Ran war aus den Fugen geraten. Sonoko wusste nicht mehr, wie weit sie gekommen waren, was sie bis dahin alles zu Ran gesagt hatten, ehe sie bemerkten, wie die Knie ihrer Freundin mit jedem Schritt immer wackeliger wurden. Kazuha und ihr war schnell klar gewesen, dass sie es nicht mehr zu ihren eigenen Autos schaffen würden. Also hatte sich Sonoko vor das nächstbeste Taxi geschmissen, das ihnen in die Quere kam, und einen mehr als erschrockenen und leicht erbosten Taxifahrer dazu gebracht, stehen zu bleiben. Der Zorn des Fahrers, der in Sonokos Erinnerungen nur noch aus einem einzigen großen Schnurrbart bestand, war jedoch schnell verraucht, als er einen Blick auf die junge Frau geworfen hatte, die zwischen den beiden Furien stand. Der Schnauzer zuckte kurz und hatte die drei Frauen ohne eine weitere Bemerkung einsteigen lassen. Kaum hatten sie die sichere Dunkelheit des Autos erreicht, brach der Damm unter ihren Tränen. Eine nach der anderen fand ihren Weg über Rans Wange, stets begleitet von dem heiseren Singsang ihres stummen Schluchzens. Kein Wort kam über Rans Lippen und im Nachhinein betrachtet war Sonoko klar, dass auch keines ihrer Worte an ihre Freundin heran gedrungen war. Dem starken Verkehr und einigen roten Ampeln waren es zu schulden, dass Ran sich noch im Taxi beruhigt hatte, soweit sogar, dass sie die beiden hatte überzeugen können, sie allein zu lassen in ihrer Wohnung. Wenigstens für heute. Und auch wenn Ran heute tatsächlich besser aussah, war es der trübe, nahezu leere Blick in ihren Augen, der Sonoko den Magen umdrehte und sie dazu brachte, diesem Widerling von Kudo alles Mögliche an den Hals zu wünschen. Ran hatte ihm alles verzeihen können. Aber die Tatsache, dass er sie dermaßen vorgeführt hatte, sich scheinbar nicht um ihre Gefühle scherte, das war zu viel gewesen. Von dem Shinichi Kudo, den sie kannten, schien nichts mehr übrig zu sein. Der Mann, der für Ran immer einen sicheren Pfad in dieser Welt dargestellt hatte, hatte sie einmal zu oft in die Irre geführt. Sie hatte sich verirrt. Ran hatte sich verloren. Seine Füße hatten ihn über den Rasen zur Hintertür des Professors getragen, während seine Gedanken noch immer woanders waren. Zum Glück aber hatte sein Instinkt Recht behalten und die schmale Balkontür war nur angelehnt. „Professor? Stuart?“ „Hier drüben, Shinichi.“ Mit einem müden Lächeln auf den Lippen trat der junge Detektiv zu den Erfindern in Agasas Werkstatt, wobei man dem alten Mann eigentlich zugestehen musste, dass das Wort „Werkstatt“ sich vor Ai schlichtweg auf das ganze Haus bezog. Wo man nur hinsehen konnte, waren Erfindungen, Werkzeug, oder Dinge, die „man ja noch mal brauchen kann“ verstreut gewesen. Wobei Shinichi vor allem bei Letzterem die Trennung zwischen Bauteil und Schrott schwergefallen war. Ai hatte nicht nur in das Leben des Professors ein wenig mehr Ordnung rein gebracht, sondern auch in seinen Haushalt und was den anbelangte, schien der alte Mann die Regelung noch immer umzusetzen. Er fand die beiden mit Lupenbrillen, Vergrößerungsgläsern und Mikroskopen bewaffnet am Arbeitstisch des Professors vor, der über beide Backen strahlte, als er zu Shinichi aufsah. „Stuart erklärt mir gerade, wie es ihm gelungen ist, den Remitter auf diese erstaunliche Größe zu reduzieren.“ Shinichi seufzte, schüttelte wortlos den Kopf, während seine Finger über die Antenne von was auch immer strichen. „Ich bin sicher, das ist für sie beide spannend, but Tracy is not so amused, I think she demands your company.” Der Erfinder des FBIs sah auf, blinzelte mit viel zu großen Augen durch die Lupenbrille, ehe er sie auf die Stirn zog. “Is that so?“ Shinichi seufzte nur, doch der Erfinder schien schon längst erkannt zu haben, dass hinter seinem Verhalten noch mehr steckte. “You talked to her.” Der Detektiv blinzelte ertappt, erkannte kurz, wie nun auch der Professor überrascht aufsah, ehe sich seine Blicke senkten. Shinichi schluckte, presste unweigerlich die Lippen zusammen. Stuart aber seufzte nur, schüttelte dann mit einem zynischen Grinsen auf den Lippen den Kopf. „Maybe we should work on an invention against the anger of woman?“ Der Detektiv zuckte nur hilflos mit den Schultern, ehe sich ein kurzes Lächeln auf seine Lippen schlich. “I think such a thing already exists. It´s called credit card.” Doch das Lachen des Oberschülers klang hohl in den Ohren des amerikanischen Wissenschaftlers. Sie beide wussten nur zu gut, dass selbst die ultimative Geheimwaffe der Männer in Shinichis Fall nichts ausrichten konnte. Ein drückendes Schweigen hatte sich über die drei gelegt, ehe sich der Amerikaner mit einem Räuspern wieder zu Wort meldete. „Sill… do not worry about me, Shinichi. The anger of woman is like boiling water. You can get burned pretty hard, but the water needs to cook, because once the steam is off there is no hot water left.” Die Augen des Erfinders trafen die Shinichis nur kurz und doch schaffte es der Oberschüler, ihm ein dankbares Lächeln zuzuschustern, ehe er die beiden wieder ihrer Bastelei überließ. „Fine, but don´t say I didn´t warn you.” Während er Stuart in seinem Rücken etwas davon murmeln hörte, wie nett man manchmal mit dem erwähnten heißen Wasser kochen konnte, war das Lächeln auf Shinichis Lippen schon längst wieder verblasst. „EINE FRAU?“ Sonokos Lautstärke ließ Ran zusammenzucken. „Und du sagst, sie hat ihn „Darling“ genannt? Dieser miese, falsche-…“ Doch die ruhige Stimme Kazuhas ließ das Ende von Sonokos Beschimpfung offen. „Und du bist dir sicher, dass es nicht seine Mutter war?“ Die Lehrerin aber nickte nur, knetete das mittlerweile leere Eisteeglas in ihren Händen. „Ja, seine Mutter klingt anders. Diese Frau, sie ist Ausländerin … glaube ich.“ Kazuha sah ihre Freundin lange an, schluckte kurz, ehe sie stumm nickte. „Ich kann es einfach nicht fassen! Da traut sich dieser Mistkerl wirklich anzurufen, obwohl seine-…“ „Ich glaube nich, dass es seine Freundin war, Sonoko.“ Die unsichere Stimme der jungen Mutter aus Osaka ließ die anderen beiden aufschauen. Doch während Ran sie nur überrascht musterte, begann die Ader unter dem etwas zu dick aufgetragenen Make-up auf Sonokos Stirn erst recht zu pochen. „Und wie kommst du darauf! Es ist ja wohl eindeutig, was dieser Idiot sich geleistet hat.“ Kazuha aber schaute sie nicht an, rieb sich unwohl über den Unterarm, während sie sprach. „Ich mein ja nur. Es muss ja nichts heißen das ´se ihn so gerufen hat.“ Doch die scheinbar pure Ignoranz der Osakanerin brachte das Blut von Sonoko erst recht in Wallung. „Was zum Henker ist los mit dir! Du nimmst diesen Kerl doch nicht etwa noch in Schutz!“ Kazuha zuckte nur, blieb aber stumm. „Kazuha.“ Rans Stimme ließ die junge Frau aufsehen, die blauen Augen ihrer Freundin blickten sie durchdringend an, ihr Tonfall aber war weich, beinahe schon fürsorglich. „Du warst schon den ganzen Tag so still. Was ist los?“ Die Lehrerin sah, wie ihre Freundin kurz schluckte und auch Sonoko hatte sich beruhigt und wartete nun auf eine Erklärung. Ihre Hände lagen unruhig in ihrem Schoß, Kazuha bemerkte, wie ihre Augen zu brennen begannen. Sie musste sich zwingen, aufzusehen und mit dem Sprechen zu beginnen, ehe der Kloß in ihrem Hals ihr es gänzlich unmöglich machte. „Ich… ich denke, es gibt da ein paar Dinge, die du wissen solltest, Ran.“ Er erinnerte sich nicht mehr daran, diese Entscheidung getroffen zu haben, seine Füße hatten Shinichis nebligen Verstand wie von selbst in diesen Raum gelenkt. Wahrscheinlich, weil dies schon früher sein Zufluchtsort gewesen war. Grade jetzt könnte er ihre Hilfe mehr als gut gebrauchen … Eine Gänsehaut schlich sich über seinen Rücken, während er einen tiefen Zug der leicht modrigen Luft ihres Labors nahm. Seine Finger glitten zum Lichtschalter, Shinichi blinzelte nicht, während die Deckenlampe, nach kurzem Flackern aufleuchtete. Nichts hatte sich verändert. Ein trauriges Lächeln zeigte sich auf den Lippen des Oberschülers, als er weiter in den Raum eintrat. Er spürte, wie das Herz in seiner Brust immer schwerer zu schlagen begann. Es war so leicht, die Erinnerung von Ai in ihrem Labor abzurufen, sodass sich Phantasie und Realität auf unnatürliche Weise mischten und immer wieder geisterhafte Phantome der Chemikerin im Raum, vor seinem inneren Auge aufflackerten. Shinichi schluckte schwer, ließ seinen Blick über die vom Staub getrübten Reagenzgläser und Kolben schweifen. Die Chemikalienbehälter waren so verstaubt, dass man die Aufschrift kaum noch entziffern konnte. Er musste den Professor dringend daran erinnern, die Stoffe zu entsorgen, bevor sie ihm durch eine chemische Reaktion der zerfallenden Substanzen noch um die Ohren folgen. In den kleinen - und Gott sei Dank leeren - Mäusekäfigen lag nur noch ein verwaistes Stückchen Brot, das wahrscheinlich nicht einmal die Zähne der kleinen Nager noch klein kriegen würde. Shinichis Füße führten ihn zu ihrem Schreibtisch, nur zögernd zog er sich den Stuhl heran und spürte, wie sich sein Magen mit Eiswürfeln füllte, während sich seine langen Beine bei dem viel zu niedrigen Stuhl beinahe unter dem Schreibtisch verhedderten. Der Computermonitor starrte ihn kalt und grau entgegen, die dünne Staubschicht hatte alles konserviert und war ein stummer Zeuge ihrer letzten Anwesenheit. Ais letzten Arbeiten lagen vor ihm, schon längst hatte das Papier einen ungesunden Gelbstich angenommen. Analysetabellen irgendwelcher Stoffe, Thermokurven, Formeln und Zusammensetzung alles matt und verblichen, doch nicht minder lesbar. Shinichis Blick aber galt weniger den ausgedruckten Daten, als vielmehr den handschriftlichen Notizen, die über die verschiedenen Papiere verstreut waren. Ihre Schrift war klar lesbar, für Schnörkeleien hatte sie nicht viel übrig gehabt und dennoch verliehen die eng aneinander gepressten Buchstaben der Schrift der Wissenschaftlerin einen feinen femininen Touch. Er ließ die Augen über die verschiedenen Anmerkungen schweifen, versuchte aber nur kurz ihren Gedanken zu folgen. Keine dieser Aufzeichnungen würde ihm die Antwort liefern, die er jetzt brauchte. Er schluckte, merkte nicht, dass er begonnen hatte mit ihrem Kugelschreiber zu spielen, während seine Augen noch immer in ihren Notizen eine Antwort suchten. Ein bitterer Geschmack hatte sich auf seine Zunge geschlichen. Die Wahrheit war, dass all diese Fragen wohl nur in eine andere mündeten. Den Grund, warum alle Antworten unausgesprochen blieben… Wie? Wie hatte sie ihn damals gefunden? Wie hatte sie von dem Brief erfahren? „Wie?“ Die Frage hallte einsam in dem leeren Laboratorium wieder. Er würde ja doch keine Antwort bekommen, auf keine seiner Fragen. Mit einem Seufzen ließ sich der Detektiv tiefer in den Stuhl sinken, sein Blick schweifte über den Tisch, ehe seine Augen erneut an etwas hängen blieben. Sollte sie etwa…? Shinichi schluckte, griff nach dem kleinen Gerät und für einen kurzen Moment schwebten seine Finger über der Play-Taste des Diktiergerätes, ehe er es einschaltete. Sein Herzschlag beschleunigte sich, unter seiner Haut begann es zu kribbeln, während er in die Stille des Labors hinein lauschte. Rauschen. Rauschen und das leise Rattern der altmodischen Kassette im Recorder war das Erste, was er für eine lange Zeit hörte. Doch die unsichtbare Stimme, die nach wenigen Minuten mit ihm zu sprechen begann, ließ den Detektiv zu Eis erstarren. „Meine kleine Shiho… nun so klein bist du wohl jetzt gar nicht mehr... Der Gedanke daran, dass dies die letzte Kassette ist, die ich dir mit auf den Weg gebe, bricht mir beinahe das Herz.“ Ein heiseres Keuchen drang aus seiner Kehle, noch immer ruhte seine Augen auf dem Diktiergerät und beobachteten, wie die kleinen Spulen langsam im Kreis liefen. Elena Myano. Ais- Shihos Mutter. Bei der Kassette handelte es sich um eine von den zwanzig, die ihre Mutter für sie aufgenommen hatte, genauer gesagt, um die Letzte, allem Anschein nach. Shinichi schluckte, biss sich auf die Lippen, während die Stimme der fremden Frau weiter mit ihm redete. „Ich hoffe, du bist mir mittlerweile nicht mehr ganz so böse. Glaub mir Shiho, nichts liegt mir ferner als dich und deine Schwester allein zu lassen, aber ich wusste, worauf ich mich einlasse und dies ist die Strafe, die ich nun zu zahlen habe. Ich bin mir sicher, ihr werdet es auch ohne mich schaffen, ein schönes Leben zu leben.“ „Shinichi?“ Die Stimme in seinem Rücken ließ ihn zusammenzucken. Er drehte sich um und erkannte Tracy, die ihn mit leicht sorgenvollem aber auch fragendem Blick ansah. Er schluckte, wandte ihr erneut den Rücken zu und sah sie aus dem Augenwinkel neben sich treten, während sie das Diktiergerät musterte. „Shinichi, wer…?“ Doch Elena brachte die Amerikanerin zum Schweigen. „Wahrscheinlich hast du in diesem Alter ohnehin schon einen netten Freund an deiner-“ Shinichi hatte dem Geist der Vergangenheit mit einem Knopfdruck ein Ende bereitet. Diese Worte waren ohnehin nie für seine Ohren bestimmt gewesen. Doch sein Blick klebte förmlich an dem kleinen Tonträger, während er Tracy antwortete. „Shihos Mutter, Elena Myano. Sie hat ihr diese Kassetten aufgenommen, als Erinnerung und um… an ihrem Leben teilzuhaben.“ Die Chemikerin nickte stumm, trat näher an ihn heran, lehnte sich an den Schreibtisch und sah sich in dem kleinen Laboratorium um, ehe auch ihr Blick wieder auf dem Diktiergerät zur Ruhe kam. Sie kannte die Geschichte von Elena Myano nur flüchtig, es gab ohnehin nicht viel, was man über die Eltern von Sherry wusste. Die warme Stimme der liebenden Mutter warf ein Bild auf das Organisationsmitglied, dessen volles Ausmaß das FBI wohl niemals begreifen würde. Sie schluckte, benetzte sich flüchtig die Lippen, ehe sie zu sprechen begann. „Sie muss gewusst haben, was passieren wird.“ Shinichi schaute sie nicht an, nickte aber. „Ich wage mir nicht mal vorzustellen, wie es sich anfühlt… zu wissen, dass man seine Kinder schutzlos zurücklässt, in dieser Organisation. Allerdings frage ich mich, warum sie nicht versucht hat, es zu verhindern, warum sie nichts getan hat…“ „Das hat sie doch…“ Seine Stimme war rau, noch immer bohrte Shinichi mit seinem Blick Löcher in den Schreibtisch. „Sie hat etwas getan. Sie hat ihrer Tochter diese Kassetten bespielt.“ Die FBI-Agentin schluckte hart, presste den unausgesprochenen Kommentar wieder in ihre Kehle zurück. Ein Kloß formte sich in der Kehle der Chemikerin, während ihr Blick zu dem Oberschüler an ihrer Seite schweifte, der ihren Gedanken offenbar auch gefolgt war, ohne dass sie sie hatte aussprechen müssen. Shinichis Magen hatte sich mit Steinen gefüllt, er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen und merkte gar nicht, wie sein Mund Dinge aussprach, die er nie zur Sprache bringen sollte. „Manchmal erscheint so etwas eben als der einzige Ausweg,… wenigstens noch das ein oder andere ins rechte Licht zu rücken und in die Dinge einzugreifen. Wenn man zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht nicht mehr kann.“ „Shinichi…“ Seine Worte hatten die kleinen Härchen auf ihren Armen elektrisiert, sein Tonfall füllte ihren Magen mit Steinen und ließ mehr als nur Unruhe in ihr zurück. Der Detektiv schien die Spannung im Raum zu merken, sah zu ihr auf und zuckte nur mit den Schultern. „Wahrscheinlich werden wir sowieso nicht erfahren, warum sie so gehandelt hat.“ Sein Blick fiel auf die Uhr in Tracys Rücken, ehe er die Stirn runzelte, natürlich war das dumme Ding längst stehen geblieben. „Aber sag mal Tracy, was machst du eigentlich hier? Ich dachte du und meine Mutter bringen Bell wieder auf Vordermann?“ Die Amerikanerin blinzelte kurz, schluckte dann den bitteren Geschmack auf ihrer Zunge hinunter, vergessen würde sie das Gespräch zwischen ihnen ganz sicher nicht so schnell, wie er es sich vielleicht wünschte. Ein blasses Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Shinichi, das war vor fast zwei Stunden. Wir haben nach dir gesucht, als du nicht aufgetaucht bist, ehe der Professor bemerkte, dass die Tür zum Keller offen stand.“ „Zwei Stunden?“ Seine Augen wurden kurz groß, ehe er den Blick zu Boden gleiten ließ. Er hatte die Zeit hier unten wirklich aus den Augen verloren, sein benebelter Verstand hatte ihm eine Zeitlupe vorgegaukelt, während die Uhren außerhalb des Labors normal weiter gelaufen waren. Alles nur, weil er sich einen Rat erhofft hatte… Alles nur wegen ihr. „Du musst es weiter versuchen, Shinichi.“ Ihre Stimme war sanft, sie fing seinen Blick mit ihren braunen Augen auf. Shinichi aber seufzte nur. „Wozu denn? Es führt uns doch nirgendwo hin, nicht, solange…“ Die bezeichnende Geste hätte es gar nicht gebraucht, Tracy wusste auch so, wovon er sprach, ihr Ton legte eine Spur an Würze zu. „Wenn du so denkst Shinichi, hättest du schon vor Jahren aufgeben können. Aber das hast du nicht. Oder glaubst du etwa nicht mehr daran, nach dem Sturz der Organisation an das Gift heranzukommen?“ Er schluckte, fuhr sich zweifelnd durchs Haar. „Ich… Keine Ahnung. Ich hoffe einfach-…“ Doch ihre beinahe herrische Stimme unterbrach ihn. „Ganz genau! Du hoffst. Ein Teil von dir vertraut noch immer darauf. Und ich weiß genau, dass du nicht der Einzige bist.“ Sie seufzte lautlos, ließ ihren Ton wieder weich werden, wartete, bis er ihr endlich wieder in die Augen sah. „Warum glaubst du wohl, hat sie zehn Jahre lang gewartet, Shinichi? Versuch es noch einmal. Erklär ihr, was passiert ist und lass sie dann eine Entscheidung treffen. Die Wahl, die sie momentan getroffen hat, ist ungerecht euch beiden gegenüber … auch wenn Ran es nicht weiß, oder besser gerade, weil sie es nicht weiß.“ Ihre Hand fand seine Schulter, drückte sie leicht ob der vielen Zweifel, die sie in seinen blauen Augen erkennen konnte. „Rede noch einmal mit ihr… Versuch es einfach noch einmal.“ Shinichi schluckte, nickte dann stumm. Ein Lächeln schlich sich zurück auf die Lippen der Chemikerin. „Gut und jetzt seh zu, dass du zu deiner Mutter kommst. Yukiko wartet nämlich schon auf dich.“ Sie sah, wie er seufzte, sich dann aber ohne weitere Diskussion vom Schreibtisch erhob und aus dem Raum ging, während sie in dem kleinen Labor zurückblieb. Tracy holte tief Luft, sah sich ein weiteres Mal in dem Arbeitszimmer Sherrys um, ihre Blicke fielen auf Notizen und Daten, ehe sich die FBI-Agentin auf die Lippe biss. Sie hatte es ihm versprochen … Nach etlichen Hoffnungen, Versuchen, Fehlschlägen und quälenden Enttäuschungen hatten sie letztendlich aufgegeben und er hatte ihr das Versprechen abgerungen, es dabei bleiben zu lassen, noch mehr hatte er damals nicht ertragen können. Aber mit dem, was ihr Sherrys Labor an Daten liefern könnte… Shinichi musste ja nicht gleich etwas davon erfahren, solang sie nicht wusste, ob die Unterlagen sie zu einem Ergebnis führen würden. Nachdenklich verschränkte sie die Arme vor der Brust, ehe Tracy mit festem Blick nickte. Endlich war dieser Tag vorbei. Die Maske passte wieder und Tracy würde Bell morgen früh noch den letzten Schliff verpassen, es lag an ihm sich auszudenken, wo sich der Professor sich seine neue Verletzung zu gezogen hatte. Es war vorbei, zumindest fast… Er lag auf seinem Bett, hörte seine Mutter unten das Abendessen vorbereiten, während sie mit seinem Vater diskutierte. Aber er war längst zu müde um den Willen aufzubringen, der Unterhaltung zu folgen. Außerdem interessierte es ihn schlichtweg nicht. Sein Kopf war wie in Watte gehüllt, nichts war an diesem Tag so wirklich an ihn herangekommen. Shinichi hatte das Gefühl, dass er gar nicht wirklich anwesend war, dass er sich selbst nur zugeschaut hatte, bei dem, was heute gewesen war. Allein ihre Stimme war heute zu ihm durchgedrungen. Jedes einzelne ihrer Worte steckte noch tief in seinen Knochen. Shinichi schluckte, ließ sich tiefer in sein Kopfkissen sinken, doch das tat ihm nicht den Gefallen, sich endlich von dem Stein in seinen Nacken wieder zurück in etwas Weiches zu verwandeln. Er sollte das Abendessen einfach schwänzen, eine große Bereicherung würde er am Esstisch ohnehin nicht darstellen. Vielleicht würde der Schlaf ihm helfen, wenigstens einen Teil dieses nebligen Tages ganz zu vergessen. Doch grade, als der Oberschüler die Augen schließen wollte, ließ der Signalton seines Handys ihn aufschauen. Mit einem Seufzen tastete er nach dem kleinen Gerät auf seinem Nachttisch. Die Helligkeit des Displays blendete ihn, nachdem er den Monitor entriegelt hatte. Erst als sein Blick auf die Nummer des Absenders fiel wurden seine Augen groß. Mit kalten Fingern öffnete er die Nachricht. „Ich habe Morgen in der großen Pause Aufsicht. Komm, wenn du Zeit hast. Ran“ Der Kloß in seinem Hals hatte sich festgesetzt, während ihre kühle Art ihm erneut einen Schlag in die Magengrube verpasst hatte und sein Herz heftig gegen seinen Brustkorb hämmerte. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz hatte sich ein müdes Lächeln auf seine Lippen geschlichen. Hallöchen ihr Lieben ^.^ Ich freue mich euch im neuen Jahr mit einem neuen Kapitel von „Lost in Time“ begrüßen zu dürfen! Ich hoffe ihr seid alle reich beschenkt worden und gut ins neue Jahr gekommen :3 Wie immer möchte ich mich an dieser Stelle für die liebe Kommentare und eure treue bedanken ^_^ jeder einzelne hat meinen Jahreswechsel versüß! Vielen vielen Dank! Natürlich bin ich jetzt, wo es mit Ran und Shinichi nun endlich ein wenig mehr zur Sache geht besonders gespannt auf eure Meinung ^///^ und würde mich deswegen über das ein oder andere Kommi nur noch mehr freuen! Bis bald, alles liebe eure Shelling PS: Ja! Beim nächsten mal ist es so weit und bei beiden treffen endlich wirklich aufeinander, ein ganzes Kapitel nur für die beiden ;) Kapitel 31: Caught in Reality ----------------------------- Sooo diesmal ein kurzes Hallo am Anfang, die liebe –Sorvana- hat mir den Vorschlag gemacht, das ein kleiner Rückblick am Anfang nicht schlecht wäre und ich denke sie hat recht, also hier bitte, für alle die nochmal einsteigen wollen ;) Bis später *sichzumEndeverkrich* Rückblick ----- „Ich habe Morgen in der großen Pause Aufsicht. Komm, wenn du Zeit hast. Ran“ Der Kloß in seinem Hals hatte sich festgesetzt, während ihre kühle Art ihm erneut einen Schlag in die Magengrube verpasst hatte und sein Herz heftig gegen seinen Brustkorb hämmerte. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz hatte sich ein müdes Lächeln auf seine Lippen geschlichen. ----- Ende Caught in Reality Er war zu Fuß gegangen und der Weg zur Schule hatte sich angefühlt, wie eine Reise durch die Vergangenheit, die nie wirklich seine gewesen war. Shinichi ignorierte die neuen Geschäfte und Restaurants, erfreute sich nicht an denen, die er noch wiedererkannte, sondern setzte bewusst einen Schritt vor den anderen, um ja nicht vom rechten Weg ab zu kommen. Schon von weiten konnte er hören, das er zu spät dran war. Der Lautstärkepegel hinter den Mauern des Schulgeländes verriet ihm, dass die Pause an der Teitan Oberschule schon begonnen hatte. Nicht mal mehr eine Stunde blieb ihm für das Gespräch mit ihr. Der Oberschüler schluckte, schritt mit gesenktem Blick um die letzte Ecke, sodass der Schulhof sich laut, lang und turbulent vor ihm erstreckte. Das Bild schien dem seiner eigenen Schulzeit gegenüber unverändert und doch konnte er in diesem Gewirr aus Uniformen kein Gesicht wiederkennen. Der Schein des vertrauten, unveränderten Zustands war ein Trugbild. Shinichi seufzte, schüttelte den Gedanken von sich ab und schaltete den analytischen Teil seines Verstandes ein, während er seinen Blick auf der Suche nach ihr schweifen ließ. Es dauerte nicht lange, ehe Shinichi sie in dem Durcheinander ausgemacht hatte. Sie stand bei einer kleinen Sitzgruppe, die im Schatten blühender Kirschbäume Schutz gefunden hatte, die zu seiner Zeit an der Schule noch zu klein gewesen waren, um die Bänke in Dunkelheit zu hüllen. Ran hatte ihm den Rücken zu gekehrt, beobachtete das bunte Treiben auf dem Schulhof. Shinichi merkte, wie es in seinen Fingerspitzen zu kribbeln begann und doch hätte er in diesem Moment am Liebsten die Zeit angehalten, um für eine Ewigkeit nichts weiter zu tun, als sie anzusehen. Wer wusste schon, ob Ran dies nach ihrem Gespräch noch dulden würde. Er seufzte, zog Hattoris Mütze ein wenig tiefer in sein Gesicht, ehe er dem tauben Gefühl in seinen Füßen nachgab und sich auf den Weg zu ihr machte. Rans Blick galt weder der Uhr an ihrem Handgelenk, die ihr verraten würde, dass er zu spät war, noch dem Treiben ihrer Schüler, zu sehr hingen die Gedanken der jungen Frau an dem, was Kazuha ihr gestern gesagt hatte. Im Nachhinein wunderte sie sich darüber, dass ihr und Sonoko nicht früher eingefallen war, das Heiji mit Kazuha vielleicht über den Vorfall gesprochen hatte. Stattdessen hatten sie ihre Freundin aus Osaka dazu verdammt so lange zu schweigen, bis sie es nicht mehr länger konnte und es einem Wasserfall gleich aus ihr heraus strömte. Während Kazuha erzählte, waren ihre Fingerspitzen kalt geworden, bis Ran glaubte, jegliches Gefühl in den Händen verloren zu haben. Kazuha übernahm das Reden und Sonoko war es, die gelegentlich eine Frage stellte, während sie nichts weiter tun konnte, als stumm dazusitzen und zuzuhören. Ihre Wut auf Shinichi Kudo ebbte jedoch nur langsam ab, flackerte immer wieder auf, wie eine Kerze im Wind, denn jedes Detail seiner Geschichte brachte einen neuen eisigen Luftzug mit sich. Er war zum FBI gegangen, hatte um Hilfe gebeten, um Schutz für sich und alle anderen. Die amerikanische Organisation war seinem Wunsch nachgekommen, auf eine Art und Weise, dessen Ausmaß Shinichi bis zu seiner Ankunft, hier in Japan, nicht klar gewesen war. Er hatte es nicht gewusst. Hatte nicht gewusst, dass Conan Edogawas Todesanzeige in der Zeitung gestanden hatte, dass es nach der Beerdigung bei Agasa Zitronenküchlein gegeben hatte, dass seine Mutter ihn und Ai beinahe täglich auf dem Friedhof besucht hatte. Er hatte es nicht gewusst. Er wusste nicht das Shinichi Kudo in den Medien schon lange als der Oberschüler galt, der „…seine Nase zu tief in Dinge gesteckt hatte, die ihn nichts angehen“, „…sich vermutlich mit einem Fall übernommen hatte“, „…vielleicht schon längst wegen seiner Neugier, beseitigt worden war“. Wie nahe sie der Wahrheit wirklich gewesen waren, war für Ran noch immer ein Schlag in die Magengrube. Wie musste es da für ihn sein, zu erfahren, dass nicht nur Conan, sondern auch Shinichi Kudo in der Öffentlichkeit schon längst das Zeitliche gesegnet hatte. Sie wusste es nicht. Mitleid lief wie heißes Öl über Rans Körper und verstopfte jede ihrer Poren, sodass ihr das Atmen immer schwerer viel. Ihr Kopf rumorte, wenn sie sich vorstellte, was er in den letzten zehn Jahren alles durchgemacht haben musste. Die Reue über das gestrige Telefonat, über ihren Umgang mit ihm schwappte mit einem kleinen Schauer rüber sie hinweg. Ran wusste, sie hatte jedes Recht wütend zu sein, jedes Recht so reagiert und gehandelt zu haben und doch… tat es ihr jetzt Leid. So konnte sie es nicht enden lassen. Als Kazuha erzählte, wie es dazu gekommen war, das Heiji, die Kinder, seine Eltern und die Polizei Bescheid wussten schlich sich Bitterkeit auf ihre Zunge. Schön, er hatte es ihnen nicht mit Absicht gesagt. Aber das spielte für die junge Lehrerin mittlerweile keine Rolle mehr, viel wichtiger war, er hatte es ihr nicht gesagt. Obwohl er erfahren hatte, dass er für sie alle als tot galt, obwohl es offensichtlich war, dass sie noch immer auf ihn wartete, trotz alledem hatte er weiter geschwiegen. Natürlich kannte sie seine Gründe. Ran verstand sie auch… wollte sie zumindest verstehen. Und doch konnte sie das Gefühl des Verrats nicht ausschalten, diesen Parasiten, der sie von innen heraus immer mehr zerfraß. Shinichi hatte diese Entscheidung getroffen. Er hatte diesen Weg eingeschlagen und ihr sein Los gleichermaßen auferlegt. Mit Bell hatte er eine neue Chance bekommen, er hatte doch auch die Chemie zwischen ihnen beiden bemerkt, er hatte das nicht ignorieren können, soviel war sicher. Dennoch hatte er sich dagegen entschieden sein Gefängnis abzulegen, die Einsamkeit zu beenden, der er sie beide ausgesetzt hatte. All die Risiken, die er so versuchte für sie zu umgehen … war es das wirklich wert? Ran schluckte, fühlte ein dumpfes Pochen in ihren Fingerspitzen, knetete nervös die Hände in ihrem Schoß. Sie hatte zu viel gehört und ahnte doch, dass sie noch immer nicht alles wusste. Ihre Gedanken tanzten, doch der Takt war so verworren, dass Ran selbst nicht richtig Schritt halten konnte und sich immer wieder in dem Gewirr aus Eindrücken und Emotionen verlor. Während Sonoko langsam immer stiller geworden war, war es Kazuha, die ihr dabei half, eine Entscheidung zu fällen. „Du liebst ihn, Ran.“ Ihre Stimme war sanft und leicht rau nach dem langen und beschwerlichen Redefluss, den sie hinter sich hatte und doch schaffte es Kazuha, Rans Blick mit ihren Worten zu fangen. „Die Tatsache, dass du Bell- du liebst ihn. Und er…“ Die junge Mutter senkte den Blick und schüttelte kurz den Kopf, ehe sie weiter sprach. „Ich denke einfach, dass du es nicht riskieren solltest… ihn noch einmal zu verlieren.“ „Ran.“ Seine Stimme schreckte sie aus ihren Erinnerungen auf, ihr Name aus seinem Mund allein schaffte es, die feinen Härchen in ihrem Nacken aufzustellen. Als sie zu ihm aufsah, wich mit einem warmen Prickeln sämtliche Luft aus ihren Lungen und das von ihrem Herzen ausgehende Erdbeben durchfuhr ihren ganzen Körper. Ihre Lippen zitterten, als sie lautlos seinen Namen formte, für ihren Verstand jedoch war er hörbar genug, um das, was er sah, endlich zu verarbeiten. Shinichi Kudo stand vor ihr. Keine Maske, keine unpassenden Klamotten, die die Wahrheit noch länger verbergen konnten. Nur Shinichi. Sein Gesicht war glatt, ein wenig unter Heijis alter Mütze verborgen und hatte doch die markanten Züge seines Vaters, die er in der Oberstufe entwickelt hatte. Seine blauen Augen lagen unruhig auf ihr, unter ihnen waren leichte schwarze Schatten zu erkennen, die ihr immer verraten hatten, wenn ihm ein Fall zu viel abverlangte. Auch seine etwas hagere Gestalt erzählte ihr mehr als ihm eigentlich bewusst war, nicht umsonst hatten sie sich öfter wegen Holmes Essverhalten in der Wolle gehabt. Die Oberschuluniform, die er anhatte, passte nichtsdestotrotz. Seine ausgebeulten Hosentaschen ließen vermuten, dass die Hände, die er darin versteckte, zu Fäusten verkrampft waren. Ran schluckte, bemerkte unwillig, wie ihre Augen zu brennen begannen. Er sah aus wie Shinichi, wie der Oberschüler vor zehn Jahren, er sah… jung aus. Gerade so, als wäre er aus einem ihrer alten Fotoalben gesprungen, dem Bilderrahmen mit einer geschickten List entkommen … ihm und der Zeit. Sie stockte, spürte, wie der Kloß in ihrem Hals immer dicker wurde. Mit einem Mal hatte Ran nicht das Gefühl, dass er nicht auf sie gewartet hatte, sondern sienicht auf ihn. Sie war ihm davon gelaufen… Unerreichbar zehn Jahre von ihm entfernt, während er sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Shinichi war es, der gewartet hatte… Ihr prüfender Blick brannte sich in seine Haut und für einen Moment überlegte der Oberschüler, ob es vielleicht keine so gute Idee gewesen war, sich so mit ihr zu treffen. Shinichi schluckte, bemerkte erst jetzt seinen trockenen Hals und rieb sich verlegen den Nacken, während er versuchte, irgendwie ein Gespräch zu beginnen. „Tut mir leid, dass ich zu spät bin.Er war noch nicht ganz ausgehfertig und außerdem… dachte ich, dass ich so wohl am wenigsten Aufsehen errege.“ Ran schaute ihn nur an, es dauerte eine Weile, bis sie die Worte verarbeitet hatte, die da grade aus seinem Mund gekommen waren. Die junge Lehrerin blinzelte, sah sich auf dem Schulhof um, als sähe sie in heute zum ersten Mal und nickte dann langsam. Als ihr Blick dann jedoch die Schusswunde an seiner Wange streifte, bewegte sie ihre zittrige Stimme zum Reden. „Aber ist das nicht zu gefährlich, wenn- ich meine. Sie könnten-…“ Ran beendete diesen Satz nicht, presste die Lippen zusammen und vermied es, sich zu auffällig umzusehen. Shinichi aber hatte längst begriffen, wohin ihre Gedanken wanderten, er seufzte nur und schüttelte fast schon amüsiert mit dem Kopf. „Nach vorgestern spielt das wohl keine große Rolle mehr.“ „Aber du sagtest doch-…“ Das bittere Lächeln auf Shinichis Lippen wich einem kurzen Seufzten. „Für die Öffentlichkeit existiert William Bell noch und ich denke, es ist auch besser, wenn es dabei bleibt.“ „Verstehe.“ Rans leise Stimme hatte es grade so an sein Ohr geschafft und leitete ein Schweigen ein, welches sich wie dichter Nebel über ihnen ausbreitete. Die junge Lehrerin stand auf, machte einen Schritt von der Bank weg und einen auf ihn zu, ihr Atmen ging regelmäßig und mit jedem ihrer Züge versuchte Ran ihre Gedanken zu ordnen. Doch der dicke Wollmantel aus Ruhe juckte und kratzte überall auf ihrer Haut. Er hatte es mal wieder geschafft, sie aus dem Konzept zu bringen. Seine bloße Anwesenheit hatte gereicht, um die Fragen und Anschuldigungen in ihrem Kopf durcheinanderzuwirbeln. Ran seufzte, der Frühlingswind zerrte an ihrem Kleid und trug ihre Frage beinahe mit sich fort. „Warum, Shinichi?“ Sie sah ihn zusammenzucken, ehe er aufschaute. Rans Stimme aber gab nicht nach, wurde nicht weich, sondern blieb weiter stumpf und monoton. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Ihre dunkelblauen Augen sahen ihn an. Zum ersten Mal seit langem, wieder tief in ihn hinein, sodass ihm klar war, das sie ihn sofort durchschauen würde, wenn er jetzt log. Der Detektiv wandte den Blick, der Boden zu seinen Füßen war für diesen Moment interessanter als alles andere. Die Steine in Shinichis Magengrube wurden immer schwerer, während sich sein Verstand von dem Problem ab zu lenken versuchte. Sein Blick fiel auf ihre Schuhe. Ran hatte flache Schuhe an, Shinichi wusste direkt, dass sie sich bewusst gegen Absätze entschieden hatte und wahr ihr mehr als dankbar dafür. Dennoch überragte sie ihn ohne Bells hoch besohlte Schuhe ein wenig und war damit größer als er. Wenn auch nur knapp anderthalb Zentimeter. Aber schon jetzt hatte er beschlossen, diese anderthalb Zentimeter zu hassen. Er hasste sie aus tiefstem Herzen. Denn sie waren der Grund, warum er seinen Blick leicht nach oben kalibrieren musste, um ihr in die Augen sehen zu können. Wenn er ihr in die Augen sehen könnte. Seine Stimme klang belegt, als er es endlich tat. „Ich dachte- ich hatte gehofft, das wüsstest du mittlerweile.“ Rans Gesicht aber verhärtete sich bei dieser Antwort wieder, Wut und Enttäuschung kehrten in ihre Glieder zurück und brachten ihre aufgebrachte Stimme zum Zittern. „Nach all den Geheimnissen und Lügen, woher soll ich wissen, dass das die Wahrheit ist?“ Sie sah ihn zusammenzucken, doch sein Schweigen lud sie weiter zum Reden ein. „Kannst du dir vorstellen, wie das ist? Gesagt zu bekommen, dass derjenige, um den man sich Sorgen macht, die ganze Zeit vor meiner Nase herumgetanzt ist? Kannst du dir vorstellen, wie es ist, wenn man erfährt, dass dieser Idiot- dass er…“ Sie spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen, versuchte die Bilder aus ihrem Kopf zu bekommen, Heijis brüchige Stimme zu ignorieren, die ihr seit Jahren im Kopf rum spukte und immer wieder das Gleiche erzählte. Er ist tot. Die Lehrerin schüttelte den Kopf und ignorierte die kleine Stimme die ihr versuchte ein zu reden, das sie gerade ein Gespräch mit einem Geist führte. „Ich habe gewartet Shinichi… und dann kam Bell.“ Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, Shinichi erkannte das ihre Fingerknöchel weiß wurden, während sie sprach. „Ich dachte, ich könnte dich vergessen…“ Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, verfehlten ihr Ziel jedoch nicht, sodass er die Augen schloss und den Schmerz einfach ertrug. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist… plötzlich für einen Fremden so zu empfinden obwohl man… obwohl. Es fühlt sich an wie Hochverrat. Man fühlt sich dreckig und beschmutzt und doch ist da dieser Funken Hoffnung, der einen immer weiter gehen lässt. Ich dachte wirklich-…“ Ran schluckte, wandte den Blick von ihm ab, ließ ihren Satz unbeantwortet Raum schweben, ehe ihre Stimme wieder bitterer wurde. „Bis Ayumi mir die Augen öffnete. Bis ich gesehen habe, was ich nicht sehen wollte, weil ich den Gedanken nicht ertragen konnte, dass du mir das noch einmal antust. Ich war wütend, verletzt, aber ich habe nachgedacht. Ich habe gehofft, du tust auch das nicht ohne Grund, ich habe gehofft… du sagest es mir.“ Ihr Herz klopfte in einem unreinen Takt, während ihre Augen langsam zu brennen begannen, als der Schmerz überhandnehmen wollte. Doch die Lehrerin schüttelte den Kopf, blinzelte energisch und sah ihn nun wieder direkt an. „Ich habe die Nase voll, ich habe es ganz einfach satt, dass nur du die Entscheidungen fällen sollst. Ich bin kein Kind mehr.“ Die Worte kamen hart über ihre Lippen und sie wusste genau, wie es in seinen Ohren klang, doch es war ihr egal. Er hatte sie angelogen, hintergangen und benutzt und sie hatte es ertragen, war bereit noch mehr auf sich zu nehmen, doch für den Moment war er an der Reihe, die Dinge zu ertragen. „Unsere… Freundschaft ist nichts, was du alleine beschützen musst, denn deine bisherigen Versuche waren mehr als miserabel. Deine Versuche, mich zu beschützen, uns zu beschützen haben uns hierhergebracht. Deine Lügen und Geheimnisse zerstören nicht nur dich… und wenn du weiter versuchst, alles und jeden zu beschützen, dann gibt es bald nichts mehr, was du noch beschützen kannst.“ Ihre Stimme zitterte immer mehr, die Wut in ihrem Inneren war mit jedem ihrer Worte ein wenig erloschen und auch wenn sein blasses Gesicht ihr den Magen umdrehte, war die Erkenntnis, die sie in seine Züge sah die Übelkeit wert. Ran schluckte, befeuchtete ihre trockenen Lippen mit ihrer Zunge, bis sie weit ruhiger erneut zu sprechen begann. „Ich lasse mich nicht mehr belügen, Shinichi. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen.“ Sie machte noch einen Schritt auf ihn zu, an ihren Fingerspitzen konnten sie die Wärme der seinen spüren. „Ich habe gewartet… und ich kann noch länger warten.“ Shinichi spürte, wie seine Augen langsam groß wurden, sein Herz beförderte in einem rasenden Takt das Blut in seine Wangen. Für einen schier endlosen Moment konnte er nichts weiter als sie anzustarren, diese wunderschöne Frau, die noch immer dazu bereit war auf ihn zu warten… die ihn noch immer liebte? Shinichi schluckte, doch seine trockene Kehle blieb. In seinem Kopf tobte es, er wusste, was er ihr sagen musste, wusste, was er ihr sagen wollte und doch klang seine Stimme fremd in seinen Ohren, als er eine Frage stellte, mit der er selbst nicht gerechnet hatte. „Warum ich, Ran… warum ausgerechnet ich?“ Seine geflüsterten Worte schmiedeten ein Lächeln auf ihre Lippen und vollenden damit die Gänsehaut in seinem Nacken. „Diese Entscheidung habe ich schon vor über zehn Jahren getroffen Shinichi.“ Er stockte, fühlte, wie sein Herz kurz aussetzte, sein Verstand aber konnte die Realität nicht so einfach abschalten. „Du begibst dich in Gefahr, Ran.“ Doch auch seine poröse Stimme konnte Ran Moris Meinung nicht mehr ändern. Ihr Tonfall war noch immer weich, jedoch nicht ohne Nachdruck. „Und auch das Shinichi… ist meine Entscheidung.“ „Ran…“ Ihm fehlten die Worte. Er konnte nicht begreifen, konnte nicht verstehen, wie es möglich war, dass sie ihm so einfach verzeihen konnte. Zu gerne hätte er ihre Hand genommen, sie an sich gedrückt, doch der Oberschüler war sich seiner Umgebung sehr wohl bewusst, sodass er es bei einem kleinen Lächeln beließ, welches seinen Seufzer begleitete. „Ich wäre wirklich gern mit dir Essen gegangen.“ „Dann tu´s doch…“ Ihre Stimme war unnachgiebig, sie fragte sich, ob er nicht verstanden hatte oder nicht verstehen wollte, was sie ihm eben gesagt hatte. Warum machte er es sich- warum machte er es ihnen so schwer? Schon wieder schüttelte er seinen Kopf, und auch wenn seine Stimme ihr noch immer eine Gänsehaut bescherte, wollte sie nichts mehr, als ihn endlich zur Einsicht bringen. „Das geht nicht.“ Shinichi schluckte, wandte den Blick von ihr ab. Doch Ran ließ nicht locker, griff nach seiner Hand und ignorierte die Blicke, die sie beide mittlerweile streiften. Ihre Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern und doch fordernd. „Wenn das alles vorbei ist, Shinichi, der Fall, die Organisation. Du- du musst nicht zurück nach Amerika.“ Sie drückte seine Hand, konnte seinen Puls unter ihren Fingern spüren. „Bleib.“ Ihre Augen hielten ihn gefangen, nur schwer gelang es dem Detektiv, sich aus ihrem Griff zu befreien, in seinen Fingerspitzen hallte ihre Berührung nach, das stumpfe Echo machte ihm das Sprechen nur noch schwerer. „Und wie stellst du dir das vor, Ran? Wie soll das funktionieren? Das kann nicht-… ich kann nicht. Nicht so.“ Shinichi spürte, wie ihr Blick seiner Geste folgte, ihn von oben bis unten musterte, bis ihre Augen die seinen wiederfanden. Doch die Hoffnung, die sie in ihnen hütete, ließ den Klos in seinem Hals zu ungeahnten Größen anwachsen. Warum konnte sie es nicht einsehen, warum konnte sie nicht verstehen, dass derjenige den sie sich wünschte, den sie liebte, nicht existierte. „Was ist mit dem Gegengift? Der Professor sagte, Ai hätte die Pillen vor dir versteckt. Könntest du nicht-…“ „Die Wirkung ist nur temporär Ran. Selbst wenn ich an das Gegengift von Ai herankommen könnte… wäre es nur von kurzer Dauer.“ Shinichi seufzte, verschwieg bewusst, dass die Wirkung bei ihm ohnehin fraglich war, da sein Körper eine Immunität gegen die Chemikalien entwickelt hatte, die ihm sein altes Leben zurückgaben. „Außerdem kann ich das weder dir noch mir antun, Ran. Ich kann uns nicht etwas vor Augen führen und in die Wirklichkeit holen, obwohl es am Ende doch nicht real ist.“ Er schluckte, ein bitteres Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er bemerkte, wie eitel er klang. „Vorausgesetzt du würdest den „alten Shinichi“ dann überhaupt noch wollen.“ Sie Rollte nur mit den Augen, doch Shinichi atmete erleichtert auf, als er sah wie der feuchte Glanz aus ihnen verschwand. „Du bist siebenundzwanzig Shinichi, nicht achtzig.“ Ihr Lächeln steckte ihn an, verlegen rieb er sich den Nacken, während der Sarkasmus in seinen Worten jedoch immer mehr zur Wahrheit wurde. „Entschuldige… aber manchmal fällt es mir schwer, die Realität hinter all dem noch zu erkennen.“ Der Oberschüler schluckte, hörte den Tumult der anderen Jugendlichen auf dem Schulhof, der das Schweigen zwischen ihnen nur noch lauter werden ließ. „Ich kann nicht bleiben.“ „Aber Bell kann es.“ Shinichi sah auf, sah die Entschlossenheit in Rans Blick, der sein Herz in Stücke zu reißen drohte, während sich ein kleines Lächeln auf seine Züge schlich. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass ein Funken Hoffnung in ihm aufkeimte. Ran wollte es so sehr, war bereit seine Lüge zu teilen, nur um ihn bei sich zu haben, um mit ihm zusammen sein zu können. Vielleicht… vielleicht gab es wirklich eine Möglichkeit für sie beide. „Du willst also mit dieser Lüge leben?“ Ran zögerte nicht, ihre Blicke hatten sie in seinem Bann, während sie mit ihm mit klarer Stimme antwortete. „Nur so lange… so lange bis-…“ Doch weiter sollte Ran mit ihrem Satz nicht kommen. „Fräulein Mori, Hallo!“ Die jugendliche Stimme riss die beiden aus der Situation, Ran ließ ihren Blick in die plötzlich fremde Welt um sie herum schweifen, erkannte, wie zwei ihrer Schüler auf sie zukamen. Für einen Moment glaube Shinichi die Detective Boys zu erkennen, bis die Oberschüler nahe genug waren und er die unbekannten Gesichter wahrnahm. Die drei Jungs beachteten ihn nicht weiter, schauten stattdessen zu ihrer Lehrerin auf, während der mit den kurz geschorenen Stoppelhaaren zu reden begann. „Wir hätten da eine Frage…“ Allein die quengelnde Tonlage ließ schon erahnen, dass sie die Lehrerin um irgendetwas bitten wollten. „Das Wetter ist so schön und da dachten wir das wir den Nachmittagsunterricht bei Ihnen heute vielleicht draußen-…“ Doch der Oberschüler unterbrach sich, erst jetzt erkannten beide, dass sie grade in ein Gespräch hinein geplatzt waren und musterten den gleichaltrigen an der Seite ihrer Lehrerin. „Bist du neu hier?“ Die Frage traf sie beide wie ein Schlag. Keiner war in der Lage den Oberschülern eine Antwort zu geben, während er Ran neben sich nach Luft ringen hörte, drang eine flüsternde Stimme höhnisch an sein Ohr. Ich hab´s dir ja gesagt. Shinichi zuckte nicht, als Ran auf einmal laut wurde, ganz eindeutig den Ton einer Lehrerin anschlug. Die Frage an Shinichi traf sie wie ein elektrischer Schlag, der ihre Muskeln steif werden ließ und ihr das Atmen unmöglich machte. Ihre Blicke wanderten zu Shinichi, der die Oberschüler selbst nur entgeistert anschauen konnte, bis sie ihre Stimme wieder fand. „Nein und nein, wir legen den Unterricht nicht nach draußen. Ihr solltet euch langsam auf die nächste Stunde vorbereiten, es klingelt gleich.“ Die beiden Oberschüler zuckten kurz, sahen ihre Lehrerin verwundert an, ehe sie sich umdrehen und von dannen zogen. Shinichis Blick jedoch lag nur auf Ran, er sah, wie sie zitterte, ihre Augen auch auf dem Asphalt zu ihren Füßen keine Ruhe fanden. Doch noch während sich die beiden Jugendlichen von ihnen entfernen drangen ihre Stimmen zu ihnen durch. „Wenn es keiner Neuer ist, wer könnte es dann sein?“ „Keine Ahnung, ihr kleiner Bruder vielleicht?“ Das taube Gefühl kehrte in seinen Körper zurück, Shinichi beobachtete, wie sich Rans Hände öffneten und wieder schlossen. Ganz so als ob sie keinen Halt mehr in dieser Welt finden konnte. Die Worte galten nicht nur ihr, sondern auch dem Teil in ihm, der sich wirklich von ihrer Hoffnung hatte anstecken lassen, der Teil, der sich nichts mehr wünschte, als das sie Recht behalten könnte, sodass seine Worte ihre beider Realitäten erneut ins Wanken brachte. „Es geht nicht, Ran.“ Sein trauriges Lächeln hielt ihrem erschrockenen Blick stand. Er machte einen Schritt auf sie zu, seine Lippen berührten fast ihr Ohr, während er an ihr vorbei ging. „Es tut mir Leid…“ Sein Atem strich über ihre Wange, Shinichis Entschuldigung hallte dumpf in ihrem inneren nach. Jedes seiner Worte meißelte sie am Boden fest, sodass Ran, als sie sich endlich umdrehte, ihn nur noch durch das Schultor verschwinden sah, während es im Hintergrund läutete. Der Schulhof leerte sich langsam, der gleichmäßige Strom von Schülern die im Gebäude verschwanden, beruhigte ihre Gedanken. Das änderte gar nichts. Das war ihre Realität, das war es, von dem sie gesprochen hatte, das war es… das sie beide erdulden mussten. Irgendwie. Auch wenn er im Moment noch nicht bereit dazu war. Ran schluckte, bemerkte, wie sich die Gänsehaut auf ihren Armen langsam legte, während sie noch immer auf sie Stelle starrte, an der sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Rans Hand glitt an ihre Wange, noch immer konnte sie die Erinnerung an seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren, während ihr Herz neuen Mut in ihren Körper pumpte. „So leicht kommst du mir diesmal nicht davon… Shinichi.“ Hallo ^.^, Na? War das in etwa was ihr euch für Ran und Shinichi gewünscht hattet? *inDeckungeh* Aber das Kapitel war denke ich nötig und wichtig für die Story. Im nächsten Dann gibt’s den letzten Mord und ich überlege ob ich es so lasse das ihr die Möglichkeit habt den Boss zu erraten und dann abzustimmen (natürlich Anonym) in meinem Blog. Ich selbst bin ja nen totaler Krimi-Fan ^//^ (waaaas das ich euch aufgefallen??) und fänds deswegen ganz Lustig. Aber was meint ihr? Hättet ihr Interesse an sowas? Sagt mir bescheid ;) am liebsten natürlich im Zuge eines Kommis zur Story *rotwerd* Aber in diesem Sinne nochmals vielen Dank für all die lieben Kommis und Fafos! Jedesmal wieder eine Freude in Mexx rein zu schauen und was neues lesen zu drüfen ^///^ Dankeschööön So jetzt lass ich euch mit der Miesere zwischen Ran und Shinichi allein. Alles liebe, eure Shelling Kapitel 32: Das letzte Problem ------------------------------ Rückblick Ran schluckte, bemerkte, wie sich die Gänsehaut auf ihren Armen langsam legte, während sie noch immer auf sie Stelle starrte, an der sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Rans Hand glitt an ihre Wange, noch immer konnte sie die Erinnerung an seinen warmen Atem auf ihrer Haut spüren, während ihr Herz neuen Mut in ihren Körper pumpte. „So leicht kommst du mir diesmal nicht davon… Shinichi.“ Rückblick Ende Das letzte Problem „Du siehst blass aus.“ Shinichis Blick huschte über Bells Brille hinweg zu Heiji, der ihn aus dem Augenwinkel heraus ansah. Es waren die ersten Worte, die seit der Ankunft Bells in der Justizvollzugsanstalt gefallen waren und ihr langes Schweigen brachen. Der Detektiv rollte nur mit den Augen, sah Hattori von der Seite her an, während Bells Stimme mittlerweile selbst in seinen Ohren fremd zu klingen begann. „Sehr witzig, Hattori. Erzähl mir lieber, was ich verpasst habe.“ Das Grinsen auf den Lippen des Osakaners blieb aus, ehe er dann endlich zu berichten begann. Der Prozess war gelaufen wie erwartet. Dieser Hai von einem Anwalt hatte nicht das geringste Indiz gegen seinem Mandanten unangetastet gelassen, hatte alles in Frage gestellt, sodass dem Richter am Ende nichts weiter übrig geblieben war als Roki Kabawa frei zu sprechen. Auch Megure der dem Richter die Lage zuvor noch einmal persönlich zugetragen hatte, hatte keine Verschiebung des Prozesses erwirken können. Kabawa war Frei, die Mordanklage wurde durch Mangel an Beweisen niedergelegt. Erst jetzt begann für die Polizisten die Heikle Phase. Denn „Holmes“ Ankündigung war präzise wie nie, er wollte die Tat noch im Gefängnis begehen. Shinichi schluckte, schaute sich in dem grauen, kahlen Flur um, in dem sie standen. Megure, Takagi, Sato, Mori, Hattori und er. Der Hauptkommissar hatte das Aufgebot an Beamten auf den engsten Kreis beschränkt, um so einen potentiellen Täter unter ihnen möglichst auszuschließen. Diesmal hatten sie vielleicht wirklich eine Chance, denn nicht nur für die Polizisten war der Zeitrahmen der Tat mehr als gering, sondern auch für den Mörder selbst. Nach dem gewonnenen Prozess gelangte der Angeklagte als freier Mann zurück ins Gefängnis und von da an war alles reine Entlassungsroutine. Schritt eins: Kabawa bekam Zeit, die wenigen Sachen aus seiner Zelle zusammenzusuchen und einzupacken. Schritt zwei: Er bekam die Kleidung und Gegenstände wieder, die er am Tag seiner Einweisung bekommen hatte. Schritt drei: Er musste seine Entlassungspapiere unterschreiben, ehe er in der Umkleide entlassen wurde. Und zu guter Letzt Schritt Nummer vier: Man öffnete ihm die Tore zur Freiheit. Nummer eins und zwei hatten sie bereits hinter sich gebracht, außerdem hatte Megure verfolgt, wie der Gefangene dem dicken Stapel aus Papieren seine krakelige Unterschrift verpasste, er hatte ihm sogar seinen Kuli geliehen, um auf Nummer sicher zu gehen. Man konnte schließlich nie wissen… Sie mussten die Gegenstände überprüfen, mit denen der gewichtige Mann in Berührung kam, wischten über jede Türklinke, die er berühren könnte und behielten ihn streng im Auge, was den ehemaligen Insassen zunehmend nervös werden ließ. Shinichis Blick verfinsterte sich, während er auf die geschlossene Tür der Umkleide spähte, die Kabawa, nach vorheriger Sicherung, betreten hatte. Der massige Hüne hatte allen Grund, Angst zu haben, denn er selbst wusste, wie grausam es war, so zu sterben. Er hatte ganz bestimmt nicht damit gerechnet, jemals sein eigenes Gift schlucken zu müssen. Deswegen überprüften sie jede seiner Bewegungen und Kabawa wusste es, wusste, was er gegen die Sicherheit des Gefängnisses eingetauscht hatte, nicht nur die Freiheit, sondern auch die Aussicht auf einen gewaltsamen Tod. Der Blick des Detektivs glitt den Flur entlang zu dem kleinen Behandlungsraum des Gefängnisses, in dessen gekühlten Safe sie ein Gegenmittel gebunkert hatten, von dem alle hofften, dass es erst gar nicht zum Einsatz kommen musste. Sie hatten mit verschiedenen Ärzten diskutiert, ob man dem Mann die Mittel nicht gleich verabreichen konnte, aber was für den kranken Körper ein Heilmittel war, war für den gesunden selbst ein Gift, sodass ihnen nichts weiter übrig blieb, als zu warten. Die bleierne Stille, die sich erneut über ihnen ausgebreitet hatte, lag schwer auf Shinichis Schultern. Er spürte Kogoros Blicke auf seiner Haut und wunderte sich, ob Ran ihm ihr Treffen angekündigt hatte, oder ob der Vater vielleicht noch das Parfum seiner Tochter an ihm wahrnahm. Shinichi schluckte, der Gedanke an Ran ließ seine Fingerspitzen zu Eis gefrieren. Die Situation heute Morgen hätte ihr klar machen müssen, wie schwer ihr Vorhaben wirklich war und dennoch wusste der Detektiv, dass er seine Sandkastenfreundin ganz bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen hatte. Er seufzte, starrte an die Decke, sodass ihn das karge Licht blendete, ein trübes Lächeln lag auf seinen Lippen. Die beiden Freundinnen gingen stumm nebeneinander her, das einzige, was sie hörten war das „Motorengeräusch“ von Haikuro, der sein Auto durch die Luft lenkte, während er vor ihnen her tapste. Kazuha seufzte, tief, schwer und lang, was, wie Ran mittlerweile wusste, einen eher unangenehmen Satz für sie einleitete. „Ich kann dich verstehen…, aber ich kann auch seine Meinung nachvollziehen.“ Ihr Blick fiel zu ihrem Sohnemann nach vorn, das breite Grinsen in seinem Gesicht ließ ihr mittlerweile schwer gewordenes Herz leichter schlagen. „Er versucht dich zu beschützen. So wie damals… er will nich‘ dass dir was passiert.“ Ran schmeckte den bitteren Kaffee noch immer auf ihren Lippen, sie hatten das kleine Café eben verlassen und doch belegte der Geschmack noch immer ihre Zunge. „Ich weiß, aber das geht nicht. Nicht so.“ Kazuha nickte stumm, ihre Augen aber verließen das Gesicht ihrer Freundin nicht. Sie hatten das Thema schon oft genug durch gekaut. Nicht nur gestern und heute, sondern auch die vergangen zehn Jahre. Shinichis Schutz machte Ran kaputt, ihre starken Mauern drohten unter dem einsamen Wind zu zerfallen, bis nichts mehr als Ruinen von ihr übrig sein würde. Eine leere Hülle. Die Worte ihres Mannes spukten Kazuha im Kopf herum, die beiden Detektive waren sich so ähnlich… und konnten doch nicht verstehen, dass sie nicht immer beschützt werden wollten. Das Nichtwissen, Angst und Einsamkeit manchmal mehr wehtaten, als es physischer Schmerz je könnte. Sie schluckte, beobachtete das bunte Muster aus Schatten und Licht auf dem Weg vor ihnen, das vom Blätterwerk der Bäume gebildet wurde. Es sah aus, als hätte man ein Spitzendeckchen über ihnen gespannt, das sich im sanften Frühlingswind langsam hin und her bewegte und so das Licht zum Tanzen brachte. Im Moment aber war dieser unruhige Pfad eher weniger gut geeignet für ihr Gemüt und sie ahnte, dass es ihrer Freundin nicht anders ging. „Ich versteh dich ja… aber es is viel, das du aufgeben willst, du lässt uns alle zurück, für ihn, für eine Zukunft, die…“ <…die es vielleicht nicht gibt.> Kazuha biss sich auf die Lippen, verkniff sich den letzten Satz, um ihre Diskussion nicht wieder von vorne auf zu rollen. William Bell gab es für die Organisation nicht mehr… das bedeutete, dass er so schnell wie möglich aufhören musste zu existieren, dass Shinichi sich ein neues Leben aufbauen musste, wenn sie die Organisation jetzt nicht in die Knie zwangen. Aber diesmal wollte Ran Teil von diesem Leben sein. Noch einmal wollte sie ihn nicht verlieren. Ihr Blick streifte den kleinen Haiku, der Dreijährige war eine willkommene Ablenkung für ihre Gedanken. „Ich will zumindest mit ihnen reden, wenn diese Leute vom FBI Shinichi wirklich so gut kennen, wie Heiji dir gesagt hat, will ich wenigstens mit ihnen sprechen.“ Kazuhas Gesichtszüge spannten sich, als sie den ernsten Ausdruck Rans bemerkte, die blauen Augen zu dunkel für ihr sonst so helles Gemüt. Ein kurzes Grinsen schlich ihr über die Lippen, während sie ihre Freundin spielerisch in die Seite piekste. „Und du bist dir sicher, dass du nicht einfach nur nen Blick auf die Amerikanerin werfen willst, die dir und Shinichi am Telefon dazwischen gefunkt hat?“ „Kazuha!“ Doch die konnte aufgrund der ertappten Miene sowie Gesichtsfarbe Rans nur lachen, sodass sich auch die Lippen der Lehrerin zu einem kleinen Lächeln verzogen. „Gibt’s doch zu, der Gedanke ist schon auch irgendwo in deinem Kopf.“ „Und wenn schon… darum geht es nicht.“ Kazuha seufzte, ihr Blick wanderte zu ihrem Sohn, der ein paar Meter weiter zielsicher die nächstbeste Pfütze gefunden hatte und sein Auto kurzerhand zum U-Boot zu degradieren begann. Die Ruhe, die nun wieder über ihnen lag, konnte jedoch auch das schlammverschmierte Gesicht ihres Sprösslings nicht leichter machen. Kazuhas Stimme war rau, als sie sich endlich zum Sprechen entschied. „Ihm wird das ganz sicher nicht gefallen…“ Ran zögerte. „Wahrscheinlich nicht, nein.“ Sie schluckte das Brennen in ihrem Hals hinunter, ignorierte die langsam aufkommende Übelkeit. „Aber ich muss es wenigstens probieren, Kazuha… Wie gefährlich kann dieser Versuch schon sein?“ „Dauert aber ganz schön lang da drin.“ Kogoros rauer Ton wurde von der wippenden Zigarette in seinem Mundwinkel begleitet, auf der der Polizist nun schon eine halbe Stunde lang nervös herum kaute. Der Hauptkommissar nickte stumm, Mori hatte Recht, so lange sollte das eigentlich nicht dauern. Megures Blick glitt zu den beiden Detektiven an seiner Seite, auch sie schauten abwechselnd auf die eigene Armbanduhr oder die Digitaluhr im Gang. Doch grade als der Polizeibeamte Takagi zum Nachsehen abordnen wollte, drang ein dumpfer Knall vermischt mit einem heiseren Fluchen an ihre Ohren. Trotz seiner Jahre war Megure der Erste gewesen, der sich in das kleine Zimmer gequetscht hatte. Die Umkleide war nicht groß, viel zu klein eigentlich um ihnen allen ausreichend Platz zu bieten, auch wenn außer einem Spind, einer kleinen Sitzbank, einem Waschbecken und einem Spiegel nichts weiter an den grauen Wänden Halt fand. Kabawa lag quer im Raum, stütze sich mit dem Ellenbogen an der Bank ab, während seine Augen starr auf seinen Füßen lagen, als hätte er diesen Teil seines Körpers noch nie gesehen. „Was ist passiert?“ Die Stimme des Hauptkommissars war fordernd, doch so viel Druck wäre nicht nötig gewesen, denn die Angst machte die Lippen des Hünen gesprächig. „Ich wollt mir grad dieses beschissene Hemd aufknöpfen, als - Arg, verdammte Scheiße, tun se doch endlich was!“ Kabawas Hand griff zittrig nach der halb geöffneten Knopfleiste seines Hemdes, aus dem ein schmieriges Feinrippunterhemd hervorschaute, bis die Bewegung brach und sie nutzlos auf seinem Körper liegen blieb. Megures Finger ruhten kurz auf der Stirn des Verbrechers, suchten dann einen Puls, nur um noch besorgter zu schauen, während Heiji dabei war, Kabawa die Schuhe aus zu ziehen. Bell stieg über den Mann am Boden hinweg, ging Megure gegenüber in die Hocke und griff nach der Hand des Verbrechers. Die Haut unter seinen Fingern war auffällig kühl. Kabawas klobige Hand lag schlaff, beinahe leblos in der seinen. Vermutlich war die Lähmung dran Schuld, dass sowohl Kabwas Hände die Knöpfe nicht bewältigen konnten, als auch seine Knie sein Gewicht nicht länger tragen wollten. „Haben Sie Kopfschmerzen, ist Ihnen übel?“ Bells besorgte Stimme schien Kabawas Aufmerksamkeit zu erlangen, der ihn jedoch nur mit einer verzogenen Miene anraunzte. „Die verdammte Birne pocht mir schon seit dem Gericht, was soll auch sonst anderes dabei raus kommen, bei dem Gelaber.“ Shinichi schluckte, Bells Stimme aber war bitterer als beabsichtigt. „Das nächste Mal, Mister Kabawa, sollten Sie sich mit dem Gift, das sie Nutzen, ein wenig mehr aus einander setzen. Die ersten Anzeichen einer Ergotin-Vergiftung sind Übelkeit und Kopfschmerzen sowie kalte Gliedmaßen und ein kaum vorhandener Puls.“ „Was?!“ Doch in diesem Moment fiel der Blick des vermeintlichen Mörders auf seine Finger in Bells Hand, die blauen Fingerspitzen waren seinem entsetzten Gesicht nach zu urteilen eindeutig ein Symptom, das er erkannte. „Nein! NEIN!“ Die Beamten aber überhörten seine Schreie, Heiji, der den Mann von seinen Socken und Schuhen entledigt hatte, schaute auf und nickte. „Die Zehen auch.“ Megure fluchte. „Verdammt! Schnell Takagi, der Arzt.“ Die Sanitäter waren schnell, doch das Gift war schneller. Shinichi schluckte, der Mann, der eben noch nahezu regungslos auf seine blauen Fußspitzen gestarrt hatte, wandte und krümmte sich nun vor Schmerz. Ergotin ist das Gift eines Pilzes, der hauptsächlich Getreide befällt und vor ein paar Jahrzehnten noch hunderte von Menschen nichts ahnend in ihrem Frühstücksbrot aufgelauert hatte. Heute aber kam es durch die Chemiekeulen auf dem Feld so selten vor, dass die allgemeine Bevölkerung es kaum noch kannte. Der Polizei aber war dieses Mittelchen noch immer geläufig. Jede Drogenhöhle war voll mit dem Zeug, brauchte man es doch als Zwischenschritt zur LSD Herstellung. Wenn ein Junkie also mal nicht in der Lage war zu warten, bis der Stoff fertig und sauber war… tja, Pech gehabt. Kabawas Inspiration und Quelle waren daher nicht schwer zu erraten. Dabei reichten ein paar Milligramm aus, um selbst diesen Koloss auf perfide Art und Weise in die ewige Ruhe zu schicken. Der geschmacksneutrale Stoff wirkte auf das Nervensystem, legte die Gliedmaßen lahm und ließ das Hirn in einem Nebel aus Wahnvorstellungen zurück, die durch den Schmerz bald Futter für die grausamsten Träume bekamen. Denn auch wenn Herz- und Atemstillstand am Schluss zum Tode führten, war es die Gefäßverengung an Händen und Füßen, die den Tod für das Opfer fast schon zur Sehnsucht machte. Denn die Empfindungslosigkeit Kabawas hatte nicht lange angehalten… Heiße Tränen rannen dem Hünen über die Wangen, seine Lippen formulierten schon längst keinen Sätze mehr, Schreie und verzweifeltes Wimmern waren die einzigen Laute, die Kabawa noch von sich geben konnte. „Kudo…“ Heijis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und doch wusste der Detektiv gleich, was sein Kollege von ihm wollte. „Ich weiß… wenn ihm schon während des Gerichts nicht gut war-…“ „Heißt das, wir haben unseren Mörder verpasst. Der Kerl hat schon früher zugeschlagen.“ Shinichi nickte, schaute Stumm zu dem sich windenden Mann. Das Blut zog sich immer weiter aus seinen Gliedmaßen zurück, seinen Zellen fehlte der Sauerstoff, eine Weile lang hatten sie das noch durchgestanden, aber ohne Nachschub begann Kabawas Gewebe abzusterben. Seine Haut, die Muskulatur und Nerven zersetzten sich langsam, färbten seine Zehen und Finger erst weiß, dann blau, bis sie sich in ein bröckeliges Schwarz tauchten. Schwarzes Blut… Der Gedanke hallte in seinem Kopf wieder, wie ein unliebsamer Ohrwurm, den man einfach nicht mehr abschütteln konnte. Kabawa verfaulte bei lebendigem Leib. „Verdammt was geben Sie ihm denn da? Warum wirkt das Zeug nicht?“ Kogoros Stimme war angespannt, so sehr sie diesen Mann noch vor wenigen Minuten verabscheut hatten, diesen Szenen wollte wirklich keiner mehr länger zusehen. Doch die beiden Mediziner reagierten nicht auf das Geschrei, auf diesem Ohr waren sie ohnehin schon längst taub. Dennoch verriet sie der Schweiß auf der Stirn, die brühige Stimme des Rettungsarztes tat da ihr Übriges. „Es schlägt nicht an… warum schlägt es nicht an?“ Ungläubig starrte der Arzt auf das mittlerweile leere Fläschchen in seiner Hand, das Kogoro auf Megures Anordnung hin aus dem Safe geholt hatte. Während der Notarzt die Flasche hin- und herbewegte, fiel Shinichis Blick auf das Label, oder besser gesagt auf das, was darunter hervorschimmerte. Die Augen des Detektivs wurden groß, ungefragt griff der Amerikaner sich das Fläschchen und hielt es gegen die Deckenlampe. „Das letzte Problem“ Diese drei Worte schimmerten in schwarzen Blockbuchstaben durchs Etikett. „WAS!?“ Doch Bell hielt Kogoros Hand auf, mit der er grade nach dem Fläschchen greifen wollte, um das Etikett ab zu machen. „Warten Sie Mori, das sollten lieber die Leute vom Labor übernehmen.“ Korors Blick fixierte Shinichi kurz, ehe nicht nur dem Polizisten aufging, was der Pseudo-Amerikaner damit meinte. Doch zu einem zufriedenen Lächeln war keiner der Männer imstande, „Holmes“ hatte das Gegenmittel vertauscht. Die Sicherheitsmaßnahme, die sie getroffen hatten, um das Leben des Opfers zu schützen, war es, die ihnen zum Verhängnis wurden. Ein donnerndes Fluchen drang aus der Kehle des Hauptkommissars, er streifte Shinichis Blick nur kurz, ehe er sich dem Notarzt zuwandte. „Was jetzt?“ Der Mediziner selbst war nur noch blasser geworden, es dauerte, bis er seinen Verstand wieder zum Arbeiten bewegen konnte. „Ich habe etwas hier, um den Herzstillstand fürs Erste zu vermeiden, aber das Fortscheiten der Nekrose an seinen Händen und Füßen-…“ Die grauen Augen lösten sich vom Patienten, fixierten Megure mit eindeutigem Blick. „Ich habe nichts hier, um das Gift aufzuhalten.“ „Wie hat er das angestellt?“ Heijis Stimme ging stumpf in dem kleinen Arztzimmer des Gefängnisses unter. Sie hatten den Tatort räumen müssen, als klar wurde, dass Kabawa sofort ärztliche Hilfe benötigte. Mori hatte den Notarzt begleitet, während Megure und Takagi die Spurensicherung überwachten, die sich nacheinander erst die Umkleide, Kabawas Zelle und das Praxiszimmer vornahmen, in dem sie jetzt standen. Zwar gingen so vielleicht Beweise, die Kabawa mit sich trug, verloren, aber ein Menschenleben hatte in diesem Fall klaren Vorrang. „Er hat´s ausgetauscht, schon klar. Nur wann und wie?“ Bell blickte stumm zu seinem Kollegen, der rund um den Safe nach Spuren suchte, während er sich in dem kleinen Raum umsah. Das Desinfektionsmittel stach ihm noch mehr als sonst in die Nase, als wollte der Geruch im etwas sagen, etwas mitteilen, das er einfach nicht verstehen konnte. Shinichi aber zuckte nur mit den Schultern. „Wenn wir Glück haben, kann er uns die Frage nachher selbst beantworten.“ Heiji grummelte. „Sofern etwas mit den Abdrücken anzufangen ist, meinst du…“ Doch seine eigenen Worte ließen den Detektiv des Westens inne halten, fragend schaute er zu seinem Kollegen, der in dem kleinen Terminkalender der Praxis blätterte, den sie gefunden hatten. „Sag mal, wenn sie etwas damit zu tun haben, wundert´s dich dann nicht, dass sie so nen Fehler machen?“ Shinichi schluckte, blätterte zu den letzten Tagen vor, während er sprach. „Es beunruhigt mich mehr, als das es mich wundert- “ Der Detektiv stockte, machte seinen Freund so erneut auf sich aufmerksam. „Was is?“ „Kabawa hatte gestern Abend einen Termin.“ „Hier?“ Shinichi nickte, griff nach dem Telefon im Raum und ließ sich mit dem Direktor verbinden. Die rauchige Stimme des alten Beamten drang durch das Telefon bis zu Heijis Ohren durch, der gespannt lauschte und wartete, während Shinichi die Situation erklärte. „Stimmt, Kabawa war gestern Abend in Behandlung. Übelkeit soweit ich das mitbekommen habe, er ist zum Arzt, der für heute kurz vor dem Gericht eine weitere Untersuchung angeordnet hatte, um sicher zu gehen, das der Häftling vernehmungsfähig sein würde.“ Die Augen der beiden Detektive wurden groß, die leere Seite des Kalenders starte ihnen mit dem heutigen Datum entgehen. „Und wer hat diese Untersuchungen durchgeführt?“ „Unser hier angestellter Arzt natürlich, Dr. Korioshi.“ „Können Sie ihn vielleicht erreichen und bitten zu kommen?“ „Klar… einen Moment, bitte.“ Shinichi hörte die Tasten eines Handys am anderen Ende der Leitung, wartete, während das flaue Gefühl in seinem Magen mit der Stille immer mehr wuchs. „Seltsam… er hebt nicht ab.“ Die Blicke der beiden Detektive trafen sich kurz, während Shinichi nach der Adresse des Arztes fragte und den Gefängnisdirektor darum bat, die Informationen Megure weiter zu geben. Der Hörer fiel mit einem schweren, dumpfen Geräusch zurück in die Gabel, hinterließ eine laute Stille im Raum. Es ging ihm nicht mehr um die Frage, wie man dem Opfer das Gift verabreicht hatte. Nein, die Sache war ganz einfach… vermutlich lag der echte Dr. Korioshi in seinem Apartment, nicht ahnend, dass jemand seinen Namen missbraucht hatte. Dennoch gab es zwei Sachen, die ihn störten. Zum einen musste der Mörder eine gute medizinische Kenntnis haben, das hatte er bereits bei dem ersten Mord bewiesen, indem er so zielsicher am Herz vorbei die Lunge traf, um das Stichmuster des vorherigen Mordes nachzuahmen. Zum anderen musste er Kabawa den Arzt vorspielen können, ohne dass der etwas ahnte, oder gar Unruhe in seinen Plan rein brachte. Außerdem konnte er das Gegengift erst kurzfristig ausgetauscht haben, das bedeutete, dass er Zugang dazu hatte, er musste gewusst haben, welche Maßnahmen sie treffen würden. Nachdenklich vergrub Shinichi seine Finger in Bells Haaren, sah, wie Hattori leicht geistesabwesend nach dem Kalender greifen wollte und dabei fluchend eine der Jodflaschen umstieß, die auf der Ablage neben dem Untersuchungstisch standen. Die Flasche war nicht ordnungsmäßig verschlossen gewesen, sodass die rostbraune Flüssigkeit nun langsam über den Metalltisch lief, dem kalten Aluminium einen Kupferstich verpasste, ehe es vom Rand des Tischs aufgehalten wurde. Bilder huschten vor seinem inneren Auge vorbei, unweigerlich schnappte Shinichi nach Atem, nur um dann abrupt zu stoppen, als die von Jod geschwängerte Luft ihm die Schleimhaut verbrannte… „So ist das also…“ Heiji, der durch das Flüstern seines Kollegen aufmerksam geworden war, schaute diesen fragend an, seine Augen wurden groß, als er das Funkeln im Blick seines Freundes erkannte. „Kudo?“ Der aber drehte sich nur mit einem Nicken zu ihm um, doch das triumphale Lächeln auf seinen Lippen blieb aus, als er nickte. Hallo ihr lieben, ich kann euch gleich sagen geniest die Ruhe des Kapitels nochmal, ab jetzt wird es Turbulent ;) Viiielen Dank für eure Lieben Kommentare! *knuddel* Nun liegt es an euch mit zu Raten wenn ihr wollt ;) In meinem Steckbrief findet ihr im Weblog eine ANONYME Umfrage, für alle Mexxler, Nichtmexler bzw. alle die Lust haben mit zu Rätseln, ein Konto bei Mexx benötigt man also nicht! Viel Spaß und viel Erfolg! Und vielen dank fürs Lesen, natürlich würde ich mich auch diesmal wieder über Kommentare freuen ^////^ Alles liebe, eure Shelling Kapitel 33: Pain ---------------- -Rückblick „So ist das also…“ Heiji, der durch das Flüstern seines Kollegen aufmerksam geworden war, schaute diesen fragend an, seine Augen wurden groß, als er das Funkeln im Blick seines Freundes erkannte. „Kudo?“ Der aber drehte sich nur mit einem Nicken zu ihm um, doch das triumphale Lächeln auf seinen Lippen blieb aus, als er nickte. -Rückblick Ende Pain Megure hatte die Spurensicherung sich selbst überlassen, war mit den neusten Informationen zu Mori ins Krankenhaus gefahren, um zu sehen, ob aus Kabawa noch etwas raus zu holen war. Er würde sie über den Zustand des Patienten auf dem Laufenden halten. Auch wenn alle Beteiligen wussten, dass mehr dahinter war… denn selbst wenn Kabawa ein Mörder und ein noch größeres Ekel war, so fühlte der Hauptkommissar sich doch verantwortlich dafür, dass sie ihn nicht besser hatten schützen können. Sato hatte währenddessen den Doktor tatsächlich in seinem Apartment gefunden, der ihnen bestätigte, die Untersuchung am vorherigen Abend durchgenommen zu haben, das Haus jedoch heute noch nicht verlassen hatte. Das Letzte, woran sich der kurz gewachsene ältere Herr noch erinnerte, war, wie es an seiner Tür geklingelt hatte und er geöffnet hatte… danach war sein Gedächtnis leer. Er war erst im Bett von ihrem Klingeln wieder aufgewacht, hatte geglaubt, einfach wieder eingeschlafen zu sein, ein Schwächeanfall, in seinem Alter nichts Ungewöhnliches. Während Sato dem Verbleib des Arztes nachgegangen war, hatte Megure sie ziehen lassen, wenn auch ungern. Der Hauptkommissar hatte darauf bestanden, dass wenigstens Takagi sie begleiten sollte, doch er hatte keine andere Wahl, da er im Krankenhaus den größeren Einfluss haben würde als sein Inspektor. Viel Zeit für großartige Pläne war ohnehin nicht gewesen. Sie hatten beschlossen, behutsam vorzugehen, sodass sich die beiden Polizisten an der Hintertür postierten, während er mit möglichst unschuldiger Miene am Haupteingang stand, und mit trockener Kehle die Klingel betätigte. Das Knacken des Türschlosses ließ Shinichis Adrenalinspiegel in die Höhe schießen, sein Kopf aber war kühl und klar, er hatte die Karten in der Hand und musste sie nun nur noch richtig ausspielen. Von diesen Minuten hing nicht nur die Auflösung der Mordserie ab, sondern auch ein möglicher Schachzug gegen die Organisation. Die Türklinke bewegte sich und wie auf Knopfdruck erschien das freundliche Lächeln auf Bells falschen Lippen. Jetzt oder nie. „Professor Bell?“ Die grünen Augen unter den buschigen Brauen, blinzelten ihn kurz verwundert an, das Lächeln auf Shinichis Lippen aber blieb. „Guten Tag, Doktor Matsudo.“ Der Pathologe runzelte noch immer die Stirn, bemühte sich nun aber auch um ein kleines Lächeln, während er sprach. „Ich muss gestehen, es wundert mich Sie hier zu sehen, Professor. Was kann ich für Sie tun?“ „Es geht um das vierte Opfer.“ Bells Blick war mit einem Mal ernst und auch der Doktor konnte seinen Worten folgen. „Das Vierte? Mhm… also gut, es ist wohl besser wir besprechen es im Haus. Kommen Sie rein, Professor.“ Während Bell der freundlichen Geste des Pathologen nachkam wusste er, dass in diesem Moment Takagi und Heiji nur noch angespannter wurden, die ihr Gespräch über einen kleinen Sender in Bells Jackettasche mitverfolgten. Matsudo lud den Amerikaner nicht auf die unbequem anmutende eckige Ledercouch ein, sondern blieb inmitten des Wohnzimmers stehen, wartete auf eine Reaktion von Bell, der sich in der etwas zu sterilen Wohnung des Pathologen umsah. Shinichis Schritte führten ihn zu der kleinen Kommode, abermals fiel der Blick des Detektivs auf das einsame Bild des Hochzeitspaares. Er sah, was er letztes Mal auch gesehen hatte und dennoch nahmen seine Augen erst jetzt das wahr, wonach sein Blick suchte. Ihr immer noch bezauberndes Lächeln, umspielt von einzelnen roten Haarsträhnen. „Wie hieß sie?“ Die Frage kam über seine Lippen, obwohl Shinichi die Antwort schon längst kannte. Ein paar Anrufe hatten genügt, um den Fall von vor zwanzig Jahren erneut aufzurollen. Er kannte den Namen von Matsudos Frau, wusste, wie sie umgekommen war und durch wen. Und doch wartete er jetzt gespannt auf eine Antwort. „Minako…“ Der Oberschüler hinter dem Silikon nickte, stellte das Bild langsam zurück auf die Kommode und wandte sich dem älteren Doktor zu. „Sie kommen aus der Branche, Sie wissen, dass man in ihrem Fall damals alles versucht hat, weitere Beweise zu finden. Und für die Körperverletzung mit Todesfolge kam es zur Inhaftierung des Tatverdächtigen. Das einzige, was die Richter dem Täter damals nicht nachweisen konnten, war, dass der Mord vorsätzlich begangen wurde. Deswegen kam es nicht zur Todesstrafe. Sie wissen, dass geschultes Personal anhand dessen, was ihnen der Staatsanwalt vorlegt, über das Strafmaß urteilt. Sie sollten wissen, dass uns dieses Urteil nicht zusteht. Wir machen unseren Job, aber wir haben kein Recht, unsere Meinungen und Taten über dieses Urteil zu stellen.“ „Sie haben doch keine Ahnung…“ Der Blick des Pathologen war von ihm abgefallen, doch die Wut in seiner Stimme machte jeglichen Augenkontakt überflüssig. „Sagen Sie bloß, es ist Ihnen nicht zuwider, dass diese Leute wieder auf die Straße kommen.“ Er lachte hohl, schüttelte abwertend den Kopf. „Aber wem erzähle ich das überhaupt… natürlich können und wollen Sie das nicht verstehen.“ Bells erhobene Augenbrauen spannten die Schusswunde auf seiner Haut, doch Matsudo sah nicht auf, erkannte nicht, dass sein Gegenüber nicht verstand, worauf er hinauswollte. „Sie wissen nicht, wie es ist… wenn einem das genommen wird, was einem auf der Welt am meisten bedeutet. Sie wissen nicht, wie weit ein Mensch bereit ist zu gehen, um das zu verhindern, oder die Tat zu rächen.“ Shinichi hörte eine kleine Stimme in seinem Ohr flüstern, wagte es jedoch nicht, hinzuhören, sondern konzentrierte sich weiter unvermindert auf den Pathologen. „Dieses Urteil… so gut überlegt und so rechtskräftig wie es auch sein mochte, war ein Schlag ins Gesicht. Ihren Verlust zu ertragen war das eine… aber zu wissen, dass so jemand, dass dieses Schwein weiter leben durfte… das ist keine Gerechtigkeit. Das ist krank.“ Der Detektiv schwieg, als ihn die mittlerweile verengten Pupillen des Pathologen aus seinen grünen Augen heraus musterten. Shinichi konnte die beklemmende Vertrautheit der Gedanken nicht abschütteln, vermutlich dachte ein Großteil der Öffentlichkeit so, wenn es um den ein oder anderen Fall ging und doch waren die Leute vernünftig genug, dem Gesetz zu vertrauen, auch wenn der Preis, den man dafür zahlte, manchmal mehr als nur eine schlaflose Nacht war. Nicht so Dr. Matsudo… „Warum haben Sie den Mörder ihrer Frau nicht auf die gleiche Weise umgebracht, wie er Minako?“ Das laute Gelächter, in das der Pathologe ausbrach, ließ Shinichi zusammenzucken, das tiefe Lachen des älteren Herrn hallte dumpf und klanglos in der kahlen Wohnung wieder. Es dauerte eine Weile, bis er seine Stimme wieder fand. „Ganz einfach, Professor. Ich war es nicht.“ Ein genüssliches Lächeln schlich sich auf die schmalen Lippen des Arztes, als er die Verwunderung auf den Zügen Bells erkannte. „Glauben Sie nicht, ich hätte nicht vor gehabt, diesen Mistkerl umzubringen. Aber Fakt ist, dass mir jemand zuvor gekommen ist. Ein simpler Verkehrsunfall, mit Fahrerflucht.“ Fast so etwas wie Bedauern war in der Stimme des Arztes zu hören. „Sie können sich nicht vorstellen, welche Genugtuung es mir bereitete, ich bin sogar zur Beerdigung erschienen. Aber auch wenn es befriedigend war zu wissen, dass dieses Schwein durch zahlreiche Blutungen, Knochenbrüche und ein Schädel-Hirn-Trauma dahingerafft wurde, gab es etwas, das mir fehlte… “ Das kalte Grinsen auf den sonst eher weichen Zügen des Mannes wurde schnell wieder bitter. „Gerechtigkeit. Was hatte der Unfall mit dem Tod meiner Frau zu tun… nichts. Was hatte ein solcher Tod überhaupt mit dem zu tun, was die Opfer selbst erleiden müssten, was mit dem Trauma, mit dem sie ihre Angehörigen hinterließen. Nichts. Es reichte nicht. Es würde nie reichen…“ „Deswegen haben Sie das Mordmuster der Täter wiederholt, sie so umgebracht wie auch ihre damaligen Opfer zu Tode gekommen sind.“ Bells Worte ließen den Pathologen wieder steif werden, in seine wartende Haltung zurück fallen, die er zu Anfang bereits innegehabt hatte, das Lächeln auf seinen Lippen aber war neu. „Bitte, nur zu, fahren Sie fort, Professor.“ Shinichi schluckte, die Ruhe seines Gegenübers beunruhigte ihn, wunderte ihn jedoch nicht. Er zwang sich dazu, lange aus zu atmen, rückte sich die Brille zurecht und begann zu sprechen. „Das letzte Problem.“ Er machte einen Schritt auf den Arzt zu, vergrub die Hände in den Hosentaschen, während er sprach. „Diese letzte Erzählung sollte nicht nur Doyles Werk zu Ende bringen, sondern es hat auch die „Holmes“ Morde beendet. Ihre Morde, Doktor.“ Matsudo reagierte nicht, seine grünen Augen langen noch immer auf dem Detektiv, er wartete. „Denn diesmal haben Sie einen Fehler begangen.“ Shinichi schluckte, hörte wie Bells Stimme rau wurde, kalt. „Man hat Sie in die Falle gelockt.“ Die buschigen Augenbrauen des Pathologen zuckten kurz, Shinichi sah wie sich sein Kiefer unter großem Druck spannte, dennoch war Bell es, der das Gespräch fortsetzte. „Man hat Ihnen eine Flasche gegen, die sie mit dem eigentlichen Gegenmittel austauschen sollten, welches der Hauptkommissar nach dem Freispruch in den gekühlten Safe hatte legen lassen. Zu dem sie, dank ihrer Verkleidung, noch immer Zugang hatten. Die Nachricht war bereits auf der neuen Flasche, das einzige was Sie später noch tun mussten, war das Etikett von der einen abzumachen und auf die neue draufzukleben, um „Holmes“ Nachricht auf den ersten Blick zu überdecken.“ Die Finger des Pathologen zuckten kurz, Shinichi sah wie er Daumen und Zeigefinger nervös aneinander rieb, bis er bemerkte, dass der Detektiv ihn beobachtete. Der aber wandte den Blick nicht ab, räusperte sich nur. „Und genau das haben Sie auch getan, allerdings nicht einfach so. Denn das Etikett mit behandschuhten Fingern abzumachen ist unmöglich, für irgendwelche technischen Hilfsmittel hatten Sie keine Zeit, also mussten Sie unweigerlich die Handschuhe ausziehen. Der Fingerabdruck den die Spurensicherung finden wird, wird nicht schön sein, aber genug um ihre Schuld zu beweisen.“ Shinichi schluckte, sah sein Gegenüber lange und eindringlich an. „Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass Sie selbst diese Situation nicht überdacht haben. Wieso von der Karte plötzlich zum Etikett wechseln und solch einen Fehler provozieren? Die einfachste Erklärung ist in diesem Fall zugleich die plausibelste: Die letzte Nachricht von „Holmes“ war nicht von Ihnen. Da liegt die Vermutung nahe, dass der Rest auch nicht aus Ihrer Feder stammt Doktor.“ Der Pathologe hatte sich während all dieser Zeit nicht gerührt, allein sein Gesicht hatte einen wächsernen, beinahe durchscheinenden Ton bekommen. Die grünen Augen hafteten nicht länger auf dem Amerikaner, steiften ziellos umher, ehe sie auf dem Hochzeitsfoto hängen blieben, ohne es jedoch wirklich zu sehen. „Ich wusste es…, dass es ein Fehler war.“ Das Seufzten das Pathologen zitterte. „Ich hatte gehofft, dass diese kleine Spur Sie nicht gleich zu mir führt. Dass Sie an einen Fehler glauben, oder ich noch einen anderen Ausweg finden würde.“ „Das war keineswegs der erste Fehler den Sie gemacht haben Doktor, nur der erste, den Sie nicht zu verschulden haben.“ Die rüde Stimme Bells riss den Pathologen aus seinen Gedanken, zum ersten Mal zeigte sich so etwas wie Überraschung in seinem Gesicht. „Was?“ „Ich sagte doch bereits… die Spurensicherung ist noch nicht durch, noch haben wir den Abdruck nicht. Aber es gibt mehr als nur diesen Fingerabdruck, der Sie verraten hat.“ Die Stimme des Pathologen wurde kalt, was seine mangelnde Perfektion anbelangte schien Bell jetzt tatsächlich einen wunden Punkt getroffen zu haben. „Und welche sollen das sein?“ „Wie Sie wissen, war uns im Laufe der Untersuchungen bereits klar, dass der Täter sehr wahrscheinlich Zugang zu den Akten und Daten der Polizei hat, kurzum, es jemand aus den eigenen Reihen sein muss.“ Shinichi machte eine Pause, ließ dem Pathologen Zeit, Widerspruch einzureichen, als dieser jedoch nur weiter schwieg, fuhr er fort. „Sie werden mir bestimmt nicht wiedersprechen Doktor, wenn ich sage, dass auch Sie in diesen Kreis der Verdächtigen hinein passen.“ „Sie sprachen von Fehlern.“ Die Unterbrechung des Pathologen verriet seine Ungeduld und Nervosität, der Shinichi nur ein ruhiges Lächeln entgegen brachte. „Aber natürlich, denn auch wenn der Verdacht gegen Sie erst spät entstanden ist, gab es da Dinge, die mich schon vorher stutzig gemacht haben, denen ich aber bis heute keine große Bewandtnis habe zukommen lassen.“ Shinichi räusperte sich, vergrub die Hände in Bells Hosentaschen während er sprach. „Die Morde haben Sie zweifellos perfekt geplant und nicht zuletzt auch mit der benannten Hilfe ohne große Missgeschicke ausgeführt. Sobald Sie sich jedoch in sicheren Gewässern wähnten, ließ Ihre Vorsicht nach. Bei meinem ersten Besuch in der Pathologie zum Beispiel, erwähnten Sie bei der Untersuchung des zweiten Opfers die Kugel, die niemand von der Spurensicherung hatte auftreiben können. Sie sagten, dass sie vermutlich in der nächsten U-Bahn gelandet sein musste.“ „Na und?“ Ein kleines Lächeln schimmerte auf Bells blassen Lippen. „Ich frage mich Dr. Matsudo, woher Sie wussten, dass zum Mordzeitpunkt eine U-Bahn dort entlang gefahren ist?“ Der Arzt aber konnte nichts weiter tun als Bell abschätzend und leicht fragend ansehen. „Natürlich kann es sich bei diesem Versprecher um einen simplen Zufall handeln. Und doch wundert es mich… denn erst am folgenden Tag konnte der Postbote und Freund des Opfers eine Aussage machen und erwähnte das zum Tatzeitpunkt tatsächlich eine U-Bahn diese Stecke genommen hatte. Schon erstaunlich… finden Sie nicht?“ Der Adamsapfel des Doktors rutschte kurz nach oben, während er auf die weiteren Ausführungen des Detektivs wartete. „Kommen wir zu Opfer Nummer drei Frau Kikuja, die Besitzerin des Cafés. Ich gehe davon aus, das Takagi Ihnen dieses kleine Detail in seinem Bericht unterschlagen hat, deswegen möchte ich gerne aufführen, das Sie uns sehr wohl einen Hinweis auf ihren Angreifer hat geben können.“ „Ach?“ „Sie sagte, es habe nach Krankenhaus gerochen. Ich bin wahrscheinlich der Letzte, der Ihnen erklären muss aus welchen Komponenten sich dieser Geruch zusammensetzt. Schließlich haben Sie selbst Tag täglich mit genau diesen Stoffen zu tun nicht wahr Doktor? Ich sage es nicht gerne, aber der Geruch in der Pathologie ist nicht viel anders, als der eines Krankenhauses. Sie arbeiten mit ähnlichen Instrumenten, mit den gleichen Desinfektions- und Waschmitteln, wie Ihre Kollegen am lebenden Organismus auch. Kein Wunder, dass Frau Kikuja keinen Unterschied darin erkennen konnte.“ Shinichi schluckte, versuchte das hoffnungsvolle Gesicht der Café-Besitzerin aus seinen Gedanken zu verdrängen, solange er mit dem Pathologen sprach. „Natürlich waren die Bedingungen, um dem Mord erfolgreich zu Ende zu bringen, nach meinem Einschreiten, andere als die, die Sie sonst gewohnt waren. Diesmal konnten Sie ihrem Opfer nicht einfach aus dem Hinterhalt auflauern. Wenn man jedoch weiß, mit wem Sie zusammenarbeiten, wird der Trick recht einfach… denn Sie haben einen entscheidenden Beweis zurückgelassen Dr. Matsudo.“ Der Pathologe fragte nicht nach, wartete ruhig und für Shinichis Geschmack schon beinahe zu geduldig darauf, dass er ihm erklärte, wovon er sprach. „Die Wanduhr im Gang vor Miss Kikujas Zimmer ging um eine Stunde vor.“ Matsudos Mundwinkel zuckte, mehr nicht. „Sie selbst haben die Wachen der ersten Schicht abgelöst.“ Shinichi griff nach Bells Brille, nahm sie behutsam von der Nase und begann in kleinen, kreisrunden Bewegungen die Gläser zu putzen, während er sprach. „Sie wussten, wen Megure für die Überwachung abgeordnet hatte. Sie kannten ihre Gesichter und so war es ein Leichtes, die passenden Masken anfertigen zu lassen. Sie sind eine Stunde vor der offiziellen Wachablösung in Begleitung erschienen, um die beiden Männer abzulösen, zuvor haben Sie sowohl ihre eigene Armbanduhr als auch die Uhr im Gang um eine Stunde vorgestellt, sodass ihr verfrühtes erscheinen nicht weiter auffiel. Selbst wenn einer ihrer vermeintlichen „Kollegen“ etwas bemerkt hätte, wäre es leicht dies dem eigenen Geisteszustand zu so später Stunde zu zuschreiben. Nichts desto trotz, ein riskanter Plan, wahrscheinlich aus der Not heraus geboren. Um nur eine Stunde zu gewinnen. Genügend Zeit also um die Tat zu begehen ehe die echten Wachen erschienen. Außerdem genügend Zeit für Sie, um ihre Verkleidung zu wechseln. Der Hauptkommissar nimmt für solche Überwachungen gerne Mitarbeiter mit… nun recht beeindruckender Statur. Sie konnten also die Uniformen und alles was die darunter trugen anlassen und mussten nur Ihr Gesicht, mit den Vorbereiteten Masken ändern und Ihre Armbanduhren erneut umstellen, um den Wachwechsel diesmal pünktlich, ein zweites Mal durchzuführen.“ Matsudo lachte hohl, schaute den Detektiv mit einem säuerlichen Grinsen an. „Na, damit kennen Sie sich ja bestens aus.“ Shinichi schluckte, überging die Anspielung von „Holmes“ und setzte die Brille wieder auf und fuhr fort. „Sie haben allerdings zwei Fehler begangen, zum einen haben Sie vergessen, die Uhr im Krankenhaus wieder richtig zu stellen, zum anderen hatten Sie- warum auch immer, die Karte bei dem Opfer vergessen. Ich weiß nicht, ob es aus Eile war oder ob die Anwesenheit Ihres „Partners“ Sie nervös gemacht hat. Fakt war, die Botschaft des Mörders fehlte, als Megure am nächsten Morgen dort eintraf… tauchte erst wieder auf, nachdem Sie mit der Leiche fertig waren. Allerdings spielte Ihnen Ihr eigener Einsatz in diesem Fall auch wortwörtlich in die Hände.“ Ein bitterer Tonfall begleitete das trockene Lächeln Bells. „Schließlich ist der Pathologe neben der Spurensicherung immer als erstes bei dem Opfer. Gewebe, Fingerabdrucke oder Haare, die von ihm an den Leichen gefunden werden, werden daher von der Spurensicherung nicht weiter beachtet. Ihr vermeintlicher Fehler bei der Untersuchung des dritten Opfers, als Sie die Handschuhe vergessen hatten, diente also nur dazu, die Spuren die sie vielleicht während der Tat hinterlassen hatten, mit bewusst hinterlassenen Spuren zu vertuschen.“ Der Pathologe stand da wie versteinert, verzog keine Miene, während der Detektiv vor ihm zerstörte, was er in den letzten Wochen erarbeitet hatte. „Nun zu Mr. Kabawa. Der letzte Mord hat so viele Ecken und Kanten, dass es mich wundert, dass Sie überhaupt auf diesen Plan eingegangen sind. Vermutlich wurde Kabawa gestern etwas ins Essen geschmuggelt, um Übelkeit hervorzurufen und ihm einen Termin beim Arzt zu verschaffen. Vermutlich kennen Sie Doktor Korioshi gut genug, um zu wissen, dass er den Häftling am nächsten Morgen auch noch mal sehen will. Diese Chance haben Sie genutzt, um seinen Platz einzunehmen. Sie gaben ihm vor der Anhörung etwas gegen die Übelkeit. Was Kabawa jedoch nicht wusste war, dass Sie schon vor seinem Freispruch sein Todesurteil besiegelten. Denn die versprochene Medizin war nichts weiter als Gift, das eine gewisse Zeit braucht, um seine Wirkung zu entfalten, was Ihnen in diesem Fall nur recht war. Wir haben den echten Doktor in seiner Wohnung gefunden, es war also klar, dass jemand seinen Platz eingenommen hatte. Und um Kabawa zu täuschen lag die Vermutung nahe, dass dieser jemand über medizinische Kenntnisse verfügen musste. Auch die Schnittwunde des ersten Opfers die so präzise nachgeahmt wurde, sprach von einem Mediziner. Sie sehen also, dass der Fingerabdruck nur der letzte, wenn auch entscheidende, Beweis ist, Doktor.“ Shinichi schluckte, seine Kehle war vom vielen Reden trocken und doch spürte er, wie auch seine Unruhe langsam wuchs. „Warum haben Sie die Tat so ausgeführt? Warum sind Sie ihnen so blind in die Falle gegangen?“ Ein bitteres lächeln schlich sich auf die Lippen des Pathologen. „Ich wusste gleich, dass man ihnen nicht trauen kann…“ Die grünen Augen huschten ziellos im Raum umher, bis sie auf Bell zur Ruhe kamen. „Ich wusste, dass ich einen Pakt mit dem Teufel eingehe und Sie hatten mich ja gewarnt… ab irgendeinem Punkt würde ich nutzlos werden. Ich war bereit, den Deal einzugehen… schließlich konnte ich so noch einen weiteren Mörder in die Schranken weisen. Hätte ich das Gegenmittel nicht vertauscht, hätte dieses Schwein schließlich gute Chancen gehabt, zu überleben. Um seinen Tod zu garantieren, blieb mir also gar nichts anderes übrig. “ Matsudo lachte hohl, schüttelte den Kopf wie über einen Witz, den außer ihm keiner verstand. Die grünen Augen wurden kurz trüb, während er sprach, seine Stimme klang hol, Anklage hallte in ihr wieder. „Wahrscheinlich ist es ohnehin besser so… vielleicht soll es genauso sein. Denn am Ende können wir uns doch nicht vor dem verstecken, wer wir sind. Das sollten Sie doch wissen Professor.“ Die Stimme des Pathologen wurde scharf und kroch Shinichi unter die Haut. „Die Maske, hinter der Sie sich verstecken, verwandelt Sie nicht in einen anderen, sie zaubert aus Ihnen keinen besseren Menschen hervor!“ Shinichi aber hörte die Beschuldigungen Matsudos nicht, in seinem Verstand arbeitete es. Masken, Verwandeln, Zaubern… Ein kurzes Lächeln schlich sich auf die Züge des Detektivs. Das letzte Problem. Diese Geschichte fand hier genauso wenig ein Ende wie Doyles Detektiv in den Reichenbachfällen. Er schluckte, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Mörder vor ihm. „Ich ahne was man Ihnen erzählt hat, Doktor und… ich kann nicht mal behaupten, Sie lägen falsch. Es stimmt ich trage Schuld an ihrem Tod. Allerdings bin ich nicht derjenige, den Sie fürchten sollen, die wahre Gefahr, die waren Mörder sind die, mit denen Sie diesen Pakt geschlossen haben.“ Ein müdes Lachen zeigte sich auf den Lippen des Pathologen. „Manchmal muss man eben mit dem Teufel ins Geschäft kommen, um an sein Ziel zu gelangen. Aber egal… um Sie muss ich mich nicht mehr kümmern…“ Die grünen Augen wurden glasig, das müde Lächeln auf den Lippen des Pathologen ließ Shinichis Puls beschleunigen. „Wenigstens kann ich diese Welt noch von einem weiteren Mörder befreien.“ Der Detektiv erkannte die Handbewegung des Arztes sofort und war doch zu spät es zu verhindern. „Verdammt! Hattori!“ Noch ehe er den Namen des Osakaners ausgesprochen hatte war dieser zusammen mit Takagi durch die Hintertür gestürmt. Zu zweit warfen sich die beiden Polizisten auf „Holmes“ brachte ihn unsanft zu Fall. Sie hatten genug von dem Gespräch mitbekommen, um zu ahnen, dass ihr Mörder gerade dabei war, einem Urteil aus dem Weg zu gehen. Während Takagi den Mann mit seinem Gewicht am Boden hielt, machte sich der Kommissar aus Osaka an den verkrampften Kiefer von Holmes zu schaffen. „Hier wird sich nicht vom Acker gemacht, du wirst uns sagen, wo wir se finden, damit wir dem Ganzen ein Ende machen können, na los doch, spuck´s aus!“ Doch der Pathologe hörte sie schon nicht mehr, zuckte nur noch, während sein Körper den viel zu süßen Duft von gebrannten Mandeln verströmte. „Verdammt!“ Mit einem Stöhnen ließen die beiden Männer von „Holmes“ Leiche ab. Die Zähne des Kommissars knirschten unter dem Druck seines Kiefers, unwirsch fuhr er sich durchs Haar. „Was machen wir jetzt… Kudo?“ Doch seine Frage blieb unbeantwortet. „Kudo?“ Nachdem sich nun auch Takagi verwundert umsah spürte Heiji wie die Farbe aus seinem Gesicht floh. „Nein…“ Das Klingeln seines Handys überraschte ihn, obwohl er bereits darauf gewartet hatte, riss das Gebimmel Megure aus seinen Gedanken. „Heiji, was-…“ Doch der Kommissar unterbrach ihn. „Kudo ist weg.“ „WAS? Wohin?“ Der Osakaner schnaufte, Hektik war in der Stimme des Polizisten zu hören. „Wenn ich das wüsst‘ würd ich Sie wohl kaum anrufen, Megure.“ „Verdammt, was hat der Junge jetzt schon wieder vor?“ Das heisere Fluchen war weniger für Heijis Ohren bestimmt als die Anweisung seines Vorgesetzten, die folgte. „Ich schicke euch jemanden der sich um Matsudo kümmern soll, dann-…“ „Das eilt nicht,… er ist tot.“ Der Hauptkommissar antwortete mit Schweigen. Eine Mischung aus Erleichterung und Versagen breitete sich in seinem Inneren aus… aber zumindest das war vorbei. „Seht zu, dass ihr ihn findet, Heiji.“ „Natürlich.“ Der Finger des Osakaners schwebte schon über der Handytaste, um das Gespräch zu beenden, ehe er noch eine letzte Frage einschob. „Wie geht´s dem Opfer?“ Der Knoten im Hals des Hauptkommissars zog sich langsam zu. Die Schreie in den Fluren der Notaufnahme waren verstummt, die Stille jedoch sagte mehr als dem Polizisten lieb war. Er seufzte, vergrub seine fleischige Hand tief unter seinem Hut. „Es sieht nicht gut aus, Heiji…“ Die Welt wurde unklar und verschwommen. Die großen Augen starten glasig ins Leere, hatten nichts weiter im Blick als den so plötzlich erschienen Schmerz, der mit nichts Bekanntem auf dieser Welt zu vergleichen war. Fragen nach dem Was?, Wie? und Warum? schwebten im dichten Nebel aus Gedanken umher, ohne eine Antwort zu finden. All das Denken half nichts, brachte nur noch mehr Schmerz, der sich in die Knochen seines Opfers einbrannte. Sie so weich und zäh wie Gummi werden ließ, während ein Feuer von Innen heraus alles zu verbrennen schien, das noch übrig war. Die Hitze war unerträglich und wurde doch nur schlimmer. Mit jedem Herzschlag wurde das Leben immer und immer weniger und die schier endlose Pein größer. Tod? Fühlte sich so sterben an? Verstand und Körper gaben gleichermaßen nach, verschwammen zu einem heißen Klumpen Teer, der weder Form noch Licht übrig ließ, sondern alles mit sich nahm. Selbst Angst hatte in dieser glühenden Hölle keinen Platz mehr, wurde verdrängt von der schier endlosen Qual. Es tat so weh… Die Angst ging und der Schmerz brachte einen gefährlichen Freund mit sich… einen Freund der dem Tod voraus ging, der den Weg ebnete für das was kommen könnte, für das was kommen sollte. Hoffnung. Denn egal wie, es würde gleich vorbei sein. Zu Ende. Bald. Das war alles was noch zählte, dass diese Qualen vorüber gehen würden. Gleich vorbei… Bitte! Doch die brennenden Lippen hatten andere Pläne, bettelten nicht, sondern sprachen das aus, was ihnen am meisten bedeute. Der einzige Gedanke der dem Schmerz wirklich Linderung verschaffte. Der Gedanke der alle anderen Vertreiben konnte… der das Leiden beenden konnte. „Shinichi…“ „RAN!“ Hallöchen ihr Lieben, Erst mal herzlichen Glückwunsch an alle die mit ihrer Vermutung richtig lagen (und auch an die die mit einer (oder zwei) anderen Ideen auch nicht ganz falsch lagen *gg*) Nicht mein bester Mord leider.. einige Ecken und Kanten hat er schon fürchte ich. Allerdings denke ich das dennoch einige Fragen im Raum stehen, aber ich würde behaupten die meisten davon werden noch gelöst. Wäre ja auch untypisch für mich euch ganz aufgeklärt zurück zu lassen ohne weitere Rätsel und Zweifel zu streuen. Nicht zu letzt dieser Cliffhänger, mein persönlicher liebling *gg* Denn nein, ihr Name am Schluss ist kein Fehler ];) Ich würde sagen… jetzt geht’s los, der letzte Abschnitt der FF ist somit eingeleitet. Und ich bin natürlich suuuper gespannt was ihr dazu sagt ^///^ Wie immer vielen Dank für eure teure, *sichjetztversteckengeht* Bis dann, eure Shelling Kapitel 34: Dark games and red tears ------------------------------------ Rückblick Doch die brennenden Lippen hatten andere Pläne, bettelten nicht, sondern sprachen das aus, was ihnen am meisten bedeute. Der einzige Gedanke der dem Schmerz wirklich Linderung verschaffte. Der Gedanke der alle anderen Vertreiben konnte… der das Leiden beenden konnte. „Shinichi…“ „RAN!“ Rückblick Ende Dark games and red tears Die Wand aus Metall stieß ihm unbarmherzig kalt in den Rücken, während sein Blick die Anzeige des Fahrstuhls beobachtete, die langsam aufwärts zählte, bis er endlich im richtigen Stockwerk angekommen war und der Fahrstuhl ihn entließ. Bells Schritte hallten dumpf auf dem Betonboden des Pressegebäudes wieder, verstummten dann, als er endlich das richtige Büro gefunden hatte. Der Namenszug an der Tür starrte ihm frech und höhnisch entgegen. Otuchi Koriba. Ein Anagramm. Shinichi schluckte, versuchte den bitteren Geschmack aus seinem Mund zu waschen. Er hätte es schon viel früher sehen müssen… spätestens seit dem Brand wartete sie vermutlich nur darauf, dass er sie hier aufsuchte. Shinichi klopfte nicht, versuchte sein Glück und drehte am Türknauf des Büros, es war offen. Bell trat ein, schloss die Tür in seinem Rücken mit einem sanften Klicken, ehe er sich in dem schmalen Raum umsah. Hier war er richtig. Die Pinnwände waren voll von Fotos und Artikeln zu dem Fall, voll mit Fotos von Bell, aber auch von Heiji und seinem Sohn, von Ran… „Ich habe dich früher erwartet… Cool Guy.“ Die eisige Stimme in seinem Rücken, veranlasste ihn dazu sich herum zu drehen. Der Journalist stand im Türrahmen und begrüßte ihn mit ihrem Lächeln auf seinen Lippen. Mit einem schweren Seufzen klappte sie den letzten Ordner zu, sah den kleinen Staubkörnchen bei ihrem Walzer zu, die sie durch den Windzug erschreckt hatte. Nichts. Nichts, was sie nicht auch schon versucht hätte… Nichts, das ihr weiterhelfen konnte… Nichts,… was Shinichi Kudo wieder zum Leben erwecken würde. Stöhnend ließ sich die FBI Agentin tiefer in den Brührohstuhl des ehemaligen Organisationsmitglieds fallen. Sie hatte die ganze Nacht und den halben Tag damit verbracht, Sherrys Labor auseinander zu nehmen. Die Chemikerin seufzte, wandte ihren Blick an die graue Decke, während sie den Stuhl langsam vor und dann wieder zurück rollen ließ. Eigentlich war sie sicher gewesen, wenigstens irgendetwas zu finden, das ihr weiter helfen könnte, schließlich musste auch Shiho Miyano Aufzeichnungen über ihre Forschungen geführt haben. Hatte sie auch, aber darunter war nichts dabei, was sie wirklich einen Schritt voran bringen konnte. War das wirklich alles? Die Agentin konnte es nicht so recht glauben, nach dem, was Shinichi ihr erzählt hatte, müsste es wenigstens irgendwo Formeln geben, Zusammensetzungen und Mischungsverhältnisse für die Gegenmittel, die sie ausprobiert hatte. Aber da war nichts. Nichts bis auf ein paar Daten über Shinichis physischen Zustand vor und nach Einnahme des Gegenmittels, nichts was sie selbst nicht schon kannte. „It can´t be…“ Sie nahm ein letztes Mal mit den Zehenspitzen Schwung, ließ den Stuhl so nahe an den Schreibtisch heran rollen, bis ihr Bauch sie stoppte. Ihre braunen Augen musterten den Raum mit enttäuschtem Blick, dafür, dass sie nichts gefunden hatte, hatte sie ein ganz schönes Chaos angerichtet. Die Amerikanerin fluchte lautlos, ließ ihren Kopf in ihre Hände sinken. Tracy war frustriert, ausgelaugt und müde, außerdem fühlte sie sich einsam. Sie wusste nicht mehr, ob es Stunden oder Minuten her war, dass entweder der Professor oder Stue sie in ihrem Chaos besucht hatten. Zu lange jedenfalls für ihren Geschmack, dieses dunkle Loch aus Versagen ließ ihn ihr den Wunsch nach einer menschlichen Stimme aufkommen, jemand, der ihr Gesellschaft leistete, der sich ihre Flüche anhörte, weil mal wieder etwas nicht geklappt hatte. Dieser jemand war sonst immer Shinichi. Gerade aber, als sie sich vom Schreibtisch erhoben hatte, fiel ihr Blick auf den Sprachrekorder und nach einem kurzen Moment des Zögerns drückte sie auf Play. Die Stimme von gestern meldete sich erneut zu Wort, während sich die Chemikerin den Ordner schnappte, den sie zuletzt durchforstet hatte und wieder an seinen Platz stellte. Sie spürte, wie sich ihre angespannten Muskeln langsam lockerten, während sie den fröhlichen und aufmunternden Worten von Shihos Mutter lauschte, doch nur so lange, bis der mütterliche Tonfall sich änderte. „Am liebsten würde ich jetzt einfach nur noch sagen, wie sehr ich dich liebe, Shiho, wie sehr ich dich vermissen werde und wie stolz ich auf dich bin.“ Die Amerikanerin hielt in ihren Bewegungen inne, als sich Elenas Stimme wandelte. Ein schweres Seufzen brachte das Diktiergerät zum Rauschen, die Stimme der Engländerin klang belegt, man hörte, wie ihr das Sprechen mit einem Mal schwerer fiel. „Aber du bist jetzt zwanzig, dies ist das letzte Band und wenn ich es dir jetzt nicht sage-.“ Der Geist von Elena Miyano schluckte, brachte das Tonband kurz zum knistern, die Leidenschaftlichkeit, mit der sie weitersprach, übertünchte für einen kurzen Moment den Ernst der Lage. „Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, meine kleine Shiho, aber diese Forschung ist mein Leben und der Grund dafür, dass… dass ich jetzt nicht mehr bei dir sein kann. Und auch wenn diese Formeln für mich den Tod bedeuten, tragen sie auch Leben in sich… Potential meine Shiho, so viel Potential. Es ist alles auf Band. Und vielleicht… vielleicht kannst du diese Informationen gebrauchen, du hältst eine Bombe in der Hand, meine Kleine. Einen Anfang oder ein Ende, egal, in jedem Fall einen Ausweg, ein Entkommen… selbst vor dem Tod.“ Die kleinen Härchen auf Tracys Armen stellten sich elektrisiert auf, sie spürte, wie ihre Lunge nach Luft schnappte, war sich erst jetzt bewusst, dass sie schon eine ganze Zeit lang den Atem angehalten hatte. Doch die Bitterkeit in Elenas Stimme drang schon längst nicht mehr zu ihr durch, ihr Verstand arbeitete, wartete darauf, dass man ihn endlich mit den versprochenen Informationen fütterte. „Allerdings muss man erst Sterben um Leben zu können, das weiß ich jetzt.“ Das einsame Lachen füllte den Raum, hallte bitter an den Wänden wieder, so wie es wohl schon bei der Aufnahme an einsame Ohren zurück geschallt war. Dann aber wurde ihre Stimme erneut weich, barg so viel Gefühl in sich, wie man es noch vor ein paar Sekunden nicht für möglich gehalten hatte, sodass Tracy beinahe glaubte, das traurige Lächeln auf den Lippen der unsichtbaren Frau erkennen zu können. „Bitte verzeih mir Shiho, verzeih mir, dass ich dir das aufbürde, verzeih mir, dass ich dich allein gelassen habe, verzeih mir… dass ich ein schlechter Mensch war. Ich liebe dich meine kleine Shiho, von ganzem Herzen.“ Tracy starrte auf das Diktiergerät, lauschte in das stille Rauschen hinein, das Elenas Worten folgte. Die Amerikanerin ließ stehen und liegen, was sie bis eben noch in der Hand hatte, ging mit nur wenigen Schritten zum Schreibtisch, nahm den Recorder in die Hand und drückte ihn an ihr Ohr. Das Summen der Elektronik mischte sich mit dem Rauschen des Tonbandes, ansonsten aber blieb der Apparat stumm. Stöhnend nahm Tracy das Diktiergerät wieder runter, starrte auf die hypnotisch wirkenden Spulen, die sich lautlos immer weiter drehten. Und tatsächlich schienen ihre Worte dem Apparat erneut Leben einzuhauchen, denn nach einem kurzen Moment ertönte erneut eine Stimme vom Band. Allerdings nicht die von Elena Miyano. „Kudo… es tut mir Leid.“ Die Chemikerin lauschte gespannt, ehe ein markerschütternder Schrei sie zusammen zucken ließ, doch was das Blut in den Adern der FBI-Agentin wirklich zu Eis erstarren ließ, war der Name, der von diesem Schrei mit sich getragen wurde. „Ich habe dich früher erwartet… cool guy.“ Vermouths Lächeln schmiegte sich auf die Lippen des jungen Reporters. „Du bist ein wenig spät, nach all den Hinweisen, mein lieber Shinichi. Und dann auch noch ganz ohne Begleitung?“ Bell aber ignorierte ihren spitzfindigen Ton, schloss die Tür hinter seinem Rücken und wandte sich ihr erst dann zu. „Das wolltest du doch? Wieso sonst hättest du Hinweise hinterlassen die nur ich erkennen konnte. Wenn du das FBI aber gerne noch da hättest, kann ich das schnell ändern.“ Doch der Griff nach seinem Handy wäre nicht nötig gewesen, Vermouth lenkte auch so ein. „Nicht doch, Shinichi, du hast Recht, das hier geht nur uns beide etwas an.“ Das Lächeln des Reporters brach, er trat an Shinichi vorbei, hin zu seinem Schreibtisch und lehnte sich in viel zu fraulicher Manier dagegen. Das nach Verwüstung anmutende Pressebüro war eigentlich viel zu klein für ein Gespräch und bestand aus nichts weiter als einem Schreibtisch, einer altmodischen Rohrpostanlage und ein paar Pinnwänden, wobei letztere selbst noch größer waren, als die Luke, die man nur schwer als Fenster bezeichnen konnte. Ein zynisches Lächeln zeigte sich auf den Lippen des Amerikaners. „Nicht ganz das Arbeitsumfeld, das du sonst gewohnt bist, was Vermouth?“ Der junge Reporter aber erwiderte sein Lächeln nur. „Darum musst du dir keine Gedanken machen, ich denke, nach dieser kleinen Geschichte steht bestimmt eine Beförderung ins Haus.“ Doch das süße Lächeln des Journalisten verblasste langsam, während Vermouths Augen scheinbar desinteressiert ihre Fingernägel inspizierten. „Auch wenn das wohl jetzt ein Ende hat. Nicht wahr? Auch wenn es mich ein wenig enttäuscht, dass du erst jetzt hier auftauchst.“ Bells Augenbraue aber war das einzige, was unter der Kritik kurz zuckte, seine samtige Stimme ließ keinen Platz für Zweifel. „Dass ihr mit der Presse zusammensteckt war klar, aber ich muss gestehen, dass ihr den Doktor eure Drecksarbeit habt machen lassen, wundert mich doch. Sonst ist die Organisation sich doch nicht zu fein, sich die Hände schmutzig zu machen.“ Vermouth aber lachte nur, fuhr sich mit den Händen durch die kurze dunkle Perücke und schüttelte den Kopf. „Aber nein, mein Lieber, da tust du uns unrecht. Der gute Doktor ist quasi zu uns gekommen.“ Shinichi spürte, wie sich sein Magen langsam zusammenzog und Vermouth schien das Unwohlsein ihres Gegenübers sichtlich zu genießen. „Wie?“ Vermouths Lächeln verschwand, sie wandte den Blick von ihm ab, fischte in aller Ruhe ein kleines silbernes Zigarettenetui aus ihrer Hosentasche und entließ ihre Worte erst zusammen mit dem beißenden Rauch. „Was denken Sie, Professor?“ Shinichi zögerte kurz, nahm seine Brille ab und begann die Gläser in kleinen Bewegungen zu polieren, während er ihr scheinbar beiläufig antwortete. „Ich nehme an, einer von eurer Truppe hat sich bei der Polizei eingeschleust und ist auf die Morde an den Rothaarigen gestoßen.“ Vermouths Blick traf den seinen, während er Bells Brille unachtsam auf einem der kleinen Aktenschränke ablegte, die Hände in den Hosentaschen verschwinden ließ und auf eine Antwort wartete. Vermouths Mundwinkel zuckten nur. „Guter Versuch, aber diesmal liegst du leider falsch.“ Sie nahm einen tiefen Zug ihrer Zigarette, hatte das Büro schon längst in einen zarten Grauschleier getaucht, sodass die Szene einem alten Schwarz-Weiß-Krimi immer ähnlicher wurde. „Eine solche Beobachtung wäre nie zum Boss durchgedrungen und auch wenn du die Organisation das Fürchten gelehrt hast, Shinichi, so kennt noch lange nicht jeder von uns deine persönlichen Albträume.“ Bell zuckte nicht, allerdings war Shinichi froh, dass Vermouth seine geballten Fäuste nicht sehen konnte. Wenn sie enttäuscht über seine mangelnde Reaktion war, so ließ sie es sich nicht anmerken, streifte die Asche an einem alten Kaffeebecher ab und sprach weiter. „Nein, Matsudo istzu uns gekommen. Einer seiner Auserwählten war zufälligerweise ein Mitglied der Organisation. Jemand von niedrigem Rang, ohne große Bedeutung, aber natürlich machen wir dem Boss Meldung von so was, es hat nicht lange gedauert, den Doktor aufzusuchen und ihn für nützlich zu befinden. Schließlich hat er den Boss mit seinem Draht zu rothaarigen Frauen erst auf die Idee gebracht. Und ganz nach Sherlock Holmes‘ Vorbild in der Gesichte, waren die Morde doch eine schöne Ablenkung für dich, während wir im Hintergrund gearbeitet haben.“ Vermouths Lächeln wurde bei dem Gedanken an den von Rache getriebenen Pathologen nur noch breiter. „Ganz geheuer war dem Doktorchen nicht bei der Sache, aber als wir ihm eine etwas, nun… sagen wir abgeänderte Version von deiner Affäre mit Sherry erzählten, war er einverstanden. Wenn du mich fragst, wusste er gleich, wie es für ihn ausgehen würde. Wir haben dem guten Doktor also auf gleich mehrere Arten den Weg bereitet.“ Shinichi schluckte, er wollte sich lieber nicht vorstellen, was Matsudo von ihm gehalten haben musste. Allerdings lenkte die Schauspielerin seinen Verstand gleich wieder in eine andere Richtung. „Warum wohl glaubst du, schleicht dieser unfähige CIA Agent hier rum?“ Für einen kurzen Moment wurden Shinichis Augen groß. „Er war unserem Mann auf der Spur, und fand ihn auch, oder zumindest das, was Matsudo und die Krähen von ihm übrig gelassen haben.“ Vermouths trockenes Lachen ging in dem rauschenden Puls in seinen Ohren unter, deswegen also war Eisuke in Japan. „Matsudo hat sich nicht schlecht gemacht und die kleinen Briefchen haben ihren Zweck mehr als erfüllt, auch wenn es eine Überraschung war, als er uns gleich bei dem dritten Mordversuch verkündete, dass der ermittelnde Detektiv aus Amerika nicht echt sei. Nach so vielen Jahren Übung hätte ich dir ein wenig mehr zugetraut.“ Shinichi aber schluckte nur trocken, ignorierte die Anspielung und ließ die Schauspielerin nicht aus den Augen. „Dennoch, einen besseren Plan hätten wir gar nicht spinnen können, um dich aus deinem Versteck zu locken.“ Shinichi wandte den Blick ab, vergrub die Hände tiefer in seinen Hosentaschen. Und dennoch gab es Dinge die der Detektiv noch immer nicht ganz nachvollziehen konnte. „Die Brandstiftung hatte den Zweck, William Bell von der Bildfläche verschwinden zu lassen, nehme ich an?“ „Nicht nur. Wir wussten durch deine Studenten und deine Wohnung schon, dass William Bell nicht echt war, du kannst dir vorstellen, wieviel Spaß Gin daran hatte, deine kleinen Schüler auszuquetschen.“ Sie hörte, wie Bells Kiefer vor Anspannung knackte, fuhr nach kurzem Warten jedoch ungerührt fort. „Allerdings ist der Boss vorsichtig geworden, und so auch die Organisation.“ Genervt ließ Vermouth die Hände in der Jackettasche des Reporters verschwinden, schaute aus dem grau verschmierten kleinen Fenster. „Das FBI und du habt der Organisation in den letzten Jahren ganz schön zugesetzt. Unsere Mittel und Handlungen sind eingeschränkt, der Boss will nicht riskieren, noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.“ Die Blondine schüttelte den Gedanken ab, richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Amerikaner, der sie abwartend ansah. „Zweck der ganzen Sache war also, herauszubekommen, wer wirklich hinter William Bell steckte und ob es sich nicht vielleicht einfach nur um eine Falle des FBIs handelte, schließlich hätte jederzeit jemand anderes deinen Platz hatte einnehmen können. Jeder hätte sich dieser Marionette habhaft machen können, die du erschaffen hast.“ Sie grinste, machte einen Schritt auf ihn zu. „Deswegen hat dir Gin auch noch dieses nette kleine Souvenir verpasst. Es war der letzte Beweis, den unser Boss gefordert hat, ehe er zum Gegenschlag ausholt.“ Vermouth schluckte, wandte den Blick von ihm ab. „Ich hatte mir solche Mühe gegeben, deine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Es war mein Job, von der Organisation aus Matsudo zu überwachen und seine Taten in der Presse zu verbreiten, um selbst in Amerika für Schlagzeilen zu sorgen und dich hierher zu locken. Den Namen habe ich allerdings nur für dich angenommen. Es enttäuscht mich, dass du mein kleines Wortspiel nicht früher erkannt hast, Shinichi… auf der anderen Seite war, der Draht zu deinen Eltern war ja noch nie besonders gut.“ Vermouth schluckte, schüttelte enttäuscht den Kopf. „Dennoch,… wärst du früher gekommen, hätte ich vielleicht noch einlenken können… so aber bleibt mir keine andere Wahl, als langsam zum Wesentlichen zu kommen, ehe ihre Zeit abläuft.“ „Was?“ Heiß. Die Hitze war einfach unerträglich. Sie spürte wie einzelne Schweißperlen über ihre Schläfe rollten, unfähig, sich auf ihrer Haut abzukühlen. Selbst der kalte Straßenboden unter ihrer Wange brachte keine Linderung. Ran schluckte, versuchte mit ihrem glasigen Blick den Bordstein gegenüber zu fixieren, zwang sich, bei Bewusstsein zu bleiben. „RAN!“ Sie hörte Schreie, spürte wie sie jemand auf den Rücken drehte während, sie selbst unfähig war, sich zu bewegen. Ihre Knochen und Muskeln schienen nur noch aus Wachs zu bestehen, folgten keinem ihrer Befehle mehr und ließen sie kraftlos zurück. Ran schluckte, sie erkannte die verzweifelte Stimme in ihren Ohren. Es konnte nur die junge Mutter sein, auf deren Schoß ihr Kopf jetzt lag und der bunte Klecks an ihrer Seite musste Haiku sein. Mein Gott, was sie dem kleinen Jungen jetzt wohl für einen Schrecken einjagte? Doch die Stimme der Osakanerin blieb nicht lang allein, eine bunte Mischung verschiedenster Tonlagen drang an ihr Ohr, mischte ein wirres Bild in ihrem Kopf. Ran schloss die Augen, versuchte sich zu konzentrieren, durch den Schleier aus Hitze hindurch zu sehen und einen der Gedanken zu fassen, die in ihrem Kopf herum wirbelten. Die Kudos, stimmt, sie waren kurz vor ihrem Haus. Wahrscheinlich… Vielleicht… Doch Ran wartete vergeblich auf seine Stimme. Die junge Frau schluckte trocken, versuchte sich zu konzentrieren, es wegzustecken, so wie sie es im Karatetraining gelernt hatten. Den Schmerz weg atmen, ausblenden, verdrängen, nichts davon half. Der Schmerz ging nicht. Und er kam nicht. Ihre Pupillen zitterten hin und her, doch mehr als grobe Umrisse und verschwommene Gestalten ließ der Hitzeschleier nicht durch. Yusakus Sonore Stimme verriet ihn, aber wer- Ran stockte, ihr in Watte gehüllter Kopf erkannte die Stimme trotz allen Widrigkeiten sofort. Die Fremde legte eine Hand auf Rans Stirn, eine kühle, wohltuende Hand, die sich jedoch sofort auf der aufgeheizten Haut verkrampfte und zu ihrem Hals wanderte, wo ein donnernder Puls gegen Tracys Finger schlug. Sie hörte wie die Amerikanerin ihren Namen aussprach, sie etwas fragte, doch ihre Worte kamen nur noch als Rauschen in ihren Ohren an, übertönt von ihrem eigenen pochenden Herzschlag. Ran stöhnte, spürte wie ihr Herz immer schneller zu schlagen begann, wie es in ihrem Burstkorb rumorte und polterte wie ein wildes Tier, dass sich mit allen Mitteln aus der Gefangenschaft befreien wollte. Bis ein Herzschlag alles andere außer Kraft setzte. Die Hitze in ihren Knochen war nicht mehr, das Ächzen ihrer Muskeln verstummt und ihre glühende Kehle blieb von der Atmung verschont. Der Schmerz in ihrem Brustkorb verschluckte all diese Dinge, denn in diesem Moment schien ihr Herz in tausend Stücke zu zerspringen. Ein heißeres Keuchen entrang sich ihrer Kehle. Unfähig ein Wimmern zu unterdrücken, griff sie sich an den Brustkorb, spürte wie ihr Herz dagegen donnerte. Es schlug noch. Der Schmerz ihres Herzmuskels hallte Dumpf in ihren Knochen nach, sie wusste gleich, das es nicht das letzte Mal gewesen war. Diese Folter würde so lange weiter gehen, bis ihr Körper es nicht mehr länger aushielt. Ran schluckte, der brennende Schweiß in ihren Augen mischte sich mit ihren Tränen. Sie hatte Angst, Angst diesen Schmerz erneut ertragen zu müssen und Angst, ihn nicht lange genug ertragen zu können bis er hier war. Tränen stiegen ihr in die Augen, rannen wie kochendes Wasser über ihre Wangen und hinterließen zornig rote Steifen auf ihrer blassen Haut, fast so als hätte sie sich verbrannt. „Shinichi…“ „Was?“ Sein Herz schien für einen Schlag auszusetzen, nur um das versäumte dann aufzuholen und doppelt so schnell zu schlagen. „Was meinst du damit?“ Bells Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren rau, beinahe wund. Vermouth wusste genau, dass sie ihn getroffen hatte, sie schien diesen Moment zu genießen, reagierte nicht auf seine Unruhe, sondern drückte ihre Zigarette genüsslich am Henkel der Kaffeetasse aus, schnippte sie dann hinein zu den anderen Überresten aus Asche und Staub. Sie antwortete nicht auf seine Frage und der Oberschüler hinter dem angespannten Silikon schien nicht zu begreifen, wie sie von einem Thema jetzt auf ein anderes kam. „Das APTX Shinichi, glaubst du wirklich, unser Boss würde nach einer solchen Entdeckung die Forschung abbrechen?“ Ihr bezeichnender Blick drang durch Bells Silikonmaske hindurch, ganz so, als würde sie den Oberschüler dahinter von oben bis unten mustern. „Natürlich hat das Ableben unserer kleinen Sherry die Forschung nicht grade weiter vorangetrieben, denn eins muss man ihr lassen, was ihren kleinen Nebeneffekt anbelangt, kann ihr keiner das Wasser reichen. Allerdings haben unsere Wissenschaftler ganz nebenbei etwas anderes sehr nützliches aus dem Gift herstellen können.“ Sie machte einen Schritt auf Bell zu, kam ihm so nahe, dass er das Aftershave riechen konnte, womit sie ihr Parfüm ersetzt hatte, um den männlichen Journalisten noch besser darstellen zu können. Shinichi aber rührte sich nicht, sah nicht den blassen Japaner, sondern die Blondine dahinter, die Bell fürsorglich die Krawatte richtete, während sie sprach. „Du kannst es dir doch sicher vorstellen, Shinichi. Das Gefühl von innen heraus zu verbrennen, die Sehnen ,die sich bis zum Zerreißen spannen, zu glauben das die eigenen Nervenstränge von Säure zerfressen werden, während sich die Knochen anfühlen als würden sie schmelzen.“ Das Organisationsmitglied schluckte, ihre Worte hatten ihr Lächeln von ihren Lippen gewaschen. „Und nicht zuletzt das Herz, das sich anfühlt als würde man es in tausend teile zertrümmern, immer und immer wieder.“ Ihre Hand blieb auf seiner Brust liegen, Vermouths graue Augen blickten tief in die seinen. „Solche Qualen bringen die Leute zum Reden, nur die allerwenigsten halten diesen Schmerzen lange stand. Natürlich sollte man ein Gegenmittel zur Hand haben, wenn man noch etwas von seinem Opfer haben möchte, denn sonst erfüllt unser Lieblingsgift am Ende doch noch seinen Job.“ Shinichi schluckte, er spürte wie sich seine Kehle langsam zu zog während sie sprach. Bells Stimme aber merkte man diese Schwäche nicht an, stattdessen schwang ein gefährlicher Unterton in seinen Worten mit, während seine Augen schmal wurden. Seine Hand packte Vermouth am Handgelenk, stoppte damit ihrer Bewegung die angefangen hatte kleine Kreise auf seinem Jackett zu ziehen. „Was willst du damit sagen?“ Seine Stimme war kaum mehr als ein wütendes Zischen. Das süßliche Lächeln Vermouths huschte über die Lippen des Journalisten, ihre grauen Augen aber wurden dunkel, impften einen Hauch von Bedauern in ihre Züge. „Willst du es denn immer noch nicht verstehen?“ Shinichi aber fand keine Worte, konnte ihr nicht antworten. Sein Magen zog sich zusammen, er spürte wie ihm der Atem in der Kehle stockte, als sie ihm bestätige, was er befürchtet und verdrängt hatte, während ihres Monologs. „Nein…“ Seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Wispern. Ihm wurde kalt, er spürte, wie sich Bells Maske von seiner Haut zu lösen begann als ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Der Schock aber wurde schnell von etwas anderem abgelöst, Bells Finger spannten sich um Vermouths Handgelenk, sodass die Finger der Blondine unter seinem Griff zuckten. Seine andere Hand glitt an ihre Schulter, während Vermouth einen Schritt zurück machte und er sie so neben der vollgestopften Pinnwand fixierte. Angst und Wut mischten sich in seinem Tonfall und auch wenn sein Brustkorb sich hektisch auf und ab bewegte, lag seiner Stimme eine Ruhe bei, die sie nur noch gefährlicher erscheinen ließ. „Du sagst mir jetzt sofort, was genau ihr mit Ran gemacht habt, sonst glaub mir Sharon, vergesse ich mich und jegliche Moral.“ Die Blondine aber schmunzelte nur, verzog das Gesicht von Otuchi Kiraba zu einem höhnischen Grinsen. „Will du mir etwa drohen?“ „Wenn es sein muss! Ja! Und jetzt rede endlich!“ Sein Tonfall aber würde von einem scharfen metallenen Klicken unterbrochen, und der plötzliche Druck in seiner Magengegend verrieten ihm, dass Vermouth die Waffe gezogen hatte und so versuchte, seine Drohung umzukehren. „Nicht doch so grob, Shinichi. Wir sind hier in einem Pressegebäude und ich bin sicher, du willst nicht für noch mehr Wirbel um „William Bell“ sorgen, hab ich nicht Recht?“ Der Detektiv aber schnaubte nur verächtlich, lockerte seinen Griff nicht und wartete angespannt auf ihre Worte, als das Grinsen des Journalisten Vermouths ernstem Blick Platz machte. „Außerdem ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um den Kopf zu verlieren, schließlich will ich dir ein Angebot machen.“ „Shinichi…“ Rans heiseres Flüstern brachte die Aufregung der Leute um sie herum plötzlich zum Stillstand. Sein Name stach ihnen unter die Haut und trieb die Sorge um die junge Frau nur weiter in die Höhe. Kazuhas Schrei hatte sie nach draußen getrieben, der Name der gefallen war, hatte allen beteiligten das Adrenalin durch die Venen schießen lassen. Yusaku war der erste, der endlich seine Stimme wiederfand. „Yukiko, einen Krankenwagen. Schnell!“ Seine Frau blinzelte, vertrieb so die heißen Tränen aus ihren Augenwinkeln und nickte. „Ja.“ Doch noch ehe sich die ehemalige Schauspielerin hätte rühren können, ließ sie eine andere Stimme inne halten. Die Worte der Amerikanerin waren wie ein Faustschlag in ihre Magengrube. Ihre Hand ruhte noch immer auf der Stirn seiner Freundin, versuchte zu lindern, wofür es keine Linderung gab, während sich Ran von dem ersten Herzmuskelspasmus erholte. Tracy wagte es nicht, aufzusehen, bereute ihre Worte schon während sie sprach. „I fear that wouldn´t help much.” Fragend steiften Yusakus Blicke die FBI Agentin, etwas in ihrem Ton gefiel ihm ganz und gar nicht. Und da war er nicht der einzige. „Was?” Kazuhas Stimme zitterte, mehr aus Wut als aus Angst. „Was reden Sie da? Ran braucht einen Arzt, das sehen Sie doch!“ Panik schwang in der Stimme der Osakanerin mit, veranlasste Tracy dazu, aufzusehen, doch das Bedauern und die Angst in den braunen Augen der Amerikanerin konnten Kazuhas Puls nicht grade beruhigen. „Mag sein, aber ich fürchte, der wird ihr nicht helfen können.“ Sie schluckte, spürte noch immer Rans Fieber unter ihren Fingerspitzen. „Tracy?“ Die Bitterkeit in ihrem Ton hatte ihn aufhorchen lassen, besorgt schaute Stue von seiner Verlobten zu der jungen Frau am Boden. Er beobachtete, wie Tracy sich auf die Lippen biss, den so sorgsam aufgetragenen Lippenstift damit zunichte machte. Kein gutes Zeichen. Sie aber seufzte nur, schaute mit nachdenklichem Blick zu ihm auf. “It- it looks like the poison, Stue.“ Der FBI Agent schluckte, presste die Kiefer fest aufeinander. Der Professor war der erste, der sich traute, genauer nachzufragen. Auch wenn die Worte der Amerikanerin nur eine Antwort möglich ließen. „Was? Sie meinen-…“ Mit einem Seufzten stand die Agentin auf, sie brauchte einen Moment, bis sie in der Lage war, dem alten Wissenschaftler und seinen Eltern in die Augen zu sehen. „I fear so. Das APTX, oder zumindest eine Form davon, denn hätte man ihr das Orginial-.“ Sie schluckte den Satz hinunter, sprach mit einem traurigen Kopfschütteln weiter. „Die Symptome aber sind unverkennbar, leider.“ Der Schriftsteller atmete tief ein, versuchte den Schauer auf seinem Rücken so runterzuspülen, seinen Verstand am Laufen zu halten. „Verstehe…“ Seine Stimme war trocken, teilte seine äußerliche Ruhe nicht, als er sich an den Amerikaner an der Seite seiner Frau wandte. “Would you may bring her inside? “ Der Agent schaute auf, nickte dann. “Of course.” Doch grade als Stuart Ran von Kazuhas Schoß heben wollte, fiel die Osakanerin in die Wirklichkeit zurück. „WAS? NEIN! Ran braucht Hilfe, sieht das denn niemand?“ Stuart stockte, er verstand zwar nicht, was die Japanerin sagte, aber ihr Tonfall war bezeichnend. Hilfesuchend schaute er zu dem Autor auf, während die glühende Hitze des jungen Mädchens sich in seine Arme brannte. Yusaku machte einen Schritt auf die junge Mutter zu, legte ihr eine Hand auf die Schulter und zwang sie, ihn anzusehen. „Kazuha…, das ist kein einfacher Schwächeanfall. Man hat sie vergiftet.“ „Dann sollte sie erst Recht-…“ Doch der Schriftsteller unterbrach ihre Panische Stimme abermals. „Es ist das Gift der Organisation, das gleiche, das man ihm eingeflößt hat.“ Kazuha aber starrte ihn nur an, rührte sich nicht, während ihre Augen langsam groß wurden, sie zu begreifen begann, was das vielleicht für ihre Freundin bedeuten könnte. Doch noch ehe die Osakanerin weiter in Panik verfallen konnte, trat sie einen Schritt an sie heran, ihre Stimme war ruhig, professionell und zuversichtlich, wie die eines Arztes, der einem Hilfe versprach. „Ich habe dieses Gift studiert ,Miss, ich kann ihr helfen.“ Yusaku aber schluckte nur, sah die Amerikanerin nicht an, während er sprach, sondern richtete sich mit dem Hauch eines Lächelns an Kazuha. „Sieht du…“ „Ab-“ „Mami?“ Kazuha stockte, wandte ihr von Tränen verschmiertes Gesicht ihrem Sohn zu, den hatte sie bei dem ganzen Trubel beinahe vergessen. In den grünen Augen des Kleinen glänzten die frühen Botschafter eigener Tränen, bescherten den großen Kinderaugen einen fiebrigen Glanz. „Was- Was hat Ran? Ist sie krank?“ Kazuhas Lippen öffneten sich zitternd, während Stuart Ran hochnahm, überwand sie die kurze Distanz zu ihren Sohn und schlang ihre Arme um den Dreijährigen. „Ja… Haiku.“ Sie schluckte, ihr Blick glitt über seine schmale Schulter hin zu der FBI-Agentin. „Aber keine Sorge. Ran wird wieder gesund… ganz gesund.“ Tracy schluckte, spürte wie sich die Blicke von Ran Moris Freundin in sie bohrten, bis der Schriftsteller die Spannung in der Luft brach. „Yukiko, würdest du Kazuha und Ran hinein begleiten. Versucht sie abzukühlen, vielleicht gelingt es euch, das Fieber zu senken.“ „J-Ja.“ Die Amerikanerin blieb zurück, schluckte und unruhig beobachtete, wie Stue mit Ran im Arm in der Haustür verschwand, gefolgt von den beiden Frauen und dem Professor. Erst als sie außer Hörweite waren, begann er zu sprechen. Die Stimme seines Vaters war rau, barg nur noch wenig von der Sicherheit, die sie eben vorgetäuscht hatte, in sich. “Denken Sie, Sie könnten ihr helfen?” Seine dunkelblauen Augen lasteten schwer auf ihr, verpassten ihrem Nacken eine Gänsehaut, wie sonst nur Shinichis es konnten. Das schlucken viel ihr schwer und ihre Zunge schien träge an ihrem Gaumen fest zu kleben, so schwer fielen der Amerikanern ihre Worte. „Ich- keine Ahnung. Ich müsste es versuchen, wenn sie die Zusammensetzung geändert haben…“ Sie schüttelte den Kopf, wandte den Blick ab, zurück zu der Stelle wo ihr Verlobter mit Ran verschwunden war. “I-I honestly don´t know.” Die leichten Bewegungen mit der Vermouth sich aus seinem von Schock erstarrten Griff wandte, verrieten die Frau hinter der Maske des männlichen Journalisten. Sie hatte nicht viel übrig für die Panik, in die sein sonst so scharfer Verstand verfiel, verzog das Gesicht, während sie eine weitere Zigarette hervorzog. „Hattest du etwa wirklich geglaubt, dass du sie vor uns beschützen könntest, Shinichi?“ Dieser Satz gewann zwar seine Aufmerksamkeit, doch die Augen des Detektivs waren vor Entsetzen noch immer wie leergefegt. Vermouth schüttelte den Kopf, nahm einen tiefen Zug an dem Glimmstängel und beobachtete, wie der graue Rauch wieder aus ihrer Lunge kroch. „Du solltest es besser wissen… Es war nicht schwer, deinen wunden Punkt zu finden, nachdem wir dich gefunden hatten.“ Dies wiederrum rief William Bell tatsächlich wieder ins Leben zurück, die blauen Augen hinter der Maske funkelten sie gefährlich an. Sie aber schürzte nur amüsiert die Lippen, tippte ihre Zigarettenspitze an und beobachtete, wie die dunkelgraue Spitze langsam auf das bleiche Linoleum zu segelte. „Es ist so einfach, den Leuten was in ihren Kaffee zu mischen. Zwei nette Mädchen unterhalten sich, eine schon etwas ältere Dame geht an ihrem Tisch vorbei und ihr fällt aus Versehen ihre Brieftasche hinunter. Natürlich bücken dich die beiden jungen Frauen sofort danach, um dem alten Mütterchen zu helfen. Während also alle drei am Boden kriechen, nutzt ein Vierter Beteiligter diesen kurzen Moment. Er geht ganz unbedarft an ihnen vorbei, streckt den Arm über einem der Mädchen aus und lässt etwas in ihren Kaffee fallen, ohne dass eine von ihnen es überhaupt mitbekommt.“ Sein Blick glitt scheinbar ins Leere, seine Augenbrauen aber waren tief zusammengezogen und seine Lippen verrieten, wie blass der Detektiv hinter der Maske geworden sein musste. „Du kannst dir vorstellen, wie gerne Gin meinen Gegenpart übernommen hat.“ Er biss sich auf die Lippen, konnte das widerwärtige Lächeln auf ihren Lippen nicht mehr sehen, zwang sich aber, ruhig zu bleiben, seinen Puls im Zaun zu halten, um nicht gänzlich den Verstand zu verlieren. Schließlich hatte Vermouth es bisher noch nie fertig gebracht, Ran wirklich etwas anzutun. Ihre Worte aber ließen die Frage nach einem Bluff nicht länger offen. „Sie durchleidet grade dieselben Qualen, die du noch zu Sherrys Zeiten manchmal freiwillig auf dich genommen hast.“ Er zuckte nicht, also redete sie weiter. „Wie man sieht, jedoch ohne großen Erfolg. Im Falle deiner Freundin aber gibt es ein Gegengift und glaub mir Shinichi, sie braucht es, nicht zuletzt deine Eltern könnten dir das jetzt wohl bestätigen.“ Shinichi schluckte, brachte seinen Verstand wieder in Gang, jetzt wo er die Informationen hatte, auf die er gewartet hatte. Er holte Luft, der Gestank ihrer Zigarette biss in seinen Lungen, während er seine Frage stellte. „Woher kann ich wissen, dass es wirkt? Das ihr mich nicht betrügt?“ Vermouth machte einen Schritt auf ihn zu, wahrte diesmal jedoch die Distanz zwischen ihnen, der Rauch ihrer Zigarette schlängelte sich genauso kalt zwischen ihren zum Lächeln verzerrten Lippen hervor wir ihre Worte. „Dir bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig, als mir zu vertrauen, Shinichi.“ Der Detektiv schluckte die patzige Antwort hinunter, die ihm auf der Zunge lag, spürte wie Schaudern über seinen Rücken lief, als er endlich den Mut aufbrachte, eine weitere Frage zu stellen. „Was wollt ihr dafür?“ Das Lächeln auf ihren Lippen verblasste. „Eine Entscheidung Shinichi. Ich stelle dich vor die gleiche Entscheidung, wie Sherry damals.“ Doch Vermouth reagierte nicht auf das Entsetzen ihres Gegenübers, stellte ihre Forderung, so wie sie es schon vor zehn Jahren getan hatte. „Du hast die Wahl, dein Leben oder ihres.“ Das Klingeln seines Handys durchbrach die hektische Stille, die sich über sie gelegt hatte. Die Augenpaare glitten zu Yusaku, der sich bemühte, sie zu ignorieren, nicht zu viel zu verraten, als er auf sein Display sah und es vorzog, den Raum zu verlassen um das Gespräch anzunehmen. „Shinichi.“ Yusaku hörte seinen Gegenüber an der anderen Leitung schlucken, dass sein Sohn nicht weiter auf die Hektik in seiner Stimme einging bestätigte dem Autor seine Vermutung, noch bevor Shinichi zu sprechen begonnen hatte. Er wusste bereits Bescheid. „Wie geht es Ran?“ Bells Stimme am anderen Ende der Leitung zitterte nicht, doch die Ruhe seines Sohnes konnte der Schriftsteller nicht teilen. „Nicht gut. Deine Mutter hat ihr Wadenwickel gemacht, um das Fieber zu senken und Tracy-…“ „Schon gut, das reicht. Ich- mehr muss ich nicht wissen.“ Yusaku hörte ihn seufzen, sein eigener pochender Herzschlag mischte sich mit dem Rauschen des Telefons zu einer unruhigen Sonate. Shinichi aber schien sich gefasst zu haben, doch es war die Ruhe in Bells Stimme, die Yusaku einen Stein in die Magengrube legte. „Vater hör zu, draußen wartet ein schwarzer Wagen auf dich. Ein Mercedes. In ihm wartet Hidemi Hondo vom CIA, du kennst sie vermutlich als Rena Mitzunashi. Sie wird dir ein Gegengift für Ran geben.“ Yusaku hörte ihn schlucken, spürte wie seine eigene Kehle langsam trocken wurde. „Shinichi…“ „Vater, bitte,… ich bleibe solange am Telefon.“ Der Schriftsteller machte Ansätze zu widersprechen, als Rans heißeres Wimmern durch die geschlossene Tür an seine Ohren drang. Er hörte wie sein Sohn scharf nach Luft schnappte, schluckte seinen Einwand hinunter und befolgte Shinichis Anweisung. Yusaku trat aus dem Haus, ging hinaus auf die Straße, während er sein Handy noch immer fest ans Ohr gepresst hatte, doch sein Sohn schenkte ihm keinen besseren Beistand als es eine tote Leitung auch getan hätte. Tatsächlich stand der Mercedes nur wenige Meter die Straße hinunter, vermutlich hatte das Auto eben auch schon dort gehalten und sie hatten es ihm Trubel gar nicht mitbekommen. Der Autor holte tief Luft, spürte, wie sich die Knopfleiste seines Hemds spannte, ehe er wieder ausatmete und auf den Wagen zuging. Die blasse Frühlingssonne spiegelte sich in den verdunkelten Scheiben, ließen Yusakus eigenes Bild beinahe durchsichtig wirken. Gerade aber als er sich dazu entschlossen hatte, gegen die Scheibe der Fahrerseite zu klopfen, glitt das Glas nach unten und gab die Silhouette von Hidemi frei. Tatsächlich war ihm die CIA Agentin aus dem Fernsehen nicht unbekannt, allerdings sah die ehemalige Reporterin schlecht aus und dass das nur am fehlenden professionellen Makeup lag, bezweifelte der Schriftsteller. Ihr Gesicht wirkte blass und die Schatten unter ihren Augen berichteten von mehreren schlaflosen Nächten, dennoch war das Lächeln, zu dem sie sich durchringen konnte echt, wenn es auch ein trauriges war. „Hier.“ Sie schluckte hielt ihm eine kleine schwarze Schachtel entgegen. „Das wird ihr helfen.“ „Woher soll ich wissen, ob das die Wahrheit ist?“ Yusakus Stimme hallte bitter auf dem grauen Asphalt wieder, sein Sohn hatte es zwar nicht mehr erwähnt, aber er wusste noch genau wer Hidemi Hondo war, ein Mitglied der Organisation, das von der CIA hinein geschmuggelt worden war. Kir. Doch die CIA Agentin seufzte nur, legte die schwarze Schachtel auf die schmale Armatur des Fensters. „Sie müssen mir wohl oder übel vertrauen.“ Kirs Lächeln aber wirkte trüb unter ihren müden Augen. Der Schriftsteller aber hatte nur wenig für sie übrig, seine blauen Augen ruhten unruhig auf der kleinen Schachtel, doch seine Stimme war noch immer scharf und misstrauisch. „Und wieso sollte ich-…“ „Tu es einfach.“ Der herrische Tonfall in Bells Stimme ließ ihn aufschauen, für einen kurzen Moment hatte er das Handy an seiner Wange komplett vergessen, und auch Hidemi hatte die Stimme des Professors gehört, wandte den Blick besorgt ab. Shinichi aber überging die Anspannung, ignorierte die Fragen, die vermutlich auf der Zunge seines Vaters lauerten, schluckte hart, ehe er mit rauer Stimme aussprach, was keiner von ihnen so richtig wahrhaben wollte. „Es ist unsere einzige Chance.“ Yusaku schwieg. Er sagte noch immer nichts, als sich seine Hand langsam um die schwarze Schatulle schloss und er sie an sich nahm. Hidemi sah zu ihm auf, öffnete den Mund zum Sprechen, wandte dann jedoch den Blick ab, bis sie ihre Stimme wiederfand. „Es tut mir Leid.“ Damit drehte sie den Zündschlüssel um, startete den Motor und verschwand. Yusaku sah ihr nach, die leise Erkenntnis davon, welchen Pakt er hier grade besiegelt hatte, schlich sich unter seine Haut, doch er wehrte den Gedanken ab. Sein Sohn aber ertrug die drückende Stille nicht länger. „Vater, was ist? Hast du sie? Worauf wartest du noch?“ „Shinichi...“ Der aber ließ nicht zu, dass die mahnende Stimme Yusakus das Gespräch in andere Bahnen lenkte. „Beeil dich…“ Doch auch das Zittern von Bells Stimme konnte seinen Vater nicht erweichen, er stand noch immer wie angewurzelt auf der einsamen Straße. Der Kloß im Hals des Schriftstellers machte ihm das Sprechen beinahe unmöglich, seine Worte waren brüchig und kaum mehr als ein Flüstern. „Shinichi… tu das nicht.“ Er hörte ihn einatmen, Sarkasmus lauerte in seinen Worten. „Ich fürchte, dafür ist es schon zu spät.“ „Shinichi-“ Doch der unterbrach den letzten verzweifelten Versuch seines Vaters, ihn zur Vernunft zu bringen. Yusaku spürte, wie die Übelkeit seine Kehle hoch schlich, wie sich alles in seinem Inneren zusammenzog, während Shinichi sprach. „Es tut mir Leid, Vater. Das alles.“ Shinichi schluckte trocken, seine Worte waren hektisch, flimmerten mit einem mal genauso wie das Bild seines Sohnes, das Yusaku vor sich sah. „Ich- sag ihr-…“ Doch er brach ab, seufzte schwer. „Es tut mir Leid.“ Wie in Trance starrte der Detektiv auf das nun stumme Handy in seiner Hand, ehe sein Finger auf „Senden“ drückte. Er hatte seine Entscheidung getroffen… Genau wie sie damals. Shinichi schluckte, Vermouths Erzählung hallte ihm noch immer schmerzhaft in den Ohren. „ Ich stelle dich vor die gleiche Entscheidung, wie Sherry damals.“ Vermouths Ton wurde ernst, sie ließ den Detektiv nicht eine Sekunde lang aus den Augen, während sie sprach. „Du hast die Wahl, dein Leben oder ihres.“ „Was?“ Bells Stimme klang rau, kratzte selbst in seinen Ohren, während das Blut in Shinichis Adern langsam zu Eis gefror. „Sag Shinichi, kam es dir nicht etwas zu leicht vor, der guten Sherry vorzuenthalten, dass die Organisation ihr kleines Geheimnis kennt?“ Vermouth runzelte die Stirn, wandte den Blick von ihm ab, sie konnte sein überraschtes und entsetztes Gesicht nicht länger sehen. Seine Stimme aber zwang die Blondine hinter der Maske erneut dazu, aufzusehen. „Was meinst du damit?“ Die ehemalige Schauspielerin seufzte, zog das Schweigen zwischen ihnen künstlich in die Länge, ein Teil von ihr genoss, es ihm zu offenbaren, wie bravourös sie ihn überlistet hatten. „Sherry und ich, wir hatten einen Deal.“ Shinichi spürte, wie sich eine Gänsehaut seinen Nacken nach oben unter seine Maske schlich und sich seine Zunge belegte, zu schwer zum Reden wurde, während sein Verstand versuchte, zu begreifen. Vermouth nutze seine Stille und sprach weiter. „Nachdem die Organisation heraus bekommen hatte, was mit dieser Verräterin passiert war, war es nur eine Frage der Zeit bis sie Sherry finden würden. Ich habe es daher vorgezogen den Prozess zu beschleunigen und den Aufwand zu verringern, indem ich unserem lieben Bourbon ein paar subtile Hinweise gegeben habe.“ Ihr Tonfall wurde scharf, doch ihr Blick konnte den seinen nicht fangen. „Natürlich war mir klar, dass du versuchen würdest sie zu schützen, irgendetwas Dummes machen würdest, wegen ihr und wir am Schluss vielleicht mit leeren Händen da stehen würden.“ Sie seufzte, schüttelte missmutig den Kopf. „Das mein lieber Shinichi, konnte ich natürlich nicht zu lassen.“ Doch die Blondine atmete tief ein, löschte diesen Gedanken aus ihrem Kopf und fuhr mit sachlicher Stimme fort. „Doch es gab einen weg diesem ganzen Chaos aus dem Weg zu gehen. Schließlich konnte Shiho einen derartigen Deal nicht ausschlagen...“ Sie hatte sie gleich aufgesucht, nachdem die den Köder für Bourbon ausgeworfen hatte, sie wusste, er würde nicht lange brauchen, um zu verstehen und sich einen Beweis zu besorgen. Und natürlich hatte ihr kleiner Detektiv etwas davon mitbekommen und war bereit, sich wieder Hals über Kopf in Gefahr zu stürzen, nur um diese Verräterin zu schützen. Nur um ein Leben zu retten. Diesmal aber hatte sie ihm keine Chance dazu gegeben. Dafür hatte sie gesorgt. Sie beide hatten das… „Ich muss dir wohl nicht sagen, wie begeistert Sherry war, als ich sie noch bevor Bourbon einen Beweis besorgt hatte, aufsuchte. Allerdings hat sie nicht lange gebraucht, um auf meinen Deal einzugehen…“ Ihr Blick wanderte zu dem Detektiv an ihrer Seite, sie sah, wie sich die Haut um seine Fäuste spannte, während sie sprach. „Sie stellte sich taub. Ignorierte deine plumpen Versuche, sie von der Organisation abzulenken, während sie von mir die Informationen erhielt, die sie brauchte.“ Ihre Stimme wurde bitter, leichtes Bedauern schwang in Vermouths Worten mit. „Es war nicht schwer vorauszuahnen, was du vorhast, in Anbetracht des geringen Zeitfensters, das unsere „Einladung“ bot. Shiho musste also nur warten, bis du dich in Sicherheit wiegst, um selbst zu der Adresse zu kommen, die ich ihr gegeben habe und im passenden Moment die Polizei zu informieren.“ „Was?“ Shinichi stutze, auf diesen Deal hatte Vermouth sich eingelassen? Vermouth aber schüttelte tadelnd den Kopf, die kurzen Haare des Reporters ließen die Geste steif wirken, da ihre hin und her wippenden Locken fehlten, um sie richtig zu unterstützen. „Aber natürlich, Shinichi. Schließlich war es Teil des Deals, dich dort lebend heraus zu bekommen.“ Vermouths Blick huschte über den Detektiv, drangen tief unter die Schicht aus Silikon ein. Er schien noch immer unfähig, sich zu bewegen, ihre Erzählung hatte der Angst um seine Freundin Wut und Unglaube beigemischt und die verschiedenen Gefühle mischten sich zu einem dunkeln Ton, der seine Augen trübte. Sie schluckte, konnte dem Blick des Jungen nicht länger standhalten, nachdem sie wusste, was ihm bevorstand. Vermouth schluckte, sie erinnerte sich noch gut an Sherrys Blick. Die Augen der Grundschülerin trugen die gleiche Ungewissheit wie die seinen heute, denn auch sie hatte nicht gewusst, ob die Gegenseite sich auch an den Vertag halten würde, war den Pakt eingegangen in der Hoffnung, sie könnte ihn so retten. „Sherry hatte ihre Wahl getroffen und den Preis dafür bezahlt. Es war daher nur fair, auch meinen Teil des Deals einzuhalten.“ Shinichi schluckte trocken. Deswegen… Deswegen hatte sie ihn vor Gin verraten, damit Ai einschreiten konnte. Deswegen hatte sie ihn in diesen Raum gesperrt, ihm die Möglichkeit gegeben, zu entkommen. Deswegen… „Was ist für dich dabei herausgesprungen, Vermouth? Wofür das Ganze?“ Bells Stimme war klar, stärker als er selbst vermutet hätte, doch Sharon zauberte nur ihr Grinsen auf die Lippen des Reporters, zwinkerte ihm kurz zu, während sie antwortete. „Das, mein lieber Shinichi, bleibt mein Geheimnis…“ <…because a secret makes a woman woman.> “Und am Schluss war es sowieso ihre Entscheidung und nicht meine. Sherry hatte die Wahl…“ Shinichis Augen waren leer, nicht nur, weil er sehr wohl ahnte, was ihm nun bevorstand, sondern weil er die Wahrheit noch immer nicht begreifen konnte, noch immer nicht begreifen wollte. Ai hatte es gewusst… Sie hatte den Ablauf geplant, es ganz bewusst so arrangiert um ihn zu retten. Vermouth Stimme aber riss ihn aus seinen Gedanken, beförderte seinen nebligen Verstand endlich wieder in die Realität. „Ich wusste, du würdest auf diesen Deal eingehen, genau wie sie damals.“ Er sah wie sie schluckte, versuchte durch die Maske des Reporters hindurch zu sehen, doch Vermouth schauspielerisches Talent kehrte schnell zu ihr zurück. “Now it´s time to pay the price.“ Shinichi widersprach ihr nicht. Er gehorchte, als sie ihn dazu aufforderte, sein Handy, sein Notizbuch und seine kleinen „Hilfsmittel“ auszuhändigen. „An einem solchen Ort wie hier ist es besser, wenn man uns nicht zusammen sieht. Ich werde vorgehen und unten in der Tiefgarage auf dich warten. Ich muss dir wohl nicht sagen was passiert, wenn du nicht kommst, nicht wahr, mein Lieber?“ Das trügerische Lächeln war auf ihre Lippen zurückgekehrt, Shinichi schenkte ihr einen scharfen Blick. „Nein, musst du nicht.“ Sein bitterer Tonfall aber ließ sie aufhorchen, mit einem Seufzen ging sie an ihm vorbei Richtung Tür, ihre Blicke steiften ihn dabei nur flüchtig. „Gräm dich nicht, im Grunde hattest du nie eine Chance. Die Organisation ist zu groß, wir sind überall, Shinichi. Wir können nicht aufgehalten werden,… von niemandem.“ Shinichis Augen wurden kurz groß während sie sprach, der Schlag hallte in ihrem Innern nach. Vermouth aber nahm diese Regung nicht wahr, sie hatte die Tür bereits geöffnet und zögerte kurz, drehte sich jedoch nicht mehr zu ihm um, während sie sprach. “It´s over, you lost, cool guy...“ Damit war Shinichi allein. Er atmete tief ein, schloss kurz die Augen und musste ein Zittern unterdrücken, ehe er sich ein letztes Mal im Raum umsah. Ein verzweifeltes Lächeln schlich sich trüb auf die Züge des Detektivs, während ihm das Atmen mit einem Mal schwerer fiel. Das Spiel war noch nicht vorbei… Hallöchen ihr Lieben, tja das wars und ab jetzt wird’s äh- Abendteuerlich? Nein ehrlich ihr könnt euch nicht vorstellen wie nervös ich langsam werde in Anbetracht dessen was kommt. Nu denn ich hoffe es hat euch gefallen ^//^ Wie immer vielen herzlichen Dank für eure treuen Kommentare *knuddel* Und DANKE Leira das du meinen Hintern gerettet hast!!! (Falls ihr was merkt: Es tut mir leid >//<;!) Nu denn ich hoffe dennoch das Kapitel mit seinen Drehungen und Wendungen hat euch gefallen ^//___//^ wie immer warte ich natürlich sehr gespannt auf eure Meinung! *Klapstuhlausgrabundhinsetz* Also bis zum nächsten Mal ^.^ Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 35: Secured ------------------- Rückblick “It´s over, you lost, cool guy...“ Damit war Shinichi allein. Er atmete tief ein, schloss kurz die Augen und musste ein Zittern unterdrücken, ehe er sich ein letztes Mal im Raum umsah. Ein verzweifeltes Lächeln schlich sich trüb auf die Züge des Detektivs, während ihm das Atmen mit einem Mal schwerer fiel. Das Spiel war noch nicht vorbei… Rückblick Ende Secured Die Dunkelheit um sie herum begann sich immer mehr aufzulösen. Ihr Körper fühlte sich fremd an, schwer und verletzt. Rans Kopf ruhte halb auf dem Schoss ihrer Freundin, teilte ihn mit dem kleinen Haikuro, während das sanfte Schaukeln des Wagens sie wieder in den Schlaf ziehen wollte. Sie fuhren… Wohin? Die junge Lehrerin merkte, wie es hinter ihrer Schläfe anfing zu pochen, als die wenigen Sätze, die es durch Fieber und Schmerz hindurch geschafft hatten, sich langsam zusammen setzten, ein vages Bild der vergangenen Ereignisse schufen. Das APTX. Ran schluckte, eine Gänsehaut schlich sich über ihren Körper, als die Erinnerung wieder in ihr aufstiegen. Ihre glasigen Augen wanderten zum Fenster und doch nahm sie die schemenhaften Schatten der Landschaft kaum war, die draußen an ihnen vorbei raste. Ihre Augen begannen erneut zu brennen, eine heiße Träne suchte sich einen Weg über ihre Wange. Diese Schmerzen, ohne zu wissen wann es endete, oder wie… Sie schloss die Augen, spürte wie sie damit nur noch mehr Tränen ihrem Versteck entlockte. Soviel sie wusste, hatte er sich dieser Tortur mehrfach unterzogen. Freiwillig… Sie ahnte die Antwort und wollte doch nicht verstehen, nicht glauben dass er diese Hölle auf sich genommen hatte, nur um- nur… wegen ihr? Weil er bei ihr sein wolle, endlich wieder er selbst sein wollte und um dem Gefängnis, das er mit sich herumtrug, wenigstens für ein paar Stunden zu entkommen. Der Gedanke allein schaffte es Rans Augen erneut zu öffnen. War es möglich…? Doch ein Erinnerungsfetzten aus den vergangenen Stunden entzog ihrem Körper die Erregung langsam wieder. „Es ist eine andere Variante des Giftes.“ Die Frauenstimme vom Telefon, die Chemikerin vom FBI. Tracy. Für einen kurzen Moment floss Enttäuschung durch ihre Adern, sie konnte sich das blasse Lächeln auf ihren Lippen nicht verkneifen, als ihr in diesem Moment bewusst wurde, wozu sie bereit gewesen wäre – wozu sie bereit war, nur um ihn wieder zu haben. Denn auch wenn sie das Gift nicht freiwillig genommen hatte, wäre sie bereit dazu gewesen sein Schicksal zu teilen. Aber sie war nicht geschrumpft, verjüngt- was auch immer. Und sie war nicht tot, das immer lauter werdende Pochen in ihrem Kopf machte ihr dies nur allzu schmerzlich bewusst. Ran schluckte, eine böse Vorahnung schlich sich in ihre Kochen, brachte die Kälte, die sie sich im Delirium eben noch so sehnlichst gewünscht hatte, mit sich. Die grauen Augen des Professors beobachteten die Landschaft, die draußen an ihnen vorbei zog, mit jeder Minute immer unbekannter wurde und ihre immer größer werdende Entfernung von Tokio dokumentierte. Gespannt runzelte Agasa die Stirn, schob sich die Brille wieder zu Recht, die durch die kleine Bewegung ins Rutschen gekommen war, während sein Blick die Blondine am Lenkrad streifte. Wohin fuhr Jodie sie? Noch während sie darauf gewartet hatten, dass sich Rans Zustand besserte, waren sie und dieser Akai aufgetaucht, hatten sie hektisch in die Wagen befördert ohne zu sagen weshalb oder wohin die Reise gehen würde. Nach dem „warum“ hatte jedoch ohnehin kaum jemand gefragt… Auch wenn sich der alternde Wissenschaftler wunderte, wie schnell sie vor Ort gewesen waren, von ihnen hatte bestimmt niemand Zeit oder Nerven gehabt, Rans… Zustand an sie weiter zu geben. Blieb also nur noch er… Der Professor seufzte, ignorierte das Stechen in seinem rechten Ohr und ließ sich ein wenig tiefer in den Rücksitz des Wagens sinken. Sein Blick glitt neidisch in den Rückspiegel, zu dem silbernen Kombi der hinter ihnen fuhr und in dem neben Kazuha, ihrem Sohn und Ran auch Tracy und Stuart waren. Nur zu gerne würde er jetzt mit einem von ihnen tauschen. „Wie konntest du das zulassen Yusaku?! WIE?“ Der betagte Erfinder zuckte abermals unter Yukikos lauter Anklage zusammen, er kam nicht umhin, sich ihre anfängliche Schweigsamkeit wieder zurück zu wünschen. Denn als Yusaku mit dem Gegengift zurück in die Villa Kudo geplatzt war, war seine Frau eine der einzigen gewesen, die ihn nicht gefragt hatte, woher er das Gegenmittel hatte. Sie hatte das Treiben um sie herum mit leerem Blick beobachtet, ohne dass ein Wort über die Lippen der Schauspielerin gekommen war. Yusaku hatte alles getan, um ihre Augen zu meiden, ihre Stille zu überhören und doch wusste er, dass seine Frau ihre Schlussfolgerungen schon längst gezogen hatte. Der Autor seufzte schwer, massierte sich den Nasenrücken, während sein Blick aus dem Fenster glitt und beobachtete, wie die Häuser, an denen sie vorbei fuhren, zu einer grauen Masse verschwammen. „Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen, Yukiko? Ran einfach sterben lassen?“ Die Schauspielerin schwieg, schluckte hart und spürte, wie sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten. „Nein.“ Yusaku nickte, drehte sich nun endlich zu seiner Frau und war froh um die Distanz, die der Professor zwischen ihnen bot. „Eben.“ Der Schriftsteller seufzte, fuhr sich durch das ohnehin zerzauste Haar. „Es gab keine andere Möglichkeit sie zu retten.“ „Du wusstet also, dass sie es ihm zum Tausch angeboten haben?“ Yukikos Stimme klang bitter, rau und passte so gar nicht zu ihrem sonst so sonnigen Gemüt. „Zum Tausch, Yusaku! Gegen-, gegen… ihn.“ Der Schriftsteller schloss die Augen, atmete tief ein, um die unliebsamen Erinnerungen los zu werden, die jedoch gleich wieder Platz für neue schufen, er wusste noch genau, wann er seine Frau das letzte Mal so gehört hatte. In den dunkelblauen Augen der Schauspielerin hatten sich mittlerweile neue Tränen angesammelt, sodass es ihm schwer fiel, seine Stimme wieder zu finden. „Shinichi weiß, auf was er sich da einlässt Yukiko…“ „Yes, indeed.“ Doch die Stimme der Amerikanerin klang weitaus weniger optimistisch als die seines Vaters. Sie hatte es für nötig gehalten, endlich einzuschreiten, die sinnlosen Anklagen auf ihrer Rückbank zu unterbinden und ihnen ihre neue Situation gleichermaßen klar zu machen. Die Schauspielerin sah sie nur verwirrt an, blinzelte, während ihr Mann schweigend darauf wartete, dass sie sich erklärte. Jodie blickte sich nicht um, nickte Akai zu der Yusaku wortlos sein Handy reichte. Sein Blick viel auf das kleine Display, auf dem eine SMS geöffnet war, die nicht mehr als zwei Worte enthielt. „Sherlock Holmes.“ Der Schriftsteller runzelte die Stirn, während er die darunter angezeigte Nummer studierte. „Die ist von Shinichi…“ Die FBI Agentin aber nickte nur, folgte dem Straßenverkehr mit Eisernem Blick, ehe sie den nächsten Gang in die Schaltung rammte. „Exactly. Sherlock Holmes. SH, sein code für-…” „Safe house.“ Die kalte Stimme ihres Partners hatte sie unterbrochen, der FBI Agentin war sofort bewusst, dass Shuichi ihr damit klar machen wollte, dass sie einfach auf den Punkt kommen sollte und damit nicht noch mehr Informationen an seine Eltern und den Professor preis geben sollte. Jodies rote Lippen wurden schmal, sie atmete tief aus, ehe sie sprach. „Wir alle haben diese SMS bekommen. This exit plan existed for ten years now. Wir haben alles kurz nach dem Vorfall organisiert, noch bevor er Japan verlassen hatte, das war eine seiner Bedingungen…“ Ein bitteres Lächeln schlich sich auf die Lippen der FBI Agentin, sie erinnerte sich noch gut an den Grundschüler und seine Verhandlungsmethoden. „Dahin bringen Sie uns also?“ „So ist es, ihre Sicherheit ist ab jetzt unsere Priorität.“ „Was ist mit Shinichi?“ Jodie schluckte, wich dem Blick seiner Mutter im Rückspiegel aus und war erleichtert zu hören, dass er seine Stimme hob um ihr zu antworten. „Als erstes bringen wir sie in Sicherheit, dann sehen wir, was wir für ihn tun können.“ „Ab-…“ Yusaku aber legte seiner Frau die Hand auf den Oberschenkel, stoppte so ihre Anklage. Der Blick ihres Mannes allein reichte, um der Schauspielerin neue Tränen in die Augen zu treiben, mit einem lautlosen Schluchzen wandte sie sich ab, vergrub das Gesicht in ihren Händen und ließ sich gegen die breiten Schultern des Professors sinken. Sie hatte Yusakus nonverbalen Einwand verstanden, sie hatten keine andere Wahl… Der Schriftsteller aber schwieg, er wusste genau was es hieß, vom FBI untergebracht zu werden. Sicherheit, aber auch Überwachung. Doch es war etwas anderes, das dem Autor bitter aufstieß. Der Deal war abgeschlossen. Die Organisation hatte ihn. Sie hatten gewonnen… Aus welchem Grund glaubte Shinichi also, dass sie sich dennoch an seinem Umfeld vergreifen würden? Oder besser gesagt… welchen Grund würde er ihnen dazu geben? „Ein sicherer Ort?“ Die Stimme der Osakanerin zitterte, nervös drückte sie den kleinen Haikuro enger an sich, der zum Glück längst eingeschlafen war. Auch Rans Lider hatten sich wieder geschlossen, ihre Atmung aber war entspannt, hatte nichts mehr mit dem Kampf zu tun, den sie vor nicht mal einer Stunde bestritten hatte. Und auch sie selbst merkte wie ihre Augen langsam schwerer wurden, die Anspannung aus ihrem Körper sickerte und nichts als Müdigkeit übrig ließ. Die Erzählung der Amerikanerin aber hatte ihre Haare erneut zu Berge stehen lassen. Sie brachten sie weg. In Sicherheit. „Was ist mit Heiji?“ Stuart zuckte ob der Lautstärke der Osakanerin zusammen, er war froh, dass er durch seine, nun eher mäßigen Sprachkenntnisse, Tracy das Reden überlassen konnte. Und seine Verlobte schaffte es tatsächlich, die nötige Ruhe und Routine in ihre Stimme zu legen, um die aufgebrachte Japanerin ein wenig zu beruhigen. „Der Hauptkommissar wurde bereits informiert. Er wird alles Weitere in die Wege leiten, Sie müssen sich um Ihren Mann keine Sorgen machen.“ Kazuha nickte automatisch, wich Tracys Blick im Rückspiegel aus und zernagte sich die Innenseite ihrer Wange. Die FBI Agentin nutzte die Gelegenheit, um weiter zu sprechen und so andere Fragen gleich aus der Welt zu schaffen. „Miss Kisaki und Herr Mori sind ebenfalls bereits mit einem anderen Agent auf dem Weg.“ Kazuha aber schaute nicht auf, ihr Blick fiel von dem zerzausten Haarschopf ihres Sohnes auf das blasse Gesicht ihrer Freundin. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Sie bringen uns also alle außer Schussweite…“ <…aber was ist mit ihm?> Die Osakanerin schluckte, drückte den kleinen Haiku in ihrem Schoß fest an sich, vermied es den Blick zu Ran schweifen zu lassen und hoffte, dass sie im Moment wirklich noch nichts von all dem mitbekam. „Und du glaubst er könnte hier sein?“ Takagis Stimme hallte durch die leeren Gänge des Pressegebäudes. Selbst diese Paparazzi hielten ihren Feierabend ein. Doch den Gedanken an einen gemütlichen Abend mit Miwako und seiner kleinen Tochter hatte der Polizist schon längst abgeschrieben. Sie hatten den einen Holmes geschnappt und den anderen verloren. Der Tokioter Inspektor seufzte. Heiji aber reagierte nicht auf die unübersehbare Anspannung des Inspektors, antwortete stattdessen auf seine Frage. „Wenn unsere Vermutung stimmt und dieser Pressefritze hat etwas mit der Organisation zu tun, is es zumindest möglich.“ Genervt fuhr sich der Osakaner durchs Haar, wünschte sich in diesem Moment zum ersten Mal seit Langem seine Mütze zurück. Noch ehe sich der Kommissar weitere Gedanken darum machen konnte, wo sie noch Suchen konnten, wenn diese Aktion in einer Sackgasse enden würde, riss Takagi ihn erneut aus seinen Gedanken. „Wenn es stimmt was du sagst, warum würde Shinichi dann alleine gehen?“ Er verkniff sich die Bemerkung jedoch, ließ seinen Blick über die Namenschilder der Bürotüren gleiten, während er seinem Kollegen antwortete. „Er muss irgendeinen Anhaltspunkt gesehen haben, irgendetwas, das ihn dazu veranlasst hat, sich allein mit diesem Typen zu treffen. Irgendeinen Hinweis, den wir nicht gesehen haben.“ Die Augenbrauen zogen sich über seinen grünen Augen zusammen, als sie endlich ihr Ziel erreicht hatten. „Hier is es.“ Heiji klopfte an die schmale Bürotür, wartete einige Sekunden, bis er eintrat, als ihm niemand antwortete. Anspannung schlich sich zusammen mit dem beißenden Gestank nach Zigarettenrauch unter die Haut der beiden Beamten, hier waren sie richtig. Ihre Blicke glitten über die Pinnwände, Takagi hörte seinen Kollegen schlucken, als sein Augenmerk auf die Fotos seiner Familie fiel. Dem Inspektor selbst lief es kalt den Rücken runter, er wollte lieber nicht darüber nachdenken wie er sich fühlen würde, wenn es um Miwa und seine Tochter ging. Takagi schluckte, schüttelte den Gedanken ab und wandte sich dem kleinen Schreibtisch zu, um ihn nach Hinweisen zu durchsuchen. Viel Erfolg hatte er jedoch nicht bei diesem Vorhaben, biss auf ein paar Notizen und alten Zeitungsartikeln war hier nicht viel zu holen. Der Blick des Polizeibeamten fiel auf die beinahe mittelalterliche Rohrpostanlage, deren wütend rotes blinken ankündigte, das sie angeschaltet war, doch das heisere Fluchen Hattoris lenkte seine Aufmerksamkeit schnell wieder zurück zu dem Osakaner. „Verdammt!“ Es dauerte nur Sekunden, bis auch Takagi Bells Brille in Heijis Händen erkannt hatte. Der Osakaner hatte nicht danach suchen müssen - als er es endlich geschafft hatte, den Blick von den Pinnwänden zu lösen und sich den Aktenschränken im Raum zuzuwenden war sie ihm gleich ins Auge gesprungen, wie sie scheinbar achtlos auf einem der Aktenschränke zurück gelassen worden war. Scheinbar traf es in diesem Fall wohl ganz gut. Der junge Vater schluckte, starrte die Brille in seinen Händen an und forderte Antworten von seinem eigenen Spiegelbild in ihren Gläsern. Denn ganz bestimmt hatte sein Freund diesen Teil seiner Maske nicht grundlos hier gelassen. Ehe der Kommissar die Gelegenheit hatte seine Frage laut auszusprechen unterbrach der Klingelton seines Handys die angespannte stille zwischen beiden Polizisten. Eilig kramte er das Smartphone aus seiner Hosentasche, in die er es verbannt hatte, nachdem sie zum gefühlt hundertsten Mal versucht hatten, Kudo zu erreichen. Auch diesmal sah dem Osakaner nicht der Anrufer-ID entgegen, auf die er gehofft hatte. Heiji schluckte, seine Stimme war rau aber klar, als er das Gespräch entgegennahm. „Hattori?“ Die belegte Stimme Megures ließ bei dem Osakaner gleich alle Alarmglocken auf einmal läuten. Ohne auf Höflichkeitsfloskeln zu achten hakte der Detektiv nach. „Was is? Is was mit Kabawa?“ Er hörte den Hauptkommissar schlucken, sah den älteren Polizisten vor seinem inneren Auge langsam den Kopf schütteln, während er sprach. „Nein, nein. Die Ärzte sagen, er ist noch immer kritisch, aber stabil, ein paar Finger und Zehen sind nicht mehr zu retten. Aber er lebt.“ Heiji schluckte natürlich, ihn, diesen ungehobelten Kerl, hatten sie retten können. Doch die Stimme des Pathologen, die noch immer in seinem Ohr herum geisterte, zwang ihn den bitteren Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, sodass ein anderer genug Platz hatte, sich dort breit zu machen und das Blut in den Adern des Kommissars langsam zum Stillstand brachte. „Es geht um Kudo, oder?“ Er hörte den Hauptkommissar am anderen Ende der Leitung Luft holen, doch die darauffolgende Stille sagte Heiji mehr, als er wissen musste. Nichts. Nichts außer dem flüsternden säuseln des alten Tonbandes. Die Chemikerin stöhnte, horchte zum gefühlt hundertsten Mal dem leeren Rauschen am Ende der Tonbandaufnahme zu und hoffte, endlich zu finden, wonach sie suchte. Doch das klickende Geräusch der Kassettenspule und das elektrische Flimmern des Tonbands hatten ihre Nerven mittlerweile zum Zerreißen gespannt. “Arg- I don´t get it!“ Ihr Verlobter zuckte unter dem plötzlichen Ausbruch seiner Frau zusammen, wandte seinen Blick in den Rückspiegel und sah, dass alle drei Passagiere auf der Rückbank noch immer friedlich schliefen, ehe er sich Tracy zuwandte. “What is it?” Tracy seufzte, drückte auf Pause und fummelte die kleinen Kopfhörer aus ihren Ohren, die ohnehin schon anfingen, weh zu tun. “The tape, you know…” Sie starrte auf das Diktiergerät in ihrer Hand, schüttelte entmutigt den Kopf ehe sie ihm Antwort gab. “She´s talking about having everything on tape… but all I´ve found is silence, nothing more than a drack rustling and a view crackles here and there.” “I see…” Stuarts Blick schwenkte kurz von der Straße zu dem Recorder im Schoß seiner Verlobten, seine Augenbrauen zogen sich ein Stück zusammen es dauerte eine Weile ehe der Erfinder erneut sprach. “Well did you actually survey the tape?” “What? Of course! I´ve heard it for a million times by now. Nothing.” Doch die aufgebrachte Stimme der FBI Agentin konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Stoisch schüttelte er den Kopf, setzte den Blinker, um Jodies Wagen zu folgen. “That´s not what I mean… the information you´re looking for could be on tape.” Das schmale Grinsen auf seinen Lippen wurde von seinem Dreitagebart eingerahmt, er wusste genau wie sehr sie dieses Getue sie auf die Palme brachte. “Wha-“ Doch das Verständnis seiner Worte blockte die Aufkommende Wut in der Chemikerin ab. Eilig nahm sie den kleinen Bleistift von der Armaturenablage, steckte ihn in die Zahnräder der Spule und begann daran zu drehen, während sie das Tonband dabei nicht aus den Augen ließ. Tracy schluckte, ließ sich erleichtert in den Autositz zurücksinken, doch das kleine Lächeln auf ihren Lippen hielt nicht lange an, wurde von ihrer kühlen Stimme abgelöst. “I need a laboratory …” Die plötzliche Härte seiner Verlobten ließ Stuart erneut zu ihr sehen. “You think-” Doch er stockte, vergewisserte sich mit einem weiteren Blick in den Rückspiegel davon, dass ihre Mitfahrer noch immer schliefen. „Do you really believe that he´ll come back?” Tracy ignorierte den Zweifel in den Worten ihres Verlobten, ihre braunen Augen wurden um einen Ton dunkler, während sie sprach. “He let himself get caught by them, he made a deal. Why do you think he sends us the code for? When he´s with them there should be no danger to this people right?” Dieses Argument ließ nun selbst Stuart aus seiner ruhigen Routine heraus fallen. Seine Stimme stockte und Tracy zuckte unter seinem rauen Ton zusammen. “You-, you don´t think he has-„ Sie aber wich seinem Blick aus, die roten Lippen seiner Verlobten waren nicht mehr als ein dünner Strich. “Why else would he prepare for the worst?” Die Amerikanerin schluckte, dichte Stille breitete sich über ihnen aus, während ihr Blick noch immer auf dem Tonband haftete, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. “I need a lab…” Kurz darauf zerriss das Klingeln eines Handys die Stille im Wagen, die beiden FBI Agents sahen sich fragen an, ehe ihr Blick nach hinten wanderte, wo die junge Mutter aus Osaka, noch immer schlaftrunken, nach ihrem Mobiltelefon kramte. Die Anzeige auf dem Display ließ Kazuhas Herz flattern, als sie abnahm. „Heiji?“ „Kazuha, wo seid ihr?“ Sein Tonfall klang hektisch, sie konnte die Angst in seinen Worten spüren. „Sie bringen uns weg, in Sicherheit, das FBI. Heiji, Ran-“ Seine angespannte Stimme aber unterbrach sie. „Ja… ich weiß.“ Die plötzliche Stille ihres Mannes rammte eine unsichtbare Faust in Kazuhas Magengegend, eine böse Vorahnung ließ die kleinen Härchen ihn ihrem Nacken elektrisiert zu Berge stehen. „Heiji… du kommst nach, nicht wahr, Heiji? Sag mir, dass du schon auf dem Weg bist!“ „Kazuha…“ „Nein! Nein, Heiji hörst du, du wirst das nicht tun, du-…“ Doch er blockte ihre beginnende Hysterie ab. „Ich komme nach, sobald ich kann.“ Sie hörte ihn Seufzen, seine Anspannung übertrug sich immer mehr auf sie. „Aber ich kann jetzt nicht hier weg Kazuha, wir müssen etwas tun, wir müssen ihn finden.“ Er schluckte, seine Stimme beherbergte einen bitteren Unterton, der sich mit dem Rauschen der Handyverbindung mischte. „Wenn wir ihnen das Feld räumen, übernimmt das FBI die Sache und mir sind die Hände gebunden. Das kann ich nicht einfach so zulassen. Verstehst du, Kazuha?“ Er klang entschlossen, sie wusste in diesem Moment, dass sie dagegen nicht ankam, versuchte stattdessen, sich mit dem Gedanken abzufinden, scheiterte jedoch kläglich dabei. Die Osakanerin schloss die Augen, ihre Bitte kam einem Flehen gleich. „Du kommst nach?“ Ein erleichtertes Seufzten kündigte seine Antwort an. „Sobald ich kann. Wenn die Sache mit dem FBI geregelt ist, komme ich vorbei.“ Sie hörte ihn leise ausatmen, während er seinen Worten etwas entschuldigendes einimpfte. „Aber ich kann mich nich da raushalten, Kazuha. Ich muss etwas tun.“ Sie nickte stumm, wusste, dass er es nicht sehen konnte, während sich kleine Tränen in den Augenwinkeln der Osakanerin ansammelten. „Du passt auf dich auf.“ „Immer.“ Der Kommissar schluckte, spürte wie sein Hals langsam trocken wurde. „Drück Haiku von mir. Wir sehen uns dann in ein paar Tagen Kazuha, versprochen.“ Sie biss sich auf die Lippen, hatte Mühe das Zittern ihrer Stimme vor ihm zu verbergen. „Sei bitte vorsichtig Heiji…“ Shinichis Schritte hallten schwer in der Tiefgarage des Pressezentrums wieder, es dauerte nicht lange, bis er sie in dem dunklen Labyrinth aus Autos und Beton wiederfand. Kalter Schweiß klebte zwischen Bells Maske und seiner Haut, doch sein eben noch rasender Puls hatte sich beruhigt, seine Atmung ging regelmäßig, allein die Gänsehaut in seinem Nacken verriet Shinichis Anspannung. Er wusste, was nun folgen würde… Der Detektiv schluckte, schaute auf und beobachtete, wie sich das Organisationsmitglied eines ihrer blonden Haare hinters Ohr strich. Vermouth hatte die lästige Verkleidung des Reporters ableget, stand, wieder ganz in enges schwarzes Leder gehüllt, am Wagen und rauchte. Chris, nicht Sharon. Shinichi spürte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Arm schlich. Ob sie eine neue Maske aufgelegt hatte oder noch einmal das APTX bemüht hatte, wagte er nicht zu sagen. Fakt war, dass Sharon genauso unverändert schien wie er selbst. Sie wartete, sah nicht auf, als sie ihn kommen hörte, sondern passte den Moment ab, in dem er vor ihr stand, bis sie ihren Blick endlich von ihrer glühenden Zigarettenspitze erhob. Die modrige Atmosphäre der Tiefgarage verstärkte die düstere Stille zwischen ihnen, doch Vermouths Zögern dauerte nicht lang, wurde von ihrer harschen Stimme abgelöst. „Get in there.“ Shinichi atmete ein, sagte jedoch nichts, folgte stattdessen ihrer Geste und öffnete die Hintertür des schwarzen Wagens. Die Ledersitze des Autos empfingen ihn kühl und hart, ließen ihm ein leichtes Zittern über seine Haut huschen, ehe sein Blick nach vorn glitt. Auf dem Beifahrersitz lagen die Dinge, die er Vermouth eben ausgehändigt hatte, der Stimmentransposer, der dazugehörige Transmitter, sein Handy und Notizbuch sowie der modifizierte Gürtel, den Agasa ihm stolz erneut geliehen hatte. Eines aber fehlte. Die andere Erfindung, die ihm der führsorgliche Wissenschaftler erst gestern erneut anvertraut hatte…, das Narkosechronometer. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen, atmete lange aus und hörte wie Vermouth ihre Zigarette unter ihren hochhackigen Stiefeln ausdrückte und die wenigen Schritte zu seiner immer noch geöffneten überquerte. Shinichi sah auf, in Bells Gesicht zeigte sich keinerlei Regung, während Vermouth ihn von oben herab musterte. Der Blick des Detektivs fiel kurz auf das Narkosechronometer in ihrer Hand, ehe seine Augen den ihren endgültig auswichen. Er zuckte kurz, als ein kleines Stechen seinen Blick auf seinen Handrücken lenkte. Shinichi beobachtete wie die Nadel ihr Narkosemittel frei setzte, ehe sie von seiner Haut glitt, er hatte keine Zeit mehr für das sarkastische Lächeln, als ihm bewusst wurde, dass er nun schon zum zweiten Mal selbst spürte, was dem „schlafenden“ Kogoro zu Ruhm verholfen hatte. Das taube Kribbeln breitete sich von seinem Handrücken über seinen ganzen Körper aus, während seine Augenlider langsam immer schwerer wurden, instinktiv versuchte sein Verstand gegen die aufkommende Ohnmacht anzukämpfen. Ohne Erfolg. Nach nur wenigen Sekunden war die Welt von Shinichi Kudo in Dunkelheit versunken. Seine Lieder flatterten nur kurz, eher sein Kopf langsam ein wenig auf die Seite sank und Sharon konnte nicht verhindern, dass das Bild des Grundschülers durch ihren Kopf geisterte, den sie damals mit Schlafgas ähnlich außer Gefecht gesetzt hatte. Sein neu erworbenes Alter und seine Größe, machten ihn in diesem Moment nicht viel weniger hilflos und angreifbar als damals. Sie schluckte, spürte wie der Kloß in ihrem Hals sich dabei auf- und wieder abbewegte. Die Blondine unterdrückte ein Stöhnen, rollte nur mit den Augen, während sie sich zu ihm hinunter beugte. Wie hatten dieser Junge und seine Freundin es nur geschafft sie derart weich werden zu lassen? Wenn auch zum Glück nicht weich genug… Vermouths Blick glitt über die falsche Haut von William Bell, ihre Finger fanden ihren Weg unter seinen Kragen, ehe sie den Kriminalistik Professor in nur wenigen Hangriffen von ihm getrennt hatte… Shinichi Kudo. Sein Gesicht war blass, Spuren schlafloser Nächte zeichneten sich dunkel unter seinen geschlossenen Augen ab. Ihr Blick fiel auf William Bells Überreste in ihrer Hand, sein Gesicht schaute ihr mit totem Blick entgegen. Mit einem Kopfschütteln ließ Vermouth die Maske im Fußraum des Wagens verschwinden, beförderte stattdessen eine Decke sowie eine alte Baseballmütze zutage. Sie deckte den Oberschüler bis zum Kinn zu, setzte ihm die Mütze auf, die sein Gesicht vollkommen verdeckte und für vorbeifahrende Autos nur erkennen ließ, dass der unbekannte Passagier auf dem Rücksitz offensichtlich schlief. Sie schloss die Tür, ging um das Auto herum, um sich dann ans Steuer zu setzen und den Wegen anzulassen. Der Motor schnurrte, wartete nur auf ihren Befehl, um sich in Bewegung zu setzen. Vermouths Blick aber glitt ein letztes Mal von der Ausfahrt der Tiefgarage in den Rückspiegel, eine einzelne kleine Falte zeigte sich auf Sharons Stirn, während ihre graublauen Augen sein regungsloses Bild einfingen. And Hello again, ^__^ Viiiiiiielen lieben Dank für die zahlreichen Kommentare *knuddel* ich hoffe sehr euch hat auch dieses Kapitel wieder gefallen, wie immer würde ich mich natürlich auch hier über Kritik freuen :3 Das war nun wirklich die letzte Ruhe vor dem Sturm ^^, Ab dem nächsten wird wohl nichts mehr sein wie es mal war. Äh- *hust* genug Gespoilert, wie immer vielen Dank für eure Treue, Liebe Grüße eure Shelling Kapitel 36: Der letzte Beweis ----------------------------- Hallöchen ihr lieben, diesmal gibt’s ein Vorwort an Stelle eines Nachwortes ^//^ Wie immer erst mal vielen Dank für eure Lieben Kommentare *knuddel* Ich muss gestehen ich bin wirklich ziemlich gespannt was ihr zu diesem und dem kommenden Kapitel sagt >///<, nen ziemlich großer Wendepunkt in der Story und auch ein gewagter Schritt für mich. *zitter* Ich hoffe trotz allem ihr bliebt mir treu und lasst euch auf diese äh- etwas andere Variante der Aushebung der Organisation ein. Auch wenn ich gestehen muss das ich diesmal besonders gespannt auf eure Meinung bin. Viel „Spaß“ und bis bald, eure Shelling *sichschnellversteckengeht* - Rückblick: Vermouths Blick aber glitt ein letztes Mal von der Ausfahrt der Tiefgarage in den Rückspiegel, eine einzelne kleine Falte zeigte sich auf Sharons Stirn, während ihre graublauen Augen sein regungsloses Bild einfingen. - Rückblick Ende Der letzte Beweis Das dröhnende Summen in seinen Ohren brachte ihn langsam wieder zu Bewusstsein. Der Detektiv stöhnte, sein Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand mit Watte gefüllt, während er zu begreifen versuchte, was um ihn herum vor ging. Kühles Metall ruhte unter seinen Fingerspitzen, fraß sich durch seine Kleidung und brachte ihn in der Dunkelheit zum Frösteln. Der Gedanke an die vergangenen Minuten, oder Stunden?- pumpte Adrenalin durch seine Adern und wusch damit die letzten Reste des Narkosemittels aus seinem Blut. Shinichis Nase kitzelte und machte ihn damit darauf aufmerksam, dass Bells Visage sein Gesicht nicht länger schütze. Vermutlich hatte Vermouth den Kriminalistikprofessor noch vor seiner Ankunft entsorgt. Shinichi schluckte, seine Kehle war trocken und sein Kopf hämmerte in einem erbarmungslosen Takt, allerdings gab es wichtigere Dinge, um die er sich Gedanken machen musste, als um einem aufkommenden Migräneanfall. Gerade aber, als er sich aufrichten wollte, spürte er wie erbarmungsloses Metall seine Bewegung stoppte, ihm ins Fleisch schnitt, wenn er sich dagegen lehnte. Handschellen. Seine Hände und Füße waren gefesselt, fixierten ihn in dieser angreifbaren Position auf dem Boden… oder einem Tisch vielleicht? Der Detektiv fluchte, ließ sich zurück auf das unbequeme Metall sinken und spürte, wie sich dessen kälte durch seine Kopfhaut fraß. Er versuchte, sein eingeschränktes Sichtfeld auszunutzen und den Blick durch den Raum gleiten zu lassen, doch alles, was ihm begegnete, war tiefe, schon viel zu lang andauernde, Dunkelheit. In dem Raum, in dem er sich befand, gab es kein Licht - das wiederum bedeutete vermutlich, das er alleine war und die Zeit nutzen konnte, um sich mit seiner Umgebung vertraut zu machen. <… und drüber nachzudenken, wie du hier wieder raus kommst, Kudo.> Der Detektiv seufzte blickte genervt an die Decke und wartete. Er wartete darauf, dass sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Er wartete…, bald sollte er seine Umgebung zumindest schemenhaft erkennen können. Er wartete…, schluckte und blinzelte, um vermeintliche Schatten von seinen Augen zu waschen. Nichts. Kein Bild, keine Farben, kein Licht… nichts. Shinichi konnte nicht verhindern, dass sein Puls sich erhöhte, seine beschleunigte Atmung verriet die falsche Ruhe, die er sich selbst einzureden versuchte. Nicht der Raum war dunkel sondern… er konnte nichts sehen. Schweiß trat ihm auf die Stirn, er spürte, wie das Metall unter seinen Fingern warm wurde, feucht, von seinem plötzlichen Temperaturanstieg beschlagen. Was hatten diese Typen mit ihm angestellt? War er- …blind? Shinichi schluckte, blinzelte und suchte Schmerz, wo er welchen vermutete, doch ein Resultat blieb aus, seine Augen schienen in Ordnung, wieso aber war die Welt um ihn herum dann nichts weiter als ein einziges schwarzes Loch? Wie hatten sie das angestellt und- „Warum?“ Die Unsicherheit in seiner rauen Stimme blieb nicht unbemerkt. Shinichi zuckte unweigerlich zusammen, als seine Umgebung plötzlich zum Leben erwachte. Er hörte einen Stuhl knarren, Schritte die die kurze Distanz zu ihm überquerten, ehe die Person vor ihm stehen blieb, nahe genug, dass er die Wärme des anderen Körpers spüren konnte. Er war nicht allein im Raum, war es nie gewesen. Die viel zu bekannte Stimme, die dann an sein Ohr drang, brachte dann aber selbst den sonst so ruhigen Detektiv aus dem Konzept. „Auch wir geben nicht gerne all unsere Geheimnisse preis, selbst nicht vor denen, die keine Gelegenheit mehr haben, sie noch weiter zu erzählen.“ Shinichis Augen wurden groß, wanderten nutzlos in die Richtung des Sprechers, dessen amüsierter Ton ihm die Haare zu Berge stehen ließ. „Aber mit Geheimnissen kennst du ohnehin aus, nicht wahr… Shinichi Kudo?“ Die Stimme des Kriminalistikprofessors schmiegte sich samtig weich an seine Ohren, gaukelte ihm Ruhe vor, wo keine war. Der Detektiv schluckte, schloss die Augen und zwang sich dazu, ruhig einzuatmen und seine Gedanken zu ordnen. Dem Fremden im Zimmer entging die Stille des Oberschülers nicht und Shinichi stellte bald fest, dass sein Gegenüber genau wusste, wie er seine Signale zu deuten hatte. „Wie ich sehe, ist dir mein kleiner Trick bereits aufgefallen? Ich dachte mir, es wäre doch schade, deine so Sorgsam aufgebaute Marionette einfach ungenutzt zu lassen.“ Bells Stimme bekam einen ironischen Unterton, wirkte mit einem mal fremd in seinen Ohren. „Übrigens kann ich dich beruhigen Kudo, dein Augenlicht ist durchaus noch intakt. Allerdings haben wir vor ein paar Jahren eingeführt, dass all unsere „Besucher“ diese speziellen Kontaktlinsen als Gastgeschenk bekommen. Natürlich handelt es sich dabei um eine Spezialanfertigung. Die Linse ist über der Pupille dunkel gefärbt und blockiert das Blickfeld des Auges gänzlich und das schöne ist, das du sie Tag und Nacht tragen kannst für nun- mindestens die nächsten dreißig Tage. Praktisch, nicht wahr?“ Shinichi schluckte, blinzelte, doch er konnte die Kontaktlinsen auf seinen Augen noch immer nicht spüren. Bells Stimme erinnerte ihn während seiner Erläuterung an seine eigene Art und Weise, Vorlesungen zu halten. Autoritär, wissend und doch mit genug Amüsement, um Neugier bei den Zuhörern schüren. Der Detektiv ahnte, wer ihm die Ehre eines Besuchs erwiesen hatte. Der Boss der Schwarzen Organisation… Und wenn der Boss eine fremde Stimme nutze um mit ihm zu sprechen, konnte das nur eines bedeuten. Shinichis Atem zitterte, das kalte Metall ließ seine Muskeln steif werden, während sein Verstand einen Satz formte, den er kaum begreifen konnte. Das Oberhaupt der Organisation schien die angespannte Stille zu genießen, die zwischen ihnen in der Luft lag. Tatsächlich schlich sich ein feines Lächeln auf die Lippen des Bosses, während seine dunklen Augen über die Gestalt des Detektivs wanderten. Man hatte seine Anweisungen befolgt und ihn am Untersuchungstisch fixiert. Der Körper des Siebzehnjährigen war angespannt, sein Gesicht gewann langsam wieder an Farbe, während seine blauen Augen auf ihm ruhten. Er aber fühlte sich nicht beobachtet, bekam keine Gänsehaut von dem durchdringenden Blick des Detektivs, weil er genau wusste, dass das einzige, was Shinichi Kudo wahrnahm, endlose Dunkelheit war. Die Ruhe des jungen Mannes aber überraschte ihn. Jeder andere hätte in seiner Situation vermutlich schon längst die Nerven verloren,… nicht so Shinichi Kudo. Im Gegenteil, er konnte förmlich sehen, wie es hinter der Stirn des Detektiven arbeitete, sein Verstand vermutlich die ersten Rätsel zu lösen versuchte, die er ihm gegeben hatte. Dabei wusste er, der sie verfolgt und gejagt hatte, wohl am besten was ihm nun bevorstehen würde. Vielleicht aber war es eben diese fehlende Ungewissheit, die seinem Opfer Ruhe einimpfte. Das Lächeln kehrte auf seine schmalen Lippen zurück. Er räusperte sich, genoss die weiche Stimme des amerikanischen Professors, die er sich geborgt hatte. „Aber wo bleiben nur meine Manieren? Ich habe es doch glatt versäumt, mich vorzustellen, aber ich schätze, du hast deine Schlussfolgerungen schon längst gezogen, oder, Kudo?“ Shinichi schluckte nur, Bells Stimme bescherte ihm noch immer eine Gänsehaut, dennoch zog es der Detektiv vor, auf die Fragen des Bosses einzugehen. „Ihre Verhaltensweise lässt tatsächlich nur einen Schluss zu - der Boss der schwarzen Organisation selbst hat mir die Ehre erwiesen. Ein hochrangiges Mitglied wäre selbstverständlich auch möglich, aber da mein Sichtfeld in letzter Zeit etwas eingeschränkt ist, sind mir präzisere Deduktionen im Moment leider nicht möglich.“ „Ha!“ Bells lautes Lachen drang an Shinichis Ohren. „Sieht aus, als hättest du Sinn für Humor, das gefällt mir.“ Shinichi aber runzelte nur die Stirn, spürte wie die Spannung im Raum sich veränderte, ehe der Boss das nächste Mal zu sprechen begann. „Natürlich liegst du mit deinen Schlussfolgerungen richtig, aber bleiben wir der Einfachheit halber doch bei Bell. Ein schöner Name, wenn auch nicht besonders einfallsreich. Sherlock Holmes zweiter Vorname und Doyles Mentor.“ Shinichi hörte ein Seufzen, ehe der Boss weitersprach. „Ich hätte ein wenig mehr Kreativität von Yusaku Kudos Sohn erwartet und doch muss ich sagen, mag ich den Klang dieses falschen Namens. William Bell…, ja ich denke damit lässt sich arbeiten.“ Shinichi ballte die Hände zu Fäusten, die Anspannung in seinen Muskeln sorgte dafür, das die Handschellen sich unangenehm um seine Gelenke spannte. Was sollte dieses Spiel? Natürlich würde der Boss ihm seinen Namen nicht verraten, wozu sonst der ganze Aufwand mit den Kontaktlinsen und der Stimme, es wunderte den Detektiv jedoch, das er scheinbar keinen Codenahmen besaß. Vermutlich aber war dies von dem Boss der Organisation so gewollt, das nicht einmal seine Mitarbeiter das Oberhaupt ihrer dunklen Machenschaften beim Namen kennen konnten. Es ließ ihn mit der Dunkelheit verschmelzen und verlieh ihm gleichzeitig Autorität, formte fast etwas Gottähnliches aus ihm, da er scheinbar über allen Dingen stand und für niemanden greifbar war. Der Detektiv schluckte, das Pochen in seinem Kopf hatte mittlerweile den Rhythmus seines Herzens angenommen und mischte seinen Gedanken einen bedrohlichen Unterton bei. So jemand war auf keinen Fall zu unterschätzen… Wie erwartet ignorierte der Boss die wiederaufkommende Stille seines Gesprächspartners, fuhr ungerührt fort und genoss es, die Reaktionen des Detektivs zu beobachten. „Natürlich ist es nicht nötig, dich vorzustellen, schließlich hast du in der Organisation einen weitläufigen Ruf erlangt, Shinichi Kudo.“ Shinichi zuckte, als er die Kiefer des Bosses knacken hörte, jeglicher Zweifel darüber, ob ein Mann oder eine Frau vor ihm stand, war durch die Darstellung purer Kraft im Keim erstickt worden. Tatsächlich barg Bells Stimme nun etwas Bedrohliches in sich und der Detektiv konnte sich nicht daran erinnern, den Kriminalisten so schon jemals gehört zu haben. „Du und diese lästigen Maden vom FBI habt uns wirklich einiges gekostet. Neben viel zu viel Geld und meiner kostbachen Zeit auch einige meiner besten Männer… und es ist schwer, solche Leute zu ersetzen, Kudo.“ Shinichi hörte Bell seufzen, das Rascheln von Kleidung, vermutlich hatte der Boss seine Hände in den Hosentaschen vergaben. „Bourbon, zum Beispiel…“ Der Detektiv schluckte, er erinnerte sich an diesen Fall in New York, kurz nachdem er Tokio verlassen hatte. Die Wunden, die das FBI und er den schwarzen Schatten verpasst hatten, waren noch frisch, als Bourbon auf einmal ins Schussfeld gelangte. Über den Verbleib des blonden Organisationsmitglieds hatten sie danach nur wenig in Erfahrung bringen können, offensichtlich war der Boss ihnen da einen Schritt voraus. „Hast du dich eigentlich nie gefragt, warum Akai ihn seinen Lieblingsfeind nannte? Oder haben der Gute und du ein paar Kommunikationsprobleme in letzter Zeit?“ Shinichi aber wandte den Blick ab, machte diese eigentlich sinnlose Geste bewusst, um dem Boss zu zeigen, dass er auf seine Anspielungen nicht eingehen würde. Der aber scherte sich nicht groß um die Schweigsamkeit seiner neusten Errungenschaft und sprach weiter. „Auch Bourbon war angeblich undercover in der Organisation unterwegs. Man hat ihn in die Tokioter Polizeiausbildung eingeschleust, seine Aufgabe war es, zu überprüfen, ob die Organisation einen Spitzel unter den Beamten hatte, dabei war er selbst der Maulwurf unter ihnen. Genial, oder? Allerdings hat es durch Akai einen Zwischenfall gegeben und er musste raus aus der Nummer. Leider hat das damals ein schweres Opfer gefordert…“ Bells angeschlagene Stimme aber brachte seinen Geduldsfaden, nun endgültig zum Zerreißen, Shinichis Stimme klang patzig, ganz die eines halbwüchsigen Teenagers. „Als ob Sie das kümmert!“ Der Boss der Organisation stockte nur, Shinichi konnte das Lächeln beinahe hören, dass sich nun auf den Lippen dieses Mannes befand und sich mit Bells Stimme paarte. „Oh, aber natürlich tut es das. Niemand opfert seine Bauern gern, aber manchmal ist es nun mal nötig, um das Spiel am Laufen zu halten.“ Dann aber wurde Bells Tonfall abfällig. „Es wundert mich allerdings nicht, dass ihr Bourbon zuerst aus dem Weg geräumt habt. Ich bin sicher, er war euch, nach der Sache mit der kleinen Sherry, ein Dorn im Auge.“ Bell seufzte, brachte die Stimme des Kriminalisten zum vibrieren. „Aber gut, Schwamm drüber.“ Er beugte sich zu ihm hinunter, bis er den Atem des Bosses auf seiner Wange spüren konnte. Bells Stimme jedoch war kaum mehr wahrnehmbar, barg einen amüsierten aber gleichermaßen auch drohenden Ton in sich. „Schließlich wirst du uns in Zukunft keine Probleme mehr machen…, nicht wahr, Kudo?“ Der heiße Atmen an seinem Ohr ließ Shinichi frösteln, grade aber als er etwas erwidern wollte, waren Schritte und Stimmen zu hören. Ohne Frage eine Gruppe von Leuten die auf sie zukamen. Auch der Boss bemerkte es, richtete sich auf, sprach, während er vermutlich zu Tür sah, da sich seine Stimme von Shinichi abgewandt hatte. „Ah, sieht ganz so aus als wäre unsere Zeit abgelaufen. Schade, aber ich bin sicher es wird für dich auch so nicht langweilig werden.“ Er lachte hohl, beugte sich ein letztes Mal zu dem Detektiv hinunter. „Ich denke, ich kann auf ihre Mitarbeit zählen, Herr Detektiv, wenn nicht-… nun, der Rest dürfte bekannt sein.“ Shinichis Kiefer spannte sich, sein Blick in die Dunkelheit um ihn herum war so starr, dass er eigentlich Löcher in seine Kontaktlinsen brennen musste. Die Spannung, die seine offensichtliche Drohung zwischen ihnen aufgebaut hatte, wurde von dem Klopfen an der Tür gestört. Shinichi schluckte, er hörte wie sich der Boss von ihm entfernte und sich dem Klopfen nährte, ehe er sich nochmals zu ihm herum drehte. „Ein letzter Rat - versuch am Leben zu bleiben, Kudo. Tot nützt du uns nämlich nichts…“ Shinichi biss die Zähne zusammen, wandte den Kopf um, um dem Boss in die Augen sehen zu können und fluchte über die ewige Dunkelheit in die man ihn verbannt hatte, während William Bells Stimme den Platz schon längt mit gleich mehreren neuen getauscht hatte. Mit einem Seufzen ließ er den Kopf wieder zurück auf den Metalltisch sinken, hörte, wie der Raum langsam zum Leben erwachte. Er schloss die Augen - welchen Sinn hatte es auch, sie noch länger offen zu lassen? - und versuchte, sich auf die Geräusche um ihn herum zu konzentrieren, die dem Raum endlich etwas mehr Form und Gestalt gaben. Schritte, das dumpfe Rascheln von Kleidung, zwei- nein, drei Leute. Er hörte das Summen eines Computers, der grade hochgefahren wurde, Schubladen wurden geöffnet und wieder geschlossen, während ein verdächtiges metallenes Klimpern seine Nackenhaare aufstellte. Shinichi schluckte, hatte Mühe, die plötzlich aufkommende Übelkeit zu unterdrücken, hörte wie Gummihandschuhe schnalzten und ein Kuli klickte, während der Raum für ihn immer enger wurde. Ehe sein Verstand Ablenkung in der neuen Stimme fand, die den Raum durchschnitt. Eine Frau, die Tonlage kühl, autoritär, definitiv gewohnt, Befehle zu erteilen. „Shinichi Kudo, männlich, 27, APTX 17, erste orale Dosis 13.01.1994,-“ Shinichis Atmen stockte in seiner Kehle, während er dem monotonen „Patienten“-Protokoll lauschte. Sein Verstand suchte im Sarkasmus Zuflucht, versuchte die Wissenschaftler um ihn herum, in ein Gespräch zu verwickeln, doch das Lächeln auf seinen Lippen fühlte sich steif und unecht an. „Sieht so aus als würden wir die nächste Zeit miteinander verbringen, wenn ich vorstellen darf, Shinichi Kudo, Detektiv und derzeit offizielles Versuchskaninchen der Organisation.“ Der Redefluss aber stockte auch nicht für nur eine Sekunde, die kühle Stimme fuhr fort, als hätte sie nichts dergleichen gehört. Aber er sparte sich den Kommentar, seufzte nur. „Wohl nicht grade gesprächig, was?“ Die Chemiker, oder Mediziner wie er vermutete, ignorierten ihn abermals und Shinichi konnte nicht verhindern, dass die Dunkelheit um ihn herum einen Hauch von Klaustrophobie in ihm aufkeimen ließ. Er konnte nichts sehen, sich nicht bewegen und war diesen Schwarzkitteln vollkommen ausgeliefert. Doch noch bevor er einen Gedanken darüber verschwenden konnte, ob sein wunderbarer Plan vielleicht doch noch Hoffnung für ihn in sich barg, spürte er, wie behandschuhte Finger seinen Ärmel hochkrempelten, den Blutstau anlegten und den Schlauch etwas fester als unbedingt nötig zuzogen, während eine andere Hand seine Armbeuge desinfizierte. Der alkoholische Gestank brannte in seiner Nase, während sich eine kühle Nadel in sein Fleisch bohrte. Der Oberschüler schluckte, ignorierte den Kloß, der sich langsam in seinem Hals festsetzte. Die Art und Weise, wie die Wissenschaftler um ihn herum über ihn sprachen, belegte seine Zunge mit einem bitteren Geschmack. In diesem Moment, in diesem Raum, auf diesem Tisch, hatte er jegliche Menschenrechte verloren. Er war ein Forschungsobjekt… mehr nicht. Der Himmel über Japan war grau und Wolkenverhangen, ein dichter Nebel hatte sich über ihnen ausgebreitet und verschluckte alles um sie herum in seinem grauweißen Schleier. Seit neun Tagen waren sie nun schon hier, in einem Haus irgendwo an der Stadtgrenze und warteten… Auch wenn sie sich, zugegebenermaßen, an die ersten beiden Tage kaum erinnerte. Ihr Körper war von dem Gift zu geschwächt gewesen, Szenen von Diskussionen und Argumentationen flackerten immer wieder vor ihr auf, ein tiefer Schlaf war jedoch alles, woran sie sich wirklich erinnern konnte. Die junge Lehrerin atmete schwer, ihr Blick schwenkte zu Kazuha an ihrer Seite, die ohne ein Wort zu sagen das Geschirr spülte, ehe sie ihr die nassen Teller und Tassen zum Abtrocknen reichte. Die Sicherheit, die man ihnen bot, hatte ein Gefängnis um sie herum errichtet, dessen Mauern sich mit jedem Tag einander annäherten, und ihre Zelle immer weiter zusammen schrumpfen ließ. Denn auch wenn sie zusammen „eingesperrt“ waren, kam es ihr doch eher wie Einzelhaft vor. Ran schluckte, knetete das feuchte Geschirrtuch in ihren Händen. Diese Warterei raubte ihnen langsam den Verstand, denn ein Urteil stand noch aus,… keiner konnte ihnen sagen, wie lange dieser Zustand anhalten würde. Die Ungewissheit zerfraß sie von innen heraus. Man hatte sie einfach so aus ihrem Leben gerissen, einen Stillstand hervorgerufen, ohne dass sie wussten, wann es weiter gehen würde. Darüber, wovon diese Entscheidung am Ende abhing, wollte die junge Frau jedoch lieber nicht weiter nachdenken… Neun Tage. So lange schon hatte keiner mehr etwas von ihm gehört. So lange schon befand er sich in den Händen dieser Monster. So lange schon hofften sie, dass er noch lebte… Rans Atem zitterte, wollte offenbar nicht in ihrer Lunge blieben, während ihre Augen zu brennen begannen. Wieder hatte er eine Entscheidung ohne sie getroffen, hatte sein Leben gegeben, um ihres zu retten und hatte sie zurück gelassen. Allein… „Shinichi…, du verdammter Idiot!“ Eine warme Träne rann ihr über die Wange, hinterließ eine kleine rote Spur, bis sie endlich der Schwerkraft nachgab und die eben erst abgetrocknete Reisschalte erneut benetzte. Gleichzeitig suchte Kazuhas Hand die Schulter ihrer Freundin auf, ihr waren weder Rans Blick noch ihr gewisperter Fluch entgangen. Die junge Mutter bemühte sich erst gar nicht Rans Blick zu fangen, viel zu sehr fürchtete sie sich davor, dass diese dann ihre eigene Unsicherheit erkennen könnte. „Sie werden ihn finden, Ran…“ Kazuha schluckte, hörte wie ihre Stimme schwankte und machte es ihr schwer, ihren eigenen Worten zu glauben. „…ganz sicher.“ Ran aber reagierte nicht, kniff die Augen zusammen und wischte sich mit dem Handrücken unwillig die Spuren ihrer Tränen aus dem Gesicht. Sie hatte genug geweint, schon lange genug. Ihre blauen Augen richteten sich starr aus dem Fenster, ihr Blick versank in dem grauen Nebel, während sie sprach. „Wir sollten ihnen helfen.“ Die Stimme der jungen Lehrerin klang bitter, zu hart für ihre Lippen. „Wir sollten ihn suchen…“ Kazuha schluckte, wandte den Blick von ihrer Freundin ab. Natürlich sollten sie das… Keiner von ihnen konnte es ertragen, einfach still da zu sitzen und zu warten, besonders Ran und seine Eltern nicht. Mehr als einmal hatten sie sich deswegen mit dem FBI angelegt und mehr als einmal hatte ihnen Jodie erklärt, dass das nicht ging. Das es das sicherste für die Ermittlungen wäre, wenn sie hier blieben, außer Schussweite, so hatten sie die besten Chancen ihn zu finden, ohne ein weiteres Leben zu riskieren. Einsehen wollte das jedoch keiner von ihnen. Und erst der immer etwas verbittert aussehende FBI Agent Akai hatte Rans Zorn mit seinem trockenen Tonfall Einhalt gebieten können… „Du solltest ihm ein wenig Dankbarkeit erweisen. Er hat alles riskiert um dich und alle anderen in Sicherheit zu wissen, willst du diesen letzten Gedanken, der ihm am Leben hält, wirklich zerstören?“ Der Gedanke an die kühle Stimme des Agents schickte erneut eine Gänsehaut über den Rücken der Osakanerin. Dennoch fiel es ihr schwer ein Seufzen zu unterdrücken, lange hatte Rans Einsicht nicht angehalten und dennoch war sich die junge Mutter sicher, dass nur diese Worte sie überhaupt noch an das fremde Haus banden und Ran von einer Dummheit abhielten. Sie schluckte, zog den Stöpsel aus dem Spülbecken und beobachtete, wie die das trübe Wasser mit einem leisen Gurgeln im Abfluss verschwand. „Sie werden es uns sagen, wenn wir etwas tun können Ran, bis dahin-…“ Doch das Geräusch der Haustür ließ die junge Frau in ihrem Satz inne halten, so fremd das viel zu große Haus noch immer war, das war ein Geräusch das sofort erkannte. Geistesabwesend trocknete sie sich die Hände am Geschirrtuch ab, ihr Blick hatte sich schon längst Richtung Tür verschoben, während sie sprach. „Sieht aus, als wäre Heiji gekommen, vielleicht hat er diesmal Neuigkeiten für uns?“ Kazuhas unsicherer Tonfall veranlasste nun auch Ran dazu, sich ihr zuzuwenden. Sie konnte ihrer Freundin an der Nasenspitze ansehen, dass diese mit sich haderte, zu ihrem Ehemann zu gehen, oder ihr noch ein Weilchen Beistand zu leisten. Ein kurzes Lächeln schlich sich auf Rans Lippen. „Ja, vielleicht… Geh du ruhig schon mal vor Kazuha, ich werde uns einen Tee Kochen, schließlich dauern Heijis Berichte ja meistens ein wenig länger. Ich komme dann nach.“ Die Osakanerin zögerte kurz, nickte dann und verschwand aus dem Raum, sah nicht, wie das Lächeln auf Rans Lippen wieder verblasste. Ihre Hände suchten nach dem Teekocher, doch ihr Verstand war ganz woanders, während ihr das Atmen immer schwerer fiel. Neun Tage waren nun fast vorbei… Neun Tage,… und sie hatten gar nichts. Seine Zunge fühlte sich nach dem unnützen Drumherumgerede schwer an, seit drei Tagen war er nicht mehr hier gewesen und konnte ihnen doch keine neuen Ergebnisse vorweisen. Selbst der FBI Agent mit der zerzausten Frisur machte mittlerweile einen unzufriedenen Eindruck, während seine Frau sich auch bei dieser „Besprechung“ nicht hatte sehen lassen. Für einen Moment kam der Kommissar nicht umhin, sich die Frage zu stellen, was Tracy den ganzen Tag so trieb? Dann aber verwarf Heiji den Gedanken wieder und genoss für diesen Moment nur das ruhige Atmen von Kazuha an seiner Seite, die Haiku auf ihrem Schoß in den Schlaf kraulte. Die Stille jedoch, die seine Informationen im Raum hinterlassen hatte, lag schwer auf ihnen. Das einzige Geräusch im Haus war Rans Treiben in der Küche, die schon eine geschlagene halbe Stunde einen Tee kochte. Mori hatte Ansätze gemacht, ihr zu helfen, ehe Eri ihn mit einem leichten Kopfschütteln davon abgehalten hatte. Heiji seufzte, fuhr sich unwirsch übers Gesicht und spürte, wie sich ein Dreitagebart ankündigte und versuchte, das letzte Bisschen Hoffnung in seine Stimme zu legen, das er an diesem Abend noch auftreiben konnte. „Das FBI arbeitet jetzt mit der CIA zusammen, sie versuchen so den Kontakt zu Kir wieder aufzubauen, vielleicht kann sie-…“ Doch das Klingeln seines Handys unterbrach den Kommissar in seinem Satz, sofort kehrte Leben in die kleine Gruppe zurück, die gespannt beobachtete wie Heiji sein Mobiltelefon hervor kramte um selbst, mit einem nicht minder erhöhten Puls das Gespräch anzunehmen. „Hauptkommissar Megure was-?“ Weiter aber sollte der Osakaner nicht kommen, ehe ihn Megures aufgebrachte Stimme unterbrach. „Heiji, schalt den verdammten Fernseher an!“ „Was?“ „Die Nachrichten, tu´s einfach. Das kann doch nicht wahr sein…“ Die Stimme des älteren Beamten klang heiser und der letzte Teil seines Satzes schien nicht für seine Ohren bestimmt gewesen zu sein. Heiji spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, ihm Kälte in die Fingerspitzen zog, während er sich unruhig im Raum umsah. „Megure, Sie wissen wo ich bin, halten Sie das wirklich-…“ „Gott verdammt, Hattori! Jetzt mach schon!“ Der Kommissar nickte, suchte unruhig nach der Fernbedienung während ihm Megure ins Ohr schwieg und die anderen sein Verhalten mit leichter Verwunderung beobachteten. Als er dann jedoch die Nachrichten anschaltete, achtete niemand mehr auf den lautlosen Fluch des jungen Kommissars. „- diese Amateuraufnahmen wurden unserem Sender eingeschickt und richten sich an die Öffentlichkeit.“ Der Nachrichtensprecher wirkte ein wenig blass um die Nase, das Skript in seinen Händen zitterte bei genauerem Hinsehen, während er sich immer wieder durch das ohnehin schon zerzauste Haar fuhr und die Arbeit der Maskenbildnerin damit wohl gänzlich ruinierte. „Wir haben das genannte Video lange auf Echtheit geprüft, sodass wir uns erst heute dazu entschlossen haben, Ihnen diese Bilder nicht länger vorzuenthalten.“ Damit verschwand das Bild des erregten Nachrichtensprechers, tauschte seinen Platz mit einem Kamerabild, das man zwar nicht als schlecht bezeichnen konnte und doch nicht die Qualität des professionellen Nachrichtenstudios hatte. Das Objektiv war auf das einzige fixiert, das man in dem kleinen Raum finden konnte, ein Schreibtisch, hinter dem ein gut lesbares Exemplar der New York Times hing, vor dem er Platz genommen… William Bell. “Okay, that should work for now…“ Die weibliche Stimme lenkte Bells Blick von dem Objektiv ein wenig ab. “Are you sure, Tracy? Shouldn’t we-“ Die Frau im Hintergrund atmete geräuschvoll aus, zeigte jedoch keinen Funken von Ungeduld in ihrer Stimme. “You know, you don´t have to do it, it was your idea after all…“ Man konnte sehen wie der Amerikaner schluckte, den Blick jedoch nur kurz abwandte ehe er erneut sprach. „I- doch, doch ich muss.“ Der plötzliche Umschwung der ausländischen Stimme mochte für andere seltsam gewirkt haben, während es die Personen im Raum nicht einmal registrierten. Ein hilfloses Lächeln zeichnete sich auf William Bells Lippen ab. „Ich weiß nur nicht wie ich anfangen soll…“ “Just do it, we always have the chance to cut something out, or delete the whole damn thing, when you´ve come to your senses again. Just try it…” Der Kriminalistikprofessor reagierte nicht auf die Anspielung, sie hatten jetzt schon lange genug darüber diskutiert und schließlich war sie es gewesen, die ihm ihre Hilfe angeboten hatte. Also nickte Bell einfach, setzte sich ein wenig aufrechter in den Stuhl und atmete lange aus. Das Rauschen des Fernsehers überlagerte die plötzliche Stille, sodass man ihre Pumps auf dem kalten Parkett klappern hörte. Die Augen wanderten kurz vom Fernsehbildschirm zu der Chemikerin, die in den Raum getreten war, die selbst ein Handy am Ohr hatte, in das ein ungehaltener Agent Black hinein brüllte. Tracys Aufmerksamkeit aber galt weder ihrem Verlobten, seiner Familie oder Freunden im Raum, noch der erbosten Stimme ihres Vorgesetzten, ihre Blicke ruhten allein auf dem Gesicht, das sie erschaffen hatte, seinem Gesicht. Bells Stimme aber gewann auch die Blicke der anderen wieder. „Die Mafia, Yakuza, wir alle kennen Geschichten über diese Organisationen, jedes Land hat seine eigenen. Sie entziehen sich dem Gesetz und sind für die Justiz nicht fassbar, weil ihr Netz so fein gewoben ist das niemand zu ihnen durchdringen kann.“ Bells Stimme hatte einen bitteren klang, man konnte das Zittern seiner Atmung am Mikro hören, ehe er weiter sprach. „Heute möchte ich Ihnen eine weitere dieser Verbrecherorganisationen vorstellen, deren Reichweite sich bis über die Grenzen Japans hinaus erstreckt und doch kaum einem japanischen Polizeibeamten bekannt ist.“ Er schluckte, doch seine Tonlage wurde mit jedem Wort ernster. „Eine Organisation, die bisher nicht gefasst werden konnte, die sich dem Gesetzt immer wieder entzieht, weil sie scheinbar zu Mächtig ist. Die nie einen Fehler begeht oder einen Beweis hinterlässt.“ Die blauen Augen hinter Bells Brille, bargen einen nur allzu bekannten Glanz, ihrem scharfen Blick konnte sich niemand entziehen. „Heute aber, liefere ich Ihnen diesen letzten Beweis.“ Ein dumpfer Knall, vollendete seinen Satz, ließ sie mit einem Scherbenhaufen zu ihren Füßen zurück, während ihre Stimme kaum mehr als ein heiseres Wispern war. „Shinichi…“ Kapitel 37: Disillusion ----------------------- Rückblick „Heute aber, liefere ich Ihnen diesen letzten Beweis.“ Ein dumpfer Knall, vollendete seinen Satz, ließ sie mit einem Scherbenhaufen zu ihren Füßen zurück, während ihre Stimme kaum mehr als ein heiseres Wispern war. „Shinichi…“ Disillusion Die blauen Augen hinter Bells Brille bargen einen nur allzu bekannten Glanz in sich, ihrem scharfen Blick konnte sich niemand entziehen. „Eine Organisation die bisher nicht gefasst werden konnte, die sich dem Gesetz immer wieder entzieht, weil sie scheinbar zu mächtig ist, nie einen Fehler begeht und nie einen Beweis hinterlässt.“ Der Hauptkommissar hatte sein Handy fest ans Ohr gepresst, ohne wirklich wahrzunehmen, dass er noch immer mit Heiji verbunden war. Wie gelähmt saß er auf seinem Sofa neben Midori, die ihrem Mann nur noch verwunderte Blicke schenkte und selbst das Geschehen am Fernseher beobachtete. Megure aber bekam von all dem nichts mit, er hatte Mühe, überhaupt aufzunehmen, zu verstehen was William Bell- was Shinichi grade sagte und spürte doch, wie sich das taube Gefühl in seinen Knochen mit der neu aufsteigenden Übelkeit mischte. Sie hatten den ganzen Tag damit zugebracht, nach Hinweisen zu suchen, sie und das FBI waren in Verhandlung mit der CIA, um endlich zu einer gemeinsamen Strategie zu kommen und nun… Nun war dieses Video aufgetaucht. Eigentlich müsste er schon längst das Pressezentrum an der Strippe haben, um diese danach zu fragen, wo sie diese Information her hatten, anstatt Hattori ins Ohr zu schweigen. Aber er konnte nicht… Er konnte weder das Gespräch mit Heiji wieder aufnehmen, noch Midori antworten, geschweige denn die Nummer des Pressekontakts aus seinem Notizbuch hervorkramen. Shinichis Blick in dem falschen Gesicht lähmte ihn, belegte seine Zunge mit einem bösen Vorgeschmack dessen, was sie in den nächsten Minuten erwarten würde. Denn was immer Shinichi Kudo auch mit diesem Video bezwecken wollte, er tat es mit voller Absicht. „Heute aber liefere ich Ihnen diesen letzten Beweis.“ Kudos Blick allein hatte die Atmosphäre in ihrem kleinen Wohnzimmer bis zum Zerreißen gespannt, sein letzter Satz hatte eine Gänsehaut auf ihren Armen provoziert und in diesem Moment war die Beamtin heilfroh, dass sie Noriko schon vor einer Viertelstunde ins Bett gebracht hatten. Ihr Blick wanderte zu Takagi an ihrer Seite, ihr Mann hatte sich nicht mehr gerührt, seitdem sie zufällig über die Nachrichten gestolpert waren und das Bild des Mannes über den Bildschirm geflimmert war, dessen wahres Ich sie schon seit Tagen suchten. Vielleicht lag es daran, dass sie Kudo nicht gut gekannt hatte, Himmel noch mal, selbst Bell hatte sie in letzter Zeit öfter gesehen als Shinichi Kudo damals. Wahrscheinlich lag es dem zugrunde, dass die schmale Brille des Kriminalistikprofessors vor ihren Augen zu den übergroßen Gläsern des kleinen Jungen wurde, der sie mal wieder mit einer seiner Deduktionen überraschte. In den blauen Augen Bells fehlte jedoch jegliche Erleichterung über die Lösung eines Falls, das tiefe Blau zog sie unter Wasser, übte einen festen Druck auf sie aus, sodass ihre Lunge jeglicher Atmen entwich. Diesmal gab es einen Haken an der Sache. Zu mehr war sein Hirn nicht imstande. Takagis Blick lag fest auf dem Amerikaner, dessen Blick beinahe einschüchternd wirkte, während er sprach. Dennoch zeigte die Pause, die er nach diesem bezeichnenden Satz einlegte, deutlich die Anspannung, die in ihm herrschte. Bells Blick glitt kurz zur Seite, ehe seine blauen Augen die Zuschauer erneut einfingen. Takagi aber schluckte nur, lauschte Kudos Worten während in seinem Kopf die kaputte Platte wieder von vorne begann. „Denn am 13.01.1994 hat die Organisation einen Fehler begangen und einen Zeugen zurückgelassen. Dieser Fehler war der Mord an dem damaligen Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo.“ Agent Blacks Bart zuckte nur noch, er hatte es schon längst aufgegeben Tracy zu fragen, was sie sich dabei gedacht hatte. Es wäre bei dem umherstehenden Agents des FBIs wohl auch eher weniger gut angekommen. Denn sein Büro war mittlerweile am Überlaufen, der alternde Agent hatte das Gefühl, das gesamte New Yorker FBI Department hatte sich in seinem stickigen kleinen Büro versammelt und starrte nun geistesabwesend auf den Monitor seines PCs. Er hatte alle Hebel in Bewegung setzten wollen, um die Ausstrahlung zu stoppen, seine besten IT-Leute darauf angesetzt, er selbst hatte versucht, mit etwas... anderen Mitteln des FBIs die japanische Presse dazu zu bringen, die Sendung abzubrechen, als ihn einer seiner Leute auf den live stream des japanischen Fernsehens aufmerksam gemacht hatte. Doch das Einzige was er davon hatte war die Ansammlung von Mitarbeitern, die Wind davon bekommen hatte, dass in Sachen Organisation grade etwas vollkommen aus dem Ruder lief. Denn das tat es. In diesen wenigen Minuten zerstörte Shinichi Kudo alles, was sie, aber auch er, in den letzten Jahren aufgebaut hatten. Er richtete alles zugrunde. Doch der Kriminalistikprofessor tat ihm nicht den Gefallen, sprach weiter, ruhig, wie man es von ihm bei einer Fallanaylse kannte. William Bells Stimme zitterte schon längst nicht mehr, während er von seiner eigenen Ermordung sprach. „Man hatte ihn dabei erwischt, wie er einen Deal der Organisation beobachtete, wegen einem vorrangegangenen Mordfall war die Gefahr groß, dass ein einfacher Schuss die Polizei sofort an den Tatort locken würde, also hat man sich anderer Mittel bedient, um den Detektiv aus dem Weg zu räumen.“ Bells fremde Stimme darüber reden zu hören, ihn reden zu hören, über das, was passiert war, über das, was hätte sein können, war mehr als sie ertragen konnte. Keine Mutter hörte gerne, dass ihr Sohn dem Tod nur knapp von der Schippe gesprungen war, keine Mutter fühlte sich gerne dafür verantwortlich, dass sie es vielleicht hätte verhindern können… wenn sie nur da gewesen wäre. Er hatte es ihnen nie so erzählt, seine Sicht der Dinge vor ihnen verborgen, nachdem er ja wusste, dass Agasa ihnen berichtet hatte, was passiert war. Spätestens jetzt wusste Yukiko auch wieso. Auch Yusaku schluckte, beobachtete das Bild mit düsterem Blick. Yusakus dunkelblaue Augen lagen angespannt auf denen seines Sohnes, beobachteten, wie sein Blick immer wieder ins Wanken kam, lang nicht so stabil war, wie seine Stimme den Anschein machte. Yusaku schluckte, beobachtete wie sich die Lippen seines Sohnes bewegten und wünschte sich in diesem Moment, ihn stoppen zu können, während ein anderer Teil seinen Sohn für dessen Mut und Logik bewunderte. Der Schriftsteller schnappte nach Luft, fühlte, wie ihm seine Gedanken schwer auf den Brustkorb drückten. Der Autor schloss die Augen, provozierte damit das Nachbild seines Sohnes hinter seinen Lidern, dessen sturer Blick ihm von Anfang an verraten hatte, dass er alles darum geben würde, damit er dieses Video niemals gebrauchen musste. Am Schluss aber hatte er wohl doch keine andere Möglichkeit gesehen. Er hatte die Wahl. Und er hat sich entschieden. Eine Entscheidung, von der er glauben musste, dass deren Auswirkungen ihn wahrscheinlich schon gar nicht mehr betreffen würden. Der Autor schloss die Augen, versuchte den Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen, doch Bells harsche Wort über die vermeintliche Wirkung des Giftes erzeugten nur neue Fantasien, die der Schriftsteller niemals zu Papier bringen wollte. „Man verabreichte ihm ein von der Organisation entwickeltes Gift, das töten sollte, ohne dass später Spuren des Mittels nachweisbar waren. Sie verschwanden und ließen Shinichi Kudo zum Sterben zurück.“ „Hey, Kaito!“ Der Angesprochene seufzte, bemühte sich, seinen Tonfall nicht zu scharf werden zu lassen. „Was?“ Sie aber schien seine Anspannung nicht zu bemerken. „Komm mal her, das solltest du dir vielleicht ansehen.“ Der Magier aber rollte nur mit den Augen, stocherte genervt in der heißen Bratpfanne herum. Er hatte sich angewöhnt, selbst das Abendessen herzurichten, so konnte er wenigstens sicher gehen, das Aoko ihm keinen F-Fi- - nicht diese widerwärtige glibberige Ausgeburt der Hölle - servierte. Wer hätte ahnen können, dass der Dame dieser Kompromiss so gut gefallen würde. Heute war einer der Tage, wo er diesen Deal besonders bereute- gut und schön Aokos sprunghafte Entscheidung von Curry, zu süßen Reißbällchen, zurück zu dem herzhaften Spagetti Bolognese war vielleicht ihren Hormonen, kurzum der Schwangerschaft geschuldet, dennoch… Was hatte er davon? Drei angefangene Gerichte und keines, das dem Gaumen der Dame am Ende entsprach, da sie jetzt doch lieber gebratenen Räuchertofu und Miso Suppe hätte- schön, den würde sie bekommen. Und da beschwerten sich die Frauen immer darüber, dass sie die einzigen waren, die während der Schwangerschaft litten. Der Tofu in seiner Pfanne gewann langsam an Farbe, geschickt wendete er ihn, ehe er seiner Frau Antwort gab. „Wenn dir nicht plötzlich nach einem Brikett zumute ist, wüsstest du, dass ich jetzt nicht vom Herd weg kann Aoko!“ „Schön, wie du willst, ich dachte nur dich interessiert es, dass der Typ im Fernsehen von dem Detektiv spricht, von dem du in letzter Zeit andauernd faselst, Bakaito!“ Noch ehe sie den „Kosenamen“ ihres Mannes ausgesprochen hatte stand der schon mit der brutzelnden Pfanne in der Hand im Wohnzimmer, seine türkisblauen Augen beobachteten wie William Bell schluckte, während die Stimme des Professors kurz rau wurde. „Das Gift wirkte,… jedoch anders als beabsichtigt.“ „Was glaubst du? Ist das, wovon er redet wahr?“ Als sie sich jedoch zu ihm umwandte wusste sie, dass sie keine Antwort bekommen würde. Das Pokerface ihres Zauberers war gänzlich von seinen Lippen gewaschen, sein Teint war mit einem mal auffällig blass, während er der wissenschaftlichen Erklärung Bells folgte. „Das Mittel ließ seine Zellen nach einem bestimmten Muster absterben. Die Anzahl von Zellen die produziert wird, um das Wachstum des Körpers voran zu treiben, reduzierten sich, so weit, bis der Oberschüler keiner mehr war. Kaito schluckte, spürte wie sich eine Gänsehaut über seinen Rücken schlich, während sein Verstand versuchte, zu entscheiden, ob das, was der Detektiv da tat, nun endgültig die Grenze zwischen Mut und Dummheit überschritt. Er wusste, was nun folgen würde. Bis nur noch Zellen in einer weitaus geringeren Anzahl vorhanden waren, eine Anzahl, Form und Alter, die dem Körper eines siebenjährigen Grundschülers entsprach.“ Sie hatte gerade die Arbeiten ihrer dritten Klasse fertig korrigiert, sich mit einem Wein zur Belohnung ins Wohnzimmer gesetzt und ganz unbedarft die Nachrichten angeschaltet. Sie hatte es genossen, dass ihr Mann, Inspektor Shiratori, heute Dienst hatte und sie das Haus für sich beanspruchen konnte. Jetzt aber fragte sich die Grundschullehrern, ob das wirklich die Nachrichten waren, die sie da sah, oder eine Sciencefiction-Szene aus einem ihrer Alpträume. Jetzt, in diesem Moment, wünschte sie sich ihren Mann an ihrer Seite, der die Anspannung in ihren Muskeln einfach wegküssen konnte. Sie konnte kaum glauben, was der Fremde im Fernsehen da gerade erzählte und doch schlich sich eine böse Vorahnung in ihr hoch. Längst vergangene Erinnerungen holten sie ein, und konnten Fräulein Kobayashi doch nicht auf die Worte von William Bell vorbereiten. Die Lehrerin schlug sich die Hand vor den Mund, schüttelte abwehrend den Kopf, während Bell nach einem schweren Seufzten aussprach, was nicht nur ihre Welt ins Wanken brachte. „Aus Shinichi Kudo wurde Conan Edogawa.“ Er biss die Zähne zusammen, ignorierte das qualvolle Quietschen seines Zigarettenfilters, während ihm ätzende Galle die Kehle hochstieg. Gestern noch hatte er mit einem kalten Lächeln auf den Lippen beobachtet, wie sich der Detektiv unter den neusten Forschungen der Organisation wand. Das qualvolle Stöhnen Kudos war wie heißer schwarzer Teer durch seine Adern geflossen und die Wut über sein Scheitern vor zehn Jahren in seinem heiseren Schrei erstickt. Sie hatten ihn in der Hand. Der Detektiv war ihnen vollkommen ausgeliefert und konnte nichts dagegen tun. Zumindest dachten sie das. Denn wer hätte ahnen können, dass dieser Abschaum ihnen diesmal einen Schritt zuvor gekommen war. Seine grauen Augen brannten Löscher in den Bildschirm, während Wodka ihm mit heiserer Stimme in die Ohren säuselte was das zu bedeuten hatte. „Er überlebte, tarnte sich als Grundschüler und arbeitete heimlich aus dem Hintergrund weiter gegen sie, bis ein erneutes Aufeinandertreffen mit der Organisation vor ein paar Jahren seinen Plan erneut auf den Kopf stellte. Ihm blieb nichts anderes übrig als den Schutz des FBIs aufzusuchen, die ihn dann einige Jahre später mit einer neuen Identität ausgestatteten. William Bell.“ Der blonde Auftragskiller biss die Zähne zusammen, hörte seinen Kiefer knacken, während die Spitze seiner Zigarette wütend rot aufleuchtete. Kudo war dabei, sich zu vernichten und riss sie mit in diesen tosenden schwarzen Abgrund. Das bedeutete es. Ein heißerer Fluch drang aus der Kehle des Universitätsvorstands, brachte seine Zigarre in seinem Mundwinkel bedrohlich zum Wippen, sodass ein paar der feinen grauen Ascheflocken kalt und düster ihren Weg zum Boden fanden. Der Amerikaner kümmerte sich nicht um die Asche, die ein Loch in seinen Teppich brannte, starrte gebannt auf den Laptop seines Monitors und konnte nicht glauben, was er da gerade hörte. Ob es nun Vorahnung oder einfaches Glück war, das er bei seinen nächtlichen Recherchen über Shinichi Kudo gerade auf die japanischen live Nachrichten gestoßen war, konnte er in diesem Moment nicht sagen. Auch wenn er nichts von dem Kauderwelsch verstand begriff er doch was sein Angestellter da gerade trieb. Er sah wie Bell schluckte, mit einem schweren Seufzer die Brille abnahm und zur Seite legte. „Der Tag an dem man Shinichi Kudo das Gift verabreichte ist nunmehr acht Jahre her, wie sie am Datum der heutigen New York Times im Hintergrund erkennen können.“ Der Puls des erfahrenen Kriminalisten setzte einen Schlag aus, als er beobachtete, wie sein treuer Angestellter, sich ans Revers griff, er sah, wie Bells sehnige Finger kurz zuckten, als sie fanden, wonach sie gesucht hatten. Maximilian York spürte, wie der Atem in seiner Brust stockte, als sich die Haut von William Bell langsam von ihrem Grund löste. Übelkeit stieg seine Kehle empor während sich das Gesicht, das er nun jahrelang kannte, in Luft auflöste, zu einer leblosen Maske wurde, die ihn mit leeren Augen anzustarren schien. Er sagte die Wahrheit. Das junge Gesicht unter Maske und Perücke war ihm jedoch nicht fremd, er hatte über Shinichi Kudo in den letzten Tagen viel gelesen, glaubte fast den Oberschüler selbst zu kennen… dieser aber sollte jetzt siebenundzwanzig sein, nicht siebzehn. Die blauen Augen seines Professors starrten ihn aus diesem viel zu jungen Gesicht an. Die Lügen und das Versteckspiel waren damit beendet. An William Bells Stelle saß der Oberschüler, den einige der japanischen Zuschauer als Shinichi Kudo wiedererkannten. York schluckte, spürte erst jetzt, dass sich ein Kloß in seiner Kehle gebildet hatten. William Bell und Conan Edogawa existierten nicht. Der junge Mann, den er eingestellt hatte, mit dem er zahlreiche Fälle gelöst hatte, war niemand geringerer als Shinichi Kudo. Shinichi Kudo, der durch ein Gift dieser mysteriösen Organisation zehn Jahre jünger war, als er eigentlich sein sollte. Ein kalter Schauer durchfuhr den erfahrenen Kriminalisten. Eine schwarze Organisation, die in der Dunkelheit arbeitete. Ein Gift, das in der Lage war, Menschen zu verjüngen. Ein Kind, das eigentlich keines war. Eine Lüge… die in dieser unglaublichen Wahrheit ihr Ende fand. Der Oberschüler redete, während die Welt in diesen Minuten schwieg. „Noch immer ist es weder dem FBI noch mir selbst gelungen, diese Organisation aufzulösen.“ Er wusste nicht wie er es angestellt hatte, aber mit dem Ablegen von „William Bells“ Gesicht war auch dessen Stimme verschwunden, hatte die von Shinichi Kudo hinterlassen, die im Vergleich zu der sanften Art des Professors nun beinahe zu unsicher in seinen Ohren kratzte. Die Augen von Polizeipräsident Odagiri fielen zurück auf das Datum der Times - wenn das, was Kudo sagte, der Wahrheit entsprach, war es vielleicht dem Stimmbruch zu Schulden, den er vermutlich gerade hinter sich hatte. Der Polizeipräsident legte die Finger aneinander, spürte die Spannung in seinen Muskeln, während er das Video weiter verfolgte. Es hatte nur wenige Begegnungen mit Shinichi Kudo gegeben und noch weniger mit Conan Edogawa, dennoch fiel es ihm schwer, den Zweifel an dem Wahrheitsgehalt seiner Worte aufrecht zu erhalten, den er seinem Beruf eigentlich schuldig war. Gespannt beobachtete er, wie sich zum ersten Mal auf den Lippen des Detektiv ein verzweifeltes Lächlen ausbreitete, während er seine Finger in seinen dunklen Haaren vergrub. „Ich weiß, das hört sich alles verrückt an, ich würde es wohl selbst nicht glauben, wenn nicht-„ Er schluckte, doch die für einen Moment herrschende Stille wurde von der Stimme der Frau unterbrochen. “You told me something about a proof Shinichi? How about that?” Der Detektiv blinzelte, sein Blick glitt kurz von der Kamera ab, ehe er dankend nickte. “Ja, natürlich. Wenn dieses Video on air gehen sollte und Sie einen Beweis für diese Geschichte verlangen, würde ich die Tokioter Polizei bitten diesen zu stellen. Conan Edogawa war wie Shinichi Kudo, an mehreren Fällen beteiligt, sicher finden sich in der Asservatenkammer noch Beweisstücke mit seinen Fingerabdrücken drauf, dasselbe gilt natürlich für Shinichi Kudo. Ich denke ein Vergleich dieser verschieden großen Abdrücke dürfte dann Beweis genug sein.“ Die Lippen des Polizeipräsidenten wurden schmal, unter seinem langsam ergrauenden Bart. Seine Hand suchte das Telefon an seiner Seite, während er den Blick nicht vom Monitor abwendete. „Fräulein Satoshi, stellen Sie mich bitte zu Hauptkommissar Megure durch. Danke.“ “I can´t believe that he really did this! “ Die aufgebrachte Stimme der FBI Agentin donnerte durch die dünnen Wände ihres kleinen Hotelzimmers. Ihr Partner aber hatte wenig für den hohen Puls seiner Begleitung übrig, als er die Aufnahmen verfolgte, die Kudo schon vor ein paar Jahren zusammen mit Tracy im FBI Hauptquartier aufgenommen haben musste. „Dieses Video soll der Justiz und der Öffentlichkeit den Beweis liefern, dass diese Organisation existiert und an zahlreichen Verbrechen beteiligt ist. Weitere Informationen dazu, sowie eine Liste vermeintlicher Mitglieder, habe ich Ihnen separat zur Verfügung gestellt.“ Mit diesen wenigen Zeilen machte er die Arbeit ganzer Jahrzehnte zunichte und dennoch konnte der Agent nicht verhindern, dass sich ein schmales Lächeln auf seinen Lippen formte. Anerkennend, wie es Kudo bei ihm schon lange nicht mehr zustande gebracht hatte. Die Stimme des Oberschülers wurde erneut ernst, nichts mehr war von der vorherigen Unsicherheit zu spüren. Sein Blick sprach den Zuschauer direkt an, gewann dessen Aufmerksamkeit, ob er nun wollte oder nicht. „Sie haben ihre Mitglieder überall verteilt, in jeglichen Schichten und Institutionen, sie unterlaufen die Polizei und die Politik. Jeder ihrer Angestellten, Mitarbeiter oder Partner könnte ein Teil dieser Organisation sein.“ Shinichis Worte schwappten wie Wasser über sie hinweg, niemand im Raum sagte ein Wort, niemand war auf Ran zu gegangen um die Scherben wegzuräumen, oder den heißen Tee aufzuwischen, dessen bernsteinfarbene Flüssigkeit sich in die Laminatfugen fraß. Seine Stimme verdichtete den Raum, legte sich wie eine schwere Last auf ihre Schultern. „Es wird Zeit, Ihnen diesen sicheren Mantel aus Unwissenheit zu entziehen, die schwarze Organisation ins Licht neuer Ermittlungen zu Rücken.“ Der Oberschüler atmete lange aus, seine Schultern fielen ein wenig in sich zusammen, nachdem er offenbar den offiziellen Teil seiner „Rede“ beendet hatte. Erleichterung aber spiegelte sich nicht in seinen Zügen, im Gegenteil, sein Ton wirkte auf einmal matt, beinahe müde von dem vielen Reden. „Ich hoffe, ich kann Ihnen hiermit den Beweis liefern, den sie dafür vielleicht benötigen.“ Sein Blick fiel auf Bells leeres Gesicht auf dem schmalen Schreibtisch, für einen Moment suchten die blauen Augen des Oberschülers die leeren Hüllen seines alten Egos. Yusaku schluckte, er sah, wie Shinichi mit sich rang, offenbar überlegte, es dabei zu belassen, bis eine andere Stimme in seinem Kopf die Oberhand gewonnen hatte. Die Stimme seines Sohnes drohte zu brechen, Yusaku spürte, wie es ihm langsam die Kehle zu zog, während die Hand seiner Frau die seine aufsuchte, um den Halt auf dieser Welt nicht gänzlich zu verlieren. Shinichis Worte richteten sich nun nicht mehr länger an die Öffentlichkeit, das, was sie da hörten, war für die Personen in diesem Raum bestimmt. Für sie bestimmt. „Ich- es war nie meine Absicht, die Öffentlichkeit zu täuschen, die Menschen dir mir nahe stehen anzulügen, oder ihnen weh zu tun…“ Er seufzte, wandte den Blick von der Kamera ab während er sprach. „Ich dachte ich könnte sie schützen, vor der Wahrheit, der Organisation… Hattori spürte, wie seine Kehle langsam trocken wurde. Der Kloß in seinem Hals hatte die Größe eines Felsklumpens erreicht, der keinen von seinen heißgeliebten Flüchen mehr über seine Lippen kommen ließ, sodass ihm nichts weiter übrig blieb als stumm zuzusehen, wie sich ein bitteres Lächeln auf den Lippen seines Freundes ausbreitete, mit dem er, scheinbar amüsiert über sich selbst den Kopf schüttelte. Auch wenn von ihnen niemand den Witz verstand. Wie dem auch sei…“ Shinichi seufzte, richtet seinen Blick ein weiteres Mal in die Kamera. In diesen letzten Minuten der Aufnahme aber ging es nicht mehr um Informationen, die Öffentlichkeit, nicht mehr um die Organisation oder sonst irgendwas. Seine Worte galten ihnen, seiner Familie, Freunden,… ihr. „Wen Sie dieses Video sehen, ist es vermutlich der letzte Beweis, den ich Ihnen gegen diese Organisation liefern kann, das Letzte, was ich tun kann…“ Er Lächelte matt, schloss für einen kurzen Moment die Augen und schien mit sich um eine Entscheidung zu ringen, ehe er die Kraft aufbrachte, um ihnen erneut entgegen zu sehen. Sein entschuldigender Blick aber versetzte sie mehr in Panik als seine Worte es je gekonnt hätte. Dennoch sprach er, weil er glaube, sonst nie wieder die Gelegenheit dazu zu bekommen, weil wusste, dass dies vielleicht seine letzte Chance war. Er verabschiedete sich… „Es tut mir leid.“ Der Blick in seinen Augen verrieten ihr mehr als seine Worte es getan hatten, das trübe Blau erzählte ihr mehr, als Ran in diesem Moment zu verstehen bereit war. Sie spürte nicht, wie ihre Knie weich wurden, konnte nicht glauben was er gerade getan hatte… Sein Bild verschwand vom Monitor, der aufgebrachte Monolog des Fernsehsprechers begann, doch ihre Ohren waren taub für seine Worte. Um sie herum war Stille das einzige, was existierte, durchbrochen von seinem Namen, der in den mit einem Mal leer gefegten Gängen ihres Verstandes wiederhallte. Sie spürte nicht wie sie zitterte, wie sich ihre Socken langsam mit den erkalteten Überresten des Tees am Boden vollsogen und ihre Lippen immer wieder tonlos seinen Namen formten. Erst eine warme Hand auf ihrer Schulter brachte Ran in die Realität zurück. „Ran…“ Tracys am Anfang noch verschwommene Umrisse wurden langsam klar, Ran spürte die Blicke der anderen auf ihrer Haut, sah die verkniffene Miene von Heiji, die wässrigen Augen von Kazuha und die betroffenen Gesichter vom Professor und seinen Eltern. Dennoch war sie unfähig, den Blick von den schönen braunen Augen der Amerikanerin abzuwenden, sie brauchte zwei Versuche, ehe sie ihre Lippen dazu überreden konnte, einen verständlichen Satz zu formen. „Warum…, warum hat er das getan?“ Rans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und doch konnte die FBI Agentin dem fordernden Blick der jungen Frau nicht ausweichen. Sie nahm seine Freundin bei der Schulter, richtete sie auf und führte sie zu dem kleinen Hocker, der dem grauen Sofa angrenzte. Erst dann erlaubte sich die Chemikerin den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern, suchte die Antwort auf dem Fußboden, ehe sie wieder genügend Courage aufbringen konnte, um ihr in die Augen zu sehen. Tracy schluckte, war sich der Schuld, die nun auf ihren Schultern lag mehr als bewusst und doch drohte erst der Blick seiner Freundin sie zusammenbrechen zu lassen. Noch ehe die Chemikerin ihre Lippen endlich dazu bringen konnte, Rans Frage zu beantworten, war es der junge Kommissar, der langsam vom Sofa aufgestanden war und sprach. „Er hat den Selbstzerstörungsmechanismus eingeleitet.“ Heiji schluckte, merkte erst jetzt, wie rau seine Stimme war, zwang sich jedoch weiter zu sprechen, auch wenn er weder Ran noch sonst jemandem im Raum in die Augen sehen konnte. „Mit diesem Video hat Kudo einen Stein ins Rollen gebracht, der tatsächlich ausreichen könnte, um die Organisation zu Fall zu bringen.“ Es war seine letzte Chance… Der Kommissar schüttelte den Gedanken von sich ab, spürte wie seine Zunge mit einem mal schwer wurde. „Er will sie von innen heraus zerstören.“ „Was?“ Rans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und brachte Heiji nun doch dazu, aufzusehen. Der Teint der jungen Lehrerin war auffällig blass, ihre sonst so starke Persönlichkeit schien an den neuen Informationen zu zerbrechen. Vielleicht nicht unbedingt wegen der Tatsache, dass nun die ganze Welt Conans Geheimnis kannte, sondern vielmehr, weil sie ahnte, wusste, weshalb er zu solchen Mitteln greifen musste und wie es überhaupt so weit gekommen war. Heiji schluckte, fühlte sich von dem glasigen Blick Rans durchleuchtet und kam nicht umhin sich die Frage zu stellen, was im Zuge dieser Explosion noch alles mit sich gerissen werden würde. Rans Augen hatten die seinen nicht verlassen, forderten etwas, das seine vom Reden tauben Lippen ihr nicht geben konnten, bis sein Vater ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Die Organisation ist einfach zu groß und viel zu weit verzweigt. Man kann den Aufbau einer solchen Institution mit dem einer Pyramide vergleichen, je höher man kommt, desto wichtiger die betreffende Person, desto mehr Macht und Informationen hat sie. Die unteren Steine aber wissen nicht um ihre tragende Position, sie haben Kontakt zu dem Stein direkt über ihnen, zu ihren ebenso „unbedeutenden“ Nachbarn, mehr jedoch nicht. Sie wissen nicht, wie viele Steine noch auf ihnen bauen, kennen weder deren Form noch Funktion, einige wissen vermutlich noch nicht einmal, welche Form das Gebäude hat zu dem sie gehören, noch welchen Zweck es erfüllt. Nimmt man diese unteren Steine jedoch weg, fällt die Pyramide langsam in sich zusammen, weil kein Stein auf dem anderem mehr Halt findet.“ Yusaku Kudos Stimme hatte einen holen klang, er war nicht von dem Sofa aufgestanden, hielt Yukikos Hand noch immer in der seinen, während die andere den grauen Stoff des Sofas gefährlich unter seinen Fingern spannte. Seine Erzählung war am Ende leise geworden, fahrig fuhr sich der Schriftsteller übers Gesicht, nahm dafür die Brille ab und sah seinem Sohn dadurch nur noch ähnlicher. Er behielt das schwarze Gestell in der Hand, beobachtete die Lichtreflektion in den Gläsern, während er mit einem seufzten weiter sprach. „Der Trick ist, die Personen, die mit der Organisation in Kontakt waren oder in Kontakt stehen durch dieses Video so weit zu verunsichern, dass sie skeptisch werden, der Organisation gegenüber, sich vielleicht sogar der Polizei stellen um Informationen Preis zu geben und so ihren eignen Hals aus der Schlinge zu ziehen.“ Heiji nickte langsam, vergrub die Hände in seinen Hosentaschen, während er Yusakus Analyse beendete. „Die Polizei, die CIA und das FBI bekommen so die Möglichkeit, sich von außen nach innen zu arbeiten, die internationalen Beziehungen dieser Schwarzkittel aufzudecken um das ganze verdammte Ding mit einem mal hoch gehen zu lassen.“ Freude über diese Erkenntnis war jedoch nicht in den Zügen des Kommissars zu erkennen, seine Züge wirkten bitter und seine verschatteten grünen Augen wichen den ihren aus. „A-Aber Shinichi, er-„ Die blasse Stimme der Chemikerin hatte sie unterbrochen, noch ehe Ran ihren Satz beenden konnte, angespannt verfolgten ihre Augen die Frau, die ihr ihre Ängste wenigstens für den Moment ein wenig nehmen wollte. „Hat uns die Chance gegeben, ihn zu finden.“ Die FBI Agentin schluckte, spürte Stuarts Hand plötzlich in der seinen und schaffte es, Ran in die Augen zu sehen. „Wenn wir die richtigen Wege einschlagen, wenn wir schnell genug an die passenden Informationen herankommen, finden wir ihn…“ <…hopefully before it´s too late.> Den Rest ihres Satzes verschluckte ihr Herz. Ein schrilles Klingeln zerriss die drückende Stille, lenkte die Blicke zu Heiji, der mit finsterer Miene den Anruf auf seinem Handy entgegen nahm. „Hattori.“ Sie sah, wie er schluckte, seine Augen von ihr kurz zu Kazuha huschten, ehe er zur Bestätigung seiner Antwort nickte. „Schon unterwegs.“ Mit einem schweren Seufzer legte er auf, betrachtete sein Handy für einen kurzen Moment, ehe die Stimme seiner Frau ihn zusammenzucken ließ. „Heiji?“ Kazuha war vom Sofa aufgestanden, machte ein paar Schritte auf ihn zu, hatte dabei den kleinen Haikuro im Arm, der über dieser ganzen Aufregung tatsächlich eingeschlafen war. Ihrem besorgten Blick aber begegnete der Kommissar nur mit einem milden Lächeln, zärtlich strich er seinem Sohn über den Kopf, während er sprach. „Es geht nicht anders, Kazuha. Er hat uns diese Chance verschafft, wir müssen handeln, jetzt oder nie…“ Gerade als die junge Mutter zum Gegenargument ausholen wollte, drückte er ihr einen Kuss auf die Lippen, lächelte dann kurz, ehe er sich von seiner Familie abwandte, jedoch neben Ran inne hielt ehe er gänzlich aus dem Raum verstand. Seine Stimme war leise, nur für sie grade noch hörbar. „Wir werden diesen Idioten finden, ich versprech´s.“ Ran schluckte, spürte wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten ehe sie langsam nickte, den Blicken der anderen nicht folgte als Kommissar Hattori ohne ein weiteres Wort aus der Tür verschwand. Zum ersten Mal spürte sie die kleinen Scherben des Teeservices, die sich in ihre Knie gebohrt hatten und ein feines gesprenkeltes Muster auf ihrer Strumpfhose zeichneten. Sie mussten ihn einfach finden... Doch der fromme Wunsch ihres Herzes wurde von der bitteren Stimme ihres Verstandes überdeckt, übertünchte das friedliche Mantra und säte Zweifel, da, wo eigentlich Hoffnung sein sollte. Er hatte die Bombe mit vollster Absicht gezündet. In dem Wissen, das er nur noch so eine Chance hatte diesen Krieg zu beenden. Er hatte es getan, in vollem Bewusstsein dessen, was die Druckwelle mit ihm anstellen würde. Die Explosion würde sein Leben mit sich reißen. Seine Geschichte gehörte der Öffentlichkeit und sein Leben der Organisation. Conan Edogawa und William Bell hatten aufgehört zu existieren. Zurück blieb das, was von Shinichi Kudo noch übrig war, der ehemalige Oberschülerdetektiv in einen zehn Jahre jüngeren Körper, der ihm eigentlich nicht mehr gehörte. Zurück blieb das was Bell überschatten sollte, das was Conan war und Shinichi nie sein wollte, ein Opfer der Organisation, des Giftes APTX 4869. *LangsamhintergefallenemVorhanghervorkriech* Äh- hällöchen Leute ^^, Ja... ich bzw. Shinichis hats getan *schluck* Diesmal meine Variante die Organistion aus den Angel zu heben... und Shinichis Geheimnis mit der ganzen Welt zu Teilen *schluck* Kaito war meine art ein wenig Fanservice zu leisten, weil ich euch ja schon habe glauben lassen er käm dirn vor, dann sollte er zumindest einen Gastauftritt haben, aber das wars dann jetzt auch. Vielen Dank für eure Worte beim Letzten Kapitel *knuddel* Hat meinen Adrenalinspiegel zumindest ein wenig gemindert. Ihr könnt euch natürlich vorstellen wie sehr ich vor eurer Meinung zitter und wie wichtig sie mir ist, besonders diesmal ^////^, Also dann *hinsetztundzitterndaufKommiswarte* Bis bald, eure Shelling Kapitel 38: The calm in the center of the storm ----------------------------------------------- Rückblick- Seine Geschichte gehörte der Öffentlichkeit und sein Leben der Organisation. Conan Edogawa und William Bell hatten aufgehört zu existieren. Zurück blieb das, was von Shinichi Kudo noch übrig war, der ehemalige Oberschülerdetektiv in einen zehn Jahre jüngeren Körper, der ihm eigentlich nicht mehr gehörte. Zurück blieb das was Bell überschatten sollte, das was Conan war und Shinichi nie sein wollte, ein Opfer der Organisation, des Giftes APTX 4869. - Rückblick Ende The calm in the center of the storm Er bewegte den Kopf mit kreisenden Bewegungen, spürte wie seine Muskeln bis in seinen Brustkorb und seine Hüfte hinein ächzen, ehe er ihn wieder auf das kleine „Kissen“ bettete, das man ihm zugestanden hatte. Langsam öffnete er die vom Schmerzzusammen gekniffen Augen und starrte an die Decke. Alles was um ihn herum noch existierte war Dunkelheit, schwarz. Schwarz. Gott, er hasste diese Farbe wirklich. Sein Dasein war auf Geräusche und Stimmen reduziert, Hände die ihn betatschten, Nadeln die ihn stachen und andere Dinge, über die er lieber nicht allzu lange nachdachte. Die Welt wie er sie kannte, hatte um ihn herum aufgehört zu existieren. Shinichi schluckte, blinzelte, als er spürte, wie die verdunkelten Kontaktlinsen zu brennen begannen, weil seine Augen ohne den Lichteinfall weniger blinzelten und so schneller trocken wurden. Er konnte nur schätzen, wie lange er schon in diesem Loch aus völliger Dunkelheit hockte. Die An- und Abwesenheit der Wissenschaftler war das einzige Maß, das ihm in etwa sagen konnte, wie lange er schon hier war. Acht, -zehn Tage vielleicht. Zehn Tage ohne das „Bell“ ihm abermals einen Besuch abgestattet hatte, zehn Tage, ohne dass das, was immer sie ihm auch einflösten, in irgendeiner Weise die gewünschte Wirkung erzielte. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf die trockenen Lippen des Oberschülers, er wusste nicht, ob er sich freuen oder enttäuscht darüber sein sollte, dass sie Conans Geheimnis nicht auf die Schliche kamen. Auch wenn es sich manchmal so angefühlt hatte, als seien sie verdammt nah dran. Unerträgliche Hitze, Schweißausbrüche und Muskelkrämpfe gehörten da schon beinahe zu den harmlosesten Nebenwirkungen ihrer Mixturen. Ein paar Mal mussten sie ich beeilen um das Zeug möglichst schnell wieder aus seinem Körper zu schwemmen als sie feststellen mussten, dass es eher dabei war, ihn umzubringen als ihre Forschung weiter voran zu treiben. In diesen „glücklichen“ Momenten hatte sein Bewusstsein versagt und ihn aus dem Schmerz entlassen und in die warmen dunklen Arme traumlosen Schlafes versinken lassen. Doch egal was sie angestellt hatten, egal wie sehr sie auch versucht hatten Sherrys Formeln nahe zu kommen oder wenigstens einen ähnlichen Effekt zu erzielen, blieben ihre Bemühungen ohne Ergebnis. Der Oberschüler schluckte, spürte wie seine Zunge an seinem trockenen Gaumen klebte und wünschte sich nicht zum ersten Mal die kleine Plastikfalsche mit dem schalen abgestanden Wasser zurück, mit dem man ihn offenbar bei Laune hielt. Denn seit wenigen Tagen, vielleicht aber auch nur Stunden, hatte sich niemand mehr bei ihm blicken lassen. Der rollte nur die Augen, ignorierte die Tatsache, dass er immer mehr den Drang dazu hatte, mit sich selbst zu reden und über seine eigenen humorlosen Witze zu lachen. Denn die Frage nach dem plötzlichen Ausbleiben seiner täglichen Untersuchungen zauberte tatsächlich ein müdes Lächeln auf die Lippen des Detektivs. Ein beinahe erleichterter Seufzer entrang seiner Kehle, für einen Moment gelang es ihm, die Ruhe um sich herum zu genießen. Er hatte es geschafft… Er hatte dieses verhasste Video tatsächlich an die Öffentlichkeit gebracht und egal was mit ihm nun auch passieren würde, diese Organisation würde so schnell keinen Fuß mehr auf dieser Welt fassen können. Längst vergangene Übelkeit schlich sich auf seine Lippen, als er an den Tag dachte, an dem er Tracy dazu überreden konnte, für ihn den Kameramann zu spielen. Natürlich hatte er immer gehofft, es nicht gebrauchen zu müssen, die Organisation auch so zu Fall zu bringen, aber er hatte dieses Backup sicherstellen wollen. Etwas in der Hand haben wollen, für den Fall das alle Stricke rissen, für den Fall, dass er keine andere Wahl mehr hatte… Für den Fall, dass er nicht mehr in der Lage war, sie vor diesen schwarzen Schatten zu beschützen. Nicht zuletzt die Kassetten von Shihos Mutter hatten ihn auf diese Idee gebracht und von der Methodik war die Idee sowieso nicht auf seinem Mist gewachsen. Bei einem Verhör gehörte es schließlich zur Kür, die etwas „schwach“ anmutenden Verdächtigen, die vielleicht nur teilweise an der Tat beteiligt waren, unter solch großen Druck zu setzen, dass sie anfingen zu plaudern und man so auch die großen Fische ins Netz bekam. Das einzige, was man für solch einen Schachzug brauchte, war ein geeignetes Druckmittel und das hatte er ihnen mit diesem Video gegeben. Er trug immer eine Kopie auf einer kleinen SD Karte mit sich herum und der Moment in dem Vermouth ihn in dem Pressebüro allein gelassen hatte, war der, in dem er es mit der veralteten Rohrpostanlage auf den Weg hatte schicken können. Das einzige was ihm jetzt noch übrig blieb, war zu warten und zu hoffen, dass das FBI, die Polizei, die CIA und wer auch sonst noch daran arbeitete, die Organisation nun in die Hände bekamen und ihre Sache gut machen würden. Dass alles glatt über die Bühne ging und dass… dass sie in Sicherheit waren. Vielleicht bestand dann auch noch tatsächlich Hoffnung für ihn, vielleicht hatten sie ihn zum Sterben hier unten zurück gelassen und vielleicht war die Polizei schnell genug und würde ihn finden… Sodass es ihm möglich war, die Scherben aufzulesen, die er selbst von seinem Leben noch übrig gelassen hatte. Sodass es ihm möglich war sich bei ihr zu entschuldigen für das, was sie wegen ihm durchmachen musste, für das, was er ihr angetan hatte. Und selbst wenn sie das alles nicht hören wollte, wenn sie ihm niemals vergeben würde, könnte er sie so vielleicht wenigstens noch einmal sehen. Nur noch ein einziges Mal… Er atmete tief ein, spürte wie die Muskeln in seinem Brustkorb sich verspannten, ehe er es seiner Lunge erlaubte, die Luft wieder zu entlassen. Jede gottverlassene Faser seines Körpers schmerzte. Genervt verzog der Oberschüler das Gesicht, spürte wie der Schlaf in seinen Augen kratzte. Noch immer war er allein, noch immer waren die Wissenschaftler überfällig, doch langsam war sich der Detektiv nicht mehr so sicher, ob er sich wirklich darüber freuen sollte. Shinichi Seufzte, ließ den Kopf auf seine Schulter sinken während seine blicklosen Augen wie immer in die Dunkelheit starrten. Kein Licht, kein Geräusch weit und breit, nichts. Sein Körper schmerzte, war ansonsten beinahe taub, sodass er sich in manch einem schwachen Moment fragen, ob er oder irgendwas um ihn herum überhaupt noch existierte. „Dein Verstand fängt an zu bröckeln, Kudo, das kommt vom Schlafentzug und der langsamen Dehydrierung.“ Shinichi musste an sich halten, seiner eigenen rauen Stimme nicht mit eben dieser zu antworten. Verdammt noch mal, er war wirklich schon zu lange in diesem Loch. Der Oberschüler schloss die Augen, versuchte sein Gesicht zu entspannen, die nervige Stimme seines „Gesprächspartners“ aus dem Kopf zu bekommen. Der Boss. Bell der „seine“ Stimme missbrauchte, um ihn in die Irre zu führen, damit er ihn nicht erkannte. Weil er ihn erkennen könnte… Shinichi schluckte, versuchte noch immer zu begreifen, was diese Information für ihn zu bedeuten hatte. Der Boss war jemand dem er schon einmal begegnet war, mehr noch, er war jemand den er so gut kennen musste, dass er seine Stimme wiedererkennen würde. Es war jemand, der ihm vielleicht schon die ganze Zeit vor der Nase herum gesprungen war, ohne dass er auch nur den Hauch einer Ahnung gehabt hatte. Noch immer kreisten die Worte dieses Mannes in seinem Kopf herum, während sein Verstand verzweifelt versuchte, eine Verbindung zu knüpfen. „Auch Bourbon war angeblich undercover in der Organisation unterwegs. Man hat ihn in die Tokioter Polizeiausbildung eingeschleust, seine Aufgabe war es, zu überprüfen ob die Organisation einen Spitzel unter den Beamten hatte, dabei war er selbst der Maulwurf unter ihnen. Genial oder? Allerdings hat es durch Akai einen Zwischenfall gegeben und er musste raus aus der Nummer. Leider hat das hat damals ein schweres Opfer gefordert…“ Nachdenklich trommelten seine Finger auf den Tisch, brachten die Handschellen dabei zum Klirren, was der Detektiv geflissentlich ignorierte. Niemand opfert seine Bauern gern, aber manchmal ist es nun Mal nötig, um das Spiel am Laufen zu halten. Die Augenbrauen des Detektivs zogen sich zusammen, erzeugten tiefe Furchen in dem sonst so jugendlichen Gesicht. Für einen kurzen Moment stockte ihm der Atem in seiner Lunge, Shinichi spürte, wie das Blut aus seinem Gesicht wich und seine Fingerspritzen langsam zu Eis gefroren, während sein Verstand kaum wagte, diesen Gedanken weiter aufzuführen. <…es sei denn-> Sein Verstand raste, versuchte durch den dichten Nebel aus Schlaf, Schmerz und Angst hindurch zu arbeiten und die einzelnen Puzzleteile richtig zusammenzusetzten. Schwarz. Alkohol. Nanatsu no ko. Krähen. Ein bekanntes Gesicht. Shinichi stöhnte, presste die Augen fest zusammen und versuchte irgendwie Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Ein schiefes Grinsen schlich sich über die Züge des Detektivs, während seine blauen Augen ziellos an der Zimmerdecke umherschweiften. Die Aufzählung des alkoholischen Inhalts einer schlecht bestückten Bar war nicht gerade besonders hilfreich. Der Detektiv ignorierte den feinen Stich in seinem Innern, versuchte die Tatsache zu verdrängen, dass ihm von dem kalten Metalltisch nur eine dünne Decke trennte und lenkte seine Gedanken langsam in eine andere Richtung. Es war nicht die Kälte, die ihn plötzlich zum Frösteln brachte, sondern wie immer eine beiläufige Erscheinung, wenn er zu sehr über dieses Thema nachdachte. Über das Thema, über das sich mittlerweile vermutlich ganz Japan den Mund zerriss. Ein Gift, das in der Lage war, den menschlichen Körper zu schrumpfen, zu verjüngen, um nicht weniger als zehn Jahre. „We can be both, god an devil. Since we´re trying to raise the dead against the stream of time.” Der Detektiv schluckte, hörte ihre wenig kindlich wirkende Stimme noch heute in seinen Ohren. „Was lest ihr denn da? Etwa einen Fantasy-Roman?“ Seine trockenen Lippen wurden schmal, während seine Augen einen für ihn unsichtbaren Punkt an der Decke fixierten. „Nicht nervös werden. Der Mensch kann dem Fluss der Zeit nicht trotzen. Und wenn er es widersinnigerweise versucht, ereilt ihn eine Strafe.“ Er sah ihr Gesicht heute noch vor sich, ihre grünen Augen, die ins Leere blickten, Dinge sahen und Erinnerungen wachriefen, von denen er keine Ahnung hatte, in die sie ihn nicht einweihen wollte, weil sie es für zu gefährlich hielt. Weil es zu gefährlich war… Dabei hätte er ein paar Informationen mehr in diesem Moment gut gebrauchen können, er war so nah dran, dem Boss dieser Organisation auf die Schliche zu kommen, den Mann zu entlarven, der sich hinter Bells Stimme und seinem getrübten Augenlicht versteckte. „Wer bist du…?“ Doch noch ehe die brüchige Stimme des Oberschülers die Frage in den dunklen Raum geworfen hatte, spürte er, wie seine Muskeln sich verkrampften, sein Herz schneller zu schlagen begann, als seine Ohren etwas bemerkten, auf das er schon die ganze Zeit gewartet hatte. Der Klang bedächtiger Schritte, die sich langsam, aber sicher, näherten, das rostige Quietschen der Türklinke, das er in zwischen schon so gut kannte und das leise Klacken mit dem sie wieder zurück ins Schloss fiel. Die Spannung im Raum hatte sich augenblicklich verdichtet, veranlasste den Detektiv dazu, seine Atmung zu kontrollieren und somit nicht preis zu geben, wie sein Adrenalinspiegel schlagartig in die Höhe schoss. Shinichi wusste, wer vor ihm stand, ohne dass er ihn sah und ohne dass der Neuankömmling etwas sagen musste, denn seine dunkle Aura allein reichte aus, um es ihm zu sagen. Ganz davon abgesehen hatte er ihn bereits erwartet, den Boss der schwarzen Organisation. Er atmete tief ein, hielt für einen Moment inne und ließ seine Augen über den jungen Detektiv schweifen, der gerade, ohne einen Finger zu rühren, dabei war sein Lebenswerk zu zerstören. Seine Lippen zuckten kurz, das vage Anzeichen eines Lächelns als er sah, im welchem Zustand sich der „Erlöser der Japanischen Polizei“ befand, seine Wissenschaftler hatten wirklich ganze Arbeit geleistet. Die Silhouette des Jungen zeichnete sich durch die dünne Decke ab, seine Hand und Fußgelenke schmückten noch immer die eisernen Handschellen, hatten besonders seine Handgelenke an manchen Stellen grün und blau eingefärbt, während unter seinen Augen tiefe dunkle Ringe zu erkennen waren. Die Neonröhren an den Decken verstärkten seinen blassen Teint und das sporadische Flackern einer der Lampen verlieh dem Labor zusätzlich die gewisse Atmosphäre. Ja, hier würde er ganz sicher arbeiten können… Doch das sich ankündigende Lächeln auf seinen schmalen Lippen brach nicht durch, als sein Blick zurück auf den Detektiv fiel. Die Augen des Jungen hatten ihn fixiert, wie ein Jäger seine Beute und sahen blicklos durch ihn hindurch. Er schluckte, überwand die kurze Distanz die ihm von dem Oberschüler trennte. „Shinichi Kudo…“ Bells Stimme hallte in dem kleinen Laboratorium wieder, klang angenehm sanft in seinen Ohren, währen der Siebzehnjährige auf der Metallbare versuchte, ein Zittern zu unterdrücken. Er veränderte seine Position, stellte sich neben ihn, zog einen kleinen Schlüssel aus seiner Tasche hervor und löste die Handschelle, mit der der Detektiv fixiert war vom Tisch. Für einen kurzen Moment zuckten Shinichi, als der Boss der Organisation seinen Arm über seinen Kopf streckte und in dieser Position neu am Tisch fixierte. Er aber überging das Stöhnen seines Gefangenen, sah den Zuckungen seiner verkrampften Muskeln kurz zu, ehe er sich zur nächsten Seite wandte. „Ich nehme nicht an, dass ich dir sagen muss, warum ich hier bin?“ Die nächste Handschelle klirrte, während seine Muskeln in der neuen Position knirschten. Auf dem schmerzverzerrten Gesicht des Oberschülers erschien jedoch ein sarkastisches Lächeln, mit dem er seine Worte durch sein unterdrückten Ächzten hindurch schickte. „Die Sehnsucht war einfach zu groß?“ Er sah nicht, wie eine buschige Augenbaue langsam in die Höhe stieg, ehe Bells Stimme ein heiseres lachen entließ. „So könnte man es wohl auch ausdrücken, nehme ich an…“ Shinichi schluckte, spürte wie seine brennenden Muskeln in seinen Armen pulsierten, seine ganzer Körper war nicht gerade begeistert über diese nun noch viel unbequemer Position, während er hören konnte wie „Bell“ im Raum noch andere Dinge vorzubereiten schien, er hatte ihm jedenfalls den Rücken zu gekehrt während er sprach. „Allerdings fällt es mir wirklich schwer, dir zu diesem Schachzug zu gratulieren, eine wenig… billig, findest du nicht?“ Der Detektiv aber lachte nur hohl, seine Stimme war rau und kratzte in seinen Ohren, als sich seine trockenen Lippen bewegten. Noch immer suchten seine Augen ziellos seinen Blickkontakt. „Um zum Ziel zu gelangen müssen einem eben manchmal auch schmutzige Mittel recht sein.“ Er ließ ein falsches Lächeln über seine Züge steifen, doch sie beide wussten, dass dieser Smalltalk nichts weiter war als eine Täuschung, während der Detektiv gespannt lauschte, Zeit schindete, um herauszufinden, was der Boss vor hatte. Shinichi schluckte, zwang sich dazu tief durchzuatmen und die Panik in seiner Stimme mit Ironie zu überdecken. „Damit sollten Sie dich doch eigentlich auskennen.“ Der Boss der Organisation aber antwortete nicht, er hörte das Quietschen eines Wasserhahns, bevor das sanfte Rauschen seine trockene Kehle bis zum Zerreißen spannte. Keiner der Männer sagte ein Wort, der Boss wartete, stellte das Wasser ab und schien einiges zu richten, bis er mit einem kleinen Metalltisch, oder was auch immer, auf den Detektiv zu ging. Shinichi konnte seinen heißen Atem spüren, Bells Worte hatten einen bitteren Klang, den er ihnen nie hätte einimpfen können. „Genau deswegen ja Kudo, das ist mein Territorium.“ Der Boss der Organisation seufzte, schüttelte enttäuscht den Kopf ehe er erneut zu sprechen begann. „Nichtsdestotrotz-„ Starke Finger griffen in sein Haar, hoben den Kopf des Detektivs ohne vor Wahrung ein Stück an, sodass dessen Gelenke knacksten, ehe er ihn zurück in die Vorrichtung gleiten ließ, die er dem Jungen untergeschoben hatte. Shinichi aber biss nur die Zähne zusammen, ignorierte das Pochen in seinem Genick und das seltsam anmutende Kissen, welches die Bewegungsfreiheit seines Kopfes bis auf ein Minimum reduzierte. Was auch immer dieser Kerl mit ihm vorhatte, es konnte nichts Gutes dabei herum kommen. Bell aber sprach weiter, seine Stimme barg nicht zum ersten Mal einen fordernden Unterton in sich. „- es wird Zeit, dass wir uns richtig unterhalten, Shinichi Kudo…“ Shinichi schluckte, hörte, wie ein Stuhl an seiner Seite unter dem Gewicht des Bosses knackste, der sich mit einem kleinen Seufzen hineinsinken ließ. „Auch ich habe mir etwas überlegt, während ich der Presse dabei zusehen konnte, wie sie in deiner dreckigen Wäsche wühlt und nicht verhindern konnte, dass die Polizei und das FBI mein Lebenswerk langsam aber sicher zerstören. Nicht, ohne dass wir ihnen die ein oder andere Überraschung hinterlassen, versteht sich.“ Doch das süßliche Grinsen das Bells Worte begleitete, schwand schnell wieder aus seinem Ton, als er weiter sprach. „Ich hoffe, du hast nicht geglaubt, dass ich dich hier unten vergessen würde? So ganz allein und hilflos?“ Shinichi verzog das Gesicht, auf seinen Lippen ruhte zwar eine passende Antwort, doch der Detektiv sah erst einmal vor, mit zu spielen. Offensichtlich hatte der Boss nicht vor, ihn sofort umzubringen, das Beste, was er tun konnte, war Zeit zu schinden und vielleicht auch noch den ein oder anderen Hinweis aus ihm herauszulocken, um die Identität des Mannes neben ihm aufzuklären. Bell schien die Ruhe seines Gefangenen jedoch eher auf den Magen zu schlagen, seine Stimme bekam einen bitteren Unterton. „Natürlich bin ich alles andere als erfreut über diese Entwicklung. Dennoch kann ich dir versichern, dass ich mein eignes Leben im Moment nicht gefährdet sehe, die, die von meiner Identität wissen, würde eher ihr Leben für die Organisation geben, als mich zu verraten, das verstehst du doch, nicht wahr, Kudo? Loyalität gehört doch bestimmt zu der Art Moral, die jemand wie du zu schätzen weiß?“ Mehr als ein Zucken der trockenen Mundwinkel seines Freundes bekam er jedoch nicht zur Antwort, abschätzig ließ er den Blick über den Detektiv gleiten. Gefesselt, keine Möglichkeit zu fliehen oder sich bewegen zu können - der Detektiv, der die Schwarze Organisation ausgehoben hatte stand vollkommen unter seiner Gnade. Und er wusste es, dennoch war Kudo noch ein wenig zu ruhig für seinen Geschmack, aber das würde er sicher bald ändern können. „Wie dem auch sei. Das Schöne ist, finden sie mich nicht, finden sie auch dich nicht, Shinichi Kudo und uns beiden bleibt noch ein wenig Zeit zusammen, ist das nicht schön?“ Die Ironie in den Worten des Bosses brachte die Haare in seinem Nacken dazu, elektrisiert zu Berge zu stehen. „Denn natürlich liegt es mir nahe, mich ausgiebig bei dir für deine Taten zu bedanken, schließlich sollst du nicht glauben, dass ich nicht wüsste, was ich dir schuldig bin.“ Er wartete, auf einen Schlag in die Magengrube, eine Ohrfeige, irgendeine Form von körperlicher Gewalt, die die Stimme des Bosses ohne Zweifel angekündigt hatte. Doch es kam nichts, der Mann hatte sich zwar bewegt aber anscheinend nur nach seiner Akte gegriffen, die, wie Shinichi mittlerweile wusste, irgendwie seitlich an dem Metalltisch befestigt sein musste. Er hörte ihn blättern, bemerkte, wie der Boss an einigen Stellen länger verweilte, ehe er zur nächsten Seite weiter ging, bis er den Ordner mit einem sanften Klinken wieder schloss. Bells Stimme seufzte, er sah nicht wie der Boss den Kopf schüttelte und mit matten Augen weiter zu reden begann. „In der Obhut meiner Wissenschaftler hättest du es ohne Frage leichter gehabt, mein junger Freund. Du hättest länger leben können, vielleicht sogar schneller sterben können. Aber du hast es ja nicht anders gewollt.“ Nicht zum ersten Mal seit er ihm ausgeliefert war, machte Bells Stimme eine Wandlung durch, von bekümmert und berührt zu bitter und kalt, sodass sich der Frost in seinen Worten unweigerlich unter seine Haut schlich und den gefesselten Oberschüler zum Zittern brachte. „Also dachte ich mir, wenn du mit einem solch alten Trick meine Machenschaften zunichtemachst, wieso sollte ich dann nicht ein ebenso altes Mittel benutzen, um den Spieß umzukehren?“ Erneut erklang das metallene Geräusch des kleinen Tisches, der nun an seiner Seite stand, er hörte wie die wuchtigen Finger etwas justierten, bis er sich dann erneut seinem Gefangenen zuwandte. „Denn auch wenn ich die Organisation vielleicht nicht wieder aufleben lassen kann, bin ich mir sicher, dass es in deinem hübschen Köpfchen noch genügend Informationen gibt, mit denen ich mich gebührend an dir und deinen Freunden vom FBI rächen kann, meinst du nicht auch?“ Genüsslich beobachtete er wie die Lippen des Oberschülers schmal wurden, seine Augen ein sturen Blick bekamen, mit dem er jetzt an die Decke starrte. Oh ja, er würde es überaus genießen diesen Geist zu brechen. Er ließ sich in den, für sein Format eigentlich viel zu schmalen, Bürostuhl zurück sinken, legte die Fingerspitzen aneinander, während seine Augen beobachteten wie es hinter der Stirn des Detektiven arbeitete, während er William Bells Stimme zum Sprechen brachte. „Und selbst wenn nicht, bin ich ziemlich sicher, dass wir damit unseren Spaß haben werden, du und ich.“ Sie hatte ihr Gesicht tief im Kissen vergraben, welches sie sich zwischen ihren angewinkelten Knien an die Burst drückte, sie spürte die Nähe ihrer Mutter an ihrer Seite, die ihr immer wieder in kleinen Bewegungen über die Schulter streichelte und jede Regung ihrer Tochter beobachtete, unnötig eigentlich, wenn man bedachte, dass sich Ran seit dem Gestrigen Abend so gut wie gar nicht bewegt hatte. Ihr Vater hatte sie heute Morgen aus ihrem Zimmer komplimentiert, zum Frühstücktisch begleitet, wo ihre Eltern nicht die einzigen waren, die bedrückt beobachteten, wie mutlos die junge Frau in ihrem Essen rumstocherte. Seitdem hockte sie hier, der Tee vor ihr auf dem Tisch war schon längst kalt. Eri seufze, blickte nicht zum ersten Mal zu Yukiko hinüber, die ihnen gegenüber auf der Couch saß, die Fernbedienung fest umklammert, während ihre Augen den Fernseher nicht auch nur für einen kurzen Moment aus den Augen ließen. Den ganzen Tag ging das nun schon so. Die Anwältin stöhnte, schüttelte kaum merklich den Kopf. Seine Mutter war im Moment nicht gerade der beste Umgang, auch wenn sie es keiner der beiden Frauen verdenken konnte, ihr selbst hängte noch immer der Kloß im Hals, den sein kleines Filmchen ihr gestern Abend in den Schlund gestopft hatte. Die Königin des Gerichtssaals schluckte, strich ihrer Tochter unwillkürlich eine braune Haarsträhne von der trockenen Wange hinters Ohr. Tränen flossen bei Ran schon lange keine mehr, im Gegenteil, je länger die Bilder in dieser verdammten Flimmerkiste an ihr vorbei zogen, desto glasiger wurde ihr Blick, desto bitterer und dunkler das glänzende Blau ihrer Augen. Ein schwerer Seufzer entrang Eris Kehle. Ein anderer Teil der Anwältin aber hoffte, dass diese vom Schock verursachte Lähmung, ihrer Tochter noch anhielt, wenigstens so lange, bis die Organisation geschlagen war. So lange, bis sie ihn gefunden hatten. Ran selbst aber bekam von der Sorge ihrer Mutter nichts mit, war immun gegen jegliche Regung im Haus, selbst der kleine Haikuro, den Kazuha in regelmäßigen Abständen „auf sie los ließ“ konnte daran im Moment nichts ändern. Das einzige Geräusch, das die junge Lehrerin noch zusammenzucken ließ, war das Klingeln der Handys von Stuart oder Tracy, die dann ihren Blickkontakt suchten, nur um langsam den Kopf zu schütteln. Ran schluckte, drückte ihre Nase tiefer in das mit Cordstoff bezogene rote Kissen und merkte. wie dessen muffiger Geruch ihren Verstand noch weiter benebelte, während ihre Augen eigentlich schon zu müde waren, um dem Geschehen im Fernseher noch zu folgen. Sie kannte die Namen der Reporter mittlerweile auswendig, wusste wann auf welchem Sender grade Nachrichten liefen und kannte schon die Pausenzeiten auf dem Nachrichtenkanal, den sie schon für unnütz erklärt hatte. Natürlich liefen auf diesem Sender rund um die Uhr Nachrichten, aber die wiederholten sich auch rund um die Uhr, die Quellen der Reporter aber bleiben stets die gleichen. Während die privaten Sender darum wetteiferten, wer die bessere Story aufzog und wer somit mehr Zuschauer fangen konnte. Eine junge Psychologin blickte gerade in charmanter Position in die Kamera, antwortete auf die Fragen des Reporters mit einem Lächeln ihrer mit pinken Gloss bezogenen Lippen. Sie war gerade dabei zu erklären, welche Auswirkungen es auf einen jungen Erwachsenen haben musste, wieder zurück ins Kindesalter katapultiert zu werden. „Es muss ein Trauma für ihn gewesen sein. Ein junger Mann, der sich gerade bei der Polizei und in den Medien einen Namen gemacht hat, wird wieder zu einem siebenjährigen Grundschüler.“ Sie schluckte, schüttelte kurz den Kopf, ehe sich ein neckisches Grinsen auf den pink bemalten Lippen folgte. „Für einen älteren Erwachsenen mag es ein Wunschtraum sein, wieder in seine Kinderschuhe schlüpfen zu können… aber ich frage mich schon die ganze Zeit, ob die Öffentlichkeit nicht die Nachteile dieser „Wunderdroge“ etwas außer Acht lässt.“ Als die junge Psychologin in diesem Moment eine theatralische Pause einlegte, war es für Ran beschlossene Sache, dass sie sie nicht leiden konnte. Nicht, weil sie über ein Thema sprach, das sie eigentlich gar nichts anging, sondern die Art und Weise wie sie es tat, aber vor allem sich selbst präsentierte, stieß der jungen Lehrerin bitter auf. Mit immer enger werdenden Augen, beobachtete sie, wie der Blick der Ärztin aus dem Fenster wanderte, während sie mit betont rauer Stimme erneut zu sprechen begann. „Kinder haben bei uns keinerlei Stimmrecht, sie werden übersehen, herumgeschubst und müssen sich dem Willen der Erwachsenen fügen. Man nimmt sie an die Hand, um mit ihnen die Straße zu überqueren und gibt ihnen feste Zeiten vor, wann sie im Bett zu sein haben. Viele alltägliche Gegenstände sind für siebenjährige mit etwas über einem Meter zwanzig nicht erreichbar, ohne dass sie einen Erwachsenen um Hilfe bitten müssen. Diese Kleinigkeiten fangen schon bei so etwas Simplen wie der Türklinke an und hören nicht bei Ticketautomaten für die U-Bahn auf. “ Ein langes schweres Seufzten unterbrach ihren Monolog. „Viele dieser Dinge würden sich nicht ändern lassen, selbst wenn alle beteiligen wüssten, dass der Betreffende nur vom Körperlichen her ein Kind ist…“ Ihre Stimme wurde ernst, ihr Blick richtete sich direkt in die Kamera, sprach so den Zuschauer punktgenau an. „Man muss so jemanden an die Hand nehmen, damit er von der Menge Erwachsender nicht verschluckt wird. Man muss in diesen alltäglichen Situationen aushelfen, da diese einfachen Dinge allein einfach nicht mehr möglich sind. Genauso wird der kindliche Körper seinen benötigten Schlaf einfordern, weil er ihn einfach braucht.“ Ein schmales Lächeln formte sich auf ihren Lippen, ihre Worte wurden weicher, verständnisvoller, während sie sprach. „Mag sein, dass sich einige von uns wünschen, wieder jung zu sein, dennoch denke ich, dass den meisten nicht bewusst ist, dass diese Erscheinung eben nicht nur Vorteile hat.“ Sie schluckte, winkte mit einer Hand ab. „Aber gut, ich schweife zu sehr vom Thema ab. Jedenfalls können diese Kleinigkeiten wohl schon jemanden in den Wahnsinn treiben, der sich freiwillig für dieses Schicksal entscheiden würde. Ein junger Mann aber, der sich diesem Problem allein gegenüber sieht, weil dieses Gift ihn eigentlich hätte töten sollen, der seine Familie und Freunde anlügen muss und der sich wie ein Kind behandeln lassen muss, damit er nicht weiter auffällt…“ Sie seufzte, ließ Ran mit ihrer theatralischen Pause genügend Zeit, ihre Fingerspitzen noch tiefer in dem Kissen zu vergraben. Ein saurer Geschmack kroch ihre Kehle hoch, während sie der Psychologin weite zuhörte. „Nein, nein ich möchte mir lieber nicht vorstellen, wie sehr er unter dieser Situation gelitten haben muss… Wie sehr er es wohl gehasst hat, jeden Morgen in einem Körper aufzuwachen, der nicht seiner war und jeden Tag ein Theaterstück spielen zu müssen, aus dem es für ihn kein Entkommen gab.“ Sie schluckte, wandte ihre schlauen braunen Augen in die Kamera, um so die Blicke der Zuschauer einzufangen. „Ich glaube nicht, dass ich mit ihm tauschen wollte… und Sie?“ Ein betretendes Schweigen begleitete das Rauschen des Fernsehers, doch auch als die Reporterin wieder zu sprechen begann und ihre nächsten Frage stellte, nahm Ran diese nicht mehr war. Denn auch wenn die Interessen dieser nach Aufmerksamkeit ringenden mediengeilen Psychologin ganz bestimmt nicht bei Shinichi lagen, wusste sie doch, dass jedes ihrer Worte wahr war… Ran drückte das Kissen enger an sich, spürte zum ersten Mal seit gestern, wie sich neue Tränen in ihren eigentlich längst ausgetrockneten Augen bildeten. Sie hatte die ganze letzte Zeit über all diesem Chaos, über all ihren egoistischen Wünschen, ihn wieder zu haben, vergessen, was er durchgemacht hatte. Er hatte es immer gut vor ihr versteckt, hatte sie getröstest, wenn sie es gebraucht hatte und es immer verstanden, irgendwie ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern, während er stumm vor sich hin gelitten hatte… ihr nicht gezeigt hatte, wie es ihm ging, oder dass er selbst auch Hilfe brauchen könnte. Das ausgerechnet eine wildfremde Person diese alten Wunden und Fragen in ihr wieder aufriss, war mehr, als sie ertragen konnte. Dass sich über sein Schicksal nun ganz Japan das Maul zerriss und sein Leiden in aller Öffentlichkeit ausbreitete, ließ ihre Kehle trocken und ihrem Magen flau werden. Wenn sie Shinichi endlich fanden, war das wirklich die Welt, in die er zurückkehren sollte? War ihm wirklich bewusst, was er sich selbst damit angetan hatte? Sich, seiner Familie … und ihr? Sie konnte es sich nicht mehr länger mit ansehen, wie man in seinem Leben herum wühlte, wie man jedes Stück, das sie vorhatte, zusammenzukleben, um für sie beide etwas Gemeinsames zu erschaffen, auseinander nahmen, bis ihr nur noch ein Haufen Scherben übrig blieb. Sie spürte, wie ihr Herz in ihrem Brustkorb pochte, als sie sich endlich aufsetzte, das abgeliebte Kissen bei Seite legte und sich mit zittrigen Knien vom Sofa erhob. „Ran?“ Die Stimme ihrer Mutter drang zu ihr, hörte sich an als wäre sie unendlich weit entfernt, sie aber schüttelte langsam den Kopf, ehe sich ein falsches Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete, das jedoch weder sie selbst noch ihre Mutter täuschen konnte. „Schon gut, ich muss nur mal an die frische Luft.“ Eri nickte, sah aus dem Augenwinkel heraus, wie sich der FBI Agent aus seiner wartenden Position am Esstisch erhob, um Ran vor die Tür zu begleiten. „Ist gut…“ Ran schluckte, folgte dem FBI Agenten aus dem Haus. Die Welt draußen empfing sie mit dichten Wolken, die die Frühlingssonne hinter sich versteckt hatten, während die kühle Brise ihre Gedanken doch nicht aus ihrem Verstand wehen konnte. Ran schluckte, ignorierte den abwartenden Blick Stuarts, stützte sich auf der Veranda ab und ließ ihren Blick in die Ferne schweifen. Auch wenn sie wusste, dass der Amerikaner es nur gut meinte, war sie froh, dass er davon absah, zu reden. Sie wollte nichts mehr hören, weder von ihm noch von sonst irgendjemandem, das Geschwätz der Presse hatte sie empfindlich werden lassen gegen jedes noch so kleine Geräusch. Ein schwerer Seufzer entwich ihrer Lunge, während ihr Herz immer schwerer wurde. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass Ran aus dem Raum gegangen war, noch dass Eri sie beim Namen rief und es irgendwann aufgab und mit einem Seufzten in die Küche verschwand. Ihre Aufmerksamkeit konnte sich nicht von dem Fernseher los eisen, während ihre Finger krampfhaft die Fernbedienung umklammert hielten. Sie hatte den Kanal gewechselt, weg von dieser arroganten Schnepfe die ihr erzählte, wie sich ihr Sohn wohl gefühlt haben musste. Allerdings wusste sie nicht, ob der kleine untersetzte Mann, der mit dichtem, weißen Bart nervös in die Kamera schielte, ihr unbedingt lieber war. Vermutlich handelte es sich bei ihm um einen Wissenschaftler, zumindest hörte es sich für sie so an, während er sich über die Möglichkeit äußern sollte, den menschlichen Körper wie im Falle ihres Sohnes zu verjüngen. Die Welt wollte eine Erklärung. Yukiko seufzte, hörte grade noch wie der bärtige Mann mit rostiger Stimme zu sprechen begann, ehe sie zu einem anderen Sender weiter sprang. „-handelt es sich um die Grundschule, in der Conan Edogawa vor zehn Jahren als offizieller Schüler eingetragen war.“ Tatsächlich stand die junge rothaarige Reporterin mit dem Bob-Haarschnitt vor der Teitan Grundschule, im Hintergrund waren fröhlich quietschende Kinderstimmen zu hören, deren Besitzer erst sichtbar wurden, als die Kamera über den zur Pause vollen Schulhof filmte. „Meiner Kollegin ist es gelungen, seine ehemalige Lehrerin heute Morgen vor dem Schultor abzufangen.“ Das Bild wechselte, zeigte eine ziemlich hektische Kobayashi, die mit ihrem Autoschlüssel hantierte und mit zittrigen Händen den Wagen absperrte, während im Hintergrund zahlreiche Stimmen laut wurden. „Haben Sie davon gewusst?“, „Wie hat er sich den anderen Schülern gegenüber verhalten?“, „Hätten Sie es nicht mitbekommen müssen, dass ein Oberschüler in Ihrer Klasse sitzt?“, „Wie kam er an die falschen Papiere, wird das bei Ihnen nicht genauer überprüft?“ „War er ein guter Schüler?“ Diese eine Frage ließ die Lehrerin inne halten, für einen kurzen Moment strafften sich ihre Schultern, doch der Blick in das Objektiv der Kamera ließ erneut Röte auf ihren Wangen aufsteigen, nichtsdestotrotz bewegten sich ihre feinen Lippen zum Sprechen. „Ja.“ Mehr sagte sie nicht, doch es reichte aus, um ein kurzes Lächeln auf Yukikos Lippen zu zaubern, ehe die Grundschullehrerin den Blickkontakt wieder brach und die weiteren Fragen ignorierte, mit denen man sie bombardierte, um dann mit immer noch auffällig roten Wangen im Schulgebäude zu verschwinden. Der nächste Sender aber wischte das Lächeln jedoch genauso schnell wieder aus ihrem Gesicht wie es gekommen war. „-woher hätten wir bitteschön ahnen sollen, dass Kudo der Knirps war, der von da an an Rans Rockzipfel hing?“ Einer seiner Kollegen lachte abfällig, etwas wie kratze in Yukikos Ohren. „Ganz davon abgesehen-“ Der größte der Drei drängte sich ins Bild, an seinen Worten konnte man deutlich erkennen, dass er keine Lust mehr darauf hatte, weitere Fragen zu beantworten. „- glaub ich diesen ganzen Scheiß sowieso nicht. Vielleicht will Kudo damit seine Karriere oder das neuste Buch seines Vaters puschen, wäre schließlich-…“ Doch weiter ließen Yukikos Finger diesen Widerling nicht kommen. Sie kannte die Gesichter der drei nicht, vermutete aber aufgrund des Alters und ihren Aussagen, dass es sich bei ihnen vermutlich um Shinichis ehemalige Klassenkameraden an der Oberstufe gehandelt hatte. Da hatten sie gerade die Richtigen ausgegraben. Sie schluckte, spürte wie der Zorn für eine kurze Zeit ihre Angst übertünchte. Ihre Finger aber hatte diese Wut unruhig gemacht, ohne weiter auf das zu achten, was gesprochen wurde, kämpfte sie sich von Kanal zu Kanal. „…an wie vielen Fällen Shinichi Kudo also wirklich beteiligt war-…“ „…die letzten zehn Jahre verbracht hatte…“ „…Kriminelle unter uns…“ „…wenn Sie ihn finden, finden Sie auch die Frage nach Unsterblichkeit…“ „…mit keinen wissenschaftlichen Ergebnissen zu vergleichen.“ „…unvorstellbar, noch nicht erwachsen und dann wieder ein Kind,…“ „…natürlich werden wir sie weiter auf dem Laufenden halten, sobald uns die Polizei neue Informationen zu dem Fall bereitstellen kann.“ Die sonore Stimme des Nachrichtensprechers schaffte es, ihren Finger über dem Knopf endlich erneut einzufrieren. Der Herr mit dem graumelierten Haar verzog keine Miene, machte keinen dummen Spruch oder irgendwelche dubiosen Andeutungen. „Doch auch wenn die „Schwarze Organisation“ immer mehr an die Öffentlichkeit heran gezogen wird, fehlt von Shinichi Kudo jede Spur. Unsere Vermutungen wurden bestätigt, dass er sich freiwillig in die Hände dieser Verbrecher begeben hat, worin diese Entscheidung begründet war, ist jedoch nur schwer zu sagen.“ Der Reporter schluckte, blicke auf die Notizkärtchen in seiner Hand und hatte offensichtlich Mühe, seine Lippen zum Sprechen zu überreden. „Natürlich ist es ungewiss, ob wir auf all diese Frage jemals eine Antwort bekommen, denn selbst wenn es der Polizei und dem FBI gelingt, den Detektiv zu finden, ist uns allen wohl in den letzten beiden Tagen klar geworden, welche Hölle Japan die ganze Zeit unter den Füßen geschlummert hatte. Wir alle können nur hoffen, dass Shinichi Kudo auch aus dieser eigentlich todbringenden Situation unbeschadet herauskommt und wir den „Erlöser der Japanischen Polizei“ bald wieder wohlbehalten unter uns wissen.“ Chaos wäre für das geschehen den vergangenen Tagen noch milde ausgedrückt. Die Presse überschlug sich, vor allem nachdem die Polizei die nötigen Informationen geliefert hatte, um zu bestätigen, was der Halbwüchsige unter der Maske des Berühmten Professors ihnen weiß machen wollte. Es war wahr, alles was er erzählt hatte, stimmte. Doch damit gaben sich die Paparazzi natürlich nicht zufrieden, die Welt verlangte Antworten, über Shinichi Kudo, über das Gift, über die Möglichkeit einen menschlichen Körper um zehn Jahre jünger werden zu lassen. War das nicht der Traum der Kosmetikindustrie? Der Traum vom ewigen Leben, der Sieg über den Tod, den alle Menschen auf diesem Planeten fürchtete. Diese und andere weniger nett formulierte Schlagzeilen fanden sich in allen Klatschblättern Japans, verbreiteten sich erst über Amerika und fanden dann anklang auf der ganzen Welt, wobei man dort noch an deren Wahrheitsgehalt zweifelte, schließlich konnte man nie wissen, was sich die Japaner für Verrücktheiten einfallen ließen. Weit weniger verrückt und genauso wenig spekulativ aber waren die Berichte über die Organisation, die immer mehr in den Vordergrund traten. Nachdem die Verbrecher erst nur spärlich einer nach dem anderen aus seinem Versteck gekrochen waren, gelang es ihnen langsam, einen Hauptstützpunkt nach dem anderen zu sprengen und auseinander zu nehmen. Natürlich hatte am Anfang noch lange nicht jeder Hinweis zu einem Erfolg geführt. Die Kleinkriminellen und Schmalspurverbrecher Japans waren verunsichert, egal ob sie nun wirklich etwas mit der ominösen Organisation zu tun hatten oder nicht, plauderte der ein oder andere über seinen Chef, sodass die Verhörzimmer der japanischen Polizei oftmals einem Beichtstuhl glichen. Allerdings waren es wirklich nur die kleinen Fische, diejenigen, die flüchtig mit der Organisation in Kontakt gekommen waren, die der Polizei die ersten Hinweise liefern konnten, von da ab begann ein mühevoller Prozess. Namen mussten überprüft werden, Spuren nachgegangen werden und Informationen eingeholt werden. Doch auch wenn nicht jeder der den Mund aufmachte, zu einem Erfolg führte, waren es doch die wenigen, die wirklich etwas zu sagen hatten, die das feine Spinnennetz der Organisation zum Einsturz brachten, sodass sich das FBI, die CIA und die japanische Polizei nun langsam immer mehr an den Fäden entlang hangelten und dem Zentrum näher kamen. So kam es, dass bereits in diesen Tagen ein großer Coup anstand, dessen Vorgehen man grade in dem großen Besprechungsraum plante. Die Luft war stickig und geschwängert von dem Duft kalten Zigarettenrauchs den manch ein Beamter noch an seiner Kleidung kleben hatte. Kein Platz am Tisch war noch frei, ein paar der FBI Agenten, die man neben Jodie und Akai zu ihnen abbestellt hatte, mussten stehen, drängten sich an die viel zu kleinen Fenster, um wenigstens einen Hauch von frischer Luft in der Nase zu haben. Der Tisch war übersäht mit Kaffeebechern und Akten. Und die beiden großen Pinnwände, die man aufgestellt hatte, platzen aus allen Nähten. Sein Blick wanderte zu einer der Tafel, Bildern von Kudo, von Conan und William Bell, zusammen mit den wichtigsten Daten und Informationen, die sie noch auf der kleinen SD Karte gefunden hatten, die sie der Presse entzogen hatten. Heiji seufzte, nippte an seinem fünften-, nein sechsten Kaffee? Sein Koffeinspiegel war in den vergangenen Tagen nun wirklich das Letzte, was ihn interessierte. Der Osakaner schluckte die bittere schwarze Brühe hinunter, beobachtete nun schon zum gefühlt hundertsten Mal, wie Polizeipräsident Odagiri mühevoll versuchte, mit dem FBI über Informationen zu verhandeln, denn die Truppe stellte sich noch immer etwas quer, wenn es darum ging, zusammen an der Sache zu arbeiten. Zum Glück lenkte der sonst eher grimmig aussehende Akai schnell ein und machte seinen Leuten deutlich klar, dass sie so eine Chance, gegen die Organisation vorzugehen, nicht noch einmal bekommen würden. Nicht nur hier in Tokio, sondern auch in Osaka brannte die Luft. Es hatte ihn zwar nicht überrascht, dass es sich die Schwarzkittel auch in seiner Heimatstadt bequem gemacht hatten, dennoch konnte er nicht verhindern, dass es sein Ego doch ein wenig ankratzte. Natürlich hatte sein Vater nach ihm verlangt, schließlich war nicht Tokio, sondern Osaka sein Terrain und der Ort, wo er jetzt eigentlich sein sollte, aber konnte nicht weg. Nicht jetzt. Nicht ohne Kazuha und Haikuro, nicht… solange sie ihn nicht gefunden hatten. Heijis Blick schweifte angespannt durch die Menge, so viele hochranginge Beamte hatte er selten auf einem Haufen gesehen und doch war es ihnen noch immer nicht gelungen, bis zur Mitte des Spinnennetzes vorzudringen, dabei war sich Heiji sicher, dass, wenn die Sache rum war, sich das Sekretariat mit Urlaubseinreichungen bombardiert sehen würde. Denn momentan dachte keiner daran, sich einen Tag frei zu nehmen oder mehr Zeit als nötig für so etwas unnützes wie Schlaf zu verschwenden, sie waren einfach zu dicht dran und jedem der Polizisten brannte die Bedeutung dieses großen Coups unter seinen Fingernägeln. Sie waren dabei, eines der größten Übel Japans für immer aus den Annalen der Geschichte zu verbannen. Wer wollte so etwas schon verpassen? Selbst Ex-Hauptkommissar Matsumoto hatte in diesem Fall seine Hilfe angeboten, saß ihm gegenüber und beobachtete ebenfalls eher mit mäßigem Interesse den Streit der beiden Institutionen. Sie hatten jeden Mann, der irgendwie zur Verfügung stand, auf den Beinen, vielleicht war es ja genau der geplante Schachzug morgen, der endlich den erhofften Erfolg brachte. Megure seufzte, ließ sich mit einem lauten Schmatzen in den großen Ledersessel fallen, die man in dem Konferenzraum aufgestellt hatte, besser wohl als die schmalen Plastikdinger, in Anbetracht dessen, dass sie hier eigentlich schon campierten. Der Hauptkommissar schluckt, schüttelte den Kopf und begann seine Gedanken neu zu sortieren, ehe sein Blick den Polizeipräsidenten streife, der seine Unterredung ebenfalls beendet hatte, sich setzte und ihm dann erwartungsvoll zunickte. „Gut, dann wäre also alles geklärt, wie immer erwarten wir von allen Beteiligten absolute Konzentration, wir können es uns nicht leisten, dass uns einer von ihnen durch die Lappen geht.“ Der graumelierte Schnurrbart des Hauptkommissars zuckte leicht, seine Finger glitten über die Narbe unter seinem Hut, während er mit bitterer Stimme fortfuhr. „Anhand der bisherigen Ereignisse muss ich Ihnen wohl nicht sagen, dass wir es nicht mehr länger mit kleinen Fischen zu tun haben. Diese Leute wissen genau was sie tun, sie haben Mittel und Wege, die sie gegen uns einsetzen können und werden.“ Megure schluckte und schüttelte die unliebsamen Erinnerungen an den gestrigen Abend von sich ab. Die Organisation hatte ihnen eine Falle gestellt, irgendjemanden damit beauftragt, ihnen falsche Informationen zukommen zu lassen und das Gebäude, welches seine Beamten stürmten, in die Luft gejagt - dass alle von ihnen mit dem Leben davon gekommen waren war nichts weiter als pures Glück. So etwas durfte nicht noch einmal passieren. Nachdenklich massierte sich der Hauptkommissar den Nasenrücken, sodass seine Stimme einen leicht nasalen Unterton bekam, als er seine nächste Frage an Inspektor Takagi richtete. „Wie sieht es mit den Unterlagen von Kudo aus, Takagi? Irgendwelche Neuigkeiten?“ Der Angesprochene schluckte, versuchte, das kurze Raunen, das durch den Raum ging, zu ignorieren, während er in seinen Akten blätterte. „Nicht wirklich, die Informationen lagen dem FBI ja ohnehin schon vor und die Kollegen haben die Daten und Informationen mit ihnen abgleichen können. Unsere IT-Leute sind mit der E-Mail Adresse, die Kudo uns genannt hat durch, ohne nennbaren Erfolg. Die IP springt von Computer zu Computer, ohne eine Verbindung. Vermutlich ein Zufallsprinzip das eingerichtet wurde, um die Verfolgung unmöglich zu machen.“ Der Inspektor schluckte, hörte wie die blonde FBI Agentin einen Kommentar murmelte, der sich verdächtig nach „als hätten wir das nicht schon versucht“ anhörte, ehe er fort fuhr. „Derzeit sitzen unsere Japanologen und Analytiker an der Bedeutung des Krähenlieds, doch bisher mit nur mäßigem Erfolg.“ Megure aber wartete, er erkannte an Takagis Körperhaltung, dass es da noch mehr zu holen gab, über dessen Bedeutung sich der Beamte vielleicht nur nicht sicher war. „Gibt es denn schon etwas, das wir davon gebrauchen können, Takagi?“ „Nun ja… Natürlich kennen wir alle die Krähe als ein Symbol des Dunklen und Unheilvollen. Diese Sicht auf die Tiere kommt wohl dem Ursprung zu Schulden, dass es sich bei ihnen auch um Aasfresser handelt.“ Heijis trockenes Lachen ließ den Beamten kurz aufschauen. „Ein Symbol für Tod und Dunkelheit also, na wenn das mal kein Zufall ist.“ Takagi aber erwiderte das Lächeln seines jungen Kollegen nicht, nickte ernst, ehe er fort fuhr. „Wohl kaum, nein. Allerdings gibt es im japanischen eine Besonderheit, die unseren amerikanischen Kollegen vielleicht nicht so bekannt ist. Denn trotz ihres dunklen „Charakters“ gilt die Krähe bei uns als Gottesbote und soll seinerzeit angeblich das Heer des japanischen Kaisers Jimmu-tennô geführt haben.“ Megure nickte, vergrub die Hand abermals unter seinem Hut während er Takagis Argumentation nachdenklich fortführte. „Allerdings war es im Fall von Kaiser Jimmu nicht irgendeine, sondern eine dreibeinige Krähe.“ „A three-legged crow? Und für was soll sie stehen?“ Jodies überraschender Einwurf, zauberte ein bitteres Lächeln auf Heijis Lippen, natürlich hatten die Amerikaner von so etwas keine Ahnung, doch noch ehe er seine ausländischen Kollegen aufklären konnte, kam ihm der Ex-Hauptkommissar Matsumoto zuvor. „The sun.“ Mehr sagte er nicht, übergab erneut dem Kommissar das Wort, der seinen ernsten Blick zurück zu Jodie richtete. „Ganz genau, die dreibeinige Krähe galt als Führer und Beschützer des ersten japanischen Kaisers und gilt als Symbol für die Sonne oder die Sonnengöttin.“ Die Amerikanerin runzelte die Stirn, trommelte genervt mit ihren manikürten Fingernägeln auf dem Konferenztisch herum. „Wir haben also das Symbol der Dunkelheit und des Lichtes, beides in diesem Lied? Das führt doch zu nichts…“ Jodies Einwurf hatte ein ungeordnetes Raunen zwischen den Beamten ausgelöst, dem erst Polizeipräsident Odagiris raue Stimme Einhalt gebieten konnte. „Für den Moment ist es ohnehin zwecklos, sich darüber weiter den Kopf zu zerbrechen, es wäre ein Wunder, wenn ausgerechnet der Kopf dieser Organisation eine E-Mail Adresse wählt, die uns in irgendeiner Weise zu ihm führen könnte.“ Heiji aber schluckte, verschränkte nachdenklich die Arme vor der Brust, während seine Gedanken dem Ganzen noch immer nachhingen. „Also bleiben wir bei Null stecken…“ Megures Stimme hatte einen rauen Klang, mit einem Seufzen massierte er sich seine pochende Schläfe. Hauptkommissar Matsumoto aber lachte nur trocken, schüttelte beinahe amüsiert den Kopf, als er seinem ehemaligen Angestellten die Hand auf die Schulter legte. „Jetzt bekommen Sie wohl langsam eine Ahnung, warum mich die Rente so früh gelockt hat, was Megure?“ Der aber verzog ob des geflüsterten Kommentars nur das Gesicht, lächelte matt. „Allerdings. Aber irgendwo müssen wir schließlich anfangen, egal ob Sackgasse oder nicht, wir müssen nehmen, was wir kriegen können….“ Matsumoto nickte ernst. „Darum bin ich hier…“ Doch gerade als Megure etwas erwidern wollte, unterbrach die Stimme des Polizeipräsidenten das vertrauliche Gespräch der beiden Männer. „Alles was wir wissen ist, das jede Information, die wir bekommen genauso gut in einer Sackgasse oder schlimmer noch in einer Falle enden kann. Deswegen gilt trotz aller Vorbereitung, Vorsicht walten zu lassen. Habe ich mich klar ausgedrückt?“ „Natürlich!“ Die synchrone Antwort aus den Mündern seiner Beamten schien den Polizeipräsidenten zu beruhigen, nachdem er tief ein- und wieder ausgeatmet hatte, wandte er den Blick erneut in die Runde. „Haben die Suchtrupps in den Gebäuden, die bis jetzt hochgenommen wurden, irgendetwas gefunden? Irgendeine Spur von ihm?“ Kommissar Shiratori seufzte nur, fuhr sich mit den Fingern durch seine dichten dunklen Locken, während er sprach, obwohl er wusste, dass niemand seine Antwort hören wollte. „Nichts, was Sie nicht schön wüssten und nein, bisher gab es keine brauchbaren Hinweise oder Aussagen über Kudos Verbleib, auch nachdem wir Ihre neuen Anweisungen befolgt haben, nichts.“ Ein knurrender laut verließ die Kehle des Hauptkommissars, kaum Laut genug, dass Heiji, der neben ihm sitzen konnte, ihn gehört hätte. Die „neuen Anweisungen“, wie Shiratori sie diplomatisch nannte, waren die, dass man nicht bloß nach dem Oberschüler Ausschau halten sollte, sondern ebenso nach dem Grundschüler, als auch nach einem 27-Jährigen, der auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit Kudo hatte. Nicht zuletzt das FBI hatte sie darüber aufgeklärt, was die Organisation vermutlich mit Kudo vorhatte, was diese Mistkerle mit ihm anstellten, vielleicht gerade jetzt, in diesen Minuten. Sie mussten ihn finden, so schnell wie möglich. Hallöchen ihr Lieben, So jetzt haben also alle ihre Züge vorberietet, da kann ja jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen ;P Und meinen aller herzlichsten Dank für eure Kommentare. Ich dachte ja eher ihr würdet mich lynchen, also DANKE! Natürlich würde ich mich auch diesmal wieder freuen ^.^ Bis zum nächsten Mal! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 39: White Pain ---------------------- Rückblick- Ein knurrender laut verließ die Kehle des Hauptkommissars, kaum Laut genug, dass Heiji, der neben ihm sitzen konnte, ihn gehört hätte. Die „neuen Anweisungen“, wie Shiratori sie diplomatisch nannte, waren die, dass man nicht bloß nach dem Oberschüler Ausschau halten sollte, sondern ebenso nach dem Grundschüler, als auch nach einem 27-Jährigen, der auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit Kudo hatte. Nicht zuletzt das FBI hatte sie darüber aufgeklärt, was die Organisation vermutlich mit Kudo vorhatte, was diese Mistkerle mit ihm anstellten, vielleicht gerade jetzt, in diesen Minuten. Sie mussten ihn finden, so schnell wie möglich -Rückblick Ende White Pain Er unterdrückte ein Zittern, spürte wie seine Muskeln von der unbequemen Haltung schon jetzt zu brennen begannen, während er die nicht enden wollende Dunkelheit um ihn herum verfluchte. Der Boss saß noch immer neben ihm, er konnte die Wärme spüren, die sein Körper ausstrahlte. Mühevoll schluckte der Detektiv ein bitteres Lächeln hinunter. Wer hätte gedacht, dass ein solch kaltblütiges Geschöpf tatsächlich noch zu seiner Spezies zu gehören schien. Noch immer lag das Lächeln des Bosses für ihn unsichtbar im Raum, weiße Zähne blitzen vor Shinichis innerem Auge auf, begannen mit ihm zu sprechen, während die Person dahinter weiter in der Dunkelheit blieb. Bells Stimme schien weicher denn je, er genoss es wie die Worte über seine Zunge glitten und beobachtete, wie der Detektiv neben ihm steif wurde, als sie seine Ohren erreichten. “White torture.” Er nutzte die Stille, sah wie sich der Brustkorb des jungen Detektivs angestrengt hob und langsam wieder senkte. „Ich bin mir sicher, dieser Begriff sagt einen so ausgeschlafenen Jungen wie dir was, nicht wahr, Kudo? Schließlich hat dich York ganz bestimmt nicht als Kriminalistikprofessor an seiner Universität eingestellt, wenn dich deine Kollegen vom FBI nicht wenigstens ein wenig in diese Branche eingeführt hätten.“ Er grinste, beobachtete wie sich die Augenbrauen des Detektivs zusammenzogen, als er weiter sprach. „Also, Kudo? Was sagen uns diese netten beiden Worte?“ Für einen kurzen Moment machte das Schweigen seines Gegners den Boss der schwarzen Organisation nervös, zu gerne wüsste er, was in Kudos Kopf vorging. Shinichi aber schluckte nur, atmete tief und lange aus, er würde mitspielen, so lange er konnte und den Boss nicht mehr als nötig reizen. Wenn der seinen Frust und seine Wut an ihm auslassen wollte, bitteschön… er würde ihn ganz bestimmt nicht darin hindern. Solang sich Bell auf ihn konzentrierte waren die anderen wenigstens nicht in Gefahr, solang er nur ihm die Daumenschrauben anlegte, konnte er hoffen, dass die anderen, dass sie, in Sicherheit war. Dennoch hatte die stumme Ankündigung dessen, was ihm jetzt wohl oder übel blühte, seinen Mund trocken werden lassen, noch ehe er überhaupt zu sprechen begonnen hatte. „Weiße Folter, oder auch „saubere“ Folter genannt, bezeichnet gemeinhin alle Folternethoden ohne direkte körperliche Gewalteinwirkung. Man bedient sich anderer Methoden, um die Psyche der Opfer direkt anzugreifen.“ Er machte eine Pause, wartete auf ein Zeichen des Bosses, darauf, dass er mit seinem Argument zufrieden war und selbst weiter sprach, der aber sah offensichtlich keine Notwendigkeit dafür. Shinichi schluckte, rief die Informationen ab wie aus einem Buch, dessen unsichtbare Seiten sich vor deinem inneren Auge ausbreiteten. „Ein bekanntes und oft eingesetztes Mittel, das in dieser Art gern von politischen Einrichtungen benutzt wird, ist die Isolation, die völlige Abschottung der Häftlinge zur Außenwelt und somit auch zu sozialen Kontakten aller Art. Dazu kommt oftmals ein weiterer Faktor, nämlich Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Einige Quellen berichten jedoch auch von der Eindämmung sensorischer Wahrnehmung, der Ausschaltung einzelner Sinnesreize…“ Doch noch während des Sprechens stockte der Atem in seiner Brust, als sein Verstand endlich verarbeitet hatte, wovon sein Mund dort eigentlich sprach, als die Methoden aufzählte, die nötig waren, um den Geist eines Menschen von innen heraus zu zerstören. Die bittere Stimme in seinem Kopf aber ließ ihn auch diesmal nicht in Ruhe. Bell schien die Situation ausgiebig zu genießen, als er sich langsam zu ihm hinunter beugte, bis der Detektiv seinen warmen Atmen auf seiner kühlen Haut spürte und ein zittern unterdrücken musste, als seine Stimme erklang. „Was ist? Ich bin mir sicher, dass du mir noch einige dieser Methoden nennen könntest, Shinichi Kudo?“ Der Detektiv aber blieb stumm, ballte seine Hände zu nutzlosen Fäusten und merkte nicht, wie die Handschellen ihm so nur noch weiter ins Fleisch schnitten. Bell räusperte sich gekünstelt, genoss die samtige Stimme des Kriminalistik Professors, mit der er seinem jungen Freund aufklärte. „Mehr nicht? Nein? Also gut, dann will ich deinem Gedächtnis mal ein wenig auf die Sprünge helfen, mein lieber Detektiv.“ Er legte die Finger aneinander, schenkte seiner Apparatur einen verliebten Blick, ehe er seine Augen durch das kahle Laboratorium schweifen ließ. „Neben den von dir genannten Dingen hätten wir da noch Schlafenzug, Überreizung, ach ja und natürlich die gezielte Reizung des Nervensystems. Lustig eigentlich, bedenkt das schon kleine Kinder diese letzte Methode ganz instinktiv anwenden, findest du nicht? Oder willst du mir etwa erzählen, Shinichi Kudo hätte als Grundschüler, als echter Grundschüler, nie einen seiner Klassenkameraden gekitzelt, um zu bekommen was immer auch gerade zur Debatte stand?“ Diesmal aber sollte der Boss von ihm keine Antwort bekommen, der schien nichts anderes erwartet zu haben und fuhr nach dieser kleinen Kunstpause mit einem Räuspern fort. „Aber ich schweife erneut vom Thema ab. Die Mittel, die du bereits erwähnt hast dienen eigentlich nur einem einzigen Zweck, nämlich die Psyche desjenigen, der ihnen ausgesetzt ist, so instabil werden zu lassen, dass sie wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt, bis sein Geist schließlich bricht.“ Mit seinen Worten floss auch jeglicher Hauch von Menschlichkeit aus Bells Stimme, nichts blieb mehr von dem Kriminalistikprofessor übrig, zu der sie früher gehört hatte, der kalte Ton, der sie unterjochte, war der des Bosses der schwarzen Organisation, der eines Mörders. „Wunden heilen, sie vernarben. Aber so etwas,… richtig angewandt treibt es die Menschen in den Wahnsinn, oder in den Tod.“ Das eisige Lächeln, welches seine Worte begleitete, drückte Shinichis Kehle nun endgültig zu. „Wir werden ja sehen, was in deinem Fall eher zutrifft.“ Shinichis Verstand brauchte einige Sekunden um zu bemerken, dass der Boss in Bewegung gekommen war; er hörte wie er aufstand, um ihn herum ging und etwas von der Ablage nahm, das er dann an dem Metalltisch fixierte. Doch noch ehe Shinichi sich hätte fragen können, was dieses etwas war spürte er wie sich etwas über seine Brust schlängelte und sich dann, als der Boss abermals die Seiten gewechselt hatte, fest um seinen Brustkorb zu legen und ihn noch enger an den Tisch drückte, somit seinen Freiraum noch mehr einengte und bei jedem tiefen Luftzug gegen seine Rippen drückte. „So still plötzlich, was Kudo? Das passt so gar nicht zu deiner sonst so redseligen Natur.“ Bell grinste, schaute herablassend zu dem jungen Detektiv auf dem Untersuchungstisch. „Aber natürlich hast du es schon längst erkannt, oder? In welcher Lage du dich befindest.“ Isolation. Fixation. Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen, Blindheit. Shinichi schluckte, ließ den Kopf so weit nach hinten sinken, wie es ihm möglich war. Wie hatte er so etwas nur übersehen können? Wie hatte er übersehen, dass diese drei Faktoren in Verbindung standen, dass mehr dahinter steckte, als die bloße Notwenigkeit, ihn möglichst unauffällig hier festzuhalten. Der Boss aber ignorierte den leeren Blick des Oberschülers, während er weiter sprach, sein Tonfall dabei immer erregter wurde in freudiger Erwartung dessen, was er sich hatte einfallen lassen. „Natürlich habe ich mir das große Finale für den Schluss aufgehoben, für den Fall der Fälle, dass die Notwenigkeit besteht, es wirklich anwenden zu müssen. Denn um ehrlich zu sein, wäre es mir weitaus lieber gewesen, wenn du einfach nur unseren Chemikern ein wenig behilflich gewesen wärst. Aber das ist von jemandem wie dir wohl einfach zu viel verlangt.“ Bell lachte gekünstelt, schüttelte enttäuscht den Kopf. „Du siehst also Kudo, du selbst bist es, der dich in diese Lage gebracht hat, aber das sollte ja nichts besonders Neues für dich sein, nicht wahr?“ Doch der schwarze Humor drang nicht bis zu seinen Lippen durch, sodass der Boss nicht ahnen konnte, was sich in dem Kopf seines Gefangenen abspielte, und sich weiter an seiner eignen Idee ergötzte. „Also hatte ich die Qual der Wahl, was sich besonders eigenen würde, um-…“ Ein heiseres Glucksen entwich seiner Kehle, ohne dass Shinichi dem Witz folgen konnte, offensichtlich ein Insider. „- das Fass zum überlaufen zu bringen?“ Shinichi konnte nicht sehen, wie die sonst so kalten Augen einen beinahe verliebten Glanz bekamen, während er die letzte Einstellung an seinem geliebten „Spielzeug“ justierte. „Ich stehe nicht besonders auf dieses ganze neumodische Zeug, noch dazu ist das Meiste viel zu aufwendig und zu schmutzig für meinen Geschmack, nein, meine Vorlieben liegen eher im Traditionellen.“ Shinichi schluckte, zuckte kurz, als er erneut den kleinen metallischen Klang hörte, wusste nun, dass es sich wahrscheinlich um eine Vorrichtung handeln musste, die sich irgendwo über ihm befand. Der Detektiv stöhnte, die Stimme hatte Recht. Seine neue Position, die Fixierung seines Kopfes… Er atmete lange aus, spürte wie das Gas in seiner Lunge durch sein Zittern zu vibrieren begann, ehe er es entließ. Shinichi schloss die Augen und wartete. Er wusste, was ihm bevorstand und doch würde er das Gefühl, als der erste Wassertropfen, kalt, hart und schwer auf seiner Stirn einschlug, niemals vergessen. Der Duft der heißen Schokolade von den Bechern auf der Küchenzeile stieg ihr süßlich in die Nase, legte sich wie eine warme Decke auf ihre Gedanken und stopfte Watte in ihre Ohren, sodass es ihr zum ersten Mal gelang, das angestrengte Tippen seines Vaters zu überhören. Yusaku kauerte vor dem Laptop, den Jodie für ihn besorgt hatte, um Heiji per E-Mail jede Information zukommen ließ, an die er irgendwie herankam. Ihr Blick fiel auf das Sandwich, das neben dem Autor auf dem Küchentisch stand, noch immer unberührt. Das dankbare Lächeln seines Vaters hätte ihr gleich bekannt vorkommen müssen, schließlich hatte er es mit Shinichi gemein. Solange es noch irgendetwas gab, das er im Moment tun konnte, um den Fall weiter voran zu treiben, würde das Sandwich ausharren müssen, bis sich Yusaku endlich erbarmen würde und im sein Schicksal zuteilwerden ließ. Die Lehrerin seufzte, nahm die beiden Tassen von der Anrichte und überquerte den schmalen Flur in Richtung Wohnzimmer. Seine Mutter saß noch immer am Rande des Sofas, zu weit vorne auf der Kante, als dass man es noch als bequem bezeichnen konnte. Ihre Hand war um die Fernbedienung verkrampft, Adern traten unter ihrer Haut hervor und gaben ihrem ohnehin schon blassen Teint eine noch ungesündere Note. Erst als sie ihr die Tasse vor die Nase stellte, sah Yukiko auf, löste eine ihrer zittrigen Hände von der Fernbedienung und umklammerte das Porzellan, knetete es in ihren Händen. „Danke.“ Ran schluckte, schenkte ihr ein warmes Lächeln und setzte sich der ehemaligen Schauspielerin gegenüber, beobachtete mit Argusaugen, wie seine Mutter immer wieder an dem heißen Getränk nippte, während sie zum nächsten Sender weiter schaltete. Der süße Geschmack der heißen Schokolade benetzte ihre eigenen Lippen, brachte den Kloß in ihrem Hals wenigstens für wenige Sekunden zum Schmelzen. Während Kazuha im Hintergrund seufzte, weiter aus dem Fenster starrte und darauf wartete, dass der silberne Leihwagen ihres Mannes endlich in der Hofeinfahrt einfuhr. Ran nahm den nächsten Schluck, spürte nicht, wie die viel zu warme Schokomilch ihre Lippen versengte. Die Stimmen der Reporter im Fernsehen machten sie schier wahnsinnig, sie sprachen seinen Namen in so vielen Zusammenhängen und Tonlagen aus, sodass sie selbst ihn mittlerweile einfach nicht mehr hören konnte. Seine Mutter schien all dies schon nicht mehr wahrzunehmen, zappte mit glasigem Blick von einem Sender zum anderen, ohne Ruhe zu finden. Mit einem lautlosen Seufzen wandte sich die junge Frau von der Szene ab, setzte das warme Porzellan erneut an ihre Lippen bis sie merkte, dass sie schon längst zu seinem dunklen Grund vorgedrungen war. Ran schluckte, genoss für einen letzten Moment den Kakaogeschmack auf ihrer Zunge, ehe sie sich erhob und mit einem entschuldigenden Lächeln, das ohnehin niemand wahrnahm, in die Küche zurückschlich. Wie erwartet begegnete ihr dort wieder das dröhnende Trommeln von Yusakus Händen, der aber sah nicht auf, als sie eintrat, registrierte schon nicht mehr, wie sie sich den Eimer unter der Spüle hervorholte und ihn mit Wasser, Seife und einem neuen Lappen füllte. Ihr Vater telefonierte, vermutlich mit Megure, während ihre Mutter ihm stumm dabei zusah und das eigene, mittlerweile abgeschaltete Handy nur mit einem bösen Blick strafte. So viele Klienten, durch die Sprengung der Organisation, bei der der Anwältin die Galle hoch stieg, wenn sie daran dachte sie zu vertreten. Sie schenkte den beiden ein kurzes Lächeln, ihre Mutter sah sie lange an, ihre Lippen formten ein tonloses „Alles in Ordnung?“. Ran aber nickte nur und Eri beließ es dabei, auch wenn es niemand glaubte. Sie hatten versucht, ihr zu helfen, sie alle hatten das, doch sie hatten ebenso begreifen müssen, das es nichts gab was sie tun konnten… Während sich Tracy wie üblich in ihre eigenen Räume zurück gezogen hatte, beobachtete sie wie Stuart und Professor Agasa in dem kleinen Wintergarten saßen und jeder an seiner Teetasse nippte, während die beiden Wissenschaftler sich einfach nur anschwiegen, sich nichts mehr zu sagen hatten, das in diesem Moment noch Relevanz hatte. Dennoch bekam Ran den beobachtenden Blick des FBI-Agenten mit, ohne Frage war auch er dazu abbestellt worden, dafür Sorge zu tragen, dass keiner von ihnen das Haus verließ. Auch wenn die Karatemeisterin bezweifelte, dass der schlaksige Erfinder in der Lage gewesen wäre, sie aufzuhalten. Der Einzige, der es geschafft hatte, sich den Zwängen des FBIs zu entziehen, war Heiji - und doch wurden auch seine Besuche in den letzten Tagen spärlich. Die Lehrerin seufzte, stieg die Treppen hinauf und suchte den Weg in „ihr“ Zimmer. Sie nahm das Tuch aus dem Wasser, spürte nicht, wie sie sich an dessen heißer Temperatur verbrühte und fing an, Staub zu wischen. Wer wusste schon, wie lange sie hier noch bleiben würden? Außerdem waren ihr diese kleinen Arbeiten grade recht. Sie lenkten sie ab. Sie musste etwas tun, um ihre Gedanken auszuschalten, um den Drang zu widerstehen, dem FBI-Agenten ihr Knie in die Magengegend zu rammen und zu verschwinden. Sie musste etwas tun, um zu vermeiden, nichts zu tun. Weil sie es nicht mehr ertragen konnte. Sie konnte nicht mehr länger warten… Sie musste ihn finden. Tropf Der Wassertropfen war auf seiner Stirn aufgeprallt wie- nun wie ein Wassertropfen eben. Seine Spritzer hatten seine Nasenspitze gekitzelt, ehe er dann mit einer sanften Gleitbewegung von seiner Stirn rutschte, eine angenehme Kälte mit sich zog, ehe er in seinen Haaren versickerte. Die Augen des Bosses hatten die Bewegung dieses kleinen Foltermittels genau verfolgt und bemerkt, dass der blinde Blick des Detektivs schon jetzt dem nächsten entgegen sah. Das Zusammenzucken seines kleinen Spielgefährten, bei dem Aufschlag des harmlosen Wassers, war es, das ihm wirklich das Adrenalin in die Venen pumpte, und ein begeistertes Lächeln auf seine Lippen zauberte. „Die Chinesische Wasserfolter.“ Shinichi schluckte, wollte gerade etwas sagen als der nächste Wassertropfen auf seiner Stirn aufschlug, seinen unausgesprochenen Satz unterbrach und Bell erneut zum Zug kommen ließ. „Weißt du auch, warum man Gefallen an dieser Methode gefunden hat? Die Historik besagt, dass es auf die Beobachtung zurück geht, wie einzelne Tropfen Wasser dazu in der Lage sind über eine gewisse Zeit ein sauberes Loch in einen Stein zu graben, Tropfen, für Tropfen.“ Shinichi aber blieb still, achtete mehr auf die Worte des Bosses als auf das feuchte Nass von oben. „Man höhlte das Opfer so lange aus, bis es einem hörig war und die Informationen gab, die man haben wollte. Du glaubst zwar du hättest deine Freunde und Familie in Sicherheit gebracht, aber das einzige was sie wirklich schützt ist dein Verstand, noch.“ Ein neuer Tropfen brachte ihn zum Blinzeln, einige Spritzer waren in seine Augen gelangt, brachten die von Kontaktlinsen gereizten Pupillen zum Brennen. Wenigstens wusste er jetzt warum er diese verhassten Dinger noch immer trug, obwohl der Boss offensichtlich beschlossen hatte dieses Versteck zu seinem Grab zu machen. Bell aber ließ sich durch das kurze Blinzeln des Detektivs nicht irritieren, es würde noch ganz andere Probleme geben, mit denen sich Kudo in den nächsten Tagen rumschlagen würde, Wasser in den Augen gehörte da bestimmt zu seinen Kleinsten. Er räusperte sich genüsslich, gewann so die Aufmerksamkeit des Oberschülers zurück. „Es ist jedoch nicht nur die Methode allein, die das ganze so reizvoll macht. Durch den Schlafentzug gelangt der Körper automatisch in eine Abwärtsspirale. Das Hirn kann unter solchen Umständen einfach nicht arbeiten und fängt an, die Situation auf seine Art und Weise zu kompensieren.“ Shinichi schluckte, versuchte dem Drang eines dummen Kommentares zu widerstehen, weil er befürchtete, dass der Boss die unterdrückte Angst in seinen patzigen Worten hören könnte. „Halluzinationen, Fieber, Schweißausbrüche bis hin zur Schizophrenie machen die Informationsbeschaffung oftmals um einiges leichter.“ Erneut spürte Shinichi seinen feuchten Atem auf seiner Wange. „Mit Letzterem solltest du jedoch kein Problem haben, oder, Kudo? Oder gibt es vielleicht etwas, das Conan Edogawa mir sagen möchte, wenn der große Shinichi ihm nicht länger den Mund verbieten würde?“ Der Detektiv vor ihm lachte jedoch nur hohl, schüttelte, soweit wie es ihm möglich war, den Kopf, ehe sich ein schiefes Grinsen über seine trockenen Lippen zog. „Wer von uns beiden braucht hier einen Seelenklempner? Sie sind es offensichtlich, die doppelt sehen.“ Der Boss aber schwieg, setzte seine nächsten Worte präzise und still ein, und schien sich langsam von seinem Gefangenen zu entfernen. „Das werden wir sehen…“ Shinichi aber hörte, wie er sich von ihm abwandte, ohne dass er ihm auch nur ein Wort über seine Identität hatte entlocken können. „Was? Sie gehen und wollen den ganzen Spaß verpassen?“ Doch das zynische Grinsen auf den Lippen des jungen Detektivs war so falsch, wie die provozierende Arroganz in seiner Stimme. Dennoch tat er ihm den Gefallen, blieb stehen und blickte sich ein letztes Mal zu ihm um. „Oh, nur keine Sorge Kudo. Ich werde wieder kommen. Immer und immer wieder. Und mit jedem meiner kleinen Besuche werde ich weiter in deinen Verstand vordringen, bis ich ein schönes Loch hinein gegraben habe und die Informationen über das FBI und deine Familie, die ich von dir verlange, langsam zusammen mit dem letzten Rest deines Geistes aus dir hinaus sickern. Bis nichts mehr übrig ist.“ Seine Ankunft verlief genauso ruhig wie das spätere Essen, der erleichterte Seufzer seiner Frau und das fröhliche Quietschen des kleinen Haikuro waren das einzige, was dem Haus für einen kurzen Moment Leben eingehaucht hatte. Niemand hatte ihn nach den heutigen Resultaten gefragt, selbst Kudos Vater hatte nur kurz den Blick gehoben, ihm ihn die Augen gesehen und gelesen, was er wissen musste. Ohne gefragt zu werden erzählte er ihnen nun, was sie vorhatten, noch immer lief im Hintergrund der Fernseher, flüsterte Kudos Namen immer wieder leise an ihre Ohren. So sehr ihm das dumme Gelaber der Presse auch auf den Senkel ging, wagte er es doch nicht, der Flimmerkiste endlich den Garaus zu machen. Das Gesicht seiner Mutter, ihre Augen, die immer wieder unruhig zu dem kleinen Monitor huschten, machten ihm deutlich, dass sich die Frau versuchte, so zu beruhigen. Solang man noch in seiner dreckigen Wäsche wühlte und noch nichts Neues von ihm zu berichten hatte, solange hatte man ihn auch noch nicht gefunden, solange… war er vielleicht noch am Leben. Der Kommissar seufzte, wandte den Blick ab und begann mit rauer Stimme zu erzählen, während Ran in der Küche das Geschirr abspülte. Teller klirrten, doch die junge Lehrerin versuchte ohnehin nicht zu verstehen, worüber sie sprachen. Er schluckte, der Kaffee klebte wie Teer an seinem Gaumen, rutschte bedrohlich langsam seine Kehle hinunter. Sie war ihm ausgewichen, mehr noch als sonst. Heiji schluckte, schüttelte erschöpft den Kopf. Der Osakaner ließ sich tief zurück in die Polster des grauen Sofas sinken, versuchte diese Gedanken für einen Moment zu vergessen, vergrub die Finger im Haarschopf seines Sohnes und zerstörte die ohnehin nicht erkennbare Frisur noch mehr, ehe er zu sprechen begann ohne den Blick zu haben. „Dieser Coup könnte das Ende einläuten.“ Emotionen wie Freude oder Erleichterung aber suchte man vergeblich in seinem Ton. Yusakus fragende Stimme war die erste, die die Runde etwas mehr auflockerte, seine Frage war jedoch nicht an den Polizisten sondern mehr an den FBI-Agenten gerichtet, dessen Verlobte sich schon längst zurück gezogen hatte. „What about your colleagues at home? Any news yet?” Der Amerikaner blinzelte kurz ob der unverhofften Aufforderung, schlug dann die Hände vor die Brust, während er antwortete. „Well, it looks quite similar in overseas. The FBI is doing great against them, but that might be because there aren’t as much of them over there as here. The mayor part of work lies in Japan, so I think the chances might be good that we get the information we need quite soon.” Er sah, wie die Frau des Schriftstellers schluckte, seine Hand aufsuchte, während der Blick von Yusaku Kudo noch immer auf ihm lag und seine Worte auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfte. Der Kommissar aber nickte nur, übernahm damit die Aufgabe, das Gespräch weiter zu führen. „Stimmt, allerdings haben wir nun auch schon einiges davon aufgelöst, sodass langsam aber sicher nur noch die dicken Fische übrig sind und die Sache morgen…“ „Könnte euch zu Shinichi führen?“ Die Stimme des Professors hatte Heiji unterbrochen, der aber schluckte nur, spürte wie sich eine kalte Hand um seinen Hals legte und seine Kehle langsam zuschnürte. Er spürte die warmen Finger seiner Frau auf seiner Schulter, ehe er mit einem sturen Glanz in seinen grünen Augen nickte, den Blickkontakt nicht brach, während er sprach. „Das hoffen wir…“ Tropf Er hatte keine Ahnung wie lange diese Unterhaltung nun schon her war, gefühlte zehn Liter vielleicht. Doch das bittere Lachen blieb Shinichi nicht zum ersten Mal im Halse stecken. Am Anfang hatte er sich eingeredet, dass es ihn schlimmer hätte treffen können, das es von allem, was der Boss der Organisation zur Auswahl hatte, nur diese Foltermethode war. Jetzt sah seine Meinung dazu ein wenig anders aus. Tropf Er zuckte, immer dieses nervige Zucken. Man sollte meinen seine Reflexe hätten sich daran gewöhnt, sein Verstand seinen Körper auf den nächsten Tropfen vorbereitet, sodass es ihn eigentlich nicht mehr überraschen konnte. Er wusste ja, dass ein neuer Tropfen kam… Er wusste nur nicht, wann. Der Detektiv stöhnte, bewegte den Kopf so gut er konnte und spürte wie das Wasser über seine Stirn lief, um dann an deiner Schläfe im Haaransatz zu verschwinden. Genau darum ging es, er wusste nicht, wann. Es gab keinen Takt, keine Regelmäßigkeit in der ein Tropfen fiel, keine gleichmäßigen Pausen zwischen dem einen und dann dem anderen Einschlag. Das war schließlich auch der Sinn dieser Methode. Der menschliche Körper ist es gewohnt, sich auf Regelmäßigkeiten des Alltags einzustellen, nicht umsonst waren viele Menschen auch am Wochenende pünktlich um die Uhrzeit wach, an denen sonst ihr Wecker klingelte. Selbst an jede noch so nervtötende Kleinigkeit konnte man sich gewöhnen, wenn sie nur regelmäßig genug auftrat, Habituation nannte man das Ganze. Etwas aushalten und sich dann langsam daran gewöhnen. Diese Art von Folter jedoch setzte diese nette kleine Gesetzmäßigkeit außer Kraft. Diese verdammten Wassertropfen fielen, wie sie wollten. Und das war auch der Sinn der Sache, man konnte zwar in etwa einstellen wie stark der „Fluss“ sein sollte, alles andere aber glich einer verrosteten Dusche die sich einfach nicht mehr richtig zu drehen ließ. Das Wasser tropfte wie und wann es wollte. Große schwere Tropfen, die lange auf sich warten ließen, kleine flinke, die ihn immer wieder überrumpelten, zwei hintereinander, weil der eine gleich einen Nachahmer gefunden hatte, der nur darauf wartete, ihm in den Tod hinterher zu springen. Tropf, Tropf. Der Detektiv schluckte, schüttelte so gut wie er konnte den Kopf um diese Gedanken aus seinem Gedächtnis zu streichen. Die schlimmsten aber waren die, die ihn kurz in Sicherheit wiegten, ehe sie auf seiner Stirn einschlugen. Sie waren gierig, saugten immer mehr Wasser in sich auf und ließen ihn warten, hoffen, dass der Tank, wie groß auch immer er sein möge, leer war, irgendwie verstopft mit was auch immer… und dann, wenn er glaubte, dass es diesmal vielleicht wirklich soweit war, wenn er gerade Luft holte, seinen angespannten Muskeln eine Pause gönnte, immer dann entschieden sich diese prall gefüllten Tropfen von der Kante zu springen. Ihr Gewicht beschleunigte sich, bis sie hart auf seiner Stirn aufschlugen, ihre Innereien überall in seinem Gesicht verteilten, sodass ein feucht glänzender Film bis hinunter zu seinem Nacken reichte. Tropf. Ein Loch würden diese Tropfen zwar nicht so schnell in seine Schädeldecke fräsen, aber für ein ordentliches Kopfweh reichten sie schon jetzt aus. Und das makaberste an der ganzen Situation war, dass mit jedem Tropfen, der auf seiner Stirn aufschlug, sein Durst nur noch größer wurde. Sie verspotteten ihn regelrecht, indem sie seine Lippen, mit ihren Ausläufern nur flüchtig benetzten, ihm den Geschmack von Wasser nur wieder in Erinnerung riefen um es ihm dann doch zu verwehren und das, wo seine Haare und die Decke über seinen Schultern schon vollgesogen waren mit diesem Zeug. Dieses verdammte Wasser war überall, nur nicht da, wo es sein sollte. Tropf. Er zuckte, spürte, wie der Tropfen einen ihm wohl bekannten Pfad über seine Stirn nahm und dann in seinen Haaren verschwand. Shinichi schluckte, atmete so tief ein, wie es ihm der Gurt über seiner Brust erlaubte. Doch sein nebliger Verstand hatte es schwer, ihn noch zu beruhigen, während er bemerkte, wie seine Gedanken langsam abdrifteten. Shinichis Augenlieder zuckten, machten nicht zum ersten Mal Anstalten sich schließen zu wollen als- Tropf. Er bewegte den Kopf so gut es ging, versuchte so, die Einschlagstelle ein wenig zu verlagern und schloss die Augen, wartete diesmal nicht auf den nächsten. Er musste versuchen zu schlafen, wenigstens ein wenig. Auch wenn es für einen ausgiebigen Schönheitsschlaf nicht reichen würde, aber jede Minute, in der sein Verstand Ruhe fand, war eine, mit der er sich vielleicht noch eine Weile vor den Auswirkungen dieser Folter retten konnte. Zum Glück aber war der Verstand des Detektivs mit diesem Vorhaben nicht allein, seine müden Knochen und sein ausgezehrter Körper selbst nahm die Gelegenheit gern entgegen, als sich seine Augen schlossen. Der nächste Tropfen fiel, seine Augenlieder zuckten kurz, blieben jedoch geschlossen, sodass das Brennen seiner Muskeln und das Pochen in seiner Stirn für einen kurzen Moment ein Ende fanden. Ruhe aber sollte ihm im Schlaf noch lange nicht begegnen. Die Stimmen aus dem Wohnzimmer mischten sich in ihren Ohren zu einem undurchdringlichen Singsang, während sie mit dem Geschirr die passende Melodie dazu herbei polterte. Sie konnte nicht hören, was gesprochen wurde und wollte es auch gar nicht. Sie hatte genug, genug voll all dem hier. Genug geweint, sich genug geärgert, genug gehofft und vor allem genug gewartet. Mit einem lauten Klirren legte sie den letzten Teller beiseite und stützte sich mit beiden Händen auf die Arbeitsplatte, starrte aus dem Fenster in die bereits eingebrochene Nacht. Erst weit entfernt schimmerten die ersten Straßenlaternen durch die Dunkelheit, die Ran Mori von vor zehn Jahren hätte sich wohl schon allein bei dem bloßen Anblick der dunklen Stille um sie herum gefürchtet, die Ran Mori von heute aber schluckte ihre Furcht hinunter. Blaue Augen trafen auf dieseleben in dem geisterhaften Spiegelbild, welches ihr in der Fensterscheibe gegenüberstand - sie schluckte kurz, ehe sich die beiden Frauen einander zunickten. Es war beschlossene Sache… Sie hatte über zehn Jahre lang gewartet, während er sein Leben aufs Spiel setzte und es nicht zuletzt auch für sie riskiert hatte. Nun war sie bereit, dasselbe zu tun. Sie würde nicht mehr länger warten. *Langsamhintereckehervorkriech* Äh- Hi ^^,? *RegenschirmüberShinichihalt* Sorry mein Bester. Nun ich hoff es hat euch irgendwo doch gefallen? Nu ist raus was unserem lieben Shinichi jetzt blüht bis sie ihn finden, weniger blutig als einige von euch vielleicht erwartet hatten, aber… effektiv. Ich hoffe wirklich es gefällt euch noch immer ^//^ Und keine Sorge in den nächsten Kapitel kommt dennoch Abwechslung in Shinichis Situation *aufFanartdeut* ich kann ihn schlecht Tagelang da nur rum liegen lassen. Vielen lieben Dank für eure Kommentare und eure Treue! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Ford Kapitel 40: Dark deductions --------------------------- Rückblende- Es war beschlossene Sache… Sie hatte über zehn Jahre lang gewartet, während er sein Leben aufs Spiel setzte und es nicht zuletzt auch für sie riskiert hatte. Nun war sie bereit, dasselbe zu tun. Sie würde nicht mehr länger warten. - Rückblende ENDE Dark deductions „Verdammte Scheiße!“ Hitze stieg ihm in die Wangen, während die Fingerspitzen des Detektivs mit einem Schlag eiskalt wurden, als er einen Blick aus dem offenen Fenster riskierte. Er fluchte, donnerte das Fenster zu und hörte wie der Griff unter seinen Fingern knackste, als er es schloss. Für einen kurzen Moment hielt er inne und starrte der Dämmerung entgegen. Sie konnte jetzt schon sonst wo sein! „Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ „HEIJI!“ Die Stimme seiner Frau brachte ihn dazu, sich umzudrehen, die Hände immer noch in den ungekämmten Haaren vergraben, sah er sie genervt an. „WAS?“ Kazuhas bezeichnender Blick zu dem Dreijährigen an ihrer Seite war alles, was der Kommissar als Antwort auf seine Frage bekam. Doch Haikuros Blick, den er ihm zuwarf, als er sich an die Pyjamahosen seiner Mutter klammerte, reichte aus, um das aufbrausende Gemüt seines Vaters abzukühlen. Der Polizist seufzte nur, fuhr sich durch das noch immer ungekämmte Haar, während er das Gepolter herannahender Schritte hörte. Doch noch ehe die sich nährenden Stimmen das Zimmer erreichet hatten, begann nun auch Kazuha zu begreifen und sah sich unruhig im Raum um. „Wo ist-…“ Der Kommissar schluckte, wandte den Bick von ihr ab. „Weg.“ „WAS?“ Pure Panik verlieh Kogoro Moris Stimme einen schrillen Klang, er stolperte ins Zimmer, überprüfte, wie schon Heiji vor ihm, Bett und Fenster, während alle anderen Anwesenden, ebenfalls nur mit Pyjama und Morgenmantel bekleidet, wie gelähmt im Türrahmen stehen blieben. Mori aber fluchte haltlos, kramte instinktiv in seinem Morgenmantel nach seinem Handy, natürlich erfolglos, sodass ihm Hattori sein eigenes entgegenhielt. Noch ehe er die ersten beiden Freizeichen abwarten musste, ließ die fröhliche Melodie von Rans Handy die Gruppe zusammenzucken, Kogoro folgte dem Klang und fand ihr Telefon in der kleinen Schublade, starrte es eine Weile an, bis seine Frau an seine Seite trat, den Anruf abbrach und das Handy somit verstummen ließ. Ihre Hände zitterten, die Anwältin biss sich auf die Lippen, zwang ihren Mann dazu, sie anzusehen, während ihre raue Stimme kaum mehr sein Ohr erreichte. „Sie ist weg.“ Eris Worte elektrisierten die Luft und wurden dann von dem ebenso angespannten Ton des FBI Agents zerschnitten. Stuart Davis ließ Heiji aufschauen, die Blicke der beiden Männer trafen sich. „She´s gone?“ Doch noch ehe einer der beiden Männer etwas hätte sagen können, warf sich der ehemals „Schlafende“ Detektiv dazwischen, packte den FBI Agenten am Kragen und beförderte ihn mit einem unsanften Knall gegen den Kleiderschrank. „Sie! Sie sind doch hier, um auf sie aufzupassen, oder? ODER?! Warum ist sie dann weg! Wie- wie konnten Sie das zulassen?“ Die grünen Augen des Agenten schauten ihn überrascht an, Stuart wehrte sich nicht einmal, sodass der Polizist mit einem Knurren von ihm abließ, als ihm bewusst wurde, dass der ja noch nicht einmal verstand, was er ihm an den Kopf warf. „Mori-…“ Doch der winkte ab, ging zurück zu seiner Frau, die sich auf Rans Bett niedergelassen hatte, ihr Kopfkissen im Arm hielt und stumm aus dem Fenster blickte. Heiji aber seufzte nur, wandte sich wieder dem Agent zu, in dessen Augen er erkennen konnte, das der trotz Sprachbarriere sehr wohl eine gute Ahnung hatte, was der aufgebrachte Vater ihm gerade an den Kopf geworfen hatte. „Yes, she´s gone.“ Er schluckte, fuhr sich durch das sowieso schon zerzauste Haar. „Of course she is. Out of the window, a jump to the little porch below and off she went. That’s Ran! You must have been a fool thinking that simple doors and a few men watching her is enough to keep a girl like her.” Der Blick des Osakaners schweifte ab, seine Stimme war kaum noch hörbar. “And I was an idiot as well…” Er wandte sich den Moris zu, schaute jedoch nicht auf, während er sich erklärte. “Ich habe gemerkt, dass mit ihr irgendetwas nicht stimmt, ich hätte es besser wissen sollen…“ Er schluckte, schüttelte mit grimmiger Miene den Kopf. „Noch ist es nicht nötig aufzugeben.“ Die Blicke der Anwesenden richteten sich auf den Schriftsteller, der seine Hände energisch in seinen dunkelgrünen Bademantel rammte, ehe seine Augen die der Chemikerin aufsuchten. Ihm entgingen weder die tiefen dunklen Ringe unter ihren Augen, noch die Tatsache, dass sie um diese Uhrzeit schon - oder vielleicht auch noch immer - ihren Labormantel trug. „Ich nehme stark an, dass die Kleidung, die das FBI uns hat bringen lassen, für solche Fälle präpariert worden ist?“ „Sie haben uns verwanzt?“ Tracy schluckte, während Stuart dem fragenden Blick des Professors auswich. „Natürlich haben sie das, wir sind nun… nicht gerade pflegeleicht würde ich behaupten und wenn sie einen von uns in die Finger bekommen, haben sie genug in der Hand, um den Spieß umzudrehen. Es wäre nachsichtig gewesen, solche Vorkehrungen nicht zu treffen.“ Doch das bescheidene Lächeln auf den Lippen der Chemikerin blieb aus, sie nickte nur, ließ ihren Blick kurz zu ihrem Verlobten schweifen ehe sie antwortete. „Es stimmt, wir können sie orten.“ „Verdammt, warum stehen sie dann noch hier rum! Finden Sie sie…“ Eris Stimme bebte, unverkennbar der Ton, der auch die Gerichtssäle Japans schon so oft zum Zittern gebracht hatte. Auch Kogoro war aufgestanden, kam mit entschlossenem Blick auf sie zu. „Ich werde mit Ihnen suchen…“ „Mr. Mori, sie-„ „Was? Glauben sie wirklich ich sitze hier und drehe Däumchen, während meine Tochter da draußen rumläuft, obwohl diese Typen nur darauf warten, dass sie ihnen in die Arme rennt. Hier geht es um Ran. Ich lasse mir nicht von Ihnen vorschreiben, was ich darf und was nicht.“ Die Ader an der Schläfe des Polizisten war mächtig ins Pochen geraten, sodass nicht nur seine aufbausende Stimme verriet, in welcher Verfassung der besorgte Vater war. „Ob Sie uns nun hier behalten oder nicht, spielt doch ohnehin keine Rolle mehr, wenn sie da draußen ist. Ran ist ihre ultimative Waffe gegen ihn, das werden selbst Sie doch mittlerweile begriffen haben. Ich bin Polizist und habe genauso ein Recht an dem Fall wie Sie auch, also bilden Sie sich ja nicht ein-…“ „Es spielt sehr wohl eine Rolle, Herr Mori.“ Der Beamte stockte, blinzelte verwundert und spürte, wie sein Schnurrbart noch immer unter seiner Wut zuckte. „Wir können Sie nicht gehen lassen. Welchen Zweck hätte es, Ran zu finden, wenn Sie ihnen in die Hände fallen?“ Mori aber verkniff nur das Gesicht, verschränkte gereizt die Arme vor der Brust. „Aber ich bin nicht Ran, Kudo würde nie-…“ Abermals aber unterbrach ihn die amerikanische Schönheit, ihre braunen Augen hatten ihn im Visier und zum ersten Mal wurde sich der Beamte bewusst, warum das FBI jemanden wie sie eingestellt hatte. „Glauben Sie das wirklich? Sollten nicht gerade Sie ihn besser kennen? Warum, meinen Sie, haben wir Sie alle hierhin mitgenommen? Aus bloßer Willkür? Ganz bestimmt nicht.“ Sie seufzte, wandte ihren Blick von ihm ab, um aus dem Fenster zu sehen und blickte der trüben Tagesdämmerung entgegen. Ihre Stimme war leise geworden. „Es sind seine Anweisungen, die wir befolgt haben, Herr Mori. Und wenn wir wollen, dass Shinichi Kudo wieder lebend aus der ganzen Sache rauskommt, wenn Sie wollen, dass wir Ran schnellstmöglich finden, dann sollten wir seinen Plänen weiter Folge leisten.“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu, bemühte sich, die nächsten Worte so behutsam wie möglich und in ihrem feinsten Japanisch auszusprechen. „Und wir werden sie finden. Das verspreche ich Ihnen.“ Mori schluckte, Gott, wie er das FBI hasste, wie er Frauen hasste, mit ihren weichen Blicken, wie er DIESE Frau vom FBI hasste. Mit einem genervten seufzen wandte er den Kopf ab. Er wartete, bis sie seine Stille offenbar als ja gedeutet hatte und Tracy zusammen mit dem anderen Agent das Zimmer verließ, doch noch ehe die beiden durch den Türrahmen waren, ertönte die Stimme des „schlafenden“ Kogoro erneut. „Ich rate Ihnen, sie möglichst bald zu finden…“ Er sah, wie Stuart schluckte, offenbar war die Drohung in seiner Stimme multilingual. Die Chemikerin aber sah ihn abermals nur an, schien kurz zu überlegen, ehe sie nickte. „Wir werden gleich mit der Suche beginnen. Stuart wird bei den Wachposten rund ums Haus nachfragen, vielleicht hat sie ja einer von ihnen etwas bemerkt, oder sie gesehen.“ Heiji aber lachte bitter, schüttelte den Kopf, während er Löcher in den Fußboden starrte. „Wenn, dann liegt der wohl jetzt mindestens mit nem Schädelbruch im Straßengraben, wenn er versucht hat, sie aufzuhalten.“ Ein dichtes Schweigen breitete sich unter der Gruppe aus, keiner machte den ersten Schritt, um dem Tagesablauf weiter zu folgen, bis eine helle Stimme sie allesamt aus dem Konzept riss. „Was ist mit Tante Ran, Papa?“ Die wackeligen Worte des kleinen Hattori-Sprosses riss die Anwesenden aus ihren Tagträumen, doch anstatt Kazuha war es Yukiko, die ihre Stimme als erstes wiederfand, sich zu dem Kleinen hinunter beugte, den sie bei den Aufenthalten der Hattoris in Tokio so oft in ihrer Obhut gehabt hatte. „Deine Tante versucht, jemandem zu helfen, weißt du? Sie ist wirklich sehr mutig.“ „Mutig?“ Die ehemalige Schauspielerin seufzte, fand für einen Moment Ruhe in den großen grünen Augen, die sie verwundert anstarrten. „Ja, aber das, was sie vorhat, ist gefährlich, verstehst du Haiku, deswegen müssen wir sie finden.“ Der kleine Junge aber blinzelte nur, drückte seinen abgeliebten Stoffdino fest an sich. „Tante Ran ist in Gefahr?“ Yukiko schluckte, nickte langsam und strich dem kleinen Hosenmatz eine seiner kastanienbraunen Locken aus dem Gesicht. „Keine Angst Haikuro, dein Papa und die Polizei suchen schon nach ihr.“ „Ich bin auch gut im Verstecken spielen!“ Die Begeisterung des Kleinen ließ Yukikos Muskeln steif werden, während er sie noch immer mit großen Augen ansah. „Kann ich nicht mithelfen…?“ Sie hörte wie Kazuha im Hintergrund geräuschvoll schluckte. „Aber wer würde denn dann auf deine Mama aufpassen, Haikuro? Mach dir keine Sorgen, dein Papa wird sie ganz bestimmt finden.“ Der Kleine nickte stumm und nagte dann auf seiner Unterlippe herum, während er die Erwachsenen dabei beobachteten, wie sie wieder zu reden anfingen. Er suchte immer an den seltsamsten Orten nach ihm, Mamas Hutschachtel, oder der Keksdose während er sich unterm Wohnzimmertisch versteckte. Wie sollte er da Ran finden? Er schlug die Augen auf, blinzelte, um die dunklen Schatten aus ihnen zu vertreiben und richtete sich mit einem Stöhnen mühsam auf. Genervt kniff er die Augen zusammen, fasste sich an seine pochende Stirn. Der Detektiv schluckte, stemmte die Hände ins weiche Gras und sah sich langsam um. Bäume, verschlungene Wege, ein kleiner Bach gesäumt von Wiesen und Blumen. Er rappelte sich hoch, klopfte sich das Gras von der Hose und erkannte erst jetzt, dass die grüne Oase von Häusern eingekreist wurde und die Fassade einiger von ihnen, kam ihm mächtig bekannt vor. „Aber wie-?“ Doch ein mehr als vertrautes Geräusch durchbrach seine sowieso nutzlose Frage. Thum…, dup, dup, dup. Der Detektiv runzelte die Stirn, lauschte erneut und bemerkte erst jetzt, dass es das einzige Geräusch war, das er überhaupt hörte. Kein Blätterrauschen und kein Plätschern des Baches. Auch die Farben an diesem Ort schienen sich irgendwie einen Streich mit ihm zu erlauben, wirkten blass, beinahe gräulich, als läge ein dichter Nebelschleier wie ein Schatten über ihnen. Thum…, dup, dup, dup. Langsam trugen ihn seine Schritte über das Gras, hin zu einem der verschlungenen Pfade, denen er dann Folge leistete, und dem seltsamen Geräusch immer näher kam. Thum…, dup, dup, dup. Dann, auf der nächsten Lichtung sah er endlich, was seine Nerven mit diesem ungleichmäßigen Takt derart strapaziert hatte. Ein müdes Lächeln schlich sich kurz auf seine Lippen, daher kannte er das Geräusch also. Ein Fußball. Shinichi schluckte, eine böse Vorahnung kroch ihm wie Galle die Kehle hoch, als er ein kleines Kind beim Fußballspielen beobachtete, sodass er unweigerlich ein paar Schritte auf den Jungen zu machte. Der Ball rollte dem Grundschüler zurück vor die Füße, der taxierte ihn nur kurz und schickte ihn mit einem festen Tritt erneut auf die Reise. Er prallte mit einem dumpfen Knall gegen den Baumstamm, den er anvisiert hatte, kam dann in kleinen Sprüngen zu ihm zurück gehopst, ehe er langsam ausrollte und vor seinen Füßen liegen blieb. Shinichi aber war das Blut in den Adern gefroren, als er sah, wer da vor ihm stand, unsicher machte er einen Schritt zurück, hörte, wie der Kies unter seinen Füßen knirschte und er war nicht der einzige. Der Grundschüler stoppte in seinen Bewegungen, wandte sich mit neugierigem Blick in seinen blauen Augen um, die groß wurden, als er sah, wer da vor ihm stand. Shinichi Kudo. Conan Edogawa. Shinichi schluckte, spürte wie das Kopfweh in seiner Schläfe drückend an seinen Verstand klopfte, bis er endlich als erstes den Mut fand zu sprechen. „Das bedeutet bestimmt nichts Gutes.“ Er sah wie Conan schluckte und seufzend den Ball hochhob und mit diesem unter den Arm langsam auf ihm zukam. „Nein, nein ich schätze nicht.“ Seine kurzen Beine stoppten und sein Blick wanderte langsam zu seinem alten Ego hoch. Die Stille um sie herum wurde mit einem Mal greifbar, die Farben noch verwaschener, während sie sich nur stumm ansehen konnten. Der eine den anderen und jeder sich selbst. Shinichi seufzte, fasste sich an die Stirn, die sich anfühlte als würde ihm jemand Nägel durch den Schädel schlagen. „Du erinnerst dich also wieder?“ Thum…, dup, dup, dup. Schuss, Baum, zurück. „Sieht ganz so aus.” Der Oberschüler seufzte, ließ sich tiefer in die unbequeme Parkbank rutschen. „Aber wenigstens weiß ich jetzt, woher diese verdammten Kopfschmerzen kommen.“ Thum…, dup, dup, dup. „Wem sagst du das?“ Doch die Aufmerksamkeit des Grundschülers lag schon lange nicht mehr auf ihm. Thum..., dup, dup, dup. Shinichi runzelte die Stirn, beobachtete angestrengt, wie der Ball ein weiteres Mal durch die Luft folg. Thum…, dup, dup, dup. Und nochmal. Thum…, dup, dup, dup. Okay, das war genug. „Kannst du das sein lassen, bitte!” Tatsächlich brachte die genervte Stimme seines älteren Counterparts den Grundschüler zum Stillstand, sodass er ihn nun mit einem fragenden Blick musterte. „Schon,.. aber es hilft, mir- uns, ach was auch immer.“ Shinichi aber seufzte nur, rieb sich angespannt den Nacken. „Ja. Aber es hilft mir im Moment nicht wirklich,… außer dass mein Kopfweh so nur noch schlimmer wird. Also könntest du-…“ Conan seufzte, ließ den Ball wo er war und trottete zu dem Oberschüler hinüber, kletterte neben ihm auf die Parkbank und versuchte, nicht zu beachten, wie weit der Abstand seiner Beine zum Boden war. Doch auch die endlich wieder eingekehrte Ruhe konnte Shinichis Kopfweh nicht beruhigen, seine Gedanken schwammen, glitten ihm durch die Finger, sodass es ihm nicht gelang, auch nur einen davon festzuhalten. So war es die Stimme des Grundschülers, die diesmal als erstes ertönte. „Ein Traum also?“ Shinichi schluckte, wandte den Blick dem Grundschüler zu und wunderte sich kurz über die seltsame Art und Weise, auf sich selbst herab zu schauen. „Ich denke schon, oder hast du eine bessere Erklärung dafür?“ Conan aber schüttelte nur den Kopf und blieb stumm, verschränkte stattdessen nachdenklich die Arme vor der Brust, ehe er skeptisch aus dem Augenwinkel zu seinem älteren Ich hoch schielte. „Und wer von uns beiden ist dann echt?“ Shinichi sah ihn an, biss sich auf die Lippe und wandte den Kopf ab, sah zurück auf das trübe kleine Wäldchen, das vor ihnen lag. „Was soll denn die Frage?“ Conan schluckte, ließ jedoch nicht locker während auch sein Blick nun von dem kantigen Gesicht des Oberschülers abwich. „Na was schon? Sag mir nicht du denkst nicht seit du mich gesehen hast darüber nach, wie du dieses Hirngespinst wieder loswirst?“ Shinichi neben ihm zuckte ertappt zusammen, wandte ihm den Blick langsam wieder zu. Conan aber seufzte nur, schüttelte den Kopf, schränkte dann die Arme dahinter und ließ sich tiefer gegen die Holzbank sinken. „Jetzt verrate ich dir aber mal etwas Shinichi mir geht es ganz genauso, seit ich dich eben das erste Mal gesehen habe.“ Dies brachte den Oberschülerdetektiv ganz offensichtlich doch aus dem Tritt, nachdenklich legte er den Finger ans Kinn, konnte wenigstens für ein paar Minuten das nervige Trommeln an seiner Schläfe vergessen. „Vielleicht gibt es in diesem Fall keinen Falschen von uns?“ Er schluckte, spürte, wie die interessierten Augen des Grundschülers langsam zu ihm hinauf wanderten. Doch der Oberschüler schüttelte den Gedanken von sich, stützte sein Kinn in seine Hände, während er versuchte, eine plausible Erklärung für diesen Traum zu formulieren. „Unser Verstand hat uns aufgeteilt, vermutlich, um die letzten paar Minuten besser verarbeiten zu können. Unser Hirn hat uns in einzelne Kompartimente gespalten, um besser sortieren zu können und dann alles wieder zusammenzufügen.“ Der Grundschüler aber rollte nur mit den Augen, vergrub seine kleinen Hände tief in seinen Hosentaschen. „Wie beruhigend.“ Der Tonfall des Siebenjährigen war bitter, aber eine bessere Erklärung hatten sie momentan nicht. Er seufzte, wandte seinen Blick abermals zu Shinichi hoch. „Also sind wir zu zweit?“ Doch noch ehe er ihm antworten konnte, grätschte eine andere Stimme dazwischen. „Nein, wohl eher zu dritt…“ Der überzuckerte Tee schaffte es, ihre Nerven zur Ruhe zu bringen und ihre beschleunigte Atmung zu besänftigen. Mit einem langen Seufzen griff sie nach ihrer Geldbörse, um sich eine Übersicht ihrer Finanzen zu machen, allzu viel war nicht übrig geblieben, nachdem sie sich neu eingekleidet hatte. Trotzdem war es das erste, was sie getan hatte, nachdem sie in Tokio angekommen war, denn sie hatte in den letzten Jahren genug über das FBI und deren Methoden gelernt, um zu wissen was dieser Institution zuzutrauen war. Natürlich hatte die Kassiererin nicht schlecht gestaunt über die junge Frau, die scheinbar so verliebt in ihre neue Kleidung war, dass sie die Sachen gleich anbehalten wollte. Während sie ihre alten Sachen in dem nächstbesten Müllcontainer hinter dem Geschäft gelassen hatte, hatte dieses Manöver ein großes Loch in ihr ohnehin schon schmales Portemonnaie gebrannt. Ihre Karte zu benutzen kam nicht in Frage, also musste sie mit dem, was sie hatte, auskommen bis sie ihn gefunden hatte. Die junge Lehrerin schluckte, rührte Gedankenverloren in ihrem Tee und beobachtete wie auch die letzten Kandiskristalle in dem Wirbel aus heißem Wasser schmolzen. Sie hatte geplant nicht länger nur Däumchen zu drehen sondern endlich etwas zu tun. Sie hatte geplant dem Griff des FBI´s zu entkommen. Sie hatte geplant ihn aufzuspüren, hier in der Millionenmetropole Tokios und das ohne das weder das FBI, die Polizei und erst Recht nicht die Organisation Wind von der ganzen Sache bekam. Aber wie sie das anstellen sollte, das hatte sie in all ihrem Eifer natürlich nicht geplant. Die junge Frau seufzte, vergrub den Kopf in ihren Händen und versuchte den Lärm des Fernsehers zu überhören der in der Ecke des kleinen Cafés hing und ihr seitdem sie es betreten hatte, den letzten Nerv raubte. Nur noch ein paar U-Bahnstationen trennten sie von Beika, dem Ort, wo sie mit ihrer Suche beginnen wollte. Und um die Frage zu beantworten, wie sie das anstellen wollte, hatte sie einen Ort gebraucht, wo sie nachdenken konnte, in Ruhe, allein, ohne dass sie Angst haben musste, entdeckt zu werden. Vielleicht war es aber anderseits das Beste, wenn sie sich von diesen Männern einfach schnappen lassen würde und dem FBI Hinweise zu hinterlassen. Diese und andere Spinnereien waren das einzige, zu dem ihr Verstand momentan imstande war, die Sorge um ihn ließ sie sich immer mehr im Kreis drehen, schaltete den Teil ihres Körpers aus, den sie gerade so dringend benötigte. Deswegen brauchte sie Ruhe, wenn auch nur für einen Moment. Und dank Shinichi war es ihr schnell gelungen einen Ort zu finden, an dem sie so schnell keiner aufstöbern würde. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf ihre Züge, als sie seine Worte reflektierte. Öffentliche Plätze, Orte, an denen sich viele Menschen aufhielten waren perfekt, um mit der grauen Masse zu verschmelzen, deswegen war ihr erster Gedanke eigentlich ein Einkaufszentrum gewesen, wären da nicht die Kameras. Deswegen war sie auf ein kleines Café in einer der vielen Seitenstraßen umgestiegen, auch wenn hier für ihren Geschmack zu wenig los war, um wirklich unsichtbar zu werden. Sie hatte sich ein Plätzchen im hinteren Teil des Ladens gesucht, ihre einzigen Begleiter dort war ein älteres Pärchen, das sich zusammen ein Stück Kuchen teile und ganz bestimmt keine Gefahr für sie darstellte. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf Rans Züge, als sie die beiden ältere Leutchen beobachtete und die Blicke sah, mit denen er sie und sie ihn ansah - schön dass es so etwas heute überhaupt noch gab. „Kann ich noch etwas für dich tun, Schätzchen?“ Aus ihren Gedanken gerissen fuhr die junge Frau auf, starrte dem bröckeligen Lächeln der in die Jahre gekommen Kellnerin entgegen und wurde augenblicklich rot, als sie bemerkte, dass diese sie beim Tagträumen erwischt hatte. „Nein Danke, nur die Rechnung noch.“ Die schlecht nachgezogene Augenbraue der Dame nährte sich dem Haaransatz ihrer blondierten Locken, skeptisch beobachtete sie die junge Frau vor ihrer einsamen Tasse Tee. „Sicher? Du musst dich nicht beeilen Süße, außerdem siehst du aus als könnest du etwas Stärkeres gebrauchen als das hier.“ Die Angesprochene wurde rot, starrte kurz verlegen in ihre Tasse, doch ehe Ran etwas hätte erwidern können, hatte die Dame ihren Kopf in Richtung Fernseher gedreht, ihre Augen wurden langsam groß, sodass die Lehrerin sehen konnte, wie kleine Bröckchen des zu dick aufgetragenen blauen Liedschattens über ihre Wange zu Boden kullerten. „Kann man das fassen?“ Die Kellnerin schüttelte den Kopf, rammte ihre Finger in die Taschen ihrer grellpinken Schürze, während sie die Sendung beobachtete, die gerade über den Bildschirm flatterte. Ran stöhnte innerlich, biss sich auf die Lippen, natürlich hatte sie geahnt, dass sie diesen Meldungen hier in Tokio erst recht nicht aus dem Weg gehen konnte. Bilder von Conan und Shinichi flackerten über den verstaubten Fernseher, wo die Presse diese alten Fotos ausgegraben hatte, wusste der Himmel. Ran schluckte, beobachtete Shinichis Gesicht, während der künstlich animierte Zeitraffer aus Shinichi Kudo in nur wenigen Sekunden Conan Edogawa machte. Mit jeder Sekunde, die verstrich, verschwanden Shinichis markante Gesichtszüge immer mehr. Sie spürte, wie es ihr eiskalt den Rücken hoch rann, als sie beobachtete, wie sein Gesicht immer mehr an Form verlor, seine Züge weicher wurden, während die eben noch scharfen, wissenden Augen immer größer wurden, auch ohne das er sich groß verstellen musste eine kindliche Naivität bekamen, die nicht so recht zu dem Glanz in seinen Augen passen wollte. Die Züge des Oberschülers wurden runder, scharfe Kanten verschwanden unter kindlichem Babyspeck, sodass die Proportionen sich in das neue Gesicht einpassten, bis am Ende nur noch der Grundschüler übrig blieb. Sie fröstelte, spürte, wie ein Würgereiz ihr die Kehle zuschnürte, während der süßliche Geruch ihres Tees mit einem Mal in ihrer Nase brannte. Ihre neu erworbene Freundin aber ließ Ran keine Zeit das Brennen in ihren Augen zu bekämpfen, oder den Kloß in ihrem Hals wenigstens so weit schrumpfen zu lassen, dass sie wieder Luft bekam, nein, die etwas schäbig wirkende Kellnerin hatte andere Pläne. „Dieser Typ findet den Jungbrunnen und versteckt sich dann!“ Sie schüttelte den Kopf, ließ die Spitze ihres Kulis zwischen ihren Lippen verschwinden, ehe sie Ran ansah und weiter murmelte. „Unglaublich, so was!“ Der Blick der gefärbten Blondine in ihren Fünfzigern, machte Ran schnell deutlich, dass sie auf eine Antwortet wartete. Die junge Frau schluckte, knetete nervös die Hände in ihrem Schoß, während ihre Zunge vorsichtig ihre Antwort formte. „Er war in Gefahr… und ich glaube auch nicht das er besonders begeistert war über… diesen Effekt.“ Doch die Dame schien die leicht bedrückte Art ihres Gegenübers nicht zu bemerken, empört riss sie die Augen auf, sodass ihre Mascara verschmierten Wimpern beinahe an ihre Augenbrauen stießen, während sie sich zu ihrem Tisch hinunter beugte. „Nicht begeistert!?“ Ran schluckte, beobachtete, wie sich die brüchigen Lippen zu einem abschätzigen Grinsen verzogen. „Schätzchen, wenn die das Zeug irgendwie auf den Markt bringen, bin ich die Erste, die ihre Wohnung verschachert um mir gleich einen ganzen Jahresvorrat von diesem Wundermittelchen anzulegen.“ Ran aber konnte nichts weiter tun, als die Kellnerin entgeistert anzustarren, blinzelnd fragte sie sich, ob diese überhaupt verstanden hatte, welchen „Ursprung“ dieser Nebeneffekt eigentlich hatte. Die immer noch überraschte Dame aber richtete sich nur wieder auf, betrachtete das junge Ding und schüttelte nachdenklich den Kopf, brachte ihre großen Ohrringe dabei zum Klimpern. „Wahrscheinlich liegt es an deinem Alter, dass du das noch nicht verstehst und wer weiß, vielleicht stimmt es, was manche sagen und das alles ist nur ein dummer Trick um das Buch dieses Amerikaners zu promoten.“ Ran schluckte nur, so weit gingen die Meinungen der japanischen Bevölkerung also noch immer auseinander, wenn es um den Wahrheitsgehalt von Shinichis Geschichte ging? Sie beobachtete, wie sich ein schwärmerisches Lächeln auf die Lippen der alternden Kellnerin schmuggelte, mit einem vom Mascara schweren Augenlid zwinkerte sie Ran zu. „Aber seien wir mal ehrlich… wer träumt nicht von der ewigen Jugend?“ Die junge Frau aber stockte nur, vergaß das Lächeln, das eigentlich auf ihren Lippen liegen sollte und jegliches schauspielerisches Talent, das sie in den vergangenen Minuten noch irgendwie aufgebracht hatte. Ihr Blick wanderte zurück zu ihrer Teetasse, betrachtete ihr eigenes Gesicht in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit, während sie mit blasser Stimme Antwortete. „Ja,… wer nicht.“ Er beobachtete wie seine beiden anderen Ichs wie von der Tarantel gestochen von der Parkbank aufsprangen und ihn mit kalkulierendem Blick ansahen. Bell selbst hatte seinen Augen nicht trauen können, als er die beiden dort sitzen sah, fachsimpelnd darüber, wer von ihnen echt war und wer nicht. Er selbst war sich ziemlich sicher, dass er nicht das Hirngespinst von irgendjemandem war, doch den anderen beiden schien es genauso zu gehen. Also mussten sie sich wohl oder übel erst einmal mit Kudos Theorie anfreunden. Der Kriminalistikprofessor seufzte und ging langsam auf die beiden zu. „Hoffen wir nur, dass unser Hirn es schafft, das auch alles wieder ordentlich wieder zusammen zu flicken.“ Doch das bittere Lächeln auf den Lippen der anderen beiden blieb aus, der kleine Junge sah ihn an, als hätte er einen Geist gesehen, ein Funken von Angst glomm in seinen Augen und auch Shinichi schien Mühe zu haben, sich zusammen reißen. Bell schluckte, seine Stimme, natürlich. „Tut mir Leid…“ Die kurze Entschuldigung aber war genug, um den Oberschüler aus seiner Starre zu befreien. Shinichi schüttelte den Kopf, schluckte und machte einen Schritt auf ihn zu. „Schon gut, ich nehme an du kannst nicht einfach-…“ Bell aber seufzte nur, schüttele mit bitterer Miene den Kopf. „Nein, ich kann sie nicht abnehmen, glaub nicht, ich hätte es nicht schon versucht. Aber wenigstens macht es jetzt einen Sinn, denn wen, glaubst du, würde ich darunter finden?“ Shinichi stockte kurz, nickte dann aber. Der Amerikaner sah, wie der kleine Junge schluckte und seine angespannten Muskeln sich langsam wieder lockerten. Für einen Moment hob keiner der drei den Blick, es war erneut Bells Stimme, die die drückende Stille durchbrach. „Okay… das ist wirklich unangenehm.“ „Wem sagst du das?“ Die Frage kam synchron aus den Mündern der beiden anderen und ließ allen dreien einen Schauer über den Rücken laufen. Während sich Conan und Shinichi überrascht ansahen. Der Grundschüler seufzte, hievte sich zurück auf die Bank und starrte in den grauen Himmel. „Und was machen wir jetzt?“ Shinichi schluckte, nahm ebenfalls seinen Platz wieder ein, während Bell auf dem Weg vor den beiden stehen blieb und spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, als er seine beiden Ichs nebeneinander sitzen sah. „Warten, bis wir aufwachen, nehme ich an.“ „Wir?“ Shinichi aber seufzte nur, fuhr sich mit zittrigen fingern über die Stirn, war er wirklich so nervig? „Wir, du, er, ich… ich glaube nicht, dass das einen Unterschied macht, oder?“ Conans Blick aber blieb auf der Lichtung vor ihnen haften, während er die Antwort in seinen nichtvorhandenen Bart nuschelte. „Wohl nicht, nein…“ Bell aber seufzte nur, nahm seine Brille von der Nase und fing mit dieser unnützen Angewohnheit an, seine Gläser zu putzen. „Ich denke, wir sollten irgendetwas damit anfangen…“ Er deutete um sich und zuckte mit den Schultern. „…solang wir noch bei klarem Verstand sind.“ Shinichi aber hob nur die Augenbraue, schaute zu dem kleinen Conan hinunter, um zu sehen, ob er dasselbe dachte. Der Detektiv stöhnte, massierte sich genervt die Nasenwurzel. „Das nennst du bei klarem Verstand sein?“ Bell aber verzog nur das Gesicht und rammte die Hände in seine Hosentaschen ehe seine bittere Stimme erneut ertönte. „Es ist zumindest besser, als jeden Gedankengang von einem dämlichen Regenguss unterbrechen zu lassen. Ich fürchte nämlich, dass es uns nicht unbedingt besser geht, wenn wir das nächste Mal wach werden.“ Seine anderen beiden Counterparts schluckten nur, ehe Conan aufsah und dem Amerikaner skeptisch musterte. „Wohl eher nicht. Also, was schlägst du vor?“ „Wir können uns schlecht darüber Gedanken machen, wie wir da raus kommen. Denn ich fürchte, das liegt erst einmal allein in seiner Hand, bis uns jemand findet.“ Bell zuckte unter dem Blick des Oberschülers zusammen, er wusste ganz genau, warum die beiden ein Problem damit hatten, dass er hier war. Himmel noch eins, er hätte ja selbst gut darauf verzichten können, schließlich war es ziemlich krank, dass einem die eigene Stimme eine Gänsehaut bescherte. Schließlich aber war es die Stimme des Grundschülers, die die Stille zwischen den dreien durchbrach. „Ich frage mich, wer es sein kann…“ Conan hatte die Fingerspitzen aneinander gelegt, seine Augen waren starr, sahen blicklos und ernst durch die viel zu großen Gläser seiner Brille. Die Augen von Bell und Shinichi trafen sich kurz. Bell aber verzog die Lippen nur zu einem trockenen Lächeln, spürte, wie ein unsichtbarer Wind an seiner Kleidung zerrte, während die Bäume um sie herum weiterhin stumm blieben, obwohl sie eigentlich rauschen sollten. „Da bist du wohl nicht der Einzige.“ Auch Shinichi nickte, verschränkte die Hände vor der Brust und ließ sich gegen die unbequeme Rückenlehne sinken. „Ich frage mich nur, wie wir das haben übersehen können, wenn wir ihn kennen, warum haben wir dann nicht gleich gewusst, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmt?“ Conan schluckte, formulierte seine nächsten Worte so vorsichtig wie möglich. „Er ist der Boss dieser Organisation, ist doch logisch, dass er nicht gerade mit einem Schild auf der Brust spazieren geht oder?“ Shinichi neben ihm seufzte nur, ließ den Blick über den Grundschüler schweifen und fragte sich, ob er wirklich so klein gewesen war. „Schon… aber ich werde einfach das Gefühl nicht los, das wir irgendetwas übersehen.“ Bell nickte, seine Stimme klang schwer, während er sprach. „Irgendetwas fehlt uns, irgendetwas, um dieses Rätsel zu lösen, es liegt mir auf der Zunge, aber ich komme einfach nicht darauf…“ Die belegten Stimmen der beiden älteren ließ Conan zu ihnen aufschauen, Gott wie er es hasste, zu Leuten hoch sehen zu müssen und der Anblick von unten rauf in das eigene Gesicht- nun, besser er dachte gar nicht weiter darüber nach. Er seufzte, sein Blick fiel in seine viel zu kleinen Handflächen, nachdenklich drehte er die Finger hin und her. Er schluckte, schüttelte den Kopf und sah erneut auf, beobachtete die kleine Lichtung vor ihnen und sah, wie der Wind mit dem Gras spielte und es zum Tanzen brachte. Die Diskussion der anderen beiden, wer es vielleicht sein könnte, schwappte über ihn hinweg, seltsam eigentlich, dass sein Verstand sich nicht auf ihre Worte konzentrieren konnte. Das pochende Kopfweh kehrte auch langsam wieder zurück, wohl kein allzu gutes Zeichen. Der Grundschüler schluckte, spürte, wie sich eine Gänsehaut auf seinen Armen bildete, bei dem Gedanken wie und wo er nachher wieder wach werden würde. Er atmete tief aus, sah auf und lenkte seinen Blick an Bell vorbei erneut zu der kleinen Lichtung, wo Blätter und Gras im stummen Takt miteinander tanzten. Doch während die anderen beiden nun schon beinahe miteinander stritten, statt noch nüchtern zu diskutieren, sah der Grundschüler etwas, das die anderen beiden bisher noch nicht bemerkt hatten. Ein bitteres Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Und in wie fern soll das jetzt helfen?“ „Mhm?“ Bells und Shinichis Blicke wanderten zu ihm hinunter, folgten seinen Augen, sodass der Amerikaner sich langsam umdrehte um zu schauen, was hinter seinem Rücken vor sich ging. „Krähen?“ Bells Frage aber erntete nur Kritik von dem Oberschüler, der eigentlich hinter der Maske steckte. „Gut erkannt, du Meisterdetektiv.“ Der Grundschüler rollte nur mit den Augen, machte einen Satz, um von der Bank runter zu kommen und ging langsam auf die Vögel zu. Die anderen beiden sahen ihm kurz nach, folgten dann seinem Beispiel und traten so nah an die Krähen heran, wie die Vögel es ihnen erlaubten. Es musste ein seltsamer Anblick für die schwarz gefiederten Tiere gewesen sein, als die drei plötzlich auf sie zukamen. Drei völlig verschiedene Personen mit dem gleichen nachdenklichen Funkeln in den blauen Augen. Allerdings ließen sich die Vögel nicht lange von ihnen stören, fingen wieder an, sich um einen Wurm zu zanken, während andere neugierig in der Gegend rum stolzierten. Shinichis Blick wanderte über das Geschehen, ihr lautes Krächzen kratzte in seinen Ohren, doch der Detektiv verschwendete schon lange keinen Gedanken mehr daran, warum die Vögel neben ihnen die einzigen Lebewesen waren, die ein Geräusch an diesem Ort erzeugten. Wenn es schließlich seine Gedanken waren, die dieses Abbild des Central Parks hatten entstehen lassen, war es wohl nicht verwunderlich, dass alles andere auch auf seinem Mist gewachsen war. Als er allerdings die einzelnen Tiere betrachtete, spürte er, dass etwas an diesem Bild nicht passte. „Sechs? Sollten es nicht eigentlich sieben sein?“ Bell nickte, rückte sich danach sorgsam die Brille zurecht. „Da diese Vögel wohl stellvertretend für unsere Gedanken zu dem Lied stehen, wohl schon.“ „Aber warum sind es dann nur sechs?“ Auf die Frage des Grundschüler aber fand keiner der anderen beiden eine Antwort, stumm standen sie da und sahen den schwarzen Tieren bei ihrem Treiben zu, wussten nicht, dass sie selbst es waren, die von einer dunklen Ecke des kleinen Wäldchen aus beobachtete wurden. Erst als Conan einen Schritt auf die Vögel zumachte, stieß ein weiterer Schatten mit einem lauten Schrei aus der Dunkelheit zu ihnen. Die drei Detektive zuckten zusammen, mussten ihren Herzschlag erst beruhigen und die Bilder des bekannten Hitchcockstreifens aus ihrem Kopf verbannen, als sie beobachteten, wie die letzte Krähe mit einem sanften Flügelschlag bei den anderen landete. Conan aber, der zurück gestolpert war, als die Krähe über ihn geflogen war, fluchte, während er sich langsam vom feuchten Gras zurück auf die Beine rappelte. „Verdammtes Mistvieh.“ Bell aber lachte nur, bot dem Grundschüler seine Hand an, um ihm aufzuhelfen, während er tadelnd über seine Brille schielte. „Language, young man.“ Der aber verzog nur das Gesicht, während er sich den Dreck von der Hose klopfte. „Ha ha…“ Doch noch ehe der kleine Junge Gelegenheit hatte zum Gegenschlag ausholen, durchbrach die Stimme des Oberschülers ihren aufkommenden Streit. „Wenn ihr beiden Vollidioten damit aufhören könntet, euch selbst zu ärgern, hätte ich da eine Frage.“ Die beiden Streithähne wurden rot, selbst auf Bells Wangen erkannte man die veränderte Durchblutung, sodass Shinichi bei dem Anblick nur kurz die Stirn runzelte, ehe er, da er ihre Aufmerksamkeit nun wieder hatte, auf das letzte der Tiere zeigte. „Sieht noch jemand von euch, dass der Vogel da drei statt zwei Beine hat?“ „Was?“ Doch noch ehe die anderen beiden diese Frage ausgesprochen hatten kroch auf einmal dichter Nebel aus dem Wäldchen um sie herum, verschlang die Krähen langsam, während die Augen der dreibeinigen rot glühend auf ihnen lagen. Das Kopfweh wurde stärker, während der Boden unter ihren Füßen zu verschwinden schien, nur mehr Stimmen übrig waren, die in dem Strudel aus Nebel und Gedanken hin und her wirbelten und immer engere Kreise zogen und sie so dem Grund langsam näher brachte. “Eine dreibeinige Krähe. Kaiser Jimmu-tennô. Leiter eines großen Krieges, während die Krähe sein Heer anführt. Krähen sind dunkel, schwarz und stehen für das Böse.“ Doch Bells Stimme wurde von der Conans unterbrochen, sie barg ein seltsames Echo und hörte sich mit einem mal weit weg an. „Nein, die dreibeinige ist ein Symbol für die Sonne, für das Licht, das Gute. Licht und Dunkelheit. Gut und Böse.“ Plötzlich war es Vermouths Stimme, die den dreien mit ihren süßlichen Lippen ins Ohr säuselte. “We can be both, good and devil…“ Bis Shinichi sie unterbrach, seine Stimme war durch den dichten Nebel hindurch kaum noch zu hören. „Schwarz und weiß. Rot. Doktor Matsudo. Die Polizei. Bauern.“ Ein letztes Mal erschienen die roten Lippen der Blondine, während ihre Stimme von überall her zu kommen schien. „Der Boss hat diese Chance gleich erkannt…“ Der Nebel wurde dichter, drehte sich immer schneller bis er erst Bells, dann Conans und zum Schluss Shinichis Stimme verschluckte. „Verlieren.“ „Ein Anführer.“ „Vor zehn Jahren…“ Was übrig blieb, war das Pochen in seiner Schläfe und die krächzende Stimme, die kalt und rau aus seiner trockenen Kehle erklang. „Nein!“ Tropf Hallöchen ihr Lieben ^.^ Na Shinichi hat doch nette Gesellschaft oder nicht ;) Dies war also das Kapitel zu meinem Kleinen Fanart ^^, Aber erst mal wirklich ein gaaaanz herzliches Dankeschön für all eure Kommentare! Das Motiviert grade bei der Stressigen Uni derzeit ungemein ^//^ Dementsprechend hoff ich natürlich das es euch diesmal auch gefallen hat, ich bin jedenfalls schon sehr gespannt auf eure Meinung! Bis zum nächsten Mal! Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 41: Schusswechsel ------------------------- Rückblick- Der Nebel wurde dichter, drehte sich immer schneller bis er erst Bells, dann Conans und zum Schluss Shinichis Stimme verschluckte. „Verlieren.“ „Ein Anführer.“ „Vor zehn Jahren…“ Was übrig blieb, war das Pochen in seiner Schläfe und die krächzende Stimme, die kalt und rau aus seiner trockenen Kehle erklang. „Nein!“ Tropf - Rückblick Ende Schusswechsel Weder die Polizei noch das FBI waren besonders begeistert, als sie vom Verschwinden ausgerechnet dieser Person hörten. Natürlich hatte er sich als erstes freiwillig gemeldet um Ran zu suchen, doch Megure hatte nur mit einem schweren Kopfschütteln reagiert. Sie brauchen ihn heute woanders, die Sprengung des Organisationsgebäudes war bereits im vollen Gange, sie konnten es nicht riskieren, auf jemanden zu verzichten der so sehr im Bilde war wie Kommissar Hattori, heute nicht. Noch ehe das Temperament des Osakaners Zeit dazu hatte überzukochen unterbrach die Stimme des FBI Agents die angespannt Stille. „Keine Sorge, unsere Leute werden sich darum kümmern.“ Akai sah ihn an, seine grünen Augen verrieten nichts, seine Miene glich einem Pokerface, um das ihn sogar Kaito Kid beneiden würde, doch Kommissar Hattori starrte zurück. Der stumme Kampf wurde erst von Megures sanfter Stimme unterbrochen, eine unausgesprochene Bitte lag in seinen Worten. „Nur heute Heiji, Morgen-„ „Kann sie schon tot sein.“, unterbrach er ihn bitter. Megure war vom dem anklagenden Blick getroffen, wich ihm aus, ehe er seufzte, den Kopf schüttelte und sich erklärte. „Ich weiß, es ist schwer, aber du weißt selbst, wie wichtig das heutige Manöver ist. Unser Ziel ist die Organisation. Wenn wir sie ausschalten können, retten wir damit auch Ran und Shinichi… das muss ich dir doch eigentlich nicht erklären, oder?“ Der Kommissar aber schluckte nur, presste die Zähne fest aufeinander und spürte, wie sich die Muskeln seines Kiefers spannten. Nein, das musste er ihm ganz bestimmt nicht sagen. Die Entscheidung war getroffen und die Diskussion damit beendet, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Zähneknirschend stand er hier, spürte wie der kalte Frühlingswind an seinen Klamotten zerrte, während der dunkelgraue Himmel über Tokio ihnen mit Regen drohte. Die Anspannung der Beamten um ihn herum war spürbar, sie alle waren in den letzten Tagen mit der Organisation in Kontakt gekommen, aber so ein großes Ding wie das hier hatte bisher noch niemand von ihnen durchgezogen. Das Klingeln seines Handys in seiner Jackentasche war daher genug, um den Detektiv aufschrecken zu lassen. Er hörte das metallene Geräusch von entsicherten Waffen und blickte sich entschuldigend zu seinen Kollegen um, die ihn genervt und verärgert ansahen. Kommissar Hattori schluckte nur, schenkte ihnen einen Blick, der so viel heißen sollte wie „Sorry, Leute“ und hörte, wie die Menge leise fluchend ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gebäude vor ihnen widmete, während er das vermaledeite Telefon aus seiner Jacke fummelte. Ein Blick auf das Display aber reichte, um auch seinen Nerven noch einmal auf die Probe zu stellen. Mit tonlosem Murren schaltete er das Gerät auf lautlos. Wenn etwas passiert war, würde es nicht zuletzt Akai von seinen Leuten erfahren und solang der ihm keine Nachricht zukommen ließ, konnte er gut und gerne darauf verzichten, dass Kazuha sich andauernd nach seinem Befinden erkundigte. Der raue Ton seines Gewissens aber kam gegen die Anspannung des Osakaners nicht an. Ein letztes Mal fiel sein Blick zurück auf das Display, das immer noch stumm Kazuhas Namen anzeigte, die wohl noch immer hartnäckig in der Leitung hing. Ein bitterer Geschmack schlich sich auf die Lippen des Detektivs, als er das kleine Mobiltelefon wieder in seiner Tasche verschwinden ließ und seine Hand das Holster seiner Waffe dabei streifte. Er hatte keine Zeit mehr seinen Jackenkragen hochzuschlagen, um sich vor der vom Frost geschwängerten Luft zu schützen, die an seinem Nacken nagte, denn noch ehe Kommissar Hattori Zeit hatte, über all diese Dinge auch nur nachzudenken, fiel der erste Schuss. „Er geht nicht ran, er geht nicht ran!“ Panisch hallte die Stimme der jungen Mutter durchs Haus, mit zittrigen Fingern hatte sie ihr Handy umklammert und bettelte flehend das Freizeichen an. „Heiji bitte, bitte geh ran.“ Nichts, nichts außer diesem verdammten, immer wieder in ihr Ohr hämmernden Freizeichen! „HEIJI!“ Ihr Schrei endete in Tränen, sie spürte wie eine Hand sie in Richtung Sofa lenkte, während eine beruhigende Stimme auf sie einredete. „Ich werde es weiter versuchen.“ Die junge Mutter hatte nicht die Kraft zu nicken, spürte nur, wie ihr das Handy aus der Hand in die des Professors glitt. Doch das Donnern des Freizeichens hämmerte noch immer in ihren Ohren, als Yukiko sie zu sich aufs Sofa lenkte, der Siebenundzwanzigjährigen in kleinen Kreisen über den Rücken streichelte. „Sch… ist ja gut. Wir wissen doch noch gar nicht, ob er wirklich dort ist Kazuha, mach dir keine Sorgen, wir werden ihn schon finden.“ Doch die beruhigenden Worte der ehemaligen Schauspielerin schienen den Damm aus Tränen nun erst Recht zu brechen, besorgt schaute Yukio zu Eri hinüber, dass die junge Frau diese Sorge mit ihnen teilen müsste, hätten sie nie gedacht. Das Knarren der Stufen kündigte Yusaku und Kogoro an, die beiden sahen zu der Szene hinüber und schüttelten stumm den Kopf. Keiner von ihnen hatte ihn gefunden. Der Polizist ließ sich neben Eri aufs Sofa sinken, war längst nicht mehr überrascht, als ihre Hand die seine suchte und konnte dieses Gefühl doch nicht richtig genießen. Selbst sein Schnurrbart schien vor seiner rauen Stimme zusammenzuzucken. „Vermutlich sind sie im Moment mittendrin.“ Der Schriftsteller schluckte nur, schaute in die Runde und fragte sich, was wohl passieren müsste, um diesen Tag noch schlimmer zu machen. Wenigstens hatte Yukiko ein Einsehen gehabt und den Fernseher auf stumm gestellt, sodass die flimmernden Szenen keinen stören konnten. Die Luft im Wohnzimmer war dicht und stickig, allerdings würde es in ihrem Fall nicht reichen, einfach nur ein Fenster zu öffnen, um hier wieder neuen Wind reinzubringen brauchte es etwas anderes. Eine gute Nachricht, zur Abwechslung mal. Wie auf Kommando bemerkte er das schlurfende Geräusch von Stuarts Schuhen, er trat ein, nickte, als er die abwartenden Blicke auf seiner Haut spürte. „I finally reached one of my colleagues, they´ll treat this matter as soon as possible. But for the moment-“ <-the heat is on.> Der Schriftsteller seufzte, spürte, wie es in seinen Fingerspitzen zu kribbeln begann und er wieder einmal verfluchte, dass er nicht dabei war, das er nichts tun konnte, um das Vorhaben seines Sohnes zu unterstützen, um diese schwarzen Teufel endlich zu Fall zu bringen oder ihn zu finden. Gerade aber als er den Blick des Agents erneut fing, durchbrach das Klingeln eines Handys die Stille. Sofort schreckte Kazuha aus ihrer Trance aus, sie blinzelte, sah die Welt um sich herum nur mehr verschwommen, während sie nach der Ursache des Geräuschs Ausschau hielt. „Heiji?“ Doch die Unruhe der Anwesenden, von denen jeder plötzlich nach seinem Handy kramte, wurde von Yukikos ruhiger Stimme unterbrochen, sofort lenkte die Schauspielerin die Aufmerksamkeit aller auf sich, sodass sie Zeuge wurden wie das restliche Blut aus ihren Lippen wich, als sie den Anruf entgegen nahm. „Guten Tag, Yukiko.“ Ihre Stimme ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, es war Ewigkeiten her, dass sie sie gehört hatte und doch hätte sie in den letzten Tagen nicht öfter an sie denken können. Die Schauspielerin schluckte, spürte Kazuhas festen Griff um ihr Handgelenk, während ihre eigenen Finger sich in das graue Polster der Couch gruben. Yukikos Stimme war rau, als sie endlich zu sprechen begann, damit die Hoffnungen und Ängste der Osakanerin gleichermaßen zerstörte. „Sharon." Die Augen des FBI Agents wurden groß, sofort kramte er das eigene Handy aus seiner Tasche, verschwand aus dem Zimmer, ohne Frage, um seinen Kollegen die Anweisung zu geben, das Gespräch abzufangen und nachzuverfolgen. Yukiko Kudo hingegen schien wie gelähmt, nachdem der Name ihrer alten Freundin über ihre Lippen gekommen war. Nein, nicht ihre Freundin, nicht ihre Kollegin Sharon Vinejard, mit der sie so viel Zeit unter Toichis Obhut verbracht hatte, sondern Vermouth. Mitglied der schwarzen Organisation, diejenige, die dafür verantwortlich war, dass ihr Sohn nun schon so lange in den Fängen dieser Monster ausharren musste. Sie war schuld, an so vielen war sie schuld… Je mehr sie sich erlaubte, darüber nachzudenken, desto größer wurde der Kloß in ihrem Hals, sie zwang sich zu sprechen, jetzt, bevor sie es später nicht mehr konnte. „Wo ist er?“ Die Frage der Schauspielerin war bewundernswert klar über ihre Lippen gekommen. „Das, meine liebe Yukiko kann ich dir leider nicht verraten.“ Dieser winzige Satz geimpft mit Sharons süßlicher Stimme reichte aus, um jegliche Kraft wieder aus ihren Adern fließen zu lassen. „Aber-...“ Sharon aber unterbrach sie und ließ die Tränen in den Augen ihrer alten Freundin nicht weit kommen. „Jedenfalls nicht ohne eine kleine Bedingung.“ Das fordernde Lächeln auf ihren Lippen begleitete ihre Worte auch ohne dass die Blondine im Raum sein musste. Die Schauspielerin aber schluckte nur, spürte wie ihr Blut vor lauter Wut in die Wangen zurück stieg. Yusaku ging auf sie zu, bot seine Hand an und forderte sie so dazu auf, ihm das Gespräch zu übergeben. Yukiko aber winkte ab, schaltete jedoch auf Lautsprecher, die Augen der Mutter bekamen einen scharfen Glanz, ehe sie mit Bedacht sprach. „Was willst du, Vermouth?“ „Was schon, Yukiko?“ Sie seufzte, die ehemalige Schauspielerin konnte sie fast vor sich sehen, wie sie theatralisch ihre blonden Locken in den Nacken warf und mit ihren Fingern in der Luft gestikulierte. „Nachdem euer Sprössling unsere Truppe hat auffliegen lassen… versuche ich mir ein Rettungsboot zu organisieren. Frauen und Kinder zuerst, heißt es nicht so?“ Sie lachte, amüsiert über ihren eigenen schwarzen Humor. Dann aber bekam Sharon Stimme eine Schärfe, die sie die ganze Zeit über unterdrückt hatte, auch ihr ging es um etwas, ihr eigenes Leben nämlich. „Meine Liebe, ich habe ganz bestimmt keine Lust, mit diesem sinkenden Schiff unterzugehen.“ Yukikos Lippen wurden schmal, der Hass in ihrer Stimme war nun deutlich zu hören. „Und wie kommst du darauf, dass ich dir helfen könnte, dass irgendeiner von uns dir helfen will?“ Sie hatte diese Worte noch nicht ausgesprochen, als ein anderer Teil ihres Verstandes sie fragte, was sie da um Himmels Willen eigentlich tat! Doch Yukiko zwang die Stimme dazu, zu schweigen, wartete auf eine Reaktion ihrer ehemaligen Kollegin und sollte nicht enttäuscht werden. „Dachte ich mir doch, dass er diese Sturheit von dir geerbt hat, meine liebe Yukiko.“ Die aber blieb stumm, konnte dem amüsierten Lachen Sharons nichts weiter abgewinnen, während ihre Blicke Halt bei ihrem Ehemann suchten, der ebenfalls angespannt dem Gespräch lauschte. Als sie dann erneut zu sprechen begann, war plötzlich nichts mehr von dem Humor der vergangen Sekunden übrig geblieben. „Also schön, kommen wir lieber gleich zum Geschäft.“ Yukiko schluckte, biss sich auf die Lippen und spürte, wie sich die Kanten des Handys in ihre Handfläche bohrten, während sie sich noch fester daran klammerte. Die Amerikanerin seufzte nur, machte eine theatralische Pause, ehe sie mit bewusst belegter Stimme das aussprach, was eigentlich keiner von ihnen hatte hören wollen. „Seine Zeit läuft ab, Yukiko.“ Sein Kopf fühlte sich an, als hätte man ihm Watte zwischen die Ohren gestopft. Er blinzelte, versuchte eine klare Sicht zu bekommen, bis er sich daran erinnerte, wie unnütz dieser Versuch war. Für einen Moment stockte der Atem in seiner Lunge, jede noch so kleine Bewegung schmerzte und seine Arme fühlten sich an, als würden sie sich langsam aber sicher von seinen Schultern abtrennen. Shinichi schluckte, fühlte wie seine Zunge an seinem Gaumen klebte, während das ständig tropfende Wasser wie Hammerschläge auf seinen ohnehin schmerzenden Kopf trafen. Es fiel schwer, durch den Nebel, den er einst seinen Verstand geschimpft hatte, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Wie lange hatte er geschlafen? Wie lange war er schon hier? Er wusste es nicht mehr. Die Decke unter ihm hatte sich bis zu seinem Brustkorb mit dem herabtropfenden Wasser vollgesogen, schütze ihn nicht länger von dem Metalltisch, sondern leitete seine Kälte nur noch mehr zu ihm hoch. Shinichi spürte das Wasser in seinem Gesicht und auf seinem Hals, das ihn wie ein kalter Schweißfilm bedeckte und ihn noch zusätzlich zum Zittern brachte. Er seufzte, atmete lange aus und genoss den kurzen Moment der Entspannung, als sich seine Lunge erneut füllte, ehe sich ein kurzes Lächeln auf seinen Lippen blicken ließ, das auch das nervige Getropfte so schnell nicht verblassen lassen konnte. Doch die Erkenntnis hatte einen bitteren Nachgeschmack in seinem Mund hinterlassen, er wollte sich lieber nicht vorstellen, was passierte, wenn die anderen es rausfanden. Wenn die Welt erfuhr, wer der Boss der schwarzen Organisation gewesen war, die Japan in Atem gehalten hatte. Er wollte es ja selbst kaum glauben. Dass er keine handfesten Beweise hatte, machte die Sache nicht besser, dennoch war sich der Detektiv sicher, dass er alle Fäden richtig verfolgt hatte, dass es nur diesen einen Punkt gab, in denen sie zusammen liefen… und das war er. Sein Atem zitterte, er spürte wie ihn der dicke Nebel wieder einholte, und seine Gedanken mit sich reißen wollte, während es ihm immer schwerer fiel, dagegen anzukämpfen. Wenn er ihn hier unten noch länger verrotten ließ, würde ihm die Möglichkeit entgehen, es diesem Mistkerl unter die Nase zu reiben. Tropf Er schluckte, biss die Zähne zusammen, während sein Kiefer rebellierte. Tropf, Tropf, immer und immer wieder. Er spürte die Wege der einzelnen Wasserspritzer nur noch deutlicher, wie lästige, dreckige Fliegen krabbelten sie auf seinem Körper herum, und ließen langsam Ekel in seiner Kehle aufsteigen. Während das Kopfweh ihn langsam unruhig werden ließ und glauben machte, dass dieses verfluchte Spiel am Schluss doch noch ein Loch in sein Hirn bohren würde. Doch auch die Stimme in seinem Kopf konnte den Kloß in seinem Hals nicht tilgen. „Ja, verdammt!“ Doch mehr als ein heiseres Krächzen kam nicht aus seiner Kehle, denn auch wenn er wusste warum sein Geist und sein Körper so reagierte, gelang es ihm langsam nicht mehr dem noch auszuweichen. Er schluckte, biss auf die Zähne als sich ein Krampf seine rechte Wade hoch schlich. Seine Fußschellen klirrten, als er versuchte, wenigstens die Zehen zu bewegen und dem Ganzen entgegen zu wirken. Er seufzte, benetzte sich die trockenen Lippen ohne größeren Erfolg. Doch selbst über seine eigenen sarkastischen Bemerkungen konnte er nicht mehr wirklich lachen. Doch auch diesmal, lies die leise Stimme in seinem Kopf ihn nicht allein. Doch noch ehe der Detektiv Gelegenheit hatte, auf diese pessimistische Frage zu antworten, hörte er Schritte, oder zumindest glaube er das. Die Tropfen hörten sich anders an, und auch der rauschende Takt seines Kopfwehs in seinen Ohren klang anders. Tatsächlich höre er das Quietschen der Türklinke, lenkte seine Augen unnütz aber dafür mit Schmerz zur Geräuschquelle, doch die Stimme, die an seine Ohren drang, war nicht die, die er hätte hören wollen, sondern ließ die kleinen Härchen auf seinen Armen wie von Geisterhand zu Berge stehen. „Ahhh, guten Morgen Kudo. Schön zu sehen, dass du wach bist, ich dachte schon, du würdest meinen Besuch verschlafen.“ Bell. Der Detektiv schluckte, mobilisierte alle Reserven die seine trockene Kehle noch bot, um seinen Namen so klar und deutlich auszusprechen wie nur möglich, während ein zittriges aber triumphales Lächeln seine Worte begleitete. „Guten Morgen…, Hauptkommissar Matsumoto.“ Wenn es eine Hölle gab, dann sah sie vermutlich genauso aus wie das, was die letzten Minuten über hier passiert war. Das Kommando für seinen Einsatz war in dem Gewirr aus Menschen beinahe untergegangen, denn natürlich hatte die Organisation die Polizei bereits erwartet. Noch ehe das Sonderkommando der Polizei und die Leute vom FBI, die zur Datensicherung abgesondert waren, in die Nähe der betreffenden Räume gekommen war gingen die Sprengladungen hoch und das Chaos war ausgebrochen. Diesmal waren sie vorbereitet gewesen, hatten gewusst, dass die Organisation wissen würde, dass sie kommen. Denn eines wurde in dem Gewimmel von Menschen deutlich – die, die heute noch hier waren, wollten hier sein. Sie kämpften bis an die Zähne bewaffnet für das, was auch immer die Organisation ihnen versprochen hatte. Der Kommissar seufzte, ließ sich erschöpft gegen die Tür des Streifenwagens sinken in dem er gerade seinen letzten Schwarzkittel für heute verfrachtet hatte. Seine zitternden Finger, mit denen er sich den Schweiß von der Stirn wischte, verrieten Hattoris innere Anspannung. Noch immer kamen diese Maden aus allen Löchern gekrochen, liefen der Polizei freiwillig in die Arme, nachdem sie sich gebrüstet hatten alle Daten zerstört zu haben, sodass nichts mehr für die Beamten übrig war. Ein müdes Lächeln schlich sich auf die Lippen des jungen Kommissars. In diesem Fall war es nicht mehr nötig, noch irgendwelche Informationen über die Organisation zu bekommen. Selbst wenn sie nicht über alle Machenschaften informiert waren, selbst wenn sie nicht jeden dieser Typen hinter Gitter bringen konnten. Es war vorbei. Hattori schluckte, ließ seinen Blick erneut herum wandern. Das Gebäude glich einem Kriegsschauplatz. Fenster waren zerstört, ganze Stockwerke standen in Flammen, während noch immer uniformierte ein- und ausströmten. Er kam sich vor wie in einem billigen Kriminalstreifen, nie hätte er geglaubt, dass es mit der Organisation so zu Ende gehen würde. Mit einem bitteren Lächeln streifte sein Blick die Waffe, die schwer in seiner Hand wog, und ihr eisernes Gehäuse mittlerweile warm an seine Finger presste. Denn auch wenn er es nicht gerne zugab, hatte Kudo damals doch Recht gehabt, er hasste diese Dinger mindestens genauso wie er. Der Kommissar stöhnte, rieb sich die im Chaos angeschlagene Schulter und legte den Kopf in den Nacken, sah dem grauen Himmel Tokyos entgegen, der noch immer darauf wartete, die Feuer zu löschen. Er wollte gerade sein Handy aus der Tasche ziehen und seiner Frau Entwarnung geben, als die kalte Stimme von Shuichi Akai über den Platz donnerte. Er erkannte den Agent nur wenige Meter von ihm entfernt, am Seitenausgang des Organisationsquartiers, wo er einen der Männer in Schwarz gegen die Mauer drückte, während die Pistole des FBI Agents am Hals des Hünen ruhte. Seine Kehle wurde automatisch trocken, als er erkannte, wen genau Agent Akai da gestellt hatte. Heiji schluckte, straffte seine schmerzende Schulter und machte sich daran, mit großem Schrittmaß die Entfernung zwischen ihnen zu überqueren. Hören allerdings konnte er die bedrohliche Stimme des Bundesagenten schon von weitem. „Wo ist er!?“ Ohne mit der Wimper zu zucken bohrte Akai die Mündung seiner Waffe weiter in den massigen Hals Wodkas, sodass der metallene Schaft in seinem deutlich gerötetem Fleisch versank, während er das Handgelenk des Organisationsmitglieds um weitere Millimeter verdrehte. Wodkas Züge verzerrten sich kurz, der Atem des Hünen ging schwer, sodass sich seine Worte zwischen die einzelne Atemzüge pressten, für das dreckige Lächeln auf seinen Lippen aber schien seine Kraft noch zu reichen. „Sehnsucht nach deinem alten Partner, häh, Rye?“ Ein dumpfes Stöhnen drang aus Wodkas Kehle, als Akai sein Handgelenk bis zum Anschlag verdrehte. Heiji schluckte, beschleunigte seinen Schritt. Akai aber achtete nicht auf das schmerzverzerrte Gesicht seines Gefangenen, genoss es, wie sich der Putz des Gebäudes langsam in Wodkas Wange bohrte. „Schnauze, ich hab dich gefragt, wo der Junge steckt!“ „Oh, der.“ Ein glucksendes Lachen entkam seiner Kehle. Er musste mit seinen kleinen Augen weit zur Seite schielen, um noch in den Genuss von Akais Miene zu gelangen. „Na, was glaubst du wohl? Schließlich hast du dich lange genug wie eine Made bei uns eingegraben, um zu wissen, wie die Organisation mit ihren Versuchskaninchen umgeht.“ Der FBI Agent aber blieb ruhig, spürte, wie sich die Sehnen und Bänder von Wodkas Arm unter seinen Fingern spannten, nicht mehr lange und ihre Fasern würde nachgeben, genauso wie ihr fülliger Besitzer irgendwann den Mund aufmachen würde, denn diesmal saßen sie am längeren Hebel. Doch gerade als sich ein kurzes Lächeln auf die dünnen Lippen des Agenten schmuggeln wollte, fuhr ihm eine weitaus weniger ruhige Stimme dazwischen, verkündete unverwechselbar, dass nun auch Heiji Hattori zu ihrer kleinen Szene hinzugestoßen war. „Hör zu du mieses Arschloch, wenn de jetzt nich sofort ausspuckst, wo ihr Drecksäcke Kudo versteckt haltet, schwör ich dir, ich ramm‘ dir die Kugel so tief in deine Wampe, dass kein Chirurg der Welt se jemals wieder rausbekommt.“ Auch wenn die Aufregung des Kommissars mehr als unangebracht war, konnte sich Akai ein kurzes Lächeln nicht verkneifen. Gerade aber, als der FBI Agent seinem jüngeren Kollegen ein wenig zur Raison bringen wollte, erklang eine andere Stimme über den Platz und ließ das Blut in seinen Adern augenblicklich zu Eis gefrieren. „Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir die Gesprächsbedingungen ein wenig ändern, meint ihr nicht auch?“ Shuichi blickte sich um, löste jedoch weder die Pistole von Wodkas Hals noch den Druck an seinem Handgelenk. Das Bild, das sich ihm bot, als er sich nach seinem Erzfeind umdrehte, ließ selbst dem erfahrenen Agent den Atem in der Kehle stocken, unruhig wanderten seine Augen zu dem Mann an seiner Seite, der sowohl Wodka als auch ihn bereits zu vergessen haben schien. Sein brauner Teint hatte jegliche Farbe verloren, die grünen Augen des Kommissars waren starr, wirkten glasig und leer, während sein Mund zu einem stummen Schrei geöffnet war. Hätte er in diesem Moment nicht direkt neben ihm gestanden, hätte er die heisere Stimme des Kommissars nicht gehört, die in einem erstickten Flüstern aus seiner Kehle drang. „Haiku…“ Die Stille im Raum war schneidend, wurde nur von dem plätschernden Glucksen des Wasserbehälters über seinem Kopf unterbrochen, der immer öfter Luft einsaugte, wenn er einen Wassertropfen frei gab. Tropf Diesmal aber zuckte er nicht, war für diesen Moment taub gegen die Schmerzen, die ihm der Aufprall verursachte und wandte den Blick nicht von ihm ab, seine Augen durchdrangen den Boss der Organisation mit scharfem Blick, auch wenn er hinter dem schwarzen Nebel der Kontaktlinsen verschwand. Er hörte, wie der Boss einen weiteren Schritt auf ihn zumachte, ehe die massige Gestalt des Hauptkommissars neben ihm zum Stehen kam und er die Wärme spüren konnte, die der Körper des Hünen abgab. Dennoch war es Bells Stimme, die am Ende die drückende Stille durchschnitt, er klang zufrieden. „Wie ich sehe, bist du noch immer bei einigermaßen klarem Verstand. Nett, dass es dir tatsächlich noch einmal gelungen ist, mich zu überraschen.“ Shinichi schluckte, ein allzu bekanntes Geräusch, ein kleines Klicken drang bis an seine Ohren vor. Matsumoto hatte den Stimmentransposer abgestellt. „Guten Morgen, Shinichi Kudo.“ Die Stimme des ehemaligen Hauptkommissars war es, die ihm mit ihrem kratzigen Ton eine Gänsehaut verpasste. Er hatte Recht. Der gewaltige Mann mit dem dunkeln, mittlerweile vermutlich graumelierten und dichten Schnurrbart, war es, der ihn hier unten festhielt. Das ehemalige Oberhaupt der Tokioter Polizei, ein Polizist, ein Mann für die Gerechtigkeit, war der Boss der Organisation. Shinichi schluckte, hörte wie der kleine Sessel neben ihm quietschte, als sich Matsumoto hineinsinken ließ, während er darauf wartete, dass er zu sprechen begann. Der aber ließ sich Zeit, genoss in aller Ruhe den letzten Kämpferischen Moment zwischen ihm und diesem Detektiv, ehe er sich daran machen würde, seinen Geist gänzlich in die Knie zu zwingen. Tropf. Tropf. Der Oberschüler zitterte, könnte die kleinen Zuckungen seiner Muskeln nicht länger vor ihm verbergen. Dunkle Ringe hatten sich tief unter seinen Augen eingegraben, und der Feuchtigkeitsfilm in seinem Gesicht verliehe ihm einen fiebrigen Glanz, während seine rissigen Lippen stumm nach Wasser bettelten. Er lachte genießerisch in sich hinein, stützte sein Kinn auf seine gefalteten Hände, er hatte beschlossen, die letzten klaren Minuten von Shinichi Kudo ein wenig zu genießen. „Sag mir Detektiv, was hat mich verraten, wie hast du herausbekommen, dass ich es bin, der sich hinter William Bells falscher Stimme versteckt?“ Die Lippen des Detektivs aber zitterten nur kurz, er machte Ansätze zu sprechen, doch seine trockenen Stimmbänder versagten ihm den Dienst. Der Reiz in seiner Kehle brachte Shinichi zum Husten, während Matsumoto abwartete, bis das Beben seiner Lunge ein Ende hätte. „Wenn Sie das wissen wollen, wäre ein wenig Wasser nicht schlecht.“ Die kratzigen Worte des Detektivs hatten es kaum an seine Ohren geschafft, als wütende Hitze langsam ihn ihm hoch kochte. Glaubte dieser Kerl wirklich dass er sich so leicht manipulieren lassen würde? Doch der Hauptkommissar zwang seine angespannten Fäuste zur Ruhe, pflasterte ein süßliches Lächeln auf seine schmalen Lippen, während er sprach. „Was sagst du? Ich habe dich leider nicht verstanden, Kudo? Wenn du etwas Wasser haben willst, musst du schon darum bitten.“ Der Ansatz eines trockenen Lächelns begleitete Shinichis, rostige Stimme. „Vergessen Sie´s.“ Er schluckte, sein verdunkelter Blick suchte den des Bosses. „Das alles hier wird ihnen gar nichts nutzen, was auch immer sie von mir wollen, von mir werden sie es nicht bekommen, auch wenn sie meinen Verstand noch so sehr zu Brei schlagen.“ Matsumotos Lippen wurden schmal, während sich seine buschige Augenbraue langsam hob und seine Narbe dabei schmerzhaft spannte. Sein Blick glitt still und bedrohlich über den Detektiv, wanderte von seinen trockenen Lippen zu der langsam vernarbenden Wunde, die der seinen nicht unähnlich sah. „Ich will deinen Verstand ganz Gewiss nicht zu sehr zerstörten Shinichi Kudo, schließlich brauche ich ihn noch.“ Ein flüchtiges Lächeln glitt über seine Lippen, als er seine Hand über das längst verlassene OP-Besteck gleiten ließ, er hörte wie der Detektiv scharf den Atem anhielt, als er das Metall im Raum wiederhallen hörte. Matsumoto aber ließ sich nicht beirren, drehte sich erneut zu dem Jungen um und ließ die scharfe Skalpell Klinge über seine Wange streichen. „Glaub mir… ich finde ein anderes Mittel um dich zum Sprechen zu bringen.“ Das filigrane Metall, reflektierte sein kaltes Lächeln als er es mit einer, fast schon zu langsamen, Bewegung der Flugbahn von Gins Kugel folgen ließ und dabei das Fleisch des Detektiven an dieser Stelle in zwei schnitt. Shinichi hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken, ehe etwas Warmes langsam seine Wange hinunter sickerte. Blut. Tropf Das Wasser, das über seine Stirn rann, konnte den pochenden Schmerz nicht lindern, brannte in der frisch aufgerissenen Wunde nur. Nur mühsam beruhigte sich der flach gewordene Atem des Oberschülers und auch die Stimme des Bosses ließ keinen Hauch von Ärger mehr zu. „Entweder du bettelst jetzt um Wasser Kudo, oder du erzählst es mir ohne einen Schluck zu trinken. Aber du wirst mit mir reden, haben wir uns verstanden?!“ Die kalte Klinge des Skalpells traf seine trockenen Lippen, benetze seinen Mund flüchtig mit dem Geschmack seines eigenen Blutes, das noch immer an der Messerschneide klebte. Shinichi atmete lange aus als die Klinge seine Haut wieder verließ, spürte noch immer das Pochen an seiner Wange, während er für einen Moment lang mit sich rang. Er hasste es, diesem Mann zu geben was er wollte, aber wenn er etwas nicht gebrauchen konnte, waren das noch mehr Schmerz und Blutverlust, ganz zu schweigen, dass sich sein Gewebe vermutlich entzünden würde durch das dreckige Wasser, das immer wieder auf ihn hinunter tröpfelte. Er schluckte, spürte wie seine Zunge an seinem Gaumen kleben blieb, während er seinen spröden Lippen den Befehl gab zu sprechen. Denn um Wasser betteln würde er ganz sicher nicht. Er kniff die Augen zusammen, versuchte die nervige Stimme in seinem Kopf los zu werden. Shinichi ignorierte das Zwiegespräch mit sich selbst, konzentrierte sich darauf, die Worte so zu formen, dass er ihn einigermaßen verstehen konnte. „Ihr Argument mit dem Opfern der Bauern hat mich auf die richtige Spur gebracht. Zusammen mit dem Krähenlied und Vermouths Aussage über die Organisation.“ Der Boss aber schwieg, hörte den bröckeligen Worten des Oberschülers ruhig zu. „Außerdem konnte nur jemand von der Polizei so schnell Dr. Matsudos Motiv herausfinden.“ Matsumoto nickte geistesabwesend, fragte nicht nach, was genau sein kleiner Liebling ihm verraten hatte, das den Detektiv am Schluss auf seine Spur geführt hatte. Er hatte schon lange befürchtet, dass diese golden glänzende Medaille zwei Seiten hatte; dass das Lieblingsstück seiner Sammlung gleichzeitig ein Miststück war, war ihm ohnehin schon lange klar gewesen, sonst hätte es jemand wie sie in der Organisation wohl kaum so weit gebracht. Vermouth war die Erste gewesen, die nach dem Video von der Bildfläche verschwunden war. Anders als jemand wie Gin, der sich der Organisation, ihren Mitteln und Methoden völlig verschrieben hatte, hatte sie die Organisation nur für ihre eigenen Zwecke benutzt. Wahrscheinlich war es ihr deswegen nicht allzu schwer gefallen, ihnen den Rücken zu kehren. Der Schnauzer des Hauptkommissars zuckte gefährlich, doch noch ehe er sich weiter darüber Gedanken machen konnte, ob es nicht sicherer war, Vermouth von dem kleinen Rest seiner Truppe aufspüren zu lassen, erklang erneut die brüchige Stimme von Shinichi Kudo im Raum. „Ziemlich eitel eigentlich, das Lied…“ Das heisere Lachen des Bosses drang aus Matsumotos Kehle, während er über die Bemerkung des Detektivs amüsiert schmunzelte. „ Es gibt nichts Trügerischeres, als eine offensichtliche Tatsache. Das habe ich doch richtig zitiert, oder nicht?“ Shinichi aber schluckte nur, seine Kehle brannte, das Sprechen hatte die letzten Reserven aus ihm heraus geholt, sodass er zu diesem Zeitpunkt froh war, dass die das nervigen Tropfen des Wassers seinen Verstand in diesem Moment davon abhielten, im Nebel zu versinken. „Ein nettes kleines Kinderlied, wer sollte da schon Verdacht schöpfen?“ Shinichi aber antwortete nicht, wartete, bis Matsumoto weiter sprach. „Niemand hat den Boss der Organisation jemals so weit oben unter den Polizisten gesucht. Das FBI hat mehrmals versucht, jemanden einzuschleusen, doch wir waren immer schneller. Ich hatte meine Augen überall. Es war einfach perfekt-“ „Bis vor zehn Jahren…“ Die raue Stimme des Detektiven hatte ihn unterbrochen, saure Galle stieg dem Boss die Kehle hoch, als er das schwache Lächeln auf Shinichi Kudos Lippen bemerkte, doch er zwang sich zur Ruhe. Die Stimme Matsumotos hallte kalt in dem kleinen Labor wieder, ließ Shinichis ohnehin schon steife Muskeln verkrampfen. Vielleicht war er einen Schritt zu weit gegangen. „Ganz genau, bis vor zehn Jahren. Als du und das FBI angefangen habt, uns auszurotten.“ Ein Grinsen schlich sich auf seine Züge, während er sich langsam zu Kudo hinüber beugte, bis der seinen Atem auf seiner Schläfe spüren konnte. „Sag mir Kudo, wie fühlt sich das an, von Rache getrieben nichts anderes im Kopf zu haben, als die Gegenseite zu zerstören?“ Er lachte trocken, lehnte sich wieder in den Stuhl zurück. „Du wärst wirklich ganz wunderbar auf unserer Seite aufgehoben gewesen, ich bin sicher, du hättest dich gut mit Gin verstanden… wenn dir deine dämliche Moral nicht so im Wege gestanden hätte.“ Der Boss machte eine theatralische Pause, seufzte kurz, sodass Shinichi vor seinem inneren Auge förmlich sehen konnte, wie Matsumoto bedauernd den Kopf schüttelte. „Aber gut, es sollte wohl nicht so sein. Du hattest einen anderen Weg eingeschlagen, hast geglaubt, du würdest dich für die Gerechtigkeit und das Gute in der Welt einsetzen, nicht wahr, Kudo?“ Shinichi schluckte, spürte, wie die Stimme des Hauptkommissars einen gefährlichen Unterton gewann, der ihm langsam aber sicher die Kehle zuschnürte. „Aber sag mir, Shinichi Kudo… wohin hat dich dieser Weg letzten Endes geführt?“ Ein höhnisches Lachen drang aus Matsumotos heiserer Kehle. „Es ist wirklich schade, dass du das kleine Geheimnis deiner Jugend nicht mit mir teilen wolltest, ich bin sicher, du fühlst dich einsam, so ganz allein außerhalb deiner eigenen Zeit oder? Ganz allein, ohne die kleine Sherry an deiner Seite… und ohne deine geliebte kleine Freundin.“ Er sah wie die Muskeln des Detektivs sich spannten, während seine trüben blauen Augen gefährlich scharf wurden, als er dem nächsten Tropfen entgegen sah. Tropf. Er wartete den Moment ab, beobachtete genüsslich wie der Wassertropfen sich seinen Weg über die Stirn des Detektivs bahnte, um dann in seinen Augenwinkel einzudringen und ihn zum Blinzeln zwang. „Glaubst du wirklich, dass du oder deine kleinen Freunde vom FBI sie ewig vor mir verstecken können, Kudo?“ Dieser Punkt schien selbst den sonst so kühlen Kopf des Detektivs aus den Angeln zu heben. Er konnte sehen, wie sich die Muskeln seines Kiefers spannten, als Kudo die Zähne zusammenbiss, seine Drohung prallte brüchig an seine Ohren. „Lassen Sie Ran da raus.“ „Wieso sollte ich? Du hast den Deal schließlich auch nicht eingehalten. Du hast alles, was ich mühsam aufgebaut habe, zerstört und wirst das Geheimnis der ewigen Jugend mit dir ins Grab nehmen. Wieso sollte ich mich dafür nicht gebührend bedanken?“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern als er seinem Gegner ein heiseres Versprechen ins Ohr wisperte. „Ich werde sie finden, glaub mir, Kudo.“ Panik brachte sein Herz zum Rasen, doch Shinichis Lippen waren zu schwach zum Sprechen. Ohnmacht kroch ihm kalt und träge in die Adern, mischte sich dort mit Furcht. Matsumoto seufzte, ließ sich wieder tiefer zurück in den Sessel fallen und beobachtete wie die Gesichtszüge des Jungen zuckten. „Aber erst einmal werden wir beide noch etwas Zeit miteinander verbringen. Du hast also meine Identität herausgefunden? Schön… aber ich weiß genau, wie ich die Informationen bekomme, die ich haben möchte.“ Die Augen des Detektivs wurden trüb, seine Lieder zitterten, es war offensichtlich, dass Shinichi Kudo mit der Ohnmacht kämpfte, die sein Körper ihm aufdrängen wollte. Hätte Shinichi das Lächeln auf seinen kalten Lippen gesehen, wäre ihm davon ganz bestimmt schlecht geworden. Tropf. Doch Shinichi kam von dem stummen Blicken Matsumotos nichts mehr mit und selbst das Trommeln auf seiner Stirn wurde langsam dumpf, drang nicht mehr wirklich zu ihm durch. Er blinzelte ein letztes Mal, versuchte, sich gegen die eisernen Griffe der Ohnmacht zu wehren, die seinen Körper und seinen Verstand langsam mit sich zog. Shinichi schluckte, sein zitternder Atem beruhigte sich langsam, er wusste längst, dass er diesen Kampf verloren hatte. Doch noch während seine Gedanken langsam in dem dichten Nebel verschwand, hörte er ein weiteres Mal das Klicken des Stimmentransposers. „Ich werde auf dich warten… Shinichi.“ Ihre Stimme streichelte seine Wange, während sein Verstand in der Dunkelheit versank. Hallo ihr Lieben, Himmel noch eins is das Warm hier in meiner Bude T//T und ich sitz hier drin und muss lernen für meine Prüfung nächste Woche, während mein Hirn wahrlich durchschmort vor Hitze. Aber gut ^.^ Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen! Wie immer meinen aller herzlichsten Dank für eure Kommis!!!! *knuddl* Nun wisst ihr wer der Boss ist, und ich weiß bis heute noch nicht ob ich mir einen gefallen damit getan habe jemand bekannten zu nehmen *kopfschüttel* Jedenfalls hoffe ich dass es euch gefallen hat! Natürlich würde ich mich wieder sehr über eure Meinung freuen, auch wenn die Kapis in Grundzügen schon stehen wäre ein wenig Anspron nicht schlecht ;) Nochmals vielen Dank! Liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 42: Schwarze Witwe -------------------------- Rückblick- Shinichi schluckte, sein zitternder Atem beruhigte sich langsam, er wusste längst, dass er diesen Kampf verloren hatte. Doch noch während seine Gedanken langsam in dem dichten Nebel verschwand, hörte er ein weiteres Mal das Klicken des Stimmentransposers. „Ich werde auf dich warten… Shinichi.“ Ihre Stimme streichelte seine Wange, während sein Verstand in der Dunkelheit versank. -Rückblick ENDE Schwarze Witwe „Seine Zeit läuft ab Yukiko.“ Die Worte ihrer ehemaligen Kollegin brachten den Atem in ihrer Kehle zum Stocken, die Schauspielerin schluckte, während sie versuchte, ihre zitternden Worte zu einer verständlichen Frage umzuformen. „Wie meinst du das? Was ist mit Shinichi?“ Sharon aber seufzte nur, auch nach all den Filmen, in denen Yukiko Kudo mit ihrem schauspielerischem Talent geglänzt hatte, verriet ihre heisere Stimme sie. Yukiko hatte Angst, Angst um das Leben ihres Sohnes. Doch die blonde Schönheit ließ nichts ihrer eigenen Befürchtungen in ihren Worten durchdringen, als ihre herablassende Stimme Yukikos Ohr streifte. „Hattet ihr etwa geglaubt, dass der Boss sich das einfach so gefallen lässt? Dass er stumm zuschaut, während ihr seine wunderbare Organisation auseinander pflückt? Ganz bestimmt nicht…“ Yusaku schluckte, ballte die Hände zu nutzlosen Fäusten. Doch Sharon hatte keine Gnade mit ihnen. Unbarmherzig sprach sie weiter, sodass sich Yusaku nicht zum ersten Mal während dieses Gesprächs fragte, wieso Shinichi überhaupt auf ihren Deal eingegangen war. Denn so, wie sich Sharon ihnen gegenüber präsentierte, hätte das Gegengift für Ran genauso gut wirkungslos sein können. Yusaku schluckte, ignorierte die Stimme seines Sohnes in seinen Ohren, um dem weiblichen Organisationsmitglied weiter zuzuhören. „Und jetzt, wo die Luft selbst für jemanden wie ihn langsam dünn wird, ist es nur noch eine Frage der Zeit. Die Existenzberechtigung für euren Sohn besteht vermutlich schon lange nicht mehr, die Forschungen am APTX wurden eingestellt, nachdem sich die Wissenschaftler dank ihm längst nicht mehr aus ihren Löchern wagen.“ Vermouth schluckte, strich sich eine ihrer blonden Locken hinters Ohr. „Es wird eng für ihn Yukiko, wie schon gesagt, Shinichis Zeit läuft ab.“ Die Worte ihrer ehemaligen Freundin krochen ihr unter die Haut und brachten ihren Atem zum Stocken. Die Schauspielerin spürte nicht, wie ihre Hände zu zittern begannen, so sehr, dass ihr das Handy langsam aus den Fingern glitt, während ein Film aus heißen Tränen ihren Blick verschleierte. „Shinichi…“ Sie zuckte kurz, als die kalten Fingerspitzen ihres Mannes sie berührten und er ihr langsam das Handy aus den Fingern nahm, um für sie das Sprechen zu übernehmen. „Ich hoffe, du glaubst nicht, dass uns diese vagen Informationen reichen, um das FBI darum zu bitten, auch nur irgendeine Art von Deal mit dir auszuhandeln, Sharon.“ Das Organisationsmitglied am anderen Ende der Leitung schluckte nur. Doch um in trüben Erinnerungen zu fischen, war jetzt keine Zeit. Gekonnt verwandelte sie ihre schmalen Lippen in ein Lächeln, das sich sanft an den Lautsprecher des Telefons schmiegte. „Aber natürlich nicht mein Lieber, es gibt da noch mehr, was ich euch sagen kann… aber lass mich zunächst eine andere Frage stellen.“ Ihre graublauen Augen wurden scharf, ihr wissender Blick glitt zu der Person ihr gegenüber, während sie in die gespannte Stille am anderen Ende der Leitung hinein lauschte. „Vermisst ihr da nicht noch jemanden?“ Ein erstickter Schrei verließ Kazuhas Kehle, doch es war Mori, der als erstes seine Stimme wiederfand. „Was?“ Sharon aber tat ihm nicht gleich den Gefallen, nippte seelenruhig an ihrem schwarzen Kaffee und genoss für einen Moment die Macht, die ihr die Organisation nun so viel Jahre über gegeben hatte, während ihre Augen immer noch unverwandt auf ihr lagen. Mit einem neckischen Tonfall in ihrer Stimme löste sie ihr kleines Rätsel schließlich auf. „Ich weiß, dass dem FBI ein kleines Vöglein ausgebüchst ist, das eigentlich hinter dem goldenen Käfig in Sicherheit hätte bleiben sollen, hab ich nicht Recht?“ Ihre Lippen formten ein süßliches Lächeln. „Nun…, zufälligerweise bin ich gerade bei ihr.“ Er befahl seinen kurzen Beinen ihn die Treppe hoch zu tragen und kam außer Puste, noch bevor er oben angekommen war und die Türklinke erreicht hatte. Mit zitterndem Atem grub er den Schlüssel aus seiner Hosentasche, verfehlte das Schloss beim ersten Mal, ehe die Tür endlich nachgab. Der Duft ihres Parfüms mischte sich an diesem Ort mit dem billigen Aftershave ihres Vaters, während der Geruch von hausgemachtem Essen und Bier das Gemisch von Gerüchen vollendeten, das ihn unverkennbar in der Detektei erwartet hatte, wenn er nach Hause kam. Das graue Licht der Nachmittagssonne schien dem Raum jegliche Farbe entzogen zu haben, während das Herz des kleinen Jungen ihm bis zu Hals schlug. „Ran!“ Doch sie antwortete nicht. Warum antwortete sie nicht? Conan schluckte, spürte wie Panik Hitze unter seiner Haut säte. „RAN?!“ Doch gerade als der Grundschüler seinen Weg in die Küche einschlug, legte sich eine warme Hand auf seine Schulter und ließ ihn augenblicklich zusammenzucken. „Vergiss es Knirps, sie ist nicht hier.“ Shinichi Kudo seufzte, ging an ihm vorbei, ließ sich mit distanziertem Blick auf das Sofa sinken und beobachtete von dort aus wie die Erkenntnis, wo er war, langsam in den kleinen Jungen hinein sickerte. Der stöhnte unüberhörbar und fuhr sich fluchend mit den kleinen Fingern durchs sowieso schon zerzauste Haar. „Nicht schon wieder…“ „Ich fürchte doch.“ Diesmal aber ließ Bells Stimme beide seiner anderen Ichs zusammenzucken, sodass der Oberschülerdetektiv ihm einen genervten Blick zuwarf, während sich die elektrisierten Härchen in seinem Nacken nur langsam wieder beruhigten. „Verdammt nochmal. Können wir uns einfach darauf einigen, dass du nur etwas sagst, wenn du gefragt wirst? Bitte, um unserer Neven Willen.“ Bell, der sich gegen Moris Schreibtisch gelehnt hatte, runzelte nur mit der Stirn, schluckte gekränkt, während die Augen seiner beiden anderen Ichs ihn immer noch mit den Blicken eines gehetzten Tieres begegneten. Dennoch seufzte er, zuckte nur mit den Schultern und wandte den Blick von den beiden ab, versuchte, seine Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen, ehe er antwortete. „Wenn ihr meint…“ Doch der Zweifel und der Hauch von Ärger war auch aus Bells Stimme nicht so leicht zu waschen, Shinichi seufzte, nickte dankend. Er konnte ihn ja verstehen… Er schluckte, spürte wie sein pochendes Herz sich langsam beruhigte, ehe sein Blick zu dem Grundschüler schweifte, der noch immer wie angewurzelt vor der Tür stand. Shinichi seufzte, sein Blick streifte Bell, der angefangen hatte, seine Brille zu polieren, nachdem man ihn erst einmal für unnütz erklärt hatte, ehe er seine Stimme an den Grundschüler richtete. „Beruhig dich, Conan…“ Der aber blinzelte kurz, warf seinem älteren Ich dann einen bösen Blick zu, verschränkte genervt die Arme vor der Brust. „Lass mich und nenn mich gefälligst nicht so.“ Der Siebenjährige wandte den Blick ab, sah nicht, wie Bells Augenbrauen in die Höhe gingen und er Shinichi einen fragenden Blick zuwarf, sodass dieser nur die Stirn runzeln konnte. „Ach, und wie soll ich den Herrn dann nennen? Denkst du nicht, dass es ein wenig verwirrend wird, wenn wir uns alle gegenseitig mit Shinichi ansprechen?“ Conan aber schluckte nur, ging zum Fester der Detektei, kletterte auf die Fensterbank und starrte nach draußen, während er seinen Rücken gegen die Mauer lehnte. „Es ist trotzdem unfair…“ Shinichi aber rollte nur die Augen, versuchte Bells Bick zu ignorieren, der dem Kleinen offensichtlich Recht gab, doch gerade als er etwas erwidern wollte, erklang die mit einem Mal raue Stimme des Grundschülers erneut. „Ich dachte- ich dachte sie sei hier.“ Er schluckte, wandte den Blick aus dem Fester. „Ran.“ Bell räusperte sich, für einen Moment tauschten die Älteren besorgte Blicke aus, ehe der Oberschüler seine zugeschwollene Kehle dazu überreden konnte, zu sprechen. „Ich weiß…“ Ran schluckte trocken und starrte die blonde Schönheit die ihr gegenüber saß weiter an. Vermouth. Ihr Herz hatte für einen kurzen Moment ausgesetzt, als sie mit ihrem Handy am Ohr das Café betreten und es in ihren hochhackigen Schuhen durchquert hatte, um sich dann wie selbstverständlich zu ihr an den Tisch zu setzen. Sie hatte das Organisationsmitglied und ihr ehemaliges Vorbild gleich erkannt. Vermouths Verkleidung war minimalistisch, die Sonnenbrille hatte sie bereits abgelegt, sodass nur noch das zart blaue Seidentuch um ihren Kopf sie vor zu vielen neugierigen Blicken schützte, auch wenn sich bereits einige ihrer blonden Locken an die Freiheit kämpften. Angst und Wut hatten die Muskeln der jungen Frau bis zum Zerreißen gespannt, während ihr Verstand zwischen dem Versuch, Vermouth in die Mangel zu nehmen und der Idee, schnellst möglichst von hier weg zu kommen, hin und her gerissen war. Das Organisationsmitglied jedoch hatte ihr schnell klar gemacht, wer hier die Zügel in der Hand hielt. Noch nachdem sie sich an Rans Tisch gesetzt hatte, führte sie das Telefongespräch einfach weiter, bis es der jungen Lehrerin langsam dämmerte, mit wem und worüber sie eigentlich sprach. Die Angst um Shinichi fesselte sie an ihren Platz, während sie darauf wartete, dass Sharon sich endlich ein Herz fasste und ihnen sagte, wo er war. Denn wenn das, was sie sagte, auch nur einen Funken Wahrheit besaß, mussten sie ihn da rausholen - und zwar schnell. Sie mussten ihn retten, bevor es - bevor es wirklich zu spät war. Ran schluckte, funkelte die Schauspielerin aus wütenden blauen Augen an. Denn im Moment spielte diese Frau mit ihnen einzig und allein Katz und Maus. Ein verräterisches Lächeln kräuselte sich auf ihren Lippen, als die Stimme ihres Vaters aufgebracht am Apparat erklang. Ran schluckte, schämte sich beinahe, als sie die Panik in seinen Worten hörte. Mori aber sah den bekümmerten Blick seiner Tochter nicht, sondern blaffte der ehemaligen Schauspielerin gereizt ins Ohr. „Was? Ran ist da?! Wo ist sie, spucken Sie´s schon aus, Sie miese-…“ Vermouth verzog betont beleidigt das Gesicht, schenkte der jungen Frau vor sich einen gekränkten Blick, ehe sie ihren Vater zurechtwies. „Ich muss doch sehr bitten, Herr Mori. Und Yukiko, schäm dich, wo sind deine Manieren? Das hier sollte ein privates Gespräch unter alten Freunden werden.“ Doch die Antwort, die Sharon erhielt, war mehr als deutlich. „Wir sind keine Freunde, Vermouth.“ Yukikos Worte trafen sie tief, an einer Stelle, von der sie immer behauptet hatte, sie existiere nicht mehr. Das Organisationsmitglied schluckte, provozierte so eine kurze Stille in der Leitung, ehe sich das professionelle Lächeln auf Sharon Vinejards Lippen wieder zurückmeldete. Als Schauspielerin sollte man schließlich mit spontanen Einwürfen aus dem Publikum arbeiten können. „Oh, aber meine Liebe, natürlich sind wir das und ich werde es dir beweisen, und zwar, indem ich die kleine Ran hier von einer Dummheit abhalte.“ Ran aber schluckte nur, während ihre Gesichtszüge sich spannten. Sharon aber hielt von der stummen Warnung wenig, sprach ohne Ran eines weiteren Blickes zu würdigen weiter, als wäre sie gar nicht da. „Schließlich bin ich mir sicher, dass ihr nicht wollt, dass die Gute einem meiner Kollegen in die Finger läuft, hab ich nicht Recht? Manche dieser Männer haben wirklich überhaupt kein Benehmen, müsst ihr wissen…“ Diesmal war es Eri, die trotz all ihrer eigenen Erfahrung mit menschlicher Manipulation auf Vermouths spitze Zunge reagierte. „Ran!“ Die Verzweiflung in der Stimme ihrer Mutter ließ Ran kurz zusammenzucken, während Vermouth sie regelrecht zu genießen schien. „Ah, ich sehe, die Familie Mori weiß, wovon ich spreche.“ Sie kicherte gekünstelt, vergrub den weißen Schaum ihres Kaffes mit einem klimpernden Geräusch langsam in seinen schwarzen Tiefen und gab der Flüssigkeit dadurch eine dreckige Farbe. „Dann sollte ich wohl besser sehen, dass ich dieses kleine Vögelchen hier in Sicherheit bringe, bevor es noch etwas Dummes anstellt, sehe ich das richtig?“ „Tue ihr nichts, Sharon, ich bitte dich…“ Doch die raue Stimme des Schriftstellers wurde von ihr nur mit einem abschätzigen Blick belohnt, während sie über den Rand ihrer Tasse verheißungsvoll zu Ran aufblickte. „Oh, aber Yusaku, wie könnte ich? An angel without its wings would be useless after all… im Gegenteil. Ich bin hier, um zu verhindern, dass sie versucht, etwas zu retten, das wahrscheinlich schon nicht mehr zu retten ist.“ "Nein!" Diesmal war es Ran selbst, deren schneidender Ton Vermouths Pläne durchkreuzte. Zum ersten Mal seit sie das Café betreten hatte, schauten Sharons kalte Augen in ihre. Ran aber hielt ihrem Blick stand, sodass sich eine Augenbraue der blonden Schönheit interessiert hob, während der Vater des Mädchens am anderen Ende der Leitung einen keuchenden Laut von sich gab. „Ran? Ran, verdammt noch mal, was tust du da?“ Doch die junge Frau reagierte nicht auf die aufbrausende und besorgte Stimme ihres Vaters, sondern hielt dem fixierenden Blick des weiblichen Organisationsmitglieds weiter stand. Auch wenn ihr Atmen zitterte, doch ihre Stimme verriet sie nicht und beherbergte die gleiche Stärke wie ihre dunkelblauen Augen. „Behalten Sie Ihre verdammten Informationen und glauben Sie bloß nicht, dass Sie mich aufhalten könnten.“ Ran schluckte, ignorierte das Schmunzeln auf den Lippen der Schauspielerin, als sie den Kampfgeist in den blauen Augen ihres Gegenübers erkannte. Die andauernde Stille des Organisationsmitglieds machte sie nur noch wütender. „Ihren Deal können Sie sich sonst wo hin stecken, denn wenn der genauso gut ist wie der Letzte, den Sie gemacht haben, kann ich gut und gerne darauf verzichten.“ Sie stockte, spürte wie Röte in ihre Wangen kroch, als sie bemerkte, dass die überschminkte Kellnerin sie von der Bar aus beobachtete, sodass sie ihre Stimme senkte, doch die Drohung schwang weiterhin deutlich in Rans Worten mit. „Maßen Sie sich bloß nicht an, mich aufhalten zu können. Das werden Sie nicht.“ Ran schluckte, spürte wie ihr Herz in ihrer Kehle schlug, während sie versuchte, ihre letzten Worte deutlich und klar zu formulieren. „Ich werde nach ihm suchen und ich werde ihn finden, egal wie.“ „A-Aber Ran.“ Doch die unsichere Stimme ihres Vaters erreichte ihre Ohren nicht, während sie zwanghaft versuchte, Vermouths Blick standzuhalten. Vermouths Augen schienen jeden Zentimeter ihres Körpers genau zu analysieren, ehe sie mit einem erschöpften Seufzten abschätzig den Kopf schüttelte, offenbar hatte sie Vermouths Test nicht bestanden. „Wie kann man nur so stur sein, so dumm.“ Ran aber schwieg, lud das Organisationsmitglied so nur zum Weitersprechen ein. „Was willst du denn noch retten? Was glaubst du erreichst du, wenn du ihn da rausholst, Angel?“ Die Lehrerin aber kniff stur die Lippen zusammen, spürte, wie Sharons Spitzname für sie ihr nicht zum ersten Mal eine Gänsehaut bescherte. Vermouth aber schien nichts davon zu merken, musterte sie weiter, während ihre Stimme einen Hauch Schärfe zurückgewann. „Nach allem, was passiert ist, nach allem was du weißt, wohin soll euch dieser weg überhaupt noch führen?“ Ran blinzelte, verwundert über die seltsam anmutende Frage ihres ehemaligen Idols. Sie schwieg, wartete darauf, dass die ehemalige Schauspielerin fortfuhr und sich ihr erklärte. In diesem Moment hatte sie noch nicht wissen können, das sie das Folgende lieber nicht hätte hören wollen. „Hast du es immer noch nicht begriffen, nach all der Zeit? Kannst du nicht verstehen, warum er sich ausgerechnet vor dir so lange versteckt hat? Warum er dir aus dem Weg gegangen ist, selbst als ihr die Gelegenheit hattet, zusammen zu sein.“ Sharon seufzte, ob gespielt theatralisch oder nicht, konnte Ran in diesem Moment gar nicht sagen, die aufkommende Angst in ihren Knochen war alles, was sie in diesem Moment noch bemerkte. Sharon aber ließ noch lange nicht locker, im Gegenteil, eine ihre filigranen Hände wanderten über den schmalen Tisch und ergriff die ihren, während sie Ran eindringlich in die Augen sah. „Er weiß es Ran, er hat es verstanden, im Gegensatz zu dir. Kein Wunder, schließlich lebt er ja auch schon zehn Jahre mit dieser Gewissheit…“ Die Augen der jungen Lehrerin wurden groß, sie zog die Hand unter den kühlen Fingerspitzen Vermouths hervor, drückte sie an ihren Brustkorb, während ihre zugeschnürte Kehle sich weigerte, die nächste Frage lauter als nötig auszusprechen. Sie hatte Angst vor der Antwort. „Was? Wovon reden Sie da eigentlich?“ Sharons Blick wurde kalt, das Klimpern ihres Löffels fand ein abruptes Ende, als sie Ran abschätzig ansah. „Du willst es nicht verstehen, oder, Kleines? Es gibt nichts mehr für dich, wofür es sich noch zu kämpfen lohnt. Sherry ist tot. Die einzige, die dazu in der Lage war, Shinichi Kudo wieder zum Leben zu erwecken, ist tot.“ Sie beugte sich ein Stück weit über den Tisch, stützte ihren Ellenbogen auf der Tischplatte ab, während ihr Kinn auf ihren gefalteten Händen ruhte. Das Lächeln auf den Lippen zu behalten fiel in diesem Augenblick sogar der geübten Schauspielerin nicht leicht. Sie hätte ihrem Engel diese Wahrheit gerne erspart, aber wenn das nötig war, um sie von diesem gefährlichen Weg abzubringen, dann war es eben so. Sie schluckte, versuchte ihre raue Stimme mit Kälte zu überdecken, um so den Verrat ihrer Kehle zu übertünchen. „Für euch beide gibt es keine Zukunft, kein gemeinsames Leben.“ Vermouth seufzte, ließ sich zurück in ihren Stuhl gleiten und fingerte ihr silbernes Zigarettenetui aus ihrer Tasche. „Ich denke, er selbst hat dir das doch bei eurem letzten Treffen mehr als deutlich gemacht.“ Sie beobachtete die Reaktion seiner Freundin, so wie sie die beiden damals beobachtet hatte und wieder bekamen ihre dunkelblauen Augen einen ungläubigen Glanz. Ran biss sich auf die Lippen, versuchte das Rasen ihres Herzens zu besänftigen, das ihren Kopf mit jedem Schlag mehr mit Watte füllte, während die Wahrheit siedend heiß unter ihre Haut kroch. Eine Wahrheit, die sie nicht hören wollte… Die einfach nicht wahr sein durfte. Vermouth aber mied die plötzlich viel zu leeren blauen Augen der jungen Frau, brachte mit ihrem Feuerzeug die Spitze ihrer Zigarette zum Aufleuchten, sodass der graublaue Rauch die Atmosphäre in dem kleinen Café nur noch verdichtete. „Gibt auf Angel… diesen Kampf habt ihr beide verloren, vor zehn Jahren schon. “ Ran wollte etwas sagten, hatte den Mund schon zum Disput geöffnet, doch ihre Stimme versagte ihr den Dienst. Nur zu gerne hätte sie dieser Frau Widerworte gegeben, ihr gesagt, dass sie Unrecht hatte… doch nicht nur Sharons, sondern auch letztlich Shinichis Worte von damals erstickten diese Ansätze in ihrer Kehle. “Es geht nicht, Ran…“ Und noch ehe sie weiter mit sich darüber streiten konnte, hatten ihre Lippen ausgesprochen, was ihr Verstand noch nicht zu denken bereit war. „A- Aber Shinichi-…“ Die brüchige Stimme Rans bohrte sich tief unter ihre Haut, bis sie den Ort in Sharons Brust erreichten, den andere wohl als Herz bezeichnet hätten. Vermouth musterte sie durch den kalten Nebel ihrer Zigarette. „…ist dann meine Angelegenheit, wir bekommen ihn schon da raus, aber ich kann ihn dir nicht zurückgeben, das kein keiner.“ Ran starrte sie nur an, spürte, wie trotz allen Widerwillens ihre Augen feucht wurden, bis erste heiße Tränen ihre Wange hinunter rannen und einen hässlichen roten Streifen hinterließen. „Nein, das ist eine Lüge, es gibt einen Weg- “ Widerwillig schüttelte die junge Frau den Kopf, spürte, wie die Wahrheit langsam in ihre Knochen sickerte, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Vermouth schluckte nur, wandte den Blick ab und fixierte den nur spärlich gesäuberten Boden des heruntergekommen Cafés. Selbst die Stimme des Organisationsmitglieds schien mit einem Mal belegt, beinahe betroffen. „I´m sorry, Angel… dein Held hat die Zeit und den Tod betrogen, und das ist nunmal der Preis, den ihr beide dafür zahlen müsst. There is no way back.“ Rans Schluchzen zusammen mit dem geschäftigen Klirren, Klappern und Murmeln im Restaurant war das Einzige, was man hörte, bis eine völlig andere Stimme am Telefon die verhasste Stille durchbrach. “No? In fact, there is.” Er seufzte, nahm sich genervt die Brille von der Nase und massierte sich seinen Nasenrücken, während er sprach. „Ich weiß, ich soll die Klappe halten, aber das kann doch wohl kaum euer Ernst sein.“ Die beiden anderen aber schienen ihn zu ignorieren, waren jeweils ganz auf ihren nächsten Zug konzentriert, bis der Oberschüler mit einem Grinsen den Springer vor zog und auf eine gefährliche Position brachte. Doch das Rollen von Bells Augen bekamen weder Shinichi noch Conan mit. „Schach.“ Der Grundschüler schürzte die Lippen und verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust. „Ein solch fieser Spielzug kann meine kindliche Psyche erheblich beschädigen. Zu kleinen Kindern sollte man nett sein, hat dir das noch niemand gesagt?“ Shinichi aber ließ sich nur mit einem höhnischen Lachen zurück ins Sofa fallen. „Was soll man daran noch beschädigen können? Aber wenn du willst, dass wir dich wie ein Kind behandeln, können wir das sicher einrichten, mein Kleiner.“ Der Grundschüler hatte den Mund schon zum Widerspruch geöffnet, als es erneut Bell war, der den beiden mit einem Räuspern dazwischen funkte. „Habt ihr wirklich nichts Besseres zu tun als das?“ Die beiden anderen aber wandten sich ihm mit einem genervten Gesichtsausdruck zu, ehe Conan seinen nächsten Zug machte. „Wenn du etwas Besseres vorzuschlagen hast, nur raus damit.“ Der Amerikaner aber seufzte nur, fuhr sich durchs Haar und ließ sich neben dem Grundschüler auf die Couch sinken. „Zumindest weiß ich, dass das hier wohl kaum das ist, was wir mit dieser Zeit anfangen sollten… wer weiß, wie unser Zustand ist, wenn wir wieder wach werden.“ Er schluckte, wusste, dass er auch bei den anderen beiden damit einen empfindlichen Nerv getroffen hatte. Es fühlte sich seltsam an, wieder zu einem Wesen zusammengeschmolzen zu werden. Irgendwie fremd im eigenen Körper, während die einzelnen Überlegungen, aus denen sie drei wohl mehr oder minder bestanden, dann langsam zusammenflossen. Doch zumindest stand ihnen hier - wo immer das auch genau sein sollte - der ausgelaugte und dehydrierte Körper nicht im Weg, der das Denken mittlerweile fast schon unmöglich machte. Gerade deswegen sollten sie ihre Zeit hier besser nicht verschwenden. „Ganz davon abgesehen-“ Bell seufzte, ließ den Blick über das Schachbrett gleiten, das auf beiden Seiten nahezu identisch aussah. „- wisst ihr genauso gut wie ich, dass es bei diesem Spiel keinen Gewinner geben wird. Also lasst es gut sein…“ „Darum geht es doch gar nicht.“ Conans Stimme klang belegt, während er seinen Turm nachdenklich drei Felder vorrücken ließ, somit seinen König aus dem Schussfeld räumte und gleichzeitig den Weg der Dame für den Gegenschlag frei gab. Shinichi schluckte, hielt Bells Blicke noch ein wenig länger stand, ehe sich auch seine Augen wieder dem Spiel zuwandten. „Eben… ist dir schon mal die Idee gekommen, dass wir nicht darüber nachdenken wollen?“ Bell biss sich auf die Lippen, vermutlich hatten sie Recht, denn auch sein Verstand, oder zumindest das, was in dieser Version von Shinichi Kudo ihm zugehörig zu sein schien, hatte sich mehr mit dem Spiel der beiden befasst, als mit ihr. Er schluckte, spürte wie sich in seinem Hals ein Kloß bildete, auch wenn er sich zum Glück schon nicht mehr darüber wunderte, wie das überhaupt möglich war. „Wir sind uns doch zumindest einig, dass sie es nicht war, oder…?“ Er schluckte, spürte wie die Blicke der andern beiden starr wurden und Löcher in das Schachbrett bohrten. „Es war nicht Ran.“ Conan biss sich auf die Lippen, ließ sich mit einem erschöpften Seufzen ins Sofaposter gleiten und nahm, zum ersten Mal an diesem seltsamen Ort, die verhasste Bille von der Nase. Mit trübem Blick betrachtete er das zerbrechliche schwarze Gestell nachdenklich zwischen seinen Fingern, sodass es Shinichi war, der als erstes zu sprechen begann. „Wahrscheinlich nicht, nein…“ Conan aber fuhr ihm dazwischen, für einen kurzen Moment legte der Grundschüler, der eigentlich gar keiner war, tatsächlich einen Hauch von kindlicher Sturheit an den Tag. „Das wissen wir aber nicht. Es könnte genauso gut ein Trick von ihm sein. Was wenn ihr falsch liegt, was wenn- wenn sie wirklich da ist?“ Doch die helle Kinderstimme erstarb in seiner Kehle, sodass Belle es war der die drückende Stille erneut brach. „Ich weiß… und irgendwie wünscht sich ein Teil von mir sogar das du damit Recht hast, während der andere sich nicht einmal vorstellen mag, was es bedeuten würde, wenn er sie tatsächlich erwischt hat.“ „Oder sie ist da um uns da raus zu holen?“ Conans Stimme aber machte deutlich das er selbst nicht an diese Theorie glaubte, er schluckte, sah wie der Oberschüler ihm gegenüber den Kiefer zusammen presste, bis seine Zähne knirschten. „Trotzdem liegt ihr falsch. Sie kann es nicht sein, warum sollte Ran so etwas sagen? In dieser Situation, das ist doch vollkommener Unsinn.“ Der Oberschüler richtete sich auf, ging von der kleinen Sitzgruppe weg und blieb am Fenster der Detektei stehen, blickte auf die neblige Straße hinaus. „Dieses ganze Gespräch ist Unsinn.“, protestierte er mit heiserer Stimme. „Sie war es nicht und damit basta…“ „Schön und gut, das wissen wir jetzt, aber was ist, wenn wir wieder zurück sind? Was ist dann?“ Bells Sorge schwang deutlich in seiner Stimme mit und ließ den Grundschüler erneut aufsehen. „Wie meinst du das?“ Bell schluckte, wich den Augen der anderen beiden für einen kurzen Moment aus. „Nun, die Tatsache,dass wir dieses Gespräch führen zeigt doch, dass wir daran zweifeln oder gezweifelt haben.“ Er sah sich mit einem hilfesuchenden Blick um. „Versteht ihr, was ich meine?“ Conan seufze, ließ sich vor dem Tisch auf die Knie sinken und begann, die Figuren wieder einzuräumen. „Ja, auch wenn ich auf solche verwirrende Gespräche gerne verzichten würde, das gibt doch nichts weiter als Kopfweh.“ Bell nickte, doch seine Stimme klang noch immer belegt. „Unser Problem ist, dass wir glauben wollen, dass sie da ist.“ „Aber das ist sie nicht…“, beteuerte der Oberschüler erneut. Bell nickte trüb. „Nein, das ist sie nicht. Und das dürfen wir beim nächsten Mal nicht vergessen…“ Shinichi nickte, doch der sarkastische Tonfall Conans unterbrach die beiden. „Na dann fangt besser schon mal damit an.“ „Was?“ doch die beiden anderen hatten gerade noch genug Zeit zu sehen wie der dichte Nebel unter dem Türspalt der Detektei hervor gekrochen kam, und gefräßig den Raum um sie herum einnahm, bis sie sich letztendlich aus den Augen verloren. Gin genoss diesen Moment. Für solche Augenblicke lebte er, wegen diesem Gefühl von Macht war er Mitglied in der Organisation geworden, hatte jeden Auftrag genossen und jede Minute dieser Augenblicke vollstens ausgekostet. Der Moment, in dem seinen Opfern bewusst wurde, dass es kein Zurück mehr gab, in dem sie ihm hilflos ausgeliefert waren und er ihr Leben und alles, was ihnen lieb und teuer war, in den Händen hielt. In diesen Augenblicken besaß nur er alleine die Macht, über deren Schicksal zu entscheiden. Frieden oder Verderb, Freiheit oder Unterjochung, Leben oder Sterben. Er konnte dieses Leben beenden, es unter seiner Schuhsole zerquetschen wie eine seiner weggeworfenen Zigaretten, bis jeder noch so kleine Funken gänzlich erloschen war. Sein Blick fiel zu dem Gebäude im Rücken der beiden Beamten, noch immer loderten hungrige Flammen aus einigen Fenstern, deren feuriger Ascheregen auf sie nieder ging. Aber Organisation hin oder her, das würde er sich von niemanden nehmen lassen. Seine Lippen wurden schmal, er genoss seine Stimme in seinen eigenen Ohren, die der kalte Frühlingswind über den Hof peitschte. „Lasst ihn los… schließlich wollten wir doch nicht, dass dem Kleinen hier etwas passiert, hab ich nicht Recht?“ „PAPA!“ Die Worte seines Sohnes befreiten nun auch den Kommissar aus seiner Schockstarre, seine Nasenflügel bebten gefährlich, während seine grünen Augen den Mann vor ihm taxierten, die Waffe in seiner Hand noch fester umklammerte. Gin aber lachte kalt. „Ich habe doch gleich gewusst, dass du mir nützlich werden kannst, mein Kleiner, als ich dich hier rumstromern sah.“ Die Unterlippe des Dreijährigen zitterte, als er den erschrockenen Blick seines Vaters sah. Was wollte dieser Mann von ihm? Er sollte ihn los lassen! Er war doch schließlich nur hier, um seinem Papa zu helfen. „Ich wollte Ran finden…, ich finde sie nämlich immer.“ Die Stimme des kleinen Jungen brach, dicke Tränen kullerten über seine roten Wangen. „Ich wollte helfen…“ „Oh, aber das tust du, mein Kleiner. Du hilft mir wirklich sehr!“ Sein Blick wanderte erneut zu Akai. „Lass ihn los. Oder muss ich noch deutlicher werden?“ Gins Stimme war kalt, doch davon ließ sich Shuichi Akai schon längst nicht mehr beeindrucken. „Nur wenn du das Kind loslässt.“ „Oh- was denn Rye, wirst du auf deine alten Tage etwa weich? Glaubst du, ich habe vergessen, was du für die Organisation getan hast? Was du getan hast, nur um deine Leute zufrieden zu stellen? Um weiter bei uns mitspielen zu dürfen? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du dich jemals beschwert hast.“ Ein grausames Lachen ließ die vom Rauch verfärbten Zähne Gins aufblitzen. „Früher hättest du geschossen, egal ob das Kind überlebt oder nicht.“ Die Augen des Kommissars wanderten alarmiert zu Akai hinüber, der aber ignorierte seinen Blick, schluckte, bevor er erneut sprach. „Lass ihn gehen.“ Der Befehl des agents aber zog Gins Lächeln nur noch mehr in die Breite. „Oh, das werde ich, ich werde ihn gehen lassen, aber erst unter meinen Bedingungen, du musst mir wohl oder übel vertrauen, Partner.“ Er lachte hohl, justierte die Waffe an der weichen Haut des Jungen, seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. „Ich tausche meine Ware nicht gegen etwas, das ich dann nicht bekomme.“ Der Agent fluchte nur, löste langsam die Waffe von Hals seines Gefangenen, ehe der Kommissar seine Handlung unterbrach. „Was tun Sie denn da?!“ In Heijis Stimme schwang Panik und Angst, doch Akai sah ihn nicht einmal an als er sprach. „Ich versuche, das Leben Ihres Sohnes zu retten.“ „Aber was, wenn er-…“ Der Agent aber sah dem besorgten Vater nur scharf in die Augen, in diesem Moment war nicht mehr viel von dem scharfsinnigen Detektiven übrig, den er sonst verkörpere. Was zurückblieb, war ein junger, panischer Vater. „Wir haben keine andere Wahl.“ Das Grinsen in Wodkas Gesicht wurde immer breiter, als sein ehemaliger Kollege langsam sein Handgelenk losließ, ihm so ohne eines weiteren Blickes zu würdigen, andeutete, zu gehen. „Wohl nimmer so groß dein Maul jetzt, was, Mann?“ Heiji aber reagierte nicht, beobachtete das massige Organisationsmitglied nicht, das nun auf Gin zuging, sein Blick war einzig und allein auf seinen Sohn fixiert. „Na bitte.“ Die Tränen des kleinen Jungen stoppten augenblicklich, als er bemerkte, wie ihn der böse Mann langsam auf den Boden absetzte und losließ. Ungläubig blickten die wässrigen grünen Augen ein letztes Mal zu dem Fremden hinauf, der ihn mit seinen kalten Augen nicht einmal mehr ansah. Dann rannte er los, so schnell wie seine kleinen Beine ihn tragen konnten. „Papa!“ Ein erleichterter Seufzer entwich der Kehle des Kommissars, erst jetzt merkte er, dass er die Luft die ganze Zeit über angehalten hatte, machte jetzt einen Schritt auf seinen Sohn zu, der ihm mit noch immer tränenverschmiertem Gesicht entgegen lief. In diesem Moment aber, breitete sich ein neues Grinsen auf den schmalen Lippen des blonden Organisationsmitglieds aus. „Ich sagte doch… ich werde ihn loslassen.“ „Nein!“ Doch der Fluch des Agenten ging in dem Moment unter, er hatte nur darauf gewartet, dass Gin den Spieß umdrehen würde. In Sekundenbruchteilen hatte dieser seine Waffe erhoben, richtete sie präzise und sicher auf das sich mit wackeligen Beinen langsam von ihm entfernende Ziel. „Du hast vergessen, „Auf Wiedersehen“ zu sagen, mein Kleiner.“ Ein eisiges Lächeln sollte seine Kugel begleiten. Doch noch ehe er sie auf den Weg schicken konnte, spannten sich Akais Finger um den Abzug seiner eigenen Waffe, doch er war schneller. Der Schuss fiel, und sein Körper sackte augenblicklich zu Boden. Hallöchen ihr Lieben! Wahhh 12 Kommis noch und wir knacken die 400! Oder besser IHR knackt sie! Wirklich vielen vielen Dank für eure Teure! Ich hoffe ich kann euch alle bis hier hin noch immer zufrieden Stellen! Vielen Dank das ihr mir so lange begleitet habt, auch die die hier nicht kommentieren ;) Aber natürlich geht der meiste Dank wieder an meine Kommentatoren ^.^ ihr AHNT nicht wie motivierend es ist! Also vielen Dank! Ich hoffe auch dieses Kapitel hat euch wieder gefallen! Bin gespannt ob ihr wisst wer in diesem Kapilein sein Ende gefunden hat ;) Mit diesem Cliffhänger verabschiede ich mich erst mal wieder. Wie immer würde ich mich über eure Rückmeldung freuen! Ganz liebe Grüße, eure Shelling. Kapitel 43: Himmelblau ---------------------- 42. Himmelblau „Du hast vergessen Auf Wiedersehen zu sagen, mein Kleiner.“ Ein eisiges Lächeln sollte seine Kugel begleiten. Doch noch ehe er sie auf den Weg schicken konnte, spannten sich Akais Finger um den Abzug seiner eigenen Waffe, doch er war schneller. Der Schuss fiel, und sein Körper sackte augenblicklich zu Boden. Auf den ersten folgte ein zweiter Schuss, traf den anderen in den Oberschenkel und hinderte ihn daran, zu fliehen. Der Kommissar aber bekam davon schon nichts mehr mit. Die Welt flimmerte vor Heijis Augen, als seine Knie nachgaben, kurz nachdem er die Distanz zu ihm überwunden hatte, während sein Körper hart und kalt auf den Boden aufgeschlagen war. „Papa?“ Doch Haikuros Stimme ging im heiseren Atem seines Vaters unter. Sein Körper zitterte, seine Hände waren taub, fühlten seine warme Haut kaum unter seinen Fingerspitzen, während er ihn so fest im Arm hielt, wie er nur konnte. Hattori hatte sein Gesicht tief in den verwuschelten Haaren seines Sohnes vergraben, während seine Lungen sich bemühten, das Atmen nachzuholen, das sie in den letzten Minuten vergessen hatten. Der Kleine unter seinen Fingern regte sich, sah mit großem, glasigem Blick zu seinem Vater auf. „Warum weinst du denn, Papa? Mir geht es doch gut. Nicht weinen, ja?“ Heiji aber blinzelte nur, starrte seinen Sohn an, sein Kind, das er beinahe verloren hätte und spürte tatsächlich, wie ihm einzelne Tränen über seine Wangen liefen, während seine brennenden Augen das Bild von Haikuro vor ihm verschwimmen ließen. Ein erleichterndes Lächeln bildete sich auf den Lippen des Kommissars, langsam schüttelte er den Kopf, drückte seinen Sohn fester an sich und spürte, wie das Zittern des kleinen Jungen langsam nachließ. „Schon gut, es ist alles gut.“ Er drückte ihm einen zittrigen Kuss auf die Stirn, vergrub die Finger in den weichen Haaren seines Sohnes und drückte seinen Kopf fester an sich, um so zu verhindern, dass sein Kleiner einen Blick auf die Szene hinter sich erhaschen konnte. Seine Kugel hatte präzise die Stelle getroffen, wo selbst dieses Monster ein Herz haben sollte und hatte eben jenes in Fetzen gerissen. Das Blut auf seiner Kleidung wurde immer dunkler und verpasste seinem schwarzen Mantel einen zarten bordeauxfarbenen Schimmer. Gin war tot. Für einen kurzen Moment bekamen die grünen Augen Heijis die Kälte zurück, die sie für einen Sekundenbruchteil innegehabt hatten. Der Kommissar schluckte, während die Erinnerungen der vergangenen Sekunden ihn langsam aber sicher einholten. Noch ehe er darüber nachdenken konnte, hatten sich seine Finger um den Abzug seiner Waffe gespannt, hatten die Kugel auf den Weg geschickt, die den Mann umbringen sollte, der gerade dabei war, seinen Sohn zu töten. Er hatte diese Entscheidung nicht getroffen, er hatte es einfach getan. Hatte gezielt, den Abzug betätigt und gefeuert, noch ehe der FBI Agent neben ihn eine Chance gehabt hatte, zu reagieren obwohl dieser ganz sicher schon auf diesen Moment gelauert hatte. „Papa, lass mich los.“ Der Kleine schaute auf, die Tränen auf seiner Wange waren noch nicht einmal getrocknet, doch seine Worte beherbergten schon jetzt wieder einen quengelnden Unterton. „Wir müssen doch immer noch Ran finden.“ Doch der Kommissar dachte gar nicht daran, spürte wie der kleine Wurm versuchte, sich aus seinen Armen zu winden, doch gegen den starken Halt seines Vaters hatte Haikuro keine Chance. Mit einem erleichternden Lächeln auf den Lippen schüttelte der Kommissar den Kopf. Kazuha würde ihn ganz sicher umbringen. Woher sein Kleiner diese Art und Weise hatte, sich in Dinge einzumischen, stand für seine Frau ganz sicher auch außer Frage. Der Kommissar schluckte, spürte wie seine angespannten Muskeln langsam weich wurden, die Panik aus seinem Körper floss, während sein Herz ihm noch immer bis zum Hals schlug. Kudo hatte Recht gehabt… hätte Gin ihn -… Heiji schluckte, versuchte den Gedanken mit einem tiefen Atemzug aus seinem Kopf zu waschen. Das hätte er sich niemals verzeihen können. Heiji atmete lange aus, beobachtete, wie Akai langsam an ihm vorbei ging, auf Wodka zu, dem er selbst eine Kugel ins Bein gejagt hatte, legte dem fluchenden Hünen am Boden Handschellen an, während sein Blick die Leiche seines Erzfeindes kurz steifte, ehe seine Augen dann zurück zu dem Vater glitten, der seinen Sohn noch immer fest im Arm hielt. Das wäre eigentlich sein Schuss gewesen. Doch die Szene des Kommissars, der seinen sich langsam immer mehr sträubenden Sohn stur ihm Arm behielt, wusch die Bitterkeit von seinen Lippen. Damit konnte er leben. Seine grünen Augen streiften über die Leiche seines ehemaligen Partners, auf Gins Zügen lag noch immer das eisige Lächeln mit dem er das Leben des Jungen hatte beenden wollen. Der Schmerz war noch nicht einmal zu seinen Lippen durchgedrungen, dafür war der Schuss zu gut, die Spanne zwischen Leben und Tod zu schnell überschritten gewesen. Dieser Tod war eigentlich viel zu gut für ihn gewesen. Der Agent seufzte nur, schüttelte missgelaunt den Kopf, während sein Blick den Kommissar ein letztes Mal streifte. Doch das Lächeln auf Shuichi Akais Lippen hatte Bestand, brach nicht, so sehr ihn es auch ärgerte, diesen Mörder nicht selbst in die Hölle geschickt zu haben. In diesem Augenblick spürte er wie die Waffe in seiner Hand für einen kurzen Moment ein wenig leichter wurde. Es war tatsächlich vorbei. All die Jahre, in denen sie die Organisation verfolgt hatten, in denen er ihnen auf der Spur gewesen war wie ein Bluthund, nahmen mit diesem Tag tatsächlich langsam ein Ende. Und das hatten sie nur ihm zu verdanken. Seiner unkonventionellen Methode, dieses Pack auffliegen zu lassen, zum großen Ärgernis seines Chefs. Aber eines musste er Kudo lassen, er hatte Erfolg. Doch noch ehe er den bitteren Geschmack von seinen Lippen verbannen konnte, durchbrach das Klingeln seines Handys die angespannte Stille, bis der FBI Agent den Anruf entgegennahm. Tropf Er blinzelte, oder versuchte es zumindest, während sich sein Gesicht vor Schmerz verzerrte. Seine Muskeln waren steif und brannten, auch wenn der Schmerz in seinem Köper durch das dröhnende Pochen in seinem Kopf verhallte. Der gesunde Teil seines Verstandes, versuchte ihm klar zu machen, dass es nur Wasser war, nur ein paar Tropfen, die nichts anrichten konnten, dabei fühlte es sich an, als hätte er in der Mitte seiner Stirn ein verdammtes Einschussloch, während man immer wieder mit Schrot auf ihn losging. Seine Ohren fühlten sich an wie mit Watte zugestopft, er wollte schlucken, doch seine Zunge blieb an seinem Gaumen kleben. Es war dunkel, immer war es so verdammt dunkel. Aber natürlich, die schwarze Organisation hatte ihn, wie konnte es da anders sein als dunkel. Tropf „Shinichi…“ Eine Gänsehaut überzog seinen Körper, war das wirklich ihre Stimme gewesen? Nein. Shinichi spürte wie sein Herz schneller zu schlagen begann bei dem bloßen Gedanken, dass sie da sein könnte. Und doch konnte er sich diesem Gefühl von Hoffnung, die in seine müden Glieder sickerte nicht ganz hingeben. Irgendetwas hinderte ihn daran. Er hatte Angst, dass ihre Stimme nichts weiter war als ein Trick seines maroden Verstandes. Ja, so musste es sein, sie war nicht da… „Shinichi wach auf.“ Schon wieder? Konnte- konnte das wirklich noch ein Zufall sein? Seine Augen huschten hin und her, suchten vergeblich ihr Bild, während seine Ohren danach verlangten, nochmal ihre Stimme zu hören, nur noch ein einziges Mal. Nein, das ist nicht Ran! Tropf Das Wasser wusch diesen Gedanken weg, brachte ihn zum Blinzeln, während der feuchte Film auf seiner Haut ihm einen fiebrigen Glanz verlieh. „Ich bin hier Shinichi. Komm, trink etwas.“ Ihre liebliche Stimme ließ den Atem in seiner Kehle stocken, Angst und Anspannung flossen langsam aus seinen Muskeln hinaus. Verdammt noch mal, er hatte schon geglaubt, ihre Stimme zu nie wieder zu hören. Er wartete, sein Atem zitterte unter der Anspannung, während der letzte Tropfen über seine Stirn rann und in seinen mittlerweile völlig durchnässten Haaren verschwand, bis das Wasser endlich seinen Mund erreichte, sodass die harten Tropfen auf seiner Stirn für einen Moment vergessen waren. Eine Gänsehaut breitete sich über seinen Körper aus, während seine Kehle gierig verschlang, was ihr schon so lange versagt geblieben war. Wasser, war alles was seine Sinne in diesem Moment registrierten. Doch nach, seiner Meinung nach, viel zu kurzer Zeigt, versiegte der Strom schon wieder, sodass sein Verlangen nur noch größer wurde, nachdem es ihm erlaubt gewesen war, kurz zu kosten. „Geht es dir jetzt besser, Shinichi?“ Ihre Stimme allein genügte jedoch, um das so dringend benötigte Wasser zu vergessen, während ein anderer Teil seines Kopfes ihn davor warnte, zu antworten und seine Lippen versiegelte. Also blieb es bei einem kurzen Nicken, während der nächste Tropfen erbarmungslos auf seine Stirn schlug. Tropf Die Dunkelheit drohte erneut ihn zu sich zu holen, er spürte, wie seine Lieder flatterten und sein Körper mit seinem Verstand rang, während ihre Stimme versuchte, ihn bei sich zu behalten. „Shinichi?“ Es ist nicht Ran. Er verzog das Gesicht. Was sollte das? Wieso wollte diese Stimme ihm diesen Moment madig machen? Wieso konnte er sich nicht einfach damit zufrieden geben? Sich freuen über die gute Wendung, die sein Schicksal offenbar genommen hatte. Sie war hier. Tropf „Shinichi, hörst du mich?“ Er hörte ihre Stimme brechen, zittern, weil sein Verstand es ihm nicht erlaubte, zu antworten. Er spielt mit dir! Er? Tropf, Tropf. “Shinichi bitte, antworte doch, du machst mir Angst.” Ihre Worte ließen sein Herz sich zusammenziehen. Nein, er wollte ihr keine Angst machen, ihr nicht noch mehr wehtun. Das musste ein Ende haben, jetzt gleich. Tu´s nicht! Er aber ignorierte die Warnung, biss sich trotzig auf seine immer noch spröden Lippen. Es reichte, sie hatte genug durchgemacht. Tropf. Genug. „Ran?“ Idiot! „Was?“ Doch Rans blasse Stimme verschwamm in dem Gemurmel, das aus dem Hörer drang, nachdem Tracy den Raum betreten hatte. Yusakus Blick fiel auf den Diktierapparat, den die Chemikerin fest umklammert hielt. Er schluckte und hätte doch nie zu hoffen gewagt, dass er diese Frage noch einmal stellen würde. „Wie meinen Sie das?“ Die FBI-Agentin jedoch schien das volle Ausmaß ihrer Worte zu kennen, doch das Lächeln auf ihren Lippen blieb aus, er sah, wie sie sich kurz auf die Lippen biss, ehe sie das kleine Tonbandgerät in ihrer Hand einschaltete. „Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst, meine kleine Shiho, aber diese Forschung ist mein Leben und der Grund dafür dass…, dass ich jetzt nicht mehr bei dir sein kann.“ Yukiko hatte die Stirn gerunzelt, hörte der fremden Stimme, die geisterhaft durch den Raum hallte mit wild pochendem herzen zu als plötzlich eine andere Stimme ihre Aufmerksamkeit erregte, Sharons Stimme. „Elena?“ Der entsetzte Hauch schien förmlich an Vermouth Lippen zu kleben, verzerrte das Gesicht der blonden Schönheit, sodass für den Bruchteil einer Sekunde ein anderes darunter sichtbar wurde, alt, müde und verbittert. Mit einem lauten Klicken breitete die FBI Agentin der geisterhaften Stimme ein Ende, machte so auch der in schwarz gehüllten Blondine klar, woher dieser Geist der Vergangenheit gekommen war. Sie schluckte, biss sich auf die Lippen und versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen, während sie ihre alte Freundin im Stillen verfluchte, dass sie sie ausgerechnet jetzt, mit Ran, Angel, verwundet zurück gelassen hatte. Und das an einer Stelle, von der sie schon lange behauptete, dass diese gar nicht mehr existierte. Die anderen aber ignorierten das plötzliche Schweigen des Organisationsmitglieds und warteten angespannt darauf, dass die Chemikerin sich ihnen erklärte. Tracys Blick haftete starr auf dem kleinen schwarzen Diktiergerät, ehe sie den Mut aufbrachte, zu sprechen. „Ich habe dieses Tonband in Ai Haibaras Labor gefunden.“ Sie seufzte, sah auf und war gleich mit mehreren fragenden Blicken konfrontiert, besonders aber Professor Agasas Wangen waren nicht nur vor Anspannung, sondern ebenso vor Wut gerötet. Tracy aber ignorierte den anklagenden Blick unter den buschig-weißen Augenbrauen und sprach weiter. „Die Stimme, die sie gerade gehört haben, ist die Elena Miyanos, Shihos Mutter. Sie war vorher an dem Projekt APTX 4869, beteiligt und hat ihre Gabe sozusagen ihrer Tochter in die Wiege gelegt, noch bevor die Organisation ihre… Beseitigung in Auftrag gegeben hatte.“ Tracy spürte, wie sich ihre Kehle langsam zuschnürte und zwang sich dazu, lange durchzuatmen, fixierte das Telefon. „Es ist alles auf Band. Jede Formel, jede Zusammensetzung und jede Konzentration, die ich zur Herstellung eines Gegenmittels gebraucht habe, befand sich auf einem kleinen Mikrochip, der direkt auf das Tonband aufgeklebt war. Sie hatte alles dort hinterlassen.“ Tracy schluckte, sah auf und spürte Yusaku Kudos Blicke auf ihrer Haut. Sein Vater sah sie durchdringend und eindeutig viel zu lange an, während sein Blick sagte, was seine Lippen nicht aussprechen würden. Die Chemikerin aber biss sich auf die Lippen, wich seinem Bick aus, bevor sie letztendlich nickte, mehr zu sich selbst als zu dem Autor. Sie holte tief Luft, konnte nicht recht glauben, als sie bemerkte, dass sich tatsächlich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen schlich. „Es stimmt, Ran…“ Ihre Worte waren sanft. „Es gibt noch Hoffnung.“ Doch die Last auf ihren Schultern wurde nicht kleiner, sondern wuchs mit jedem Wort, das ihre Lippen formten. „Anhand dieser Informationen ist es mir gelungen, ein Gegengift herzustellen, eines, das das ATPX aufgeben sollte und ihm die Möglichkeit gibt, wieder er selbst zu werden.“ Sie schluckte, hörte die junge Frau am anderen Ende der Leitung keuchend einatmen, sie konnte sich gut vorstellen, was diese Information für seine Familie, aber besonders für Ran bedeutete. „Es gibt ein Gegenmittel, Ran.“ Tracy spürte wie der Kloß in ihrem Hals unvorteilhaft rutschte, während sie versuchte, ihre Stimme ernst klingen zu lassen, um der jungen Frau begreiflich zu machen, was sie von ihr wollte. „Wir müssen ihn nur finden…“ Vermouth, die die ganze Zeit ruhig zugehört hatte runzelte die Stirn, blickte zu dem erleichterten Gesicht ihres Engels hinüber, in deren wunderschönen Augen sich zum ersten Mal nun Tränen sammelten, die vielleicht sogar dorthin gehörten. Auch wenn sie sich fragte, was die Chemikerin im Schilde führte und ob ihr bewusst war, dass sie gerade ihren schönen Plan zunichtemachte, sie von einer Dummheit abzubringen. Tracys nun deutlich härterer Ton aber sollte es ihr gleich verraten. „Wir müssen ihn finden. Aber das können wir nicht, wenn wir gleichzeitig befürchten müssen, dass du ihnen in die Hände fallen könntest. Verstehst du Ran, wenn sie dich oder jemand anderen gegen ihn einsetzen können, werden wir ihn verlieren.“ „Aber-…“ Doch noch ehe die brüchige Stimme Rans wieder an Kraft gewinnen konnte, griff die Chemikerin ein. „Um Shinichi zu finden, ist deine Sicherheit oberste Priorität, verstehst du das?“ Für einen Moment lang herrschte Stille, keiner der Anwesenden rührte sich, währen die Blicke gespannt auf dem summen Telefon lagen, ehe ihre vorsichtige Frage zittrig aus dem Apparat ertönte. „Aber wie?! Wie sollen wir ihn finden, wenn nicht-…“ „Indem wir auf das Angebot von Vermouth eingehen.“ Sie schluckte, spürte wie sich ihre Lippen nur mühsam bewegen wollten. „Wir haben keine andere Wahl…“ Die blassen Neonröhren legten einen grauen Schleier über den Raum, der jetzt, wo die eine Lampe nicht länger flackerte, sondern ganz den Geist aufgegeben hatte, nicht mehr ausreichte um ihn gänzlich zu erhellen. Der stählerne Tisch reflektierte das wenige Licht, zusammen mit der kleinen Wasserlache, die sich mittlerweile auf dem Boden gebildet hatte. Wären seine Kollegen nicht gerade dabei, den Rest seines Imperiums zu zerstören, hätte die tropfnasse Gestalt von Shinichi Kudo vielleicht noch so etwas wie Mitleid in seinem kalten Herzen auslösen können. So aber genoss er das bleiche Gesicht seines Gefangenen, beobachtete wie seine Augen in der eingefallenen Miene langsam hin und her huschten, während ein Teil seins Verstandes sich offenbar noch immer zu wehren versuchte. Ein kaltes Grinsen huschte unter dem Schnauzer des ehemaligen Hauptkommissars hervor, das nicht wirklich zu der lieblichen Stimme passen wollte die aus seinem Mund kam. Kudo hatte sich tapfer geschlagen, das musste man ihm lassen. Jeder andere wäre den Folgen der Experimente und der immerwährenden Dunkelheit und Isolation allein vermutlich schon längst erlegen, während sein Verstand selbst gegen die Folter, die Dehydratation und die Zwangsposition noch immer ankämpfte. Bis jetzt… Denn ihre Stimme, Ran Mori, die Tochter dieses nichtsnutzigen Polizisten, die sonst die Quelle seiner Kraft war, war es auch, die in tief in den Abgrund riss. Mit ihrer Stimme schaffte er es, seinen Geist aus den Fugen zu heben, sein Hirn, das sich gegen die Manipulation wehrte, untergehen zu lassen gegen seine Gefühle und den Wunsch, sie bei sich zu haben. In dem Moment, als er ihren Namen auf diese Art und Weise ausgesprochen hatte, wusste er es… „Ran.“ Er hatte gewonnen. Er war in den Kopf des Detektiven eingebrochen, jetzt musste er nur noch die richtigen Wege finden, um an den Ort zu gelangen, wo sich die Informationen versteckt hielten, die er benötigte. Matsumoto holte Luft, begann zu sprechen, während das kalte Lächeln auf seinen Lippen Rans Stimme Lügen strafte. „Shinichi, du musst mir sagen wo die anderen sind, sie sind in Gefahr.“ Er beobachtete, wie sich die mit kaltem Schweiß überzogene Stirn des Detektivs sich in Falten legte und er sich auf die Lippen biss. Offenbar war die Schranke zu seinem Bewusstsein noch immer nicht völlig geöffnet, aber auch das ließ sich ändern. „Bitte, Shinichi…“ Rans zitternde Stimme ließ ihn zusammen zucken, doch Kudos Lippen blieben stumm, sein nebliger Verstand arbeitete gegen das Bedürfnis, ihre flehenden Worte zu besänftigen, also einigten sie sich auf eine Zwischenlösung. „Das kann ich nicht…“ Die Muskeln um seinen Kiefer spannten sich, dieser verdammte Schnüffler stellte seine Geduld noch mal auf eine harte Probe. „Aber Shinichi, du verstehst das nicht, wir müssen ihnen helfen, sie aus Tokio holen, bevor ihnen etwas passiert. Sie sind doch in Tokio, nicht wahr, Shinichi.“ Doch auch der Nachdruck in der Stimme von Moris Tochter brachte Kudos Lippen nicht weiter auseinander. Schön, wenn er es nicht anders wollte, musste er eben andere Geschütze auffahren, es war ihm schließlich nicht umsonst gelungen, seine zweite Identität so lange geheim zu halten. „Verstehst du es denn nicht, Shinichi!“ Er brachte Rans Stimme zum brechen, versteckte Tränen in ihrem Ton, während seine eigenen Wangen trocken blieben. „Du machst alles nur noch schlimmer, deine Lügen, dein Schweigen, ich kann es nicht mehr sehen, Shinichi. Ich kann nicht mehr…“ „Ran, nicht…“ Ein längst fälliges Lächeln breitete sich über Matsumotos Lippen aus, doch diesmal war er es, der den Detektiv nicht gleich zu Wort kommen ließ, im noch immer weinerlichen Ton machte er weiter. „Wenn- wenn du nicht aufhörst, dann war alles umsonst.“ Endlich schien sich Kudos Zunge zu lösen, seine Stimme war rau, seine Sätze von Husten unterbrochen, aber immerhin, redete er jetzt. „Nein, nein… es geht nicht, Ran…“ Shinichis Stimme klang mit einem mal verzweifelt, in all der Zeit, in der er ihn nun quälte, hatte er ihn niemals so gesehen, während seine Worte kaum mehr waren, als ein verzweifeltes Wispern. „Du darfst es nicht wissen…“ Eine seiner buschigen Augenbraunen entfernte sich kurz von ihrem angestammten Platz. Hier hatte er offenbar einen anderen Nerv getroffen. Der Boss der schwarzen Organisation spürte, wie es in seinen Fingerspitzen zu kribbeln begann, sein Bart zuckte unter dem kurzen Lächeln zusammen, während er ihre Stimme für sich arbeiten ließ und seinen Verstand austrickste, um ihn in die richtige Richtung zu lenken. „Was darf ich nicht wissen, Shinichi? Was verschweigst du mir?“ Der Detektiv biss sich auf die viel zu trockenen Lippen, sodass Blut aus den feinen Rissen quoll, das sich mit dem nassen Film auf seiner Haut mischte. „Nein… nein nichts. Du bist nicht schuld.“ Die kalten Augen Matsumotos leuchteten auf. Er entlockte seiner kalten Kehle so viel Schmerz, wie er nur aufbringen konnte, es war wichtig, dieses Spielchen jetzt mitzuspielen, bevor der Detektiv wieder die Gelegenheit bekam, dichtzumachen. „Doch Shinichi, das bin ich, hör auf zu Lügen, Shinichi.“ Der Angesprochene verzog nur das Gesicht, zuckte unter dem nächsten Tropfen zusammen, während seine Stimme versuchte, seine Freundin zu beruhigen. „Du wusstest es nicht besser… du konntest nicht wissen, dass er zu ihnen gehört.“ Die Hirnzellen des ehemaligen Hauptkommissars begannen zu arbeiten und versuchten, das seltsame Puzzle, das der Detektiv ihm hier lieferte, Stück für Stück zusammenzusetzen. Es war jedoch Ran Moris Stimme, die seine Frage vorsichtig formulierte. „Amuro?“ Shinichi kniff die Augen zusammen, atmete lange durch, während seine ausgelaugten Muskeln anfingen, zu zittern. Das alles war Antwort genug. Auf seinen Lippen jedoch bildete sich langsam ein schmales Lächeln, das hier versprach in der Tat interessant zu werden. Ihre Stimme plätscherte in verzweifelten Worten von seinen Lippen und er genoss jedes einzelne von ihnen. „Wenn ich nicht gewesen wäre, dann…“ Und prompt ging ihm der aufgelöste Verstand des Detektivs ihm in die Falle. „Nein… ich- ich hätte dich einweihen sollen, ich hätte es dir sagen sollen.“ „Hör auf damit, Shinichi, du weißt, dass das nicht stimmt, es ist allein meine Schuld und das weißt du auch.“ Der aber bewegte seinen fixierten Kopf hin und her so gut er konnte, versuchte in verzweifeltem Ton auf sie einzureden. „Nein, du hättest es ihm nie erzählt, wenn du es gewusst hättest.“ Seine Augen bekamen einen fiebrigen Glanz, so langsam ahnte der ehemalige Hauptkommissar, worauf das alles hinauslaufen würde und spürte, wie sein Körper von einem Schauer aus freudiger Erregung durchgeschüttelt wurde. Der Detektiv brauchte nur noch einen klitzekleinen Schubs. „Das habe ich aber, Shinichi!“ „Aber doch nur, weil ich es so weit habe kommen lassen!“ Shinichi wurde plötzlich laut, doch seine trockenen Stimmbänder hielten dem Druck nicht lange stand, er hustete und musste nach Atem ringen, ehe er weitersprechen konnte. „Es war ein Unfall, Ran… du wusstest nicht, dass es Ai war.“ Die aber strafte ihn mit Schweigen und verleitete ihn zum weitersprechen. „Ran… du bist nicht schuld.“ Shinichi schluckte, spürte, wie sein Herz immer heftiger gegen seinen Brustkorb schlug und seine Ohren danach verlangten, ihre Stimme wieder zu hören und alles wieder gut zu machen. „Du hättest ihm nichts gesagt, wenn du gewusst hättest, wer sie ist.“ Er ignorierte, wie ein anderer Teil seines Kopfes ihn anschrie und aufforderte, den Mund zu halten. Er sollte nichts mehr sagen, er hatte schon genug angerichtet. In seinem Kopf brummte es, das Wasser schlug mit jedem Tropfen fester in seiner Stirn ein und wirbelte seine Gedanken aufs Neue durcheinander. Warum sollte er nicht weiter reden? Warum konnte er sie nicht einfach in den Arm nehmen? Warum wollten seine Lippen ihr schweigen nicht brechen? Wieso verbot man ihm, sie zu trösten. Ran war traurig, sie gab sich die Schuld, obwohl nur seine Lügen dafür verantwortlich waren, sein Misstrauen ihr gegenüber. Ran war in Gefahr, sie alle waren in Gefahr und Ran gab sich die schuld. „Bitte, Ran…“ Sein flehendes Herz, das sich danach sehnte, die Tränen ein für alle Mal aus ihren Augen zu tilgen, wurde immer lauter, verdrängte die andere Stimme langsam in den Hintergrund, auch wenn es ihn innerlich zerriss, Rans Schweigen war stärker. Halt einfach den Mund. Sag es nicht. Tropf Ihr Schweigen hatte den Kampf besiegelt, riss sein Herz in Stücke und lockerte seine Lippen. „Es ist nicht deine Schuld.“ Er schluckte, seine Finger zuckten, machten verzweifelte Anstalten nach ihrer Hand zu greifen, während seine Augen suchend hin und her huschten und sein Körper nichts weiter verlangte als ihre Stimme. „Du hättest Ai nie an ihn verraten Ran, niemals.“ Ran aber blieb stumm, überließ den Detektiv seinem Schicksal, der das Mantra ein letztes Mal von seinen Lippen abspielte, ehe er den Kampf mit der Ohnmacht verlor. „Es ist nicht deine Schuld...“ Doch Rans vermeintlichen Lippen zierte ein kaltes Lächeln. Mit einem erschöpften Seufzten schloss sie die Tür hinter sich. Ab jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Chemikerin schluckte, stützte sich vom Türrahmen ab und legte das kleine schwarze Diktiergerät zurück auf den provisorisch eingerichteten Labortisch und folgte seinem Beispiel, indem sie sich in den Drehstuhl sinken ließ. Sofort schweifte ihr Blick zu den Reagenzgläsern, die vor ihr auf dem Tisch standen. Himmelblau. Die FBI Agentin schluckte, schüttelte mit einem kurzen Seufzen den Kopf. Wer hätte gedacht, dass das Gegenmittel diese Farbe haben würde, dass es überhaupt eine Farbe haben würde… Dass es überhaupt ein Gegenmittel geben würde. Tracy aber verdrängte das kleine Teufelchen auf ihrer Schulter, behielt die kristallklare hellblaue Flüssigkeit weiter im Blick. Doch noch bevor die Chemikerin Zeit hatte, sich weiter darum Gedanken zu machen, wie sie dieses Zeug Shinichi am besten applizierten, hörte sie Schritte auf sich zukommen, wartete darauf, dass es jeden Moment an ihre Tür klopfen würde, doch stattdessen gab die Klinke mit einem quietschendem Geräusch nach, öffnete sich und schloss auch gleich wieder. Tracy spürte, wie ein Schaudern über ihren Rücken zuckte, sie musste sich nicht umdrehen, wusste auch so schon sehr genau, wer da in ihrem Rücken stand, eigentlich hatte sie schon viel früher damit gerechnet. Die Wissenschaftlerin atmete ein letztes Mal ruhig ein, drehte sich dann um und erhob sich aus ihrem Bürostuhl um sie an zu sehen. Yukiko aber schwieg, nahm sich die Zeit, sich in dem kleinen Raum umzusehen, in dem sich die FBI Agentin die ganze Zeit vor ihnen versteckt gehalten hatte. Wenigstens wusste sie jetzt, wieso. Der Raum war spärlich eingerichtet, als Labor konnte man ihn nun wirklich nicht durchgehen lassen. Und doch schien ihr Team vom FBI der Chemikerin das Wichtigste besorgt zu haben. Messgeräte, alle möglichen Formen an Gläsern, von denen einige die Schauspielerin eher an eine deformierte Vase erinnerten, eine Gasflasche mit Bunsenbrenner, etwas das aussah wie ein kleiner Ofen und noch viele andere Dinge, denen Yukiko Kudo keinen Namen geben konnte. Eines jedoch erregte die Aufmerksamkeit der Schauspielerin sehr wohl. Und zwar die kleinen Mäusekäfige aus Plastik, zehn Stück an der Zahl, aber in nur einem konnte sie eines der kleinen Tierchen erkennen. Sie schluckte, sah zu wie die Schnurrharre des Mäuschens vibrierten, als es sich neugierig an die Plexiglasscheibe stütze, um mitzubekommen, was in der Welt um es herum so vonstattenging. Die Schauspielerin schüttelte den Kopf, verschränkte die Arme vor ihrer Brust und brachte ihr Augenmerk zurück zu der FBI-Agentin, die noch immer dastand und darauf wartete, dass sie etwas sagte. „Wie lange arbeiten Sie schon daran? Wie lange wissen Sie schon von dem Gegenmittel?“ Yukikos Stimme war schneidend und trocknete Tracys Hals aus, während sie versuchte, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, um weiteren Schaden zu vermeiden. „Es war nur ein Zufall, ich-…“ Yukiko aber unterbrach sie. „Wie lange?“ Tracy schluckte, wandte den Kopf ab, als sie antwortet. „Während wir die letzte Maske für ihn angefertigt haben. Ich wusste Sherrys-, Ais Daten könnten mir vielleicht nützlich sein, ich dachte, dass ich mit ihrer Hilfe vielleicht in der Lage wäre, ein Gegengift herzustellen.“ „Warum haben Sie uns nichts davon gesagt? Warum haben Sie ihm nichts gesagt?“ Yukiko spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen, wehrte sich jedoch gegen den Druck, sodass es nur ihre Stimme war, die brach. „Wenn er das gewusst hätte, wäre vielleicht alles anders gelaufen. Dann hätte Shinichi diese Entscheidung nicht treffen müssen, er hätte nicht alles auf Spiel setzten müssen.“ Sie schluckte, senkte den Blick, als sie spürte, wie nun doch die ersten Tränen über ihre Wange rannen. „Er- er wäre jetzt nicht-…“ Tracy kämpfte gegen den Kloß in ihrem eigenen Hals an, ehe sie vorsichtig einen Schritt auf seine Mutter zumachte. „Bitte verstehen Sie doch Frau Kudo, ich kenne Shinichi, es war besser so, glauben Sie mir. Und davon abgesehen, denke ich nicht, dass dies irgendetwas an seiner Entscheidung geändert-…“ Diesmal aber war es an Yukiko einen Schritt auf die FBI-Agentin zuzumachen, während ihre Worte beunruhigend leise waren. „Schreiben Sie mir nicht vor, was ich verstehen soll und was nicht! Glauben Sie bloß nicht, Sie würden meinen Sohn besser kennen als ich, ich bin seiner Mutter, ich habe ihn großgezogen, ich-…“ „Sie wissen nichts über ihn!“ Tracys Worte trafen sie wie ein Schlag ins Gesicht, ließen sie innehalten, bis ihr Ton bitter wurde. „Und wessen Schuld ist das? Wer hat Schuld daran, dass ich bis vor Kurzem glaubte, meinen Sohn beerdigt zu haben?“ Tracy schluckte nur, spürte, wie ihre Worte einen Punkt trafen, der in ihr mehr auslöste, als ihr selbst eigentlich bewusst war. „Sie haben ihn mir weggenommen. Sie haben mir zehn Jahre zusammen mit ihm weggenommen…“ Yukikos Stimme erstarb, ihre Augen lagen wartend auf der Chemikerin, deren Blick zu Boden fiel, ihre Stimme war leise, kaum hörbar und sollte es vielleicht auch gar nicht sein. Yukiko Kudo aber verstand jedes einzelne Wort. „Und was ist mit den Jahren davor…“ „WAS?!“ Yukikos Stimme war schrill, vibrierte, brachte sie unwillkürlich zum Zittern, während ihr Körper ihr jegliche Kontrolle versagte. Die FBI-Agentin aber ließ sich von der Schauspielerin nicht mehr länger in die Enge treiben, sie hatte genug. „Wo waren Sie die ganze Zeit über, wo waren Sie, als Ihr Sohn Sie gebraucht hat. Als er plötzlich wieder auf die Hilfe anderer angewiesen war, auf Ihre Hilfe angewiesen gewesen war…“ Tracy schluckte, brach den Blickkontakt nun doch. „Er hat von Ihnen beiden gesprochen, nur gutes natürlich, schließlich ist Shinichi gut erzogen, das muss ich Ihnen lassen, aber selbst ungeübte Ohren hören raus, dass Sie nicht da gewesen waren, zumindest nicht mehr für Conan...“ Die braunen Augen der FBI Agentin brannten auf ihrer Haut, während ihre Worte ein Loch in ihre Brust frästen. „Ich bin nicht schuld daran, dass Sie Ihren Sohn nicht kennen, Frau Kudo.“ Die Chemikerin schluckte, sah wie die Augen seiner Mutter glasig wurden, während der Ärger in ihrer eigenen Stimme noch immer nicht verblassen wollte. „Unterstellen Sie mir also bloß nicht, dass ich nicht das Beste für ihn im Sinn habe. Dass ich es nicht gehasst habe, diese Entscheidung damals mit zu treffen, dass es mir nicht mit jedem Tag schwerer gefallen ist, ihn im Unklaren zu lassen. Ich habe ihn nicht gerne angelogen.“ Tracy biss sich auf die Lippen, wandte den Blick ab. „Sie waren nicht dabei, die letzten zehn Jahre. Sie haben nicht zusehen müssen, wie ein Kind aufwächst und erwachsen wird, das eigentlich gar keines mehr ist. Sie haben ihn nicht gesehen.“ Yukiko schluckte nur, spürte, wie der Kloss in ihrem Hals gierig wuchs, während sie beobachtete, wie die FBI-Agentin um einige Nuancen blasser wurde, während sie ihre Erinnerungen offenbar vom Boden auflas. „Es war nicht leicht am Anfang… sich daran zu gewöhnen, oder mit ihm umzugehen. Ich meine, ein kleiner Junge, der gar keiner war, der tief in dem Fall drinsteckte, den wir alle schon so lange verfolgten. Das ist eine Pille, die man erst einmal schlucken muss.“ Tracy aber seufzte nur, strich sich eine ihrer schwarzbraunen Haarsträhnen hinters Ohr. „Zu wissen, was er durchgemacht hatte. Dass er alles aufgegeben und zurückgelassen hatte, nur um sie zu schützen. Er hatte eine gute Freundin verloren und mit ihr zusammen auch die Hoffnung, jemals wieder er selbst zu werden.“ Sie blinzelte, verdrängte so den leeren Blick des kleinen Jungen, der in dem kleinen Zimmer im Hauptquartier auf der Bettkannte saß und ins Nichts starrte, während seine Füße nicht einmal den Boden berührten. „So etwas steckt man nicht einfach weg, selbst so jemand wie Ihr Sohn nicht. Und ich fürchte, dass seine Umgebung damals nicht besonders hilfreich war. Wir hatten ihm im FBI Hauptquartier in New York ein Zimmer hergerichtet, sodass immer jemand von uns ein Auge auf ihn hatte… denn seien wir ehrlich, nach allem was wir über ihn wussten, haben wir diesem Knirps wirklich alles Mögliche zugetraut.“ Tracy seufzte, ließ sich gegen den Schreibtisch sinken und stütze sich mit ihren Händen daran ab. „Außer Stuart und mir waren die wenigstens in das Geheimnis des kleinen Jungen eingeweiht, sodass sie ihn behandelten wie das, was er war, sie behandelten ihn wie ein Kind. Er wurde für manche sowas wie das Maskottchen des Reviers.“ Die Chemikerin rollte die Augen, konnte noch heute nicht glauben, dass die anderen ihm seine Schmierenkomödien wirklich abgekauft hatten. „Das alles war kein Problem, bis es plötzlich ruhig um die Organisation wurde, bis ihm die Ablenkung fehlte. Ich muss Ihnen wohl nicht sagen, wie schwer es ist, ihrem Sohn zu helfen, vor allem wenn der sich eigentlich nicht helfen lassen will, ganz davon abgesehen, dass uns an manchen Tagen einfach manchmal die Argumente fehlten, um ihm noch irgendwie Mut zu machen.“ Sie schluckte, fuhr sich über die Augen. „Manchmal blieb uns nichts weiter als die bloße Hoffnung darauf, dass, sobald wir die Organisation endlich geschnappt hatten, doch noch die Möglichkeit auf ein Gegengift bestand.“ Tracys Blick wanderte zu den kleinen hellblauen Reagenzien, während ihr Zeigefinger unbeachtet kleine Kreise auf die Tischplatte malte. „Aber wir reden hier nicht von ein paar Tagen, wir reden von Jahren. Und Shinichi wusste das, auch wenn er versucht hat es nicht zu zeigen. Aber es gab diese Momente, in denen er sich unbeobachtet fühlte, einen Blick in den Spiegel warf und nicht wusste, dass wir den Hass und die Angst in seinen Augen sahen. Angst vor Dingen, über die ein Normalsterblicher eigentlich nicht nachdenken musste. Nachdem er vielleicht zwei Monate bei uns war, kam er mit einem Maßband in der Hand zu mir und bat mich, zu messen, wie groß er war. Sie können sich vorstellen, wie schwer es mir gefallen ist, ihn zu enttäuschen, ihm zu sagen, dass er in der ganzen Zeit keinen einzigen Zentimeter gewachsen war.“ Sie schluckte, konnte seinen geschockten Blick noch immer vor sich sehen, der Unglaube, der im nächsten Moment in Bitterkeit umschlug, als er ihren Augen nicht mehr länger standhalten konnte. „Wir hatten keine Daten über das Gift, wir wussten nicht, was es genau mit seinem Körper angestellt hatte, also konnten wir nur weiter warten.“ Yukiko schluckte, die Möglichkeit, dass Shinichi für immer in diesem Kinderkörper hätte feststecken können, war ihr noch nie in den Sinn gekommen, während es für ihn vielleicht schone eine Angst gewesen war, die er schon länger mit sich rumtrug. Hätte sie davon wissen müssen, hätte sie es sehen können, bei ihren seltenen Besuchen? Wahrscheinlich schon. Ein blasses Lächeln schlich sich auf Tracys Lippen und erregte erneut ihre Aufmerksamkeit; es war das erste, seitdem Yukiko dem Raum betreten hatte. „Ich habe ihn in der ganzen Zeit, in der er bis dahin bei uns war, noch nie so strahlen sehen wie an dem Tag, als ich ihm endlich sagen konnte, dass er einen Zentimeter gewachsen war.“ Sie lachte, spürte eine heiße Träne in ihrem Augenwinkel. „Stuart hat ihn damals damit aufgezogen, dass er sich freute wie ein Kleinkind und wissen Sie was? Shinichi hat ihm nur die Zunge raus gestreckt, ist auf sein Bett zurück gefallen und hat herzlich gelacht. Ich glaube, das war das erste Mal das wir beide ihn haben Lachen hören…“ Sie schluckte, schüttelte mit einem blassen Seufzen den Kopf. „Doch damit war es schnell vorbei. Denn aufzuwachsen, ein zweites Mal, in dem vollen Bewusstsein, was mit seinem Körper passierte und warum, trieb an manchen Tagen selbst jemanden wie ihn zum Wahnsinn.“ Yukiko biss sich auf die Lippe, ein Teil von ihr wollte das alles gar nicht hören, doch die FBI-Agentin kannte keine Gnade. „Er war eigentlich zu streng mit sich. Shinichi hasste die Pubertät, die seine Nerven zum Zerreißen spannte, entschuldigte sich nicht nur einmal für den ein oder anderen Wutausbruch oder seinen genervten Gesichtsausdruck, der manchmal nur schwer von seinem Gesicht zu kratzen war. Er wusste genau, was passierte, warum er sich so verhielt und es war für ihn einfach unerträglich, dass er nichts dagegen tun konnte. Vermutlich war das ein Grund, warum er mit dem Schreiben angefangen hatte. Natürlich war das noch lange keine Lösung für alles. Ich erinnere mich noch daran, als seine Stimme zu brechen begann und wir zwischen den schiefen Tönen zum ersten Mal Shinichi Kudo hörten. Ihm aber war dieser Kontrollverlust mehr als peinlich, vielleicht lag es auch daran, dass er sich erst wieder daran gewöhnen musste, dass nun wieder Shinichi Kudo und nicht mehr Conan sprach, jedenfalls hat er nur noch das Nötigste mit uns geredet, so lange, bis er es einigermaßen kontrollieren konnte und seine Stimme nicht mehr nach jedem zweiten Wort zwischen dem Grundschüler und dem Oberschüler hin- und herschwankte.“ Yukiko spürte wie sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken sich aufstellten, ein unstillbares Verlangen kroch in ihr hoch und nahm ihr Herz in die Mangel. Sie hätte damals da sein sollen. Sie hätte bei ihm sein sollen. Tracy nutzte die kurze Pause um ihre Lippen zu befeuchten, ihre Stimme war nicht mehr ganz so rau, als sie endlich weiter sprach. „Er wurde wieder erwachsen, und endlich lernten wir den Oberschüler kennen, als der er uns damals vorgestellt wurde. Der Blick in den Spiegel aber blieb dennoch derselbe… Die Zeit trennte Conan Edogawa und Shinichi Kudo noch immer voneinander, und noch viel schlimmer, die Zeit trennte ihn noch immer von ihr, mehr als die Entfernung und der Ozean es jemals gekonnt hätten.“ Die Chemikerin schluckte, spürte wie ihre Stimme langsam rau wurde, während sie sprach. „Ich habe versucht, ihm zu helfen. Es war schließlich mein Job, dem Gift auf die Schliche zu kommen, herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gab, seinen Körper von dieser Substanz zu trennen. Ich habe jeglichen nur vorstellbaren Test mit ihm gemacht, mehr Blut abgenommen als ihm manchmal lieb war.“ Die Schauspielerin biss sich auf die Lippen, spürte wie das Blut langsam aus ihren Wangen wich. „Er war es, der am Schluss abgebrochen hat, nicht ich…“ Tracys Stimme brach. „Ich hätte die Enttäuschung in seinen Augen wohl auch nicht mehr länger ertragen, aber ich hätte weiter gemacht, ich hätte es weiter versucht… Er war es, der es beendet hatte. Shinichi reichte es, er konnte nicht mehr. Er hat mich darum gebeten, aufzuhören.“ Zum ersten Mal seit diesem langen Monolog schaffte sie es, ihren Blick zu haben, seiner Mutter wieder in die Augen zu sehen. „Deswegen habe ich ihm nichts gesagt, ich wollte ihm nicht wehtun. Ich hätte es nicht ertragen, ihn noch einmal so enttäuschen zu müssen.“ Sie wandte den Blick ab, während ihre Lippen ihr nur wiederwillig gehorchten. „Ich will ihm das nicht noch einmal antun, und Ran auch nicht.“ Tracy schluckte, schüttelte kurz den Kopf und sah auf. „Ganz davon abgesehen, hätte er niemals so viel für diesen Versuch aufs Spiel gesetzt…“ Diesmal aber wurde Yukiko wieder hellhörig, die Wut aber war längst aus ihren Worten gewichten. Unsicher machte sie einen Schritt auf die Chemikerin zu. „Wieso Versuch? Sie sagten doch…“ Tracy biss sich auf die Lippen und wich dem Blick seiner Mutter aus. „Ich sagte, ich habe ein Gegenmittel. Ich sagte, dass es wirken sollte…“ Yukiko schluckte, ihr Blick fiel zurück zu den leeren Käfigen und sie hatte schon jetzt Angst vor der Antwort auf ihre Frage. „Aber sie haben es doch getestet, oder etwa nicht?“ Die Chemikerin schlucke nur, nickte und ließ den Blick dann selbst über das spärliche Überbleibsel ihres Massakers schweifen. „Schon, aber diese Mäuse waren gesund, sie hatten das APTX nicht im Organismus. Aber zumindest eine hat überlebt…“ Die Schauspielerin war blass geworden, hatte ihre leicht zur Faust geballte Hand schützend vor ihr Brustbein gehoben, bis sie endlich den Mut aufbringen konnte weiter zu fragen. „Sie wollen also sagen, dass-…“ Doch die Chemikerin unterbrach sie. „Wir haben keine andere Chance.“ Tracys braune Augen lasteten schwer auf ihr, Bedauern spiegelte sich in ihrem Blick, während ihre zitterte Stimme seiner Mutter nur zu gerne etwas anderes gesagt hätte. Irgendetwas Besseres, als die zerbrechliche Wahrheit. „Wenn dieses Gegenmittel nicht wirkt, dann wirkt keines mehr.“ Tja so sieht´s aus… Mein lieber Shinichi da hättest du besser mal den Mund gehalten *kopfschüttel* Ich danke euch für eure Kommis und Fafs und überhaupt fürs lesen *knuddel* Ich hoffe auch dieses Kapitel hat euch wieder gefallen das nächste gibt’s erst am 31.7. wieder (jaaa Leute auch ich brauch mal Urlaub, besonders bevor es für mich in die Klinik geht >//<) Also genug Zeit zum kommentieren für euch *gg* ^/////^ Natürlich nur wenn ich möchtet, aber ich für meinen Teil würde mich sehr über eure Meldung freuen, ganz zu schweigen davon das es sehr motivierend wäre um diese vermaledeite FF endlich mal zu ende zu schrieben *hust* Also dann ich wünsche euch einen wunderschönen Juli! Bis bald, Eure Shelling Kapitel 44: Facing the Truth ---------------------------- Rückblick- „Sie wollen also sagen, dass-…“ Doch die Chemikerin unterbrach sie. „Wir haben keine andere Chance.“ Tracys braune Augen lasteten schwer auf ihr, Bedauern spiegelte sich in ihrem Blick, während ihre zitterte Stimme seiner Mutter nur zu gerne etwas anderes gesagt hätte. Irgendetwas Besseres, als die zerbrechliche Wahrheit. „Wenn dieses Gegenmittel nicht wirkt, dann wirkt keines mehr.“ - Rückblick Ende Facing the truth Seine Lider waren schwer, als er endlich die Augen aufschlug, sein Kopf fühlte sich an, als wäre er Watte gefüllt. Mit einem langen Seufzen sah er sich um. Mühsam kämpfte sich der Amerikaner vom Sofa hoch und rückte sich die Brille zurecht. Es war alles wie immer, die Farben dumpf und belegt mit einem grauen Schleier. Nur der Ort ihres kleinen Zusammentreffens hatte sich erneut geändert, war weder sein geliebter Central Park noch sein zweites Zuhause, die Detektei Mori, sondern die Villa Kudo, die so viele Jahre lang hatte ohne ihn auskommen müssen. Bell schluckte, hielt sich den noch immer schmerzenden Kopf, während seine Füße ihn leise durch die Flure seines alten Zuhauses trugen, er musste nicht groß darüber nachdenken, wo er die beiden anderen suchen musste. In die Bibliothek. Mit einem Stirnrunzeln trat er ein, ließ sein Blick über die Wände aus endlosen Büchern schweifen und bemerkte, dass all diese Einbände leer waren, ohne Namen der Geschichte oder des Autors. Bis auf zwei Stück, die mit dem Namen Rampo Edogwa und Conan Doyle gekennzeichnet waren und im untersten Regal neben dem Schreibtisch standen, sodass man sie möglichst schnell greifen konnte. Vor diesen Büchern saß die Bastelei aus diesen beiden Namen selbst. Der kleine Junge war mit dem Rücken gegen sie gesunken, während sein Kinn auf seiner Brust ruhte. Bell schluckte, hatte Mühe, seinen Blick fokussiert zu halten und spürte, wie der bekannte Nebel seinen Verstand immer wieder mit sich reißen wollte. Sein Blick glitt zu dem Oberschüler, der in dem großen Ohrensessel Platz genommen hatte. Seinem Sessel… Bell schluckte, ließ sich erschöpft in den Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken und ließ den Kopf auf sein Kinn gleiten, spürte wie erneut Müdigkeit seine Augenlieder nach unten ziehen wollte, doch er befahl seiner Stimme etwas, dagegen zu tun. „Irgendetwas ist schief gelaufen…“ Der Blick des Oberschülers, wandte sich von dem leeren Kamin zu ihm, der Hauch eines zynischen Grinsen war auf seinen Lippen zu erkennen. „Was du nicht sagst, Sherlock.“ Shinichi schluckte, spürte wie eine kalte Hand seine Kehle langsam zudrückte, während sein Blick zu dem kleinen Jungen schweifte, den es am Fuße des Bücherregals aus den Schuhen gehauen hatte. „Sieht so aus, als würden uns langsam die Lichter ausgehen, was, Conan?“ Der kleine Junge reagierte, wenn auch verzögert, allerdings sah es eher aus, als würde der Grundschüler im Halbschlaf etwas vor sich hin murmeln, das nur wenig mit den Geschehnissen um ihn herum zu tun hatte. Der Name aber, der über die blassen Lippen des Siebenjährigen kam, erregte die Aufmerksamkeit der anderen beiden. „Ran.“ Shinichi schluckte, legte den Kopf in den Nacken und ließ sich tiefer in den Sessel sinken und starrte an die graue Decke. „Ganz genau Kleiner… Ran.“ „Es muss doch noch einen anderen Weg geben.“ Die Stimme der FBI Agentin war bitter, brachte die beiden männlichen Beifahrer zum Zusammenzucken, während der kleine Junge die seltsame Tante nur mehr überrascht musterte. Heiji seufzte, verzog das Gesicht, noch vor zehn Jahren hätte er vielleicht die Augen gerollt, weil sie den Tatsachen noch immer nicht in die Augen schauen wollte. Doch die letzten zehn Jahre hatten ihm begreiflich gemacht, wie wichtig ein privater Zug gegen diese schwarzen Teufel für jemanden werden konnte. In diesem Fall aber hatten sie keine andere Wahl. Auch Agent Akai schien dieser Ansicht zu sein, auch wenn es ihm nicht weniger schwer fiel als ihr. Akai schluckte, schaute in den Rückspielgel zu dem kleinen Jungen und verbot sich den Griff zur Zigarette. „Wir haben keine andere Wahl Jodie, Deal ist Deal. Das solltest du wissen.“ Die aber war noch lange nicht fertig, brauste mit grellem Blaulicht um die nächste Ecke. „Ich scheiß dir auf diesen verdammten Deal. Wir finden ihn auch so, irgendwie...“ Ein Blick in den Rückspiegel aber machte ihr klar, dass nicht nur Akai, sondern auch Kommissar Hattori anders dachten. Denn da der kleine Sprössling, sich offenbar nicht für ihre Kraftausdrücke interessierte- kein Wunder, bei dem Vater konnte man ihm wahrscheinlich ohnehin schon regelmäßig den Mund ausspülen - war es klar, wo der finstere Blick des Polizisten dann herrühren musste. Sie hatten ihn bisher nicht gefunden und daran würde sich ohne Hilfe nicht so schnell etwas ändern. Die Amerikanerin biss sich auf die Lippen, schmeckte Blut durch den ganzen schwarzen Ruß, der von dem Sturm des letzten Gebäudes noch immer in ihrer Kehle klebte. „Ihr tut so, als wäre er mir egal, als würde ich ihn nicht genauso gerne wiederhaben wollen. Aber…“, sie schluckte, schüttelte den Kopf als sie spürte, wie ihre brennenden Augen ihr die Sicht auf die rote Ampel versperrten, über die sie gerade bretterten. „-das ist es nicht.“ Die beiden Männer im Wagen warfen sich über den Rückspielen besorgte Blicke zu, aber keiner von beiden brachte es über sich, etwas zu sagen, schließlich konnte jeder von ihnen den Hass der FBI Agentin nachvollziehen. Dennoch, sie hatten keine andere Wahl. Doch noch bevor Akai oder Heiji ihrem Vorhaben erneut Nachdruck verleihen konnten, trat Jodie kräftig auf die Bremse, brachte dabei den Wagen mit ein Ruck zum Stehen, während Haikuro wegen der überraschenden Bewegung aufgeregt quietschte. Akai drehte sich mit hoch gezogener Augenbaue zu seinem Kollegen aus Osaka um, der aber sprach noch bevor der Agent seine Frage hätte aussprechen können. „Vergessen Sie´s, noch mal lass ich den heut nicht aus den Augen.“ Akai seufzte nur, gab die Diskussion lieber gleich auf und drehte sich zurück zu Jodie nach vorn, während ihn der kleine Haikuro mit einem fragenden Blick musterte. Heiji spürte die Angespannte Stimmung im Wagen, löste mit einem schnellen Klicken den Sicherheitsgurt um den Bauch seines Sohnes. „Komm du Floh, wir gehen schon mal raus, vielleicht kann ein wenig frische Luft diese Dummheiten ja aus deinem Kopf waschen. Du weißt ja noch, was de Mama sagen sollst, oder?“ Doch noch ehe sie die Antwort des kleinen zu hören bekamen wurde, sie durch die geschlossene Tür von ihnen abgeschnitten, sodass sich Akai mit einem erleichterten Seufzen eine Zigarette anzündete, rauchte und wartete, bis seine Kollegin endlich genügend Kraft hatte, das Wort zu ergreifen. Er hatte mit verzweifelnden Diskussionen gerechnet, mit Begründungen die eigentlich Garde er verstehen sollte, Jodie aber tat nichts dergleichen. Stattdessen zog sie die Handbremse an, nahm den Schlüssel ab und redete während sie ihren eigenen Sitzgurt löste. „Bringen wir´s hinter uns.“ „Jodie-…“ „Für ihn.“ Sie hatte besagte gerade auf den Türgriff gelegt, war dabei, das Schloss zu öffnen, doch ihr Kollege ließ einfach nicht locker. „Jodie.“ Diese aber schluckte nur, ihr verdammter Partner war doch sonst nicht so gesprächig, warum dann gerade jetzt? Doch noch bevor der weiter reden konnte um auf den Punkt zu bringen was sie schon lange wusste, war sie es, die mit einem langen seufzten erneut zu sprechen begann. „Wir haben für diesen Fall alle Opfer bringen müssen, Shuichi, das sehe ich jetzt.“ Sie schluckte, versuchte die Fassung zu bewahren, doch ihre verkrampften Finger um das Lenkrad des Wagens verrieten sie. „Und das hier ist anscheinend meines…, also komm, lass es uns endlich hinter uns bringen.“ Damit stieg sie aus dem Wagen und schloss sich Hattori an, der bereits vor dem kleinen Café wartete, ehe Akai den beiden mit einem bitteren Lächeln auf den Lippen folgte. Schon von außen hatte die kleine Spelunke wenig vertrauenerweckend ausgesehen, sodass Hattori seinen Sprössling vorsichthalber auf den Arm genommen hatte und irgendwie konnte er es ihm auch nur schlecht verdenken, das war wohl kaum ein Ort, wo Kinder alles in den Mund nehmen sollen, was sie eventuell auf dem Boden fanden. Der Detektiv sah sich um, pfiff durch die Zähne, während er die Blicke der wenigen Gäste auf seiner Haut ignorierte, besonders aber den der nicht mehr ganz so jungen Bedienung an der Bar, die einen Blick ganz anderer Art auf ihn zu werfen schien. Doch noch bevor er es verhindern konnte, jagten ihre von schmierigen Lipgloss eingerahmten Zähne einen Schauder über den Rücken, zum Glück war es Jodie, die es schaffte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. Die FBI Agentin stand an seiner Seite, hatte die Hände in die Hüfte gerammt und sah sich mit fokussiertem Blick um. „Kein Wunder, dass unsere Leute sie nicht gefunden haben, hier hat nun wirklich keiner gesucht.“ Akai aber nickte nur, sparte sich den Kommentar und machte sich den anderen beiden voraus ins Séparée, wo sie sie schon erwartete. Vermouth. Sie saß da, die langen Beine unter den viel zu kleinen Tischen lässig überkreuzt, während sie das dunkelblaue Seidentuch nur noch um den Hals trug und nicht mehr um ihre blonden Locken darunter versteckte, an einem Ort wie diesen, war dies wohl auch kaum nötig. Das Organisationsmitglied bemerkte sie nicht, oder tat zumindest so als ob, sodass es die junge Lehrerin war, die als erstes den Kopf in ihre Richtung hob. Und auch wenn sie diese Entscheidung eigentlich nicht bereute, machte sich ein eine Mischung aus Entschuldigung und Scham auf ihren Wangen breit, die sich erst zu einem Lächeln verzog, als der kleine Sohn von Heiji sie erkannte. „RAN!“ Er befreite sich aus dem Griff seines Vaters und lief seiner als verschollen geglaubten Tante entgegen, schlag seine dünnen Ärmchen um ihre Beine, ehe sie ihn mit einem Lachen auf den Schoß setzte. „Haikuro, was machst du denn hier?“ „Ich hab dich gesucht!“ kam es von dem Kleinen voller Stolz, während sich Heiji nur durchs Gesicht fuhr. „Was?“ Ran, die fragend den Blick gehoben hatte, schaute Kazuhas Mann lange an, der sich mit einem schweren Seufzer für diesen Moment geschlagen gab. „Vergiss es, is ne lange Geschichte.“ Und tatsächlich frage Ran nicht weiter nach, auch wenn das wohl eher an der wachsenden Anspannung lag, die plötzlich den Raum beherrschte. Vermouths Augen aber hoben sich nur langsam, wie als hätte sie nur auf dieses Stichwort gewartet, sah sie die beiden FBI Agents an und begrüßte sie mit einem süßlichen Lächeln auf den Lippen. „Ich sehe keine Handschellen? Also nehme ich an, dass unser Deal weiterhin besteht?“ Jodie schluckte, ballte die Hände zu nutzlosen Fäusten, während Shuichi Akai das Reden übernahm und die Blondine vor ihm mit kühlem Blick taxierte. „Wenn deine Informationen nützlich genug sind, dann ja.“ Vermouth runzelte kurz die Stirn, so war das zwar nicht abgemacht gewesen, aber sie würden schon etwas damit anzufangen wissen, zumindest ihre zweite Silberkugel würde wissen, wie sie mit diesen Informationen den Schuss positionieren konnte, um einen möglichst großen Durchschlag zu erziehen. „Also schön…“ Sie nippte ein letztes Mal an ihrer Kaffeetasse, stellte sie mit einem kleinen Scheppern wieder zurück, ehe sie mit aneinander gelehnten Fingerspitzen anfing zu sprechen. „Natürlich müsst ihr verstehen, dass ich euch weder Name noch Adresse einfach so auf dem Silbertablett serviere, ich mag mich zwar zu einer Verräterin machen, aber so dumm bin ich dann nun auch wieder nicht.“ Vermouth wartete auf eine Antwort, sprach mit einem gekünstelten Seufzen weiter, als man sie nur weiterhin stumm ansah. „Vermutlich hat euch unsere kleine Berühmtheit schon den ein oder anderen Tipp gegeben, nehme ich an?“ Ihr Blick fiel mit einem Nicken zum Fernseher, wo die Berichte über die Organisation und Shinichi Kudo noch immer nicht abklingen wollten. Akai aber nickte nur, ignorierte die Anspielung und das Lächeln auf ihren Lippen. „Schön. Dann lasst mich euch sagen, dass das Lied der Krähenmutter an ihre sieben Kinder durchaus ein Hinweis auf den Boss ist. Ich muss gestehen, ich bewunderte ihn noch heute… dass sich jemand wie er in unserer Organisation so weit hoch gearbeitet hat und so viel Respekt verschafft hat - trotz, vielleicht aber auch gerade wegen seiner Kollegen.“ Sie lächelte, begutachtete ihre rot lackierten Nägel mit Genugtuung. „Aber auf der anderen Seite lassen sich manche Menschen einfach auch bewusst blenden. Vielleicht reflektiert die schimmernde Rüstung von euch Rittern einfach zu viel Sonne und macht euch blind gegen alles um euch herum, schließlich muss an Holmes Worten ja etwas dran gewesen sein, der die Polizei damals für blind erklärte. Und ich muss sagen, dass dieses Argument wirklich nicht von der Hand zu weisen ist, denn diese Ritter waren anscheinend zu blind, um zu sehen, dass sie langsam von Dämonen umzingelt waren, während sie nicht einmal bemerkten, das sie selbst das Werk des Teufels ausführen.“ Vermouth lächelte, schob langsam den Stuhl vom Tisch zurück und erhob sich von ihrem Platz. Doch Jodies hektische Stimme ließ ihre eleganten Bewegungen stocken. „Wie? DAS WARS?“ Der Amerikanerin platze der Kragen, nichts weiter als Dinge, die sie schon wussten und sinnlose Rätsel, dafür, für diesen Mist, sollte sie ihre Rache verkauft haben! Doch Vermouth schenkte ihr nur einen stummen Blick, schüttelte den Kopf und setzte sich die Sonnenbrille wieder auf. „Ich fürchte schon.“ Diesmal aber war es Ran, die diese Antwort einfach nicht akzeptieren konnte, ihre Stimme hatte einen flehenden Unterton, sie hatte so gehofft,s das sie ihr endlich sagen würde, wo sie Shinichi finden konnten. „Können Sie uns nicht wenigstens einen Hinweis darauf geben, wo Shinichi festgehalten wird?“ Vermouth aber schluckte nur, schüttelte mit einem Hauch von Bedauern den Kopf. „Wie schon gesagt, das ist alles. Aber findet ihr ihn, findet ihr auch Kudo.“ Sie biss sich auf die Lippen, riskierte ihre strahlend weißen Zähne mit ihrem roten Lippenstift zu verschmieren, als ihre Stimme einen eindringlichen Ton bekam. „Und ich rate euch wirklich, euch zu beeilen, die Forschung ist eingestellt, die Suche nach dem ewigen Leben ist vorbei und hat mehr Verderben als Wohlstand über die Organisation gebracht.“ Sie seufzte, schwelgte für einen kurzen Moment in alten Erinnerungen, während ihre Stimme dann erneut ernst wurde. „God is out of the game for a long time now and the devil is willing to do everything in his power to gain this last soul, to take it down to hell with him.” Vermouth schluckte, sah Ran für einen letzten Moment in die Augen. „Good luck Angel, I hope the arms of our silver bullet are still strong enough to catch your fall.” Mit diesen Worten schritt sie an dem kleinen Tisch vorbei, spürte die Augen ihres Engels tief vergraben in ihren Schulterblättern, sodass ihr die Schuld für einen Moment lang den Atem zu schnürte, als sie die ersten Schritte in ihr neues Leben machte. Sie nahm einen tiefen Atemzug, dieses etwas muffigen Dufts von Freiheit und begann sich von der kleinen Truppe zu entfernen. Die FBI Agentin sah sie nicht an, sie sah wie ihre Fingerknöchel weiß hervortaten während sie ihre Hände zu nutzlosen Fäusten ballte doch ihr Blick fesselte Vermouth nicht. Trotzdem blieb sie neben der Agentin stehen, überlegte einen kurzen Moment, ehe sie sprach. „Some things need to be done, I´m sorry for your loss, but I´m not sorry for what I did, back then. I made my job as you do yours now, as your fate led you to quite a similar organization. It´s your turn, now, to either follow your instructions or leave before you do something you´ll pay for.” Sie schluckte, sah mit bitterer Miene über ihre dunkle Sonnenbrille hinweg. “So… one last advice. Find him, fast.“ „Sieht ganz so aus, als würden wir sie wirklich nicht wieder sehen, keiner von uns.“ Shinichi aber blieb stumm, presste die Lippen fest aufeinander, bis er seine Gedanken soweit sortiert hatte, dass er einen einigermaßen zusammenhängenden Satz daraus formen konnte. „Sie war da… oder nicht?“ Bell nickte kurz, wollte gerade etwas sagen, als ihn eine dünne Stimme unterbrach. „Wieso sind wir dann noch hier… wenn Ran da ist?“ Alle Augen richteten sich auf den Grundschüler, der sich ein wenig aufgerafft hatte, weniger leblos aussah, während er gegen die Bücherwand gelehnt war. „Du bist wach?“ Der Grundschüler aber rollte nur mit den Augen. „Wie kann ich schlafen, wenn ihr beide es nicht tut? Einer ohne den anderen existiert nicht,… das sollest ihr mittlerweile wissen.“ Bell aber runzelte die Stirn, warf dem Kleinen einen zweifelnden Blick zu. „Es sah aber so aus.“ Shinichi nickte. „Du hast sogar im Schlaf geredet…“ „Echt?“, murmelte der Kleine, während er sich den Schlaf aus den Augen rieb. „Was hast du gesehen, Conan? Was war mit Ran?“ Der Name seiner „großen Schwester“ ließ die feinen Härchen auf seinen Armen aufstellen, nur wiederwillig versuchte er sich den anderen beiden zu erklären. „Ich habe sie nicht gesehen, nicht direkt. Ich- es war mehr so ein Gefühl. Ich habe ihre Stimme gehört, aber sie hat sich unheimlich weit weg angefühlt, irgendwie nicht echt… aber sie- sie hat geweint.“ Der kleine Junge schluckte. „Ich, ich habe versucht ihr zu helfen, aber es ging nicht. Ich konnte nicht… sie tat mir so leid. Aber immer, wenn ich auf sie zugehen wollte, verschwand sie plötzlich… als- so als ob sie gar nicht wirklich da wäre.“ „Nicht da?“ Doch die synchrone Frage aus den Mündern von Bell und Shinichi erntete nichts weiter als weitere verwirrte Blicke des anderen, bis der Oberschüler schließlich schluckte, seine Stimme war rau, während er sprach. „Irgendwas übersehen wir, irgendetwas wichtiges… aber was?“ Bell aber schüttelte nur müde den Kopf, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und behielt sie dort, stütze seinen Kopf so ab, während sein Ellenbogen auf der Schreibtischplatte ruhte. „Ich weiß es nicht…“ Er schluckte, biss sich genervt auf die Lippen. „Ich kann nicht denken, mich kaum konzentrieren, es fühlt sich an, als hätte irgendjemand einen verdammten Sack Watte zwischen meine Ohren gestopft und irgendwo ist ein spitzer Nagel drin, aber ich komme einfach nicht ran.“ Die anderen beiden nickten müde, teilten das dumpfe Gefühl in ihrem Kopf mit Bell. Kein Wunder. Conan aber schlucke, die Stimme des kleinen Jungen klang mit einem Mal ängstlich, passte ausnahmsweise einmal zu seinem äußeren Erscheinungsbild. „Ich glaube, das war`s einfach…“ Bell biss sich auf die Lippen, nur zu gerne hätte er dem Kleinen etwas anderes gesagt, doch auch er bemerkte, wie sich sein Verstand immer weiter von ihm entfernte, es fiel ihm schwer, noch irgendwie daran festzuhalten. „Ich fürchte… dass du Recht hast.“ Shinichi aber seufzte nur, starrte auf die namenlosen grauen Bücher um sie herum. „Bin gespannt, wer von uns zuerst draufgehen wird…“ Doch dem sarkastischen Kommentar des Oberschülers folgte schnell die etwas ängstliche Frage Conans. „Wie meinst du das?“ Bell nickte zustimmend, schaute sein zweites Ich fragend an. „Ja? Ich dachte, dass wir alle… Shinichi Kudo sind, irgendwie.“ Shinichi aber schluckte nur, schüttelte mit einem müden Lächeln den Kopf. „Glaub ihr das wirklich?“ Er stand auf, deutete auf die leere Bibliothek, in der sie saßen. „Habt ihr euch schon mal umgesehen, in der letzten Zeit? Ich meine, haltet ihr es wirklich für einen Zufall, dass wir drei hier sind?“ Die anderen beiden aber schwiegen, hatten vielleicht Angst auf die Fragen ihres Gegenübers genauer einzugehen. „Außerdem… die Platzwahl. Erst der Central Park in New York, dann die Detektei Mori und jetzt das hier?“ Bell nickte, kratzte sich grüblerisch das Kinn. „Nein… das ist wohl kaum ein Zufall.“ Doch die etwas patzige Antwort des jüngsten von ihnen ließ nicht lange auf sich warten. „Na und? Das passt doch eigentlich, oder, sonst wären wir wohl auch nicht zu dritt und würden jetzt nicht diese Diskussion führen.“ Shinichi aber runzelte nur die Stirn, wandte sich von den beiden ab, um deren Reaktionen auf seine Worte auszublenden. „Stimmt, aber genau das ist es, was mir Sorge bereitet. Unsere Erinnerungen und Gedanken, die, sobald wir wieder aufwachen, zusammenfließen, nicht mehr voneinander zu trennen sind, während wir in diesem Augenblick durchaus unterschiedlicher Meinung sind. Wir sind drei verschiedene Abschnitte von Shinichi Kudos Leben, drei Persönlichkeiten, die irgendwo zusammen gehören und dann doch wieder nicht.“ Er biss sich auf die Lippen, schüttele ernüchternd den Kopf. „Aber ich fürchte, mit einem liegen wir falsch.“ Er schluckte, sah mit trübem Blick in die Runde. „Wir sind nicht Shinichi Kudo.“ „Was machen wir jetzt?“ Mit dieser unschlüssigen Frage sah sich die junge Frau in dem Aufenthaltsraum des Hotelzimmers um, während der kleine Haiku auf dem verschnörkelten Teppich mit seinem Auto kleine Kreise zog. Heiji aber, der den Hörer seines Handys mittlerweile fest an sein Ohr drückte, hob entgeistert eine Augenbraue. „Wir? Wir machen gar nichts, Ran!“ Die Lehrerin schluckte, wandte den Blick jedoch nicht ab, während sich der Osakaner offenbar mehr als genervt den Nasenrücken massierte, während er im Zimmer auf- und abmarschierte. „Die Polizei und das FBI wird sich jetzt darum kümmern, dass…“ „HEIJI!“ Kazuhas Stimme hallte Schrill und laut durch den Raum, reflexartig hielt der Detektiv das Handy von sich, während er versuchte, zu seiner Frau durchzudringen. Natürlich nicht weniger laut. „KAZUHA! Kazu-…“ Er seufzte, hielt das Handy noch immer so weit entfernt wie möglich, während er mit der anderen Hand versuchte, den Tinnitus aus seinem Ohr zu massieren, erst, als die Stimme seiner Frau wieder leiser wurde, wagte er den Versuch, das Telefon wieder näher an seine Ohrmuschel zu lassen. Er seufzte, hörte sie am andere der Leitung schluchzen. „Is ja gut. Jetzt schrei nicht so.“ Sein Blick wanderte zu seinem Sohn, der Kleine hatte nicht mal aufgeschaut, wusste schon, dass seine Eltern manchmal ein wenig Laut wurden, wenn sie miteinander redeten. Wahrscheinlich, weil Erwachsene einfach nicht gut hörten, so musste es sein. „Ja er ist hier. Es geht ihm gut… und Ran auch.“ Er schluckte, während Ran spürte, dass ihre Wangen erneut vor Scham rot wurden, als Kazuhas Stimme noch immer weinerlich aus dem Hörer drang. „Klar doch. Hey Haiku, deine Mama ist am Telefon.“ Der Kleine blinzelte überrascht, mitten aus der bunten Straßenwelt aus Schnörkeln und Kreisen herausgerissen, als er aufsprang und mit einem freudigen Grinsen auf seinen Papa zulief. „Mama!“ Der Dreijährige griff nach dem Handy, während sein Vater es zur Sicherheit festhielt. „Wir haben Ran gefunden, Mama, hörst du?“ Der Kleine grinste über beide Backen. „Du musst also nicht mehr weinen. Papa weint auch nicht mehr.“, gluckste er und schaute mit vielsagendem Blick zu seinem Vater hoch. Doch dieser Satz schien genug zu sein, um Kazuhas Verdacht zu wecken, doch noch ehe der Kleine sich gänzlich verplappern konnte, nahm Heiji ihm das Telefon ab. „Was? Na da war dieser böse Mann und der hat-…“ „Das reicht jetzt, Haiku.“ Hektisch legte er sich das Mobiltelefon wieder ans Ohr, lachte nervös, während Kazuha in löcherte. „Was? Nein, wie kommst du darauf, du kennst doch unseren Sohn und seine blühende Fantasie.“ Doch erneut wurde die Stimme seiner Frau am Hörer lauter, sodass der mittlerweile But und Wasser schwitzende Kommissar es vorzog, das Telefonat besser zu beenden. „Wie- äh, also ich muss jetzt auflegen Kazuha, bis dann.“ Er seufzte, sah seinen Sohn aus Halbmondaugen an, der sich schon längst wieder seinen Spielen gewidmet hatte. Ran aber war wegen der Brocken, die sie verstanden hatte, ebenfalls blass geworden, zum ersten Mal stellte sie sich die berechtigte Frage, was der Sohn der Hattoris überhaupt hier machte, während ihr Blick besorgt zu Heiji schwenkte. Sie schluckte, sah fragend zu ihm auf und bemerkte, dass der ihrem Blick schon wieder auswich. „Heiji?“ Er hatte den Mund schon geöffnet, um sich eine passende Erklärung bereit zu legen, allerdings war er dabei nur halb so geschickt wie Shinichi. Der Kommissar seufzte letztendlich, ließ sich in das weiche Sofa des Hotels fallen und schloss für einen kurzen Moment die Augen, öffnete sie jedoch wieder, als er spürte, wie Erschöpfung und Müdigkeit ihn auf der Stelle mitreißen wollen. Er schluckte, lehnte sich nach vorn und stützte die Ellenbogen in seinem Schoß, während seine Blicke Löcher in die Tischplatte bohrten. „Haikuro wollte wohl helfen, dich zu suchen. Ich habe es in dem ganzen durcheinander wahrscheinlich übersehen, dass dieser Knirps sich, weiß der Himmel, wie, in mein Auto geschlichen hat.“ Heiji schluckte, schaute sie dann mit ernstem Blick von unten herauf an. „Gin.“ Ran spürte, wie eine Gänsehaut sich ihren Weg von ihren Fingerspitzen über ihrem Arm zum Nacken hinauf suchte. „Nachdem der ganze Ärger abgeflaut war, hatte Akai Wodka in der Mangel, dann ist er aufgetaucht… zusammen mit Haikuro.“ „Was? Aber-…“ Doch Heiji blockte ihre Panik ab, noch bevor sie sich weiter entwickeln konnte. „Ihm ist nichts passiert. Es ist vorbei…“ Heiji seufzte, ließ sich tief in das Sofa zurücksinken und fuhr sich mit von der Erinnerung zittrigen Fingern über die Stirn. „Es wär mir lieber, du lässt es mich Kazuha beibringen.“ Ran aber nickte und für einen kurzen Moment legte sich ein dichtes Schweigen über sie. „Wie geht es jetzt weiter Heiji? Ich dachte… ich dachte die Informationen würden ausreichen um Shinichi endlich zu finden, ich verstehe nicht-…“ „Die Räumung von heute Mittag ist noch voll im Gange, Ran. Wir können dort noch immer nicht genügend Leute abziehen. Wir wissen nicht, was auf uns warten wird, dort wo sie ihn festhalten. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als bis Morgen zu warten, unüberlegtes Handeln im Falle der Organisation ist… fatal. Aber das muss ich dir ja wohl nicht mehr sagen oder?“ Sie schluckte, schüttelte nur den Kopf. „Aber wenn es dich beruhigt… ich bin sicher, Vermouth hat sich nicht unter Wert verkauft, wenn wir ihre Rätsel erst einmal knacken, finden wir ihn. Ganz bestimmt.“ Ran aber schluckte nur. „Ich hatte einfach gehofft, ihn zu finden, auch wenn mich einer von diesen Leuten erwischt hätte, so wäre ich wenigstens bei ihm gewesen, verstehst du, Heiji? Ich weiß, ich kann ihm nicht helfen, aber zumindest hätten wir dann eine Chance gehabt. Wir wären zusammen gewesen, egal was-…“ Sie biss sich auf die Lippen, während die unberechenbare Sturheit wieder in ihre Augen zurückkehrte. „Ich habe ihn schon einmal fast verloren, Heiji und ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass so etwas noch einmal passiert. Damals wusste ich nicht, was passiert, oder was er vorhat… diesmal aber sieht die Sache anders aus.“ Sie schluckte, schaute ihn entschlossen an. „Ihr könnt nicht von mir erwarten, dass ich irgendwo herumsitze, warte und Däumchen drehe. Das kann ich nicht und das werde ich nicht, Heiji.“ Rans Stimme war am Schluss kaum mehr als ein heiseres Wispern. Der Kommissar sah sie lange an, schüttelte dann mit einem langen Seufzen den Kopf. „Ich weiß… und wenn es dich beruhigt, ich denke, Vermouths Kooperationsbereitschaft haben wir nicht zuletzt auch dir zu verdanken. Sie hat eine Schwäche für dich, Ran… ob du nun willst, oder nicht. Zwar hatte sie auch Kudo nie wirklich im Visier, aber du…“ Doch Ran sprach aus, was er dachte. „Angel.“ Das kleine, scheinbar harmlose Wort verließ ihre Lippen und bedeutete doch alles, ließ den Kommissar bestätigend nicken. „Ich denke, sie hat uns die Wahrheit gesagt… wir müssen sie in diesem Gewirr aus Lügen und Geheimnissen nur noch finden.“ Heiji seufzte, fuhr sich durch das schon ohnehin zerzauste Haar. „Und solange das FBI und die restlichen von Megures Beamten noch immer den Dreck von heute Morgen beseitigen, bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten, Ran.“ Sein Blick fiel auf seinen Sohn, der sich auf dem bunt gemusterten Teppich nun schon eine ganze Weile nicht mehr gerührt hatte, seinen Kopf auf sein Stofftier gebettet während sein kleines Hinterteil in die Höhe ragte und offensichtlich machte, das es ihm mitten im Kampf erwischt hatte. Moris Tochter aber schaute noch immer mit sturem Blick zu Boden, er konnte es ja verstehen, es gab nichts, dass er mehr hasste, als tatenlos rum zu sitzen, aber in diesem Fall hatte es wenigstens irgendwo einen Sinn. „Kudo braucht uns ausgeruht. Wir können uns keinen Fehler leisten. Nicht jetzt.“ Sie schaute auf und nickte langsam. Heiji hatte sich in den ersten Jahren nach Conans Tod nie von der Sache abgewandt, hatte es immer für Shinichi zu Ende bringen wollen, und in diesem Fall hatte er wohl Recht. Auch wenn sie daran zweifelte, das Morpheus ihr besonders viel Schlaf schenken würde. Natürlich kam der nächste Morgen gleichermaßen zu früh und zu spät, als das Handy des Kommissars zu läuten begann und so auch Ran im angrenzenden Schlafzimmer endlich das Signal gab, dass sie aufstehen konnte, nachdem sie jetzt schon die ganze Zeit mit leerem Blick an die Decke gestarrt hatte. Heute war es soweit, heute oder nie. Sie zog sich den vom Hotel gestellten Bademantel über, der sich flauschig, warm und weich an ihren Körper schmiegte und für einen Moment die Erinnerungen an die kalte Nacht verdrängte. Sie hörte Heijis Stimme durch die geschlossene Tür, und trat ein, doch der Kommissar hatte in diesem Moment keinen Blick für sie, also setzte sie sich stumm auf die schmale Lehne des Sofas, lauschte und wartete. „Das ist alles… was wir von ihr wissen. Allerdings hat mich die Sache mit dem Teufel stutzig gemacht, irgendwo hab ich das schon mal gehört… Kudo hat damals irgendwas gesagt…“ Er hörte Megure am anderen Ende der Leitung schlucken, doch der Hauptkommissar ließ ihm die Zeit, nachzudenken. Angestrengt wühlte er in seinen Erinnerungen, bis er das passende Puzzleteil gefunden hatte. Die Stimme des Kommissars klang hohl, während er mehr mit sich selbst, als mit seinem Kollegen sprach. “We can be both, good and devil…“ “Was?” Megures Stimme war rau in seinen Ohren. „Dieser Satz ist von Vermouth, Kudo hat mir davon erzählt, als er zufällig darüber gestolpert war.“ Er schluckte, seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern, ehe er schluckte, eine Idee, ein Gedanke formte sich in seinem Kopf, doch Megure kam ihm zuvor, sein Tonfall klang brüchig, seine Worte uneben und rau. „Kudo ist doch gegen die Organisation vorgegangen, oder? Von- vor zehn Jahren, kurz nachdem er Japan verlassen hat, zusammen mit dem FBI.“ Die Stimme des alternden Hauptkommissars ließ die Nackenhaare von Heiji langsam aufrecht stehen, irgendwas sagte ihm, das Megure das gleiche dachte wie er. „Soweit ich weiß schon. Ihnen sind wohl ein paar mächtige Schläge gegen sie gelungen, sodass sich die Typen erst einmal ein wenig bedeckt halten mussten.“ „Verstehe.“ Megures Stimme klang trocken, Heiji konnte das Kratzen seines Schnurrbarts am Hörer erkennen, der sich unter dem nachdenklichen Blick des Hauptkommissars langsam hin- und her bewegte. Eine trügerische Stille legte sich über die angespannte Gruppe, während Heiji den passenden Moment abwartete, um nachzuhaken. „Megure, glauben Sie…„ Doch sein Gegenpart am Telefon seufzte nur und schluckte schwer. „Ich habe eine Idee, Heiji, und auch wenn ich Kudo genauso gern wieder wohlbehalten hier haben will wie ihr alle, hoffe ich doch sehr, dass ich mich irre.“ Doch die Stimme versagte dem Polizisten. „Das darf einfach nicht sein…“ Er hörte, wie Megure sich räusperte, und ihn eilig abwimmelte. „Warte bitte einen Moment Heiji- ich rufe gleich zurück.“ „Wie? Aber-…“ Doch mehr als das dröhnende Freizeichen bekam er nicht als Antwort. Der Hauptkommissar starrte ebenfalls auf das nun stumme Telefon in seiner Hand, das in seinen massigen Handflächen plötzlich immer schwerer wog, ehe er sich mit einem Seufzen dazu durchringen konnte, eine ihm altbekannte Handynummer anzurufen. Das Freizeichen hämmerte in seinen Ohren, er saß stumm da, rührte sich nicht, während in seinem innersten pures Chaos herrschte. „Yusaku Kudo hier, wer spricht?“ „Yusaku-…“ Doch die Stimme des Hauptkommissars erstarb, er musste sich Räuspern, ehe er fortfahren konnte. „Yusaku, ich bin´s, Megure; ich weiß, es ist wahrscheinlich nicht sehr passend, dich damit zu belästigen aber-…“ Doch der Schriftsteller unterbrach ihn, noch ehe er seinen Satz beenden konnte. „Du also auch…“ „Wie?“ Er hörte den Autor am anderen Ende der Leitung seufzen, konnte ihn förmlich vor sich sehen, wie er sich in alt bekannter Manier über die blauen Augen fuhr, die denen seines Sohnes viel zu ähnlich sahen. Es dauerte eine Weile, bis die Stimme des Schriftstellers wieder durch den Hörer erklang. „Ich habe mir die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrochen und komme einfach zu keinem passenderen Ergebnis. Wenn alles, was wir bisher haben, und das, was Vermouth gesagt hat, wirklich ein Hinweis ist, dann bleibt nur dieser Schluss übrig, nur diese Möglichkeit. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass er vor zehn Jahren-…“ „Verstehe.“ Der Hauptkommissar schluckte, Stille legte sich wie ein dickes Leichentuch über die beiden alten Kollegen. Der Hauptkommissar sackte in seinem Stuhl zusammen, nahm den Hut ab und fuhr sich mit der Hand durch den mittlerweile sehr lichten Haaransatz. „Eigentlich hatte ich gehofft, dass du mir sagst, dass ich falsch liege mit meiner Vermutung Yusaku…, nicht das.“ Die Stimme des Schriftstellers aber hatte sich mittlerweile wieder gefangen, egal was für ein großer Schock es für die Polizei und ganz Japan sein mochte, es ging hier um seinen Sohn. „Ich fürchte, es ist die einzig logische Erklärung die uns bleibt. Weißt du, wo wir ihn suchen können?“ Der Hauptkommissar nickte, er war langsam blass um die Nase geworden, hatte vergessen, dass Yusaku ihn nicht sehen konnte, sodass es einen Moment dauerte ehe er ihm richtig antwortete. „Ich habe eine ziemlich gute Idee, aber ich werde es natürlich gleich von meinen Leuten überprüfen lassen und dann-…“ Doch Yusaku unterbrach ihn erneut. „Gut, ich gebe dem FBI hier Bescheid, die sollen das an ihre Leute weiterleiten und sich mit euch zusammensetzen.“ Er schluckte, lauschte in die unangenehme Stille hinein, während die Angst um seinen Sohn ihm schließlich die Kehle zu schürte. „Juzo, bitte holt ihn heil da raus.“ Der Hauptkommissar schluckte, wieder wurde ihm bewusst, wie unangebracht sein Anruf eigentlich gewesen war, aber was sollte er machen, alte Angewohnheiten ließen sich nun mal nicht so schwer ablegen. Dabei war Yusaku selbst betroffen, es war sein Sohn, und er selbst in diesem Falle nichts weiter als ein besorgter Vater. „Natürlich.“ Damit legte er auf, starrte das Handy an wie einen alten Feind, ehe sein Blick auf den leeren Platz am Konferenztisch fiel, an dem er vorgestern noch hospitiert hatte; seine Stirn legte sich in Falten, während in seiner Kehle Bitterkeit hochkochte. Sowas von dreist, hinterhältig und völlig… selbstsicher. Es tat weh, an einer Stelle, mit der der Hauptkommissar niemals gerechnet hatte, schmerzte diese Erkenntnis und brannte ein Loch in seinen Magen. Er hatte treu für ihn gearbeitet, immer ein wenig zu ihm aufgeschaut und war stets bemüht gewesen, alles zu seiner Zufriedenheit zu erledigen, während er… Wie oft hatte er ihn und den Rest seiner Kollegen für seine Zwecke missbraucht? Wieviel war ihnen entgangen, weil er die Dinge so gedreht hatte, wie er sie benötigte? Holmes hatte Recht… sie waren wirklich blind. Galle kroch ihm langsam ihm Hals hoch, und verätzte seine Kehle, während seine Finger fester als nötig auf die Tasten seines Handys drückten, um Hattori zurückzurufen. Es klingelte nur ein einziges Mal, ehe der Kommissar abhob, ganz offensichtlich hatte er nur darauf gewartet, dass er sich wieder melden würde. „Und?“ Der Hauptkommissar schluckte, spürte wie seine Kehle erneut trocken wurde, während er seine Lippen dazu zwang, das auszusprechen, was sein Verstand noch immer nicht begreifen wollte. „Es ist Matsumoto.“ Das FBI hatte sie dazu verdonnert, zu warten. Also taten sie das, schon verdammte zwei Stunden lang, nichts anderes als warten. Er hatte genug, Kudo hatte genug Zeit verloren, eine Nacht unnützes Rumsitzen war mehr, als auch der Kommissar ertragen konnte. Heiji seufzte, sie hatten das Polizeihauptquartier bewusst gemieden und niemanden von den anderen Beamten eingeweiht. So sollte es bleiben, solange bis sie wirklich Gewissheit hatten, denn das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnten, war noch mehr Unruhe und Misstrauen untereinander. Also bestand ihre Gruppe aus nicht mehr als Megure, Sato, Takagi und ihm, die als einzige die Japanische Polizei in diesem Fall vertat, während das FBI ihre Truppen bereits um den Ort des Geschehens gesammelt hatten und die Lage überwachte, bis man ihnen endlich einen Eingriff gestatte. Sein Blick fiel auf die Uhr, ehe er genervt das Gesicht verzog. Energisch wandte er sich in die andere Richtung, maß das Zimmer in großen Schritten ab ehe er wieder umdrehte. Die Blicke der anderen folgten ihm schon lange nicht mehr, in Takagis Kehle kroch nur weiter die Übelkeit hoch, wenn er ihn bei diesem Hin und Her weiter beobachtete, während seine Frau ihm ihre Hand noch immer versagte. Sie wollte nicht, dass er hier war, wollte nicht, dass ihm etwas passierte und ihre Tochter ebenso aufwachsen musste wie sie, ohne Vater. Sie beide hatten in den letzten Tag viel einstecken müssen, aber zum Glück waren ein paar Schrammen und blaue Flecken alles, was das Paar hatte registrieren müssen, sie konnte nur hoffen, dass es so blieb. Sie seufzte, nahm nun doch endlich seine Hand in die ihre und spürte seine kalten Fingerspitzen unter ihrer Haut. Kein Wunder, dass sie gegen seinen Sturkopf nicht ankam, schließlich war er einer der Gründe dafür, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Und sie beide waren einfach zu sehr Polizist, zu sehr mit Shinichi Kudo verbunden, mit Conan, als das sie sich das jetzt entgehen lassen konnten, so bitter die Situation für sie auch geworden war. Für die ganze Polizei. Für ganz Japan. Für ihn. Die Kommissarin schluckte, versuchte vergeblich, den Blick ihres Ziehvaters zu fangen, der es jedoch bevorzugte, weiter Löcher in den Boden zu brennen. Hauptkommissar Matsumoto. Sie mussten sich damit abfinden, so schwer es ihnen auch fiel. Also warteten sie darauf, dass das FBI sich endlich bei ihnen blicken ließ. Die erste, die jedoch die Türschwelle überschritt, als man ihr auf ihr Klopfen hin die Hoteltür geöffnet hatte, war Kazuha, die ihren verdutzten Sohn mit einem freudigen Schrei in den Arm nahm. Doch es war nicht die überglückliche junge Frau, die beim Eintreten die Blicke aller auf sich zog, sondern die Amerikanerin, die mit einer kleinen Styroporkiste in den Raum trat. Wie hypnotisiert hafteten Rans Augen auf der kleinen weißen Kiste, als sie spürte wie ihr Mund langsam trocken wurde. Das war es, das Gegengift, das Shinichi wieder bringen sollte… das ihn ihr wieder zurückgab. Hoffentlich. Die Amerikanerin aber wich ihren Blicken aus, ihre Fingernägel krallten sich in das weiße Styropor, während ihre Stimme unsicher durch den Raum schwankte. „Wir sollten uns beeilen…“ „Sie hat Recht.“ Die Stimme des FBI Agenten brachte die Anspannung in den Raum zurück, brachte letztendlich auch den Hauptkommissar dazu, den Blick von der Styropor Schachtel abzuwenden und sich zu räuspern. Zurück in die Realität. „Also los.“ Heiji schluckte, nickte Akai mit finsterer Miene zu, bevor er sich nach Kudos Freundin umsah. „Und Ran, du-…“ Doch die kühle Stimme des Agents unterbrach ihn erneut. „Sie sollte mit uns kommen.“ „WAS?“ Nicht nur der Kommissar sondern auch seine drei Kollegen sahen den FBI Agent mehr als erstaunt an. „Ich will nicht riskieren, dass sie nochmal wegläuft, wir wissen schließlich nicht, ob das Ganze nicht nur eine Falle ist, wir können solch ein Durcheinander nicht noch einmal gebrauchen. Sie kommt mit und bleibt im Wagen, bis alles vorbei ist. Verstanden?“ Die Angesprochene nickte nur, während die anderen an ihr vorbeigingen, hielt sie ihn kurz am Ärmel seiner Jacke auf. „Danke.“ Der aber sah sie nur streng an, die Kälte in seinen Augen ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen. „Du bleibst im Wagen, solange bis die Luft rein ist. Tu es für ihn.“ Ran schluckte, zwang sich jedoch zu einem Nicken, ehe sie Takagi und Sato hastig aus der Tür folgte. Heiji aber schaute den Agent noch immer überrascht an. „Kudo wird das gar nicht gefallen.“ Akai aber rollte nur mit den Augen, deutete auf Ran im Hintergrund, während er mit einem leisen Murren aus der Tür verschwand. „Wenn ich die Wahl habe zwischen ihr oder Kudo, der mir an den Kragen will, sollte klar sein, für wen ich mich entscheide.“ Der Kommissar lachte hohl, das Argument konnte er verstehen, mit einem flauen Gefühl im Magen wandte er sich zu seiner Frau um, die ihn noch immer musterte und noch nicht ein Wort gesagt hatte, um ihn zu begrüßen. Heiji schluckte, trat mit einer entschuldigenden Geste vor sie. „Hör zu Kazuha, ich weiß du würdest mir jetzt am Liebsten den Kopf abreißen ab-…“ Seine Frau aber schüttelte nur den Kopf, machte einen Schritt auf ihn zu, um ihm ihn die Krawatte zurecht zu rücken, ehe sie mit einem traurigen Lächeln zu ihm aufsah. „Geh schon.“ „Was? Aber ich dachte-…“ Kazuha aber rollte nur mit den Augen, schenkte ihm ein Lächeln. „Das hier geht jetzt vor… ich kann dir wenn alles vorbei ist immer noch den Kopf abreißen, im Moment brauchen sie dich noch in einem Stück.“ Heiji blinzelte, schluckte aufgrund der bösen Vorankündigung in Kazuhas Stimme. Sein Blick fiel zu seinem Sohn in ihren Armen, er strich dem Kleinen vorsichtig über die Stirn. „Verlier ihn nicht wieder.“ „Als ob –…“ Doch Hattoris Lippen stoppten sie mitten im Satz, sie genoss den Moment und wollte ihm am liebsten gar nicht erst gehen lassen. Als er sich dann jedoch von ihr löste, sahen sie seine grünen Augen ernst an. „Verlier ihn nicht.“ Sie schluckte, nickte dann und beobachtete, wie er als Letzter der kleinen Gruppe aus dem Zimmer ging und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, sodass keiner mehr ihre leisen Worte hatte hören können. „Passt auf euch auf…“ Der Keller lag im fahlen Licht der Morgendämmerung da, das sich durch die keinen Fenster zwängte und dem Raum einen zwielichtigen Anstrich verlieh und ihn mit all den Instrumenten und Aluminiumschränken nur noch kälter wirken ließ. Das unregelmäßige Tropfen, gemischt mit dem immer wieder mal auftretenden Stöhnen seines Gefangenen war alles, was er hörte. Er hatte alle Anrufe erledigt. Alles vorbereitet. Also musste er jetzt warten, es gab im Moment nichts, was er noch tun konnte. Nichts. Die Dunkelheit hatte ihn letztendlich also doch erreicht. Matsumoto seufzte, ließ seinen Blick über das kleine private Labor schweifen. Leer, verlassen und nutzlos. Genauso wie Kudo. Ein flüchtiges Grinsen huschte über seine Züge, er ließ den Blick erneut über den Detektiv schwenken, der nasse Film auf seiner Haut bekam durch das graue Licht der Morgendämmerung einen noch ungesunderen Glanz, während die dunklen Ringe unter seinen Augen verrieten, dass, auch wenn er zu schlafen schien, ihm auch dieser keine Ruhe bringen konnte. Jeder neue Tropfen ließ seine Muskeln reflexartig zusammenzucken, immer wieder verkrampften einzelne Stränge sich, sodass seine Finger zuckten, als würden sie auf einem unsichtbaren Klavier ein lautloses Lied spielen. Ein Hauch von Bedauern schlich sich über das Gesicht des alternden Oberhaupts der Polizei und der Organisation, sie beide hatten seinem Befehl unterstanden und dieser Junge, dieser Oberschüler, hatte alles geändert. Er hatte ihm alles genommen, was ihm lieb und teuer war. Niemals hätte er gedacht, dass ausgerechnet Shinichi Kudo zu so etwas fähig sein würde. Er hatte ihn schon als kleines Kind gesehen, an dem Rockzipfel seines Vaters, der sich nichts weiter dabei gedacht hatte, den Jungen an einem Tatort herumlaufen zu lassen. Natürlich hatte er bald bemerkt, dass Kudo einen gefährlichen Verstand hatte, einen Verstand, der in seiner Organisation vielleicht sogar gut aufgehoben gewesen wäre, dem dafür aber viel zu viel Moral im Weg stand. Wo er immer geglaubt hatte, dass Kudos Arroganz es nie zulassen würde, dass er ihnen wirklich gefährlich werden könnte, dass ausgerechnet sein Gift ihm diese genommen hatte und ihn damit erst zu einem ernstzunehmenden Gegner gemacht hatte. Er lachte bitter, schüttelte den Kopf, während sich sein Bild in der schmutzigen Lache am Kopfende des Tisches spiegelte. Erst diese Verwandlung hatte ihn zu der gefährlichen Waffe gemacht, die er nun geworden war, zu der Silberkugel, die durch den Hammer aus Schmerz und Verlust gehärtet wurde, um das Biest in die Knie zu zwingen. Er lächelte matt, während sein Blick aus dem Fenster glitt, sodass das silberne Licht der frühen Sonnenstrahlen, die es durch den Nebel geschafft hatten, dunkle Schatten in sein Gesicht warf. Sein Blick strich abermals über den Siebzehnjährigen auf dem Versuchstisch, dessen Atmen langsam flacher wurde, während seine Lippen Wörter formten, die niemand außer ihm verstehen konnte. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Züge, als er etwas in die die Handfläche des Detektivs legte und seine Finger sorgfältig darum schloss. „Denn wo Licht ist, ist auch Schatten…“ Hallo ihr Lieben, *mitbraungebranntemgesichtentgegengrins* Ich hoffe ihr habt den Urlaub von Lost in Time genauso genossen wie ich *gg* Natürlich hoffe ich das euch das Kapitel fürs warten entschädigen konnte! Jetzt geht’s los endlich holen sie unsern Shinichi da wieder raus, wird wohl auch zeit seiner Verfassung nach zu urteilen *muhaha* Vielen Dank für eure umwerfende Rückmeldung!!! Natürlich würde ich mich auch diesmal sehr über eure Kommis freuen :3 Wie immer noch ein dickes Danke an Leira, die dieses Monster noch immer korrigiert! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 45: Between the Lines ----------------------------- Between the Lines - Rückblick Sein Blick strich abermals über den Siebzehnjährigen auf dem Versuchstisch, dessen Atmen langsam flacher wurde, während seine Lippen Wörter formten, die niemand außer ihm verstehen konnte. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Züge, als er etwas in die die Handfläche des Detektivs legte und seine Finger sorgfältig darum schloss. „Denn wo Licht ist, ist auch Schatten…“ - Rückblick Ende Der graue Nebel in der Bibliothek schien dichter zu werden, schlängelte sich als seichter Rauch um ihre Beine und schien nur darauf zu warten, sie endlich verschlingen zu können. Trotz der vielen Bücher, die den Klang seiner Stimme eigentlich hätten dämpfen sollen, hallten Shinichis Worte mit einem dumpfen Echo von den Wänden wieder. „Wir sind nicht Shinichi Kudo.“ Seine beiden anderen Ichs sahen ihn skeptisch an. Er bemerkte, wie Conans Augenbraue langsam nach oben kroch, während er skeptisch die Arme vor der Brust verschränkte. „Drehst du jetzt etwa vollkommen durch?“ Doch der Grundschüler wurde mit einer simplen Geste Bells zum Schweigen gebracht, der den Oberschüler seinerseits fragend ansah. „Wie meinst du das?“ Shinichi seufzte nur, legte die Finger aneinander und mied die Blicke der anderen, starrte stattdessen in den kalten, steinernen Kamin der Bibliothek. „Wir sind nichts weiter als Abschnitte seines Lebens.“ Der Oberschüler fuhr sich über die Lippen, schon längst war das pochende Kopfweh in seiner Schläfe zu einem fortwährenden Summen verschwommen. Conan schluckte, presste die Lippen fest aufeinander, bis ihm das Schweigen zu lästig wurde. „Willst du etwa behaupten, dass nur du echt bist?“ Doch Shinichi seufzte, ein trauriges Lächeln schlich sich über seine Lippen. „Ganz im Gegenteil, wenn überhaupt, bin ich der Teil von Shinichi Kudo, der schon am längsten nicht mehr existiert. Der arrogante Oberschülerdetektiv, der „Erlöser der Japanischen Polizei“, all das… was er schon lange nicht mehr ist.“ Er seufzte, schaute mit einem matten Blick in die Runde, versuchte zu übersehen, wie der graue Rauch immer weiter an ihnen hoch kroch und Edogawa sogar schon bis zur Hüfte reichte. „Wir sind Masken, Geister, Lügen… nichts weiter.“ Ein betretendes Schweigen legte sich über die Gruppe. Jeder von ihnen versuchte den Gedanken zu verarbeiten, bis es Bell war, der als erstes seine Stimme wiederfand um die Frage zu stellen, vor der sich offenbar jeder von ihnen fürchtete. „Und wieso ist er dann nicht auch hier? Der „echte“ Shinichi Kudo?“ Shinichi schluckte, biss sich auf die Lippen, ehe er sich mit einem müden Seufzen aus dem alten Sessel seines Vaters erhob. Gott- jeder verdammte Knochen in seinem Körper schmerzte, war ausgezehrt und müde, sodass es ihn Kraft kostete, dem Verlangen zu wiederstehen, einfach die Augen zu schließen und darauf zu warten, dass es vorbei sein würde. „Ich denke, genau das ist unser Problem…“ Der Oberschüler wandte den Blick von den beiden ab und studierte den grau melierten Boden zu seinen Füßen. „Diesen Shinichi Kudo gibt es nicht… oder zumindest kennen wir ihn nicht.“ Conan biss sich auf die Lippen, es fiel ihm nicht schwer, die Gedanken seines anderen Ichs fort zu führen. „Denn der echte, der richtige Shinichi Kudo ist nicht mehr 17 Jahre alt. Und auch ganz bestimmt nicht mehr sieben.“ Auch Bell schluckte, nickte langsam und nachdenklich. „Und er ist kein Amerikaner.“, gab er zu, doch die Stimme des Kriminalistikprofessors war rau, ein Hauch von Verwunderung war in seinen nächsten Worten zu erkennen. „Aber es muss doch die Person sein, zu der wir wieder werden, wenn wir aufwachen, oder? Der echte Shinichi Kudo…“ Shinichi aber schüttelte nur den Kopf, Gott, warum musste ausgerechnet er den Teil seines Verstandes spielen, der immer weiter Salz in die Wunde streute? „Schön wäre es… nein, Conan ist die Maske die ich auferlegt bekommen habe, und Bell ist seine, und da letztere jedoch nicht mehr länger besteht…“, Shinichi stockte, doch Bell beendete seinen Satz. „Bleibt nur Conan übrig, wenn wir wach werden.“ „Gewonnen.“ Doch der sarkastische Kommentar des Grundschülers ging unter, als Bells aufgebrachte Stimme die düstere Spannung zwischen ihnen durchschnitt. „Schluss jetzt mit dieser Westerntaschenpsychologie, spucks aus, Kudo, sag uns endlich worauf du hinaus willst…“ Shinichi aber zuckte ertappt, holte tief Luft ehe er sich den beiden wieder zuwandte. „Wir kennen den echten Shinichi Kudo nicht… das heißt aber auch, dass er sich selbst nicht kennt.“ Bell schluckte, sah den Japaner zweifelnd an. „Du willst damit sagen, dass wir eigentlich keine Ahnung haben, wer wir eigentlich sind?“ „Oder dass es ihn vielleicht gar nicht gibt.“ Die Stimme des Grundschülers war kaum mehr als ein leises Wispern, er biss sich auf die Lippen, wandte erst dann langsam den Blick wieder zu den beiden hoch. „Er existiert nicht, weil es für Shinichi Kudo keine Zukunft gibt.“ Der kleine Junge spürte, wie ihm eine Gänsehaut über den Körper rann, er schlang schützend die Arme übereinander, während er den Blicken der anderen kaum mehr standhalten konnte. „Das ist es doch was du meinst, oder?“ Bell aber lachte leise. „Sind wir wirklich so pessimistisch?“ „Oder durchgedreht.“, grummelte der Grundschüler, doch der bittere Geschmack in seinem Mund ließ sich nicht so einfach löschen. Shinichi aber schluckte nur, schüttelte nachdenklich den Kopf. „Nein… ich fürchte, da steckt noch eine viel simplere Lösung dahinter. Denn wenn überhaupt… wird es Conan hier sein, der die Zukunft für Shinichi Kudo darstellt… ich muss euch schließlich nicht daran erinnern, was vor zehn Jahren passiert ist, oder?“ Conan schluckte, rammte die Hände in seine Hosentaschen und wandte den Blick ab. „Nein..., das musst du nicht.“ Alles hatte an diesem Tag im Tropical Land begonnen und gleichzeitig geendet. Er hatte den Wettlauf mit der Zeit um sein eigenes Leben seitdem nicht mehr gewinnen können, die bittere Erkenntnis kroch wie Gift in seine Knochen und trübte seinen Verstand. Es war vorbei… „Shinichi Kudo ist tot.“ Bells harsche Stimme ließ die anderen beiden zusammenzucken und doch wagte es keiner von beiden, den Blick zu heben oder ihm zu widersprechen, niemand, bis auf sie. „Da lässt man dich ein wenig alleine und schon kannst du dir selbst nicht einmal mehr in die Augen sehen?“ „Wir haben ihn, sollen wir…“ Die Stimme aus dem Funkgerät war rau und knisterte elektrisiert. „Nein.“ Der FBI Agent schnitt seinem Kollegen kalt den Ton ab, sein Blick wanderte zu den Polizisten an seiner Seite. „Das erledigen wir.“ Akais kühler Blick haftete auf dem fülligen Hauptkommissar, der sich neben ihm aufgebaut hatte. Megures Augen lagen noch immer ungerührt auf dem Gebäude vor ihnen. Jeder von ihnen wusste, das Matsumoto das alte Kriminallabor am Rande der Stadt aufgekauft hatte, er hatte gleich zu Anfang seiner Karriere Geld in dieses Haus gesteckt. Aus sentimentalen Gründen, wie es damals geheißen hatte, aber niemand hatte den naiv wirkenden Kauf des damals noch jungen Kommissars hinterfragt. Die Lage und die frühere Nutzung musste es ihm leicht gemacht haben, einen regen Personenverkehr aufrecht zu halten. Die Leute wunderten sich weder über schwarz gekleidete Gestalten noch über Menschen im weißen Mantel, die vor der Tür eine Pausen-Zigarette rauchten. Sie hatten es die ganze Zeit vor der Nase gehabt, ohne es wirklich wahrzunehmen. Die grünen Augen des FBI Agenten streiften die bitteren Mienen von Sato und Takagi. Er hatte eine gute Ahnung, was in dem alten Hauptkommissar und seinen beiden Mitarbeitern nun vorging. Sie waren hier in Japan und es war die japanische Polizei, die diesen Fall zu Ende bringen sollte, schließlich war dieses Land auch mal seine Heimat gewesen. „Bereit?“ Der Schnauzer des älteren Polizisten zuckte nur, während seine Augenbauen sich über seinen dunklen Augen zusammenzogen. „Bringen wir´s hinter uns.“ In einem Wagen etwas abseits des Geschehens hatte man ihn dazu verdonnert Kindermädchen zu spielen. Aber die letzten Worte die sie über Funkt gehört hatten ließen allen Insassen gleicher Maßen die Haare zu Berge stehen. Heiji schluckte, wartete Angespannt auf den nächsten Befehl des Agenten. Er war nicht umsonst so früh zum Kommissar ernannt worden und ganz sicher gehörte das Babysitten nicht mehr zu seinen Aufgabenbereichen. Sein Blick fiel in den Rückspiegel zu den beiden Frauen, die angespannt dasaßen und wie er in die Stille lauschten und darauf warteten, dass man ihnen endlich ein Zeichen gab. Doch gerade, als der Osakaner einen schmutzigen Fluch unterdrückte, ertönte Akais kühle Stimme erneut aus dem Funkgerät. „Tracy.“ Die angesprochene zuckte nicht einmal, ihr Blick machte deutlich, dass auch hinter ihrer zarten Person mehr steckte, als eine Frau in einem weißen Labormantel. „Sofort.“ Sie nickte, während sich ihre Finger um das kleine Fläschchen in ihrer Hand spannten. Doch noch ehe sie den Wagen hätte verlassen können, hatten sich Rans Finger um ihr Handgelenk geschlungen, der Blick der jungen Frau wanderte von dem Gegengift zu ihren Augen. „Ich werde mitkommen, so war es schließlich abgemacht.“ Die Chemikerin schluckte nur und auch Akai im Hintergrund gönnte sich einen stillen Moment des Überlegens bis die Stimme des anderen Agents, der sich bereits im Haus befand, ihnen ins Handwerk fuschte. „Ich halte das für keine gute Idee, es- es sieht nicht gut aus.“ Heiji stöhnte, fasste sich mit der Hand an die Stirn. Und so etwas ließ man ins FBI? Der Kommissar war jedoch nicht der einzige, der sich über diesen Kommentar ärgerte, für einen kurzen Moment wartete Akai die Stille noch ab, während sich Rans Augen keinen Millimeter von Tracy entfernten. Sie würde ihn jetzt bestimmt nicht alleine lassen. „Also schön… Hattori.“ „Schon auf dem Weg.“ Doch der Detektiv schluckte, die kratzige Stimme des Agents hatte ihm eine böse Vorahnung beschert, während er sich mit einem Seufzen zu den beiden Frauen herumdrehte. „Also los, holen wir ihn da raus.“ Die Normalität des Hauses kroch ihr unter die Haut, als sie den Flur und die saubere Empfangshalle durchquerten, die mehr an ein Hotel erinnerten, anders war als alles, womit sie sonst gerechnet hatte. Die Welt hinter der nächsten Tür war jedoch eine andere. Ein paar kahle Büros, die aussahen, als hätte man sie in großer Eile verlassen, ein dunkler Konferenzraum in dem der Duft abgestandener Zigarren zu ihnen hinüber wehte und am Ende dieses grauen Gangs ein Fahrstuhl, der sie schließlich nach unten führen sollte. Überall wimmelte es von FBI Personal, das Beweise sammelte, wo es nur konnte, während einer der beiden Posten vor dem Fahrstuhl für sie den Knopf drückte, sodass die kalten Aluminiumtüren vor ihnen auseinander glitten. Ran schluckte, spürte wie Satos Hand ihre Schulter steifte, während sie nichts von all dem wirklich wahrnahm. Ihr Körper schien ferngesteuert, ihre Schritte hallten aus weiter Entfernung in ihren Ohren, während etwas völlig Fremdes sie immer weiter in den Abgrund lenkte. Ihr Herz aber begann mit jedem Schritt, den sie machte, schneller zu schlagen - ganz so, als ob es wusste, dass sie ihm immer näher kamen. Ihre Fahrt endete in einem nur spärlich beleuchteten Gang. Die Räumlichkeiten wirkten eng, nahmen ihr die Luft zum Atmen, während sie an den nur schemenhaft beleuchteten Laboratorien vorbeigingen, die Links und Rechts den Flur markierten. Angeführt von Akai und Jodie hallten ihre Schritte verräterisch auf den grauen Platten unter ihren Füßen, während der Geruch von Chemikalien und Desinfektionsmittel ihre Sinne immer weiter vernebelten. Sie wollte nicht glauben, dass er hier die letzte Zeit hatte aushaaren müssen. Dann jedoch geleitete man sie in eines der Laboratorien, und die Realität brach erneut über ihr zusammen. „No.“ Doch die heisere Stimme der blonden FBI Agentin, die sich erschrocken die Hände vor den Mund schlug drang, schon nicht mehr zu ihr durch, sie hatten ihn gefunden. „Da lässt man dich ein wenig alleine und schon kannst du dir selbst nicht einmal mehr in die Augen sehen?“ Die altbekannte Stimme hallte durch das Abbild der Bibliothek, ließ das Blut in ihren Adern gleichermaßen zu Eis gefrieren. Der Grundschüler war es, der als erstes seine heisere Stimme wiederfand. „H-Haibara?“ Auf Shihos Lippen formte sich ein elegantes Lächeln, als sie weiter in dem Raum schritt, den titellosen Büchern dabei einen abschätzigen Blick zu warf. Im Gegensatz zu allem anderen im Raum schien die Chemikerin zu strahlen, ihr smaragdgrünes Kleid hatte einen satten Farbton und auch ihre leuchtend roten Haare umspielten ihr Kinn noch genauso, wie sie es immer getan hatten, während ihr Labormantel wohl noch nie weißer gewesen war. „Eine schöne Truppe seid ihr mir, kaum lässt man euch mit eurem Verstand allein, bildet ihr euch ein, über Dinge philosophieren zu müssen, die es nicht einmal wert sind, angesprochen zu werden.“ Ihr Blick fiel mit einem seichten Kopfschütteln über die drei Gesichter, für einen kurzen Moment zeigte sich ein trauriges Lächeln auf ihren Lippen. Doch die Stille hielt nicht lange an, wurde von Bells unsicherer Stimme unterbrochen, der die Frau mit durchdringendem Blick durch seine Brillengläser ansah. „Aber- du bist tot.“ Shiho aber hob nur die Augenbraue, schmunzelte dann jedoch, als sie dem Blick des für sie fremden Amerikaners begegnete. „Freut mich, auch Sie kennenzulernen, Professor.“ Der blinzelte, als er von ihren grünen Augen ins Kreuzfeuer genommen wurde, während auf seinen Wangen ein kurzer Roséton schimmerte, doch die peinliche Stille zwischen den beiden wurde schnell von der etwas zu hohen Stimme des Grundschülers unterbrochen. „Wieso bist du hier?“ Conan schluckte, der Klang von „und wie? hallte unausgesprochen in seiner Frage nach. Shiho seufzte nur, trat auf den kleinen Jungen zu und ging vor ihm in die Knie, strich ihm ungefragt eine widerspenstige Strähne seines Ponys aus den Augen, während sie ihm ein trauriges Lächeln schenkte. „Du hast mir ganz besonders gefehlt.“ Conan schluckte, er spürte wie sich die Haare in seinem Nacken aufstellten, während der brennende Kopfschmerz seinen Verstand noch immer vernebelte, sodass Shiho schon weiter redete, noch bevor er hätte reagieren können. Sie war wieder aufgestanden, schüttelte bedauernd den Kopf, ehe sie in die Runde sah. „Irgendjemand muss dir doch den Kopf zu Recht rücken, oder etwa nicht?“ Ihre Blicke streifte seine Gesichter, ehe sie mit einem Seufzten fortfuhr. „Du hast dich hinter all diesen Masken und Lügen verloren, hinter der Hoffnungslosigkeit, die du plötzlich in den Herz gelassen hast.“ „Ach, und wer ist daran schuld?“ Die bittere Stimme des Oberschülers hallte durch den Raum, er war der erste, der seinerseits einen Schritt auf die verstorbene Chemikerin zu machte. Shiho jedoch schwieg, schaute ihn abwartend an, während Shinichi seiner Wut weiter Luft machte. „Wer musste heimlich einen Deal mit Vermouth eingehen? Wer hat sich erschießen lassen, mich alleine gelassen? Wer, Haibara!“ Doch die Angesprochene zuckte nicht einmal, schenkte ihm ein trauriges Lächeln, währen ihr Blick den Boden suchte. „Es stimmt, ich trage viel Schuld an all dem. Und glaub mir bitte Shinichi, so habe ich das sicher nie gewollt. Ich dachte, du bist stak genug, du würdest das schon überstehen und weiter kämpfen… aber vielleicht habe ich mich diesmal wirklich in dir geirrt…“ Die drei Facetten von Shinichi Kudo tauschten unsichere Blicke aus, Bells und Conans Augen ruhten auf Shinichi, der sich auf die Lippen biss und die Augen zu Boden schweifen ließ. Seine Stimme war trocken, rau und brüchig, drang kaum mehr an ihre Ohren. „I-ich kann einfach nicht mehr und ich weiß nicht wie…“ Doch weiter ließ sie ihn nicht kommen. „Blödsinn.“ Ihr strenger Tonfall ließ nun auch Bell skeptisch werden. „Was?“ Shiho aber schenkte den dreien nur einen missbilligenden Blick, zusammen mit ihren tadelnden Worten. „Das ist es was du dir einredest Kudo. Dass es nicht mehr geht, das du nicht mehr kannst, weil jeder andere an deiner Stelle schon lange aufgegeben hätte. Weil du die Wahrheit nicht sehen willst.“ Bell holte Luft, war der erste, der seine spröde Stimme wiederfand. „Und was ist die Wahrheit?“ Shiho seufzte und schaute die drei mit einem enttäuschtem Blick an. „Du hast Angst.“ Sie schluckte, ließ ihre Finger in den Taschen ihres weißen Mantels verschwinden. „Angst vor dem, der du sein könntest, Angst davor, dich selbst nicht mehr zu kennen. Aber vor allem, Shinichi, hast du Angst davor, dass sie dich nicht mehr kennt.“ Shiho seufzte, wandte den Blick von den dreien ab, schüttelte langsam den Kopf. „Es wird Zeit, dass sich das ändert.“ Conan beobachtete, wie ihre Züge sich verfestigten, ein dumpfes Gefühl kroch in seine Magengegend, ihre Stimme bescherte ihm eine Gänsehaut, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. „Warum glaubst du, bin ich hier?“ Ihre grünen Augen bohrten Löcher in seine drei Ichs hinein, sie beobachtete, wie einem nach dem anderen die Farbe aus dem Gesicht wich, bis es Conans brüchige Stimme war, die die gefürchtete Frage aussprach. „Bin ich-…“ Doch die Chemikerin rollte nur mit den Augen, unterbrach ihn, noch ehe die Stimme des Grundschülers vollständig ins Wanken kommen konnte. „Noch nicht Kudo, und du musst verdammt noch mal dafür sorgen, dass es auch so bleibt. Du darfst dich nicht in dieser Angst verlieren Shinichi, du darfst jetzt nicht aufgeben.“ Shiho schluckte, ignorierte die Blicke der anderen beiden, als sie einen Schritt auf den Siebzehnjährigen zu machte. Seine Augen lagen fragend auf ihr, sie konnte seinen zitternden Atem spüren, während er unter ihrem Blick langsam rot wurde. Noch nie war sie ihm so nah gewesen. Doch sie riss sich zusammen, schloss die Augen, ehe sie ihren Fingern erlaubte sanft über seine Schläfe zu streichen, während ein warmes Lächeln auf ihren Lippen lag. „Sie wartet doch auf dich, du Dummkopf. Sie wartet. Lass sie jetzt gefälligst nicht im Stich.“ Sie stieß ihn sanft von sich, sah die Überraschung in seinen Augen, doch ihre Stimme blieb hart. „Also wach endlich auf.“ „Was?“ Bells Stimme war heiser, als der Boden unter ihren Füßen auf einmal zu verschwinden schien, er beobachtete, wie Shinichi ein letztes Mal versuchte, sie zu erreichen, doch der graue Nebel entzog Shiho seinem Griff. „Warte!“ Doch die Chemikerin reagierte nicht, weder auf ihn noch auf den kleinen Conan, der flehend nach ihr schrie. „Haibara!“ Sie beobachtete, wie der dichte Nebel ihn langsam verschlang, ihn wieder zurück in die Realität holte, während sie allein in dem düsteren Abbild der Bibliothek zurück blieb. Ihre grünen Augen sahen den dreien traurig nach. „Sie wird dich brauchen… nachdem, was du getan hast.“ Ran stockte der Atem in ihrer Burst. Sie schlug sich die Hände vor den Mund, bemerkte nicht wie ihr Sichtfeld von ihren heißen Tränen verschleiert wurde, während sie stumm den Kopf schüttelte, nicht in der Lage war, sich zu bewegen, als sie ihn endlich entdeckt hatte. Sein Körper war mit einem Film aus Wasser belegt, das durch das silberne Licht der Morgendämmerung einen durchsichtigen Glanz bekam und ihn fast gläsern wirken ließ, wie einen Geist, ganz so, als ob er gar nicht wirklich da war. Das viel zu jugendliche Gesicht wurde von tiefen Rändern unter den Augen zerfurcht, während auf seiner linken Wange das Blut um die Schusswunde eine dunkle Farbe bekommen hatte und in schwarzen rissigen Krusten einen brüchigen Pfad über deine Wange bis zum Kinn hinunter formte. Die Wasserlachen auf und unter dem kalten Metalltisch, zuckten und glänzten unter der plötzlichen Bewegung im Zimmer, während sich die wenigen funkelnden Schatten an der Decke spiegelten und somit den ganzen Raum lebendig wirken ließen. Alles…, bis auf ihn. Seine Atmung war kaum zu erkennen. Atmete er überhaupt noch? Doch gerade, als die Panik ihre Kehle zuschnürte und ihre Knie weich wurden, beobachtete sie, wie sich ein einzelner Tropfen von der seltsamen Apparatur über seinem Kopf löste, nach unten fiel und auf seiner Stirn aufprallte, sodass sein ganzer Körper unter dem Einschlag zuckte und seinen Atem stocken ließ, ehe sich sein Körper zwangsläufig wieder entspannte, während ihm nichts anderes übrig blieb, als auf den nächsten Tropfen zu warten. Warum hatte er sie noch nicht bemerkt? Warum hatte er noch nicht begriffen, dass es vorbei, endlich zu Ende war? „Warum macht ihn denn niemand los!“ Ihre letzten, diesmal laut ausgesprochenen Worte brachte endlich wieder Leben in die Truppe, die ja eigentlich gekommen war, um den Detektiv zu befreien und sich nicht von der stillen Grausamkeit des Tatorts lähmen zu lassen. Ran achtete nicht länger auf die Menschen im Raum, eilte zu ihm, zögerte jedoch kurz, bis ihre zittrigen Fingerspitzen seine Wange berührten und sein Name ihre Lippen in einem zarten Hauch verließ. „Shinichi…“ Der aber blinzelte nur, starte weiter mit Leerem Blick an die Decke. Warum sah er sie nicht an? Warum antwortete er ihr nicht? „Bitte, Shinichi!“ Ihre leisen Hilfeschreie hatten nun auch Megure wieder zum Leben erweckt, sodass der Takagi mit einem energischen Nicken befahl ans Werk zu gehen. Der Kommissar kam mit einem Bolzenschneider bewaffnet auf sie zu und begann die Handschellen an seinen Füßen zu lösen, während Tracy herantrat um den Zustand des Jungen genauer unter die Lupe zu nehmen. „Wir haben bereits einen Krankenwagen gerufen, der müsste jeden Moment…“ Doch die harsche Stimme der Chemikerin schnitt ihm was Wort ab. „Was?!“ Er murmelte irgendeine Antwort, doch Tracy hörte schon lange nicht mehr zu, ihre Finger spannten sich um ein kleines Fläschchen in ihren Händen. Sie mussten sich beeilen. Der geübte Blick der Wissenschaftlerin versuchte zu ignorieren, was ihr die Ausbildung beim FBI verriet, das wenige Blut auf seinem Körper sagte noch lange nichts darüber aus, welchen Schaden man mit dieser Folter vielleicht bei ihm angerichtet hatte. „Vorsichtig, Takagi!“ Der Kommissar sah sie kurz verwundert an, ehe sein Blick zurück auf die gespannten und übersteckten Arme des Oberschülers viel, sein Mund verzog sich zu einem bitteren Strich als er der Chemikerin langsam zunickte und sich vorsichtig an die Arbeit machte. „Verstanden.“ Ran aber hatte für all das keinen Blick. Noch immer versuchte ihre verzweifelte Stimme ihn zu erreichen. Doch irgendetwas blockierte sie und ließ sie nicht zu ihm durch. Der Behälter über ihrem Kopf gurgelte leise, sie wandte den Kopf um, sah mit verachtendem Blick zu, wie sich der nächste Tropfen löste, sodass sie sich schützend über seinen Körper legte, um den ganzen endlich ein Ende zu bereiten. Somit erreichte dieser eine Tropfen nicht mehr länger seine Stirn, sondern schlug auf ihrer Wange ein. Hart, kalt und schwer prallte er auf ihrem warmen Fleisch auf, nichts weiter als ein Wassertropfen, nicht mehr als das und doch kam es ihr so, vor als hätte man ihr gerade eine Ohrfeige verpasst, als ihr klar wurde, was man mit ihm gemacht hatte. Der Tropfen suchte sich seinen Weg über ihre Wange, schien dabei die Wärme aus ihrer Haut zu ziehen, sodass er am Schluss warm und harmlos in dem Kragen ihres Pullovers versickerte. Ihre Augen brannten, ihre Stimme war heiser. „Shinichi, bitte, bitte wach auf.“ Sie hörte nicht wie Megure im Hintergrund lauthals fluchte, als man ihm bestätigte, was sie alle schon ahnten, Matsumoto war nicht hier. Der Hauptkommissar schluckte, wandte den Blick von der grausamen Szene vor sich ab, doch sein Augenmerk fiel auf einen kleinen Gegenstand, der zu seinen Füßen lag, mit gerunzelter Stirn las er das kleine Gerät auf, drehte es fragend hin und her. „Was zum…“ Doch der alternde Beamte erschrak, als statt seiner plötzlich die Stimme von Ran Mori im Raum erklang. Die Augen der anderen Anwesenden im Raum lagen perplex auf ihm. Während Tracy lautlos fluchte, war Heiji der erste, der endlich verstand, als er den altbekannten Gegenstand in den Händen des Polizisten bemerkte. „Dieser miese…“ Damit ging er auf Megure zu, nahm ihm den Stimmentransposer aus der Händen, um ihm vernichtend auf dem Boden zu zermalmen. Dennoch bemerkte Heiji, dass ihm noch immer die Haare zu Berge standen, während sein Blick versuchte, Kudo zu meiden und das Stöhnen seines Freundes zu ignorieren, der eindeutig viel zu lange auf sie hatte warten müssen. Ran spürte, wie die Erkenntnis ihren Magen mit Eiwürfeln füllte. Er hatte sie benutzt. Er hatte ihre Stimme benutzt, um Shinichi… Ihre Finger glitten über seine Stirn, lösten den kalten und nassen Film nun endlich von seiner Haut, während sie unter dessen Kälte zu zittern begann. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Lippen aussprachen, was ihr Herz so sehr forderte. Ihr Verstand genügte nicht, um ihr zu befehlen still zu sein, ihn nicht noch weiter zu quälen da er offenbar nicht mehr in der Lage, war Traum und Realität noch voneinander zu unterschieden. Das Verlangen, seine Stimme zu hören, das Verlangen, ihn endlich wieder bei sich zu wissen, war einfach zu groß. „Shinichi.“ Außer ihr aber bemerkte niemand das seine Lippen tatsächlich endlich ihren Namen formten. Sein Kopf schien wo anders zu sein, es war als ob er sich selbst dabei zusehen konnte wie sein Verstand mühsam versuchte, einen klaren Gedanken zu formen, während seine Sinne von Dunkelheit und dumpfen Schmerz eingefangen waren. Er kniff die Augen zusammen, versuchte einzuordnen, wo er sich befand und was um ihn herum passierte, doch das Einzige, das noch immer in seinem Bewusstsein nachhallte, waren ihre Worte. Weit aber sollte er auch damit nicht kommen, er konnte ein Stöhnen aus seiner trockenen Kehle nicht unterdrücken, als plötzlich etwas an seinen Armen zu reißen begann, seine pochenden Muskeln gaben nach und seine kalten Fingerspitzen kamen neben seinen Beinen zum Liegen. Die Welt um ihn herum holte ihn mit einem lauten Summen zusammen mit den alt bekannten pochenden Kopfschmerzen ein. Die Stimmen, die ihm umgaben schienen fremd und kamen in seinem Verstand irgendwie verzerrt und unkenntlich an, während seine Lieder zuckten, um erfolglos die schwarzen Schatten von seinen Augen zu vertreiben. Irgendwas- irgendetwas passierte gerade, die Luft um ihn herum hatte sich geändert, schien aufgeladen und elektrisiert, passte hervorragend zu den spontanen Zuckungen seiner gemarterten Muskulatur, doch irgendetwas fehlte. Das Tropfen, das Tropfen hatte aufgehört! Die Quelle dieses nervenzerreisenden Folterinstruments war versiegt. Es war…vorbei? Etwas Heißes streifte seine Haut, er zuckte, hatte für einen kurzen Moment Angst unter der heißen Berührung zu verbrennen, bis sich sein unterkühltes Fleisch der sanften Wärme anpasste und er zarte Fingerspitzen auf seiner gemarterten Stirn wahrnahm. Während sein Verstand ihn anflehte, nicht schon wieder auf einen solchen Trick hereinzufallen, schien bereits jede Faser seines Körpers nach ihr zu schreien. Shinichi schluckte, spürte wie sein müdes Herz einen Schlag übersprang, um seinem Geist die Gelegenheit zu geben, ihren Namen zu formen. Die verschiedenen Stimmen schienen sich langsam durch den dichten Nebel seines Verstandes zu kämpfen, doch er bemühte sich erst gar nicht, sie alle richtig einzuordnen. Es gab ohnehin nur eine einzige, für die er sich wirklich interessierte, die in einem beinahe lautlosen Hauch sein Ohr streifte. „Shinichi…“ Doch in dem Moment indem ihre Stimme seinen Verstand durchdrang und sich zu seinem Herzen kämpfen wollte, spürte er wie plötzlich das Adrenalin durch seine Adern schoss, seinem Mund verbot zu antworten, auch wenn der sich es auch noch so sehnlich wünschte. Was wenn es wieder nicht die Echte ist? Er konnte dich schon einmal täuschen und wohin hat das geführt? Doch den Gedanken dahinter bekam er nicht zu fassen, irgendetwas versperrte ihm den Weg, während Angst und Unsicherheit seine müden Knochen zum Zittern brachten, als ihre Stimme erneut ertönte. Rans Stimme. „Bitte, Shinichi…“ Er befahl seinen Muskeln den Kopf zu drehen, sich der Stimme zuzuwenden, einen Blick auf sie zu erhaschen, doch deine Augen blieben trüb. Er spürte ihre Wärme neben sich, spürte wie sie sein Herz langsam erwärmte und sein Blut leichter fließen ließ. Nein, das hier war nicht Matsumoto. Das hier war anders, sie war anders. Es war Ran. „Shinichi.“ Sie war hier. Seine Kehle fühlte sich an wie Schmirgelpapier, seine Zunge konnte sich kaum von seinem Gaumen lösen, als er seinen Lippen endlich den Befehl erteilte ihren Namen auszusprechen, der jedoch nur stumm an ihre Ohren drang. Die Kraft, die es ihn gekostet hatte, seine Gedanken zu fokussieren, rächte sich augenblicklich - er spürte, wie die kalte Dunkelheit in fortriss, sodass er keine andere Wahl hatte, als ihr ins Nichts zu folgen. Aber das alles spielte keine Rolle mehr, denn sie war hier. Ran war hier. Es war Vorbei…, endlich. Ran schluckte, atmete erleichtert ein, als er endlich ihren Namen formte, sie zu verstehen schien und nahm seine Hand zärtlich in die ihre; doch statt seiner kühlen Haut berührte etwas anderes ihre Fingerkuppen, ließ sie erschrocken aufsehen, ehe sie das kleine Etwas aus seiner Hand nahm. „Was?“ Das winzige Stückchen Papier war feucht, dennoch konnte sie entziffern, was darauf stand, drehte es stirnrunzelnd um, doch die beiden Worte die nun zu Lesen waren, raubten ihr den Atem. Ihr Verstand arbeitete, versuchte zu verstehen, was das alles zu bedeuten hatte und scheiterte doch Jedes Mal aufs Neue, weil er es nicht konnte, oder nicht verstehen wollte. Und auch wenn der Boss der Organisation es war, der diese Botschaft für sie hinterlassen hatte, so sagten ihre Erinnerungen ihr doch, dass es die Wahrheit war. Das alles war ihre Schuld. „Ran.“ Doch die Angesprochene reagierte nicht auf Heijis aufgebrachte Stimme in ihrem Rücken, sie merkte nicht, wie der Kommissar ihr das kleine Stückchen Papier aus der Hand nahm und bei dessen Anblick langsam erblasste. Das dünne Flaschenetikett zitterte zwischen seinen Fingern, doch es war nicht der Name des Alkohols allein, der ihm den Atem in der Kehle stocken ließ, sondern ebenso die beiden Worte, die in dicken schwarzen Buchstaben auf der Rückseite des Bourbonetiketts prangten. Toru Amuro Der Kommissar schluckte, biss die Zähne aufeinander und spürte, wie sich die Muskeln in seinem Kiefer spannten. Woher sollte er davon wissen? Niemand von ihnen hatte je darüber geredet und Kudo würde nie- Doch die Erkenntnis sickerte eisig und kalt in ihn hinein, ließ die Haare in seinem Nacken zu Berge stehen, als er sich zu dem vernichteten Stimmentransposer umsah, der unnütz und scheinbar harmlos einen hässlichen Fleck auf dem Boden bildete. Doch sein Freund konnte ihn nicht hören, und auch Ran reagierte nicht darauf, als er erneut ihren Namen rief. „Ran.“ Die junge Lehrerin aber schüttelte den Kopf, während ihr Verstand ein und dasselbe Mantra immer und immer wieder in ihr Herz hämmerte. Conan… Ai. Ihre Schuld… Der Kommissar schluckte, reichte der gehetzt und fragen schauenden Chemikerin an Kudos Seite den kleinen Zettel, die sofort verstand, über Shinichis Brust nach Rans Hand griff und in strengen Ton ihren Namen wiederholte. „Ran!“ Die junge Frau blinzelte, nahm erst jetzt Tracys Stimme war, die sie verzweifelt zu erreichen versuchte. „W-Was?“ Ihr Atem zitterte, ehe ihr Blick erneut über das blasse Gesicht Shinichis fiel, ehe sie es schaffte, der Chemikerin in die Augen zu sehen. Tracy seufzte lautlos, das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war, noch jemanden zu verlieren, sie musste die Gedanken der jungen Frau umlenken, zumindest für den Moment. „Ran, du musst ihn festhalten. Wir können nicht mehr länger warten.“ Sie sah das Takagi Shinichis anderen Arm fixiert hatte, während Tracy begann, die durchsichtig himmelbaue Flüssigkeit in einer Spitze aufzuziehen. Während sie an seiner Seite stand und darauf wartete, dass Ran ihrem Befehl folgte. Doch noch ehe sich ihre Finger um Shinichis Arm legen konnten, war es Heiji, der die Chemikerin entgeistert ansah, seine raue Stimme war kaum mehr als ein heiseres Krächzen. „Ihr wollt das Zeug jetzt an ihm testen? JETZT? In diesem Zustand? Sehen Sie ihn sich doch an!“ Die Chemikerin aber antwortete ihm knapp mit trockener Stimme. „Ich weiß sehr wohl, welches Risiko ich damit eingehe… aber das ist unsere einzige Chance und der Grund, warum ich hier bin.“ „Was?“ „Wenn wir ihn jetzt hier raus und ins Krankenhaus schaffen können, nicht mehr als siebzehnjährigen Oberschüler, sondern als er selbst, dann haben wir vielleicht noch eine Chance, dass die Öffentlichkeit uns abkauft, dass das alles nur ein riesiger Bluff war, ein Täuschungsmanöver, um die schwarze Organisation auszulöschen.“ Sie sah, wie sich der Mund des Kommissars ungläubig öffnete, wandte sich dann jedoch ohne weiteren Kommentar wieder Shinichi zu. Gewissenhaft klopfte sie die übrigen Luftblasen aus der Spritze und betrachtete ein letztes Mal die hellblaue Flüssigkeit. In diesem Moment aber erwachte ein Teil in Ran wieder zum Leben - die Geschichten, die sie über das Gift gehört hatte und nicht zuletzt ihre eigene Erfahrung mit diesem Schmerz, injizierte heiße Panik unter ihre Haut. Doch noch ehe ihre Finger Shinichi erreichen konnten, hatten sie zwei starke Arme von hinten gepackt und hielten sie fest, während der Kommissar versuchte die junge Frau zu beruhigen. „Nein, nein- was wenn es, wenn…“ „Ran.“ Sie aber erkannte, die eigene Angst in Heijis Stimme nicht, war blind für alles und jeden um sie herum, während ihr die Panik langsam die Kehle zuschnürte und ihre Augen erneut zu brennen begannen. Tracy hob den Blick, begegnete den grünen Augen des Kommissars. Sine Züge lagen angespannt auf der regungslosen Gestalt seines Freundes, während er das Zittern von Rans Muskeln unter seinen Fingern spürte. Sie wehrte sich und wehrte sich doch wieder nicht, sodass Heiji genügend Kraft hatte und den sonst so wehrhaften Karatechampion festhalten konnte, während sie beobachten musste, wie Tracy die Nadel in Shinichis Haut versenkte. Die Blicke der Chemikerin huschten ein letzten Mal über die fahlen Gesichtszüge ihres ehemaligen Schützlings, ein bitterer Geschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus, als sie daran dachte, wie ihre letzten Versuche mit ihm geendet hatten. Sie schaute weder zur seiner Freundin, noch zu dem Kommissar, als sie den Kolben der Spitze langsam hinunterdrückte und beobachtete wie die himmelblaue Chemikalie langsam in seinen Venen verschwand. „Das ist unsere einzige Chance…“ Doch selbst ihr heiseres Wispern konnte ihre eigene Angst nicht verbergen. Ran aber stieß nur einen stummen Schrei aus, kämpfte sich nun endlich von Heijis Griff frei, der sie schon lange nicht mehr festhielt. Es war vorbei, jetzt gab es kein Zurück mehr. Seine grünen Augen fielen auf Ran, die kraftlos neben Shinichi auf die Knie fiel, nicht bemerkte, wie die kalte Pfütze am Boden sich in ihre Klamotten fraß, während ihre zitterten Finger durch sein Haar streichelten. Rans Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ihr Herz raste vor wilder Angst und Panik. „Was habt ihr getan…“ Sie spürte wie sich seine Stirn langsam aufheizte, sein Körper die wenigen Energiereserven nutzte, um seien Temperatur zu erhöhen um gegen das Mittel anzukämpfen. Es wirkte, schnell, die Frage war nur wie… „Shinichi.“ Tränen rannen ihr über die Wangen, ihre Fingerspitzen verbrannten sich auf seiner Haut, während ihr die Erinnerung an ihren einen Schmerz Übelkeit die Kehle hochkriechen ließ. Sie erinnerte sich an die Hitze, den Schmerz in ihren Muskeln, die sich angefühlt hatten, als würde man sie auseinander reißen, während ihre Knochen zu schmelzen schienen, und ihr Herz in Stücke gerissen wurde. Sein Stöhnen kratzte an ihrem Trommelfell, ließ sie zusammenzucken, während ihr abwechselnd heiß und kalt wurde. Tränen verschleierten ihre Sicht, doch die junge Frau machte sich schon lange nicht mehr die Mühe, sie wegzuwischen. Es war egal, alles in diesem Moment war egal, alles bis auf ihn. „Du musst durchhalten, bitte, Shinichi…“ Sie schluckte, spürte wie der Klos in ihrem Hals ihr das Atmen beinahe unmöglich machte. „Shinichi!“ Doch noch ehe ihr Wispern über seine Wange geglitten war, zuckte er unter dem ersten Spasmus seines Herzens zusammen, seine zittrigen Finger suchten instinktiv seine Brust, als wollten sie das vermaledeite Ding aus seinem Gefängnis befreien. Sie hörte Heijis Frage und doch verstand sie seine Stimme kaum, er hörte sich unendlich weit entfernt an, aber deutlich besorgt. „Is das normal?“ Tracy aber antwortete ihm nicht, die Chemikerin biss sich auf die Lippen, ließ ihre Hand auf Shinichis Schulter ruhen und ignorierte die brennende Hitze seiner Haut, die sich in ihre eigene bohrte. Ran aber bekam von der drückenden Stille nichts mit, die langsam auch Panik in den anderen Anwesenden schürte. Schweiß drang ihm aus allen Poren, während sich sein Körper ein weiteres Mal krümmte und ein heiserer Schrei seine Kehle verließ. „Bleib bei mir… bitte.“ Sie kniff die Augen zusammen, konnte nicht länger hinsehen, als sie bemerkte, wie ein weißer Nebel langsam von ihm ausging, als ob der Schweiß auf seiner eigeenen Haut verdunsten würde, und ihn immer mehr einhüllte. Seine Hand zuckte unter der ihren, während sein Gesicht beinahe von dem Nebel verschluckt wurde. Das Gift nahm ihn ihr weg. „Shinichi!“ Doch sein Schrei mischte sich mit dem ihren, erschütterte alle Anwesenden bis ins Mark und hallte in dem kalten Gebäude wieder. Erst dann kehrte eine täuschend feindliche Stille ein. Die Schmerzen beförderten ihn katapultartig zurück in die Refugien seines Verstandes, er konnte sich selbst stöhnen und schreien hören, doch weder die glühende Hitze noch das scheinbare Zerreißen seiner Muskeln drang zu ihm durch. Er schluckte, das war wahrscheinlich kein gutes Zeichen. Mühsam rappelte sich der Grundschüler auf, sah sich in seinem neusten Hirngespinst um, denn als Raum konnte man das wohl kaum bezeichnen. Weiß - nichts weiter als pures Weiß, man konnte nicht sehen wie weit es reichte, noch ob es ein Oben und ein Unten gab. Allein die Tatsache, dass auch die beiden anderen hier waren und sich gerade vom Boden aufrappelten und ebenso umsahen, ließ erkennen, dass es zumindest so etwas wie einen Boden geben musste. Die Stimme des Amerikaners hallte in einem geisterhaften Echo in diesem weißen Nichts wieder, nachdem er sich als erster von ihnen zum Sprechen hatte durchringen können. „Wo sind wir?“ Der Grundschüler aber rollte nur mit den Augen, stopfte seine Hände in die Hosentaschen, während er mehr als nur ein wenig Sarkasmus in seinen Ton hinein fließen ließ. „Glaubst du ernsthaft, dass wir diese Frage beantworten können, wenn du selbst es nicht weist?“ Bell aber warf ihm nur einen abschätzigen Blick zu, wollte gerade etwas erwidern, als ein greller Schrei die Stille durchbrach, keiner von ihnen hatte lange überlegen müssen, um zu erkennen dass es ihr eigener gewesen war. Allerdings blieb er nicht lange allein. „Shinichi!“ Ihre Stimme brachte den weißen Raum zum Beben, beförderte den Grundschüler beinahe wieder auf seinen Hosenboden, der nur mit Mühe im letzten Moment sein Gleichgewicht noch halten konnte. Danach jedoch wurde alles um sie herum totenstill. Conan schluckte, blinzelt angestrengt und versuchte das taube Gefühl in seinem Kopf damit zu verscheuchen, das seinen Verstand versuchte in die Dunkelheit der Gefühlslosen Ohnmacht zu reißen. „Ran… sie war da. Ich- ich dachte es wäre vorbei, aber was…“ Er sah auf, erkannte, dass auch seine beiden älteren Counterparts sich den Kopf hielten, was seiner hohen Stimme jedoch nur noch mehr Angst einimpfte. „Was passiert hier…“ Die unsichere Stimme des Grundschülers ließ die beiden anderen Aufsehen, ehe sich ihre besorgten Blicke kurz streifen, keiner von ihnen war jedoch in der Lage Conan zu antworten, denn ganz sicher wollte das jetzt niemand von ihnen hören. Der Oberschüler biss die Zähne zusammen und spürte, wie die helle Umgebung in seinen Augen stach und sie zum Brennen brachte, während es ihm immer schwerer fiel einen klaren Gedanken zu formen. Vielleicht hatte Matsumoto es beenden wollen, jetzt endlich. Dennoch es hatte sich der Schmerz anders angefühlt, fast- fast wie- Der Schülerdetektiv schluckte, spürte den Kloß in seinem Hals, während feine Nadelstiche auf ihn einprasselten und so der unterdrückten Panik Ausdruck verliehen. Er sah sich zu seinen anderen beiden Ichs um, deren Blicke langsam glasig wurden, lange würden sie der Dunkelheit, die nach ihnen griff, bestimmt nicht mehr standhalten können. Aber das mussten sie, sie durften jetzt nicht aufgeben, Haibara hatte recht, Ran wartete doch… Shinichi schnappte nach Luft, fuhr sich mit einer fahrigen Geste über die Augen, sie war da, jetzt wahrscheinlich an seiner Seite und doch war sie in diesem Moment so weit weg, dass er ihre Nähe nicht einmal mehr spürte. „Verdammt.“ Sie los zu lassen… würde nie wieder so einfach sein. Bell sah auf, als der Shinichis keuchenden Fluch hörte. Er hatte eine gute Ahnung was in dem Kopf des Oberschülers vor sich ging, wie einfach wäre es, jetzt einfach aufzugeben, sich in dieses warme schwarze Loch fallen zu lassen, wo all seine Sorgen nicht länger existierten. Der Amerikaner schlucke, spürte, wie sich sein ausgelaugter Körper danach verzehrte, endlich Ruhe zu finden und dennoch kämpften sie dagegen an. Warum? Weil irgendetwas in Rans verzweifelter Stimme ihn dazu gebracht hatte, ihnen Hoffnung versprochen hatte, wo er keine mehr sah, was auch immer da draußen vorgehen mochte, was auch immer passiert war, Ran zählte auf ihn. Er konnte- durfte sie jetzt nicht alleine lassen. Warum eigentlich nicht? Der Kriminalistikprofessor biss sich auf die Lippen, welchen Sinn hatte es eigentlich noch, sie länger warten zu lassen? Den Shinichi, auf den sie wartete, gab es doch ohnehin schon längst nicht mehr, warum sollte er sie dann noch weiter quälen, ihr und sich selbst etwas versprechen, das es so niemals geben würde. Niemals. Doch gerade, als er die bitteren Worte mit einem Kopfschütteln aus seinem pochenden Verstand vertrieben hatte, drang etwas anderes zu ihm hindurch, ein Geräusch. „Schritte?“ Bells Stimme ließ die anderen beiden aufsehen, tatsächlich hörte sich der hallende Klang an, als käme ihnen irgendetwas oder irgendjemand langsam näher. Sie sahen hinaus in die weiße Finsternis, aus deren Umgebung sich langsam eine Figur abhob, schemenhafte Umrisse, weiter nichts. „Wer-?“ Doch Bells Worte blieben ihm im Halse stecken, seine Fingerspitzen hatten zu kribbeln begonnen. Der Kriminalistikprofessor schluckte, hob langsam die Hand vor sein Gesicht, nur um zuzusehen, wie sich seine Fingerspitzen langsam in Luft auflösten und zu glänzend goldenen Sand zerfielen, den ein unsichtbarer Wind zu der Figur im weißen Schatten davon trug. Die anderen beiden schauten ihn panisch an, bemerkten erst jetzt, dass der Prozess auch vor ihren Körpern keinen Halt machte. Stück für Stück verschwanden William Bell, Shinichi Kudo und Conan Edogawa, lösten sich in feinen leuchtenden Staub auf, der tanzend und wirbelnd von der Figur hinter dem dichten weißen Nebel verschlungen wurde. Der Blick des Oberschülers fiel zu Bell, der Schock und die Panik war aus seinen Zügen gewichen und während sein Gesicht zu goldenem Nebel wurde zeigte sich ein erleichtertes Lächeln auf seinen Lippen. Er nickte dem Detektiv ein letztes Mal zu, ehe die letzten Reste von ihm sich in goldenem Staub auflösten. Er hörte den entsetzen Schrei des Siebenjährigen nicht mehr, dessen Herz in schierer Panik gegen seinen Brustkorb hämmerte, während er beobachtete, wie die Figur im Nebel die Überreste seines amerikanischen Ichs in sich aufzog. „Nein!“ Angsterfüllt schaute er zu dem Oberschüler an seiner Seite, der nichts weiter tat als faszinierend zuzusehen, wie seine Hände sich in Nichts auflösten. Conan erkannte entgeistert, wie sich auch auf Shinichis Lippen ein kleines Lächeln bildete, als er dem Wesen entgegen sah, das auf sie zukam. „Sieht aus als hätte ich mich doch nicht getäuscht…“ Der kleine Junge blinzelte geschockt, ehe die Panik aus ihm heraus brach. „Wovon redest du da eigentlich!“ Die schrille Stimme des Grundschülers bröckelte, er gestikulierte wild mit einer Hand, während sein anderer Arm schon nicht mehr zu sehen war. „Und warum zum Henker seid ihr zwei so still? Bell, wir- was passiert hier?“ Shinichi aber sah ihn nur kurz an, beobachtete wie der glänzende Staub seine Beine mit sich nahm und immer weiter an ihm hinauf kletterte. Doch auch auf seinen Lippen lag ein wissendes Lächeln, das sich mit seinen letzten Worten zusammen mit seiner Gestalt, in dem goldenen Nebel auflöste. „Es ist vorbei Conan.“ Conans Augen aber wurden groß, als er zu sah wie nun auch sein zweites Ich in Rauch auflöste, zum ersten Mal seit langem war er allein. „Nein, NEIN!“ Während Panik in seinen Knochen vibrierte, seine Stimme hallte leise und einsam in dem weißen Nichts wieder. „Kommt zurück…“ Er schluckte, sein Blick richtete sich ängstlich zurück auf die Gestalt, mit der er nun alleine war und die langsam immer mehr auf ihn zukam. Die Figur schien sich immer mehr aus dem weißen Nebel zu lösen, je mehr von ihm verschwand. „Nein, verschwinde!“ Er wollte dem Monster ausweichen, das langsam seinen Geist aufzufressen schien, er machte einen Schritt zurück doch trat ins Leere. Er fiel und landete fluchend auf dem, was von seinem Hosenboden noch übrig war. „Was-!“ Doch die Frage blieb ihm im Hals stecken, als er hinab sah, der goldene Staub hatte ihm ein Bein genommen und war nun dabei ein Loch in seinen Magen zu fressen, sodass nur noch die Hälfte von ihm übrig war. Mühsam richtete er sich auf, versuchte, von der seltsamen Figur zu fliehen, die ohne Erbarmen immer näher kam. Panik kroch ihm unter die Haut als die Schritte schließlich vor ihm Stoppten. Conan zuckte, kniff die Augen zusammen und wartete darauf dass das Monster ihm den Rest gab. Doch stattdessen spürte er eine warme Hand auf dem Rest seiner Schulter. Von dem kleinen Jungen war kaum mehr übrig als ein Teil seines Oberköpers und sein Gesicht. Aber diesmal fiel er nicht. Das, was von ihm übrig war schwebte in dem weißen Nichts genau wie Bell und Kudo kurz bevor sie verschwanden. Conan zuckte zusammen als das „Ding“ vor ihm zu sprechen begann, ihm etwas zuflüsterte und ihn endlich dazu brachte die Augen zu öffnen, während er in den restlichen Spuren goldenen Nebels verschwand. Die kindlichen blauen Augen wurden groß, Erkenntnis funkelte in ihnen ehe er sie mit Erleichterung wieder schloss. Für immer. Was blieb, war eine fremde und doch vertraute Stimme, deren Worte nun einsam in dem weißen Raum wiederhallten. „Leb wohl… Conan Edogawa.“ *Brüt* Hallöchen ihr Lieben, Himmel is das warm O.o Ich hoff das Kapitel hat euer gemüt nicht noch zusätzlich aufgeheizt ;) Vielen Dank für die Lieben Kommentare *knddel* So- jetzt haben sie ihn. Er hat das Gegengift und Alles wird gut? Wir werden sehen. An dem Kapitel hab ich echt lange geknabbert *seufs* ich hoffe es hat euch gefallen. Ich wär natürlich sehr neugierig auf eure Meinung! Und würde mich über Kommis freuen :3 Auch ein Liebes Hallo an alle neuen Fafos *wink* Bis bald ihr Lieben, ich lass euch mit allen offenen Fragen allein ^.~ Eure Shelling Kapitel 46: Painful Love ------------------------ Rückblick- Die kindlichen blauen Augen wurden groß, Erkenntnis funkelte in ihnen ehe er sie mit Erleichterung wieder schloss. Für immer. Was blieb, war eine fremde und doch vertraute Stimme, deren Worte nun einsam in dem weißen Raum wiederhallten. „Leb wohl… Conan Edogawa.“ Rückblick Ende- Painful Love Das Leben kehrte in ihn zurück, langsam, warm und dunkel. Sein ausgelaugter Körper fühlte sich schwer an, zu müde noch, um in diesem Moment aufzuwachen. Also blieb er noch eine Weile wo er war, in dem Zustand zwischen Wachen und Schlafen, jener Ort, wo einem alles so herzlich egal war. Langsam atmete er aus, genoss diesen Moment ein letztes Mal, als er bemerkte, wie sein ächzender Körper ihn aus dieser warmen Wolke seines benebelten Geistes hinausschmiss und feine Nadelstiche unter seiner Haut ihm das Signal zum Aufwachen gaben. Erst in diesem Moment kehrte der Verstand von Shinichi Kudo an seinen Platz zurück, Zeit und Raum bekamen plötzlich wieder Gewicht, genauso wie der kalte Luftzug, der es irgendwie unter die warme Decke geschafft hatte. Sein Herzschlag beschleunigte sich, sodass er das Blut in seinen Ohren Rauschen hören konnte, das ihm leise säuselnd ein Geheimnis zuzuflüstern zu schien. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht, etwas war - anders. Nur was? Er fröstelte kurz, während das weiche Kissen unter seinem Kopf und die schwere Bettdecke auf seiner Brust langsam auf ihn einwirkten. Shinichi schluckte, bewegte seine Hand zu seinem Gesicht und fuhr sich über die Stirn, zuckte kurz, als seine Finger den Punkt erreichten wo das Wasser auf geprallt war. Sein ganzer Körper fühlte sich schwer und taub an, seine Finger bewegten sich und schienen doch nicht ihm zu gehören, auch nach diesem erholsamen Schlaf waren alle seine Sinne noch immer in Müdigkeit ertränkt. Aus reinem Instinkt hinaus versuchte er sich gegen dieses Gefühl zu wehren, schlug die Augen auf, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, zumindest versuchte er es. Shinichi stöhnte, kniff sie sofort wieder zusammen als das blendende Licht sich in seine an Dunkelheit gewöhnten Augen brannte. Doch die Erinnerungen schwappten kalt und unbarmherzig über ihn hinweg. Die Kontaktlinsen… natürlich, seine Augen hatten genug Zeit gehabt, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, sodass sie nun das Licht zu meiden versuchten. Ein schmerzverzerrtes Lächeln erkämpfte sich den Platz auf seinen Lippen. Shinichi schluckte, zwang sich dazu seine brennenden Augen langsam zu öffnen, blinzelte, doch mehr als vor seinem Sichtfeld umher springende schwarze Punkte waren ihm erst einmal nicht gegönnt. Nur langsam schwand der schwarze Nebel um ihn herum, wurde zu einem grauen Schleier der sich über das Zimmer legte und dem Brennen seiner Augen noch ein paar Minuten Gesellschaft leistete. Das, was er sah, reichte aber zumindest schon einmal aus, um herauszufinden wo er war. Der Detektiv blinzelte, sah sich in dem kahlen weißen Raum um, sein Blick wanderte zu dem Tropf hoch, an dem er hing, ehe seine Augen von der einzigen Bewegung im Raum eingefangen wurde. Oben in der Zimmerecke hing ein kleiner, altmodischer Röhrenfernseher, über dessen Monitor sein eigenes Gesicht flimmerte, während die attraktive Nachrichtensprecherin ihren Mund bewegte ohne dass ihre Worte ihn erreichten. Er schluckte, … zumindest das war positiv gewesen in seiner Zeit als Gefangener, er hatte es geschafft seine wunderbare Aktion zu verdrängen, zu vergessen beinahe, sodass ihn das Chaos, das er damit angerichtet hatte, erst jetzt wieder einholte. Der Gedanke aber ließ Shinichi zögern. Erst jetzt schien sein Verstand zu verarbeiten, was es bedeutete, dass er hier aufwachte und nicht noch immer dem Willen des Bosses ausgeliefert war. Dem ehemaligen Hauptkommissar der Tokioter Polizei. Mit einem Stöhnen versuchte er sich von seiner liegenden Position zu befreien, doch seine zittrigen Muskeln wollten nicht gehorchen. Erst ein leichter Druck an seiner Schulter konnte ihn zum Innehalten bewegen. „Langsam, Shinichi…“ Ihre Stimme jagte einen elektrischen Impuls durch seine Adern und zum ersten Mal in seinem Leben schien sein Verstand nicht in der Lage zu sein, diesen Funken richtig zu deuten. Zum ersten Mal, wusste er nicht ob ihre Stimme sein Herz aus Liebe oder Furch zum Stolpern brachte, sodass ihre Worte ihn zusammenzucken ließen und seine Haare zu Berge standen. Er wandte den Kopf zu ihrer Stimme hin, erkannte sie in dem Stuhl neben seinem Bett, eine rote Decke rutschte ihr langsam von den Schultern, während sie sich zu ihm beugte. Hatte er sie geweckt? Ihre wunderschönen Augen schafften es seinen rasenden Puls zu beruhigen, ihm zu bestätigen, was seine Ohren gehört hatten, auch wenn die dunklen Schatten in ihrem Gesicht seine Zunge mit einem bitteren Belag bestrichen. Er kannte diese Spuren nur zu gut. Tränen. Wegen ihm? „Ra-…“ Doch mehr als ein heißeres Krächzten kam nicht aus seiner Kehle, seine Lippen waren spröde und trocken, während seine Zunge an seinem Gaumen klebte. Ran schenke ihm einen besorgten Blick, bevor sie aufstand um einen der weißen Pappbecher mit Wasser zu füllen, ehe sie ihn ihm zusammen mit einem Strohhalm reichte. Shinichi nickte dankbar und spürte wie sein Körper in einem erleichterten Seufzen das Wasser aufnahm, das langsam seine Kehle hinunter floss und seine Stimmbänder benetzte. Ran beobachtete wie das Wasser verschwand, nahm ihn den leeren Becher wieder ab und wartete. Ein kalter Schauer kroch über ihren Rücken hinweg, sodass sie sich erneut in der weichen Decke verkroch, die ihre Mutter ihr da gelassen hatte, der Roséton, der sich auf ihre Wangen geschlichen hatte, reichte nicht aus, um sie von innen heraus zu wärmen. Ran konnte ihre Augen nicht dazu überreden, den Blick von ihm abzuwenden und doch hielt sie etwas in Ketten, verhinderte, dass sie ihm schluchzend um den Hals fiel. Ihre innere Stimme befahl ihr das ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Dieser Teil von ihr wollte einfach nur noch weg. Fliehen, zumindest vor ihm… Wenn sie sich selbst schon nicht entkommen konnte. Seine Stimme wiederum stürzte sie nur noch tiefer in diesen dunklen, zwiespältigen Abgrund, zog sie näher zu ihm hin, sodass sie sich im nächste Moment wünschte, ihn nie wieder allein lassen zu müssen. „Ran…“ Dieses eine Wortschaffte es, ihr einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen, ausgesprochen von einer Stimme die eindeutig die seine war und doch noch einen andere Klangfarbe bekommen hatte, die Shinichi Kudos. Und er hatte davon bisher nichts bemerkt. Ihr schlauer Detektiv. Sie schluckte, lächelte mit einem sanften Kopfschütteln. „Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt, Shinichi. Ich- wir dachten schon wir würden dich nie finden.“ Sie beobachtete, wie ihre Stimme ihn abermals zusammenzucken ließ, biss sich auf die Lippen und fragte sich in diesem Moment, ob es nicht einfach besser wäre den Mund zu halten und ihn nicht an all die schrecklichen Dinge zu erinnern, die er hatte durchmachen müssen. Shinichi aber schien diesen Gedanken in ihren Augen gelesen zu haben, natürlich hatte er das, er war Detektiv und kannte sie besser als irgendjemand sonst. Er war eben Shinichi. Er schüttelte nur den Kopf, verbannte somit die Gänsehaut von seinen Armen und ignorierte, wie fremd ihm seine eigenen Stimme mit einem Mal vorkam, während er seine Lippen bemühte, diesen verhassten Namen aus zu sprechen. „Matsumoto?“ Er sah wie sie schluckte, seinem Blick kurz auswich, ehe sie ihn wieder ansehen konnte. Ihre Augen aber verrieten ihm mehr als ein simpler Satz es gekonnt hätte. Shinichi wandte den Blick von ihr ab, fixierte einen namenlosen Punkt auf dem Zimmerboden, während sein Verstand zu begreifen versuchte, was er nicht verstehen wollte. Er war noch immer da draußen… „Es ist noch nicht vorbei…“ Er, schluckte, ein bitterer Belag hatte sich auf seiner Zunge gebildet. <…das wird es nie sein, nicht ohne ein Gegengift.> Die vibrierende Furcht in seiner Stimme aber ließ sie beide zusammen zucken. Er fluchte innerlich, als ihn Erinnerungen der vergangenen Tage zum Frösteln brachten und ausgerechnet sie es sah. Dabei hatte er keine Angst vor Matsumoto selbst, jedenfalls nicht seinetwillen, nein, viel größer war seine Frucht davor, zu was dieser Mann, derart in die Ecke gedrängt, noch fähig sein würde. „Doch, das ist es…“ Die Bitterkeit mit der Ran, seine liebevolle Ran, diese Worte aussprach, ließen seinen Mund trocken werden. Sie selbst hatte es bemerkt, räusperte sich jetzt, ehe sie in einer Tonlage zu reden begann, die ihrem Charakter schon sehr viel eher entsprach. „Die ganze Welt weiß nun, wer er ist. Das FBI und die Polizei sind sich sicher, dass sie ihn finden werden. Er kann nirgendwo mehr hin… Er kann-…, er kann nichts mehr daran ändern.“ Shinichi schluckte, atmete tief ein. Doch er sprach seine Zweifel nicht aus, wollte sie nicht noch mehr beunruhigen, diese Bitterkeit in ihrer Stimme nicht mehr weiter schüren. Doch während er versuchte ihren Blick zu fangen, waren ihre Augen zu Boden gewandert, suchten auf dem abgenutzten Krankenhausboden nach der richtigen Textstelle, die es ihr möglich machte, weiter zu sprechen. Rans Stimme klang rau, kratzte ungewohnt in seinen Ohren, während sie ihm erzählte was in den vergangenen Tagen geschehen war. „Es hat gedauert bis das FBI die nötigen Informationen zusammen hatte, um den Boss der Organisation ausfindig zu machen.“ Er hörte wie ihre Stimme zu zittern begann und beobachtete wie ihre Augen glasig wurden. „Wir haben viel zu lange gebraucht…“ Ran biss sich auf die Lippen, versuchte das Bild von ihm, festgebunden an diesen kalten Tisch, zu vergessen. Sein Gesicht zu vergessen, das mehr tot aussah als lebendig, seinen grausamen Schrei als-, als… „Ran.“ Seine Hand auf der ihren ließ sie stocken. Sie sah auf und blickte seinem müden Lächeln entgegen, das ihr glauben machen wollte, dass alles gut war, sie sich keine Sorgen machen müsste. Ran schluckte, wandte den Kopf ab. Darauf fiel sie schon lange nicht mehr rein. Dennoch spürte sie, wie sich die Anspannung in ihrem Inneren löste, sodass ihr das Reden langsam leichter fiel. „Vermouth. Sie hat uns den Entscheidenden Hinweis gegeben, sonst… hätten wir vielleicht nie-…“ Sie brach ab, sah ihn gespannt an und beobachtete wie seine blauen Augen groß wurden, während sich die Muskeln um seinen kantigen Kiefer spannten. Dass er es noch nicht bemerkt hatte? Erinnerte er sich wirklich nicht mehr an die Schmerzen? Das wäre ja etwas Gutes… irgendwie. Shinichis Blick aber verriet, dass er ahnte, wie Vermouth zu dieser barmherzigen Geste gekommen war. Er schluckte, spürte wie Galle seine Kehle hoch kroch und sie ihm verätzte. „Angel.“ Ran zuckte, bestätigte somit seine Vermutung. Aber wie? Ran sollte doch in Sicherheit gewesen sein, abseits von allem und jedem und vor allem außer ihrer Reichweite. Er erkannte, wie sie unter seinem prüfenden Blick rot wurde. Er seufzte, verdrehte die Augen. Die Stille, die plötzlich im Raum lag, hatte sich angespannt zwischen sie gedrängt, eine Distanz geschaffen, die er schon die ganze Zeit spürte und doch nicht wahr haben wollte. War das der Grund, warum sie seinem Blick immer wieder auswich? Oder sollte am Schluss noch mehr dahinter liegen? Eine unsichtbare Stimme schrie in sein Ohr, beschimpfte ihn mit unhörbaren Flüchen, doch er konnte einfach nicht verstehen, worum es ging, oder was sie von ihm wollte. Also beschloss er, selbst die Stille zu durchbrechen, seufzte kurz und ließ seinen Blick an die Decke gleiten. „Angel, ich mochte das noch nie. Auch wenn sie Recht hat und du ihr das Leben gerettet hast, ist das kein Name, den ich für dich gewählt hätte. Eine tote Seele, die versucht das Leben der Menschen zu schützen, ohne es je mit ihnen zu teilen. Selbst wenn man daran glaubt, kann man sie nicht sehen, nicht mit ihnen sprechen und sie nicht einmal spüren…“ Er schluckte, lächelte blass als er ihren verwirrten und besorgten Gesichtsausdruck bemerkte. „Entschuldige, ich war wohl doch zu lange da unten.“ Ran aber erwiderte sein Grinsen nicht, sodass das Lächeln auch auf einen Lippen wieder erstarb. Sie sah ihn an als hätte sie einen Geist gesehen. Er seufzte, wandte den Blick ab. Nach allem, was passiert war, musste nun auch Ran klar geworden sein, dass es für ihn kein Zurück mehr gab, dass Shinichi Kudo nicht mehr existierte. Warum sonst sollte sie sich so seltsam verhalten, so… abweisend ihm gegenüber im Vergleich zu der sturköpfigen Ran, die noch vor ein paar Wochen alles getan hätte, um mit ihm zusammen zu sein. Shinichi schluckte, während tausend heiße Nadeln ihm unter die Haut stachen und einen Schmerz verursachten, den er nicht beschreiben konnte. Mit einem lautlosen Seufzen fuhr er sich durchs Haar, zumindest hätte er das getan, hätte ihn die Hand, die auf ihn zukam, ihn nicht in seiner Bewegung brechen lassen. „Was?“ Die erstickte Frage war das letzte zu dem sein Verstand fähig war. Sein rauschender Puls verdrängte jeden klaren Gedanken in seinem Kopf. Es kam ihm vor als würde jemand anderes die Finger vor seinem Gesicht bewegen, als wären es nicht seine Muskeln, die zuckten und nicht seine Faust, die sich öffnete und wieder schloss. Die filigranen, sehnigen Finger bargen eine Kraft in sich, die er nicht kannte und während jedem anderen die Veränderung wohl nicht einmal aufgefallen wäre, fühlte er sich plötzlich fremd in seiner eigenen Haut. Er schluckte, doch der Kloß, der sich mit einem Mal in seinem Hals gebildet hatte, ließ es nicht zu, verschaffte ihm keine Linderung, während das restliche Blut aus seinem Gesicht wich. Was war, wenn er sich das alles nur einbildete. was wenn- Panik keimte in ihm auf, versuchte den Funken Hoffnung zu verschlingen, der in seinem Herzen gesät wurde, um seinen Körper vor dem Einschlag der Enttäuschung zu schützen. Schließlich war es unmöglich… Sein Atem zitterte, hin- und hergerissen zwischen Glauben und Zweifel Enttäuschung und Hoffnung, bis sie ihn zum Stillstand brachte und ihm in seiner schwankenden Welt Halt gab. Rans warme Finger stoppten seine Gedanken, sie hatte die Distanz zwischen ihnen endlich überwunden, nahm die Hand, die unruhig vor ihm in der Luft geschwebt hatte, in die ihre. Ihre Finger schmiegten sich an die seinen, wirkten zart und zerbrechlich in seiner Handfläche. Er spürte, wie sich eine Gänsehaut von seinen Fingerspitzen aus einen Weg über seinen Körper entlang schlich, während sein sonst so analytischer Verstand noch immer mit sich kämpfte. „Aber wie-?„ Doch noch bevor er seine Frage vollendet hatte, griff er sich mit der anderen Hand an die Kehle, als ihm bewusst wurde was ihn vorher an seiner Stimme gestört hatte. Es war nicht seinen ausgetrockneten Stimmbänder zu schulden, sondern seine Stimme selbst hatte sich verändert, kaum hörbar zwar und dennoch anders. Er sah auf, direkt in ihre blauen Augen, die mit einem geduldigen Lächeln auf den Lippen auf ihn gewartet hatte. „Tracy.“ Shinichi aber sah sie nur weiter an, versuchte zu begreifen, was dieser Name ihm sagen sollte, schließlich waren die Bemühungen der Chemikerin in den letzten Jahren immer umsonst gewesen, wie war es möglich, dass sie plötzlich Erfolg gehabt haben sollte. Er schluckte, eine böse Vorahnung keimte ihm im hoch, veranlasste seine Finger dazu sich fester um die ihren zu schließen, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. „Es ist-„ „Permanent, Shinichi.“ Sie beobachtete, wie seine Augen groß wurden, konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich als diese Geste für einen kurzen Moment lang auch den kleinen Conan wieder in seine Züge legte, aber das wollte er im Augenblick ganz bestimmt nicht hören. Shinichi schluckte, sah sie noch immer fragend an. „Du hast beinahe drei Tage geschlafen, Shinichi… Tracy hat- dich in dieser Zeit überwacht. Sie sagt dein Körper hat sich gut angepasst und deine Zellen hätten das Gift gänzlich abgebaut, oder so ähnlich.“ Shinichi spürte, wie ihre Worte sein Herz zum Rasen brachten. Shinichi schluckte. Er hatte schon nicht mehr daran geglaubt. Die langsame Bedeutung all dessen brachte seine Gedanken zum Drehen, er griff sich an die Stirn und fuhr sich übers Gesicht, er zuckte als ihm an seinem Kinn etwas Raues in seine kalten Finger stach. Bartstoppeln. Ein brüchig heißeres Lachen verließ seine Kehle, zum ersten Mal seit Jahren schien eine Tonnen schwere Last von seinen Schultern zu fallen. Es war vorbei. Endlich vorbei… Eine warme Welle aus Euphorie und Endorphinen schwappte über ihn hinweg, und zauberte ein breites Grinsen auf seine Lippen. Doch als er aufsah, verblasse es. Sie sah ihn nicht an. Ihre Augen waren fest auf einen unsichtbaren Punkt am Boden fixiert und er konnte spüren wie ihre Fingerspitzen unter den seinen zitterten. „Ran?“ Die aber schüttelte nur den Kopf, zog seine Hand aus der seinen und ließ seine Finger nutzlos und kalt zurück. Shinichi schluckte, sie freute sich nicht. War sie wirklich so wütend auf ihn, oder hatte sie am Ende einfach Angst? Er erinnerte sich an ihre Stimme, sie musste dabei gewesen sein als- als es passiert war. Aber war das wirklich der Grund, warum sie ihn nicht einmal mehr ansehen konnte? Er verzog das Gesicht, formte diesen Gedanken bewusst um, in der Hoffnung, damit ihre Stimmung wieder heben zu können. Er zuckte mit den Schultern, deutete mit einem schiefen Grinsen in sein Gesicht auch wenn sie ihren Blick nicht hob. „Seh ich wirklich so schlimm aus?“ Ran reagierte nicht. Er biss sich auf die Lippen, ließ seine Hand sinken, während sich ein tiefer Schatten zwischen seine Augenbrauen grub und mit ihm der Ernst und die Sorge in seine Stimme zurückkehrten. „Ran?“ „Idiot!“ Ihr anklagender Tonfall ließ ihn zusammenzucken, vorsichtig hob er den Blick, doch die junge Frau an seiner Seite mied seine Augen noch immer, dachte gar nicht daran, ihn anzusehen während sie sprach. Er seufzte und starrte seine Hände auf der Bettdecke an. Er wusste ja, dass die Standpauke kommen würde, er hatte nur gehofft, dass sie sich damit vielleicht noch ein wenig mehr Zeit lassen würde. Ran sah das jedoch offenbar anders. „Idiot! Du bist ein verdammter Idiot, Shinichi.“ „Ja, das sagtest du bereits.“ Diesmal aber sah sie auf, sodass er unter ihrem wütenden Blick zusammen zuckte, nicht sah, was hinter ihren wässrigen Augen noch zur Anklage stand. „Warum hast du das getan, warum bist du mit ihnen gegangen.“ Er seufzte, hatte Mühe nicht die Augen zu rollen, war die Antwort denn nicht offensichtlich? „Du wärst gestorben, Ran.“ „Na und? Was wenn nicht? Vielleicht hätte es noch eine andere Lösung gegeben. Du hättest das nicht tun dürfen, Shinichi.“ Er starrte sie an, seine blauen Augen wirkten leer, seine Stimme mit einem Mal brüchig. „Das kannst du nicht von mir verlangen, Ran…“ „Ach, aber von mir kann man das!?“ Sie war aufgestanden, hatte den Stuhl mit einem unliebsamen Murren zurück geschoben, zwang ihn nun dazu, zu ihr auf zu sehen, während die Decke langsam von ihren Schultern rutschte. „Du scherst dich doch einen Dreck darum, wie es mir durch deine Aktionen geht.“ „Das ist nicht wahr…“ „Ach? Und wieso tust du es dann immer wieder? Wieso tust du dir und mir das immer wieder an? Wieso tust du mir jedes Mal aufs Neue weh, Shinichi… mit diesen Aktionen rettest du gar nichts. Nicht dich und nicht mich. Nichts.“ Sie biss such auf die Lippen, wusste das ihre Worte viel zu hart, viel zu unüberlegt aus ihrem Mund kamen. Und doch war es mehr die Wut über sich selbst als über ihn die über Ran hinweg schwappte. Er musste es verstehen, sie musste ihm klar machen in welche Situationen er sich brachte, wegen ihr. Das musste ein Ende haben. Shinichi schluckte, nun war er es, der ihrem Blick auswich. „Du weißt, dass das nicht stimmt, Ran…“ Er seufzte. „Ich konnte nicht riskieren, dass dir etwas zustößt. Dass das Gift - ich konnte diesen Gedanken nicht ertragen.“ Sie biss sich auf die Lippen, spürte wie wiederwillig ein leichter Rotton auf ihre Wangen kroch. „Ran… ich wollte nicht, dass dir wegen mir etwas passiert. Darauf hat doch diese verdammte Lügerei basiert, ob Conan oder Bell spielt keine Rolle. Ich weiß, ich habe mich nicht sehr geschickt angestellt und dir mit diesen Lügen wehgetan. Aber wenn ich die Chance habe, dich zu beschützen, dann werde ich das auch tun, immer, egal ob dir das nun passt oder nicht.“ Er sah sie an, in seinem Blick eine Mischung aus der Sturheit, die sie schon so oft zur Weißglut gebracht hatte und dem Mut und der Führsorge, die sie an ihm liebte. Sie wusste, ihr beschleunigter Herzschlag wollte ihr sagen, dass sie sich freute, ihr Körper schrie nach ihm mit jeder Faser ihres Herzens. Aber wenn sie jetzt nachgab, würde er für immer von ihr abhängig sein. Sie würde auf ewig seine Achillesferse bleiben und noch mehr zerstören als sie ohnehin schon angerichtet hatte. Sie hatte drei Tage an seinem Bett gewacht, sich um ihn gesorgt, gesehen in welchem Zustand er war, was sie ihm angetan hatten. Ran hätte nichts lieber getan als sich an ihn zu schmiegen, seinem Herzschlag zu lauschen und zu vergessen. Zu vergessen was man ihm angetan hatte und was der Grund dafür gewesen war. Drei Tage lang hatte sie versucht mit diesem Gefühl um zu gehen, einen Ausweg für sie beide zu finden, bei ihm zu bleiben. Für immer. Aber sie konnte es nicht. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen das so etwas noch einmal passieren könnte. So sehr es sie schmerzen ihm jetzt weh zu tun, nachdem er so viel durch gemacht hatte wusste sie doch das es nicht anders ging. Denn niemand konnte ihr sagen ob er das nächste Mal auch wieder aufwachen würde. Bevor sie zuließ das sie ihn verlieren konnte, gab sie ihn lieber auf. Ran schluckte, ignorierte das brennen in ihren Augen und das Zittern ihrer Hände. Es reichte… er hatte genug durchgemacht. Genug gelitten, wegen ihr. Sie räusperte sich, doch die Kälte fand nur schwer in ihre Stimme. „Nun… das mit den Lügen hat sich dann jetzt wohl erledigt.“ Shinichi zuckte zusammen, sie hätte nicht erst zum Fernseher aufsehen müssen, damit er verstand was sie meinte. „Es war meine einzige Chance…“ Ran aber schluckte nur, die anklagenden Worte der Nachrichtensprecher hallten noch immer in ihren Ohren, erneuter Ekel stieg in ihr auf, wenn sie daran dachte, wie sehr sich die Presse den Mund zerrissen hatte wegen ihm, er hatte ja keine Ahnung. „Deine Chance worauf? Dein Leben noch mehr zu zerstören, Shinichi?“ Er aber schwieg, sah sie nicht an, während sich seine Hände tief in die Bettdecke gruben. „Ist es dir wirklich so wenig wert? Dein Leben? Hast du eine Ahnung, was du angerichtet hast? Was du dir selbst damit angetan hast? Die Presse, die ganze verdammte Welt weiß Bescheid!“ Sie gestikulierte wild mit den Armen, schaute ihn dann von oben herab an. „Ein Mittel, das dem Jungbrunnen gleichkommt…, glaubst du wirklich, die breite Masse hat so viel Moral, dich damit in Ruhe zu lassen?" Er schluckte, biss sich auf die Lippen. „Ich will verdammt noch mal wissen, warum dir dein Leben nicht mehr bedeutet, Shinichi! Warum tust du sowas, warum hast du-…“ „Weil ich nicht dachte, dass ich jemals wieder lebend dort raus kommen werde! Deswegen.“ Ran aber blieb stumm, sah ihn eine Zeit lang an, ehe ihre Augen den seinen auswichen, sie auf dem Boden Antworten suchten, die sie jedoch nirgendwo finden würden. Ihre Stimme war kaum mehr als ein zartes Flüstern, ihre Ohren selbst wollten nicht glauben, was ihre Lippen aussprachen. „Du wusstest es… und trotzdem bist du auf Vermouths Deal eingegangen… meinetwegen.“ Sie schluckte, spürte wie ihre Augen erneut zu brennen begannen. „Du riskierst dein Leben, setzt es leichtfertig aufs Spiel, als würde es dir nichts bedeuten… nur wegen mir.“ „Weil mir ein Leben ohne dich wirklich nichts bedeutet, Ran.“ Seine Stimme war lauter als beabsichtigt, hallte einsam durch den Raum und bereitete ihren geflüsterten Worte damit ein deutliches Ende. Er atmete zittrig ein, während sich ein leichter Rotton auf seine Wangen schlich. „Ein Leben ohne dich ist kein Leben… keines das ich führen möchte oder kann.“ „Ran bitte, versteh doch ich-…“ Er schluckte, griff mit seinen kalten Händen nach der ihren, und auch wenn er in diesem Bett lag und die Szene so gar nicht dem entsprach, was er sich ausgemalt hatte, drängte ihn das betäubende Gefühl seinen inneren dazu es ihr zu sagen. Jetzt. Oder er würde sie für immer verlieren. „Ran ich-„ Doch in diesem Moment wo seine von schwarzen Schatten getrübten Augen sie ansahen, seine brüchigen Lippen das aussprechen wollten, was sie sich schon so lange wünschte, in diesem Augenblick kehrte ihr Verstand erneut zurück. Ihr Geist gewann den schmerzhaften Krieg mit ihrem Herzen, sodass sie ihre Hände erneut aus den seinen befreite einen Schritt zurück machte und ihn so vom Weitersprechen abhielt. „Ich kann das nicht mehr Shinichi… ich kann nicht.“ Sie schluckte, spürte wiederwillig wie sich immer mehr Tränen in ihren Augen sammelten, je weiter sie sich von ihm entfernte. „Ich will nicht mehr länger schuld sein…“ Seine Kehle wurde trocken, eine böse Vorahnung keimte ihn ihm auf, er versuchte sich auf zu rappeln, doch seine ausgezehrten Muskeln versagten ihm den Dienst, dabei wusste er, das sie ihn jetzt brauchte, jemanden der sie in diesem Moment festhielt, weil sie sich offenbar gerade verlor… Doch er konnte nicht, war an dieses verdammte Bett gefesselt bis sich seine Muskeln entschlossen hatten, endlich aus ihrem Winterschlaf zu erwachen, sodass sie alleine im Raum stand, zitternd und mit einmal so zerbrechlich wie er sie noch nie gesehen hatte. Irgendetwas hatte ihr sonst so starkes Herz zum Splittern gebracht, hatte Selbstzweifel dort gesät, wo er sonst immer Mut und Hoffnung gefunden hatte. Er schluckte, ihm fiel eigentlich nur ein einziger Mensch ein, der so etwas mit Perfektion bewerkstelligen konnte. Seine Stimme war trocken, zitterte, sodass man bemerkte, dass er diese Frage eigentlich gar nicht stellen wollte und tat es dennoch. „Was ist passiert, Ran?“ Sie sah auf und sein Herz zog sich zusammen, als er die ersten Tränen ihre Wange runter rinnen sah. Zum Henker noch mal, er war wieder er selbst, aber nicht einmal in der Lage, ihre Tränen zu trocknen, sosehr das Kribbeln in seinen Fingerspitzen es sich auch wünschte. Rans Augen lagen unruhig auf ihm, sie musste nicht lange überlegen, wusste sofort was er meinte, ihre Stimme aber war genauso blass wie ihr Gesicht. „Stimmt es?“ Sie schluckte, sah ihn nun direkt an, in ihren Augen glomm ein kleiner Funken Hoffnung, vielleicht hatte sie der Boss der Schwarzen Organisation bloß manipuliert und verunsichert. Sie hatte Angst vor der Antwort und doch wollte sie sie hören. Sie hatte diese ewige Lügerei und Geheimniskrämerei satt. Sie wollte die Wahrheit. Der Detektiv im Krankenbett blinzelte, hob fragend eine Augenbraue und sah verwirrt zu ihr hoch. „Ich… was meinst du, Ran?“ Sie schluckte, schenkte ihm einen kurzen Blick. Natürlich… Shinichi war in diesem Monet schon nicht mehr bei Bewusstsein gewesen, er wusste nichts von Matsumotos kleinem Geschenk. Ihre Hand glitt in ihre Hosentasche, zog einen kleinen Zettel hervor und reichte ihn ihm. Der Detektiv runzelte erst mit der Stirn, ehe sie beobachten konnte, wie sein Gesicht jegliche Farbe verlor. Auf dem kleinen zerknitterten Etikett einer Bourbon-Flasche stand nur ein einziger Name: Toru Amoru. Doch für Flüche war es längst zu spät, wenn er seine Schlussfolgerung aus diesem Zettel gezogen hatte, hatte sie das schon lang. Er sah auf, schluckte, als er sich der Bedeutung ihrer bewusst wurde. Ran aber sah ihn nicht an, sie fühlte, wie sich ihr Hals langsam zuzog, ihre Lippen ließen sich nur schwer zum Reden bewegen. „Also stimmt es…. Dass… dass ich Schuld bin, dass man Ai- dass man sie gefunden hat? Euch gefunden hat?“ Shinichis Augen wurden groß, sein Herz drohte aus seiner Brust zu springen. Das war es, das war es, was sein Verstand hinter geschlossenen Türen gehalten hatte. Er zuckte, als Fetzen und Bilder das dunkle Puzzle seiner Erinnerungen wieder zusammensetzten. Die Stimme, die ihn damals angeschrien hatte, lachte nun höhnisch in seinen Gedanken. Er hatte sie ans Messer geliefert. Sein Atmen stockte in seiner Brust und für einen schier endlosen Moment lag ein dichtes Schweigen zwischen ihnen. „Also ist es war.“ Ihre Stimme wurde still, kaum hörbar. „Bin ich verantwortlich für ihren Tod?“ Sie schloss die Augen, spürte wie heiße Tränen ihre Wangen hinter rannen. Shinichi biss sich auf die Lippen, sein Ton war sanft, konnte doch ein leichtes Zittern nicht verbergen. „Ran, es war… ein dummer Zufall, weiter nichts.“ Die Lehrerin aber reagierte nur mit einem Kopfschütteln, ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt. „Nein.“ Shinichi aber ließ nicht locker, verzweifelt versuchte er, zu ihr durchzudringen. „Hör zu, wenn dann bin ich Schuld, hätte ich dir alles gesagt, hättest du gewusst mit wem du es zu tun hast. Du konntest nicht-…“ „GLAUBST DU, DAS WEIß ICH NICHT?“ Ihre Stimme war laut, und klingelte schrill in Shinichis Ohren. „Ich weiß, dass deine dummen Lügen-… ich weiß!“ Sie stockte, schüttelte den Kopf, sodass ihre Tränen dumpf zu Boden fielen. Ihre Stimme war kaum mehr vorhanden, er versuchte ihren Blick zu fangen, doch ihre Augen hatten ihn schon lange verloren. „Wir haben uns gegenseitig etwas vorgemacht. Du hast mich belogen und… ich mich selbst. Ich wollte die Gefahr nicht sehen, wollte dir nicht glauben und nicht verstehen warum du nicht mit mir zusammen sein wolltest…“ Sie schluckte, ballte die Hände zu Fäusten und spürte wie der Klos in ihrem Hals ihr die Luftabschnürte. „Aber jetzt verstehe ich es…“ Ran schnappte nach Luft, ihr Atem zitterte als sie weiter sprach. „Du hast mich angelogen, aber ich habe dir geglaubt. Dennoch ändert es nichts daran, dass ich- ich…“ <…ich habe sie umgebracht.> Ihre Stimme brach. Sie konnte nicht mehr. Ran sah ihn an. Sah ein letztes Mal in sein Ausgezehrtes Gesicht, erinnerte sich daran wie es vor Schmerz verzerrt war, an seinen Schrei und seine Augen die sein Leid der vergangenen zehn Jahre versuchten vor ihr zu verstecken. Dabei war das alles allein ihre Schuld. „Ich kann das nicht mehr Shinichi…“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein heißeres Flüstern. Sie musste weg, weg von ihm, weg von all dem… „Ran!“ Doch sein Ruf war zu spät. Sie reagierte nicht, ließ ihn allein im Krankenzimmer zurück. Er starrte die offene Tür an, ehe er sich mit einem schweren Seufzten zurück in die Kissen sinken ließ. Er wünschte sich so sehr, endlich auf zu wachen. Dabei sollte sein Alptraum erst jetzt beginnen. *Ausversteckgekorchenkomm* Um- joa. Ran mal… anders? ich hoffe es passt dennoch zu ihr. Ich meine- was Shinichi kann kann sie schon lange und nach allem was passiert ist muss sie wohl auch sehen das sie seine Achillesferse ist und das sie offenbar nicht in der Lage ist das zu ändern, also sucht sie diesen Ausweg… mal sehen wie weit sie damit kommt ;) Vielen Dank für die lieben Kommis vom Letzten Kapitel *knuddel* Was Shinichis „älteres“ Ich anbelangt hab ich mich einfach an das Angelgt was wir von Gosho wissen, schließlich trägt keiner der Gosho boys einen Bart- also denk ich einfach mal das es doch noch mal einen unterschied macht ^^, Ich hoffe es hat euch wenigstens ein wenig gefallen >///<, Ich muss gestehen nach so einem Kappi bin ich echt gespannt und ziemlich nervös was eure Kommis anbelangt ^////////^, ich würde mich diesmal wirklich sehr über eure Meinug freuen, Bis demnächst, eure Shelling Kapitel 47: Never Ending Story ------------------------------ Rückblick- „Ran!“ Doch sein Ruf war zu spät. Sie reagierte nicht, ließ ihn allein im Krankenzimmer zurück. Er starrte die offene Tür an, ehe er sich mit einem schweren Seufzten zurück in die Kissen sinken ließ. Er wünschte sich so sehr, endlich auf zu wachen. Dabei sollte sein Alptraum erst jetzt beginnen. -Rückblick Ende Never Ending Story Das zerknitterte Bourbon-Etikett von 1996 auf dem sterilen Nachttisch seines Krankenzimmers hatte ihn durch den Tag begleitet und zwischen Wachen und Schlafen immer wieder an die Wirklichkeit erinnert. Shinichi hatte nicht bemerkt, wie der Tag zur Nacht und wieder zum neuen Tag wurde, hatte die Besuche des Arztes verschlafen genauso wie die Megures, der sich langsam aber sicher Sorgen um den noch immer ruhenden Detektiv machte. Er hatte an diesem Morgen wohl auch das Stechen der Nadel in seinem Arm verschlafen, wenn das ständige Wechseln der Blutröhrchen ihn nicht doch schließlich soweit aus dem Schlaf gerissen hatte, dass er dem blutrünstigen Vampir an seiner Seite einen genervten Blick zuwarf. Die junge Krankenschwester aber hatte weder seinen Blick bemerkt, noch den der beiden Personen, die das Zimmer betreten hatten - bis die Stimme seines Vaters den Raum füllte und ihre als auch Shinichis Aufmerksamkeit für sich gewann. „Ich denke, das ist mehr als genug Blut für Ihre Untersuchungen. Und dem Blick meines Sohnes nach zu urteilen, ist er derselben Meinung.“ Die Krankenschwester schrak auf, drehte sich geschockt zu Yusaku um, bis ihr Blick zu dem regungslosen „Opfer“ ihres Blutdursts wanderte. Shinichis Augen wanderten von dem langsam rot werdenden Gesicht der Krankenschwester zu den fünf gefüllten Blutampullen auf der Ablage hin zu der sechsten, die sie noch in der Hand hielt. „Ich denke in der Tat, dass das, für- was auch immer Sie glauben finden zu können, ausreicht.“ Sie hielt seinem Blick kurz stand, er sah wie sich ihr Mund öffnete und unverrichteter Dinge wieder schloss, ehe sie ihn mit einem Nicken von der Nadel erlöste und ihn kaum hörbar anwies, mit dem Tupfer Druck auf die kleine Wunde in seiner Armbeuge auszuüben. Sie sah weder ihn noch seine Eltern an, als sie sich mit ein paar hektischen Worten aus dem Raum entfernte. „Ich werde dem Doktor sagen, dass Sie wach sind…“ Sie floh aus dem Raum und ließ ihn zusammen mit seinen Eltern allein. Shinichi schluckte, wich den Blicken auf seiner Haut aus und wusste nicht ob die drückende Stille ihm wirklich lieber war als die nach Blut dürstende Schwester, bis die heisere Stimme seiner Mutter an dem kahlen Zimmer kratzte. „Oh, Shinichi…“ Mit ein paar Schritten hatte sie die Distanz zu ihm überwunden, strich ihm eine Haarsträhne von der Stirn und ließ ihre Hand kurz auf seiner Wange ruhen. Er verzog das Gesicht, hielt jedoch seinen Mund und gönnte seiner Mutter den kurzen Moment, während sein Blick sehnsüchtig zu dem Kaffeebecher glitt, den sie in ihrer Eile auf dem Tischchen hatte stehen lassen. „Endlich bist du wach!“ Er hörte die Erleichterung in ihrer Stimme, doch in ihrem Blick war noch immer die Erinnerung an Angst und Sorge zu erkennen. Er schluckte trocken, nickte dann. „Seit gestern. Ich denke zumindest dass es gestern war. Ran war da… sie- sie hat euch nichts gesagt?“ Yukiko biss sich auf die Lippen, schüttelte langsam den Kopf. „Nein, hat sie nicht…“ Yukiko sah ihren Sohn fragend an, Shinichi aber blieb still und wandte den Blick von ihr ab. Sie wollte ihn fragen was los war, aber die nun erwachsenen Züge ihres Sohnes zogen sie in ihren Bann. „Du weist es also? Dass- dass du-…“ „Das ich quasi über Nacht zehn Jahre gealtert bin?“ Er seufzte, begutachtete seine Hände in seinem Schoß, diesmal schien es wirklich dauerhaft zu sein. „Ja, ist mir aufgefallen.“ Yukiko aber ignorierte den Sarkasmus in seiner Stimme genauso wie seine fehlende Freude. Ein feines Lächeln glitt über die Roten Lippen der ehemaligen Schauspielerin, sodass sich feine Fältchen in ihr Makeup gruben, während sie ihre Finger erneut durch sein Haar gleiten ließ, selbst sein genervter Gesichtsausdruck konnte daran nichts ändern. Es war schwer, sich an seine plötzlich erwachsenen Züge zu gewöhnen, die ihr begreiflich machten, was sie eigentlich nicht hatte wahrhaben wollen. Sie hatte zehn Jahre verloren. Zehn Jahre, in denen sie nicht beobachten konnte, wie aus ihrem kleinen Jungen ein Erwachsener und selbständiger junger Mann wurde. Sie schluckte, spürte wie der Kloß in ihrem Hals erneut zu voller Größe anwuchs. Seine trüben Augen zeichneten ihn, ließen ihn älter wirken als er war und machten ihn zu jemanden, den sie nicht kannte. Zu einem Fremden. Der junge Mann, dessen Hand sie jetzt in ihrer hielt, war müde und geschlagen. Yukiko schluckte, spürte heiße Tränen ihre Wangen hinunter gleiten, wusste, dass sie von den Resten ihres Maskaras begleitet wurden und vermutlich schwarze Spuren auf ihren Wangen hinterließen. Als hätte er ihren unausgesprochenen Gedanken gehört, trat nun auch Yusaku endlich an ihre Seite, legte seine Hand schützend auf ihre Schulter. Sein Sohn aber wandte den Blick nur kurz zu ihm, ehe er eine andere Ecke des Raumes für viel interessanter erachtete, so wie er es schon als Kind getan hatte, als er auf eine Strafe seines Vaters wartete. Er diskutierte erst gar nicht, sondern saß das drohende Donnerwetter einfach aus. Der Schriftsteller aber seufzte nur, fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als er zu sprechen begann. „Zu jedem anderen Detektiv oder Polizisten, würde ich jetzt sagen, dass es eine gute-, die richtige Entscheidung war…“ Yusaku schluckte, setzte sich neben seiner Frau auf die harte Kante des Krankenhausbettes und ließ seine Augen über den jungen Mann an seiner Seite wandern. „Aber Shinichi… du bist mein Sohn und bleibst es auch, egal wie alt du nun bist.“ Shinichis dunkle Augen ließ Yusakus Stimmer bitterer werden als beabsichtigt. „Deswegen würde ich mir wünschen, dass du dich nicht ständig in Situationen begeben müsstest, in denen eine Lüge oder eine Wahrheit über deinem Leben steht.“ Über den blauen Augen des Schriftstellers hatte sich ein tiefer Schatten gebildet, seine Hand ballte sich zu einer nutzlosen Faust und spiegelte die Hilflosigkeit der vergangenen Wochen und Jahre wieder, denen der Mann, der sonst jeden Tatort mit Ruhe und Gelassenheit beherrschte, ausgesetzt gewesen war. „Und ich wünsche mir verdammt nochmal, dass du nicht solche Entscheidungen fällst,… dass du solche Entscheidungen fällen musst,… musstest.“ Shinichi schluckte, seine Kehle war trocken und sein Verstand von den Worten seines Vaters wie leer gefegt. Er wusste weder was er ihm antworten, noch was er von dieser Predigt hallen sollte, nur dass es eine solche war, da war er sich ziemlich sicher. Er ließ sich zurück in sein zerknittertes Kissen sinken, das ihm schon lange nicht mehr richtig weich vorkam und starrte an die Decke. „Wie schlimm ist es?“ Seine Frage ließ Yukiko aufsehen, skeptisch schaute sie von Shinichi zu Yusaku, der aber schien genau zu wissen, was sein Sohn meinte. „Seitdem Shinichi Kudo, der „alte“ Shinichi Kudo wieder aufgetaucht ist, wird es ruhiger. Tracy hat es in der Tat geschickt eingefädelt, als sie versuchte, deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“ Die Augenbrauen seines Sohnes gingen fragend in die Höhe, während der Schnauzer Yusakus nur kurz zuckte. „Niemand außerhalb der Polizei beziehungsweise des FBI´s hat dich noch live und ohne Bells Gesicht gesehen. Und nachdem das Gegengift Wirkung gezeigt hatte, hat das FBI selbst die Medien ins Spiel gebracht.“ Er sah, wie Shinichi die Stirn runzelte, fuhr sich mit noch immer kalten Fingern über die eigene, während er weiter sprach. „Sie gewährten der Presse einen kurzen Blick auf Shinichi Kudo und zusammen mit ein paar Andeutungen deiner Kollegen vom FBI sponn sich die Presse ihr eignes Bild von den Ereignissen der letzten Wochen.“ Shinichi starte ihn nur an, bevor er in ein hohles Lachen ausbrach, das beide Eltern dazu brachte, ihn fragend an zu sehen. Ein bitteres Lächeln lag auf den Lippen des Detektivs, während er scheinbar amüsiert den Kopf schüttelte. „Sie haben mir nicht geglaubt…“ Seine Worte waren kaum hörbar und wurden doch mit einem Nicken von Yusaku gezollt. „Nein. Denn schließlich ist wohl alles glaubwürdiger als das, was du der Öffentlichkeit aufgetischt hast.“ „Die Beweise…“ „Eine klug gelegte Finte, genauso wie das Video und die Masken.“ Ein erleichterter Seufzer drang aus Shinichis Kehle und doch konnte er sich nur an die Stirn fassen, fühlte wie das Kopfweh der vergangenen Wochen ihn erneut einholte. „Alles was die Menschen in den Vergangen Tagen bewegt hatte, wird nun als List von dir deklariert, um diese schwarzen Gestalten aus ihren Löchern zu holen. Ob du deswegen aber in der Öffentlichkeit unbedingt besser gelitten bist nach der ganzen Aufregung, wage ich nicht zu beurteilen.“ Der Schriftsteller seufzte, bemerkte, wie die blauen Augen seines Sohnes aufmerksam auf ihm lagen und ihn skeptisch musterten, er hatte den Haken an der ganzen Sache schon längst gerochen. Yusaku schluckte, ein bitterer Geschmack belegte seine Zunge und schien seine Worte zu begleiten. „Wie du eben an deiner überaus führsorglichen Krankenschwester schon gesehen hast, gibt es durchaus noch Zweifel in der Bevölkerung. Die Leute wollen den Glauben und die Möglichkeit auf ewiges Leben nicht so einfach in den Wind schießen.“ Shinichi seufzte, fuhr sich durch Haar und merkte erst jetzt, dass seine Hände zitterten. „Ganz davon abgesehen, dass es genügend Menschen gibt, für denen diese Geschichte wohl nie wieder zu einem Gerücht werden wird.“ Er schluckte, seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Für all jene, die Conan Edogawa gekannt haben, ist das wohl die einzig logische Antwort auf die eine oder andere Frage.“ Yusaku nickte nur und auch seiner Mutter war das Lächeln längst vergangen, als sie sich eine ihrer roten Locken hinters Ohr strich. „Mit dieser Wahrheit werden wir wohl oder übel auskommen müssen…“ Shinichi aber wich ihrem Blick aus. Dieses Wort hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in seinem Mund. Gerade aber, als er den Mut fassen wollte und das Gespräch auf Rans Ab-, beziehungsweise Anwesenheit lenken wollte, klopfte es in einem kurzen rhythmischen Takt an seine Zimmertür. Eine reine Höflichkeitsfloskel. Denn noch ehe er hätte antworten können, betrat ein kleiner, drahtiger, älterer Herr das Zimmer, im Schlepptau eine weit weniger skeptisch drein schauende Schwester als der Vampir von vorhin. Die Augenbrauen des kleinen Arztes hoben sich skeptisch, das Lächeln, das ich auf seinen Lippen zeigte, wirkte auf Shinichi jedoch wie ein echtes. Während er langsam in den Raum eintrat, entfernten sich seine Eltern wie auf Kommando von seinem Bett und räumten den beiden Medizinern den Platz. „Schön, sie endlich wieder unter den Lebenden zu sehen.“ Der Doktor nahm den Platz seiner Eltern ein und reichte Shinichi freundlich die Hand. „Doktor Hamada, ihr behandelnder Arzt, wenn´s recht ist.“ Ein verschmitztes Zwinkern begleitete seine Worte, Shinichi tat ihm den Gefallen und ging darauf ein, schließlich war er der erste, der scheinbar völlig unvoreingenommen mit ihm sprach. „Nun, ich würde behaupten, die Tatsache, dass ich aufgewacht bin, spricht für Sie.“ Der Arzt grinste nur, während er das Klemmbrett mit den Daten des Detektivs von dem Fußende seines Bettes holte, sodass die Augen des Mediziners etwas von ihrer Autorität und Ernsthaftigkeit zurück gewannen. „Sehr schön, also gut - Herr Kudo, Sie werden mir die ein oder andere Frage beantworten müssen, während ich sie erneut untersuche.“ Shinichi schluckte, nickte dann. Doch noch ehe der Arzt im Protokoll fortfahren konnte, fuhr sein Vater mit einem Räuspern dazwischen. „Wenn es recht ist, Doktor, nutzen wir die Zeit um ihrem Patienten hier ein paar frische Sachen zu holen, ich bin sicher sie Informieren uns über etwaige Neuigkeiten.“ Der kleine Arzt blinzelte überrascht, bis er bestätigend nickte. „Aber natürlich.“ „Haben Sie vielen Dank.“ Yusaku hakte sich bei Yukiko unter dem Arm ein und beförderte seine mehr als nur überrumpelte Frau aus dem Raum, ehe er sich mit einem Nicken von Shinichi verabschiedete, der sichtlich erleichtert war, nicht alle dieser besagten Fragen vor ihnen, beziehungsweise seiner Mutter beantworten zu müssen. Der Doktor blickte ihnen kurz hinterher, ehe er sich mit einem kleinen Lächeln wieder seinem Patienten widmete. „Dann wollen wir mal…“ Die allgemeinen Fragen zu seinem Befinden hatten nicht viel Zeit in Anspruch genommen, allein die immer wiederkehrenden Kopfschmerzen bereiteten dem Mediziner Sorge, sodass er die Schwester losgeschickt hatte, um einen Kollegen aus der Neurologie zu besorgen. Nur um auf Nummer sicher zu gehen natürlich, denn der besorgte Glanz in den bernsteinfarbenen Augen des Arztes verriet ihm dass er sehr wohl eine Vermutung hatte, woher besagte Kopfschmerzen kamen, die wahrscheinlich nicht allzu sehr von seiner eigenen abwich. Dennoch sprach der kleine Doktor das Thema mit keiner Silbe an, widmete sich im Moment den Schnittflächen an seinen Knöcheln, ein fieses Überbleibsel von Matsumotos Fußfesseln, die besonders an seinem rechten Bein ganze Arbeit geleistet hatten. Als der Arzt die Wunde dann aber wieder verband und seine Augen mit einem zufriedenen Nicken über seine Arbeit gleiten ließ, konnte Shinichi seinen Sarkasmus nicht mehr länger im Zaun halten. „Also gut Herr Kudo, das sieht alles ganz gut aus. Die Dehydration haben wir im Griff und alles andere wird der Neurologe mit ihnen klären, von meiner Seite aus wär´s das fürs Erste.“ „Und Sie sind sich sicher, dass Sie nicht noch einen Bluttest brauchen?“ Der Doktor stockte kurz in seinen Bewegungen, seine Miene aber verriet nichts, während er seine Unterschrift auf ein Formular in seiner Akte kritzelte. „Der Vorfall mit Fräulein Schwester Natsuja tut mir Leid, sie hatte kein Recht…“ Doch in dem Augenblick, in dem der kleine Mann anfing, sich zu rechtfertigen, bemerkte Shinichi, dass es mit ihm durchgegangen war. Der Arzt war der erste, abgesehen von seinen Eltern, der ihn wie einen normalen Menschen behandelte und so dankte er es ihm? Er seufzte, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und unterbrach den Doktor mit einem kurzen Kopfschütteln. „Schon gut, verzeihen sie bitte, ich fürchte meine Nerven sind im Moment wirklich nicht die besten…“ Hamada aber suchte neugierig Blickkontakt, sodass Shinichi die Frage gestellt hatte, noch bevor er sich selbst großartig Zeit ließ, darüber nach zu denken. „Was denken Sie?“ Der Mediziner runzelte nachdenklich die Stirn und legte die Akte sorgfältig zurück, ganz so, als ob er ihn nicht gehört hatte. „Sie sind mein, Patient Herr Kudo. Ich bin hier, um ihre medizinische Versorgung sicher zu stellen. Mir steht es nicht zu, mir ein Urteil über so etwas zu bilden.“ Shinichi aber schüttelte nur den Kopf. „Ich habe Sie ja nicht nach einem Urteil gefragt, Doktor, sondern nur nach dem, was Sie denken.“ Die beiden Männer sahen sich eine Zeit lang in die Augen, ehe der Arzt den Blickkontakt mit ihm brach, sich die Brille von der Nase nahm und anfing, die Gläser zu polieren. Eine Geste, die seine eigenen Fingerspitzen zucken ließ, irgendwie vermisste er diese kleine, beruhigende Angewohnheit. Doktor Hamadas Ton, als er dann zu sprechen begann, war genauso nüchtern wie bei dem Stellen einer Diagnose eines x-beliebigen Patienten. „Wie schon gesagt Herr Kudo, Sie sind mein Patient. Und wenn ich aufgrund dessen etwas sagen kann, dann das, dass das, was immer Sie auch durchgemacht haben, Ihnen viel abverlangt hat und das nicht nur rein körperlich. Und was alles andere betrifft…“ Der Arzt grinste, setzte sich die Brille zurück auf die Nase und blickte hinaus aus dem Fenster, dem grauen Himmel Tokios entgegen. „Auch in der Medizin gibt es meiner Meinung Geheimnisse, die auch welche bleiben sollten. Ich habe zwei Enkel, wie würde es da aussehen, wenn ich-…“ Der Arzt lachte laut, schüttelte noch immer amüsiert den Kopf, als er sich ihm zuwandte. „Nein, alles hat seine Zeit. Ganz davon abgesehen, dass ich nicht glaube, dass irgendjemand bereit dazu wäre, Ihren Preis dafür zu zahlen.“ Shinichi schluckte, das Lächeln auf seinen Lippen war schon lange verblasst. Doch gerade als der Arzt ihn mit seinen Problemen allein lasse wollte, erinnerte er sich an etwas anderes, das er den Mediziner noch fragen wollte. „Ich- entschuldigen Sie bitte Doktor, aber geht es in Ordnung, wenn ich aufstehe?“ Er spürte wie seine Wangen rot wurden, als sich die Augenbrauen des Arztes fragend nach oben zogen. „Ich wurde gerne- nun ja…“ Der kleine Doktor ließ seinen Blick prüfend über ihn gleiten und nickte dann. „Wenn sie nicht übertreiben sollte das kein Problem sein, allerdings sollten sie sich nicht wundern wenn ihre Muskeln ihnen nicht gehorchen. Sie haben lange still gelegen.“ Sein Patient nickte gelassen, sodass er mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen fortfuhr. „Ich kann natürlich verstehen, dass Sie neugierig sind, aber ich muss Sie warnen, manche Männer verkauften Morgens den Blick in den Spiegel selbst in ihrem Alter nicht besonders gut, und die hatten weiß Gott mehr Zeit, sich daran zu gewöhnen.“ Während Hamada ihm jedoch nur ein letztes Mal zu zwinkerte, verzog der Detektiv nur das Gesicht. Jetzt stand er hier, noch immer mit weichen, zittrigen Knien, die sein Gewicht nicht länger tragen wollten, sodass er sich mit den Händen auf dem kühlen Porzellan des Waschbeckens abstützen musste, während er den Mann ihm gegenüber anstarrte. Und Shinichi Kudo starrte zurück. Ein Gesicht das seines war und doch eines, das er nicht kannte. Zwar war der Zeitsprung zwischen Grund und Oberschüler für andere sicher beeindruckender, doch das eigene Gesicht zu sehen, ohne die zehn Jahre dazwischen zu kennen, ließ ein beklemmendes Gefühl in ihm zurück. Die letzten kindlichen Züge waren aus seinem Gesicht gewichen, ließen es kantig und hart zurück. Seine Mutter hatte Recht gehabt mit dem, was sie schon früher immer zu ihm gesagt hatte, er sah seinem Vater ähnlich, jetzt erst recht. Die scharfen Gesichtszüge und die kantigen Wangenknochen verrieten seine Herkunft. Auch die unschöne Wunde von Gins Schuss und Matsumotos Messer konnte daran nichts ändern, auch wenn es eine Narbe geben würde, eine der sichtbaren zumindest, die ihn dieser Kampf gekostet hatte. Shinichi schluckte, fuhr sich mit zittrigen Fingern durchs Gesicht, es kratzte, dort wo er den leichten Bartschatten sah. Seine Statur war, wenn auch ausgezehrt von den letzten Tagen, eine andere. Nicht mehr länger wirkte irgendetwas halbfertig, seine Schultern waren breiter, er selbst noch ein Stückrechen Größer. Shinichi biss sich auf die Lippen, schüttelte abwehrend den Kopf, bis sich ein trauriges Lächeln in sein Gesicht schlich und kleine Fältchen um seinen Mundwinkel zeichnete, die dann zusammen mit seinem Lächeln wieder verschwanden. Es war vorbei… Er hatte es geschafft, dem Fluch der Zeit zu entkommen, oder sie wieder einzuholen. Ein heiseres Lachen brachte seine Lippen zum Zittern, während er ein Brennen in seinen Augen spürte. Er war wieder in den Strom der Zeit eingetaucht, aber wofür? Was hatte dieser reißende Fluss ihn gekostet, was hatte er mit sich gerissen? Matsumoto war noch immer auf freiem Fuß. Und Ran… Shinichi stockte, biss sich auf die Lippen. Er hatte sein Leben wieder, doch im Moment schien davon nicht mehr übrig zu sein als ein Scherbenhaufen. Und er selbst hatte Ran dazu verdammt, mit nackten Füßen über diese schneidenden Kanten zu laufen, bis ihre Sohlen und ihre Seele bluteten. „Was habe ich nur getan…“ Der Blick, mit dem sie ihn angesehen hatte, oder besser nicht angesehen hatte, ließ noch jetzt das Blut in seinen Adern gefrieren. Er kannte diesen Blick, kannte ihn nur zu gut… Schließlich war er ihm selbst die letzten zehn Jahre jeden Morgen im Spiegel begegnet. Reue, Schuld und pure Abscheu gegen das eigene Ich. Diesen Ausdruck jetzt aber in ihren Augen zu sehen, war mehr als er ertragen konnte. Und es war allein seine Schuld, von allen Lügen und Geheimnissen, die er mit sich herum geschleppt hatte, was das das einzige, das er lieber mit ins Grab genommen hätte. Shinichi schluckte, wandte den Blick vom Spiegel ab um das zynische Lächeln auf den Lippen des Fremden nicht sehen zu müssen. Hier stand er nun, hatte so ziemlich alles erreicht, von denen er die letzten Jahre nicht einmal zu träumen gewagt hatte und ausgerechnet sie, für die er all das tat, der Grund, warum er nicht schon längst aufgegeben hatte… Sie war nicht da. Er hatte sie verloren. Ein leises Schaudern rann durch seinen Körper, ließ ihn jeden Muskel spüren und stellte die feinen Härchen auf seiner Haut auf. Er hatte keine blasse Ahnung, wie er sie zurückholen konnte… wie er ihr das wiedergeben konnte, was er und Matsumoto ihr gemeinsam genommen hatten. Shinichi schluckte, zwang sich, den Blick erneut zu heben und starrte für einen kurzen Moment in seine eigenen blauen Augen. Er fühlte sich genauso wie er aussah, müde, dreckig und erschöpft. Kurzum, beschissen. Er nahm die Hand vom Waschbecken und fuhr sich unwirsch übers Gesicht, seine Finger waren vom Porzellan kühl und verschafften ihm für ein paar Sekunden Linderung. Sein Blick wanderte weg von dem Spiegel, hin zu dem kleinen Haufen Handtücher, den man für ihn bereit gelegt hatte. Es war endlich Zeit diesen ganzen Dreck abzuwaschen. Entschlossen schob er den kleinen Vorhang seiner Dusche, oder besser gesagt Nasszelle, beseite, drehte den Hahn auf, damit das Wasser die richtige Temperatur bekommen konnte. Er hatte nicht viel darüber nachgedacht, eigentlich hatte er gar nicht gedacht, bei dem Gedanken an eine warme Dusche, die den Dreck und die Sorgen von ihm abwaschen würde. Ein Fehler, ganz eindeutig. Denn sobald die ersten Wassertropfen ihren rauschenden Weg nach unten gefunden hatten, spürte er, wie der Atem in seiner Kehle stockte. Er machte einen hektischen Satz nach hinten, stolperte und Schlug mit dem Kopf an die gegenüberliegende Wand, sodass schwarze Punkte vor seinen Augen Shinichis Weg begleiteten, als er langsam an der Wand hinunter glitt. Doch auch das Rauschen seines eigenen Blutes schaffte es nicht, das tosende Donnern der Dusche zu überdecken. Das Drecksding war verkalkt, sodass einige Düsen verstopft waren und neben dem prasselnden Regen immer wieder einzelne schwere Tropfen auf die braunen Kacheln am Boden einschlugen. Sein Blick lag starr auf dem Wasser, er konnte sich nicht bewegen, nicht wegsehen, auch wenn die schwarzen Schatten vor seinen Augen langsam verschwanden. Irrational, dumm, eine Dusche. Nichts, worauf man auf diese Art und Weise reagieren müsste oder sollte. Doch all diese Gedankengänge halfen nichts, denn zusammen mit dem prasselnden Regen erklang auch ihre Stimme an sein Ohr. Rans Stimme die nicht ihre war, während seine Lippen aussprachen was für sie und ihn ein „wir“ für immer zerstören sollte. Die wässrige Luft schwängerte den Raum, die Tropfen schienen immer lauter zu werden, das Rauschen der Dusche zu einem tödlichen Wasserfall, während der weiße Nebel ihn langsam verschluckte und sich kalt und klamm in seine Kleidung fraß. Tropfen für Tropfen versank sein Verstand in der Panik. Tropfen für Tropfen, war er wieder dort unten, allein mit ihm. Tropfen für Tropfen, ruinierte er alles in ihr. „Nein.“ „H- Herr Kudo?“ Die fremde Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, starr schaute er zu der Krankenschwester auf, die ihn ihrerseits besorgt musterte. Sein Kopf aber war noch immer leer, seine Muskeln gehorchten ihm nicht, also blieb es dabei, er starrte sie an, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Die junge Frau schluckte, erinnerte sich an die Zeilen in seiner Krankenakte, die ihr schon beim ersten Lesen die Haare hatten zu Berge stehen lassen und reagierte sofort, mit nur wenigen Schritten hatte sie die Dusche erreicht und den Fluss der Brause gestoppt. Mit nun nassen Händen aber einem erleichternden Seufzten auf den Lippen wandte sie sich wieder zu ihm um, doch der junge Mann starrte sie noch immer an. Sie erkannte, wie er zuckte, hier und da, als ein einsamer Wassertropfen noch seinen Weg in den Ausguss suchte. Sie schluckte, spürte wie ihre eigene Kehle sich zuschnürte und alle Professionalität über den Haufen warf, als sie den Blick in seinen Augen sah. Shinichi Kudo war nicht viel älter als sie, sie kannte die alten Presseberichte über den „Erlöser der Japanischen“ Polizei, den cleveren Detektiven, dem keiner so leicht das Wasser reichen konnte. Zu clever, zu erwachsen, schon damals vielleicht. Wenn einer ihrer Freunde einen solchen Ausdruck in den Augen hätte, würde sie sich erschrecken. Denn das war es, erschreckend. So viel Leid, so viel Schmerz und Reue in solchen sonst so wissenden und intelligenten Augen, denen sich jetzt langsam Scham bei mischte, als sein Verstand die Situation zu begreifen begann. Diese Augen waren zu alt für ihn. Zu alt, für eigentlich jeden Menschen. Sie schluckte, schüttelte unwirsch den Kopf. Ihr Blick viel zurück auf ihren Patienten, der sich nun die scheinbar fische Beule an seinem Hinterkopf rieb, während er ihrem forschenden Blick auswich. Er schluckte, fühlte wie seine Wangen vor Scham zu glühen begannen, während er versuchte sich zu erklären. „Ich- es tut mir Leid, ich muss wohl ausge-…“ „Wir haben ein Bad.“ Dieser kurze Satz ließ ihn nun doch aufsehen. Die Krankenschwester aber kreuzte seinen Blick nicht, hatte begonnen, die Handtücher aufzulesen, die er bei seiner Panikattacke mit sich gerissen hatte. „Ich werde veranlassen, dass man es für Sie einlässt und Sie dann rufen.“ Warmes Wasser von unten im Tausch zu kalten Tropfen von oben, nun es war zumindest einen Versuch wert. Er nickte und sie lächelte blass, richtete sich auf und bot ihm eine Hand an, um ihm ebenfalls auf die Beine zu helfen, ehe sie ihn eingehend studierte. „Haben Sie sich was getan?“ Shinichi schluckte, griff sich automatisch an die pochende Stelle an seinem Hinterkopf, schüttelte jedoch den Kopf. „Eine Beule, nichts weiter.“ Sie musterte ihn noch einen Moment lang skeptisch, ehe sie nickte. „Nun gut, ich werde Sie rufen wenn alles fertig ist. Der Neurologe kann erst in ein paar Stunden hier sein, er befindet sich gerade im OP.“ Doch ehe sie ihm endlich den nötigen Freiraum bieten konnte, um sich von dieser peinlichen Situation befreien, hielt die Stimme von Shinichi Kudo sie im Tührramen auf. „Danke.“ Das war das wohl ehrlichste und ernst gemeinteste Wort, was sie heute von ihm gehört hatte, sodass sie mit einem feinen Lächeln auf den Lippen das Krankenzimmer dieses speziellen Patienten verließ. Die elektrische Spannung in ihren Fingerspitzen als sie ihn zum ersten Mal wach sah, den jungen Mann, den sie bis jetzt nicht wirklich gekannt hatte, verfolg als sie den Blick in seinen Augen sah. Sie waren leer, ließen ihn mit diesen fremden Zügen in seinem Gesicht noch verlorener wirken. Die Amerikanerin schluckte, runzelte die Stirn und trat mit einem letzten Schritt in das Zimmer ein. “Why that face? You are a little too young for midlife crises, aren´t you?” Der Detektiv schrak aus seiner Trance auf, hatte nicht mitbekommen, dass jemand sein Krankenzimmer betreten hatte und starrte die FBI Agentin nun überrascht an. „Tracy?“ Die Angesprochene aber runzelte die Stirn, bemerkte wie seine Stimme ihr einen weichen Schauer über den Rücken gleiten ließ, während sie seine erwachsenen Züge studierte und sich neben ihn in den kleinen Sessel fallen ließ, den sie in den vergangenen Tagen schon so oft für sich in Anspruch genommen hatte. „Also, was nun? Kannst du mir vielleicht erklären warum du ein Gesicht ziehst wie sieben Tage Regenwetter, obwohl du eigentlich vor Freude überschäumen solltest?“ Shinichi aber wich ihrem Blick aus, sodass auch aus ihrer Stimme die Freude zusammen mit der aufgesetzten Wut wich und sie leise wurde, ihre Hand auf seinen Arm legte. „Du hast es geschafft, Shinichi… du hast das Unmögliche erreicht, du bist wieder du selbst… so why can´t you enjoy it?“ Sie sah wie er schluckte, ehe er ihr ein zerknittertes Stück Papier reichte. Tracy aber erkannte das zerschlissene Etikett sofort und sah ihn nur abwartend an. „Sie gibt sich die Schuld… Ran, an allem was passiert ist, weil sie damals Ai…“ Seine Worte waren ins Wanken gekommen, die Luft in seinen Lungen stockte, sodass er erst tief einatmen musste, ehe er es schaffte, weiter zu sprechen. „Sie wusste es doch nicht… sie hatte keine Ahnung. Ich habe sie im Dunkeln gelassen… deswegen ist das passiert. Aber Ran… sie will es nicht verstehen…“ Shinichis Stimme erstarb, seine Worte hatten ihr Herz schwer werden lassen, warum konnte es für die beiden nicht ein einziges Mal einfach sein? Die Amerikanerin schluckte, schüttelte mit einem zynischen Lächeln auf den Lippen den Kopf. Sie schluckte, schaute auf, zurück in die dunklen blauen Augen die die ihren schon längst wieder verlassen hatten. Die sorgsam gezupften Augenbrauen zogen zusammen, während sie sich langsam aus dem Stuhl erhob, der Boden unter ihren grünen Wildlederpumps quietschte, veranlasste Shinichi nun dazu, fragend zu ihr aufzuschauen. „This is the reason why you´re looking like a drowned cat?” Er zuckte, doch sie zögerte nicht, hatte es satt. All ihr Verständnis und ihre Führsorge die letzten Jahre über schön und gut, aber jetzt reichte es, es wurde Zeit, ihm mal den Kopf zu waschen. “After all this time, being miles and even years away from her that´s it?” Sie schüttelte den Kopf, sah enttäuscht zu ihm hinab. “You gave her up, just like that?” Er sah sie an, schluckte, ehe er ihrem Blick schuldbewusst auswich. Tracy seufzte nur, massierte sich genervt den Nasenrücken und riskierte es, ihr Makeup dabei zu ruinieren. “Hell now, Shinichi, don´t you think it´s time to behave like the man you look like?” Er zuckte merklich zusammen, starrte auf seine Hände, die unnütz in seinem Schoß lagen. “What am I supposed to say?” Der Detektiv seufzte, schüttelte hilflos mit dem Kopf ehe er fragend zu ihr auf schaute. “Sie will nicht hören was wirklich passiert ist, sie will nicht verstehen…. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern,… was also soll ich tun?” „Be with her, Shinichi.“ Stuarts Stimme ließ sie aufschauen, der FBI Agent stand in Türrahmen und langsam auf seine Verlobte zu, während er den Detektiv vor sich musterte. Er hatte es wirklich geschafft… Er war wieder er selbst und dennoch wirkte er in diesem Moment verloren. Der Agent grinste in sich hinein, kein Wunder, dass Tracy wütend war, nach der ganzen Arbeit und Sorge, die er ihnen bereitet hatte, war dies ganz sicher nicht das Ergebnis, das sich seine romantisch angehauchte Verlobte vorgestellt hatte. Tracy aber nickte nur, schwenkte ihren Blick zurück zu ihrem „Ziehkind“, ehe ihre Züge langsam weicher wurden. „Stue hat Recht. Tu das was sie für dich getan hat, auch wenn sie behauptet das sie dich nicht sehen will…“ Ein sanftes Lächeln glitt über ihre Lippen. „Sie braucht dich…“ <…as much as you need her.> Sie seufzte, suchte automatisch die Hand ihres Verlobten, und schmiegte ihre warmen Finger in die seinen. „Du liebst sie, Shinichi und wenn sie merkt, dass du ihr nichts Vorwürfst, ist sie vielleicht irgendwann in der Lage auch sich selbst zu verzeihen.“ Sie lächelte, zwinkerte ihm aufmunternd zu. „Vertrau mir.“ Er starrte sie nur an, lange, schweigend, sodass er sich am Schluss räuspern musste, um zu verhindern, dass seine Stimme brach, während sich ein schwacher Rotton auf seine blassen Wangen schlich. „Danke…“ Shinichi schluckte, schaute mit einem müden Lächeln zu den beiden auf. „Für… für alles, schätze ich.“ Er lachte, schüttelte noch immer ungläubig den Kopf. „Auch wenn ich keine Ahnung habe wie du das angestellt hast.“ Sein Blick fiel bezeichnend auf seine Hände. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir danken kann…“ Tracy aber schluckte, schüttelte nur mit einem sanften Lächeln den Kopf, sodass er sich fragend ansah. „Das musst du nicht…“ „Ab-…“ Weiter ließ sie ihn jedoch nicht kommen. „Du musst nicht mir danken Shinichi… nicht dafür, jedenfalls.“ Verwirrt sah er sie an, doch die Chemikerin schluckte, als sich die warme Hand ihres Verlobten auf ihre Schulter legte, der ihre Anspannung bemerkt hatte. Sie holte kurz Luft, öffnete ihre Handtasche und reichte dem, immer noch etwas verwundert drein schauenden Detektiv das Diktiergerät, zusammen mit ein paar Kopfhörern. „Hier.“ Sie strich sich verlegen eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Ich hoffe nur, dass du mir meine Neugier nicht übel nimmst.“ Natürlich erkannte er sofort, was Tracy ihm da in die Hand gedrückt hatte. „Aber… das ist-…“ „Es gehört jetzt dir Shinichi, es hat schon immer dir gehört…“ Der junge Mann aber zog nur die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn, sodass sich Falten auf seiner Haut zeigten, die weder Stue noch Tracy kannten. Doch gerade als Shinichi den Mund aufmachen wollte, grätschte ihm Stuart dazwischen. Der Erfinder räusperte sich gekünstelt und legte den Arm um Tracys schlanke Taille. „Well we’re heading off now, at least someone need to drink the soup you brewed.” Shinichi zuckte unter dem kleinen Seitenhieb kurz zusammen, ehe Stuart ihm die Hand auf die Schulter legte, die erstaunlich großen Hände des Wissenschaftlers, waren mit einem mal nicht mehr so schwer wie sonst. An seinem forschenden und ehrlichen Blick hatte sich jedoch nichts geändert, als er Shinichi fest in die Augen sah. „We would have never come this far without you, Shinichi, the black devils are history now… thanks to you.” Doch das erleichterte Lächeln auf Shinichis Lippen hielt nicht lange, wurde von Stuarts nächsten fast lautlosen Worten ausgelöscht. „But I swear, if you ever put such a stunt again, I´ll show you a different side of me. Got it?” Shinichi verdrehte innerlich die Augen, nickte dann aber, während Stuart ihn triumphierend angrinste. „What are you two talking about?“ “Nothing!” Die Antwort auf Tracys Frage kam prompt und aus den Mündern beider Männer, nie ein gutes Zeichen. Für heute aber ließ sie es mit einem Kopfschütteln auf sich beruhen, Stuart hatte Recht, sie hatten wirklich noch einiges zu tun. „So come on, it´s time to do your job.” “Bis später Shinichi.” Der nickte nur, beobachtete, wie die beiden Richtungen Tür gingen, sodass sie ihn vermutlich schon gar nicht mehr hörten. „Danke.“ Damit blieb er allein im Raum zurück, nun, nicht ganz allein, schließlich war da ja noch der Geist von Elena Miyano. Aber wieso sollte Tracy ihm eines von Ais Tonbändern geben? Der Detektiv schluckte, nahm den Rekorder vorsichtig von der Ablage, drehte ihn langsam hin und her, während er sich mit einer Hand die Stöpsel on die Ohren firmelte. Ein Dumpfes Gefühl hatte es sich in seiner Magengegend gemütlich gemacht, verriet die böse Vorahnung in die sich sein Verstand verwirrt hatte. Es gab jedoch nur eine Möglichkeit um heraus zu finden, ob er mit dieser Vermutung richtig lag. Shinichi stockte, zögerte kurz ehe er mit einem kleinen klicken das Tonband abspielte. “-verzeih mir… das ich ein schlechter Mensch war.“ Elenas Stimme klang verzweifelt, die sonst so gelassen wirkende Engländerin schien den Tränen nah zu sein. “Ich liebe dich, meine kleine Shiho, von ganzem Herzen.“ Shinichi schluckte, wusste das diese Worte eigentlich nicht für seine Ohren bestimmt waren, doch die einkehrende Stille ließ den Gedanken schnell wieder vertreiben, sein Finger schwebte über der Taste zum Ausschalten, als plötzlich ihre Stimme ertönte. „Kudo… es tut mir leid.“ „H- Haibara…?“ Sein Atem stockte in seiner Brust, er fühlte, wie sich seine Haare auf dem Arm elektrisiert aufrichteten, während er dem Geist ihrer Stimme lauschte, die trotz all den Jahren vertraut an seine Ohren drang. Er hörte wie sie schluckte, sah sie förmlich vor sich, mit diesem unbestimmten und traurigen Ausdruck in den Augen, der nur so selten ihre kalte Fassade durchbrochen hatte. „Ich weiß eine Entschuldigung reicht nicht aus, um all das wieder gut zu machen und ich verlange auch nicht, dass du mir verzeihst. Du weißt, das habe ich nie. Aber ich hoffe, dass du dieses Band findest und dass du mich anhörst, so wie du es damals getan hast.“ Ihre grünen Augen schwebten vor ihm in der Luft, durchbohrten sein Herz und brachten ihn unwillkürlich zum Nicken, auch wenn sie wohl auch ohne sein Einverständnis weiter gesprochen hätte. „Meine Mutter hatte Recht, als sie sagte sie hat mir etwas hinterlassen…“ Ein bitteres Lächeln schlich sich geisterhaft von dem dunklen Tonband. „Das APTX… sie hat es mir vermacht. Ihre Forschung, alles was sie bis dahin hatten… einschließlich der Fehlschläge, hier auf diesem Band.“ Er hörte sie seufzen, spürte noch durch das Band, wie schwer es ihr fiel, weiter zu reden. „Ich hatte die Daten über das Gift zumindest bis zu dem Punkt, an dem ich die Forschung daran übernommen hatte… doch das genügte…“ Sie machte eine Pause, ein heißer Schauer ran ihm über den Rücken, als sie es endlich schaffte, weiter zu sprechen, ein feines Lächeln lag unsichtbar auf ihren Lippen. „Es… es genügte, um die Formel eines neuen Gegengiftes aufzustellen, Kudo.“ Sein Herz setzte einen Schlag lang aus, seine Ohren füllten sich mit Watte, während ihre Stimme eindringlich auf ihn einredete. „Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen, es war nicht richtig, dir dein Leben weiter vorzuenthalten… aber-…“ Sie schluckte und er hörte, wie ihre Stimme letztendlich brach. „Ich habe es getan, um dich zu schützen, Kudo… jedenfalls hoffe ich, dass es das war … und nicht bloß mein Egoismus.“ Sie seufzte, er konnte sie vor sich sehen, wie ihre rotblonden Haarsträhnen hin und her fielen, als sie missmutig den Kopf schüttelte. „Denn mal ehrlich Shinichi, wie stellst du dir das vor? Glaubst du wirklich, du könntest wieder munter und fröhlich als Oberschüler in der Welt herumspazieren ohne das die Organisation Wind davon bekommt?“ Ärger kroch in ihm hoch, er wusste sie hatte Recht, sie hatte die ganze Zeit Recht gehabt und doch trafen ihre nächsten kaum noch laut ausgesprochenen Worte ihn mitten ins Herz. „Ich weiß, du willst zurück zu ihr…“ Sie stockte, brachte das Tonband damit kurz zum Rauschen und verdeckte für einen Moment den traurigen Klang ihrer Stimme. „Und das, was ich dir dadurch angetan habe, ist nicht wieder gut zu machen, ich hoffe nur Vermouth hat ihren Teil des Deals eingehalten. Wahrscheinlich bist du wütend, aber tot nützt du dieser Welt nun einmal nichts, Kudo. Der arrogante Oberschüler, dessen Haus ich durchsucht habe, könnte diese Organisation nie zu Fall bringen, du jedoch schon.“ Ihre Stimme hatte neue Kraft gewonnen, summte ihn seinen Ohren, während sein Herz sich krampfhaft zusammen zog. Und dafür hinterlasse ich dir die Daten des Gegenmittels, anstelle denen meiner Mutter, es wird Zeit diese Formeln ein für alle Mal zu löschen. Vermutlich kannst du das nicht verstehen… ich habe dir schließlich nie einen Grund dazu gegeben, aber… ich vertraue dir, Shinichi, ich glaube an dich, daran, dass du die Welt für dich und die anderen zu einer besseren machen kannst. Für die Kinder, den Professor…“ Er hörte wie ihre Stimme brach, während ihre Worte plötzlich nicht mehr an ihn gerichtet waren. „sag ihm- Danke von mir, und dass es mir Leid tut und dass er- er war Ais Familie und dafür bin ich ihm dankbar. Allerdings ist das keine Entschuldigung seine Diät zu vernachlässigen! Sag ihm das.“ Haibara schluckte, und er spürte wie ihre letzten Worte langsam zum Ende kamen. „Ich weiß, ich lege dir mit diesem Plan nur noch mehr Steine in den Weg… aber sie hat es wirklich treffend formuliert… „um eine Kugel abzufeuern muss das Pulver erst gezündet werden.“ Du wirst sie besiegen Kudo, das weiß ich jetzt, du selbst hast mir diese Hoffnung und Zuversicht gegeben, du hast mir ein Leben gegeben - es mag kurz gewesen sein, und doch schöner als alles, was ich mir hätte erträumen können du- ich…“ Doch sie stoppte sich selbst in ihrem Fluss, für einen kurzen Moment herrschte Stille, ehe sie erneut sprach. „Danke, Shinichi.“ Ein erleichtertes Lächeln schwang in ihrer leicht trotzigen Stimme mit, längst vergangene Tränen vielen im Hintergrund stumpf und lautlos zu Boden. „Also besiege diese schwarzen Dämonen endlich und kehre zurück zu ihr. Zurück zu Ran…“ Der Detektiv schluckte, spürte wie die Farbe in sein Gesicht zurück kehrte als er Ais Stimme weiter lauschte. Er brauchte ein Handy, sofort. Er war wach, hatte man ihm gesagt. Ihn jedoch vorzufinden, wie er im Raum nervös hin und her lief, oder besser gesagt, humpelte, hatte nicht dazu gehört. Shinichi hatte ihn noch nicht entdeckt, hing an dem billigen Handy, das man ihm besorgt hatte, als würde sein Leben davon abhängen. Hattori aber schluckte nur, nutzte die Gelegenheit, um den Detektiv des Ostens ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Staub und der Dreck der letzten Wochen waren endlich aus seinen Haaren und seinem Gesicht verschwunden, während sich seine Statur der seinen etwas angeglichen hatte. Es war… seltsam. Er wusste, er kannte diesen Mann vor sich und doch kam ihm seine Gestalt fremd vor, die beklemmende Erinnerung an seine erste Begegnung mit Conan minderte diesen Eindruck leider nicht gerade. Der Osakaner seufzte, ließ sich mit einem schmatzenden Geräusch in den Sessel neben dem Bett seines Freundes sinken, der ganz offensichtlich einfach vorzog, ihn zu ignorieren. Sein Blick fiel auf den kleinen schwarzen Sprachrekorder, der zusammen mit ein paar kleinen Kopfhören auf dem Nachttisch des Patienten lag. Der Kommissar runzelte die Stirn, doch es dauerte nicht lang, ehe die seinem Beruf eigene Neugier überwiegte. Er sah nicht, dass zwei wache Augen dabei zusahen, wie er mit jeder Umdrehung der Spule immer blasser wurde. Er lauschte dem Klang ihrer längst verblassten Stimme, bis das leere Rauschen des Tonbandes ihn langsam in die Realität zurückführte. Die Kleine hatte sie ausgetrickst, hatte das alles bewusst eingefädelt, sich geopfert, um ihn zu schützen… „Kudo.“ Heiji schaute auf, sein Blick traf den Shinichis, der nicht mehr länger unruhig im Zimmer umher ging, sondern ihn nur ansah und wartete. Als er das Klicken des Tonbands hörte, nahm er ihm den Rekorder aus den Händen und spulte zurück. „Jetzt bist du im Bilde…“ Der Kommissar stockte, aufgrund der ungewohnten Stimme seines Freundes, ehe er nickte, Shinichi aber sah ihn nicht mehr an, sprach, während er das Band beobachtete, das die Zeit mit einem summenden Geräusch einfach so zurück zu spulen schien. „Wie konnte ich das übersehen, Hattori? Ich hätte es ahnen sollen, schließlich kannte ich sie gut genug, um zu wissen, das-…“ Heiji aber schüttelte nur mit dem Kopf. „Du bist auch nur´n Mensch, Kudo und sie hat dich so gut gekannt wie du sie, vielleicht war´s deshalb einfacher für sie, das alles von dir fern zu halten.“ Shinichi schluckte, ließ sich zurück auf die Bettkannte sinken und gönnte seinen müden Knochen eine Pause, während er in der einen Hand das Handy und in der anderen das Tonbandgerät wiegte. Die Augenbrauen des Osakaners zogen sich kritisch zusammen. „Jeder Mensch trifft seine eigenen Entscheidungen, auch wenn das nich unbedingt heißt, dass andere diese für besonders klug halten.“ Er sah wie sein Kollege zuckte. „Himmel Kudo, was haste dir dabei gedacht? Wieso haste uns nicht einfach eingeweiht? Dann wäre der ganze Mist nie passiert!“ Shinichi aber schluckte nur. „Du weißt wieso, Hattori…“ „Weil de uns schützen wolltest?“ Der Kommissar war aufgestanden, schaute ihn fragen von oben herab an. „Im Ernst? Na Glückwunsch, das hat ja bestens geklappt!“ „Erst habense Ran das Gift eingeflößt und dich geschnappt und ganz nebenbei hast du´s geschafft dein Geheimnis samt deinem Leben gegen die Wand zu fahren, sodass in ganz Japan die Hölle los war. Mal im erst Kudo, glaubst du wirklich, Ran hält es aus, die Füße still zu halten, während die weiß der Henker was mit dir anstellen?“ Shinichi schluckte, der Kommissar beobachtete, wie die Farbe von seinen Wangen floh. „Sie war weg. Einfach so. Ausgerechnet an dem Tag, wo uns diese beiden schmierigen Typen endlich in die Fänge gegangen sind.“ Dies brachte Kudo nun doch dazu, ihn anzusehen. „Gin-…“ „… und Wodka ganz recht! Und weil du, weil Ran-…“ „Ach, verdammt!“ Shinichi aber starrte ihn nur fragend an, Hattori zitterte vor Wut und war offenbar das erste Mal in seinem Leben sprachlos. Heiji aber versuchte den Gedanken abzuschütteln, massierte sich seine Nasenwurzel und versuchte, die Bilder der vergangenen Alpträume aus seinem Kopf zu bekommen. „Du hattest Recht, Kudo… ich hätte mir das niemals verzeihen können.“ Eine kurze Hitzewelle schlich sich unter die Haut des Detektivs, als sich eine Ahnung einschlich, was sein Freund damit meinen könnte. „Was ist passiert, Hattori?“ Der aber schluckte nur, sah ihm nach seiner langen Rede das erste Mal in die Augen und die Angst, die Shinichi dort sah, schnürte ihm die Kehle zu. „Ich hätte ihn fast verloren… Haikuro.“ Der Kommissar ließ sich tiefer in den Sessel sinken, während seine Augen an einem unbestimmten Punkt an der Wand hingen, als würde sich die Szene dort noch einmal abspielen. „Er war da, hat sich ins Auto geschlichen um bei der Suche nach Ran zu helfen, dieser kleine Draufgänger. Ich habe´s nich bemerkt, nich mal gewusst, dass er da is, bis Gin-…“ Shinichi schluckte, spürte wie Übelkeit seine Kehle emporkroch. „Hattori…?“ Dessen Stimme aber fuhr ihm bitter und kalt dazwischen. „Er ist tot. Gin, ich hab ihn erschossen.“ Der Detektiv biss sich auf die Lippen, sah wie der Kommissar ihm gegenüber lange ausatmete, während seine Augen noch immer ins Leere starrten. Mit einem heiseren Räuspern fuhr der Polizist fort. „Wir sollten Haiku gegen Wodka tauschen doch in dem Moment, als-…“ Heijis Stimme erstarb, Shinichi sah, wie er schluckte und langsam den Kopf schüttelte, sein Ton war bitter und endgültig. „Er ist Tod.“ Heiji seufzte, spürte wie sein Atem noch immer zitterte, während sein müder Blick aus dem Fenster wanderte, der Himmel war grau und dunkel. Es würde ein holpriger Flug werden für die beiden. „Dem Kleinen geht’s gut. Ich hab ihn zusammen mit Kazuha ins Flugzeug gesetzt, schließlich…“ Doch in dem Moment biss sich der Kommissar auf die Lippen, die Wut war zusammen mit seiner Erzählung aus ihm hinaus geflossen und hinterließ einen klareren Blick auf Kudo. Shinichi aber schluckte nur, schüttelte mit einem matten Seufzten den Kopf. „Schon gut, ich hätte es auch nicht anders gemacht. Wie geht es ihm denn?“ Diesmal aber war es Heiji der den Kopfschüttelte ehe er mit den Augen rollte und ein schiefes Grinsen auflegte. „Haiku? Der ist stolz wie Oskar, dass er mithelfen konnte, seine Tante zu finden, von allem anderen hat er zum Glück nich viel mit bekommen, auch wenn ich nich glaub, dass er noch großes Vertrauen zu Japanern mit langen blonden Haaren hat.“ Shinichis Lippen aber zuckten nur kurz, er sah seinen Freund lange und eindringlich an. „Und was ist mit dir?“ Das Grinsen auf den Lippen des Kommissars erstarb, für einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen. „Es gehört zum Job.“ Heiji schluckte, zuckte dann steif mit den Schultern. „Ich komm schon klar. Ganz davon abgesehen haben wir wohl alle bei der Sache etwas abbekommen, frag mal Megure.“ Shinichi seufzte, fuhr sich mit kalten Fingern durch die Haare. „Er hat uns alle an der Nase rum geführt, Megure hätte es nicht wissen können. Er trägt nun wirklich keine Schuld.“ Heiji nickte nur. „Das würde er bestimmt gern von dir hören.“ „Aber erstmal sollteste dich mal um dich selbst kümmern, Kudo, wenn hier einer was einstecken musste, dann du.“ Er schluckte, spürte wie tausend Fragen auf seiner Zunge brannten, doch die Bandagen um die Hand und Fußgelenke seines Freundes sowie der trübe Blick seiner Augen führten dann doch nur zu einer, die nichts mit dem zu tun hatte, was Shinichi in diesem Drecksloch erlebt hatte. „Wen haste denn versucht zu erreichen?“ Der Blick des Kommissars fiel bezeichnend auf das altmodische kleine Handy in der Hand seines Freundes. Shinichi folgte seinen Augen, schluckte schwer ehe er ihm antwortete. „Ran.“ Die Augenbrauen des Osakaners zogen sich zusammen, er erinnerte sich gut an das unheilverkündende Papier im Labor. „Oh.“ „Sie hebt nicht ab…“ Der Schmerz in den Gesichtszügen seines Freundes zeigte ihm deutlich, dass Kudo nur die halbe Wahrheit sagte, in diesem Falle war es jedoch vermutlich besser, ihn erst mal damit ihn Ruhe zu lassen. „Sie braucht Zeit Kudo, sie musste das alles erst einmal verarbeiten.“ Shinichi aber nickte nur, starrte weiterhin stumm auf das kleine Handy in seiner Hand. „Sie steht doch unter Bewachung, oder?“ Ein lautloses, erleichtertes Seufzten entrang sich der Kehle des Kommissars, wenigstens was das anbelangte konnte er seinen Kollegen beruhigen. „Klar. Sobald sie das Krankenhaus verlässt, heften sich zwei Typen vom FBI an ihre Fersen und hier drin wimmelt es eh nur so von unseren Leuten.“ Shinichi nickte langsam, doch die Erleichterung wollte seine Magengegend nicht so schnell erreichen. „Dann ist gut, ich dachte scho-…“ Doch weiter sollte er nicht kommen. Mit einem lauten Knall wurde die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen, sodass die Luft im Raum kurz zitterte, ehe sie mit zwei festen Schritten die Türschwelle überschritt und wild auf ihn zeigte. „DU!“ Shinichi hatte kaum Zeit zu blinzeln ehe die Konzernerbin vor ihm stand, so nah, dass er beobachten konnte, wie ihre Nasenflügel sich aufgeregt hoben und senkten. „Was hast du mit Ran angestellt, Kudo?“ Der Detektiv schluckte nur, sah von unten zu ihr hoch und spürte doch, dass seine Ruhe nur oberflächlich war während sein Magen sich verkrampfte aufgrund der bösen Vorahnungen. „Du musst da schon etwas präziser werden, Sonoko.“ Die aber schaute ihn nur weiter finster an, heiße Tränen brannten sich von ihren Augen aus in sein Herz und brachten es dazu einen Schlag lang aus zu setzen. Er sah, wie sie Luft holte, die Wangen rot mit deutlichen Spuren von Tränen die schon viel zu alt waren für bloße Hirngespinste und Panik. Doch wieder einmal hatte die Wahrheit kein Erbarmen mit ihm. Sonokos anklagende Worte rissen das, was von seiner Seele noch übrig war in Stücke, stachen kalt und scharf unter seine Haut und impften heiße Panik in seine Venen. „Sie ist weg! Ran ist verschwunden. Ist das präzise genug für dich?“ *Dundunduuun* ;) Hallöchen ihr lieben, Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ihr Seit noch alle an meiner Seite? Nachdem die Fanfiction diesen Monat zwei Jahre alt wird ^///__///^ Vielen vielen Dank für all eure Kommis! Nen wenig was gibt es noch zu klären ehe es ganz Endet *muhaha* Natürlich würde ich mich auch dieses Mal wieder sehr über eure Kommentare und Meinungen freuen :///3 Ganz liebe Grüße und bis demnächst (oder zum Kommi ^^,) Eure Shelling Kapitel 48: Burning tears ------------------------- Rückblick- Sonokos anklagende Worte rissen das, was von seiner Seele noch übrig war in Stücke, stachen kalt und scharf unter seine Haut und impften heiße Panik in seine Venen. „Sie ist weg! Ran ist verschwunden. Ist das präzise genug für dich?“ -Rückblick Ende Burning tears Der dichte Nebel, in den man ihren Verstand gehüllt hatte, lichtete sich langsam und machte sie ihrer eigenen Existenz wieder gewahr. Ran blinzelte, öffnete die Augen, doch das brennend grelle Licht stach in ihnen und brachte schwarze Schatten vor ihrem Sichtfeld zum Tanzen, noch ehe sie sie wieder schließen konnte. Die junge Lehrerin schluckte, wollte sich aufrichten, doch irgendetwas hinderte sie daran. Ihre Fingerspitzen gruben sich in das kühle Metall unter ihnen. Ein Schauer rann ihr über den Rücken als sie begriff, wo sie war, beziehungsweise, worauf man sie fest hielt. Bilder von ihm, festgebunden auf dem unbeugsamen kalten Untersuchungstisch flackerten vor ihrem inneren Auge auf und ließen ihren Mund trocken werden. Der scharfe Geruch des Klebebands um ihren Mund stach ihr in der Nase, ihre Lider zitterten, während sie versuchte, sich daran zu erinnern, was passiert war. Sie hatte sein Zimmer fluchtartig verlassen, ihre Sicht und ihr Verstand waren von Tränen vernebelt gewesen, während sie sich einen Weg durch die verworrenen Krankenhausflure gesucht hatte. Doch noch bevor sie den Aufzug hätte betreten können, war es vorbei gewesen. Ein stechender Geruch. Eine warme Hand. Dunkelheit. Der Atem stockte in ihrer Brust, sie spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte, während kalte Panik von ihr Besitz ergriff. Eine einzelne Träne floh aus ihrem Augenwinkel, suchte sich ihren Weg über ihre Wange, ehe sie von einer kalten Hand aufgehalten wurde. „Nicht doch, führ Tränen ist es noch zu früh.“ Seine Stimme ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Ihre Augen wurden groß, noch immer brannte das grelle Licht, das auf sie herab schien, in ihnen - doch Ran ignorierte es. Sie blinzelte, doch der Mann der in diesem gleißenden Licht stand bliebt nichts weiter als ein schwarzer Schatten. Sie musste ihn jedoch nicht sehen können, um zu wissen, wer der Mann war. Die schwarze Silhouette musste die Erkenntnis in ihren Augen gesehen haben, denn auch ohne sein Gesicht zu sehen wusste sie, dass er nun auf sie herablächelte. Ran spürte, wie ihr abwechselnd heiß und kalt wurde, unter ihrer Haut kribbelte es, als hätte jemand das Blut in ihren Adern zum Stillstand gebracht, während sich der ehemalige Hauptkommissar plötzlich bewegte, die Hand hob um, mit dieser einfachen Geste das Licht aus ihrem Blickfeld nahm. Die junge Frau schluckte, blinzelte, während vor dem nun klaren Bild Matsumotos noch immer schwarze Schatten tanzten. Ihr Blick fiel zur Lampe, die nun einen anderen Teil des kühlen Raums erhellte, um hie und da von blank geputzten Metallflächen reflektiert zu werden. Der kalte Schauer, der ihr über den Rücken lief, war Zeuge von dem Moment, in dem sie ahnte, wo sie sich befand, der Gedanke allein genügte, um ihr erneut die Haare zu Berge zu stellen. Die unterkühlte Stimme Bosses ließ ihr jedoch keine weitere Zeit um über die Konsequenzen ihres Aufenthaltsorts nach zu denken. „Keine Sorge meine Liebe, wenn unser gemeinsamer Freund reagiert wie erwartet, wird dein Leiden schnell vorbei sein.“ Rans Augen wurden groß, sie wusste sofort, von wem er sprach, es konnte gar nicht anders sein. Ein metallener Klang schreckte sie aus ihrem tranceähnlichen Zustand auf, noch immer schien ihr vom Chloroform vernebelter Verstand langsamer zu arbeiten. Sie drehte ihren Kopf auf die Seite, um sehen zu können, was Matsumoto neben ihr tat, ohne zu ahnen, dass sie es noch im gleichen Moment bereuen würde. Die golden schimmernde Klinge des Skalpells wirkte unnatürlich warm und harmlos im warmen licht der Lampe. Zu klein fast, um irgendeinen größeren Schaden anrichten zu können. Ran aber wusste, dass dies nichts weiter als eine geschickte Lüge der rasiermesserscharfen Klinge war. Und auch das genüssliche Grinsen, mit dem der ehemalige Hauptkommissar, der Boss der schwarzen Organisation, das Messer auf dem Bestecktisch legte, ließ ihren Atem in ihrer Kehle stocken. Sein Blick flog über die Klinge hinweg zu ihr. Ihre großen angsterfüllten Augen trafen die seinen. Matsumotos Lächeln traf sie mitten ins Herz und sorgte dafür, dass dies einen Schlag lang aussetzte, während eine weitere, heiße Träne ihre Wange hinunter rann und eine brennende rote Spur zurück ließ. „Du solltest dir diesen Blick lieber für ihn aufsparen, meine Kleine…“ Ihre Augen wurden groß, von Panik gesäte Hitze bohrte sich mit tausend kleinen Nadelstichen unter ihre Haut, als sie endlich Begriff, warum sie hier war. Sie schüttelte mit dem Kopf, spürte wie der Tisch unter ihren Bewegungen zitterte während Matsumoto offenbar Ahnte was in ihr vorging. Er hatte sich mit dem Rücken zu ihr gedreht, werkelte an irgendetwas herum, während er mit zufriedener Stimme auf sie einredete. „Es ist zwecklos, er wird kommen, das wissen wir doch beide.“ Ein erstickter Schrei drang aus ihrer Kehle, doch ihre Versuche, sich zu befreien, waren bedeutungslos. Matsumoto drehte sich zu ihr um, erst jetzt erkannte sie das kleine schwarze Handy, das in seiner großen Handfläche unterzugehen schien, während sein Blick nachdenklich auf ihr lag. „Du solltest besser wissen als jeder andere, dass er nicht zögern wird, zu mir zu kommen.“ Ran schluckte, doch der Kloß in ihrem Hals schnürte ihr die Kehle zu, während über Matsumotos schmale Lippen erneut ein Lächeln huschte. „Er wurde alles für dich tun…“ Doch der Boss der schwarzen Organisation lachte nur, während etwas in Rans Innerem langsam zusammenfiel. Sie wusste, er hatte Recht. Und genau das machte ihr Angst. Matsumoto aber nutzte den Moment und den flehenden Ausdruck in ihren Augen, um die brennenden Tränen, die sie mit dem Gedanken an ihn vergoss, fest zu halten. „Bitte lächeln!“ „Sie ist weg! Ran ist verschwunden. Ist das präzise genug für dich?“ Er spürte, wie ihm der Atem in der Kehle stockte, während sich jedes Haar in seinem Nacken einzeln aufstellte. Sonoko schaute ihn fordernd an und musterte ihn von oben bis unten, ehe sie mit heiserer Stimme weiter auf ihn einredete. „Ich will wissen was du getan hast, dass Ran nicht an ihr Handy geht? Wir waren verabredet gestern Abend, doch Ran kam nicht. Ich dachte, sie wäre bei dir, doch selbst heute reagiert sie auf keinen meiner Anrufe, bei ihr Zuhause und in der Detektei ist sie nicht und Mori war nicht da, weil er zusammen mit dem Rest der Polizei immer noch dabei ist deinen Saustall aufzuräumen.“ Kudo aber reagierte nicht, sie sah, wie die Farbe aus seinem Gesicht floh, während seine Augen durch sie hindurchstarrten, während sein Blick sich mit etwas füllte, das sie so noch nicht kannte,… Angst. Panik, um es anders auszudrücken. Sonoko schluckte, fühlte, wie ihr eigner Puls sich beschleunigte, während er sie nur stumm anstarrte. „Was ist passiert? Wo ist sie…“ Hektisch ließ sie ihren Blick durch den Raum gleiten, ein kleiner Funke in ihrem Inneren hatte sich gewünscht, dass sie hier war, zusammen mit ihm Raum und Zeit um sich herum vergessen hatte und sich deswegen nicht bei ihr gemeldet hatte. Ihre Augen wanderten zu Hattori, der sie ebenfalls nur anstarrte, ehe er seinen unruhigen Blick zu Kudo lenkte. Sie zuckte zusammen, als Kudos Stimme erneut an ihr Ohr drang, leise, kaum hörbar, so als ob er selbst keine Antwort darauf wollte. „Sie ist nicht da? Sie ist nicht bei dir?“ Seine trockene Stimme brachte Sonokos Wut nun endgültig zum Stillstand. Der wankende Blick des Detektivs pumpte stattdessen frische Angst durch ihre Venen. Sie spürte, wie ihre Augen zu brennen begannen und schüttelte langsam den Kopf. Shinichi aber zeigte keine Reaktion, während sich sein Brustkorb flach und unregelmäßig hob und senkte. Sein Kopf fühlte sich an, als hätte man ihm einen Bienenstock zwischen die Ohren gepflanzt und das ganze Ding dann einmal gründlich durchgeschüttelt. Seine Gedanken rasten zusammen mit seinem Herzen, das auf einmal schmerzhaft und unregelmäßig schlug, während Übelkeit seine Magenwand emporkroch. Das durfte einfach nicht sein… Es war vorbei. Vorbei. „Nein…“ Das kleine Wort war kaum mehr als ein heiseres Keuchen, doch das Adrenalin, das es mit sich brachte, half ihm auf die Beine bevor er zusammen mit dem Handy in der Hand durch die Tür verschwunden. Die Flure des Krankenhauses waren voll, fremde Gestalten schauten ihn fragend an, während sein Verstand die Menge nach ihrem Gesicht scannte. Bunte Funken tanzten vor seinen Augen, und die Übelkeit stieg mit jedem Atemzug. Wenn das FBI nichts bemerkt hatte, konnte das nur eines bedeuten,… Ran war noch hier. Im Krankenhaus. Nur wo? Er hörte das Zetern einer Krankenschwester, die sein hektisches Treiben kritisch beobachtete, während er die Menge noch immer nach ihrem Gesicht absuchte und Akais Nummer in das Handy tippte. Vielleicht war sie Sonoko auch nur aus dem Weg gegangen, vielleicht brauchte sie wirklich Ruhe… wenn dann sollte zumindest das FBI wissen wo sie steckte. Seine Füße wollten seinen wackligen Knien noch immer nicht gehorchen, er stolperte, konnte sich gerade noch abfangen und lehnte sich gegen die kahle Wand des Krankenhausflurs, während sich der Raum um ihn herum drehte. Das donnernde Freizeichen hämmerte ihm ins Ohr, brachte das pochende Kopfweh zurück in seine Schläfe, doch noch ehe er den FBI Agent erreichen konnte, tippte eine Hand nachdrücklich auf seine Schulter, sodass er sich wutentbrannt zu dem Störenfried umdrehte, bemerkte noch, wie Hattori auf ihn zu gelaufen kam, ehe er sich der jungen Frau vor ihm widmete. „Was??“ Die schmale Krankenschwester die vor ihm stand, zuckte zusammen, legte eine Strähne ihrer feuerroten Haare hinter ihr Ohr und schluckte, ehe sie es wagte, ihm eine Frage zu stellen. „Sie… sie sind doch Herr Kudo, nicht wahr?“ Shinichis Augen aber wurden groß, das konnte diese Kleine ja nun nicht ernst meinen. „Ich hab jetzt wirklich keine Zeit für diesen Sch-…“ Doch das junge Mädchen nahm noch Mal allen Mut zusammen und fuhr ihm in die Parade, ihre Stimme zitterte, doch irgendetwas sagte ihr, dass sie sich nicht einfach von ihm abwimmeln lassen durfte. „Ich- das wurde für die hinterlegt, Herr Kudo.“ Damit hielt sie ihm einen weißen Briefumschlag entgegen, auf dem in geschwungener Schrift sein Name stand. Für Shinichi Kudo, vom Englischen Hof. Die schwarze Tinte hatte sich tief in das Papier hinein gefressen. Shinichi schluckte, spürte wie sich eine kalte Hand um seine Kehle schlang und drückte, bis er glaube, keine Luft mehr zu bekommen. Die Anspielung auf Sherlock Holmes wäre nicht nötig gewesen, denn er hätte seine Schrift auch so erkannt, schließlich waren es dieselben, großspurig geschwungenen Buchstaben, die sich in das Bourbonetikett eingebrannt hatten, um Ran zu vernichten. Panik stieg in ihm auf, wurde mit jedem Schlag seines Herzes weiter in seinen Körper hineingepumpt, als Freizeichen seines Handys ein letztes Mal gegen seine Ohren schlug und seine Stimme es ersetzte. „Akai.“ Seine Lippen formten einen Satz ohne, dass er es merkte, seine eigene Stimme kratzte in seinen Ohren, war rau und kaum zu verstehen. „Er hat Ran…“ Heiji hatte ihn zurück in sein Zimmer befördert. Gezerrt war wohl eher der richtige Ausdruck, denn da er wusste, dass Matsumoto sich im Krankenhaus befinden musste, wollte er den Laden schlicht und einfach auf den Kopf stellen. Erst als Heiji ihn etwas unsanft an den Brief erinnerte und ihm klar machte, dass sie Ran nicht finden würden, wenn er ausgerechnet jetzt den Verstand verlor, hatte ihn das zurück in die Realität befördert, während Heiji ihn zurück aufs Zimmer brachte. Die Erinnerungen an den Weg dorthin bestanden aus verschwommenen Einzelteilen, genauso wie sein Gespräch mit Akai. Sicher erinnerte sich Shinichi nur an eines, die kühle Stille, die auf seine brüchige Erklärung hin eingetreten war, bis die Stimme des Agents erneut in seinen Ohren ertönte. „Wir sind auf dem Weg.“ Und dieser Weg schien unendlich lange zu dauern. Das galt für alle drei von ihnen. Denn natürlich hatte sich Sonoko nicht dazu überreden lassen, das Feld zu räumen, nachdem sie gesehen hatte in welchem Zustand der ohnehin schon blasse Detektiv zurück ins Zimmer gekommen war. Sie warf ihm Fragen und Beschuldigungen an den Kopf, auf die Kudo jedoch nur mit einem leeren Blick reagiert, ehe er begann, aus dem Pyjama zu schlüpfen um die Sachen an zu ziehen die seine Eltern ihm besorgt hatten. Sonoko sah ihm nach während im Band verschwand um sich um zu ziehen ohne ihre Fragen zu beantworten. Heiji hingegen hörte ihr Gezeter sehr wohl. „Das ist alles deine Schuld, Kudo! Wenn du nicht wärst dann-…“ Doch in dem Moment in dem Sonoko Luft holte um weiterzusprechen, funkte ihr der Kommissar aus Osaka dazwischen. Er nahm sie beim Arm der zu wilden Gestikulation erhoben war und brachte sie mit etwas Druck an ihrem Handgelenk dazu, inne zu halten. Die Konzernerbin starrte ihn böse an, doch Heiji kannte diesen Blick, war schon längst immun dagegen und schüttelte mit bitterer Miene den Kopf. Dies war weder der richtige Ort noch Zeitpunkt, um sich so aufzuführen. Sein Blick fiel zu Kudo, der still, viel zu still auf seinem Krankenbett saß und auf das kleine schwarze Handy starrte, welches in dem weißen Umschlag auf ihn gewartet hatte. Heiji spürte, wie Sonokos angespannte Muskeln nachgaben, als er ihrem Blick folgte. Er lockerte seinen Griff, als er sah, wie erste Tränen ihre blassgrünen Augen füllten, bis sie sich von ihnen, oder besser gesagt von Shinichi, abwandte und zum Fenster schaute, um ein flehendes Stoßgebet in den dunkelgrau bedeckten Himmel Tokios zu schicken. Heiji folgte ihr kurz mit seinem Blick, Sonoko zitterte, schaute sie nicht mehr länger an, doch ihre Haltung machte deutlich, dass sie den Raum so schnell nicht verlassen würde. Der Kommissar seufzte, fuhr sich durch die Haare und merkte erst jetzt, dass auch seine eigenen Fingerspitzen zu zittern begonnen hatten. Sein Blick fiel auf den säuberlich beschrifteten Umschlag, der neben seinem Kollegen auf dem Bett lag. Mehr als das Handy war nicht darin gewesen, keine Notiz, keine Anmerkung, nichts. Nur dieses nutzlose Stück Plastik, das ihnen durch einen Pin den Weg versperrte. Noch ehe der Kommissar seinen Freund jedoch darauf ansprechen konnte, ging die Tür seines Krankenzimmers erneut auf und ließ die beiden Detektive aufsehen. Die Agents Akai und Starling betraten den Raum, gefolgt von Sato und Takagi, die versuchten, Shinichi nicht zu offensichtlich anzustarren. Die massige Gestalt von Hauptkommissar Megure aber zog Shinichis Blick unweigerlich auf sich. Seine Brust hob und senkte sich hektisch, brachte dabei den Knopf seines Mantels zum Spannen, die ernsten Blicke der beiden Detektive belegten die Zunge des Hauptkommissars mit einem bitteren Geschmack. „Es ist also wahr…“ Der Detektiv des Westens sah seinen Kollegen an und wartete bis Kudo nickte, Megures Augen tasteten seinen alten Freund vorsichtig ab. Die Züge des ehemaligen Oberschülers waren härter geworden, mehr noch als die seines Vaters. Der Hauptkommissar schluckte, er kannte die Bitterkeit in den Zügen des Detektivs nur zu gut. Shinichi seufzte, bevor er ihm das Handy und den Umschlag zeigte, die ihm die Krankenschwester überreicht hatte. Die junge Frau wartete im Nachbarraum auf sie während ein FBI Agent sie im Auge behielt. „Sie ist weg und das hier wurde mir eben überreicht und auch wenn wir bisher nicht wissen was er uns damit sagen will, ist die Botschaft, denke ich, eindeutig.“ Die bittere Stimme des Detektivs ließ nicht nur Megure einen Schauer rüber den Rücken rennen, selbst Sonoko die versucht hatte das Geschehen in ihrem Rücken zu ignorieren drehte sich nun wieder zu ihnen um. Megure aber sah den jungen Mann lange an. Das Gefühl, das in ihm dabei hochkroch, war jene Nostalgie, die man empfand, wenn man einem alten Freund wieder begegnet, den man nach all der Zeit kaum noch erkannte. Denn das war Shinichi im Moment, nicht wiederzuerkennen. Der alternde Hauptkommissar schluckte, fuhr sich mit der Hand unter den Hut und strich mit seinem Zeigefinger über die Narbe unter seinem Haar. „Shinichi…, ich- es tut mir Leid. Ich hatte keine Ahnung-…“ Doch der Detektiv gebot seiner von Mitleid rauen Stimme mit einem Kopfschütteln Einhalt. Shinichi schluckte, ehe er erneut zu Megure aufsah, die schwarzen Schatten erkannte, die die vergangenen Tage und Wochen in das alternde Gesicht des Hauptkommissars gegraben hatten. „Sie hätten es nicht wissen können, Megure. Keiner von uns wusste es.“ Der Hauptkommissar schnappte nach Luft, doch Shinichi ließ ihn nicht weiter kommen, sondern nahm das Handy in dessen Hand wieder an sich. „Hier geht es nicht um Schuld…“ Doch der Gedanke allein ließ ihn erneut innehalten. Shinichi biss sich auf die Lippen und ballte die Hände zu Fäusten, bis seine Knöchel weiß hervortraten, ehe die kühle Stimme des Agents sein Schwiegen brach. „Kudo hat Recht.“ Die kühlen Augen des FBI Agenten flogen über ihren ehemaligen Schützling, auch Jodie nickte und ließ sich das Handy überreichen. Nachdenklich legte sie den Finger ans Kinn, ehe sie zu ihrem Kollegen aufsah. „Am Besten wäre es, wir bringen es ins Labor.“ Akais Blick aber streifte die leeren Zahlenfelder nur mit einem Kopfschütteln. „Dafür bleibt keine Zeit.“ Sein Blick fiel zurück auf Shinichi, dessen blaue Augen ihn durchbohrend ansahen. „Ich nehme an, du hast schon eine Idee?“ Er sah wie der Detektiv schluckte, bevor er seinem Blick mit einem kaum merklichen Nicken auswich. Akai aber verzog keine Miene, sondern hielt seinem ehemaligen Kollegen das Handy auffordernd unter die Nase, bis er es zögerlich wieder entgegennahm. Heiji spürte die Spannung zwischen den beiden Männern, sagte jedoch nichts, sondern beobachtete Shinichi an seiner Seite. Der blasse Detektiv neben ihm aber blieb regungslos und blickte weiterhin auf sein eigenes Spiegelbild, das ihm aus dem schwarzen Display heraus blicklos anstarrte. Erst als eine Hand sich auf seine Schulter legte und Heiji ihn nochmals ansprach, beförderte es ihn zurück in die Realität. „Kudo?“ Shinichi zuckte unter seinen Fingern zusammen, die Muskeln um seinen Kiefer spannten sich, ehe er zu sprechen begann, die kühle Sicherheit, die sonst in ihr lag, wenn er vor einem Rätsel stand, fehlte vollkommen. „Was- was wenn ich falsch liege...“ Die Stimme seines Freundes war kaum mehr als ein Flüstern, brachte Heijis Augenbraue dazu nach oben zu wandern. Er spürte, wie auch die anderen den Detektiv überrascht ansahen. Heiji aber schluckte, er hatte begriffen, woher die plötzliche Unsicherheit Shinichis herrührte. Das hier war nicht irgendein Fall, hier ging es um Ran. Der Osakaner fuhr sich durchs Haar und schüttelte den Kopf, ehe auch er zurück auf das Handy in Kudos Händen sah. „Dann liegst´de eben falsch. Wir haben drei Versuche, Kudo.“ Er schluckte und nickte seinem Freund zu. „Also versuch es…“ Shinichi schloss die Augen, sein Atmen zitterte, während er versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Schon so oft war sie in Gefahr gewesen, er hatte Rätsel gelöst und Bomben entschärft um sie zu retten, aber dieses Mal war es anders, dieses Mal hatte er Angst vor dem was er sehen könnte, wenn er das Rätsel löste. Über dem Display liefen Buchstaben, die einen kurzen Satz formten, drohend und fordernd zu gleich. Geben sie den PIN der SIM-Karte ein. Sie haben noch 3 Versuche. Heiji beobachtete, wie die zitternden Fingerspitzen Shinichis über das Handy flogen und eine ihm nur allzu bekannte Nummer in das vierstellige Eingabefeld des Display tippten. Sein Zeigefinger zögerte kurz, ehe er die Nummer des APTX „4869“ bestätigte. Ein schriller Piepton eilte der Unheil verkündenden Botschaft voraus, die kurz darauf über das Handy flimmerte, um den Adrenalinspiegel der beiden Detektive in die Höhe zu treiben. Falscher PIN-Code. Sie haben noch 2 Versuche. Der dunkelhäutige Polizist neben ihm stieß einen stummen Fluch aus, Shinichi aber presste die Lippen aufeinander während seine Augen an der Zahl der verbliebenen Versuche hängen blieben. Er schluckte, schaute dann zu der abwartenden Menge im Raum auf. „Das APTX fällt schon mal weg, wir brauchen also einen anderen vierstelligen Code.“ Eine drückende Stille kehrte in den Raum zurück, selbst Sonoko schien sich genug zusammennehmen zu können, um zusammen mit den anderen nachzudenken. Shinichi fluchte, er spürte sein Herz in seinem Hals pochen. Sie vergeudeten wertvolle Zeit, sie brauchten den richtigen Code und zwar gleich. „Vielleicht ein Datum?“ Sofort richteten sich die Augen der Anwesenden auf Kommissarin Sato, die ihren Blicken standhielt und weitersprach. „Wir gehen doch davon aus das Haupt-…“ Doch das Wort blieb ihr im Halse stecken. Die Beamtin holte tief Luft, spürte wie die Hand ihres Mannes die ihre zart berührte, ehe sie fortfuhr. „Wir wissen das er will, dass du diesen Code knackst. Vielleicht ist es also ein Datum, irgendein Tag oder Jahr, der dich mit der Organisation verbindet?“ Shinichi schluckte, ehe er nickte. Natürlich gab es einen solchen Tag, allein der Gedanke daran ließ eine Gänsehaut über seinen Rücken laufen, doch noch ehe er das Datum nennen konnte kam ihm jemand zuvor. „Der 13. Januar.“ Shinichi zuckte, blickte dann erneut zu Megure auf, dessen Blick aus dem Fenster glitt, ganz so als ob sich dort die Ereignisse von über zehn Jahren erneut abspielten. „Ich wusste zwar damals noch nicht, dass du es warst, aber ich erinnere mich noch ziemlich gut an meinen ersten Fall mit „Conan Edogawa“.“ Die braunen Augen des Hauptkommissars wanderten zurück zu dem Detektiv und für einen kurzen Moment verschmolz der kleine Junge erneut mit ihm. Doch das Bild verschwand, als der zu sprechen begann. „Also schön…“ Shinichi schluckte, wartete auf eine Reaktion, auf jemanden, der ihn aufhielt, doch um ihn herum blieb es still. „…versuchen wir es.“ Er tippte den verhängnisvollen Tag in das Display ein und spürte, wie die Erinnerungen seinen Magen mit Eiswürfeln füllten. Ein gutes Zeichen. Denn ein solches Datum könnte der Boss tatsächlich gewählt haben. Sein Finger zögerte erneut. Die Zahlen 1301 funkelten ihn böse an, ehe er den Eintrag bestätigte. Piep! Der schrille Pfeifton ließ nicht nur ihn zusammen zucken, mit pochendem Herzen beobachtete der Detektiv wie die Bestätigung auf dem Display folgte. Falscher PIN-Code. Sie haben noch 1 Versuch. Die Spannung im Raum stieg. Langsam wich die Ruhe aus den Knochen der Beamten, während sie über weitere Möglichkeiten diskutierten, und auch Heiji fluchte, ehe er der Blondine an seiner Seite einen scharfen Blick zu warf und fragte, wie lange es dauern würde, diesen Haufen Plastik auseinander zu nehmen. Einzig und allein der Blick Akais traf den seinen. Sie hatten nur noch eine Chance. Synchron wanderten die Blicke der beiden zu dem kleinen verblichenen Etikett, das neben Handy und Umschlag, das einzige war das sie noch von dem Boss der schwarzen Organisation in den Händen hielten. Das Etikett einer Whisky Flasche, von 1996. Eben jenes Stück Papier das ihre Welt in Dunkelheit getaucht hatte. Der Detektiv schluckte, doch seine Zunge blieb an seinem Gaumen kleben, während er beobachtete, wie Akai das Etikett aufhob und zwischen seinen Fingern hin und her drehte, ehe er es ihm auffordernd reichte. „Versuchen wir es.“ Die kühle Stimme des Agents lenkte auch die Aufmerksamkeit der anderen wieder auf sich, sodass sich die Augenbrauen seiner Kollegin hoben. „What? You can´t be serious, Shuichi. Das soll unser letzter Versuch sein?“ Der Detektiv und der FBI Agent tauschten einen kurzen Blick aus und Jodie spürte, wie ihr eine Gänsehaut über den Rücken schlich. Schon lange hatte sie die beiden nicht mehr so zusammen gesehen. Ihr Partner sah sie lange an, ehe er abschätzig mit den Schultern zuckte. „Wieso nicht? Wenn wir mit Kudos Todestag nicht weiter kamen-“ Shinichi aber beendete den Satz für ihn. „-dann vielleicht mit Conans.“ Shinichi spürte die Kälte unter seine Haut zurückkriechen, sie verstopfte seine Gefäße und ließ sein Herz nur noch schneller schlagen, um dagegen an zu kämpfen. Hattori war zusammen mit den anderen Beamten still geworden, während Jodie ihnen einen mitfühlenden Blick zuwarf und zum ersten Mal begriff, warum Shinichi wegen ihrer Lüge so aufgebracht gewesen war. Sie hatte ihn für tot erklärt, obwohl er es nicht war. Shinichi aber biss sich auf die Lippen, suchte die grünen Augen Akais, doch der Agent verwehrte ihm den Blick. Das Jahr auf der Bourbonflasche war weit mehr als jenes, das auf Conans Grabstein prangerte. 1996. Es war das Jahr in dem die Organisation herausgefunden hatte, dass sie noch lebten, das Jahr, in dem alles aus dem Ruder gelaufen war, das Jahr in dem er nach Amerika geflohen war. Es war das Jahr in dem Ai Haibara gestorben war. Shiho Myano. Shinichi schluckte, hob den Blick erneut zu Akai, der jedoch nur wartend auf das Handy in seiner Hand starrte, bevor der Blick des Detektiven zu dem kleinen Diktiergerät glitt, das noch immer an seinem Nachttisch lag. Er biss sich auf die Lippen, schüttelte den Kopf und wandte den Blick zurück auf das Handy, spürte die Augen der anderen auf ihm liegen, während er die vier Zahlen eintippte. Shinichi atmete lange aus. Der warnende Text des Handys brannte sich in seine Netzhaut und fütterte den Kloß in seinem Hals so lange, bis dieser dick und rund war und ihm das Atmen erschwerte. Der Boss hatte ihnen diesen Hinweis hinterlassen. Es musste einfach passen. Es musste der richtige Code sein. Sie hatten keinen weiteren Versuch. Es musste Funktionieren. Er schloss die Augen und drückte. Piep! Falscher Pin Code Hallöchen ihr Lieben! Bevor ich zu meinem Nachdienst verschwinde gibt’s noch schnell das VORLETZTE Kapitel für euch :3 Erst mal vielen Dank das ich mir bis hier hin so tatkräftig begleitet habt. *AufdieKommischiel* Ähm- ich hoffe ihr seit alle noch an meiner Seite und ich habe niemanden verschrekt ^^, die plötzlich niedrige Rückmeldung verunsichert mich dann doch ein wenig um ehrlich zu sein >//<, Jedenfalls hoffe ich das euch das Kapitel gefallen hat! Und natürlich würde ich mich auch diesmal wieder sehr über eure Meinung freuen! Ganz liebe Grüße, eure Shelling Kapitel 49: Liar ---------------- Hallöchen ihr Lieben! Ja ja wenn die gute Shelling sich schon vor dem Kapitel Meldet hat das selten gutes zu bedeuten *gg* Nu denn *räusper* Erst mal vielen dank an Leira die sich durch dieses Lange Kapitel korrigiert hat! Und vielen Dank das ihr alle mich bisher begleitet habt! Vielen vielen Dank für all eure Kommentare !! *knuddelKekseverteil* Nun also herzlich Willkommen zum letzten Kapitel!!! Danach erwartet euch nur noch ein kleiner Epilog, in diesem Sinne viel Spaß *Sauerstoffzeltaufbau* und wenn ihr dann noch Worte findet wäre ich über ein kleines Kommi mehr als erfreut ^//////////^, *sichdavonschleich* Viel Spaß euch allen! Eure Shelling Rückblick- Sie hatten keinen weiteren Versuch. Es musste Funktionieren. Er schloss die Augen und drückte. Piep! Falscher Pin Code -Rückblick Ende Liar Er holte ein letztes Mal tief Luft, als sich die Aufzugtür mit einem zischenden Geräusch vor ihm öffnete und ihn in einen Flur voller Menschen entließ. Das rege Treiben der Leute blieb von seiner Anwesenheit unbeeinflusst, nur wenige schenkten ihnen für ein paar Minuten einen scheuen Blick, ehe sie wieder ihrer Wege gingen. Shinichi aber nahm die Personen um sich herum nur schemenhaft wahr, noch immer überlagerte das Foto von Ran seine Gedanken. Der Detektiv schluckte, spürte wie seine Kehle immer trockener wurde während er den Krankenhausgang überquerte. Als ihr letzter Versuch, den Pincode des Handys zu lösen, gescheitert war, hatte sich Panik unter seine Haut gefressen und ein tiefes Loch in seine Seele gebrannt. Das konnte nicht sein… Sie konnten nicht an so etwas Einfachem scheitern. Nicht jetzt, nicht so. Schließlich war dies ihre einzige Chance, Matsumoto zu finden… Doch dieser kleine Gedanke hatte ihn endlich verstehen lassen, er hatte die aufgebrachten Stimmen von Heiji und den anderen im Hintergrund überhört und erneut den kleinen Umschlag hervorgefischt, in dem Matsumoto das Handy aufbewahrt hatte. „…vom Englischen Hof.“ Die Augen des Detektiven waren schmal geworden, während seine Finger über das Handydisplay geflogen waren, er hatte ein letztes Mal Luft geholt, ehe er den Puk letztendlich bestätigt hatte. Shinichi zuckte kurz, als das Handy erneut einen Ton von sich gab. Die aufgebrachten Diskussionen waren augenblicklich verstummt, sodass sich alle fragend nach ihm umgesehen hatten. Es hatte nicht lange gedauert bis auch der letzte begriffen hatte, dass er es irgendwie geschafft hatte, Matsumotos Rätsel zu lösen. Shinichi aber hatte die Stille um sich herum nicht wahrgenommen, er hatte auf das Display in seiner Hand gestarrt, das ihm eine Nachricht angezeigt hatte, nur eine einzige kleine Bewegung hatte ihn noch von der Wahrheit getrennt. Heiji hatte geschluckt, seinem Kollegen die Hand auf die Schulter gelegt und sah fragend zu ihm hinabgesehen. „Kudo?“ Der jedoch hatte ihn nicht an gesehen, während er zu sprechen begonnen hatte. „Das letzte Problem, Moriarty hat Watson einen Brief von der Pension zukommen lassen dem „Englischen Hof“ um ihn von Holmes weg zu locken, sodass Holmes und Moriarty am vierten Mai 1891 zusammen in den Reichenbachfällen verschwanden. Es war von Anfang an geplant, dass wir den Pin nicht finden, wir brauchten den Puk. 04051891, Sherlock Holmes‘ Todestag.“ Shinichi hatte geschluckt, gespürt, wie ein bitterer Geschmack seine Kehle hochstieg, während Heijis Druck auf seiner Schulter sich verstärkt hatte. Eine beinahe betretene Stille war eingetreten, ehe die filigranen Finger des FBI Agenten auffordernd vor ihm erschienen waren. Shinichi aber hatte nur tief Luft geholt und den Kopf geschüttelt, bevor er die Nachricht geöffnet hatte. Im ersten Augenblick hatte er nichts weiter als ihre Augen gesehen. Ihr Blick, der ihm ängstlich begegnet war, während das zarte Blau einen nur allzu feuchten Glanz in sich geborgen hatten, hatte in ihnen eine Warnung gelegen, die ihn anflehte, auf keinen Fall auf Matsumotos Ruf zu hören. Sie hatte Angst, hatte geweint und doch wollte sie ihn nicht bei sich haben. Ihr Blick allein hatte ihm den Atmen geraubt, sodass seine Augen nur langsam über den Rest ihres Bildes gewandert waren, das von dem kleinen Handydisplay eingerahmt worden war und seltsam unecht in dieser winzigen Dimension wirkte. Shinichi hatte gespürt, wie sich sein Magen zusammenzog, als er erkannt hatte, dass man sie auf den Tisch gefesselt hatte, seine Augen hatten lange auf dem glänzenden OP-Besteck an ihrer Seite geruht, ehe sie zu der kurzen Botschaft gewandert waren, die Matsumoto ihnen hinterlassen hatte. „OP 14b. Komm allein um ein leeres Haus zu verhindern.“ Und hier war er nun, nur noch ein paar Schritte von seinem Ziel entfernt, trotz Hattoris heftigem Protest und nach vielen Diskussionen und Planungen, hatten sie ihn gehen lassen, oder besser gesagt, Akai hatte ihn gehen lassen. Sie alle wussten, dass dies ihre einzige Chance war, dem Ganzen jetzt ein Ende zu setzen. Allerdings hatte ihn der Agent natürlich nicht so einfach gehen lassen, nein, seine grünen Augen hatten sich in ihn gebohrt, während seine kühle Stimme leise an sein Ohr gedrungen war. „Das ist deine letzte Chance…“ Shinichi schluckte und ignorierte den bitteren Geschmack auf seinen Lippen. Das Zimmer, das er suchte, befand sich im zehnten Stockwerk des Krankenhauses, ein alter OP, der kaum noch Verwendung fand. Er schluckte, hielt sich ein weiteres Mal den Plan des Raumes vor Augen, neben dem OP selbst gab es einen kleinen Flur, der dem OP Team zum Waschen diente, während der andere Raum der an den OP angrenzte, mit einem Fahrstuhl verbunden war und den Patienten als Schleuse diente. Ein Not-OP, ohne weite Wege, heute jedoch veraltet und verkommen, nichts weiter als ein Abstellraum für unbrauchbares Zeug und Aufenthaltsort gelangweilter Studenten. Genau der richtige Ort, um ungesehen seinen Plan durchführen zu können, wie auch immer der aussah. Mit jedem Schritt, den er auf den Raum zumachte, mischte sich die Angst in seine Venen und drückte gegen seinen Verstand. Der dröhnende Ton seines eigenen rauschenden Blutes in seinen Ohren bescherte ihm nichts weiter als Kopfschmerzen und doch gelang es dem Detektiv, die Panik auszusperren. Er durfte sich diese Gefühle jetzt nicht erlauben, er brauchte seinen Verstand – jetzt mehr denn je. Shinichi atmete lange aus, seine Schritte stoppten vor der schweren OP-Tür, über der das Schild „OP 3“ schon längst erloschen war. Die Stelle an seinem Bein, wo sich die Fußschellen eingegraben hatten, brannte und pochte, doch das Adrenalin in seinem Körper machte ihn gegen den Schmerz immun. Das Bild von ihr, festgebunden auf dem kühlen Metalltisch, ließ unliebsame Erinnerungen in ihm aufkeimen, mischte sich mit ihren blauen Augen, die ihn durch die Kamera angefleht hatten, nicht zu kommen. Shinichi schloss die Augen, justierte den Transmitter in seinem Ohr ein letztes Mal, ehe er seiner Hand dabeizusah, wie sie den glänzenden Knauf drehte und die Tür öffnete. Der Raum empfing ihn mit dämmrig kühlem Licht und dem stechenden Geruch von Desinfektionsmittel, das ihm in dem Moment, in dem er eintrat, in der Kehle brannte. Die blank polierten Aluminiumwaschtische spiegelten sein Bild und verzerrten es so lange, bis er sich selbst nicht wiedererkannte. Shinichi aber hielt sich nicht lange mit dem silbernen Geist auf, der ihm entgegensah. Er suchte und folgte der einzigen Lichtquelle im Raum zu dem kleinen Fenster, das von dem Waschraum aus den Blick in den OP frei gab. Er spürte, wie ihm der Atem in der Kehle stockte und das Blut aus seinen Wangen floh, während sich das Bild des OPs für immer in seine Netzhaut brannte. Es auf dem kleinen Bildschirm des Handys zu sehen war das eine. Zu klein, zu verschwommen um genaueres zu erkennen, mit der vagen Hoffnung das es nicht das war, für was man es hielt. Das sauber aufgereihte OP Besteck, das ihm im goldenen Glanz der Lampe hämisch anfunkelte, während es bedrohlich nah neben ihrem Körper lag, war etwas anderes. Die Gurte, mit denen sie auf dem Tisch fixiert war, schnitten ihr ins Fleisch, ihr Kopf ruhte auf der Seite, ihre Wange schmiegte sich an das Metall, das das Licht der Lampe spiegelte und dadurch wie eing See wirkte, in dessen ruhigem Gewässer nun ihre erste salzige Träne versank. Er beobachtete wie ihre Augen groß wurden, ihn anflehten zu gehen und nicht begreifen konnten, warum er überhaupt hier war. Sie schluckte, doch Shinichi rührte sich nicht vom Fleck. Er aber blieb an ihrer Seite. Shinichi spürte wie ihre Tränen ihm das Gefühl gaben, zu ersticken. „Herzlich willkommen, Shinichi Kudo.“ Shinichi zuckte unter Matsumotos voluminöser Stimme unwillkürlich zusammen, wandte den Blick unwillig von ihren Augen ab um sich dann dem breiten Grinsen des ehemaligen Hauptkommissars gegenüber zu finden. Die Gestalt des Bosses schien den kleinen OP völlig einzunehmen, während er Shinichi mit einer einladenden Geste begrüßte. „Es freut mich zu sehen, dass du meiner Einladung gefolgt bist.“ Matsumotos Worte vibrierten, das Lächeln auf seinen Lippen war gefährlicher denn je. „Ich hoffe, du hast nicht wirklich geglaubt, es wäre zu Ende?“ Shinichi schluckte, ballte die Hände zu Fäusten, die unter dem hohlen Lachen Matsumotos zu zittern begannen. „Nichts da, mein Freund. Wir haben diesen Krieg gemeinsam begonnen und wir werden ihn gemeinsam beenden." Die rostige Stimme des ehemaligen Oberhaupts der Polizei hallte an den Wänden wieder. Nicht viel zeugte mehr von dem durchdachten Mann, der die Organisation im Stillen aufgebaut hatte, übrig geblieben war jemand, dessen Lebenswerk er zerstört hatte. Ein Mann, der nichts mehr besaß außer dem Wunsch nach Vergeltung. Rans Augen zitterten hektisch zwischen dem Boss und Shinichi hin und her. Und während sie Matsumotos Aufregung unter ihrer eigenen Haut spüren konnte, schien Shinichi noch immer der Ruhepol dieses Szenarios zu sein, zumindest auf den ersten Blick. Denn die gespannten Muskeln um seinen Kiefer verrieten ihn, er schwieg so lange, bis seine Stimme endlich klar genug war, um dem Hauptkommissar zu begegnen. „Wie sind Sie hier reingekommen?“ Ein feines Lächeln bildete sich unter dem graumelierten Schnurrbart des hünenhaften Mannes. „Ich mag mein Gesicht in der Öffentlichkeit nicht mehr zeigen können, aber mein Einfluss reicht noch immer weiter als du, oder diese Maden vom FBI es euch jemals erträumen könnten. Auch wenn es einige meiner alten Mitarbeiter nicht mehr gibt, fällt es mir nicht schwer neue zu Rekrutieren.“ Shinichis Blick streifte unwillkürlich die kleine OP-Kamera, dessen rot blinkendes Licht ihm bestätigte, das Akais Plan, sich in den OP-Saal einzuhacken, funktioniert hatte. Denn wenn es stimmte, was Matsumoto sagte, mussten sie die Augen aufhalten. Der ehemalige Hauptkommissar aber schien seinem Gedanken zu folgen und schüttelte verächtlich den Kopf. „Nicht doch, Kudo. Ich brauche die Organisation für solche Dinge nicht. Oder wie, glaubst du, habe ich es so weit gebracht?“ Matsumoto machte eine Pause, ließ Shinichi damit die Möglichkeit zu antworten, doch der Detektiv zog es vor, zu schwiegen. „Ich war schon immer gut darin, die Menschen zu manipulieren, um zu bekommen, was ich wollte.“ Ein gefährliches Lächeln ruhte auf seinen Lippen. Shinichi spürte, wie sich die Haare in seinem Nacken aufstellten, als er beobachtete, wie Matsumotos Blick wissend über Ran glitt und ihren angsterfüllten Augen einen fürsorglichen, beinahe schon mitleidigen, Blick schenkte. „Schließlich haben wir alle einen Preis.“ Der Atem in seiner Brust stockte, drohte ihm bei lebendigem Leib zu ersticken, während er seine Augen davon abhielt, zu ihr zu sehen. Dabei wussten alle in diesem Raum, das seine Bemühungen zwecklos waren, Matsumoto wusste längst, was, oder besser, wen er nutzen musste, um den Detektiv seiner hörig werden zu lassen. Matsumoto grinste und beobachtete mit Genugtuung den Effekt, den seine Worte in seinem Gegner auslösten. „Dieser Preis ist es, was solche Organisationen wie diese erst möglich macht. Die Menschen sind bereit, unter gewissen Umständen alles zu tun.“ Matsumotos Stimme summte durch den Lautsprecher der Gegensprechanlage und hallte kalt und rau in dem kahlen Raum wieder. „Hast nicht auch du dein Leben, all deine Vorstellungen von Moral und Wahrheit über den Haufen geschmissen und denen wehgetan, die du am meisten liebst, nur um sie zu schützen? Um an Informationen zu gelangen, die du benötigst, um dein Leben wieder zu bekommen?“ Er grinste, legte jedoch bewusst ein wenig Mitleid in seine Stimme, die schmierig unter seinem Bart hervor sickerte. „Du hast alles dafür aufs Spiel gesetzt und hast nichts als Leid über alle um dich herum gebracht, ohne dabei auch nur das Geringste zu lernen. Und doch wirst du es wieder tun…“ Matsumotos beobachtete, wie die restliche Farbe aus den Wangen des Detektivs wich und genoss die nächsten Worte. „Denn zufälligerweise bin ich in Besitz dessen, was dir auf dieser Welt am wichtigsten ist.“ Shinichi spürte, wie sein Herz für eine Sekunde lang still stand. Die kalte Stimme des Bosses zusammen mit Rans ängstlichem Blick, warf für einen Moment alle Vernunft und alle Überlegungen über Bord und ließ seine Stimme durch unterdrückte Angst zittern. „Lassen Sie Ran gehen… sie hat nichts mit Alldem zu tun.“ Ein Versuch. Vergeblich, natürlich. Die schmalen Lippen des Bosses verzogen sich zu einem schmutzigen Grinsen, während seine viel zu süße Stimme Shinichi in den Ohren kratzte. „Bitte,...geh und hol sie dir!“ Shinichi schluckte trocken, machte einen Schritt auf die OP Tür zu ehe er mit skeptischem Blick davor inne hielt. Die schwere Tür war elektrisch verriegelt, ein breiter Knopf, den man auch mit der Elle betätigen konnte, gewährte dem OP-Team Einlass ohne die Hände zu benutzen. Matsumoto folgte dem unsicheren Blick des Detektivs, sein Lächeln wurde breiter als er bemerkte, wie sein Gegner vor der Tür ins Stocken geriet. „Es liegt allein bei dir Kudo, nur du kannst es beenden…“ Shinichis Augen wurden schmal, erneut glitten seine Augen über die elektrische Verriegelung, sein Verstand brauchte nicht lange, um eins und eins zusammen zu zählen und ihn instinktiv einen Schritt zurück gehen lassen, ehe er Matsumoto mit festen Blick fixierte. „Bomben.“ Matsumoto grinste nur. „Genug, um jeden in diesem Gebäude direkt in die Hölle zu schicken.“ Shinichi aber schluckte, etwas in ihm hatte einen Schalter umgelegt und brachte die Ruhe in seine Glieder zurück. Wenigstens darauf waren sie vorbereitet gewesen, auch wenn ihm das dumpfe Gefühl in seiner Magengrube zuflüsterte, dass das noch nicht alles gewesen sein konnte. Sein Blick flog über die OP-Kamera zurück zu Ran, die seinen Augen standhielt. Hinter dem düsteren Schein aus Angst und Besorgnis erkannte sie das kleine, für ihn so typische Funkeln in seinem Blick. Er hatte einen Plan. Sie schluckte, bemerkte, dass der schwere Klos in ihrem Hals jedoch noch immer nicht rutschen wollte, als sie beobachten musste, wie seine Hand langsam sank, weg von der Tür, die sie voneinander trennte. Sie konnte sehen, wie sich die schwarzen Schatten noch tiefer unter seine Augen gruben, während er versuchte, die Situation irgendwie zu retten, sie zu retten, während gleichzeitig all die Menschenleben in diesem Krankenhaus auf dem Spiel standen. Ihre Augen begannen zu brennen und sein ausgezehrtes Gesicht verschwand hinter einem wässrigen Schleier. So lange hatte sie sich danach gesehnt ihn wieder zu sehen, ihn zu sehen. Und jetzt… Jetzt konnte sie seinen Anblick kaum ertragen, nach all dem was er durchgemacht und nach allem, was man ihm angetan hatte… Nur wegen ihr. Sie schluckte, wandte den Blick ab und hörte wie ihre Tränen schwer und laut auf dem OP Tisch aufschlugen. Ihr Blick fiel zu dem schmalen OP-Fenster, noch immer stand er scheinbar steif gefroren vor der Tür, während es hinter seinen Stirn arbeitete bei dem Versuch, sie zu retten. Sie schluckte und spürte wie die Träne die ihre Wange hinunter rann in ihren Haaren verschwand. „Hör auf damit.“ Seine Stimme ließ sie zusammenzucken, Shinichis Blick ruhte noch immer auf Matsumotos Schultern, seine Worte aber waren eindeutig für sie bestimmt. Ran hatte nichts gesagt, ihn nicht einmal angesehen und doch schien er zu wissen, was in ihr vorging und er hatte nun ein für alle Mal genug davon. „Du kannst nichts dafür, Ran. Du kannst nichts dafür, dass Matsumoto entkommen konnte, du kannst nichts dafür, dass Ai damals diese Entscheidung getroffen hat, du kannst nichts dafür, dass das alles so passieren musste. Haibara- Ai wusste, was sie tat.“ Seine Zunge fühlte schwer und taub ab, nur langsam konnte er seinen Blick dazu bringen zu ihr zu wandern, ihr in die Augen zu sehen. In diese wunderschönen blauen Augen, die ihm, wie schon viel zu oft in seinem Leben, mit einem wässrigen Glanz entgegen schimmerten. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, Ameisen krochen unter seiner Haut, ganz so, als ob sich sein ganzer Körper dagegen werte, ihm Folge zu leisten. Diesmal aber gab es kein zurück, jetzt nicht mehr… „Du-“ Er schluckte, räusperte sich kurz nach diesem gekrächzten Wort. Shinichi spürte, wie Wärme seine Wangen eroberte und rot färbte. Ihr Blick aber lag noch immer auf ihm, ließ ihn nicht allein in diesem Moment und brachte die Glasscheibe, die ganze Distanz und selbst die Umgebung um sie herum zum Schmelzen, bis nichts mehr von alledem zu existieren schien. Nichts mehr, außer ihr und ihm. Sie verlor sich in seinem Blick und er in ihrem, während seine Worte über ihre Wangen strichen, sodass sie die Kälte des Raums vergaß. „Du kannst nichts dafür, dass… das ich mich in dich verliebt habe.“ Er schluckte, bemerkte erst jetzt, dass ein vorsichtiges Lächeln seine Lippen zierte und sich in ihren Zügen wiederspiegelte. „Du kannst nichts dafür, dass ich dich liebe, Ran.“ Vorbei. Ein Herzschlag, länger hatte es nicht gedauert. Mehr hatte es nicht benötigt, um ihre Welt für immer zu verändern. Ihr Herz flatterte, neue Tränen schlichen sich in ihre Augen, diesmal jedoch, ohne dass sie brannten. Diesmal waren es gute Tränen. Der Knebel spannte sich um ihren Mund, wie gerne hätte sie ihm jetzt geantwortet und sie seine Worte erwidert. Er liebte sie… Und noch viel wichtiger, er verzieh ihr, all die Dinge… Er aber lächelte nur, ehe sein Blick den ihren erneut einfing. „Und das ist ganz allein meine Schuld, Ran.“ Sein Grinsen wurde breiter, doch die leichte Röte auf seinen Wangen verriet ihn, auch dann noch, als er mit entschlossenem Blick den Kopf zu schütteln begann. „Deswegen werde ich mich gewiss nicht schuldig fühlen und ich werde mich sicher nicht dafür entschuldigen.“ Shinichi holte Luft, sah ihr fest in die Augen und versuchte mit seiner Stimme den letzten Zweifel aus ihrer Seele zu waschen. „Und das solltest du auch nicht tun, Ran.“ Sie sah, wie er schluckte, den Boden nach einer Erinnerung absuchte, die sie nicht kannte, ehe er sie erneut ansah. Schmerz verbarg sich in seinem Blick, doch auf seinen Lippen lag noch immer ein liebevolles Lächeln. „Du hast jedem eine zweite Chance gegeben, Ran. Du hast die Menschen nie für das verurteilt, was sie waren oder getan haben, wieso also urteilst du so streng über dich selbst?“ Ran schluckte, spürte das Brennen in ihrem Herzen, welches sie die letzten Tage begleitet hatte. Konnte sie das? Sich selbst verzeihen? Sein Blick grub sich unter ihre Haut, riss sie zurück aus den trüben Gefilden ihres von Schuld beladenen Gewissens und forderte ein, was ihm gehörte, schon immer ihm gehört hatte. Rans Herz setzte für einen Moment lang aus. Ihre Lippen blieben stumm, doch die röte auf ihren Wangen verriet ihm, dass ihr Blick reichte, um auszudrücken, was sie für ihn empfand. Sie liebte ihn. Und dieses Gefühl war stärker als jede Schuld. Sie konnte seine Nähe spüren, keine Mauer und kein Mensch schienen sie in diesem Augenblick zu trennen. Zum ersten Mal seit langem, fühlte sie sich sicher. „Wie rührend.“ Seine schneidende Stimmte schien die Mauern um sie herum wieder hochzuziehen, die Kälte kehrte unter ihre Haut zurück und sie beobachtete, wie Shinichis Blick erneut ernst wurde. Die Augen, mit denen er Matsumoto ansah, schienen die eines anderen zu sein. Nichts mehr war von dem Mann übrig, der ihr hier, an diesem unmöglichen Ort, in dieser unmöglichen Situation, seine Liebe gestanden hatte. Zurück blieb der Detektiv, dessen Blick nicht weniger berechnend war als der des Mörders an ihrer Seite. Er zuckte unter Matsumotos kühler Stimme nicht zusammen, schien vorbereitet zu sein, auf so gut wie alles, was ihm dieser Mann vielleicht entgegnen konnte. Der jedoch hatte nur die vom Rauch vergilbten Zähne entblößt, schenkte ihm ein dreckiges Lächeln, ehe er tadelnd den Kopf schüttelte und Shinichi schon mit beinahe mitleidigem Blick begegnete. „Wenigstens wissen wir nun, warum du all diese Menschen dem Tod überlassen wirst.“ Diese Frage lag auf seiner Zungenspitze, doch die Lippen des Detektivs öffneten sich nicht, die Wunde auf seiner Wange aber brannte verräterisch und schien ihm vor den Hinterhalt zu warnen, in den Matsumotos Wortwahl ihn gedrängt hatte. Der Boss spielte mit ihm und Shinichi war sich ziemlich sicher, dass die Regeln für ihn nicht gerade fair sein würden. Tatsächlich wartete der ehemalige Hauptkommissar kurz, doch auch die ausbleibende Reaktion seines ehemaligen Gefangenen schien ihn nicht aus der Ruhe zu bringen. Langsam trat er einen Schritt an die Tochter des Polizisten heran, genoss es, wie der Detektiv auf der anderen Seite der Scheibe zuckte. „Also schön…“ Matsumotos Hand schwebte über dem filigranen Operationsbesteck an seiner Seite, ehe sie drohend über dem Skalpell zur Ruhe kam. „Wir werden ja sehen wie weit du bereit bist, für sie zu gehen.“ Der Detektiv schluckte, spürte ihren Blick, der hilfeschund auf ihm lag, während sich in ihren blauen Augen das silberne Metall der scharfen Klinge spiegelte. Doch auch nach all dem Planen all den Vorbereitungen und Gesprächen beherrschte im Moment nur ein einziges Wort die Gedanken von Shinichi Kudo. „Nein…“ „Mausebein…“ Die heisere Stimme des Polzisten unterbrach als erstes die trostlose Stille dieses Augenblicks. Kogoros Augen hatten sich immer mehr geweitet, er wusste, dass seine Tochter in Gefahr war, dass der Boss der Organisation sie benutzte, um Shinichi in die Knie zu zwingen, aber das- darauf hatte ihn niemand vorbereitet. Die Miene des Vaters verdunkelte sich, er hatte mitten im Treiben innegehalten um vom Kontrollraum aus einen Blick auf die Lage werfen zu können, damit aber hatte er nicht gerechnet. „Dieser verdammte Mistkerl…“ Doch noch bevor Mori wutentbrannt den Weg zu seiner Tochter suchen konnte, fand er sein Handgelenk in einem unbarmherzig eisernen Griff wieder. Die verzweifelten braunen Augen trafen den unterkühlten Blick des FBI Agents der ihn mahnend ansah. „Wir müssen nach Plan vorgehen, Herr Mori.“ „Plan?“ Die Stimme des Polizisten war kaum mehr als ein Krächzten, mit einer wilden Geste riss er sich aus Akais Griff. „Ich scheiß auf ihren Plan!“ Er deutete wild zu dem Bildschirm. „Sieht das für sie so aus, als ob alles nach Plan laufen würde? NICHTS läuft so wie Sie es geplant hatten.“ Seine Blicke im Fernseher trafen die Shinichis, paarte sich mit seiner Angst und Sorge um Ran. Akai folgte seinem Blick, schluckte, als er auf die von Angst erfüllten Augen der jungen Frau traf. Er kannte diese Augen und ihren Blick nur zu gut. Und er hatte sich geschworen es nie wieder so weit kommen zu lassen. Nie wieder. Er schluckte, wandte den Blick ab. Die Kiefer des FBI Agenten spannten sich, nur mühsam brachte er seine Lippen erneut dazu, ihm Folge zu leisten. „Wir haben keine Wahl, Herr Mori. Unsere Aufgabe ist es, sich um die Bomben und um das Krankenhaus zu kümmern. Sonst haben weder ihre Tochter, noch er auch nur die geringste Chance.“ Er spürte, wie Kogoros Blick wiederwillig von dem Fernsehbildschirm wich, er wartete, so lange, bis der Polizist ihm in die Augen sah. „Verstanden?“ Der Angesprochene schluckte, Akai konnte beobachten, wie sich sein Adamsapfel schwerfällig auf und ab bewegte, ehe seine zittrige Stimme ihm eine Antwort entgegen brachte. „Verstanden…“ Der FBI Agent nickte nur, doch Mori schien noch immer am Boden fest gewachsen zu sein während seine Augen am Bildschirm klebten. Auch sein Blick fiel zurück zu Kudo, der den Boss nun wieder fest ansah und die explosive Bedrohung um ihn herum zu vergessen schien. Das Funkgerät an seinem Gürtel piepste, er schluckte und trat vor die Tür, beobachtete wie die Menschen um ihn herum panisch das Krankenhaus verließen, während die Polizei und die Männer vom FBI die Umgebung nach Bomben absuchten. Die Verordnung des Gebäudes schlicht weg ignorierend zündete er sich eine Zigarette an, ehe er dem lästigen piepsen des Funkgerätes nachgab. „Ja?“ Nach kurzem Rauschen und Flimmern polterte die mit starkem Dialekt behaftete Antwort des Osakaner Kommissars auf ihn ein. „Das Erdgeschoss is sauber, wir konnten noch drei weitere Bomben sichern. Im ersten Stock sind auch schon die ersten aufgetaucht, wie vermutet, nahe oder in den OPs.“ Hattori wurde von dem unruhigen Rauschen des Funkgeräts unterbrochen, seine Worte schienen ins Flimmern zu geraten. „Mit der Verlegung der Leute schaut´s nich‘ so einfach aus, weder genügend Platz noch Zeit. Was denkense, wie lang wird er-…“ Doch die kühle Stimme Akais blockte die unerwünschte Frage ab, auf die er weder eine Antwort hatte, jedenfalls keine, die er geben wollte. „Wurde im Anbau schon etwas gefunden? Irgendeine Spur?“ Es langes Rauschen war das Einzige, was er für einen Moment als Antwort erhielt, vermutlich weil der Kommissar selbst erst Erkundungen darüber einholen musste, seine Stimme klang rau als hätte er sich heiser gebrüllt, als er endlich antwortete. „Nichts bisher, keine OPs, nur Zimmer und die frei bis jetzt - sollen wir-…“ „Ja, schaffen Sie die Leute nach unten in den gesicherten Bereich und dann so viele wie möglich ins Nebengebäude.“ „Verstanden.“ Doch die rauschende Stille des Kanals blieb aus, stattdessen meldete sich Hattori erneut. „Gibt´s schon was Neues von Megure?“ Die Lippen des Agents wurden schmal, noch zu frisch war die Erinnerung an das Gesicht des Hauptkommissars, während er beobachten musste, wie sein ehemaliger Chef Ran gefangen hielt. „Seine Leute sind dabei, die Menschen aus den oberen Stockwerken rauszuschaffen.“ Der Osakaner nickte, achtete nicht darauf, dass Akai ihn nicht sehen konnte, seine nächste Frage aber ging durch ihren rauen Ton beinahe unter. „Was is mit Kudo?“ Der FBI Agent aber antwortete nicht sofort, sein berechnender Blick fiel erneut zu dem kleinen Bildschirm, ehe er dem Kommissar mit trockener Stimme antwortete. „Wir müssen uns beeilen…“ „Der erste, zweite und dritte Stock sind clean. Bombe Nummer 13 im vierten Stock gesichert.“ Megures heisere Stimme kratzte in seinen Ohren, sie hatten sein Inear in die Funkverbindung mit eingeschaltet, damit er mitbekam, was unter seinen Füßen vor sich ging. Doch in diesem Moment hatte er wenig für die hektische Stimme in seinem Ohr übrig. Ihre blauen Augen spiegelten sich in der silbernen Skalpellklinge, während Matsumotos Lächeln bedrohlich über ihr schwebte. Ohne es zu bemerken, formten seine Lippen ihren Namen. „Ran.“ Die aber schluckte nur, ignorierte die letzten Tränen die über ihre Wangen glitten und versuchte ein Lächeln, auch wenn er es unter dem Knebel nur schwer erkannte. Sie hatte die Angst so gut wie nur möglich aus ihrem Blick verbannt, sah ihn an, sodass nur ein Wort den Ausdruck in ihren Augen beschreiben konnte… Vertrauen. Doch noch etwas anderes war in den tiefen blauen Augen zu lesen, etwas das ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte und ihm den Atem in der Brust stocken ließ. Ihr Mut. Mut, nicht nur für ihn, sondern auch für all die Menschen, die wegen ihnen in Gefahr waren, die an ihrem Leben hingen wie an einem seidenen Faden. Sie würde mutig sein, für sie, für ihn. Mutig und voller Hoffnung, wie nur Ran es sein konnte… Und doch war es eben jene Hoffnung, die das Blut in seinen Adern zu Eis gefrieren ließ. Es war diese von ihm verfluchten und gleichzeitig geliebten Eigenschaften, die sie immer wieder in diese Lage brachten, die ihr mehr wehtat als er es jemals könnte. Die Bereitschaft sich für andere zu opfern, zu dulden, was auch immer man ihr entgegen brachte, nur um darauf zu warten, zu hoffen, dass es einen Sinn hatte, dass es endete, irgendwann… Mag sein das Ran es ertragen konnte, er aber war sich nicht so sicher. Weder ob er es konnte… oder wollte. Matsumoto aber ließ ihnen keine Wahl. Dennoch ließ es sich der ehemalige Hauptkommissar natürlich nicht nehmen, ein wenig Öl ins Feuer zu gießen. „Was ist, Kudo? Fällt dir diese Entscheidung etwa so leicht? Willst du nicht wenigstens versuchen, deine kleine Freundin zu retten?“ Shinichi schluckte, sein Blick wich von Ran zurück in die dunklen kleinen Augen des ehemaligen Hauptkommissars. „Wenn´s nach ihnen geht spielt es doch sowieso keine Rolle, tot sind wir am Schluss so oder so, ganz egal wie ich mich entscheide. Oder wollen sie mir etwa weismachen, dass uns die Explosionen hier oben nicht erreichen?“ Der Boss der schwarzen Organisation lachte hohl, brachte das Skalpell langsam näher an Rans Kehle. „Wir beide wissen doch dass es nicht darum geht.“ Er lächelte. „Vermutlich sind deine Kollegen vom FBI und deine Freunde von der Polizei in diesem Moment dabei meine geliebten Bomben zu Entschärfen und die Leute aus dem Gebäude raus zu holen, aber so etwas dauert ja bekanntlich seine Zeit…“ Die süßlichen Worte des Bosses verkrampften seine Muskeln, jede Sehne seines Körpers war in diesem Moment bis zum Zerreißen gespannt und doch bewegte er sich nicht von der Stelle, duldete weiter Matsumotos höhnische Stimme, die sich ihm unter die Haut brannte. „Zeit und Schmerzen die du dir und deiner Süßen, vor eurem Ende sparen könntest, wenn du bereit bist das Leben dieser Menschen mit euch in den Tod tu nehmen.“ Shinichi aber blieb stumm, sein Blick kreuzte den von Ran, sodass die junge Frau die Reue in seinen Zügen erkennen konnte. Matsumotos Lächeln aber verschwand in diesem Augenblick, seine Stimme wurde trocken und kratzte in seinen Ohren. „Schön… wie du willst.“ Die Augen des Detektivs lagen gebannt auf dem glänzenden Messer in Matsumotos Hand, folgten seinem Weg über Rans Haut, während der Boss der schwarzen Organisation mit Genuss beobachtete, wie der erste Schweißtropfen über das blasse Gesicht des Detektiven rollte. „Hier vielleicht…“ Ran schluckte, schloss die Augen als sie das kalte Metall an ihrer Haut spürte. „Ran.“ Matsumoto streifte den Blick des Detektivs, voller Angst und doch versuchte er, ihre Zuversicht zu schenken, während sie ihn ebenso ansah, mit Augen voller Hoffnung und Liebe… Ein grausames Lächeln grub sich in die Züge des Bosses, beinahe mitleidig betrachtete er das tragische Liebespaar. "Du scheinst es noch immer nicht zu verstehen..." Das Bedauern in der Stimme des Bosses ließ Shinichi aufsehen. "Was?" Matsumoto aber lachte nur, schüttelte theatralisch den Kopf, die Süße in seiner Stimme aber verriet ihn, zeigte was für ein Genuss es für ihn war, Kudo auf seinen Fehler in seiner kleinen Ansprache von vorhin hin zu weisen. "Eure Liebe ist es, die all dieses Leid erst provoziert hat. Sie ist der Grund dafür, dass du sie damals schon belogen hast..." Sein Blick glitt über Ran, während er langsam das Messer an ihrer Kehle hinab führte, während seine Stimme einen höhnischen Unterton bekam. "Hab ich nicht Recht, Conan?" Er sah wie der Detektiv hinter dem Glas zuckte, während er krampfhaft versuchte, seinem Blick standzuhalten und ich nicht von Skalpell ablenken zu lassen, das gefährlich nah an ihrer Silhouette entlang glitt. "Hättest du ihr damals die Wahrheit gesagt, wäre das alles nicht passiert. Aber du hast dich dafür entschieden sie anzulügen, sie und die ganze Welt." Das Funkeln in den Augen des Bosses schnürte Shinichi die Kehle zu, sein Blick traf den von Ran, sodass sich seine Angst in ihren Augen spiegelte. "Du bist keinen Deut besser als die Mörder, die du verurteilst und genau das werde ich den Menschen dort draußen beweisen, selbst jemand wie du ist bereit, diesen dunklen Pfad weiter zu gehen und über Leben und Tod zu entscheiden. Man braucht nur die richtigen Argumente dafür..." „Niemals…“ Doch der heisere Schwur blieb fast in seiner Kehle stecken, als Matsumoto die Klinge ungeachtet wieder in Bewegung brachte. Das Skalpell, welches zuletzt an Rans Hüfte Halt gemacht hatte, wanderte nun wieder an ihrem Körper hoch, sodass das scharfe Metall auch wieder in ihr Sichtfeld geriet und sie sich zwingen musste, weiter zu atmen als die Klinge in ihren Augen aufblitzte. Ihr Körper zitterte, als sie die Finger des ehemaligen Hauptkommissars auf ihrer Haut spürte, während er ihren Blusenärmel von ihrem gefesselten Handgelenk aus hoch zog und damit ihren Unterarm freilegte. „Wirklich schade Kudo… das du so ein zartes Geschöpf zwischen uns stehen muss.“ Matsumotos Finger strichen über diese blasse und empfindliche Stelle, zogen kleine Kreise und brachten damit die Nasenflügel von Shinichi Kudo zum Beben. Ran hörte sein hektisches Atmen, zwang sich, die Augen zu öffnen und versuchte Shinichis Blick auf sich zu lenken. Sie spürte Matsumotos heißen Atmen auf ihrer Wange, konnte nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Doch auch ihr Blick konnte nicht verhindern, dass Panik mit tausend heißen Nadeln ein Ballett auf seiner Haut aufführte. Sie sollte nicht hier sein. Sie sollte ihn jetzt nicht so ansehen… In dem Augenblick als ihm ein blasses Lächeln unter dem Knebel schenken wollte wurden ihre Gesichtszüge steif. Sekunden wurden zu Stunden, als er beobachten musste, wie sich ihre Augen weiteten, während sich ihre Pupillen zusammen zogen und dem Schrecken in ihrem Blick kaum mehr Platz ließ, ehe sich ihre blauen Augen mit Schmerz füllten. Ein unterdrückter Schrei drang aus ihrer Kehle, sie wandte sich in ihren Fesseln, schloss die Augen und sperrte ihn so von diesem Moment ihrer Wirklichkeit aus. „RAN!“ Der stechende Schmerz trieb einen Keil zwischen sie. Ihr Blut hinterließ einen schmutzigen roten Pfad auf ihrer Haut und ließ den Schnitt unter seinem rostigen Gewand verschwinden. Matsumotos Blick aber lag nur kurz auf dem Detektiven, schwenkte dann in fast schon verliebter Manier erneut zu dem Messer in seiner Hand, das mit einem mal die Farbe gewechselt hatte. „Es wird Zeit, deiner Freundin endlich die Wahrheit unter die Haut zu brennen, die Wahrheit darüber, was du bist. Was die Organisation aus dem ehemaligen Detektiven Shinichi Kudo gemacht hat. Einen Lügner, nichts weiter.“ Rans Augen weiteten sich, die blutige Schlucht auf ihrem Arm sah mit einem mal weit weniger willkürlich aus, fügte sich vor ihren inneren Auge mit anderen noch nicht ausgeführten Schnitten zu einem sauberen Schriftzeichen zusammen. Shinichi aber sah ihr starr entgegen. Ihr Blick wanderte zu ihm, doch der war in diesem Moment unfähig, sie anzusehen. Sie schluckte, kniff die Augen zusammen uns spürte, wie sich erneut heiße Tränen einen weg über ihre Wange suchten. Der Boss der schwarzen Organisation hatte einen Weg gefunden, Shinichi Schmerzen zuzufügen, auch ohne ihn zu berühren. Sie selbst wurde zu dem Messer, das Matsumoto Shinichi in die Brust rammte und egal was sie auch tun würde, sie würde es niemals schaffen sich seiner Gewalt zu entziehen. Der Boss der schwarzen Organisation formte aus ihr seinen Schmerz. Und diesmal war Ran wirklich da. Keine Lüge, kein Phantasiegebilde seines Verstandes sondern Ran… Shinichi konnte ihr nicht in die Augen sehen, konnte den Blick nicht von ihrem Blut abwenden, das wie flüssiger Samt aus ihr hinaus sickerte. Wie ein Strich, den man auf einem zarten Stück Papier gemacht hatte und dessen Tinte verlief und das Blatt in ihrer blutroten Farbe tränkte. Er konnte nichts tun, als Matsumoto beinahe fürsorglich mit einem Tupfer über die Wunde fuhr um sein Kunstwerk zu betrachten, um Maß zu nehmen für den nächsten Schnitt. Er konnte nichts tun, als das erhoffte Signal in seinen Ohren ausblieb. Erst der nächste Schnitt riss ihn zurück in die Wirklichkeit. „Ran!“ Matsumoto aber lachte nur, als die Fäuste des Detektivs gegen die Glasscheibe donnerten, genüsslich beobachtete er, wie ihr Blut sich seinen Weg von dem Tisch hinab suchte, ein kleines Rinnsal voller Leben, das doch nutzlos wurde in dem Augenblick, als es ihren Körper verließ. Der Atem der jungen Frau war flach geworden, sie hatte Panik, auch wenn sie es vielleicht nicht zeigen wollte. Ein gefährliches Grinsen bohrte sich in sein Fleisch und die Narbe über seinem Auge zuckte aus Wohlgefallen an dieser Szene, als er erneut zu dem Detektiv aufschaute. „Was ist, Kudo?“ Er lachte höhnisch, als er bemerkte wie sich die Nasenflügel des Detektivs hektisch auf und ab bewegten, seine Stimme aber war die eines Süßwarenhändlers, der einem kleinen Kind einen Lolly anbot. „Willst du es dir vielleicht noch einmal überlegen? Du kannst es jederzeit beenden, sie erlösen… ein paar Menschen mehr oder weniger auf dieser Welt, was machst das schon?“ In Shinichis Verstand brüllte dem Boss eine Antwort entgegen, doch seine zitternde Lunge ließ ihn keinen Ton raus bringen. Das Pochen in seinen Fäusten von dem Schlag gegen die Scheibe paarte sich mit seinem Herzschlag und schienen seinen ganzen Körper dem Takt dieser grausamen Symphonie zu unterjochen. Sein verzweifelter Blick fing den ihren auf, sie wartete darauf, dass er irgendetwas tat, dass er sie befreite, von diesem Schmerz erlöste und es riss ihn in Stücke, dass er es nicht konnte… Ran aber schluckte nur, schloss die Augen und versuchte, ihren zittrigen Atmen zu beruhigen. Die frische Wunde an ihrem Arm brannte, sie spürte, wie ihr Blut vor jedem neuen Stoß ihres Herzens floh und dabei das unfertige Schriftzeichen mit neuer Tinte füllte. Panik flammte von neuen in ihr auf, mischte sich mit dem Schmerz. Doch er sah sie nicht an, fixierte einen unsichtbaren Punkt auf den Boden, ganz so als würde er auf irgendetwas warten… Sie schluckte, spürte, wie sich die unsichtbare Schlinge um ihren Hals durch diese Bewegung nur noch weiter zuzog und neue Tränen in ihre Augen trieben. Matsumoto aber richtete sich erneut zu voller Größe auf, hatte kein Interesse an dem Blut, das den OP-Tisch langsam rot färbte, während seine grauen Augen herablassend auf Shinichis Schultern lasteten. Ein Hauch von Enttäuschung schien von seiner kalten Stimme mitgerissen worden zu sein. „Schön, wenn es das ist, was du willst…“ Doch erst Rans kurzes Wimmern brachte Shinichi dazu, den Blick wieder auf die Szene vor sich zu richten. Er wusste, er hatte keine Wahl, er wusste er musste es dulden, sie diese Schmerzen ertragen zu lassen - wenn nicht, wäre ohnehin alles umsonst gewesen. In dem Moment aber, in dem die Klinge erneut Rans Haut durchbrach, war es mit seiner Ruhe vorbei. Er musste einen anderen Weg finden, Matsumoto auf zu halten. Ein kurzer Anlauf reichte und seine Schulter donnerte gegen das Glas, doch das ohrenbetäubende Knacken kam von seinem Körper und nicht von der Schreibe, die durch den Aufprall nur ins Schwingen geraten war, und dabei eine höhnische Melodie summte. Hätte sein Verstand in diesen Minuten besser funktioniert hätte er ihm verraten das es Sinnlos war, schließlich war dies auch der Grund warum er Akais Waffe abgelehnt hatte, die Schreibe war Kugelsicher. Der Hauptkommissar schaute ungerührt von seiner Arbeit auf, schüttelte tadelnd den Kopf, während er das Blut von Rans Arm tupfte, um besser sehen zu können, wo er den nächsten Schnitt machen musste, schließlich wollte er saubere Arbeit leisten. „Sieh es ein Kudo, du kannst sie nicht retten, nicht vor mir, aber erst recht nicht vor dir selbst.“ Doch Matsumoto redete weiter, seine Stimme wirkte sanft und ruhig in diesem Chaos aus Schmerz und Wut. „Du bist genauso feige wie der Rest der Menschheit. Schließlich könntest du ihr diesen Schmerz ersparen.“ Er zuckte zusammen, spürte wie das rauschende Blut in seinen Ohren Matsumotos Stimme verzerrte, während ein kleiner Teil in ihm wusste, dass der Boss der schwarzen Organisation die Wahrheit sagte. „Wieso? Wieso das alles?“ Rans verschwommener Blick wanderte zu Shinichi und auch Matsumoto sah von seiner Arbeit auf, hin zu dem gebrochenen Detektiv der sich noch immer seine pochende Schulter hielt, ehe er fragend den Blick hob, um dem seinen nicht weniger hart zu begegnen. „Sie hätten verschwinden können, untertauchen können und weiterleben. Stattdessen das hier? Wieso?“ Shinichi wartete auf eine Antwort, Matsumoto aber zuckte nur mit den Schultern. „Nicht alle Menschen sind für ein solches Leben geschaffen…, nicht jeder kann vor seinem Leben davonlaufen.“ Das grausame Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. „Ich bin hier, um zu beenden was ich begonnen habe… Und du selbst hast mir diese Gelegenheit gegeben, Kudo. Ich wusste, dass ich nicht an deine kleine Freundin, nicht an dich ran kommen würde, solange ihr beide zusammen seid. Zum Glück aber hast du ihr damals in meinem Labor wenigstens einmal die Wahrheit gesagt.“ Er beobachtete mit Genugtuung wie sich die Augen des Detektivs weiteten, während er die dunklen Erinnerungen ein weiteres Mal vor sich sah. Erst Matsumotos Lachen holte ihn in die Realität zurück, in der er zusehen musste, wie der Boss der Organisation Ran sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Das Schöne an eurer Liebe ist, dass sie so wunderbar berechnend ist, ich wusste sie würde gehen, dich verlassen weil sie glaubte, du wärst ohne sie besser dran.“ Er lächelte, sah erneut zu dem Detektiv auf. „Na. klingelt es da nicht bei dir?“ Shinichi aber schluckte nur, presste die Lippen fest aufeinander, er hatte kein Interesse mehr daran, Matsumotos Spielchen zu spielen. Der aber rümpfte nur die Nase, begutachtete abschätzig das Skalpell, das in seiner großen Hand nur noch kleiner wirkte. Er bewunderte es, wie solch kleine Dinge in der Lage waren einen derartigen Schaden anzurichten. „Die Öffentlichkeit mag glauben, sie hätte uns besiegt, doch selbst wenn die Organisation selbst nicht mehr existiert, so wirst du mir helfen, zu beweisen, dass sie falsch liegen.“ Shinichi spürte Matsumotos Worte ihm wie Eis unter die Haut stachen. Aber das war egal. Er brauchte Zeit und solange der Boss der schwarzen Organisation sich mit ihm beschäftigte, war Ran in Sicherheit. Das grausame Lachen des ehemaligen Hauptkommissars aber ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. „Du glaubst vielleicht, du könntest etwas ändern, aber die Menschheit lässt sich nicht ändern, Kudo. Du hast sie gesehen, Morde und Mörder. Jeder von ihnen hatte ein Grund für sein Verbrechen. Und diese Gründe werden solche Organisationen wie die meine immer zu nutzen wissen. Wir sind das dunkle pochende Herz der Menschen, eines jeden einzelnen. Und die Leute wissen das auch und doch ziehen sie es vor, die Augen davor zu verschließen, sich selbst zu belügen und diese Dinge zu ignorieren um ihr Leben nicht noch mehr zu belasten.“ Er sah zu, wie die Erkenntnis in den Detektiv eindrang, das Licht in seinen Augen langsam auffraß, während er seinen Monolog mit bitterer Stimme beendete. „Die Menschen wollen die Realität nicht sehen.“ Shinichi spürte, wie sich sein Mund öffnete und doch kam kein Ton aus seiner Kehle, er hätte alles gegeben, um dem Boss der schwarzen Organisation in diesem Moment wiedersprechen zu können,… und doch blieb er stumm. Matsumotos Grinsen aber verbeiterte sich, als er zusah wie sich die Hände des Detektivs zu nutzlosen Fäusten ballten, während er es genoss, seine Worte in den Geist seines Feindes mit präziser Genauigkeit einzuhämmern. „Du glaubst, du könntest das ändern? Leuten wie mir Einhalt gebieten? Niemals, denn du solltest besser wissen als jeder andere, dass jeder einen Preis hat, um die Dunkelheit der Wirklichkeit zu verschleiern, sei es vor anderen oder sich selbst.“ Shinichi aber schluckte nur, wandte den Blick ab. Er hatte genug davon. Hielt er ihn wirklich für so naiv? Glaube er nicht, dass ein Detektiv wie er längst wusste, was in der Welt da draußen vor sich ging und dass ihn eben jeder Gedanke manchmal wahnsinnig machte. Doch es gab etwas, das ihm immer wieder seine Kraft zurückgab, jemandem der ihm seinen Glauben an die Menschheit immer wieder zurück brachte, zusammen mit dem Glauben an sich selbst. Sein Blick wanderte von ihrem blutenden Handgelenk zurück zu ihren Augen, doch der trübe Glanz mit dem ihr Blick verschleiert war, war plötzlich ein ganz anderer. Er spürte wie seine eigenen Augen zu brennen begannen, als er beobachtete wie ihre Lieder flatterten, es kostete sie immer mehr Kraft ihn an zu sehen. Matsumotos Stimme schwappte über sie hinweg. „Euer Kampf ist sinnlos und du selbst wirst es den Leuten dort drausen beweisen.“ Er wog das Messer in seiner Hand, sah sofort das die Bewegung den Blick des Detektiv wieder gefangen hatte, dessen Schultern sich erneut strafften als er beobachtete wie er erneut das Blut von ihrem Arm wischte und sie durch die Berührung zusammen zucken ließ. „Deine Bemühungen sind vergebens, Kudo…“ Seine Stimme war ruhig, fast zu leise um an Shinichis Ohren zu gelangen, doch der ehemalige Hauptkommissar wusste, dass er ihn hören konnte, dass er ganz genau wusste, wovon er sprach und es doch ganz offenbar nicht einsehen wollte. „Kannst du das nicht verstehen?“ Er setzte die Klinge an noch bevor Shinichi ihm antworten konnte. „NEIN!“ Zu spät. Das erste der drei Kanji-Zeichen für Lügner hatte sich für immer in ihre Haut eigegraben, das solang es seine beiden Begleiter noch nicht vollendeten schon alleine eine Bedeutung hatte. Lüge. Das japanische Schriftzeichen war unter dem samtigen Umhang aus Blut kaum zu erkennen. „Nein, RAN!“ Die roten Spuren auf ihrem Arm raubten ihm den Verstand. Verzweifelt startete er einen weiteren Versuch, sich mit der Scheibe anzulegen. Vergeblich. Er unterdrückte einen heiseren Schrei, spürte wie die Muskeln in seinem Arm sich verkrampften und fürs erste ihren Dienst einschränkten. Ein lautloser Fluch drang ihm über die Lippen, während er seiner Stirn gestattete, sich an der kalten Scheibe auszuruhen. Sein stockender Atem ließ die Scheibe beschlagen, während seine Augen zittrig zu ihr wanderten, unsicher, ob er wirklich sehen wollte, für was er verantwortlich war. Doch alles was er in Rans trüben Augen sah, war ihr flehender Blick, als sie sein schmerzverzerrtes Gesicht erkannte. Mitleid versteckte sich hinter diesem Vorhang aus Schmerz und nahender Bewusstlosigkeit. Er tat ihr leid. Wieso? Wieso konnte sie ihn nicht einfach hassen, für das was er ihr Antat, für das, was sie wegen ihm durchmachen musste. Wieso musste sie es ihm so schwer machen? Schließlich war er Schuld an ihren Schmerzen… Shinichi schluckte, ließ den Kopf sinken und griff sich instinktiv an die pochende Schulter. Es war nicht das erste Mal, dass sie unter ihm, seinen Fehlern und Lügen litt. Aber zum ersten Mal würde seine Tat Narben zurück lassen, die sie nicht einfach in ihrem Herzen verstecken konnte. Die Wut und Verzweiflung drang tief in sein Herz ein, mischte sich dort mit Matsumotos Worten und ließ den Türknopf mit einem mal richtig freundlich aussehen. „Shinichi, beruhig dich! Wir brauchen noch Zeit…“ Doch Rans unterdrückter Schrei brachte selbst Megures Blut zum Gefrieren. Immer wieder schwenkte sein Blick zu seinem ehemaligen Vorgesetzten. Das war nicht Hauptkommissar Matsumoto. Er kannte diesen Mann nicht. Eine schwere Hand voll kaltem Schweiß fuhr im über die Stirn, hielt an seiner Narbe inne und erst da erkannte er, dass es seine eigene war. Agent Akai hatte ihm das Wort überlassen, ihm aufgetragen, dafür zu sorgen, dass Shinichi bei Verstand blieb. Doch der kühle Blick des Agenten, der noch immer unverwandt auf Ran im Monitor lag, war schon lange nicht mehr so ruhig wie noch vor ein paar Minuten. Sie wussten alle, sie hatten keine Zeit mehr… Wenn nicht bald etwas passierte spielten die Bomben zumindest für ihr Überleben keine Rolle mehr. Die Schnitte waren an ihrem Handgelenk, viel zu nah an ihren Gefäßen um diese unbeschadet zu lassen. Kudo würde das nicht zulassen. Und er würde etwas tun und schien jetzt schon kurz davor den Verstand zu verlieren. Der Hauptkommissar schluckte, schüttelte mit einem schweren Seufzer den Kopf. Er selbst hätte jeden Schlag wegstecken können, nur um beim nächsten Mal den Kopf wieder hin zu halten, aber wenn es um sie ging, kam auch er an seine Grenzen. Diesmal aber würde er es bereuen. Der Hauptkommissar biss sich auf die Lippen, kaute angespannt auf seinem Schnurrbart herum, sodass die nächsten Worte, die er dem kleinen Funkgerät zwischen seinen Fingern widmete, kaum mehr als ein Flüstern waren. „Bitte, Kudo…“ Shinichi aber reagierte nicht, war beunruhigend Ruhig geworden in den vergangenen Minuten. Doch gerade als er weiter auf ihn einreden wollte erschien eine andere Figur im Türrahmen des kleinen Technikraums die ihm auffordert die Hand entgehen hielt. „Lassen se mich mal…“ Er bewegte sich nicht, verbot seinen Muskeln den Befehl seines panischen Verstandes Folge zu leisten, sodass ein Zucken seiner Finger alles war, was von dem Kommando übrig blieb. Er musste etwas tun. Ihr Leben sickerte aus ihr hinaus wie Staub aus einer kaputten Sanduhr. Ihre Zeit lief ab. Er konnte nicht mehr länger warten. Doch sie spürte seinen Blick auf ihrer Haut nicht mehr länger, alles um sie herum fühlte sich plötzlich kalt und fremd an, während seine Gestalt mit jedem Blinzeln immer weiter verschwamm. Über seine Lippen aber glitt ein genüssliches Grinsen. All die Folter hatte bei Kudo nicht den Effekt gehabt wie diese kleine Tat, die ihm zum Nichtstun verurteilte, ihn zum Zuschauer degradierte, während der Mensch, der ihm auf der Welt am meisten bedeutete, unter seinen Fehlern litt. Während er wusste, dass es für ihn nur eine Möglichkeit gab, das alles zu beenden, den sicheren Tod. Und wenn er es nicht bald tat, würde sie schon am Tor zur Hölle auf ihn warten. Sein Blick fiel herablassend zu der steif gefrorenen Gestalt des Detektivs. „Sieh es endlich ein Kudo, es ist vorbei.“ Matsumoto lachte höhnisch, aber Shinichi sah auf, die Worte des Bosses verschmolzen mit Megures aufgebrachter Stimme in seinem Ohren zu einem nichtssagenden Rauschen. Shinichi schluckte, ihm war schlecht, er spürte, wie seine Muskeln brannten, weil er sie dazu brachte, dem instinktiven Drang zu ihr zu eilen, zu wiederstreben. Weil er es ihnen Verbot. Noch. Doch gerade, als er glaubte, es nicht mehr länger aus zu halten, als er begonnen hatte jeden ihrer nach Hilfe ringenden Atemzüge zu zählen dröhnte eine andre Stimme an sein Ohr. „Kudo hör zu, ich verspreche dir du kannst sie daraus holen, es fehlt nur noch das Stockwert unter und über euch, eures ist leer, bis- auf das was immer der Kerl auch direkt bei euch gebunkert hat.“ Shinichi schluckte, biss sich auf die Lippen und fluchte innerlich, bis Hattoris hektische Stimme den Tumult in seinem inneren mit einem mal Stoppte. „Hörst`de ! Das Krankenhaus is evakuiert, wir müssen nur noch-„ Doch Shinichi hörte schon nicht mehr länger zu, der heisere Fluch Akais, der ahnte was Hattoris lose Zunge angerichtet hatte, drang kaum mehr an sein Ohr. Er hörte noch, wie der seinen Leuten und den Polizisten den Befehl gab, abzuhauen. Und ihm somit die Bahn frei machte. Das Adrenalin, dass durch seine Venen schoss, kurbelte seinen Verstand an, förderte den Plan zutage den sein Unterbewusstsein unter seiner Wut und Panik geschmiedet hatte. Er hatte genug gewartet. Hatte lange genug zu gesehen wie die Zeit an ihm vorbei rannte und sie mit ihrem Fluss mit sich riss. Diesmal aber würde er der Zeit ein Schnippchen schlagen. Matsumoto beobachtete, wie der Detektiv auf der anderen Seite des Glases tief ein- und ausatmete. Kudos Blick hatte sich verändert, ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen und doch verhinderte die Müdigkeit in der Stimme des Detektivs, dass er die kleine Warnung seines Körpers ernst nahm. „Sie haben Recht…“ Sein Blick wanderte von dem Boss der schwarzen Organisation zu Ran. Sofort passte sich sein Herzschlag dem Takt ihrer Atmung an. Schnell und viel zu flach. Und doch sah sie ihn an, sie spürte, wie die Spannung im Raum sich änderte, zwang sich, dazu auf zu sehen und ihren Verstand mit sich zurück in die Realität zu ziehen. Er schluckte hart. Es war ihre einzige Chance. Mit sturer Miene wandte er den Blick ab, sah zurück zu den metallenen Waschbecken und beobachtete, wie ein einzelner Tropfen Wasser hinunter fiel und in den schwarzen Tiefen des Ausgusses verschwand. Der Anblick brachte ihm zum Zittern, doch die Kälte in seiner Stimme kam nicht ins Wanken, ließ selbst dem Boss der schwarzen Organisation einen Schauer über den Rücken laufen. Vielleicht hätte die Ruhe des Detektivs ihm schon in diesem Augenblick eine Warnung sein sollen. „Es ist vorbei.“ Doch in dem Moment in dem Matsumoto das gefährliche Grinsen auf den Lippen des Detektivs erkannt hatte, war es auch schon zu spät. Er ging auf die Breite OP-Tür zu und jeder seiner Schritte schien seine Worte zu untermauern, während sein Ton, der eben noch verzweifelt geklungen hatte, nun die Ruhe wieder hatte, die schon andere Kriminelle das Fürchten gelernt hatte. „Es stimmt, Verbrecherorganisation wie die ihre wird es immer wieder geben und wahrscheinlich wird dieser Kampf niemals enden… aber solange ich kann, werde ich kämpfen.“ Doch die Reaktion des Bosses kam zu spät. Das nächste, was er hörte, war das Zischen der Tür, die dem Druck des Detektivs nachgegeben hatte, ehe Shinichi Kudo selbst im Türrahmen erschien. Der Blick des Detektivs brannte sich unter seine Haut, seine Stimme war kühl und bestimmend, während auf seinen Lippen der Geist eines triumphalen Lächelns ruhte. „Schließlich… bin ich Detektiv.“ Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus, ein ohrenbetäubendes Tosen brach über sie herein und verschluckte Matsumotos heiseren Schrei nach Vergeltung. „NEIN!“ Ran spürte, wie eine letzte heiße Träne über ihre Wange streichelte, bis ihre Welt in Flammen und Finsternis versank. Epilog: Memories ---------------- So bevor ich euch in den Epilog entlasse noch ein Dankeschön für großartiges Fanart zum letzten Kapitel! *knuddel* Ihr werdet sehen es passt wirklich sehr gut zu der FF ;) http://animexx.onlinewelten.com/fanart/fanfic/318803/2533480/ Also denn meine Lieben, ich wünsche euch viel Spaß! Ich melde mich dann später noch mal ^//^ Memories Die traurige Melodie der Friedhofsglocken schwängerte die feuchte Luft mit ihrem Klang. Nur wenige Sonnenstrahlen schafften es an diesem Sommertag durch die dunkle Wolkendecke und tauchten das Land in ein buntes Muster aus Licht und Schatten. Die einsame Sonate der Totenglocke durchbrach den Rauchschleier der Räucherstäbchen, der sich wie Nebel über die Gräber legte. Die Atmosphäre barg sowohl etwas Trauriges als auch Tröstendes in sich, denn mit all den Namen und Menschen, die einem an diesem Ort begegneten, fühlte man sich zumindest nicht so allein. Auch die Erde an ihren Schuhen war noch feucht. Schmutzige Abdrücke auf dem weißen Kies verrieten ihren Weg von dem frisch ausgehobenen Grab hin zu der kleinen Bank, wo sie die kostbaren Sonnenstrahlen in sich aufsog, während sie die Stille um sich herum genoss. Sie sah auf, hinüber zu den beiden Grabsteinen, die nun friedlich nebeneinander ihren Platz gefunden hatten. Eine einsame Träne suchte sich ihren Weg über ihre Wange, ihre braunen Locken wurden vom Wind zum Tanz aufgefordert, während eine geisterhafte Stimme in ihren Ohren flüsterte. „Ran… dir habe ich mit diesem Plan womöglich die größte Bürde auferlegt. Ich kann nur hoffen, dass du all dies niemals hören musst- dass du es niemals erfahren musst.“ Die junge Frau schluckte, knetete geistesabwesend das Taschentuch in ihrem Schoß, während sie Ais mittlerweile wohl bekannten Worten lauschte. „Wenn doch,… tut es mir Leid.“ Die Stimme der jungen Chemikerin zitterte voll Mitgefühl, sie holte tief Luft, brachte das alte Tonband zum Rauschen, ehe sie weiter sprechen konnte. „Ich könnte jetzt vieles sagen und erklären, aber das Wichtigste ist für dich wohl zu wissen, dass ich dir nicht die Schuld gebe, das ich dir verzeihe…, auch wenn es eigentlich nichts zu verzeihen gibt. Du konntest es nicht wissen, du wolltest helfen, aber Kudo hat es vor dir geheim gehalten und das wohl bis heute. Er wollte es dir sagen, Ran. Er hasste diese Lügen und noch mehr hasste er es, dich leiden zu sehen. Er wollte es dir sagen,… aber ich habe es nicht zugelassen.“ Ais Stimme bescherte ihr eine Gänsehaut, diese Stelle bewirkte in ihr immer wieder aufs Neue den Wunsch, die junge Frau fest in den Arm zu nehmen, deren Stimme so viel Schuld in sich Trug. „Er wollte dich beschützen und ich… wahrscheinlich hatte ich einfach nur Angst.“ Ran schluckte, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die der Wind mit sich genommen hatte, während sie dem Spiel aus Licht und Schatten in den Wipfeln der Bäume beobachtete, die sie vor dem grauen Himmel abschirmten. „Angst was du von mir hältst, wenn du die Wahrheit erfährst, wenn du weißt wer ich bin. Denn im Grunde bin ich es, die Shinichi und dir all das angetan hat. Es war meine Forschung, die ihn zu diesen Lügen gezwungen hat. Durch meine Forschung hätte er fast sein Leben verloren, er hatte Glück- im Gegensatz zu hunderten anderen…“ Sie hörte sie schlucken, bevor sie den Satz mit trockener Stimme beendete. „… die durch meine Hand den Tod gefunden haben.“ Ran spürte wie der Kloß in ihrem Hals abermals wuchs, sie kannte den Text der jungen Chemikerin nun schon beinahe auswendig und doch wollte sie noch immer nicht glauben, welche Qualen sie erlitten haben musste. „Ich wollte das nicht- nicht an diesem Gift weiterarbeiten, aber sie hatten Akemi, meine Schwester. Sie war alles was mir noch geblieben war… bis sie für die Organisation zu gefährlich wurde. Ich sah damals für mich nur diesen Ausweg, ich wollte es beenden, doch ausgerechnet bei mir hat das Gift abermals versagt, sodass ich zu dem einzigen Menschen geflohen bin, der meine Lage verstehen konnte…. Shinichi hat mir tatsächlich geholfen, auch nach all dem, was er wegen meines Giftes durchmachen musste, er hat mir ein neues Leben ermöglicht, obwohl er wusste, was ich getan hatte, hat er mich sogar in das Leben des Menschen gelassen, der ihm am meisten bedeutet. In deines, Ran. Und ich danke dir dafür, dass du mir damals die Hand gereicht hast, auch wenn ich es dir nicht immer einfach gemacht habe…. Du hast mir damals das Leben gerettet.“ Doch das unsichtbare Lächeln, das auf den Lippen der erdbeerblonden Chemikerin ruhte, verschwand in ihren nächsten fragenden Worten, die Ran nun schon so oft beantwortet hatte… ohne dass sie es jemals hören könnte, auch wenn sie ahnte, dass die junge Frau ihre Antwort schon damals gekannt hatte. „Aber sag mir eins Ran… Nun, da du weißt, wer ich bin und was ich getan habe… wie urteilst du nun über mich? Hättest du dich damals anders verhalten, wenn du es von Anfang an gewusst hättest? Hättest du mich wie die Mörderin behandelt, die ich bin?“ Ran schluckte, schüttelte langsam den Kopf und auch wenn ihre blauen Augen einen salzigen Schimmer in sich trugen, lag auf ihren Lippen ein einfühlsames Lächeln. „Verdient hätte ich es vermutlich…“ „Nein…“ Doch der kühle Sommerwind trug ihre Antwort mit sich fort und vereinigte sich mit den Rauchschwaden der Räucherstäbchen zu einem Wirbel aus weißem Nebel, der geisterhaft über den Friedhof schwebte. Shinichis Blick richtete sich in den grau bedeckten Himmel, immer mehr schwarze Wolken drängten sich zwischen ihn und die Sonne. Der Detektiv seufzte und vergrub seine Hände tiefer in den Taschen seines Jacketts, sein Blick huschte zu dem Agent an seiner Seite, der sich wie üblich nicht darum scherte, dass er mit den breiten gelben Lettern auf seiner schwarzen Jacke erst recht an einem solchen Ort für Aufsehen sorgte. Akais grüne Augen verharrten ruhig auf dem Steinmetz, der seiner Arbeit nachging und die in schwarz gehaltenen Schriftzeichen an dem weißen Marmor justierte. Als er endlich fertig war, klopfte er sich den Staub von der Hose und polierte unter den wachsamen Augen der beiden Detektive den Stein, ehe er sich endlich von dem kleinen Urnengrab aufrichtete und die beiden Herren fragend ansah. Zu mehr als einem kurzen, dankbaren Nicken war jedoch keiner von ihnen in der Lage, sodass er dieses nur kurz erwiderte und dann seines Weges zog, schon längst hatte er sich in seinem Beruf an derlei Reaktionen gewöhnt, zumindest aber besaß er genug Taktgefühl, um erst ein paar Gräber weiter zu einem fröhlich pfeifenden Liedchen anzusetzen. Shinichi aber hörte das unpassende Solo des Steinmetzes nicht, seine Augen ruhten auf den schwarzen Buchstaben, die nun zum ersten Mal seit zehn Jahren ihren Namen formten, während sie nun endlich wieder mit ihrer Schwester vereint war. Shiho Miyano 1978-1996 Geliebte Schwester und Freundin, wir behalten dich stets in unseren Herzen. Die Luft in seiner Kehle stockte, während eine knisternde Mischung aus Trauer und Erleichterung in seinem Inneren brodelte und die Haare in seinem Nacken aufstellte. Akemis Name schimmerte in weißen Lettern auf dem mattschwarzen Marmor, der sich wie Samt an den weißen Stein ihrer Schwester schmiegte, um vor seinem inneren Auge miteinander zu einer Einheit zu verschmelzen. Ein trauriges Lächeln schlich sich auf die Lippen des Detektivs, nichts und niemand konnte die beiden jetzt noch trennen. Er schluckte und richtete seinen Blick erneut in den grau bedeckten Himmel. Er seufzte, sein Blick glitt aus dem Augenwinkel hinüber zu Ran, die ein paar Meter weiter auf der Bank saß und Ais Stimme lauschte. Das Lächeln auf seinen Lippen zitterte kurz, ehe er plötzlich bemerkte, wie der FBI Agent sich neben ihm bewegte. Akai hatte ebenso stumm dagestanden, war jetzt jedoch vor den beiden Gräbern in die Knie gegangen und füllte die Vase auf dem schwarzen Marmor mit einer einzelnen roten Rose, ehe er einen kleinen Strauß aus Weißdorn und Baldrian auf Shihos grab drapierte. Die weißen Blüten verschmolzen mit dem hellen Gestein und entlockten dem Detektiv an seiner Seite ein kleines Grinsen, welches der FBI Agent natürlich sofort bemerkte. „Was?“ Shinichi aber rollte nur mit den Augen und schüttelte den Kopf, ehe sein Blick von Akai zurück auf die Blumen der beiden Gräber fiel. „Nichts weiter- ich hätte nur nicht gedacht, dass du dir über so etwas Gedanken machst.“ Eine von Akais Augenbrauen verschwand skeptisch unter der schwarzen Wollmütze, die er, wie es schien, selbst im Sommer nur selten auszog, eh sein Blick skeptisch auf die zarten weißen Blumen in Kudos Händen fiel. Shinichi wurde ertappt rot, ehe er die kleinen Glockenblumen auf Shihos Grab setzte und einen Schritt zurück trat, sodass die beiden Männer erneut stumm nebeneinander standen, ehe Shinichis raue Stimme die Stille durchbrach. „Danke.“ Shinichi lächelte und nickte zu den schwarzen und weißen Steinen, die nun endlich friedlich nebeneinander ruhten, nachdem Akai veranlasst hatte, dass man Ai ein neues Grab zuwies, genauso wie einen „neuen“ Namen, wie immer das der FBI Agent auch angestellt haben mochte. Ein warmer Sonnenstrahl kämpfte sich durch die dicke Wolkendecke und brachte die Marmorplatten zum Schimmern, sodass sich das Spiegelbild der beiden Detektive in je einem der Steine spiegelte. Akais Spiegelbild im schwarzen Marmor aber schenkte ihm nur einen kurzen, abschätzend fragenden Blick, ganz so, als ob er sicher gehen wollte, dass die Worte des Detektivs auch wirklich für ihn bestimmt waren. „Sie hätte es sicher so gewollt.“ Er sah nicht, wie die sonst so kühlen grünen Augen das FBI Agent groß wurden, ehe er die Verwunderung wieder aus seinem Gesicht verbannte und die Antwort, die ihm auf der Zunge lag, in Schweigen ertränkte. Erst als sich der Detektiv zum Gehen wandte, hielt ihn die Hand des Agents erneut auf. „Du gehörst noch immer zu uns, Kudo.“ Der Agent schluckte, sein Blick wanderte an Shinichi vorbei hin zu Ran, die noch immer geduldig auf ihn wartete. „Solltest du jemals-…“ Doch Shinichi schüttelte nur den Kopf. „Nicht, wenn ich es verhindern kann.“ Ein kurzes Grinsen huschte über Akais Lippen, ehe er den Kopf schüttelte, bevor ihn Shinichis Hand vor seiner Nase ihn erneut inne halten ließ. Der Detektiv sah ihn lange und eindringlich an, für einen kurzen Moment verschwamm die kleine Gestalt von Conan Edogawa erneut mit dem jungen Mann, der ihm die Hand reichte. „Trotzdem gut zu wissen.“ Diesmal zögerte der Agent nicht, als er die Geste Shinichis erwiderte, die beiden Männer schüttelten sich kurz die Hände, ehe Shinichi sich zum Gehen wandte und Shuichi Akai allein an den Gräbern der Miyanos zurück ließ. Ais Stimme auf dem kleinen Tonband in ihren Händen bescherte ihr eine Gänsehaut, sie sah die Grundschülerin vor sich, die grünen Augen, die sie groß ansahen und gleichzeitig so alt erschienen in diesem viel zu runden Gesicht. „Ich kann noch heute nicht verstehen, warum Shinichi mir so einfach verzeihen konnte. Aber er hat es getan…“ Ein geisterhaftes Lächeln schwang in ihren Worten mit und wie immer an dieser Stelle zauberte es einen zarten Roséschimmer auf ihre Wangen. „Genauso wie er dir vermutlich schön längst verziehen hat… Er liebt dich, Ran.“ Ai seufzte und Ran konnte sie förmlich vor sich sehen, wie sie tadelnd den Kopf schüttelte. „Und der größte und einzige Fehler, den du je machen kannst, ist diese Liebe nicht zu zulassen, denn nur sie ist dazu in der Lage, dieses brennende Loch in deinem Herzen wieder zu füllen.“ Die junge Frau schluckte unwillkürlich, beobachtete die kleinen schwarzen Räder der Kassette dabei wie sie immer weiter im Kreis liefen. Sie spürte weder den kühlen Wind, der an ihrem Sommerkleid zog noch hörte sie den Kies, der unter seinen Schritten knirschte. Ais, oder viel mehr Shihos eindringliche Stimme erklang ein weiteres Mal am Ende des Tonbandes, das schon so viel Leid und Glück zugleich auf sich genommen hatte und das ihr nun die Frage stellte, auf die sie keine Antwort hatte. „Du gibst jedem eine zweite Chance, Ran… wieso nicht auch dir?“ Die rauschende Stille zwischen den Zeilen war mit Ais unsichtbarem Lächeln gefüllt, das sich auch ohne Worte als stiller Begleiter auf das Band geschlichen hatte, ehe sich die Grundschülerin mit eben jenem dankbaren Lächeln, das man nur zwischen den Zeilen finden konnte, von ihr verabschiedete. „Danke, danke für alles… Ran-nee-chan.“ „Ran?“ Sein fragender Blick ging ihr unter die Haut, das leise Klicken des zu Ende gelaufenen Tonbandes ließ sie zusammenzucken sodass die Besorgnis in seinen Augen nur noch größer wurde. Ran schluckte und zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen, ehe sie die Kopfhörer abnahm, um erneut zu ihm aufzusehen. Shinichi beobachtete jeden ihrer Schritte kritisch, hatte den ganzen Tag hinüber immer wieder zu ihr geschielt und das, obwohl er derjenige gewesen war, der bei der Umsetzung der Urne blass um die Nase geworden war. Ran ließ das kleine Diktiergerät in ihrer Tasche verschwinden, ehe sie sich von der Bank erhob und sich das fliederfarbene geblümte Kleid glatt strich, während sie seine Blicke auf ihrer Haut spürte. Er zuckte ertappt zusammen, als sich ihre Augen trafen, sodass sich ein kleines Grinsen in ihre Züge schlich. Sie überwand die kurze Distanz zwischen ihnen und richtete ihm die Krawatte und den Kranken seines Hemdes, während seine Augen die ihren niemals verließen. Ran ließ ihre Hände daraufhin auf seiner Brust ruhen und sah zu ihm auf, ein verschmitztes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, während sie an dem nervösen Zucken seiner Augenbraue erkannte, das sein analytischer Verstand mal wieder an ihr scheiterte, bevor sie ihn mit einem sanften Kuss auf seine Lippen erlöste. Seine Anspannung floss wie Wasser aus ihm hinaus, als er die warme Haut auf der seinen spürte, während der dezente Duft ihres Parfums ihm in die Nase stieg. Ran sah ihn an, als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten und schüttete leicht tadelnd den Kopf. „Mach dir keine Gedanken, Shinichi, es war meine Entscheidung, ich wollte mitkommen." Er folgte ihrem Blick über den Friedhof, zurück zu den beiden Gräbern, seine Lippen wurden schmal und er spürte, wie abermals ein Schauer seinen Rücken empor kroch. Erst als sich ihre Finger an die seinen schmiegten und ihm den Halt gaben, den er brauchte, bewegte er sich zu einem stummen Nicken. Shinichi seufzte, wandte seinen Blick wieder Ran zu und strich ihr eine schokoladenfarbene Haarsträhne aus dem Gesicht, die der freche Sommerwind immer wieder mit sich trug. „Lass uns gehen." Sie nickte, nahm dankbar seinen Arm und ließ sich ein Stück gegen ihn sinken, während sie den wärmenden Halt genoss. Doch der knirschende Kies unter ihren Füßen ließ sie innehalten und fragend zu ihm aufsehen. „Was ist mit ihm - Akai? Sollten wir nicht-" Shinichi aber unterbrach sie, der trübe Blick kehrte für ein paar Sekunden zurück, während er sprach. „Nein, ich denke es ist besser wir lassen ihn allein..." Ran schluckte nur und nickte, doch während sie dabei waren, diesen trübseligen Ort hinter sich zu lassen, konnte sie sich einen Blick zurück nicht verkneifen. Was die junge Lehrerin jedoch sah, machte in ihrem Herzen erneut Platz für Erleichterung, die sie in eine warme Decke aus Zuneigung und Hoffnung wickelte. Der FBI Agent, der in dem seichten Nebel aus Räucherstäbchen und Kerzenlichtern vor den beiden Grabsteinen stand, lächelte. Mit einem erleichterten Seufzten ließ sie ihren Kopf auf Shinichis Schulter fallen, er führte sie aus dem Friedhofsgelände hinaus zu dem kleinen Park, der sie mit satten grünen Wiesen und verschnörkelten Wegen zum Bleiben einlud, bis ein gequälter Piepton aus Shinichis Sakkotasche ihre Zweisamkeit störte. Sie hörte ihn stöhnen, während er demonstrativ in eine andere Richtung schaute, bis das nervige Bimmeln ein zweites Mal ertönte. „Shinichi?" Sie sah ihn fragend an, löste sich aus seinem Arm um ihm die Möglichkeit zu geben, das Mobiltelefon aus seiner Tasche zu fischen, ehe er es mit einem Augenrollen und leisem Grummeln auf stumm schaltete. „Den ganzen Tag geht das schon so! Wenn ich nur wüsste, woher dieser Aasgeier meine Nummer hat." Genervt steckte er das Handy wieder ein, seufzte jedoch als er bemerkte, das Rans fragender Blick noch immer auf ihm lag. „Mein Verleger. Er will das Buch rausbringen - Bell oder nicht - beziehungsweise, wahrscheinlich ist er gerade deswegen so scharf drauf." Ran grinste, während er sich genervt durchs Haar fuhr. „Ich habe gehört, da ist er nicht der einzige." „Wie?" Er blinzelte, sah sie fragend an. „Sato. Sie liest deine Bücher, Shinichi, und neulich bei dem Fall hat sie mir ziemlich deutlich gemacht, dass sie nach allem, was war, jetzt ein Happy End erwartet." Sie grinste vielsagend, während sich Shinichis Augenbrauen überrascht in die Höhe zogen, ehe er eine grüblerische Miene aufsetzte. „Mein letztes Buch ein Happy End? Ein wenig- banal, findest du nicht?" Der stichelnde Kommentar und das breite Grinsen auf seinen Lippen aber erntete nur einen bösen Blick, sodass der Detektiv mit einem Lächeln einlenkte und in einer ergebenden Geste die Hände hochhob. "Schon gut, schon gut, ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber ich fürchte, York hat erst einmal Vorrang." Shinichi seufzte, schüttelte den Kopf, während er den mahnenden grauen Himmel betrachtete, der sich über ihren Köpfen immer weiter zuzog. Er hätte mit allem gerechnet, als er auf einmal den Leiter der Universität am Telefon hatte, aber bestimmt nicht damit, das York ihn grummelnd mit vom Zigarrenrauch rauer Stimme dazu aufforderte, wenigstens dieses Semester zu beenden und seine Studenten ordentlich abzuprüfen. Der Gedanke daran, ihm und seinen Studenten wieder unter die Augen zu treten, ließ erneut Nervosität in seinen Magen aufflackern. Ran spürte seine Anspannung unter ihren Fingern und lehnte sich mit einem fröhlichen Lächeln erneut an ihn. „Jetzt sei mal nicht so, Shinichi! Ich freue mich schon auf New York, es ist schon so lange her, das wir zusammen dort waren." Der Detektiv aber grummelte nur neben ihr. „Zusammen ist das Stichwort, nachdem Hattori sich, Kazuha und den Zwerg kurzerhand selbst eingeladen hat, bleibt davon wohl nicht mehr viel übrig. Und nachdem der Professor es weiß, schwant mir was Ayumi und die anderen anbelangt, Übles." Ran aber lachte nur aufgrund seines aufgeplusterten Gejammers. „Kannst du es ihnen den übel nehmen? Sie sind neugierig drauf, wo du dich die letzten Jahre lang rumgetrieben hast- genauso wie ich." Shinichi schluckte, als er an sein, wahrscheinlich noch immer auseinandergenommenes, Apartment dachte, zum Glück aber hatte ihm jemand anderes bereits ein Hotelzimmer für den Übergang reserviert. Ein breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Tracy und Stue werden große Augen machen, wenn wir gleich mit so viel Besuch bei ihnen auflaufen." Ran zuckte und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Vielleicht solltest du Tracy vorher noch Bescheid sagen." „Mhm?" Er sah sie fragend an, ehe ihre Augenbraue gefährlich in die Höhe ging. „Erstens, mein Lieber, bist du Stue´s Trauzeuge und zweitens ist es ihre, Hochzeit und eine Braut weiß nun einmal gerne, wer zu ihrer Trauung kommt.“ Shinichi aber spürte, wie ihm die Röte in die Wangen stieg, während er Ran mit solcher Klarheit über dieses Thema reden hörte, sodass er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen konnte. „So, so...“ Ran blinzelte nur, ehe sich auch ihre Wangen in einem zarten Roséton färbten. Shinichi lachte und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Wenigstens entkommen wir so dem Umzug meiner Eltern.“ Kopfschüttelnd strich er ihr über den Handrücken. Seine Mutter hatte angekündigt, dass sie nicht mehr länger Lust hatte auf dieses alte Haus aufzupassen, jetzt, wo er wieder da war. Shinichi aber seufzte nur. „Ich schätze, es wird wieder ganz schön leer werden…“ „Das muss es ja nicht…“ Ihre sanfte Stimme riss ihn aus dem Konzept, blinzelnd sah er zu ihr hinab, doch Ran ignorierte die Rötung ihrer Wangen, sah ihn nicht an, genoss seine Nähe und schmiegte sich enger an ihn, während der kühle Sommerwind den Rocksaum ihres Kleides zum Tanzen brachte. Er wollte in Japan wieder als Detektiv Fuß fassen, so ihn die Medien denn ließen. Wenn nicht, hatte Megure ihm zugesichert, ihn mit offenen Armen zu empfangen. Sie wusste, dass es ihn viel Überwindung gekostet hatte zuzugeben, dass er seinen Job als Detektiv weiter nachgehen wollte, auch nach all dem, was gewesen war. Noch immer sah sie, wie er zuckte, wenn seine Finger ihr Handgelenk berührten. Und sie konnte es ihm nicht einmal verdenken. Niemand hatte damals damit gerechnet sie beide lebend wieder zu sehen. „Schließlich… bin ich Detektiv.“ Seine Worte hatten die Welt ins Wanken gebracht. Denn nur Sekunden, nachdem Shinichi den OP betreten hatte, begann der Boden unter ihren Füßen zu zittern, als die ersten Bomben detonierten und die beiden Männer damit aus dem Gleichgewicht brachten. Zwar waren es Matsumotos Bomben, die das Gebäude erschütterten, doch es war Shinichi, der den Moment nutzte, um zu handeln, während der ehemalige Hauptkommissar von seiner plötzlichen Entscheidung aus dem Konzept gebracht war. Er griff nach dem anderen Skalpell auf dem Instrumententisch, löste ihre Fesseln und schlang schützend die Arme um ihren Körper. Ran erinnerte sich vage an das Gefühl, als seine warme Gestalt den kalten Metalltisch unter ihr ersetzte, den rhythmischen Takt seines pochenden Herzens an ihrem Ohr würde sie so schnell nicht vergessen. „Ran…“ Sein warmer Atem schmiegte sich an ihre von kaltem Schweiß bedeckte Stirn, während seine Stimme einem Flüstern gleich an ihr Ohr drang. „…bitte halt durch.“ Er hielt sie schützend in ihren Armen, steuerte auf den Patientenfahrstuhl zu, der an den OP angrenzte und drückte den Rufknopf nach unten, ehe das kühle Lachen des Bosses der schwarzen Organisation ihn erneut umsehen ließ. Das heisere Lachen schien sich mit den Detonationen der Bomben zu vereinen, wurde von der nächsten Explosion übertönt, die nicht zum ersten Mal eine Hitzewelle durch die Mauern des Gebäudes zu ihnen schickte. Matsumoto fixierte ihn mit seinem Blick, ehe ein triumphales Lächeln auf den gelblichen Zähnen des Bosses aufblitzte, mit dem er dem Tod entgegen sah. Erst als ein glockenhelles Leuten durch das tosende Chaos drang und sich die Fahrstuhltür hinter dem Detektiv und seiner Freundin öffnete, wandelte sich der Blick des ehemaligen Hauptkommissars, während die kühlen Augen Shinichis ihn mit wachem Blick fixierten und sich die Blicke der beiden Kontrahenten ein letztes Mal trafen. Shinichi sah, wie das Funkeln aus Matsumotos Augen wich und sich seine Pupillen verengten, bis nur noch blanker Hass übrig blieb. Er wollte den Detektiv zerstören, hatte damit gerechnet das er den Schmerz seiner Freundin nicht ertragen konnte und das Krankenhaus mit sich in die Flammen reißt. Das er jedoch noch in dieser Ausweglosen Situation einen möglichen Schlupfwinkel fand und auf ihn wartete, damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte ihn unterschätzt. Der Detektiv trat einen Schritt zurück, während der Boss der schwarzen Organisation nur noch beobachten konnte, wie sich die silbernen Türen des Aufzugs vor ihm schlossen. „NEIN!“ Doch das ohrenbetäubende Tosen das über sie hereinbrach, verschluckte Matsumotos heiseren Schrei nach Vergeltung. Shinichi warf sich mit ihr auf den Boden, und beugte sich schützend über sie, als die Bombe im OP-Saal los ging. Doch der Aufzug hatte sich nur weniger Meter bewegt, als sie die Kraft der Explosion erreichte und den oberen Teil der Fahrstuhltür verformte als wäre er aus Butter, ehe die Hitze die ersten Fahrstuhlseile zerfraß und sie mit einem Ruck nach unten beförderte, bis der Fahrstuhl seine gemächliche fahrt fortsetzte. Shinichis heiserer Fluch streifte ihre Wangen, die Hitze des Feuers brannte sich unter seine Haut, während er sie in dem Armen hielt und die tosenden Flammen über ihnen die Fahrstuhlkabine immer weiter aufheizten. Er wusste, sie hatten keine Chance, wenn sie die drei mit Bomben bestückten Etagen nicht hinter sich lassen wurden. Schon jetzt wurde Rans Atem zunehmend flacher, die Hitze und das Feuer, das ihren Sauerstoff verbrauchte, entzog ihr zusammen mit ihrem Blut den letzten Funken leben. Ein gequältes Quietschen, wie der Schrei eines Tieres, kündigte endlich das an, worauf Shinichi gewartet hatte. Die Hitze der Explosionen über ihnen brachte auch die letzten Seile zum Reißen und beförderte sie in die Tiefe. Der Fall gab ihnen einen kurzen Vorsprung vor dem Feuer, bis die Sicherheitsbremsen sie mit einem Ruck zum Stillstand brachten. Schweiß drang ihm aus allen Poren, noch immer fühlte es sich in dem aufgeheizten Fahrstuhl an wie in einem Glutofen, sodass Shinichi für einen Moment glaubte, er hätte ihr Schicksal besiegelt. Sie lag leblos in seinen Armen, ihr Gesicht so bleich wie blütenheller Marmor, während das Blut, das nun auch an seinen Händen klebte, den kleinen Raum mit dem mahnenden Duft von Eisen füllte. Die Hitze verschlang immer mehr seiner Sinne, während seine Hände ihr zittrig über die Stirn strichen und er ihr Versprechungen ins Ohr flüsterte, von denen er sich in diesem Augenblick nicht mehr sicher war, dass er sie halten konnte, bis vor der zerbeulten Fahrstuhltür Geräusche laut wurden. Ein kleines Lächeln war alles was er zu Stande brachte als sich die Tür des Aufzugs einen kleinen Spalt weit öffnete und das gleißende Licht von draußen seine Augen zum Brennen brachte, ehe die Welt um ihn herum dunkel wurde. Shinichi schluckte, heute kam es ihm vor, als hätte all das in Zeitlupe stattgefunden, dabei wusste er, dass von seinem Eintritt in den OP bis zum Betreten des Fahrstuhls nur Sekunden vergangen waren. Er hatte sie zwar retten können, die Narben auf ihrem Handgelenk aber würden blieben. Ein bitterer Geschmack belegte seine Zunge, während er mit seinen Fingerspitzen zärtlich über ihre Haut streichelte, Ran versuchte nicht mahl mehr das vernarbte Schriftzeichen auf ihrem Arm zu verstecken, während es ihn noch immer wahnsinnig machte, dass sie diese Verletzung und die dunklen Tage, die sie damit in Verbindung brachte, niemals vergessen würde können. Der Detektiv biss sich auf die Lippen, wandte den Blick ab, sodass sie seine Anspannung bemerkte und ihm ihrerseits sanft über den Handrücken streichelte, ehe sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte, sodass er nicht anders konnte als sie erneut anzusehen. Ihr Grinsen bedeutete ihm gleich, dass irgendwas im Busch lag, doch ihre mahnende Tonlage ließ ihn abermals zusammenzucken. „Du schuldest mir etwas…“ Er schluckte, während Ran Mühe hatte, sich ein Kichern zu verkneifen, als sie sah, wie sich zwischen seinen Augenbrauen eine nachdenkliche Falte bildete. „Wenn ich mich recht entsinne, hatten sie mir ein italienisches Essen versprochen, Herr Professor.“ Zwar zuckte Shinichi bei der Erwähnung seines alten Egos zusammen, doch es dauerte nicht lange, bis sich ein einladendes Lächeln auf seinen Lippen breitmachte. „Aber natürlich! Wie unhöflich von mir, dann wollen wir diese Versäumnis doch gleich mal nach-…“ Doch ein greller Schrei aus der angrenzenden Straße ließ ihn instinktiv zusammenzucken. Skeptisch öffnete Shinichi eines seiner Augen, zählte im Geiste runter, bis eine aufgeregte Stimme seine Hoffnungen enttäuschte. „Oh mein Gott- Ist er tot?“ „Ruft einen Krankenwagen!“ „Nein, die Polizei!“ Der Detektiv zog scharf die Luft ein, massierte sich mit einem Seufzten den Nasenrücken, ehe er sich traute, seiner Freundin ins Gesicht zu sehen. Ran aber atmete einfach nur lange aus, schüttelte den Kopf, ehe sie sich mit einem Lächeln zu ihm drehte. „Geh.“ Shinichi verzog das Gesicht, sein Blick wanderte von ihr hinüber zu der kleinen Menschentraube, die er erkennen konnte und wieder zurück zu Ran. Er biss sich auf die Lippen und schluckte. „Das muss nicht sein Ran, ich bin sicher die Polizei-…“ Die aber unterbrach ihn mit einem Augenrollen und schubste ihn dabei ein kleines Stück in die richtige Richtung. „Nun geh schon!“ Sie sah wie er zögerte, ehe sich ein breites Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete, er sie erneut zu sich heranzog und ihren Kopf zärtlich in seine Hände nahm, während er seine Finger in ihren Haaren vergrub. Sie schloss die Augen als sich ihre Lippen berührten, ein wohliges Glücksgefühl breitete sich in ihrem Inneren aus, während heiße Funken ihren Rücken hinunter liefen, als er mit seinen Fingern langsam ihren Nacken hinunter strich und er sich mit einem leisen Flüstern von ihren Lippen Löste. „Ich liebe dich.“ Er genoss ihren Geschmack auf seinen Lippen, spürte ihre warme Haut noch immer unter seinen Fingern, während ihre Augen sie gefangen hielten und ihr Lächeln ihn in den Bann zog, während er seine Stirn an die ihre Legte. Sie wischte mit einer Hand vorsichtig den Geist ihres Lippenstifts von seinem Mund und nickte ihm mit einem Lächeln zu. „Ich weiß… und jetzt geh schon und lös den Fall, du Meisterdetektiv.“ Sie konnte beobachten, wie das Grinsen auf seinen Lippen breiter wurde und damit ihr Herz zum Flattern brachte, ehe er nickte. Ran sah ihm nach, als er sich umdrehte um zum Tatort zu laufen. Doch er kam nicht weit, als der erste Regentropfen auf seiner Haut aufschlug. Er kam ins Stocken, spürte wie sein Herz begann schneller zu schlagen als ein weiter Tropfen an seinem Haaransatz einschlug, bis eine warme Hand sich um die seine legte und ein sicheres Dach über seinem Kopf aufspannte. Das Trommeln der schweren Regentropfen auf dem Schirm über ihn brachte hin zum Blinzeln und riss ihn nun endgültig aus seiner Trance, während ihre warmen Finger an den seinen Shinichis Puls senkten. Ran aber ignorierte die Leere, die in seinen Augen schlummerte, und schenkte ihm ein Lächeln, das den Kloß in seinem Hals zum Schmelzen brachte. „Vielleicht sollte ich dich begleiten…“ Mit einem Zwinkern sah sie zu ihm auf. „…um sicher zu gehen, dass du nicht wieder verschwindest.“ Er brauchte einen kurzen Augenblick um Luft zu holen, ehe er fähig war auf ihren kleinen Seitenhieb zu reagieren. „Ha ha.“ Doch sein Blick teilte den Sarkasmus seiner Stimme nicht, sie konnte sehen, wie Erleichterung seine angespannten Muskeln wieder lockerte, ehe er seine Hand dankbar um die ihre legte, die den Schirm über ihnen beiden hielt. Ihre Augen vertrieben die übrig gebliebene Panik aus seinen Knochen, ließen sie wie Eis dahin schmelzen, während sie ihn zu dem Tatort begleitete. Der warme Sommerregen konnte ihnen nun nichts mehr anhaben, sondern spielte sein rhythmisches Konzert über ihren Köpfen, während sich ihre Körper aneinander schmiegten, um sich den Platz unter dem Schirm zu teilen. Sie spürte die Blicke der Menschen auf ihrer Haut, als sie sich langsam dem Tatort näherten. Doch die Presse hatte sich beruhigt, die Öffentlichkeit war noch immer skeptisch, einzelne Personen sogar feindselig ihm gegenüber. Aber alle Gerüchte und Spekulationen würden irgendwann in einem Flüstern verschwinden, genauso wie von allen Wunden nur noch Narben übrig blieben, die im stetigen Fluss der Zeit, irgendwann einmal, verblasst sein würden. Shinichi schluckte, streichelte ihr sanft über den Handrücken, während er ihren warmen Körper an seiner Seite spürte. Narben, egal ob nun in der Seele oder auf der Haut, erinnern an das, was mal gewesen ist, Momente, die man manchmal lieber verdrängte und die doch nie in Vergessenheit geraten dürfen. Sie erinnern an Schmerz, Verlust, Trauer…, vor allem aber waren Narben ein Zeichen von Heilung. Er lächelte, ignorierte den Menschenauflauf der sich langsam um den potentiellen Tatort ein paar Häuser weiter bildete und genoss ihre Nähe, auf die er so lange hatte verzichten müssen. Sie sah zu ihm auf, lächelte, und wartete nur darauf, dass er sich ins Getümmel stürzte, um den Fall zu lösen. Für einen Augenblick lauschte er dem prasselnden Regen über ihnen, holte tief Luft und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe und grinste breit, ehe er in die Menge eintauchte, in den Regen, der ihm, mit ihr an seiner Seite, jedoch nichts anhaben konnte. Das einzige, was von alledem, was sie erlebt hatten, am Ende noch übrig blieb waren Erinnerungen… Erinnerungen, die bewahrt und andere, die gemieden werden mussten. Aber vor allem waren es Erinnerungen, die den Pfad in eine neue Zukunft ebneten. Eine gemeinsame Zukunft, in einer gemeinsamen Zeit. *Ausatme* Sooo… das wäre Geschafft ^^, ich hoffe niemand von euch ist enttäuscht von diesem kleinen Epilog >//<, Denn das wars, Ende, Aus, Schluss und vorbei mit Lost in Time, doch noch mal alles gut ausgegangen für die beiden ;) Ich Danke euch allen Wirklich von Herzen! *//////////////////////////////////////////* Fürs Lesen und Faforisieren, aber vor allem natürlich für eure Kommentare, Empfehlungen für die Leseecke und die super tollen Fanarts zu der Story ^//^ Vielen Dank das ihr mir für diese beiden Jahre treu geblieben seid *knuddel* Seit 2010 schreibe ich nun an dieser Story- und in der Zwischenzeit ist so einiges Passiert, damals war ich gerade mim Abi fertig und nun geht das Studium schon laaangsam zu Ende. Mein Größter Dank geht aber wirklich an die sich durch dieses Monster von Fanfiction durch korrigiert hat! Vielen vielen Dank *knuddel* So was ist der weitere Plan? Erst mal meine Prüfungen bestehen, vielleicht gibt’s dann in/nach Dezember den ein oder anderen Oneshot. Ich habe viele Ideen für die ein oder andere Kurzgeschichte- aber was etwas neues längeres anbelangt… nun, abwarten, wenn dann wird ein gewisser Dieb darin auch seinen Anteil haben, auch wenn bei mir natürlich immer der Fokus auf Shinichi x Ran liegen wird ;) Neben den Shots jedoch steht eine Grundrenovierung von meinen ersten beiden Fanfiction an. Freut euch also auf „Neuesaltes“ ^__^ Wer bei der nächsten FF aus meiner Hand eine ENS haben mag, kann mir dies gerne in einem Kommi mitteilen, dann werde ich euch sicher nicht vergessen ^.~ Nochmals vielen vielen viiiiiielen Dank euch allen! *knuddel* Immer wieder seltsam eine FF zu Beenden, also „kurz“ und schmerzlos. Es war mir eine Freude für euch zu schreiben und von euch gelesen zu werden *Verbeug* Liebe Grüße und bis bald, eure Shelling Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)