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Thousand Years

von

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Frozen

500 Jahre. Eine beachtliche Zeitspanne für einen Menschen. Für Dämonen hingegen war dies nur ein Augenaufschlag. Kagome fragte sich, was 500 Jahre wohl für sie bedeuteten, als sie erneut durch den Brunnen kletterte, der sowohl ihre Zeit als auch das Mittelalter miteinander verband. Manchmal kam es ihr vor, als tickten die Uhren in beiden Zeitebenen anders. Während die Sonne in Tokio den Zenit durchbrach, hielt in Musashi tiefschwarze Nacht Einzug. Und auch ihr Alterungsprozess schien wie eingefroren. Komplett durcheinander. Natürlich halluzinierte sie. Es war, wie es war und sie war nur ein kleines Rädchen im Wind.
 

Es war nun schon Monate, die in Wirklichkeit nur wenige Tage waren, her, seit sie das Mittelalter zuletzt besucht hatte. Vieles hatte sich verändert und doch war noch alles gleich geblieben. Widersprüchlichkeiten über Widersprüchlichkeiten. Mit gesenktem Kopf verließ Kagome die Lichtung, die den Knochenfresserbrunnen beherbergte. Es war nicht mehr von Belang, das sie weiterhin an diesem Ort verweilte, welcher ihr schon so viel Kummer bereitet hatte. Fast lautlos streifte sie weiter durch den angrenzenden Wald. Inuyashas Wald, wie man ihn auch nannte. Ihr Ziel – der heilige Baum. Als sie ihn erreichte, blieb sie stehen, legte mit Bedacht ihre Hand auf die raue, kalte Rinde des dicken Stammes.
 

Vorsichtig, gar schon ehrfürchtig, strich Kagome über die Einkerbung, die Zeugnis dessen war, was damals zwischen Inuyasha und Kikyo geschah. Ihr Blick hob sich, das lange Haar verdeckte nicht länger ihr blasses Gesicht. Die eingefallenen Wangen stachen deutlich hervor. Sie war mager geworden, hatte kaum noch Nahrung zu sich genommen und wenn doch, hatte sie diese nicht lange drin behalten. Auch Schlaflosigkeit quälte sie. Alpträume, wie die dunklen Schatten unter ihren Augen bewiesen. Sie sah rote, züngelnde Flammen und hörte Schreie, die aus dem Nichts zu kommen schienen. Ihre Träume wollten sie warnen. Doch wovor? Oder waren es gar verdrängte Erinnerungen, die sie heimsuchten?
 

Oft war sie schweißnass aufgewacht, hatte heftig gekeucht und nur eine heiße Dusche konnte sie wieder beruhigen. Doch einmal ging ihr Traum weiter. Sie sah ein Dorf, von Nebelschwaden umgeben, und hörte, wie eine Stimme ihren Namen rief. Eine bekannte Stimme. Inuyasha. Deswegen war sie hier. Irgendetwas trieb sie förmlich dazu, ihr geschütztes Heim hinter sich zu lassen und sich erneut den Herausforderungen dieser Epoche zu stellen. Sie wollte doch nur, dass es endlich aufhörte. Sie wollte wieder ruhig schlafen können, wollte endlich wieder leben und wollte… Verdammt. Ja, sie wollte ihn endlich wiedersehen.
 

„Kagome.“ Ein mattes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie sich langsam umdrehte. „Miroku.“ Schnellen Schrittes kam der Mönch auf sie zu, schloss sie in eine feste Umarmung, die sie allzu gerne erwiderte. „Wir dachten schon, du bleibst nun für immer in deiner Zeit.“ Das hatte ich auch vor. Diesen Gedanken behielt sie für sich. Er löste sich wieder von ihr, trat wenige Schritte zurück und bedachte sie mit einem Blick, der ihr durch Mark und Bein ging. Sie wollte sein Mitleid nicht. Sie wollte überhaupt kein Mitleid! „Bringst du mich zu ihm?“
 

Schwach nickte Miroku ihr zu, wagte es nicht ihre Bitte abzuschlagen, wohl bewusst, dass sie sich eh nicht davon hätte abbringen lassen. Kagome hatte immer schon ihren eigenen Kopf gehabt. Tonlos seufzend schlug er den Weg in Richtung des Dorfes ein und Kagome folgte ihm, ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren. Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt und umso näher sie Musashi kamen, umso fester wurde der Knoten. Gleich. Gleich würde sie es sehen. Sein Vermächtnis. Der Grund ihrer Heimkehr. Sie ertrug es einfach nicht. Es hatte sie umgebracht.
 

Auf einem Hügel, der eine wunderbare Aussicht auf das Dorf bot, blieb Miroku stehen, wandte Kagome weiterhin den Rücken zu, bis er einen Schritt zur Seite wich. Erschrocken keuchte sie auf. Nicht, weil sie es nicht gewusst hatte, sondern, weil sie die Realität nun nicht länger verdrängen konnte. Mechanisch trat sie näher, ging vor den beiden Gräbern in die Knie. Inuyasha und Kikyo. Im Tod wiedervereint. Ein melancholisches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. *Bist du nun endlich glücklich, Inuyasha?* Eine einzelne Träne perlte aus ihrem Augenwinkel.
 

„Miroku?“ Er gab einen brummenden Laut von sich, als Zeichen, dass er ihr Gehör schenkte. Langsam erhob sie sich wieder und ließ ihren Blick gen Musashi schweifen. „Sag Sango und Shippo bitte nicht, dass ich wieder zurück bin. Es gibt da noch einige Dinge, die ich vorher erledigen muss.“ Auch wenn es Miroku schwer fiel, so stimmte er ihrer Bitte zu. Es war für seine Frau damals schon ein schwerer Schicksalsschlag ihre beste Freundin für immer verloren zu wissen. Noch einmal wollte er ihr so ein Leid ersparen.
 

„Wirst du wieder kommen?“ Betrübt schloss sie die Augen. Würde sie irgendwann zurückkehren? Auch sie hatte sich oft diese Frage gestellt. „Ich weiß es nicht.“ Mühsam schluckte sie die aufkommenden Tränen runter. Sie wollte keine Schwäche zeigen. Nie wieder! „Wir werden auf dich warten.“ Langsam machte Miroku kehrt. Er sollte es ihr nicht so schwerer machen und sie ziehen lassen. Ein wehmütiger Seufzer entrann seiner Kehle, als er fast gänzlich aus ihrem Blickwinkel verschwunden war. Er hingegen warf einen letzten Blick zurück, sah eine Blume, die schon lange nicht mehr blühte. *Hoffentlich findest du bald dein Glück.*
 


 

Ruhelos wanderte ihr Körper schon seit Tagen umher. Immer auf der Suche nach etwas, was ihrer zerbrochenen Seele Linderung oder gar Heilung verschaffen könnte. Es war ausweglos. Nichts und Niemand könnte ihr nun mehr helfen. Das schwarze Loch, in welches sie fiel, wurde immer tiefer. Kein Ende in Sicht. Kein Licht, welches ihr den Weg weißen konnte. Nur Dunkelheit und Verderben. Entmutigt ließ sie sich auf die Wurzel eines alten Baumes sinken und lehnte ihren Kopf an den dicken Stamm. Nur eine kurze Pause. Langsam schlossen sich ihre Augen, schnappten jedoch sofort wieder auf, als sie eine Veränderung ihrer Umwelt ausmachte. „Zeig dich!“ Ihr Ruf blieb nicht unerhört.
 

„Du hast mich also bemerkt.“ Die alte, knorrige Stimme kam direkt aus ihrer Nähe. Hinter ihr. Schnell sprang sie auf und zückte ihren Bogen, um den vermeintlichen Angreifer abzuwehren, doch was sie sah, ließ sie verwundert inne halten. Ein Baumgeist? „Mein Name ist Bokusenō und du musst Kagome sein. Die Reinkarnation der toten Priesterin Kikyo.“ Zögerlich nickte sie ihm zu. Woher wusste er das alles über sie? Vorsorglich wich sie ein paar Schritte zurück, den Bogen dabei fest umklammert. „Was willst du von mir?“ Sie konnte keinerlei Bedrohung von ihm ausmachen, dennoch blieb die leise Stimme in ihren Hinterkopf, die ihr zuflüsterte schnell zu verschwinden. Seine Nähe und die Aufmerksamkeit der er ihr zu Teil werden ließ behagten ihr ganz und gar nicht.
 

„Ich lebe schon sehr lange und habe auch schon sehr viel von der Welt gesehen, doch einen Menschen wie dich habe ich noch nie getroffen. Diese fremdartige Kleidung, deine zügellose Art und die Aura, die dein ganzes Sein umgibt. Du gehörst nicht in diese Zeitebene und doch bist du ein Teil von ihr.“ Was erzählte dieser Baum ihr eigentlich? Das waren nichts weiter als bedeutungslose Floskeln, doch sie beschlich das ungute Gefühl, dass das noch nicht alles war. Irgendwas würde noch folgen. Etwas, was ihr nicht gefallen würde. Dessen war sie sich sicher. „Du bist mit Inuyasha gereist? Es ist schade, was mit ihm geschehen ist. Aus ihm hätte durchaus noch etwas werden können.“
 

Gepeinigt kniff Kagome die Augen zusammen und verzog ihren Mund zu einer schmalen Linie. Sie wollte das nicht hören. Vergessen. Einfach nur alles vergessen. War das zu viel verlangt? „Willst du nur Smalltalk betreiben, oder kommt da noch etwas? Meine Zeit ist begrenzt.“ Er sah, wie sie litt, dennoch tat es ihm nicht leid, was er sagte. Sie musste den Schmerz akzeptieren und lernen mit ihm umzugehen. Nur so konnte sie beginnen zu trauern und irgendwann vielleicht sogar ihr Leben fortsetzen, welches für sie derzeit jeden Wert verloren hatte.
 

„Du bist auf der Suche nach innerem Frieden?“ Angespannt nickte sie ihm zu. „Ich kann dich leiten, doch die Reise wird nicht ganz ungefährlich. Bist du bereit dieses Risiko einzugehen?“ Er kannte die Antwort bereits und auch Kagome musste nicht darüber nachdenken. Sie würde alles dafür tun, dass der Schmerz endlich verging. Wobei es nicht wirklich der Schmerz war, der sie quälte. Es war diese endlose Leere. Die bodenlose Grube. „Warum willst du mir helfen?“ Er antwortete nicht sofort, stattdessen wurde sein Blick ausdruckslos, wie als würde er gut über die nachfolgende Antwort nachdenken.
 

„Sehe es als Art Kompromiss. Meine Hilfe ist nicht ganz selbstlos.“ Natürlich. Was hatte sie auch anders erwartet? Etwa das er ihr einfach aus purer Nächstenliebe helfen würde? Fast hätte sie über sich selber gelacht. Nein, so närrisch war sie schon lange nicht mehr, dass sie stets nur noch das Gute sah. Sie alle waren doch egoistisch, egal ob Dämon oder Mensch. „Was willst du?“ Kagome wollte es einfach nur schnell hinter sich bringen. Sie hatte nicht vor, sich länger als nötig mit diesem Baumgeist zu unterhalten, der ihr mehr als suspekt erschien. Ob er ihr wohl wirklich helfen konnte? Langsam begann sie an seiner Aussage zu zweifeln.
 

„Meine Zusonderung ist an keinerlei Bedingungen geknüpft, nur einen Rat gebe ich dir mit auf dem Weg.“ Einen Rat? Gespannt wartete Kagome darauf, dass der alte Baumgeist weiter sprach. Nun nahm das Gespräch doch einen interessanten Verlauf an. „Nicht der kürzeste Weg ist auch immer der Schnellste. Manchmal muss man mehrere Umwege gehen, um sein Ziel zu erreichen.“ Das war ganz und gar nicht hilfreich. Natürlich. Was hatte sie auch anderes erwartet? „Sag mir, was muss ich tun? Wo muss ich hin?“ Das war alles, was sie noch interessierte. Er hatte ihr seine Hilfe zugesichert, nun sollte er sich auch daran halten. Sie wollte doch nur ihr Leben zurück.
 

„Du bist eine Miko, Kagome, auch wenn du diese Seite seit jenem Ereignis versuchst unter Verschluss zu halten. Du bist kein normales Mädchen, das warst du nie. Alles, was du nun tun musst, ist auf deine innere Stärke zu vertrauen und den Weg zu gehen, den deine Intuition dir vorgibt. Was sagt dir dein Gefühl?“ Angespannt schloss Kagome ihre Augen, versuchte in sich zu gehen, um den Worten Bokusenōs Taten folgen zu lassen, doch alles was ihr Gefühl ihr zu verstehen gab, ließ ihr Herz noch weiter gefrieren, als es ohnehin schon der Fall war. Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Oberkörper und öffnete wieder ihre Augen, die nun einen trüben Schleier angenommen hatten. „Ich muss Inuyasha vergessen…“
 

Der Baumgeist schwieg, was Kagome in, aus Trauer hervor gerufene, Rage versetzte. „Das Andenken ist es doch, was Inuyasha noch am Leben erhält. Wie könnte ich ihn denn vergessen, wenn es gleichzeitig heißt, ihn ein weiteres Mal damit zu töten? Es muss einen anderen Weg geben. Ich kann das einfach nicht.“ Ergeben schloss Bokusenō die Augen und zog sich in seinen Baum zurück, bald darauf verschwand er komplett aus Kagomes Bildfläche. Erstarrt blieb diese zurück. Was sollte das? Warum war er nun einfach so verschwunden? „Ich kann dir keinen Rat erteilen, wenn du nicht bereit bist diesen anzunehmen.“
 


 

Und ewiger Winter hielt Einzug und gefror die Blume zu Eis...

Dreams

Kagome hatte oft darüber nachgedacht, wie ihr Leben wohl unter anderen Umständen verlaufen wäre. Was, wenn sie nie in den Brunnen gefallen wäre? Was, wenn sie nie Inuyasha begegnet wäre? Was, wenn sie nicht Kikyos Wiedergeburt wäre? Vielleicht hätte sie auf Hōjōs Avancen reagiert, sein Liebe irgendwann erwidern und mit ihm gemeinsam ein glückliches Leben führen können. Sie hätte Kinder bekommen. Ein Junge und ein Mädchen, so wie sie schon immer ihr Wunsch gewesen war. Die Vorstellung an dieses Leben, welches nur in ihren Tagträumen existierte, zauberte ihr ein leichtes Lächeln auf die Lippen.
 

Es war so einfach sich Träumen hinzugeben. Die Realität hingegen war schwer und schmerzhaft. Da gab es keine Happy Ends, nur Trauer und Wehmut. Vielleicht hatte der alte Baumgeist Recht. Sie musste vergessen, um wieder anfangen können zu leben. Wenigstens das war die Inuyasha schuldig. Er hätte nicht gewollt, das sie sich selbst aufgab. Erschöpft, wegen dieser Gedanken, die sie wie ein dunstiger Nebelschleier umwarben, sank sie auf die Knie. Wenn er sie nur so sehen könnte. Er würde sie verhöhnen, sich über sie lustig machen, wie er es so oft zu tun pflegte, wenn sie mal wieder das Gefühlschaos übermannte.
 

All das Jammern und die Träumereien brachten nicht. Kagome blieb nur ein Entschluss. Unbewusst spannte sich ihr Körper an. „Hast du dich nun also entschieden, Miko Kagome?“ Vergessen... Vergessen... Vergessen...Wie ein Mantra schwirrte diese kleine, lästige Wort durch ihre Gedanken. Immer wieder 'vergessen'. Entschlossen erhob sie sich um blickte Bokusenō fest in dessen Angesicht. „Was muss ich tun?“ Seine knorrigen Lippen verzogen sich zu der Andeutung eines Lächelns, welches sich eher erahnen ließ und sie bildete sich ein plötzlich den Geruch von frisch gerösteten Mandeln wahrzunehmen.
 

Taubheit erfüllt ihre Glieder, Müdigkeit ihren Geist. „Was...?“ Benommen flackerten ihre Lider, die Umgebung schien immer mehr vor ihren Augen zu verschwimmen, vermengte sich zu einem Strudel bunter Farben, die immer mehr verblassten, bis nur noch Grau blieb. Alles war Eintönig. Keine Farben. Keine Formen. Jegliche Geräusche waren nur stille Nachhalle ihrer Erinnerungen. „Kämpfe nicht dagegen an. Lass die Dunkelheit zu. Lass sie zu einem Teil von dir werden.“ Vergessen... Dunkelheit... Grau...
 

Inuyasha...
 


 


 

„Inuyasha. Mach Platz!“ Ihre Stimme hörte sich so fremd in ihren Ohren an. Fremd und unwirklich. Wie, als wäre es gar nicht sie, die diese Worte soeben laut ausgesprochen hatte. Irritiert runzelte sie die Stirn, beschloss nach einem kurzen Moment diesen Gedanken jedoch abzuschütteln und weiter ihres Weges zu gehen. Dem Jammern und Zetern des Hanyous schenkte sie keinerlei Beachtung. „Meinst du nicht, das du ab und zu etwas zu streng mit ihm umgehst?“ Besorgt warf Sango ihr einen Blick zu, den Kagome mit einem verschmitzten Grinsen erwiderte. „Ich hatte eine gute Lehrerin.“ Dabei schweifte ihr Blick kurzzeitig zu Miroku, was Sango verlegen ihren Blick abwenden ließ und Kagome zum lachen brachte.
 

Sie waren schon ein verrückter Haufen. Ein notgeiler Mönch, ein sturer Hanyou, eine Dämonenjägerin und sie – die Spitze des Eisberges, wenn man es denn so nennen wollte. Sie, das Mädchen aus der Neuzeit, welche die Reinkarnation einer toten Miko war, die mittlerweile wieder auf Erden wandelte und die Seelen der Verstorbenen verschlang, um so wenigstens ihren aus Friedhofserde und Lehm geformten Körper am Leben zu erhalten. Zu guter Letzt war da noch Shippō, der Kitsune. Dieser hatte sich jedoch nach langwierigen Überlegungen dazu entschieden in Musashi bei Kaede zu bleiben. Er stritt es zwar ab, aber Kagome ahnte, das es etwas mit einem gewissen Menschenmädchen zu tun hatte, was ihm wohl möglich ziemlich den Kopf verdreht hatte. Kichernd schüttelte sie den Kopf.
 

„Was ist so lustig?“ Interessiert sah Sango sie an und auch Inuyasha und Miroku hatten mittlerweile zu ihnen aufgeschlossen. „Ich habe nur gerade an Shippō und Rin gedacht. Meint ihr nicht auch, das sie ein süßes Pärchen abgeben würden.“ Sie würde zu gerne Sesshomarus Gesicht sehen, wenn er davon erfahren würde. Erneut entrann ihr ein, durch ihre Hand gedämpftes, Kichern. Inuyashas abwertendes Schnaufen, blieb es keinesfalls verborgen. „Weiber...“ Augen verdrehend beschloss sie nicht näher auf diese Stichelei einzugehen. Sie hatte momentan einfach keinen Elan dazu, den Halbdämon erneut auf die Bretter zu schicken. Stattdessen dachte sie mit Belustigung an den Abschied von Shippō zurück.
 

Drucksend stand er vor ihnen, blickte verlegen zu Boden und stupste peinlich berührt seine kleinen Finger aneinander. „Ihr kommt doch auch ohne mich klar“ begann er leise zu sprechen. „Ich würde nämlich gerne im Dorf bleiben. Jemand muss doch das Dorf beschützen, jetzt wo sich wieder so viele gefährliche Dämonen in den Wäldern tummeln.“ Sie musste sich damals angestrengt das Lachen verkneifen, vor allem als sie sah, wie erfreut die kleine Rin reagierte, als sie erfuhr, das Shippō bei ihr blieb. Kurz darauf übermannte sie jedoch die Trauer. Sie vermisste den Fuchswelpen, der doch zu so etwas wie ein Sohn für sie geworden war.
 


 

„Hey, Kagome. Träumst du etwa schon wieder?“ Aufgeschreckt sah sie in Inuyashas Gesicht, welches sich nur wenige Zentimeter vor ihr befand und sie erneut dazu brachte, erschrocken zusammen zuzucken und einen leisen Schrei von sich zu geben. Wütend funkelte sie ihn aus zusammen gekniffenen Augen an, als sie sich wieder gefasst hatte. „Was sollte das?“ Sofort ging Inuyasha auf Abstand und hob abwehrend die Hände, wusste er doch, was ihm nun drohte. „Wir können doch über alles reden.“ Ohne Inuyasha auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen stand Kagome auf und stapfte davon, hinein in den tiefen Wald, der sie geradewegs auf eine kleine Lichtung führte.
 

Oft kam sie hierher, wenn sie in der Nähe waren und sie eine Auszeit benötigte. Auch Sango hatte sie diesen Ort gezeigt, war oftmals gemeinsam mit ihr dort. Heute, jedoch, stand ihr nicht der Sinn nach Gesellschaft und Konversation. Sie wusste nicht, was mit ihr los war, fühlte sie sich doch bereits seit geraumer Zeit eigenartig. Körperlich mochte sie zwar fit sein, doch innerlich sah es ganz anders aus. Sie war nur noch müde und abgespannt. Des Nacht ereilten sie Träume, die ihr merkwürdig vertraut und real vorkamen. Und auch die Reisen zehrten jäh an ihren Kraftreserven. Orte, die sie nie zuvor gesehen hatten, kamen ihr so bekannt vor. Menschen, denen sie nie begegnet war, blickten sie an, als wäre sie eine Erscheinung.
 

Interpretierte sie vielleicht zu viel darin hinein? Waren es gar nur Zufälle? Seufzend ließ Kagome sich auf die Knie sinken, lehnte ihren Rücken an den Stamm einer kleinen, schmächtigen Kiefer. Abgespannt schloss sie die Augen und gab sich ganz dem Flüstern des Windes und dem Gesang der Vögel hin. Eine kurze Auszeit. Mehr verlangte sie gar nicht. „Was tust du hier so allein, Mädchen?“ Sie brauchte nicht aufsehen, um zu wissen, wem diese Stimme zuzuteilen war. Ein lautloser Seufzer entrann ihrer Kehle. „Wann wirst du endlich anfangen mich beim Namen zu nennen, Kikyo?“ Aus Höflichkeit öffnete Kagome nun doch die Augen und schaute ihre ehemalige Widersacherin fest an. Diese erwiderte den Blick aus trüben Augen, die den ihren so ähnlich sahen und doch ganz anders waren.
 

Elegant sank Kikyo neben ihr auf die Knie, wandte ihren Blick hinauf in die Krone einer Eiche, in der eine Amsel gerade ihr Nest erbaute. „Es ist ungewohnt, dich nicht länger als eine Bedrohung zu sehen.“ Eine Bedrohung... War sie das denn jemals? Aus dem Augenwinkel sah sie kurz zu Kikyo, bevor sie sich ebenfalls wieder der Amsel zuwandte. „Unsere Seelen waren schon immer miteinander verknüpft und doch gehörte Inuyasha die ganze Zeit über nur zu dir. Ich hatte nie den Hauch einer Chance, auch wenn ich mir zu späterer Zeit nichts anderes gewünscht hatte. Seine Augen, die mich sooft liebevoll angeblickt hatten, sahen stets nur dich. Es tat weh und ich habe dich gehasst dafür, doch mittlerweile habe ich eingesehen, dass man Liebe nicht erzwingen kann. Sie ist genauso wankelmütig und unberechenbar wie...“ - „...der Wind“, beendete Kikyo flüsternd ihren angefangen Satz, als ein leichter Windhauch sie beide erfasste.
 

„Sag, liebst du ihn noch immer?“ Nachdenklich blickte Kagome zu Boden, sah, wie sich das Gras seicht im Takt des Windes wog, wie die Wellen eines grünen Meeres, die sich an einer Klippe brachen. „Tief in meinem Inneren mag ich vielleicht noch Gefühle für Inuyasha hegen, doch Liebe ist es nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn je geliebt habe. Klingt das verrückt?“ Sacht schüttelte Kikyo den Kopf. „Nein, das tut es nicht. Vielleicht mag unsere Seele die gleiche sein, doch schließt das nicht aus, das unsere Herzen verschieden sind.“
 

Bedächtiges Schweigen machte sich daraufhin zwischen ihnen breit. Kagome hätte nie gewagt zu glauben, jemals ein so offenes Gespräch mit Kikyo führen zu können. Genauso wie sie nie gedacht hätte, das diese sie verstand. Es tat gut mit jemanden reden zu können, was tief in ihr vor sich ging. Natürlich. Sango hatte auch stets ein offenes Ohr für sie, doch es war einfach nicht mit jener Bindung zu vergleichen, die sie zu Kikyo hatte. Nicht, das die Priesterin auf einmal ihre beste Freundin werden würde, aber eine gute Kumpeline, wie man in der Neuzeit wohl sagen würde, war sie allemal.
 

„Ich habe dich noch gar nicht gefragt, warum du hier bist?“ Wenige Minuten verstrichen, in denen Kikyo wohl über eine möglich Antwort nachdachte, bevor sie diese laut aussprach. „Ich wollte ihn wiedersehen.“ Ein leichtes Lächeln legte sich daraufhin auf Kagomes Lippen. „Er würde sich freuen.“ Mit einem knappen Nicken und einem kurzen Blick in ihre Richtung erhob sich Kikyo schließlich aus ihrer Position und verschwand wenig später durch das Dickicht des Waldes. Kagome beschloss noch ein wenig zu verweilen. Sie hatten sich sicherlich viel zu erzählen, was nicht unbedingt ihrer Gegenwart bedurfte.
 


 

Genüsslich schloss sie die Augen und lehnte ihren Körper gegen die angenehm kühle Felswand, während sie all ihre Sorgen und stetigen Gedanken in dem heißen Wasser der Quelle, in der sie mit Sango badete, untergehen ließ. Viel zu selten waren diese Momente der inneren Zufriedenheit und der Stille. Viel zu oft sehnte sie sich nach jenen Ruhepausen. „Die Sache mit Kikyo“, begann Sango leise ein Gespräch und Kagome könnten den dazugehörigen, besorgen Blick förmlich auf ihr lasten spüren. „Macht es dir denn gar nichts aus?“
 

Seufzend öffnete sie die Augen und erwiderte den Blick ihrer besten Freundin mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Ich sollte dir danken, das du Kikyo meinetwegen hasst, doch das brauchst du nicht. Ich denke, wir sind nur viele Dinge falsch angegangen. Und wer bin ich denn, das ich es mir anmaßen dürfte, mich zwischen die Beiden zu stellen, wo doch jeder erkennen kann, dass sie zusammen gehören. Für mich ist da einfach kein Platz. Ich habe es mittlerweile akzeptiert und gelernt damit umzugehen. Ganz anders, als es wohl bei dir und Miroku der Fall ist. Wann willst du ihn nun endlich von der Angel lassen?“
 

Beschämt senkte Sango den Blick. Die Röte auf ihren Wangen entging Kagome dabei nicht und brachte diese zum lachen. „Ich kann es einfach nicht ertragen ihn ständig mit anderen Frauen flirten zu sehen. Manchmal denke ich, das er mich gar nicht begehrt, das ich nur eine unter vielen für ihn bin.“ Traurig schaute Kagome ihre Freundin an. Sie wusste genau, wie Sango sich fühlte. „Miroku liebt dich. Dir sind seine Blicke wohl entgangen, aber ich und sogar Inuyasha haben sie durchaus bemerkt. Vielleicht solltest du nicht hoffnungslos darauf warten, das er erneut auf dich zukommt, sondern stattdessen selber die Initiative ergreifen.“
 


 

Drei Monde verginge seit jenem Abend in den heißen Quellen. Drei Monde, die Sango den Anreiz gaben, genau über Kagomes Worte nachzudenken und sie schließlich zu dem Entschluss kommen ließen, diese auch in die Tat umzusetzen. Kagome freute sich für ihre Freundin. Das tat sie wirklich. Dennoch konnte sie nichts gegen diesen Stich in ihrem Herzen ausrichten. Die Einsamkeit war schon immer ihr schlimmster Feind gewesen. Kikyo hatte Inuyasha, Miroku hatte Sango. Was blieb für sie? War sie es denn gar nicht wert geliebt zu werden? Trotz der trübseligen Gedanken, war dies die erste Nacht, in der sie nicht von schrecklichen Träumen heimgesucht wurde.
 

Als sie am nächsten Morgen, kaum das die Sonne das Blätterdach durchbrach, erwachte, fühlte sie sich ausgeschlafen und frei. Gefühle, die lange Zeit schon verloren geglaubt hatte. Sie schaute sich um. Ihre Freunde lagen nur wenige Meter entfernt von ihr. Es war ein schönes Bild, keineswegs so schmerzhaft, wie noch vor wenigen Stunden. Sie gönnte ihnen ihr Glück.
 

*Auch wenn du selbst dabei unglücklich bist?*
 

Erschrocken zuckte sie zusammen, hielt Ausschau nach der fremden Stimme, die ihr gleichzeitig so bekannt vorkam. Unglücklich...? War sie das? Entschieden schüttelte sie den Kopf, sodass ihre langen, schwarzen Haare wild umher wirbelten. Unglücklich war sie nicht und doch fühlte sie sich zugleich so endlos leer. Widersprüchlichkeiten beherrschten ihr Sein.

Moonlight

Keuchend öffnete Kagome die Augen und blickte sich irritiert um. Sie war auf einer Lichtung, umzäunt von alten, knorrigen Bäumen. Noch immer hing der leichte Duft von gerösteten Mandeln in der Luft und mit ihm kehrten auch ihre Erinnerungen zurück. War das alles nur ein Traum? Aufmerksam beobachte der Baumgeist jede ihre Regungen, bevor er sich ihrer endlich erbarmte und zum sprechen ansetze. „Es gibt mehr, als nur diese eine Zeitebene, Miko Kagome. Das was du gesehen hast, war eine von ihnen. Jene, die sich dein Herz herbeigesehnt hat.“
 

Seine Tonlage, die Art, wie er mit ihr sprach, ließen sie stutzen. Er verschwieg ihr etwas. Ein entscheidendes Detail. „Was ist geschehen?“ Stille kehrte ein. Sie wog schwer wie Blei und schnürte ihr die Luft ab. „Dein Tod.“ Traurig senkte sie den Blick, das Lächeln auf ihren Lippen war ebensolcher Natur. Gab es denn wirklich nur diese beiden Wege? Entweder sie oder ein Teil ihrer Freunde? „Warum hast du...“ - „Warum ich dir dieses Leben aufzeigte? Das habe ich nicht. Es war einzig und allein deine Entscheidung diesen Weg zu bestreiten. Sag, ist deine Trauer wirklich so groß, das du dich ohne Bedenken für Inuyasha opfern würdest?“
 

Kagome brauchte nicht lang zu überlegen. Ihre Antwort war klar. Dann jedoch dachte sie an ihre Familie, an ihre Freunde, an all das, was sie an dieses Leben band und ihr Entschluss geriet ins wanken. „Gibt es denn keine Möglichkeit...“ - „...Inuyasha zu retten? Die Zeit zurück zudrehen?“ Hoffnungsvoll blickte sie ihn aus trüben, braunen Augen an. Wäre es ihm gegönnt seufzen zu können, so hätte er dies nun wohl getan. „Tod und Zeit sind sehr widerspenstige Elemente....“ Und wieder hörte sie deutlich heraus, das dies nicht alles war, was er ihr zu sagen hatte. Tod und Zeit... Ein Gedanke manifestierte sich in ihrem Kopf.
 

Es war nicht unmöglich, dieser Elemente mächtig zu werden. Hieß das dann auch, das es durchaus noch Hoffnung gab? „Du denkst richtig und doch wird es dir nicht möglich sein zu ändern, was einst geschah und was noch geschehen wird. Nicht ohne die Hilfe derer, die sind und die einst waren.“ Was hatte das zu bedeuten. Kaum wollte Kagome diese Frage laut aussprechen, merkte sie, das Bokusenō nicht mehr da war. Nur ein leiser Nachhall seiner Stimme klang in merkwürdig verzehrt in ihren Ohren wieder.
 

„Nur der Mond kennt Antwort auf deine Fragen...“
 


 

Bokusenō sprach vom Mond, so als wäre er eine Geister ähnliche Erscheinung, die ihr den rechten Weg weißen würde. Dabei war der Mond nichts weiter als ein Planet, der, von der Sonne beleuchtet, des Nachts das Himmelszelt erstrahlen ließ. Er hatte kein Herz, das ihn leben ließ. Er hatte keine Seele, die ihn fühlen ließ. Und erst recht hatte er keinen Mund, der ihn sprechen ließ. Und doch – sie stritt es nicht ab – übte der Mond schon immer eine gewisse Anziehungskraft auf sie aus.
 

Wie viele Nächte hatte sie schon damit zugetan ihm ihr stilles Leid zuzuflüstern? Es war für sie, als würde er jedes Wort verstehen. Warum sollte er ihr dann nicht auch antworten können, fragte sie sich heimlich, und blickte hinauf zu den abertausenden Sternen, bevor ihr Blick erneut zu dem Mond schweifte, der so nah erschien und doch meilenweit entfernt war. Zögerlich, gar schon ehrfürchtig streckte sie die Hand nach ihm aus, so als wollte sie ihn berühren, zart über seine Narben streicheln. Und doch, egal wie sehr sie sich auch darum bemühte, so war er doch unerreichbar für sie.
 

Sollte es das gewesen sein? Warum offenbarte er sich ihr nicht, nun, wo sie seinen Rat wohl am dringendsten benötigte? Warum hüllte er sich weiterhin in eisiges Schweigen und ließ sie mit all ihrem Kummer zurück? Lautlos perlte eine silbern schimmernde Träne über ihr bleiches Gesicht. „Was tust du hier, Miko?“ Ein Zittern erfasste Kagome, als sie kalte Stimme vernahm, die Sesshōmarus eisige Präsenz noch um ein vielfaches verstärkte. Was tat sie hier? Würde er es verstehen, wenn sie sich ihm erklären würde? Würde er sie für eine Närrin halten, weil sie einfach nicht los lassen konnte?
 

„Ihr würdet denken, ich sei töricht, würde ich Euch mein Leid offenbaren.“ Kagome sah ihn nicht an, wandte ihm weiterhin den Rücken zu, doch konnte sie sich bildhaft vorstellen, wie er nun wohl eine Augenbraue anhob. Fast hätte sie gelächelt, würde ihr nicht die Kraft zu solch emotionalen Reaktionen fehlen. „Erkläre dich.“ Ihr Blick war weiterhin dem Mond zugerichtet, jedoch nahm sie aus dem Augenwinkel wahr, wie Sesshōmaru sich neben sie stelle, seinen Blick ebenso gen Himmel richtete. „Ihr hörtet sicherlich von der Vernichtung des Juwels und davon, das Inuyasha Kikyo in den Tod folgte. Habt Ihr Trauer empfunden, als Ihr davon erfuhrt?“
 

Vielleicht war es wagemutig Sesshōmaru eine solche Frage zu stellen, aber statt das er sie angriff, wie man es wohl geglaubt hätte, blieb er ruhig neben ihr stehen. Lediglich sein Körper spannte sich für kurze Zeit an, bis er seine gewohnte Haltung zurückgewann. „Trauer...“ Nachdenklich flüsterte er dieses Wort in die Winde, welche es sanft hinfort trugen. Und zum ersten Mal erkannte Kagome so etwas wie Menschlichkeit in Sesshōmarus Zügen. „Derartige Gefühlsregungen sind mir fremd. Dennoch kam ich nicht umhin, Seiner still zu gedenken.“
 

Diese Worte erstaunten sie, hieß es doch, dass Sesshōmaru Inuyasha nun endlich, nach all den Jahren, als einen Teil der Familie akzeptiert hatte, obwohl er nur ein Hanyou war. Glücklich verzog Kagome ihre Mundwinkel zu dem Ansatz eines Lächelns, welches nach viel zu langer Zeit auch wieder ihre Augen erreichte. „Glaubt Ihr, er hat nun endlich seinen Frieden gefunden?“ Wieder schien der Lord der westlichen Ländereien genau über ihre Frage nachzudenken und wieder zog einige Zeit ins Land, bevor er ihr Antwort gab. „Ich glaube, er hat seinen Weg gewählt. Doch welchen wirst du erwählen, Kagome?“
 

Welchen Weg sie erwählen wird? Diese Frage verwirrte sie. Hatte er sie vielleicht durchschaut? Wusste er, wie es in ihrem Inneren aussah? Sah er gar die Leere, die in ihrem Herzen inne wohnte? In einem Moment der Unklarheit, die von ihrem Geist Besitz ergriffen hatte, blickte sie geradewegs in das Angesicht des Dämons, der sie stets in ihrem Alpträumen heimgesucht hatte. Dieses Mal jedoch war der Traum kein schlechter. Dieses Mal spürte sie keine Furcht. „Als ich hier her kam, in diese Zeit, die nicht meine eigene war und der ich mich doch so verbunden fühlte, dachte ich, in einem Traum gefangen zu sein.“
 

Lächelnd ließ sie all die Geschehnisse der Vergangenheit Review passieren, vor ihrem inneren Auge abspielen, wie als wären es die letzten Momente ihres Lebens. „Wisst Ihr, was der Nachteil an Träumen ist? Irgendwann erwacht man und stellt fest, das es nichts gibt, was einen ewigen Bestandteil hat.“ Ihr Lächeln, welches noch immer auf ihren Lippen verweilte, passte nicht in Zusammenhang mit der trübseligen Tonlage, die ihre Stimme angenommen hatte. Nichts war mehr übrig von dem taffen Mädchen, was er einst kennen gelernt hatte.
 

„Du hast meine Frage nicht beantwortet.“ Ihre Mundwinkel sackten herab, als sie den Blick wieder abwandte, stattdessen den Boden unter ihren Füßen musterte, der von Stein und Geröll überzogen war. Kein einziger Grashalm hatte sich an dieses trostlose Stück Erde verwirrt. „Kennt Ihr die Antwort nicht bereits, Sesshōmaru-sama?“ Durchaus kannte er die Antwort und doch, oder gerade deswegen, wollte er es von ihr hören. Sie sollte es aussprechen. Einmal nur und gleichzeitig einmal zu viel. Er gab es nicht gerne zu, würde auch nie jemanden an diesem Gedanken teilhaben lassen, aber zum allerersten mal in seinem langjährigen Leben empfand er so etwas wie Mitleid. Das es ausgerechnet dieses Menschenmädchen betraf, damit hätte er nie gerechnet.
 


 

Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als die Dunkelheit plötzlich brach. Erstaunt sah sie auf. Wurde es bereits schon wieder Tag? Nein, es war nicht die Sonne, die ihre Strahlen auf die Erde entsandte. Es war der Mond, der heller den je erstrahlte und auf einmal so viel näher erschien. Nun kam es fast der Realität gleicher ihn berühren zu können. Erneut streckte sie die Hand danach aus. Nur wenige Zentimeter. Und wieder versagte sie. „Ich dachte irgendwann darüber hinweg zu kommen, bis ich jede Nacht von diesen Träumen heimgesucht wurde, die es mir umso schwerer gemacht haben, mich von hier fern zuhalten.“
 

Leicht verlagerte Kagome ihr Körpergewicht nach hinten und legte anschließend den Kopf in den Nacken, um einen besseren Blick auf die Sterne erhaschen zu können, die wie kleine Glühwürmchen um die Wette funkelten. „Wenn Ihr mich nun fragen würdet, warum ich hier bin, so könnte ich Euch keine Antwort darauf geben. Würdet Ihr mich stattdessen nach dem Universum befragen, so würde meine Antwort lauten: Das es so viele Dinge gibt, die weder ein menschliches noch ein dämonisches Auge je erblickt haben. Vielleicht ist das mein Weg. Woher soll ich mir dessen bewusst sein?“
 

Sie sprach vom Universum, ohne sich gewahr zu sein, dass es nichts gab, was ihm in seiner Größe nachstand. Dennoch verstand er den verborgenen Teil ihrer Aussage. Ebenso konnte er ihre Angst sehen, sie sogar riechen. Was versprach sie sich von ihrem Vorhaben? Er wurde aus ihr einfach nicht schlau. „Inuyasha und Ich hatten schon immer unterschiedliche Prinzipien, doch eines hatte er mir stets voraus.“ Erstaunt richtete Kagome ihre Aufmerksamkeit auf den Dämonenlord, wartete voller Ungeduld auf die Ausführung seiner Worte, die auch sobald erfolgte. „Ein menschliches Herz. - Anfangs dachte ich, es würde ihn schwach machen, bis ich begriff, das genau das Gegenteil der Fall war. Es war seine stärkste Waffe. Viel stärker noch als Tessaiga.“
 

Seine Worte ergaben einen Sinn, den sie sich nicht erklären konnte. War es nicht so, das Sesshomaru die Menschen gerade wegen ihrer Schwäche und deren Gefühle verachtete. Was hatte ihn nur dazu bewogen seine Meinung zu überdenken?
 

War es der Regen, der sanft über ihr Gesicht perlte?



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)

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Von:  KiraNear
2016-03-04T21:11:49+00:00 04.03.2016 22:11
Interessante FF, hat mir bisher recht gut gefallen. Auch, wenn Kagome mir ziemlich leid tat :/
Bin jetzt schon gespannt, wie es weitergeht :-)
Von:  Lilia24
2016-02-29T14:24:00+00:00 29.02.2016 15:24
Du hast doch mal wieder selbst übertroffen mit diesem kapi. Es ist einfach nur der Hammer und man kann richtig fühlen wie kagome sich fühlt.
Supi,hoffe du lässt Uns nicht wieder zu lange warten;)
Von:  Rinnava
2016-02-28T16:22:30+00:00 28.02.2016 17:22
ein gutes kapi
Von: abgemeldet
2015-12-03T20:08:23+00:00 03.12.2015 21:08
Hm, wer mag die ketzerische Stimme sein? Ich dachte gleich an Naraku, aber lasse mich überraschen. Es steht noch nicht fest ob die ein Ansporn sein soll, sich neue Wege zu suchen oder etwas Böses beabsichtigt. Man muss sich nur fragen, wieso sie ausgerechnet nach einer guten Nacht auftaucht. Man ist ja ausgeruht empfänglicher für manches ...
Kikyous Darstellung fand ich abgerundet. Sie war ein wenig distanziert , so wie immer also. Das ist schwer unzusetzen, doch hat geklappt. Hatte keine Sekunde einen Zweifel daran, dass sie es wäre. Auch Sango gefiel mir und ja, Inuyashas knappes Knurren. Sogar witzig las sich sein "Weiber". Bi froh, dass du alles sl ruhig erzählst und dir viel Zeit für die Beschreibungen nimmst. Man weiß wo jeder ist und wie es dort aussieht.
Kagome ist auch etwas erwachsener, reifer. Ruhiger.
Ich nehme an das es eine Rückblende ist, die man erlebt. Ob das stimmt, sieht man dann ^^

Manchmal fehlt zwischen zwei Verben ein Komma. Sonst alles ansprechend-schön. Freue mich auf das nächste Kapitel und habe es favorisiert. Bis bald!
Von: abgemeldet
2015-12-03T19:59:46+00:00 03.12.2015 20:59
Ich habe die empfohlen bekommen, und mich bis jetzt sehr darüber freuen können. Kagome macht optisch einen grauenhaften Eindruck, wie von ekner Krankheit zerfressen. Wie kommen die Träume über so viele Jahrhundete hinweg wohl zu ihr? Dämonenwerk? Ein Trauma, das sie vergaß und nur noch unterbewusst vorhanden ist?
Grundkonzeot macht da sehr neugierig, auch weil offen bleibt, weshalb sie in ihre Zeit ging, wenn sie Inuyasha doch so vermisst, erwartet man, sie würde zwischenzeitlich zu Besuch sein. Hmm, könnte etwas mit Kikyou zu tun haben. Aber ich bin nicht sicher. Nur neugierig und sehr gespannt!
Der Baumgeist war unglaublich. Man hörte alte Rinde knarzen und das er eigentlich seinen Kopf durchsetzen will, macht die Angelegenheit mysteriöser. Ist er wirklich an ihr interessiert, sodass er ihr beim Vergessen helfen will? Wurde er gebeten? Ist er einfach immer so und denkt garnicht groß nach? Naja aber wenn einer weiß wie man ruhe findet, ist das wohl ein alter Youkai!

Würde mich nur freuen, wenn du die wörtliche Rede durch Absätze trennst. Bei Miroku und Kagome im Gespräch musste ich immer aufpassen, von wem was kommt. Inhaltlich sind die Dialoge aber ausgefeilt. Ist nur die Form.

Schnell weiterlesen.
Antwort von:  Tsuki_no_Hime
04.12.2015 17:03
Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Review zu dieser Geschichte. Freue mich sehr, dass sie die bisher so gut zu gefallen scheint und werde deiner Bitte mit der Trennung der wörtlichen Rede natürlich gerne nach gehen und dies auch noch in den bereits vorhandenen Kapiteln verbessern. Auch auf die Träume werde ich noch näher eingehen und hoffe einfach mal drauf, das es weiterhin spannend bleibt. Habe immer so ein Talent leicht abzuschweifen. ^^" Das nächste Kapitel ist jedenfalls auch schon in Arbeit. Gebe mir Mühe es schnellstmöglich fertig zu stellen.

Wünsche dir nun aber erstmal ein schönes Wochenende und einen tollen zweiten Advent.
GLG Tsuki ^.^
Von:  ArduousCrib1249
2015-12-02T08:48:32+00:00 02.12.2015 09:48
Wahnsinn ein sehr guter Anfang!
Von:  sailormoon32
2015-11-27T22:01:07+00:00 27.11.2015 23:01
hallo
deine geschichte gefählt mir sehr
gut läst sich sehr schön lesen und ist
sehr spannend freu mich wenn du weiter machst

Von:  Rinnava
2015-11-27T00:16:56+00:00 27.11.2015 01:16
ein super kapi
du schreibst so gut das man sich gut in Kagome hinein versetzen kann
Lg Rin
Von: abgemeldet
2015-11-24T19:52:04+00:00 24.11.2015 20:52
Hallo!

Oh, ein schöner Stil und sehr spannend, melancholisch und gefühlvoll. Bei der Erwähnung der Flammen und Albträume musste ich an den Tod von Inuyashas Vater denken, und es war sehr berührend zu sehen, dass Inuyashas und Kikyous Gräber nebeneinander liegen. Du hast hier eine sehr angenehme Art auf Dinge überzublenden, z.B. als Miroku den Blick freigibt oder man Kagomes Aussehen beschrieben bekommt. Liet das nur an dem Schlafmangel? Kann da noch Schlimmeres dran Schuld sein? Und wird Miroku sich an sein Versprechen gebunden fühlen bzw es vor Sango verbergen können?
Bokusenos Auftritt mochte ich unheimlich. Er hat der Szenerie etwas altes, unwirkliches gegeben und den Berater hervorragend dargestellt. Ein bisschen nebulös, aber weise. Sein Rückzug macht es der skeptischen Miko nicht einfacher sich zu sortieren. Ihre Erwiderung vorher sprach für sich - puh, und nun allein das Rätsel um Traum und die Todesursache lüften.
Übrigens, meintest du mit dem Wort "Zusonderung" eigentlich Zusage o.ä.?

Ich freue mich auf die Fortsetzung!
Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Tsuki_no_Hime
25.11.2015 20:04
Guten Abend,

erstmal danke für deinen lieben und ausführlichen Review zu dieser Geschichte. Es freut mich wirklich sehr, dass sie dir bisher so gut gefällt und hoffe darauf, das dies auch weiterhin der Fall bleiben wird. :) Mit Zusonderung ist schon so etwas wie eine Zusage gemeint. In dem Sinne könnte man auch formulieren, das er ihr seine Hilfe zusagt oder halt sie zusondert. Sitze auch schon ganz fleißig an den nächsten Kapiteln. Hoffentlich packt mich hier nicht irgendwann wieder die Schreibblockade.

Liebe Grüße
Tsuki ^.^
Von:  Rinnava
2015-11-24T18:23:56+00:00 24.11.2015 19:23
wow ein super spannender Anfang mach bitte schnell wei
und Entschuldige das ich nicht mehr schreibe aber mir fehlen die worte
Lg Rin
Antwort von:  Tsuki_no_Hime
24.11.2015 19:24
Vielen lieben Dank für deinen Review.
Freut mich, das der Anfang dir bisher gefällt. :)

GLG Tsuki ^.^


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