Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 29: 29.1.2024: seitenverkehrt ------------------------------------- „Wie lang willst du dich noch im Spiegel anstarren?“, saß Marianne auf der Couch und schaute durch die weit geöffneten Türen hinüber zum Badezimmer. „Das ist mir noch nie aufgefallen!“, drang die Stimme ihrer Freundin Lisa aus dem gekachelten Raum. Marianne verdrehte die Augen. Sie stand auf und ging hinüber, um im Türrahmen stehen zu bleiben. „Ist doch nicht schlimm!“, verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Meine Ohrläppchen sind ungleich groß! Und ich hab es noch nicht mal gemerkt!“, zog Lisa sich an den Läppchen und schaute Marianne mit großen Augen an. „Hier! Das ist größ… nein, Moment, das hier!“, wanderte ihr Blick zwischen dem Spiegelbild und Marianne hin und her – dass der Spiegel alles seitenverkehrt abbildete, verwirrte sie nur noch mehr. „Na ja, mehr Platz für mehr Ohrschmuck“, grinste Marianne und erhielt einen finsteren Blick von Lisa. „Dann fällt das doch noch mehr auf!“, brummte sie und dachte an den vorherigen Besuch beim Piercer zurück, bei dem sie eigentlich genau das hatte machen wollen: Sich weitere Ohrringe stechen. Marianne seufzte aus. Hätte der Piercer doch bloß nie erwähnt, dass Lisa unterschiedlich lange Ohrläppchen hatte… es war schon ein halbes Drama gewesen, als ihr in der Pubertät auffiel, dass ihre Brüste nicht gleichgroß waren und die konnte man noch unter Kleidung verstecken. Was sollte dann jetzt erst passieren? „Willst du künftig nur noch mit Tüte überm Kopf herumlaufen?“ Sie wusste, dass Lisa viel Wert auf ihr Aussehen legte. Die Make-Up-Sammlung auf dem Badezimmerschränkchen verriet das nur allzu gut. „Nein, aber ich könnte mir die Haare…“, begann Lisa nun, an ihrer schulterlangen Mähne zu zuppeln. „Na schön, jetzt reicht es!“, stieß Marianne sich vom Türrahmen ab und trat auf Lisa zu. Die guckte sie irritiert an, als Marianne ihr die Hände auf die Schultern legte. „Jetzt hörst du mir mal ganz genau zu: Menschliche Körper sind nicht symmetrisch! Zumindest in den wenigsten Fällen! Und vor allem fast nie von Natur aus! Okay? Dein eines Auge ist auch etwas kleiner als das andere!“, setzte sie gerade dazu an, weiter zu reden, als Lisa sich schon wieder zum Spiegel umdrehen wollte. „Hey! Ich war noch nicht fertig!“, sagte Marianne streng und blickte Lisa eindringlich an. „Es ist nur was Optisches! Und wir sind auch nicht mehr in der Schule, wo jeder dich für die kleinste Sache hänselt, die ihm optisch an dir nicht gefällt! Mach dich endlich davon frei.“, trat zum Schluss ihrer Ansprache doch ein bisschen Güte in ihren Blick – die beiden Frauen kannten sich lange genug, damit Marianne genau wusste, wo Lisas Unsicherheiten ihren Ursprung hatten. Die ließ die Schultern hängen und nickte schuldbewusst. Ihr Blick wanderte hinunter zu Mariannes Füßen und die Tränen stiegen ihr in die Augen. „Es tut…“ Marianne unterbrach sie. „Du kannst nichts für deine unterschiedlichen Ohrläppchen und erst recht nichts für mein zu kurzes Bein! Abgesehen davon hat dein Ohrendrama mir gerade gezeigt, dass meine Sohlenerhöhung offensichtlich gar nicht mal so auffällig ist, wenn sie dir jetzt erst wieder einfällt“, zwinkerte sie und stupste Lisa an. Ein leichtes Nicken und Lächeln konnte die sich abringen. Sie hatte schon immer Mariannes Stärke bewundert. „So, und jetzt nimm dir endlich deine Jacke und hol dir deine neuen Ohrringe!“, bestimmte Marianne in gespielt gebieterischem Ton, der Lisa zum Lachen brachte. „Wie wäre es mit Freundschaftsohrringen?“, fragte die plötzlich. „An deinen Ohren wäre auch noch Platz für einen neuen Stecker!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)