That feelings makes me insane von xXSasukeUchihaXx (Wanderer x Lumine) ================================================================================ Kapitel 19: ------------ Schon seit einer Stunde verfolgte Tighnari die angeordnete Befragung aus dem Hintergrund und begann sich allmählich die berechtigte Frage zu stellen, ob sie möglicherweise an der Nase herum geführt wurden. Obwohl die niedere Herrin im Vorfeld mit dem Schatzräuber gesprochen und eine Wissenskonserve mit dessen Erinnerung angefertigt hatte, welche als Beweis diente, wies Vsevolod sämtliche Vorwürfe zurück. Er hatte sogar die Behauptung in den Raum geworfen, dass sie ihm und seinen Untergebenen diesen Anschlag auf die Reisende anhängen wollten. Entweder war Vsevolod ein sehr guter Schauspieler, der sich aus der Affäre zu ziehen versuchte oder er sagte tatsächlich die Wahrheit. Glücklicherweise musste er nicht beurteilen, ob die Fatui schuldig oder unschuldig waren. Diese Aufgabe überließ er Cyno, der ein wesentlich besseres Urteilsvermögen besaß und der niederen Herrin, welche die Befragung erst beenden würde, wenn sie die ganze Wahrheit in Erfahrung gebracht hatten. "Hey, Tighnari" wurde er leise gerufen, drehte sich überrascht herum und entdeckte Kaveh, der sich halb hinter dem Torbogen zu verstecken versuchte. Warum er augenscheinlich nicht gesehen werden wollte, konnte sich Tighnari zwar beim besten Willen nicht erklären, aber vielleicht durfte er diesem sonderbaren Verhalten auch keinerlei Bedeutung zumessen. Schließlich versuchte Kaveh bis zum heutigen Tag zu verheimlichen, dass er schon seit mehreren Monaten bei Alhaitham wohnte. Lautlos seufzend setzte er sich in Bewegung, bis er den Blonden erreichte und wollte schon seine Stimme erheben, doch seine Frage blieb ihm im Halse stecken, als sein linkes Handgelenk ergriffen und er vom Befragungsort weg gezerrt wurde. Jenes Verhalten löste blanke Irritation in ihm aus, vor allem weil sich Kaveh immer wieder zu allen Seiten umblickte, ehe sie einen abgeschiedenen Ort erreichten und sein Handgelenk aus den festen Griff entlassen wurde. "Wurden du und Cyno ebenfalls um absolutes Stillschweigen gebeten?" durchbrach Kaveh die Stille und bedachte die vergangenen Tage, in denen er sich kaum auf seine Arbeit hatte konzentrieren können. Wie sollte er sich denn auch auf seinen Entwurf konzentrieren, den er für seinen aktuellen Auftrag überarbeiten musste, wenn er mit seinen Gedanken immer wieder abschweifte und sich berechtigte Fragen stellte? Ungewollt war er zum Mitwisser geworden. Ein Mitwisser, der zwar seinen Mitbewohner nach ihrem ungewöhnlichen Besuch vor fünf Tagen unverzüglich zur Rede gestellt hatte, aber letzten Endes von ihm aufgefordert worden war, sich um seine eigenen Belange zu kümmern. "Wieso ebenfalls? Weder Cyno, noch ich wurden um absolutes Stillschweigen gebeten. Wenn es um den gestrigen Anschlag auf Lumine gehen sollte, kann ich dir aktuell noch nichts Genaues sagen. Die Befragung ist noch im vollen Gange" erwiderte Tighnari und war sich nicht sicher, wie er den verzweifelten Gesichtsausdruck des Blonden verstehen durfte. "Nein, es geht nicht um den gestrigen Anschlag auf Lumine, der mich selbstverständlich auch beschäftigt, aber in erster Linie geht es um den Vorfall vor fünf Tagen" wurde er in Kenntnis gesetzt und konnte nicht verbergen, wie überrascht er über diese neue Information war. Vor fünf Tagen hatte sich bereits ein Vorfall ereignet? Wieso waren Cyno und er nicht ins Vertrauen gezogen worden? Hing besagter Vorfall etwa mit dem gestrigen Anschlag zusammen? "Ein Vorfall vor fünf Tagen? Hat die niedere Herrin dich etwa um absolutes Stillschweigen gebeten?" wollte er in Erfahrung bringen, denn möglicherweise hatte Kaveh etwas beobachtet, worüber er nicht sprechen sollte. "Nein, mich persönlich nicht, aber Alhaitham" seufzte Kaveh und überlegte sich seine folgenden Worte, um nicht offenbaren zu müssen, dass er bei Alhaitham wohnte. "Vor fünf Tagen, es war schon recht spät am Abend, war ich bei Alhaitham, weil er... Er...". "Entspann dich, Kaveh. Cyno und ich wissen schon länger, dass du bei Alhaitham wohnst" wurde er bei seiner Ausführung unterbrochen und schluckte entsetzt. Anschließend lachte er mehrere Male gekünstelt, um seine Unsicherheit zu überspielen, doch als Tighnari einen tiefen Seufzer ausstieß und verständnislos den Kopf schüttelte, wurde er sich allmählich der Tatsache bewusst, dass eine weitere Ausrede keinen Sinn ergeben würde. "Ich... Ich wohne nur vorübergehend bei ihm" versuchte er sich dennoch irgendwie zu rechtfertigen, nicht ohne Tighnari zu bitten, seine aktuellen Lebensumstände nicht an die große Glocke zu hängen. "Werde ich nicht" wurde ihm zugesagt, weshalb er sich gänzlich entspannte und suchte abermals nach den passenden Worten. "Ich saß in meinem Zimmer am Schreibtisch und habe meinen Entwurf überarbeitet. Mein neuer Auftraggeber, der in Ormos lebt, hatte mich um vereinzelte Änderungen gebeten" begann Kaveh, nicht ohne zu erwähnen, dass er vor fünf Tagen am frühen Morgen die Stadt verlassen hatte, um sich mit einigen Händlern zu treffen und erst am späten Abend zurück gewesen war. "Plötzlich hörte ich Klopfgeräusche aus dem Wohnzimmer und war sichtlich verwirrt. Ich meine, Alhaitham und Besuch? Ich wohne schon seit einigen Monaten bei ihm und kann an einer Hand abzählen, wie oft er besucht wurde" fuhr der Blonde ausschweifend fort und obwohl Tighnari für einen kurzen Moment der Versuchung erlegen war, Kaveh zu unterbrechen und ihn zu bitten, endlich zum Punkt zu kommen, hielt er vorerst seinen Mund und übte sich in Geduld. "Als ich die Stimme der niederen Herrin hörte, bin ich sofort aufgestanden und zur Zimmertür heran geschlichen. Zuerst wollte sie wissen, ob ich zu Hause bin oder ob er bereits mit mir gesprochen hätte und als er ihre Fragen einfach verneinte, war ich mir nicht sicher, ob es eine weise Entscheidung von ihm war, ihr direkt ins Gesicht zu lügen. Sie ist schließlich die Göttin der Weisheit" schilderte Kaveh die damalige Lage, in die er mehr oder weniger von Alhaitham hinein gezwungen worden war. Er hatte zwar mehrmals überlegt, ob er nicht einfach die Zimmertür öffnen sollte, um sich zu erkennen zu geben, aber der Gedanke, Alhaitham als Lügner zu entlarven, hatte ihn letzten Endes zur Tatenlosigkeit genötigt. "Folgendes..." erhob er abermals seine Stimme und berichtete Tighnari vom Vorfall am frühen Morgen, den Alhaitham beim morgendlichen Spaziergang scheinbar aus der Ferne beobachtet hatte. "Bevor sie ihn um absolutes Stillschweigen bitten konnte, hat Alhaitham natürlich einige Fragen zu diesen arroganten Schnösel gestellt, der sich schon des Öfteren als Besserwisser aufgespielt hat. Sie meinte aber, dass sie ihm keine Auskünfte über ihn geben dürfe und er sich keine weiteren Gedanken um Lumine machen müsse" endete vorläufig seine Erzählung, nicht ohne zu erwähnen, dass eben jener arrogante Schnösel von ihr beauftragt worden war, sich um die Reisende zu kümmern und regte sich anschließend über Alhaitham auf, der ihm im Vorfeld überhaupt nichts erzählt hatte. "Das ist..." setzte Tighnari zum Sprechen an und brach seinen Satz ab, als sich die Augen des Blonden weiteten und drehte sich ruckartig herum, nur um zu beobachten, wie die Fatui entlassen wurden und wie sein bester Freund noch vereinzelte Worte mit der niederen Herrin wechselte, ehe sie sich nickend von ihm verabschiedete. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Cyno über diesen Vorfall in Kenntnis gesetzt worden war. Wenn er Kenntnis besessen hätte, hätte er ihn, Tighnari, mit Sicherheit ins Vertrauen gezogen. "Bist du dir sicher, dass Cyno nichts über diesen Vorfall weiß?" lauschte er der Frage von Kaveh und nickte bejahend. "Absolut sicher. Er unterliegt zwar oft der Schweigepflicht, aber in diesem Fall hätte er zumindest mich ins Vertrauen gezogen" erwiderte er und stieß einen leisen Seufzer aus. "Außerdem hat er mir von einem etwas längeren Auftrag erzählt. Er war bis vorgestern Nachmittag nicht in der Stadt, weil er und seine Kollegen den Auftrag besaßen, zwei Forscher zu verfolgen, die Forschungsgelder für ihre privaten Zwecke missbraucht hatten" verriet er dem Blonden und schluckte lautlos, als Cyno sie schließlich zwischen den Büschen entdeckte und sich langsamen Schrittes in ihre Richtung bewegte. "Die Fatui scheinen tatsächlich nichts mit dem gestrigen Anschlag auf Lumine und den Wanderer zutun zu haben. Dementsprechend werden wir unsere Suche auf die umliegenden Camps ausweiten" berichtete Cyno, nicht ohne Kaveh zu erklären, wen er mit der Betitelung Wanderer meinte und bedachte den weiten Vorsprung, den dieser Schuldeneintreiber inzwischen besitzen dürfte. Hoffentlich hatte er noch nicht das Land verlassen, sonst würden sie die Quixing in Liyue um ihre Mithilfe bitten müssen. "Wenigstens konnten wir mit Viktor eine Einigung erzielen, was bedeutet, dass der Wanderer keine Strafe zu erwarten hat. Wir sollen lediglich dafür Sorge tragen, dass er künftig keine weiteren Alleingänge unternimmt" fügte er noch eine gute Nachricht hinzu und lenkte sein Augenmerk auf Kaveh, den er bei nächster Gelegenheit ohnehin hatte aufsuchen wollen. "Wieso hat sich Alhaitham kurzfristig Urlaub genommen? Als ich vorgestern Abend eine Kopie von meinen Bericht einreichen wollte, erfuhr ich von seiner Vertretung, dass er sich im Urlaub befindet. Äußerst untypisch für seine Verhältnisse" wollte er in Erfahrung bringen und verschränkte seine Arme vor der Brust. Noch bevor Kaveh in Erklärungsnot geraten konnte, räusperte sich Tighnari leise und zog die Aufmerksamkeit des Mahamatra auf sich. "Über mögliche Gründe können wir heute Abend spekulieren. Zuerst solltest du nach Hause gehen und dir eine Mütze voll Schlaf gönnen" merkte er an, um ihnen etwas Zeit zu verschaffen und obwohl Cyno mit seiner Anmerkung nicht wirklich zufrieden zu sein schien, löste er die Verschränkung seiner Arme wieder und stieß einen lautlosen Seufzer aus. "Heute Abend um zwanzig Uhr bei Lambad" schlug sein bester Freund vor, nickte ihm nach kurzer Überlegung einverstanden zu und sah zu Kaveh auf, der abermals den verzweifelten Versuch unternahm, seine Unsicherheit hinter einem Lächeln zu verbergen. "Gut, bis später" verabschiedete sich Cyno schließlich von ihnen, obgleich seine Gesichtszüge eine gewisse Skepsis verrieten und machte auf den Absatz kehrt. "Alhaitham hat sich Urlaub genommen, um nach Informationen zu suchen, oder?" lauschte Kaveh der Frage von Tighnari, nachdem Cyno aus ihrem Sichtfeld verschwunden war und nickte bejahend, ehe er sich stöhnend ins Haar griff. "Am nächsten Morgen wollte ich Lumine besuchen, um mich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Die Männer vom Regiment der Dreißig teilten mir allerdings mit, dass sie vorerst keinen Besuch empfangen darf, also bin ich zur Akademie aufgebrochen, um noch einmal mit Alhaitham zu reden. Von seiner Vertretung erfuhr ich, dass er sich Urlaub genommen hat" klärte er den Waldhüter auf, nicht ohne zu erwähnen, dass Alhaitham vermutlich sogar die Stadt verlassen hatte, um nach Informationen zu suchen. "Was sollen wir jetzt tun?" wollte er wissen, fuhr sich mit seinen Händen durch sein Haar und dachte angestrengt über ihre Möglichkeiten nach. "Wir können Cyno doch unmöglich die ganze Wahrheit sagen. Er würde unweigerlich erfahren, dass sich dieser arrogante Schnösel schon seit fünf Tagen bei Lumine aufhält" fügte er noch ergänzend hinzu und sah Tighnari abwartend an. "Dir sind seine Gefühle also ebenfalls aufgefallen" stellte Tighnari mehr oder weniger für sich selbst fest und erhob seine rechte Hand, um sich an die Stirn zu fassen. All die neuen Informationen verschlimmerten seine leichten Kopfschmerzen. "Ein Blinder mit Krückstock hätte gesehen, was er für Lumine empfindet" merkte der Blonde neben ihm leise an, nickte ihm wissend zu und senkte seine rechte Hand wieder, ehe er einmal tief durchatmete und die leichten Kopfschmerzen erneut zu ignorieren versuchte. "Wenn wir ihn nicht einweihen und er bemerken sollte, dass wir ihm wichtige Informationen vorenthalten, würde er selbst tätig werden" führte er Kaveh vor Augen, obgleich er befürchtete, dass es Cyno dieses Mal vermutlich nicht gelingen würde, Berufliches vom Privatem zu trennen. "Vorerst sollten wir Nilou aufsuchen und mit ihr sprechen. Cyno erzählte mir vorhin, dass sie den Wanderer mit einer Notlüge in Schutz genommen hat, um ihn vor weitreichenden Konsequenzen zu bewahren. Demnach nehme ich an, dass sie ebenfalls involviert wurde" offenbarte er dem Blonden, nicht ohne den Verdacht zu äußern, dass Nilou vielleicht ebenso um absolutes Stillschweigen gebeten worden war. So viele Fragen schwirrten ihm im Augenblick durch den Kopf, auf die er dringend Antworten benötigte. Warum war Alhaitham überhaupt um absolutes Stillschweigen gebeten worden? Etwa weil der Wanderer offenbar immun gegen Abyss Magie war? Wieso besaß er eine derartige Fähigkeit? War er überhaupt ein normaler Mensch? Mit jenen Fragen, die ihm wahrlich Kopfzerbrechen bereiteten, setzte er sich mit Kaveh, der mit seinen Vorschlag einverstanden zu sein schien, in Bewegung und machte sich mit ihm auf dem Weg zum großen Bazar. Derweil setzte Nahida den Wanderer und Lumine über die beendete Befragung in Kenntnis, nicht ohne zu erwähnen, dass sie Paimon um den Gefallen gebeten hatte, im Heiligtum auf sie zu warten und erklärte ihnen ihr weiteres Vorgehen bezüglich der Suche nach dem Schuldeneintreiber. "Und wir konnten uns mit Viktor einigen. Das bedeutet, dass du für deinen Alleingang keine Strafe zu erwarten hast" richtete sie ihre folgenden Worte an den Wanderer, der auf einen der Stühle beim runden Tisch saß und versuchte ihm verständlich zu machen, dass er sich keinen weiteren Fehltritt erlauben durfte. "Seid Ihr fertig mit Eurer Belehrung?" entgegnete er ihr lediglich, behielt seine Augen auf das ausgeliehene Buch gerichtet und schien an einer weiteren Unterhaltung keinerlei Interesse zu besitzen. "Warum benimmst du dich gerade wie ein trotziges Kind? Kannst du wirklich nicht nachvollziehen, in welche Schwierigkeiten du...". "Als ob das mein Verschulden war. Wenn Ihr mich unverzüglich verständigt hättet, hätte ich erst gar nicht Euer Gespräch belauschen müssen" wurde sie lautstark unterbrochen und hob überrascht ihre Augenbrauen, als er das Buch auf den Tisch knallte, sich wütend erhob und sich zügigen Schrittes auf den Weg zur Tür machte, die er schwungvoll öffnete. "Und wenn Ihr an meiner Kompetenz zweifelt, solltet Ihr Euch nach einer anderen Person umsehen. Der Mahamatra würde sicherlich sofort meinen Auftrag übernehmen" wurde ihr noch vorgeworfen, ehe er ins Freie trat und die Haustür lautstark ins Schloss zog. "Nimm ihm sein Verhalten nicht übel" versuchte Lumine ihn in Schutz zu nehmen, obgleich seine letzte Äußerung sie ein wenig verwunderte und bedachte sein Verhalten der vergangenen, drei Stunden, in denen sie nur wenige Worte miteinander gewechselt hatten. Nach ihrem Frühstück hatte sie noch einen weiteren Versuch unternommen und ihn nach dem genauen Inhalt des Gespräches zwischen Tighnari und Cyno gefragt, welches er ungewollt belauscht hatte und ihm offenbar sehr viel Kopfzerbrechen bereitete. "Das ist unwichtig" war er diesem Thema jedoch sofort ausgewichen, hatte anschließend das ausgeliehene Buch aus dem Schrank geholt und sich ohne ein weiteres Wort an den runden Tisch gesetzt. Das dieses Thema allerdings gar nicht so unwichtig sein konnte, hatte sie ihm mehr als nur einmal von seinen Gesichtszügen ablesen können. Dennoch hatte sie in den folgenden Stunden keine weiteren Fragen mehr gestellt und ihn vorerst in Ruhe gelassen. Während Nahida lediglich ihren Kopf schüttelte und ein verständnisvolles Lächeln auflegte, lehnte Kuni an einem breiten Baumstamm in der Nähe der Unterkunft und versuchte allmählich zur Ruhe zu kommen. Er wusste, dass er vollkommen überreagiert und sich wie ein trotziges Kind aufgeführt hatte. Er wusste, dass er sich künftig in Selbstbeherrschung üben musste. Er wusste, dass Buer ihn bei erneutem Fehlverhalten nicht beschützen würde können. Und er wusste, dass sie überhaupt nicht an seiner Kompetenz zweifelte. Nein, wegen seiner Selbstzweifel, welche er sich nach wie vor einredete, war ihm letzten Endes der letzte Satz ungewollt über die Lippen gekommen. Weil er absolut nicht mit der Tatsache umgehen konnte, dass der Mahamatra romantische Gefühle für Lumine besaß. Dieses Wissen machte ihn verrückt. Seine Gedanken und Gefühle machten ihn verrückt. Diese verdammte Eifersucht, über die er nicht unbedingt mit Lumine sprechen mochte, machte ihn verrückt. Schließlich hatte sie ihm gestern Morgen mehrmals versichert, dass er sich keine Sorgen wegen eines anderen Mannes zu machen brauchte. "Hast du einen kurzen Augenblick?" wurde er in seinen Überlegungen gestört und drehte seinen Kopf abrupt in die linke Richtung, ehe er den Mahamatra erblickte und schluckte lautlos. Augenblicklich verstärkte sich das unruhige Gefühl in seiner Magengegend, nickte ihm aber dennoch zaghaft zu und lenkte sein Augenmerk wieder gen Boden. Mit gemischten Gefühlen trat Cyno auf den Wanderer zu, ließ sich zu dessen linker Seite auf den Boden nieder und lehnte sich rücklings gegen den breiten Baumstamm. Eigentlich hatte er tatsächlich nach Hause gehen wollen, aber er wusste, dass er nicht schlafen würde können. Zu viele Fragen schwirrten ihm noch immer im Kopf herum, auf die er keine plausiblen Antworten finden konnte. Er wollte wissen, wie es dem Schuldeneintreiber ohne Verbindungsmann möglich gewesen war, den genauen Aufenthaltsort der Reisenden und dem Wanderer in Erfahrung zu bringen. Er wollte wissen, wozu der gestrige Anschlag eigentlich gedient hatte. Er wollte wissen, warum der Wanderer keinerlei Reaktion auf diese neuartige Substanz gezeigt hatte. Er wollte wissen, wieso die niedere Herrin seinen berechtigten Fragen nach der Befragung ausgewichen war. Er wollte wissen, weshalb Kaveh seinen besten Freund aufgesucht und vorhin derart nervös gelächelt hatte. "Wurdest du bereits über das Ergebnis der Befragung unterrichtet?" durchbrach er die eingetretene Stille und nickte verstehend, als seine Frage leise bejaht wurde. Ob der Wanderer nähere Informationen besaß? Prüfend sah er zu ihm auf, versuchte in dessen Gesichtszügen zu lesen und runzelte die Stirn, als der Wanderer die Arme vor der Brust verschränkte und unverständliche Worte vor sich her murmelte. Irgendwie wirkte er unsicher und eben jenen Umstand versuchte er scheinbar mit der abwehrenden Haltung zu verbergen. Obgleich sich Kuni tatsächlich unbehaglich in seiner Haut fühlte und nicht so wirklich wusste, wie er sich in seiner jetzigen Lage verhalten sollte, blieb er an dem Baumstamm gelehnt stehen und lenkte seine blauen Augen zur Unterkunft. "Ich beneide dich" wisperte er vor sich her, löste die Verschränkung seiner Arme wieder und versuchte sich einigermaßen zur Ruhe zu bewegen. "Im Gegensatz zu mir bewahrst du offenbar immer einen kühlen Kopf, während ich mich von meinen Gefühlen beherrschen lasse" fuhr er erklärend fort und sah prüfend zum Mahamatra hinab, welcher zwar im ersten Moment überrascht über seine Worte zu sein schien, sich aber ebenso schnell wieder fing und verneinend den Kopf schüttelte. "Und im Gegensatz zu mir weißt du, wie es um deine Gefühle bestellt ist" fügte er noch leise hinzu, noch bevor Cyno ihm hätte widersprechen können und setzte ihn darüber in Kenntnis, dass er ihr Gespräch vor wenigen Stunden gehört hatte. "Du besitzt scheinbar ein ebenso gutes Gehör wie Tighnari" stellte Cyno nach einer Weile mehr oder weniger für sich selbst fest und starrte zum blauen Himmel auf. "Nur weil ich mich stets in Selbstbeherrschung übe, bedeutet das nicht, dass mir diese Situation überhaupt nichts ausmacht. Um ehrlich zu sein war ich, als Tighnari mir von den vermeintlichen Knutschflecken an ihrem Hals berichtete, entsetzt, wütend und verdammt eifersüchtig" erklärte er im sachlichen Ton und erhob seine rechte Hand, die er auf seine linke Brusthälfte legte. "Aber im nächsten Moment dachte ich, dass ich überhaupt keinen Grund besitze, um entsetzt, wütend und eifersüchtig zu sein. Schließlich war es meine Entscheidung, ihr nichts von meinen Gefühlen zu erzählen" fuhr er fort, senkte seine rechte Hand wieder und sah prüfend zum Wanderer auf, in dessen blauen Augen er vereinzelte Emotionen zu lesen versuchte. "Und vielleicht kannst du im Augenblick noch nicht in Worte fassen, wie es um deine Gefühle bestellt ist, aber in Anbetracht der Tatsache, dass du Viktor auf deine Art und Weise zur Rechenschaft ziehen wolltest, lässt erahnen, wie wichtig dir Lumine ist" teilte er seine persönliche Meinung mit und legte ein zaghaftes Lächeln auf, als der Wanderer augenblicklich errötete und den Kopf zur rechten Seite drehte. Eine ganze Weile herrschte absolute Stille zwischen Kuni und dem Mahamatra, wobei sich Ersterer in gewisser Weise ertappt fühlte und nicht so recht wusste, wie er sich nun verhalten sollte. Mit nachdenklicher Miene starrte er in die Ferne und bedachte die jetzige Situation, in die er sich mehr oder weniger selbst hinein befördert hatte und atmete einmal tief durch, um sich weitgehend zur Ruhe zu bewegen und drehte seinen Kopf zurück zum Mahamatra, dessen linkes, rotes Auge nun auf die Unterkunft gerichtet war. "Wie weit wurden du und dein Kumpel über den aktuellen Sachverhalt aufgeklärt?" erhob Kuni seine Stimme mit jener Frage und ließ sich neben dem Mahamatra auf den Boden nieder, nicht ohne sein rechtes Bein an seinen Körper zu ziehen, um seinen Arm auf sein Knie zu stützen. "Wir sind lediglich über den gestrigen Anschlag aufgeklärt worden" wurde ihm leise entgegnet und noch bevor Kuni hätte etwas sagen können, drehte Cyno den Kopf in seine Richtung und stellte ihm etliche Fragen. Die berechtigte Frage, wieso er, Kuni, nicht auf diese Substanz reagiert hatte. Die berechtigte Frage, wozu der gestrige Anschlag überhaupt gedient hatte. Die berechtigte Frage, warum die niedere Herrin ihn, den Mahamatra, nicht ausreichend aufklärte, obgleich er sicherlich würde helfen können. "Und mich beschäftigen noch weitere, durchaus relevante Fragen. Woher kannte der Schuldeneintreiber euren genauen Aufenthaltsort? Viktor war schließlich nicht sein Verbindungsmann, was unweigerlich bedeutet, dass wir andere Möglichkeiten in Betracht ziehen müssen. Ist eventuell noch eine weitere, bislang unbekannte Person involviert oder ist es im Bereich des Möglichen, dass eure Gespräche abgehört werden? Wurde die Unterkunft dahingehend untersucht?" wollte der Mahamatra von ihm wissen, aber auf jene Fragen wusste Kuni einfach keine plausiblen Antworten. Nein, eigentlich hatte er über diverse Möglichkeiten überhaupt noch nicht nachgedacht, weil er in den vergangenen Stunden viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war. Nach gefühlten fünf Minuten, in denen Cyno vergeblich auf die erhofften Antworten wartete, erhob er sich seufzend und klopfte sich den Schmutz von seiner Hose, ehe er sich zum Gehen wendete. Was hatte er denn auch erwartet? Das der Wanderer seinen insgeheimen Verdacht bestätigte und ihn mit sämtlichen Informationen versorgte? Nein, denn sie kannten sich im Grunde überhaupt nicht und vermutlich war der Wanderer sogar von der niederen Herrin selbst gebeten worden, sämtliche Informationen zu verschweigen. Mit jener Vermutung setzte er sich in Bewegung und blieb abrupt wieder stehen, als er bei seinem Titel gerufen wurde und drehte seinen Kopf, um über seine linke Schulter zu blicken. "Ich werde dir sämtliche Fragen beantworten, aber dafür erwarte ich deine Mithilfe und Diskretion bezüglich meiner Person" wurde ihm ein Handel vorgeschlagen und hörte sehr wohl die Unsicherheit aus der Stimme des Wanderers heraus. "Einverstanden" entgegnete Cyno, machte auf den Absatz kehrt und trat langsamen Schrittes auf den Wanderer zu. "Ich sichere dir meine Hilfe zu und werde sämtliche Informationen vertraulich behandeln" versicherte er dem jungen Mann, blieb direkt neben ihm stehen und verschränkte seine Arme vor der Brust. Als der Wanderer nach reifer Überlegung zögerlich nickte und schließlich die Stimme erhob, um sein Schweigen zu brechen, lauschte er den folgenden Informationen. Weder er, noch der Wanderer bemerkten das neugierige, grüne Augenpaar, welches ihnen ausreichend Aufmerksamkeit schenkte und ihr Gespräch aus sicherer Entfernung beobachtete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)