Persona 3 -After the Years- von fubukiuchiha ================================================================================ Kapitel 52: LII – Ein Name zum Erinnern --------------------------------------- ~~~Donnerstag 23. Juni 2016~~~   Kurz nachdem es zum Ende des Schultages geläutet hatte, versammelte sich die Gruppe um Aiden auf dem Dach der Schule, um noch einmal den Plan durchzugehen. Wie Aiden es erklärte, war das Ziel des heutigen Tages lediglich eine kleine Observation des Gebiets, um Hinweise auf den Verbleib von Aiko zu finden. Ihr sofortiger Aufbruch war allerdings gecancelt worden, da Miyuki etwas für den Kunstclub zu erledigen hatte. Mit einer Person weniger zu gehen war allerdings viel zu riskant, weshalb sich die Gruppe darauf einigte, etwas später aufzubrechen, wenn sie wieder vollzählig waren. Miyuki entschuldigte sich mehrmals bei ihren Freunden, bevor sie sich zu ihrer Clubaktivität verzog. Die restlichen vier Schüler nahmen sich vor, noch ein paar letzte Vorbereitungen für den Abend zu treffen.   Den Weg zur Mall gingen sie noch zusammen, doch in dem Gebäude angekommen trennte sich das Quartett. Haruka und Setsuna besuchten einen Spielwarenladen, auch wenn die Brünette nicht so genau sagen konnte, was ihr kleiner Bekannter dort wollen könnte, was mit der Shadow-Welt zu tun hatte. Luca hingegen zog Aiden mit in das Lebensmittelgeschäft, in welchem er jobbte und packte ein paar Getränke und Süßigkeiten ein. Anfangs hielt Aiden seine Skepsis noch zurück, doch bei den ganzen Schokoriegeln, die Luca in seinen Einkaufskorb packte, gewann seine Neugier doch die Oberhand: „Verrätst du mir, was du mit dem ganzen Süßkram vorhast?“ „Was wohl? Essen natürlich“, lachte der Spanier und bekam einen regelrechten Lachanfall, als er das verdutzte Gesicht seines Freundes sah, weshalb er versuchte, sich unter Atemnot zu erklären: „Mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass solche Lebensmittel sich in der Shadow-Welt positiv auf den Körper auswirken.“ „Inwiefern wirken sie sich positiv auf den Körper aus?“, wiederholte der Anführer und legte nachdenklich die Stirn in Falten, während er der Erklärung seines Kollegen lauschte: „Hast du nie bemerkt, dass ich drüben Alphard deutlich öfter einsetzen kann als Nobiro zum Beispiel Anser?“ Jetzt wo er es erwähnte, musste Aiden feststellen, dass Luca Recht hatte. Miyuki nutzte ihre Persona sehr oft, da sie in der Lage war, Heilzauber zu wirken, allerdings sah Aiden Luca seine Persona deutlich öfter einsetzen. Aber lag das wirklich nur an dem Essen? Immer noch leicht skeptisch betrachtete der Braunhaarige die Schokolade und die süßen Softdrinks, als der Spanier noch etwas hinzufügte: „Versteh mich nicht falsch, die Dinger wirken nicht einmal ansatzweise so stark wie das Zeug, welches wir in den Dungeons finden oder die Zauber, die du und Nobiro einsetzen, allerdings kann selbst eine kleine Stärkung den Ausschlag geben. Bei den Getränken kann ich Alphard deutlich öfter körperlich angreifen lassen, während ich durch die Schokolade mehr auf sein Eis setzen kann. Du glaubst mir nicht, oder?“   „Das ist es nicht… Warum hast du das denn nicht schon viel früher gesagt, wenn du es doch schon so lange weißt?“, erkundigte sich Aiden und las währenddessen die Inhaltsstoffe auf einem Schokoriegel durch, als Luca leicht verlegen auflachte: „Ich habe ehrlich gesagt gedacht, dass ich es mir einbilde, aber wenn ich nichts zu essen dabeihatte, war es echt schwer. Von daher decke ich mich mit genug Zeug für uns alle ein. Du weißt nicht zufällig, ob einer von uns irgendwelche Allergien hat?“ Auf die Frage sah Aiden nachdenklich an die Decke des Ladens, doch hatte er keine Ahnung, ob einer seiner Freunde irgendwelche Unverträglichkeiten hatte. Mit einem Schulterzucken tat er Luca’s Frage ab und sah wieder auf die Schokolade: „Wenn du wirklich recht hast und ich denke mal, dass du keinen Mist erzählst, dann frage ich mich dennoch, wieso sich Schokolade so auswirkt.“ „Naja, es heißt, dass Schokolade gut für die Seele ist. Soul Food, weißt du?“, grinste der Spanier und ging zur Kasse, wo er sich kurz mit dem Kassierer unterhielt und dann mit Aiden zusammen den Laden verließ. Auf dem Weg durch die Mall recherchierte Aiden mit seinem Handy und legte die Stirn in Falten: „Soul Food ist die traditionelle Küche der afroamerikanischen Bevölkerung und besteht oftmals aus sehr deftigen Speisen. Also an sich Essen, was einen glücklich macht. Wenn wir von der Prämisse ausgehen, dass die Persona ein Teil unseres eigenen Wesens, also unserer Seele ist, dann macht es Sinn, dass sie auf solche Lebensmittel reagiert.“ „Das ist echt faszinierend, findest du nicht? Ich hätte niemals erwartet, dass ich mir mal über solche Dinge Gedanken machen würde“, lachte Luca und zog sein Handy aus der Tasche, um die Uhrzeit zu checken: „Nobiro müsste gleich aus der Schule kommen und dann können wir los.“ „Erstmal müssen wir schauen, wo Tenno und Setsuna sind. Nicht, dass wir noch ohne die beiden loslaufen“, widersprach Aiden und sah sich in der Mall um, wobei er besonders nach Setsunas weißblauen Haaren Ausschau hielt.   Als er nichts entdecken konnte, beschlossen die beiden Jungs, dass sie draußen vor dem Gebäude warten würden, doch stießen sie genau dort auf ihre beiden gesuchten Freunden. Haruka saß auf einer Bank und betrachtete ihren kleinen Freund, der mit einem Jo-Jo herumhantierte und damit einige Tricks vollführte. Nachdem er das Spielzeug wieder in seine Hand gezogen hatte, stieß Luca einen anerkennenden Pfiff aus und knuffte Setsuna sanft gegen die Schulter: „Nicht schlecht, Kleiner. Du bist echt gut darin.“ „Hehe, danke, Senpai. Ich liebe Jo-Jos schon seit ich klein bin… Hör auf, so blöd zu grinsen, Silva-senpai!“, wollte der Junge eigentlich etwas aus seiner Kindheit erzählen, doch als er das Wort »Klein« gesagt hatte, war Luca in schallendes Gelächter ausgebrochen und schnappte nach Luft, während er mit der Hand auf Setsunas Größe anspielte. Haruka rieb sich die Schläfen und schüttelte fassungslos den Kopf, denn die Aktion ihres Klassenkameraden war in ihren Augen kindischer als alles, was Setsuna je getan hatte. Die Aktion wollte der Jüngere auch nicht auf sich sitzen lassen und versuchte, dem Älteren auf den Fuß zu treten, während die sich immer noch den Bauch halten musste. Aiden selbst schüttelte nur kurz den Kopf und ließ sich neben Haruka auf der Bank nieder, woraufhin die Brünette ihm den Kopf zuwandte: „Was habt ihr beiden in der Zeit gemacht?“ „Hm? Oh, Luca wollte ein paar Snacks und was zu trinken kaufen, was wir mitnehmen können. Er hat da was Interessantes angesprochen, was ich nachher gerne selbst einmal ausprobieren möchte. Und ihr beide?“, erkundigte sich der Junge und sah neugierig auf seine Mitbewohnerin, welche sich kurz ein paar Haarsträhnen hinter ihr Ohr strich: „Setsuna wollte sich ein Jo-Jo aus Metall kaufen, da er sich damit gegen die Shadows verteidigen will. Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob das so eine gute Idee ist.“ Auf die Erklärung hob Aiden eine Augenbraue und sah dabei zu Setsuna, der mittlerweile von Luca mit einem Schokoriegel bestochen und beruhigt worden war: „Er… will sich mit einem Jo-Jo gegen die Shadows verteidigen? Ist das sein Ernst?“ Er konnte Harukas Skepsis absolut nachvollziehen, doch wollte er erst einmal abwarten, was Setsuna genau vorhatte, bevor er die Idee endgültig abschob. Kurz darauf kam Miyuki angelaufen und entschuldigte sich noch einmal dafür, dass sie alle wegen ihr warten mussten. Die Entschuldigung wurde schnell angenommen, denn die Gruppe war nun vollzählig und hatte ein Ziel: Den Naganaki Schrein.“   Auf dem Spielplatz, welcher sich auf dem Schreingelände befand, stieß die Gruppe auf Mirai, welche auf dem Klettergerüst saß und nachdenklich in den Himmel schaute. „Hey, Mirai, wartest du schon lange auf uns?“, begrüßte Haruka die Silberhaarige, welche den Kopf senkte und ihre Freunde einen Moment ansah, bevor sie von dem Gerüst kletterte: „Ein bisschen. Hat Luca mal wieder zu viel mit den Mädchen geflirtet?“ „Hey, dieses Mal bin ich völlig unschuldig! Aber ich will jetzt auch niemandem den schwarzen Peter zuschieben. Wir sind vollzählig und können los. Chef, wie ist der Plan?“, wechselte Luca das Thema und sah seinen besten Freund an, der sich einen Moment streckte und dann in die Runde sah: „Wir gehen nur kurz rüber und sehen nach dem rechten. Unser Hauptziel wird es sein, Hinweise über Tanaka zu finden, sofern sie denn wirklich da drüben ist, dafür suchen wir am besten nach Zen. Mirai, irgendwelche Ideen, wo er sein könnte?“ „Nicht wirklich, aber der Typ kommt und geht sowieso, wie er will. Würde mich nicht wundern, wenn er sofort auftaucht, wenn wir drüben sind“, murrte die Silberhaarige und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das würde uns eigentlich in die Karten spielen, aber wir nehmen es, wie es kommt. Bleibt zusammen, wenn wir drüben sind und wenn ihr Kettenrasseln hört, dann gebt sofort Bescheid und lauft. Seid ihr soweit? Dann los“, stimmte Aiden sein Team ein und ging mit ihnen zu dem alten Baum, durch welchen er als erstes stieg, um die andere Welt zu betreten.   ~~~Shadow-Welt~~~   Langsam bekam Aiden den Bogen raus, um nach dem Eintritt in diese Welt nicht sofort mit der Nase im Dreck zu landen und sah sich aufmerksam um. Hinter ihm tauchten erst Miyuki, dann Luca und Setsuna und zum Schluss Mirai und Haruka auf, welche alle erst einmal den Kopf in alle Richtungen drehten. Da die Luft rein war, trat die Gruppe auf den großen Vorplatz des Schreins und nahmen sich als erstes ihre Ausrüstung aus dem Gebäude. Mit großen Augen bestaunte Setsuna die verschiedenen Waffen, welche seine Freunde hatten und sah dann auf das Jo-Jo, welches er sich an den Gürtel gehängt hatte. Ein wenig albern kam er sich jetzt schon vor, doch würde er schon zeigen, wozu er in der Lage war. Aiden half Luca noch schnell, die Getränke und die Snacks in einen Rucksack zu packen, bevor er an die Treppe trat: „Na dann, gehen wir es an, Leute!“ „Hai!“, rief der Rest des Teams uns und folgte ihrem Teamführer die Stufen nach unten, um die Suche zu beginnen.   Setsuna ließ während der Suche den Blick schweifen und wusste nicht, ob er beeindruckt oder verängstigt sein sollte. Das schwummrige rot und grün, in dem alles leuchtete und die roten Pfützen am Boden bereiteten ihm Unbehagen, doch versuchte er, sich stark zu geben. Unbewusst griff er nach Harukas Hand, welche diesen Griff erwiderte und ihm beruhigend die Hand drückte: „Ist alles okay, Setsuna?“ „J-ja, es geht schon“, murmelte er leise und versuchte, die restlichen Persona-User nichts mitkriegen zu lassen, denn er wollte niemanden zur Last fallen. Miyuki spannte ein paar Mal ihren Bogen und sah sich aufmerksam um: „Keine Spur von Zen-kun. Wo könnte er sein?“ „Sollen wir einfach mal versuchen, ihn zu rufen?“, schlug Luca vor und legte sich seine Hellebarde über die Schultern, um seine Arme etwas zu entlasten. „Wie stellst du dir das vor, Luca? Soll ich einfach mal »Hey Zen, wo steckst du?« in die Pampa rufen?“, kommentierte Mirai sarkastisch und warf dem Braunhaarigen einen bösen Blick zu, als hinter ihr eine männliche Stimme erklang: „Rufen ist nicht notwendig. Ich hör euch auch, wenn ihr normal redet.“ Mit einem erschrockenen Quietschen wich Mirai in Richtung Luca zurück und fuhr herum, wo sie den jungen Mann mit braunen Haaren und dem Stachelhalsband entdeckte.   Neugierig sah Setsuna auf den jungen Mann vor ihnen, der mit recht neugieriger Miene auf sie zukam und direkt vor Aiden stehen blieb: „Ich nehme an, dass ihr nach mir gesucht habt, um mich nach etwaigen Vorkommnissen in der Nähe zu fragen, habe ich recht?“ „Das trifft es recht gut, Zen. Da du unsere Frage ja bereits kennst, hast du auch eine Antwort für uns?“, erkundigte sich Aiden bei seinem Bekannten, der die Arme vor der Brust verschränkte und sich umsah: „Die Shadows sind wieder sehr unruhig, aber das sind sie immer, wenn der Vollmond kommt und geht.“ „Werden Shadows durch den Mond beeinflusst? Was sind diese Dinger, das Meer und die Gezeiten?“, murrte Luca verwirrt und schüttelte den Kopf, als Zen erklärte, dass dieser Vergleich gar nicht mal so weit hergeholt war. Wie er weiterhin erläuterte, wurden die Shadows durch die Mondphasen beeinflusst und waren bei Vollmond am mächtigsten. Diese Erkenntnis war zwar interessant, brachte die Gruppe aber im Moment absolut nicht weiter. Um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen, erkundigte sich Aiden nach Aiko, doch konnte Zen nicht bestätigen, dass er eine andere Person in dieser Welt gesehen hatte. Was die Gruppe aber mehr Interessierte war, als Zen anmerkte, dass die Shadows sich auch beim Aufenthalt von Haruka und Setsuna in der Shadow-Welt sehr seltsam verhalten hatten. „Wenn das, was Zen uns hier erzählt stimmt, dann könnte Tanaka wirklich hier sein oder jemand anderes“, sprach Luca seine Gedanken laut aus und erntete leisen Zuspruch seines Teams, als Miyuki leider das hinzufügte, was allen auf der Zunge lag: „Aber wie sollen wir sie finden? Wir wissen so gut wie nichts über Tanaka-san, also auch nicht, wo sie sich für gewöhnlich herumtreibt.“ „Ganz spontan hätte ich ja gesagt, dass wir die gleiche Methode wie bei Setsuna verwenden“, schlug Haruka vor, doch bremste sie sich im nächsten Moment selbst aus: „Allerdings haben wir nichts, was nach ihr riecht.“   „Nach ihr riecht? Wie darf ich das verstehen?“, wunderte sich der Jüngste im Team und bekam im Schnelldurchgang erzählt, dass sie in seinem Fall die Hilfe von Kako in Anspruch genommen hatten, welche ihn durch seinen Schlafanzug gefunden hatte. „Ich verstehe, aber wir werden wohl kaum an den Schlafanzug von Tanaka herankommen. Vielleicht können wir mal zu ihr nach Hause gehen, da werden wir doch bestimmt was finden“, schlug Setsuna am Ende vor und bekam ein einstimmiges Nicken, wobei Haruka noch anmerkte, dass er dabei auch wirklich überprüfen könnte, ob Aiko verschwunden war oder nicht. Zen beobachtete den Kriegsrat der Gruppe stumm, bis Miyuki sich gegen eine Wand lehnte und in die Runde schaute: „Und was machen wir jetzt? Wir haben keinen Anhaltspunkt, an dem wir unsere Suche starten könnten, also können wir es für heute auch gut sein lassen, oder?“ Haruka und Luca nickten zustimmend, denn ohne Hinweis würde eine Suche mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben. Setsuna war sichtlich enttäuscht darüber, nicht gegen einen Shadow kämpfen zu können, doch Aiden bemerkte, wie Mirai bei dem Kommentar von Miyuki kurz das Gesicht verzogen hatte und er wusste auch sofort woran das lag. Sofort ging er im Kopf durch, was er tun könnte, um etwas über Mirai in Erfahrung zu bringen, allerdings fehlten auch hier zu viele Teile in dem Puzzle. Das Einzige, was er in dieser Welt mit der Silberhaarigen in Verbindung bringen konnte war Zen. Einen Moment sahen die beiden Jungs sich an, denn Zen hatte den Blick auf sich schnell bemerkt, bevor Aiden das Wort ergriff: „Sag mal, Zen, du hast doch damals Mirai hier gefunden, oder?“ Sofort gingen alle Blicke zu dem Braunhaarigen, der abwartend auf den Jungen mit dem Halsband schaute, welcher nur kurz nickte: „Ja, ich habe sie bewusstlos auf dem Boden gefunden und dann in dieses Wohnheim gebracht, damit sie sich erholen kann. Nachdem sie wieder aufgewacht war, ist sie einfach nur durch die Gegend gestreift. Kurz darauf seid aber auch schon ihr drei aufgetaucht.“   Die Gruppe tauschten einen kurzen Blick, bevor Aiden sich an Mirai wandte: „Mirai, hast du eigentlich jemals den Punkt untersucht, an dem Zen dich gefunden hat?“ „Nein, denn ich weiß gar nicht, wo dieser Punkt ist“, erwiderte die junge Frau und strich sich mit der Hand durch ihren Pony, bevor sie bei den skeptischen Blicken ihrer Freunde, welche auf ihr lagen, etwas pissig wurde: „Was? Der Kerl war immer schneller weg als ich ihn hätte fragen können.“ „Okay, wenn er dann jetzt hier ist und mit uns redet, könnte Zen uns doch zeigen, wo er Mirai gefunden hat“, schlug Luca vor und sah den Braunhaarigen erwartungsvoll an, als dieser nickte und sich in Bewegung setzte: „Das ist kein Problem. Der Punkt ist allerdings ein Stück von hier entfernt.“ „Das stört uns nicht“, beschloss Mirai für die Gruppe, welche sofort hinter Zen herlief, welcher sie quer durch die Stadt führte. Der Punkt, welchen sie ansteuerten, befand sie außerhalb der Stadt in der Nähe eines Bahnhofs, auch wenn von diesem so gut wie nichts mehr übriggeblieben war. „Scheiße, hat hier eine Bombe eingeschlagen?“, entwich es Luca, als er den kleinen Krater vor ihnen entdeckte, von welchem aus sich eine Welle der Verwüstung in der Umgebung ausbreitete. Mit großen Augen sah sich die Gruppe um und suchte nach Hinweisen, als Zen auf das Zentrum des kleinen Kraters deutete: „Ich habe Mirai dort liegend gefunden. Bevor du fragst: Nein, ich habe mich hier nicht umgesehen, von daher kann ich dir nicht sagen, ob hier etwas von ihr liegt.“ „Dann werden wir das jetzt machen. Kannst du vielleicht so freundlich sein und die Augen und Ohren offenhalten, falls sich etwaige Feinde nähern?“, bat Aiden den Jungen mit dem Cape, welcher mit vor der Brust verschränkten Armen am Rand stehen blieb und ein stummes Nicken zur Bestätigung gab, während er sich eine seiner Armbrüste gegen die Schulter lehnte.   Die Gruppe unterdessen stieg in den kleinen Krater, welcher an der tiefsten Stelle kaum mehr als einen halben Meter tief war. Überall lagen Trümmer und Steine herum, manche noch ganz, andere porös und verrußt, als hätten sie im Feuer gelegen. „Okay, teilt euch auf und seht, ob ihr was finden könnt. Alles könnte ein Hinweis sein, deshalb dreht jeden Stein um. Wortwörtlich, wenn ich mir dieses Trümmerfeld so ansehe“, befahl Aiden seinem Team, bevor er selbst in eine Richtung ging und anfing, einige der Steine beiseite zu räumen und darunter nachzusehen. Das gesamte Team tat es ihm gleich und kurz darauf wühlten sich die sechs Teenager durch den Dreck, wobei Mirai anmerkte, dass Kako hier eine enorme Hilfe sein könnte. Doch auch, wenn sie ihren Hund nicht dabeihatte, wollte sie diese Chance nutzen, um etwas über sich selbst in Erfahrung zu bringen. Immer wieder durchbrach das leise Stöhnen eines der Teenager die Stille, wenn ein größerer Stein bewegt werden musste, doch ansonsten blieb es eher still in der Gruppe. Unter großer Anstrengung stemmte Aiden einen Stein zur Seite, als im Licht der untergehenden Sonne etwas im Dreck vor ihm aufblitzte. Vorsichtig wischte er noch etwas Erde weg, wodurch ein alter Musikspieler zum Vorschein kam, der allerdings durch die Einwirkungen von außen irreparabel beschädigt worden war. „Wäre auch zu schön gewesen“, murmelte der Braunhaarige und sah auf das Objekt in seiner Hand, als Mirai neben ihn trat und auf seine Handfläche schaute: „Hast du etwas gefunden?“ „Einen alten, tragbaren Musikspieler, aber er ist komplett kaputt“, zeigte Aiden seinen Fund, welcher ihm von der Silberhaarigen aus der Hand genommen wurde: „Ob der mir gehört hat?“ „Er taugt zwar nichts mehr, aber du kannst ihn ja erstmal behalten. Wer weiß, vielleicht stellt sich ja wirklich heraus, dass es deiner war. Schade, dass es nicht mehr ist“, entgegnete der Anführer und sah auf das kleine Stück Schrott, doch drückte sich Mirai im nächsten Moment an ihn und flüsterte leise: „Es ist mehr, als ich in den letzten zwei Monaten überhaupt gefunden habe.“   Vorsichtig klopfte Aiden Mirai auf die Schulter, wobei er den Blick über seine Freunde schweifen ließ, von denen Miyuki gerade auf einem Stein verschnaufte, Haruka in einem Metallrohr nachsah und Luca und Setsuna weiterhin Steine wegschoben. Mit ein paar aufmunternden Worten lief Aiden zu Luca, um diesem bei einem besonders großen Stein zu helfen, während Mirai zu Haruka ging und sie kurz beobachtete. „Hast du was gefunden, Haruka?“, erkundigte sich die Silberhaarige, auch wenn sie innerlich die Antwort bereits wusste, doch ging sie sofort in die Hocke, als Harukas Stimme aus dem Rohr schallte: „Ja, hier liegt was. Sieht aus wie ein Geldbeutel.“ „Ein Geldbeutel?“, fragte die Silberhaarige etwas lauter als notwendig, allerdings bekamen es dadurch die anderen ebenfalls mit und versammelten sich um die Brünette, die ihren Oberkörper wieder aus dem Rohr zog: „Ich komm nicht dran, meine Arme sind zu kurz.“ „Vielleicht können Nii-san oder Silva-senpai es rausholen, die haben längere Arme“, schlug Setsuna vor, als Luca Haruka sanft beiseiteschob: „Ich habe eine bessere Idee, schließlich habe ich ne Verlängerung.“ Mit einem breiten Grinsen nahm er seine Hellebarde und schob sie in das Rohr, um nach dem Geldbeutel zu angeln. Ein paar Mal versuchte er, um das Objekt zu erhaschen, bis Aiden ihm zur Hand ging und zu zweit bekamen sie mit der Klinge der Hellebarde das Objekt zu fassen, wodurch sie es aus dem Rohr ziehen konnten.   Neugierig starrte die Gruppe auf den Fund, bei dem es sich tatsächlich um einen schwarzen, ledernen Geldbeutel handelte, welcher allerdings an mehreren Stellen verbrannt und beschädigt war. „Der hat auch schon bessere Tage gesehen“, brummte der Spanier und hob das Portmonee hoch, um es in der Hand zu drehen, bevor er es öffnete und den Inhalt studierte. „Und? Ist etwas nützliches drin?“, konnte Mirai ihre Neugier nicht zügeln und rückte dem Spanier auf die Pelle, welcher nach und nach den Inhalt zum Vorschein brachte. Neben einigen verbrannten Geldscheinen und einem Klumpen aus angeschmolzenen Münzen befanden sich ein paar Plastikkarten in dem Geldbeutel. Das erste war offensichtlich eine Bankkarte, allerdings war diese so stark beschädigt, dass man weder den Kontoinhaber noch die Kontonummer erkennen konnte. Die nächsten Dinge waren wohl Mitgliedskarten für etwaige Clubs, allerdings waren auch diese oberflächlich völlig durch Hitzeeinwirkung beschädigt. „Ernsthaft, das ist doch zum Verzweifeln. So, wie die Karten aussehen, müsste der Beutel komplett hinüber sein, aber so wie das aussieht, will uns jemand absichtlich Infos streitig machen!“, fluchte Luca und warf vor Frust das Objekt in den Dreck, doch entschuldigte er sich im nächsten Moment als er sah, wie Mirai sich hinhockte, den Geldbeutel an sich nahm und an ihre Brust drückte. „Tut mir leid, Mirai-chan, das hätte ich nicht tun sollen“, entschuldigte sich Luca noch einmal, als Aiden eine weitere Karte bemerkte, die Luca in den Dreck geworfen hatte. Bereits beim Aufheben erkannte er, um was es sich handelte: Einen Schülerausweis. Vorsichtig blies er Schmutz und Staub weg, wodurch er auf dem Ausweis das Bild einer jungen Frau mit silbernen Haaren und roten Augen erkennen konnte. Wie auch bei den anderen Objekten war der Großteil beschädigt, allerdings konnte man durch das Emblem eindeutig erkennen, dass der Ausweis zur Gekkoukan High School gehörte. Doch war das nicht alles, denn es gab noch etwas, was Aiden auf dem Ausweis erkennen konnte: „Tokiwa Mirai, geboren am dritten Dezember 1999.“ „Was?“, kam es verwirrt von der Silberhaarigen, als Aiden ihr die Überreste des Ausweises vor hinhielt: „Das Bild ist eindeutig. Das bist du: Tokiwa Mirai.“ „Das steht tatsächlich Mirais Name drauf!“, rief Haruka freudig aus, als Mirai sich die Hand vor den Mund presste und nicht mehr verhindern konnte, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie versuchte zwar, die Schluchzer zu ersticken, doch übermannte sie einfach die Freude, wenigstens etwas aus ihrer Vergangenheit erfahren zu haben, als Miyuki und Haruka sie beiden Seiten umarmten und fest an sich drückten.   Um Mirai etwas Freiraum zu lassen, ließen Aiden, Luca und Setsuna sie bei den beiden Mädchen des Teams, während sie sich an den Rand des kleinen Kraters zurückzogen und sich beratschlagten. „Wir haben zwar nichts von Tanaka erfahren, aber Mirais Name ist nicht weniger wertvoll. Sie tut immer so tough, aber ihre Reaktion zeigt ganz klar, wie viel ihr das hier bedeutet“, tat Aiden seine Gedanken kund, welche Luca genauso sah: „Mit dem Namen können wir draußen immerhin mal nach ihr suchen oder nach ihren Verwandten.“ „Sie hat geweint vor Freude. Ich mag mir gar nicht vorstellen wie es ist, wenn man absolut nichts über sich selbst weiß… Hat noch einer von euch was gefunden? Meine Suche war erfolglos“, griff Setsuna das Gespräch auf und sah seine beiden Senpai erwartungsvoll an, doch hatte auch Luca nicht wirklich etwas gefunden. Der kaputte Musikspieler, den Aiden gefunden hatte, gehörte eventuell auch Mirai, aber eine wirkliche Spur war es nicht. Während ihres Gedankenaustauschs wanderte Aidens Blick zu Zen, als ihm etwas interessantes auffiel: „Er verheimlicht was.“ „Wie kommst du darauf, Nii-san?“, wunderte sich Setsuna und sah zu dem Capeträger, der die Arme unverändert vor der Brust verschränkt und die Augen geschlossen hatte. „Ganz einfach: Er hat gesagt, dass er Mirai lediglich hier gefunden und sich nicht weiter umgesehen hat. Mirai hat uns erzählt, dass sie ihren Namen von Zen bekommen hat, aber wie sich jetzt zeigt, ist Mirai auch ihr richtiger Name. Woher wusste Zen das, wenn er sich hier doch nicht umgesehen und damit auch ihren Ausweis nicht gefunden hat?“   Skeptisch wanderten die Blicke von Luca und Setsuna zu Zen, der nun bemerkte, dass er angestarrt wurde und ihren Blick fragend erwiderte. „Also entweder kann er verdammt gut raten oder er hat uns angelogen“, murmelte der Jüngste im Team und ließ zur Beruhigung sein Jo-Jo ein paar Mal nach unten fallen und wieder hochsausen. Luca hingegen schien der Sache auf den Grund gehen zu wollen, denn er winkte der Jungen mit dem Halsband zu ihnen, welcher der Geste auch nachkam: „Habt Ihr weitere Fragen oder habt Ihr etwas gefunden?“ „Ja, nämlich Mirais Ausweis, auf dem ihr echter Name steht. Schluss mit dem Versteckspiel: Wenn du ihren Ausweis nicht gefunden hast, woher wusstest du, dass sie Mirai heißt?“, ging der Spanier direkt auf Kollisionskurs, was sein gegenüber in keiner Weise einschüchterte: „Ich wusste es einfach. Reicht dir das?“ „Nein, tut es nicht!“, rief der Spanier etwas lauter als gewollt, als Aiden ihm zur Seite trat: „Wer oder was bist du, Zen?“ Auf die Frage schien der Junge tatsächlich etwas nachzudenken, doch im nächsten Moment änderte sich sein Gesichtsausdruck von nachdenklich zu ernst: „Der Tod kommt näher, Ihr solltet gehen.“ „Alter, weich jetzt nicht aus!“, fluchte Luca und stampfte einmal mit dem Fuß auf, doch reagierte sein Gegenüber nicht darauf. Aiden hingegen hatte etwas anderes, was seine Aufmerksamkeit erregte, denn sofort nach Zens Aussage, erklang in der Ferne das leise Rasseln von Ketten: „Scheiße, der Reaper! Miyuki, Mirai, Tenno! Wir müssen weg!“ Er hatte sich noch nicht einmal umgedreht, da kamen auch schon die drei Mädchen aus dem Krater gehechtet und liefen an den Jungs vorbei, wobei Mirai bei ihnen stehen blieb: „Wir haben es auch gehört. Weg hier!“   So schnell sie konnten, rannten die Teenager durch die Stadt und ignorierten die kleinen Shadows, die sich in ihrem Weg befanden, da diese sie entweder nicht wahrnahmen oder selbst panisch vor etwas zu fliehen schienen. Je näher sie dem Schrein kamen, desto leiser wurde das Kettengeräusch hinter ihnen, was wohl darauf schließen ließ, dass der Reaper die Verfolgung aufgegeben hatte. Auch wenn die Gefahr fürs erste vorbei war, war für die Gruppe klar, dass sie es für heute würden gut sein lassen. Während sie ihre Gegenstände in ihrem üblichen Versteck bunkerten, bemerkte Aiden, wie hoch die Stimmung der Gruppe war, trotz dem kurzen Schockmoment. Mirai wischte sich immer wieder über die Augen und wollte ihre Freudentränen verbergen, doch spielten ihre Emotionen da einfach nicht mit. Die anderen Mädchen und Luca freuten sich über das, was sie über Mirai erfahren hatten, während Setsuna leise darüber jammerte, dass er sich heute nicht hatte beweisen dürfen. Mit einem leichten Schulterklopfer munterte Luca den Kleinen auf und schob ihn sanft durch den Baum, bevor er mit den Mädchen selbst hindurchstieg. Aiden war der Letzte, doch als er durch den Baum steigen wollte, spürte er einen Blick in seinem Rücken, welcher sich beim Umdrehen als der von Zen herausstellte. „Willst du was sagen?“, erkundigte sich der Persona-User und neigte den Kopf, als Zen sich direkt vor ihn stellte: „Deine Frage von eben. Ich bin etwas, was ihr Menschen nicht begreifen könnt. Mehr kann ich dir im Moment nicht sagen außer, dass ich nicht euer Feind bin.“ Für einen Moment verzog Aiden das Gesicht, bevor er leise seufzte und mit den Achseln zuckte: „Mehr, als das im Moment so hinzunehmen kann ich eh nicht, oder? Auf jeden Fall danke für deine Hilfe, heute.“ „Keine Ursache und passt auf euch auf“, verabschiedete sich der Capeträger und schritt von dannen, während Aiden durch das Portal schritt, um zu seinen Freunden zu gehen.   Hosted by Animexx e.V. 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