The Decisions of Tomorrow von Refaye (the first duty of love is to listen) ================================================================================ Kapitel 25: Redemption ----------------------   Kapitel 25: Redemption       Das regelmäßige monotone Piepen zerschnitt die pochende dumpfe Leere in seinem Kopf. Eine ungnädige Irritation, die jegliche Ruhe störte, die er sich so sehr ersehnte. Sein Körper fühlte sich taub an und seine Fingerspitzen kribbelten, während er langsam über weichen Stoff tastete.   Mit einem Keuchen öffnete er die flatternden Lider und brauchte einen Moment, bis sich die verschwommenen Schemen zu einem Bild formten. Harry blickte mit stolperndem Atem in den halbdunklen sterilen Raum. Er erkannte auf einem kleinen Beistelltisch seine Brille und setzte sich sie mit zitternden Fingern auf die Nase. Das linke Glas zierte einen deutlichen Riss, der sich wie eine Narbe durch sein Blickfeld zog. Seichtes Licht drang durch die Vorhänge und tauchte das kleine Krankenzimmer in einen Moment der Ruhe, während sein Herz im Rhythmus des beständigen Piepens dumpf gegen seinen Brustkorb schlug.   Er bemerkte eine plötzliche Regung am Fußende und die Person, die dort geschlafen hatte, hob ihren Kopf abrupt vom klinisch weißen Bettlaken. Er erkannte Hermine, die ihn überrascht ansah.   »Harry ... Du bist wach! Wie geht es dir?«, fragte sie ihn mit heiser Stimme.   Mit müden Augen betrachtete Harry seine beste Freundin und versuchte, die Szenerie in einen Kontext zu setzen. Hermine schien schon einige Stunden an seinem Bett gewacht zu haben und neben ihr stand eine kleine Tasche, in der Harry Wechselklamotten vermutete. Erschöpft richtete er sich im Bett auf und die Decke rutschte ein wenig an seiner Schulter herunter, gab seinen von Verbänden eingewickelten Oberkörper frei. Ein Windhauch stieß durch das halboffene Fenster auf die freigelegte Haut und eine Gänsehaut zog sich über seinen Körper. In der Bewegung erstarrt betrachtete er durch einen Spalt zwischen den Vorhängen, wie die Sonne gerade am Horizont unterging.   »Wie lange habe ich geschlafen, Hermine?«   Sie seufzte und das kleine Krankenbett knarrte dadurch, dass sie sich neben ihn setzte.   »Bitte sag mir was passiert ist, Harry. Arthur hat einen Patronus von Kingsley erhalten, dass du angegriffen wurdest und sie dich schwer verletzt ins St. Mungos gebracht haben. Ron und ich haben uns abgewechselt, falls du aufwachen solltest. Du hast fast einen ganzen Tag geschlafen … ich dachte ...«   »Einen ganzen Tag?«, unterbrach er sie. Strafend strahlten die letzten Sonnenstrahlen ihm entgegen und er kniff die Augen ein wenig zusammen, beobachtete die feinen Staubpartikel, die in einem trügerischen Moment der Ruhe durch die Luft tanzten.   »Wo ist Draco?«, sprach er schließlich die Frage aus, die immer wieder in seinem Kopf widerhallte.   »Das ...«, stockte Hermine, blinzelte zweimal und schürzte ihre Lippe.   »Ich glaube es einfach nicht … Er ist deine größte Sorge, Harry? Du wärst fast gestorben, wegen ihm!«, schnaufte sie vorwurfsvoll und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust.   »Du kannst froh sein, dass Greyback dich nicht gebissen hat! Die Verletzung wird trotzdem nie ganz verheilen. Die Spuren eines Werwolfangriffes können nicht einfach geheilt werden. Erinner dich an Bills verunstaltetes Gesicht. Diese Narben werden für immer sichtbar sein. Ist es das wert? Ist … er das wert, Harry? Dass du dich so in Gefahr begibst, dein Leben riskierst?«, zischte sie vorwurfsvoll, auch wenn die Sorge deutlich in ihren Worten mitschwang.   Der Verband an seiner Schulter brannte auf seiner Haut und rieb unangenehm über die Spuren, die der Werwolf auf ihm hinterlassen hatte. Auch wenn sie ihn wohl geheilt hatten, spürte er nachhallend die Stellen, an denen die Klauen seine Haut aufgerissen hatten.   Wie in einem verzerrten Rauschen aus sich immer wiederholenden Szenen sah er die Lichtung und von Blut getränkte Krallen, die im Mondlicht aufblitzten. Ein kehliges Lachen hallte in seinem Kopf wider, ließ einen Schmerz entstehen, der durch seinen Kopf jagte. Die plötzliche Erinnerung an den zitternden Körper, der sich an ihn gepresst hatte, sorgte dafür, dass er die Luft einzog, die trocken in seiner Kehle rasselte.   »Nie erzählst du uns etwas …«, sagte Hermine heiser. Ein müdes Lächeln legte sich auf ihre Lippen und sie sah zur Seite.   »Wir waren doch immer zusammen, Harry … seitdem der Krieg vorbei ist, hast du dich verändert. Du schließt uns aus und dann diese komische Fixierung auf Malfoy.« Sie zögerte, hob den Blick. »Erkläre es mir, Harry. Du willst, dass ich dich nicht verurteile für deine Handlungen, aber lässt Ron und mich im Dunklen ...«   »Es ist ...«, sagte, Harry in dem Versuch eine Erklärung zu formulieren, schüttelte jedoch seufzend den Kopf und zog von einem durchgängigen kurzen Piepen begleitet den kleinen Aufsatz von seinem Finger. Er hatte jetzt keine Zeit für lange Erklärungen.   »Bist du verrückt? Du kannst jetzt nicht gehen … die Heiler konnten dich gerade noch so retten, verdammt! Du musst dich ausruhen!«, sagte Hermine hastig und sprang auf als Harry versuchte aufzustehen. Mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte, entfernte er die drängende Hand von seiner Schulter und drehte sich zu ihr.   »Ich …«, zögerte er und sah in die besorgten rostbraunen Augen seiner besten Freundin.   »Ich liebe ihn, Hermine.«, gab er es schließlich zu und irgendwie war er auf eine komische Art und Weise erleichtert, es endlich ausgesprochen zu haben. Unweigerlich legte sich ein mattes Lächeln auf seine Lippen.   Einen Moment lang betrachtete Hermine ihn nachdenklich, die mit sich zu hadern schien.   »Er hat … «, begann sie unsicher und ihr Atem stockte für einen Moment.   »Malfoy hat einen Unverzeihlichen Fluch benutzt um Greyback zu töten. Ich weiß nicht, wieso die Auroren plötzlich da waren, aber sie haben ihn sofort mitgenommen. Er hat gegen seine Auflagen verstoßen, verstehst du das?«   Hermine legte ihre Hand auf seinen Unterarm und sah ihm entschuldigend entgegen. Harrys Augen weiteten sich in der Erkenntnis, was ihre Worte zu bedeuten haben.   »Er soll morgen Nachmittag nach Askaban gebracht werden, Harry.«   Er spürte das dumpfe Pochen seines Herzens und sein Hals fühlte sich wie zugeschnürt an. Das konnten sie nicht machen. Draco hatte ihn definitiv gerettet und nun soll er dafür das gleiche Schicksal erleiden, was Harry doch gerade so hatte abwenden können?   Harrys Finger glitten durch seine rabenschwarzen Haare und krallten sich fest.   »Das können sie nicht machen. Was ist mit einer Verhandlung? Ich hatte noch keine Chance auszusagen.«, keuchte er atemlos.   »Nein … es gab keine Verhandlung. Dass er überhaupt nach Hogwarts durfte war nur Teil seiner Bewährungsauflage, Harry. Bei einem kleinen Fehltritt ist es vorbei und ich würde sagen, jemanden zu töten gehört dazu.«, erklärte sie sachlich und verzog ihre Lippen.   »Ich werde mit Kingsley sprechen. Hermine, Draco hat mich gerettet. Deswegen hat er den Todesfluch sprechen müssen, um MICH zu retten, verstehst du das? Und jetzt soll er dafür nach Askaban?«, argumentierte er aufgeregt. Das konnte es einfach nicht gewesen sein. So durfte das Ganze nicht enden.   Harry wusste, dass sie Zweifel hatte, doch er musste wenigstens ihr Vertrauen gewinnen. Wie sollte er jemals den Minister von Dracos Unschuld überzeugen, wenn nicht einmal seine beste Freundin ihm glaubte.   »Wieso wart ihr dort, in diesem Wald?«, hörte er die klagende Stimme Hermines und seine Stirn legte sich in Falten.   »Wir … Wir haben versucht einen Trank zu brauen, um …«, sagte Harry heiser.   Hermine hob bei dieser Aussage eine Augenbraue in die Höhe und betrachtete ihn skeptisch. Als wenn sie ihn am liebsten fragen würde, wie man sich dabei in eine solche Lebensgefahr begeben konnte.   »Um Animagi zu werden.«, beendete Harry seinen Satz und beobachtete schmunzelnd wie sich die braunen Augen weiteten.   »Ihr habt WAS? Der Vollmond … Ich bin so bescheuert, ich hätte selbst darauf kommen können. Aber wieso?«, fragte sie sachte und zögerte kurz in dem Versuch, ihn wegen dieser Aktion nicht zurechtzuweisen, doch es gelang ihr nicht.   »Harry das ist auch ein Grund, weswegen du in Askaban landen könntest, darf ich dich daran erinnern? Ein nicht registrierter Animagus? Nein, entschuldige, Zwei! Was habt ihr euch dabei gedacht?«   Irgendwie kam ihm nun, da er so ehrlich vor Hermine saß, die ihn mit einem vorwurfsvollen Schnauben bedachte, dieser Plan doch nicht mehr so durchdacht vor. Allerdings hatte er Draco einfach nur helfen wollen. Wie hatten sie überhaupt so dumm sein können? Harry war doch bewusst gewesen, dass er gejagt wurde. Dennoch hatte er sich einfach ablenken lassen, von diesem verdammten Idioten. Sie waren verflucht knapper mit dem Leben davon gekommen, als es Harry lieb war. Wenn das Armband nicht in dem Moment geleuchtet hätte, als er versucht hatte …   Er hatte es ihm wieder nicht sagen können.   Jetzt wusste er nicht einmal mehr, ob er dazu noch die Möglichkeit haben würde. Würde er Kingsley wirklich überzeugen können? Harry hatte alles in seinem Leben eingesetzt, um die Menschen zu beschützen. Er hatte sie alle gerettet und nun soll der Mann, der ihm durch einen Fehler das Leben gerettet hatte dafür nach Askaban gehen? Er hoffte, dass sein Wort genug Wert hatte. Für ein einziges Mal musste es doch nützlich sein, dass er all das geopfert hatte.   »Wenn es Notwehr gewesen ist, dann musst du wirklich mit dem Minister reden, Harry.«, durchbrachen Hermines Worte die Stille, in der sie ihn nachdenklich betrachtet hatte.   »Nur bleib heute Nacht noch hier, die Besuchszeit ist gleich vorbei, also werde ich dich nicht aufhalten können. Nur ich bezweifele, dass der Minister heute noch in seinem Büro sein wird. Er wollte eh deine Aussage haben, Harry, und wenn das die Wahrheit ist, dann wird er dir hoffentlich glauben.«, seufzte sie. »Auch wenn es nicht einfach wird ihn zu überzeugen, angesichts von Malfoys Vorgeschichte.«   Der Zuspruch, welcher in den treuen Worten Hermines lag, ließ ihn leicht lächeln.   Der Gedanke kam ihm, was denn wäre, wenn er bei seinem Vorhaben versagen würde, aber am liebsten wollte er überhaupt nicht darüber nachdenken, was diese Möglichkeit mit sich bringen würde. Er biss sich zögerlich auf die Lippe.   »Du liebst ihn wirklich.«, stellte Hermine fest und eine kleine Hand legte sich sachte auf seinen Unterarm. »Ich hoffe du weißt, was du dir da aufgehalst hast.«, lachte sie und klopfte ihm aufmunternd auf den Arm, woraufhin Harry ein zischendes Geräusch von sich gab, welches von einem stechenden Schmerz in seiner Schulter begleitet wurde.   »Oh! Entschuldige, ich ...«, wollte sie sagen, doch Harry zog sie mit einem Ruck in seine Arme und ignorierte das aufkommende Stechen, welches auf seiner Haut brannte.   »Ich werde morgen früh zu Kingsley gehen und Draco da raus holen. Sie können ihn nicht einfach so wegsperren.«, murmelte er an ihrer Schulter.   »Es tut mir leid, dass ich nicht ehrlich zu euch war. Es war einfach …«   »Die Liebe ist immer kompliziert, Harry.« Hermines Lächeln wirkte aufmunternd und dennoch wusste er immer noch nicht, was denn Draco überhaupt auf sein Geständnis geantwortet hätte.   Vielleicht war es tatsächlich Liebe. Allerdings selbst wenn er es schaffte, dass Draco zurück mit ihm nach Hause durfte, würde er diese Gefühle erwidern?   Erschöpft schüttelte er den Kopf und verwarf den Gedanken. Jetzt war es nicht wichtig, ob seine Gefühle unerwidert blieben. Erst einmal musste er den Minister überzeugen, dass Draco kein ehemaliger Todesser war, der eine Gelegenheit genutzt hatte, um einen alten Bekannten zu töten, und gleichzeitig den Retter der Zauberwelt schwer zu verletzten.   Und dass das so einfach werden würde, bezweifelte Harry doch irgendwie.     ~~~*~~~   Eine Entlassung gegen ärztlichen Rat.   Ein einfacher Satz, eine Klausel, die das Krankenhaus vor der Dummheit seiner Patienten schützte, die selbstlos über ihr doch so kurzes Leben entschieden. Harry hatte nicht über die Bedeutung dieser Worte nachgedacht, als er den Zettel um halb acht in der Früh unterschrieb, und hatte mit flatterndem Herzen das Krankenhaus verlassen.   Die ganze Nacht hatte er wach gelegen, hatte sich an der Vorstellung verloren, wie es Draco wohl gerade gehen würde. Wenn er in Untersuchungshaft war, würde er im Untergeschoss in einer Zelle hocken. Ob man seine Verletzungen wenigstens geheilt hatte?   Er hat damit nichts zu tun!   Zögernd blieb er vor der karminroten Telefonzelle stehen, die ihm als Eingang ins Ministerium dienen würde.   TÖTE MICH, verdammt!   Draco hatte ihn in dieser Nacht beschützen wollen und hatte ihm schlussendlich das Leben gerettet. Bewies das nicht, dass er ihm etwas bedeutete? Dass sie … vielleicht doch eine Chance hatten? Der Funken Hoffnung glimmte verführerisch in seinem Herzen und ein Seufzen drang aus seiner Kehle.   Er betrat den kleinen Raum und hob seine Hand, während er die verblassten Zahlen auf dem silbernen Ziffernblatt betrachtete.   Eigentlich war die Kombination, die den magischen Aufzug dazu veranlassen würde, den Eingang ins Ministerium freizugeben, so simpel, dass Harry das erste Mal Lachen musste, als Mr. Weasley es ihm erklärt hatte.   62442   Da Harry durch seine Kindheit durchaus mit dem Ziffernblatt eines Telefons vertraut war, erschien ihm die Banalität dahinter, einfach das Wort »Magic« als Passwort zur Welt der Zauberer zu benutzen, viel zu einfach, als dass es nicht zufällig entdeckt werden würde.   Mit einem rappelnden Geräusch setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung und Harry spürte, wie ein einziger Druck ihn nach unten saugte, als er sich im Bruchteil einer Sekunde mit einem Rattern plötzlich in der Haupthalle des Ministeriums wiederfand.   Eine nicht enden wollende Anzahl an grünen Mosaikplatten reihte sich an den meterhohen Wänden und spiegelte den Trubel der Menschen, die in ihrem geschäftigen Alltag aneinanderprallten. Das Pfeifen an seinem Ohr sorgte dafür, dass er den Blick hob und müde betrachtete er die kleinen Papiervögel, die als interne Nachrichten durch die Luft sausten.   Viel zu viele Menschen. War das Erste, was er dachte, als er sich an einem älteren Mann in einem dunklen Anzug vorbei quetschte, der ihn mit einem mahnenden Blick fixierte. Entschuldigend hob er die Hand, suchte aber sogleich nach den Weg zu den Aufzügen, um zu Kingsleys Büro zu kommen. Harry hatte es immer gehasst, hier zu sein, waren die wenigen Male, in denen er im Ministerium war auch nicht unbedingt durch die besten Erinnerungen geprägt. Kam es ihm nun umso fremder vor, dass er es wirklich in Betracht gezogen hatte, hier zu arbeiten.   Kingsleys Ernennung war damals nach seinem Einsatz im Orden nur noch Formsache gewesen. Doch hatte der doch eigentlich sehr verständnisvolle Auror nun alle Augen auf sich gerichtet und war sehr bedacht, weitere Skandale im Bezug auf das Ministerium zu vermeiden. Ein weiterer Grund, weshalb es dem neuen Minister nun wirklich nicht gefallen hatte, dass Harry sich in der Verhandlung von Draco für einen Todesser eingesetzt hatte.   Schließlich begleitete Harry selbst nach dem Krieg eine Schlagzeile nach der anderen, was nicht immer ein gutes Licht auf das Ministerium warf. Insbesondere, da irgendwie jeder erwartete, dass er nun Auror werden sollte, um weiterhin seinen edlen Dienst gegen das Verbrechen zu fristen. Immerhin wollte niemand riskieren, dass er sich vielleicht einer dunklen Seite widmen könnte dass er nun für die falschen Leute ausgesagt hatte, empörte viele und er hatte allgemein weniger Verständnis für diese Entscheidung bekommen.   Allgemein war es Kingsley Shacklebolt deutlich lieber, wenn kein neuer Skandal existierte, der die Handlungen des Ministeriums mal wieder in Frage stellte. Vermutlich war er deswegen eher dafür bekannt streng zu sein. Der Minister betrachtete ihn als Störfaktor, dem er dankbar war, und dennoch wäre es ihm wohl lieber, wenn er nie wieder von Harry Potter hören musste. Immerhin zog Harry schon immer Probleme an, wie es sich nun mal wieder beispielhaft bewahrheitet hatte. Dennoch war die Erkenntnis nicht unbedingt hilfreich. Schließlich hoffte Harry eher darauf, dass Kingsley Draco die Gnade zukommen ließ, die er doch eigentlich verdient hatte.   Die Metallstriemen des Aufzuges ratterten in einem hohlen Klirren, aneinander als eine magisch verstärkte Stimme ihm mitteilte, dass er nun keine Zeit mehr hatte, weiter zu grübeln. Er stieg aus und ging mit schweren Schritten den Gang entlang.   Vereinzelt betrachteten ihn neugierige Blicke und er fragte sich, wie viele Leute wohl Bescheid wussten, was passiert war. Ob die Öffentlichkeit auch schon Wind davon bekommen hatte? Harry hatte an den kleinen Zeitungsständen in der Haupthalle nicht genau hingesehen, hatte es eher vermieden, neugierig seinen Blick über die Schlagzeile wandern zu lassen.   Vermutlich war das auch besser so.   Als er schließlich bei seinem Ziel ankam, entgegnete ihm der zweifelnde Blick einer jungen Hexe, die hinter einem Schreibtisch zwischen diversen Akten versank und wohl gerade realisierte, dass es ihr Job sein würde, Harry von seinem Vorhaben abzuhalten.   »Entschuldigung, Sie können nicht ...«, sagte sie zögernd und war in ihrer Bewegung erstarrt, doch Harry war schon mit wenigen großen Schritten an ihr vorbei getreten und legte entschlossen seine zitternden Finger um den Türknauf.   Er würde die Reaktion nicht als überrascht bezeichnen, die Kingsley anhand der Frechheit hatte, dass er ihn vor seinem ersten Kaffee störte. Ihm war bewusst, dass dies kein guter Anfang sein würde, aber er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit ihm wirklich blieb, bis Draco nach Askaban überführt würde. Es war eher so, als hätte der großgewachsene Mann, dem man sein Alter mittlerweile ansah, irgendwo erwartet, dass Harry sich keine zwei Wochen erholen würde, wie es ihm sein Heiler doch angeraten hatte. Vermutlich hatte er nur nicht damit gerechnet, dass er so früh erscheinen würde.   »Es freut mich, dass es dir besser zu gehen scheint, Harry.«, grüßte ihn Kingsley und ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er mit einer ruhigen Bewegung die Tasse Kaffee ein Stück in die Luft hob.   »Spare dir die Höflichkeiten und verat mir lieber, wieso Draco Malfoy unten in Untersuchungshaft sitzt.«, zischte Harry vorwurfsvoll und folgte der auffordernden Handbewegung seines Gegenübers sich zu setzen.   Ein Seufzen war zunächst die Antwort und verdeutlichte die Begeisterung, die anhand dieses unangenehmen Gespräches in Kingsley aufkam.   »Mir blieb keine Wahl. Wir haben ihn, genau wie du es wolltest übrigens, laufen lassen. Man hat seinen Zauberstab mit einem Überwachungszauber versehen, der anschlagen würde, sobald er einen unverzeihlichen Fluch sprechen sollte.«, versuchte Kingsley zu erklären und setzte die Tasse nach einem Schluck wieder auf dem Tisch ab.   »Malfoy wusste davon. Ihm wurden die Bedingungen deutlich erklärt als wir ihn gehen haben lassen. Er hat im vollsten Bewusstsein der Konsequenzen gehandelt und den Fluch ausgesprochen. Greyback war ein Scheusaal, das wissen wir Beide und deine Beteiligung an dieser Tragödie musst du mir auch erklären.«   Draco hatte gewusst, dass sie ihn sofort verhaften würden, und war trotzdem das Risiko eingegangen um ihn zu …   »Er hat mir verflucht nochmal das Leben damit gerettet.«, knurrte Harry dunkel, ermüdete ihn diese Konversation nach den nervenaufreibenden Ereignissen der letzten Tage zu sehr.   Unsicher, ob er belustigt oder genervt über Harrys Aussage sein sollte, schürzte Kingsley die breiten Lippen und eine deutliche zuckende Falte bildete sich auf seiner Stirn. Schließlich war es genau dieselbe Begründung, mit der er schlussendlich für Dracos Freiheit in seiner Gerichtsverhandlung plädiert hatte.   »Irgendwie habe ich ein Deja-vu ...«, murmelte der Minister und klappte mit einer Handbewegung eine etwas schwerere Akte zu, legte sie auf einen anderen Stapel, der sich auf dem Schreibtisch türmte.   Harry schluckte und wollte sich nicht einfach abweisen lassen. Bestimmt legte er eine Hand auf den Tisch.   »Ich wäre dort auf dieser Lichtung gestorben, wenn Draco nicht den Cruciatus von Greyback durch seinen Zauber unterbrochen hätte, und ihr wollt ihn postwendend nach Askaban schicken? Ohne Verhandlung oder Anhörung, weil er in der Vergangenheit ein paar schlechte Entscheidungen getroffen hat? Vielleicht sollte ich wirklich mal mit der Presse sprechen, wie fair ihr eigentlich mit Menschen umgeht, die dem großen Harry Potter das Leben gerettet haben? Wird es sie wirklich interessieren, dass es Malfoy ist? Oder werden sie mir zuhören, schließlich muss es doch irgendwas gebracht haben, dass ich für euch gestorben bin.«, zischte Harry und hatte seine Finger zu einer Faust geballt.   »Ich werde angesichts der Umstände davon absehen, dass man das durchaus als Erpressung werten könnte, Mr. Potter.«, sagte Kingsley kühl. Schluckend sackte Harry zurück in den unangenehm bequemen Sessel. Träge schloss er seine Augen und versuchte, das dumpfe Pochen in seinem Inneren zu beruhigen. Er hatte sich in Rage geredet und war zu weit gegangen, das wusste er. Auch wenn er sich nicht sicher war, wie viel von seiner Aussage der Wahrheit entsprach und welcher Teil ein schlichter Bluff war, um Kingsley zum handeln zu zwingen.   »Wenn das stimmt und er aus Notwehr gehandelt hat, werdet ihr euch bereit erklären müssen unter Einfluss von Veritaserum eine Aussage zu machen. Einen anderen Weg sehe ich nicht, den Gamot von seiner Unschuld zu überzeugen.«, seufzte der Minister resignierend und Harry hob bei diesen Worten den Kopf.   »Etwas was Malfoy bisher strickt verweigert hat. Bring ihn dazu auszusagen und er kann gehen.« »Veritaserum? Ich dachte sie wollten das verbieten?«, fragte Harry ungläubig über die Möglichkeit, die er ihm anbot. Konnte er diesen Deal eingehen? Er selbst hatte nichts zu verbergen, was er nicht für die Möglichkeit, Draco wieder sehen zu können eintauschen würde.   »Es ist noch nicht beschlossen worden, aber ja es wird momentan darüber diskutiert.«, beantwortete Kingsley seine Frage und betrachtete ihn mit prüfendem Blick.   »Harry ihr werdet euch einer vollen Befragung unterziehen müssen und du weißt, dass diese Art des Verhörs nicht gerade nett abläuft.«, verdeutlichte er sein Angebot und Harry vergrub seine Fingerspitzen in der Lehne des Sessels.   Er hatte keine Wahl. Harry konnte Draco nicht nach Askaban gehen lassen. Er würde ihm das verzeihen, dass er diesen Preis dafür zahlen musste.   »Wir werden aussagen.«, sagte Harry mit kühler Stimme und beobachtete, wie Kingsley bedacht nickte.   In einer geübten Bewegung zog er aus einer Schublade einen kleinen Schreibblock hervor, stempelte das Papier und begann wenige Wörter darauf zu schreiben.   »Sollte es danach keine Zweifel an seiner Unschuld geben, kann ich es rechtfertigen, ihn erneut laufen zu lassen.«, erklärte er ihm und überreichte ihm das kleine Dokument, welches Harry mit zitternden Händen entgegen nahm.   Verwundert betrachtete er das Stück Papier und wiegte es in der Hand, als seine Augen über die Zeilen huschten.   »Harry ich mag die Wahl deiner Freunde nicht zu beurteilen, aber bitte denke ein wenig über deine Entscheidungen nach bevor du handelst, in Ordnung?«, bat ihn Kingsley mit einem bitteren Lächeln.   »Auch wenn du es nicht willst, bist du eine Person öffentlichen Interesses und deine Handlungen werfen ebenso einen tiefen Schatten auf das Ministerium.« Er zögerte und betrachtete Harry schweigend für einen Moment, bis ein tiefes Seufzen im Büro widerhallte.   »Er sitzt im dritten Untergeschoss in der vierten Strafabteilung. Ich werde sehen, dass wir die Anhörung zeitnah ansetzen können.«   »Ich darf ihn mitnehmen?«, fragte Harry ungläubig und sein Herzschlag beschleunigte sich.   »Wir werden ihn mit einem Aufspürungszauber belegen. Mehr kann ich nicht für dich tun, Harry, und sei dir gewiss, dass meine Dankbarkeit mittlerweile ausgereizt ist. Ich kann mir keine weiteren Probleme erlauben. Sollte er irgendein Problem verursachen oder solltest du gelogen haben, wirst du dafür gerade stehen müssen, sowohl strafrechtlich als auch vor der Presse. Ich hoffe du bist dir dessen bewusst.«, bestimmte er, doch Harry hörte ihm nur mit halbem Ohr wirklich noch zu. Zu sehr hatte ihn die Aufregung angesichts des Passierscheins, der wärmend in seiner Hand lag, und der Aussicht darauf, Draco heute noch wieder zu sehen zu können aufgewühlt.   »Bitte lass es mich nicht bereuen ...«, hörte Harry noch die geflüsterten Worte, als er sich hastig bedankte und schnellen Schritten das staubige, viel zu stickige Büro verließ.   Sein Puls pochte und er schaffte es nicht, seine Gedanken zu ordnen. Sie überschlugen sich, während die Erleichterung regelrecht durch seinen Körper schwappte und ein Kribbeln erzeugte, durch welches seine Nackenhaare sich aufstellten. Schnellen Schrittes versuchte er in dem Irrgarten aus sich wiederholenden Fluren und Türen die richtige Abteilung zu finden.   Als Harry endlich die vierte Abteilung erreichte, betrachteten ihn zwei matschbraune Augen, die ihn aufforderten, den Grund seines Besuches zu erklären oder am besten sofort wieder zu verschwinden. Allgemein schienen die Mitarbeiter des Ministeriums nicht unbedingt in Begeisterung zu verfallen, weil sie hier arbeiten durften. War es aber auch vermutlich kein spannender Job, den ganzen Tag in einem Kasten zu sitzen und auf die Gefangene aufzupassen. Zögernd schob er das Dokument, was ihm der Minister gegeben hatte, durch die kleine Aussparung in der Scheibe.   »Malfoy, Ja. Zelle Vierzehn. Ich brauche einen Ort, den ich hier als überwachte Zone eintragen kann. Er darf diese Zone nicht mehr als 50 Meter verlassen, ansonsten wird ein sofortiges Signal gesendet.«, grunzte der Mann unbeteiligt und seine wenigen Haare rutschten in einer Bewegung von einer sich anbahnenden kahlen Stelle am Haaransatz.   »Der Grimmauldplatz Nr. 12.«, sagte Harry leise, so dass die Gefangenen in den umliegenden Zellen ihn nicht belauschen konnten.   Mit einem Schnauben erhob sich der füllige Mann aus seinem Klappstuhl und eine Vielzahl aus unterschiedlich geformten und gebogenen Schlüsseln klapperten an seinem Schlüsselbund. Er trottete schweren Schrittes an Harry vorbei. Er nahm dies als Aufforderung und folgte ihm in den dunklen Gang.   Harry verdrängte schweren Herzens die Geräusche, die von den umliegenden Gefangenen ausgingen, doch das wimmernde Klagen und hohle Lachen einiger Insassen sorgte für ein unwohles Gefühl in seinem Magen, dass ihn dazu brachte, seine Schritte zu beschleunigen. Vor einer silbernen Zellentür mit der Nummer vierzehn kamen sie schließlich zum Stehen.   »Eigentlich war ich mir ja sicher, dass mir nun die Ehre zuteil wird einen weiteren Malfoy nach Askaban zu übergeben.«, sagte der Wärter vor ihm, als er mit einem Klicken die schwere Eisentür öffnete und eine vier Quadratmeter große Kammer freigab, in der ein kleines Feldbett stand. Ein Urinal und ein kleines Waschbecken waren an der Wand angebracht worden.   Doch Harry ignorierte die wertenden Worte als sein Blick hastig zu der Person huschte, die am Rande des Bettes hockte. Matte, von dunklen Ringen untermalte graue Augen reflektierten das flackernde Licht der Deckenlampe. Er blinzelte, schien Draco sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnen zu müssen, bis er schließlich erkannte, wer dort hinter dem Wärter stand und ein leises Aufkeuchen entglitt den blassen Lippen.   Harry widerstand unter dem abwartenden Blick des Wärters dem Bedürfnis einfach zu Draco zu stürmen. Ihn endlich in seine Arme zu ziehen und es fiel ihm schwer, seine Freude zu unterdrücken als Draco sich ungläubig erhob und ihn schockiert anstarrte. »Du lebst … Merlin sei Dank …«, flüsterte er und betrachtete ihn für einen Moment. Dracos Blick huschte nervös zu dem Wärter, der sie abschätzend beobachtete.   »Bist du hier um mir zu sagen, wann sie mich endlich abholen kommen?«, lachte er heiser doch in dem Funken, der in den sturmgrauen Augen aufflackerte, konnte Harry erkennen, wie froh Draco war, ihn zu sehen. Ein müdes Lächeln legte sich auf seine Züge.   »Ich bin hier um dich nach Hause zu holen.«, sagte Harry, wollte er ihn doch einfach nur noch hier rausholen und diesen Albtraum zu Ende gehen lassen. Eine Mischung aus Unglaube und Hoffnung verwebten sich in dem dumpfen Gefühl in Dracos Inneren.   »Nach Hause ...«, murmelte Draco und ein zaghaftes Lächeln legte sich auf seine Lippen.   »Du hast keine Ahnung, wie unwirklich sich das für mich anhört, Potter.«   »Ich weiß.«, flüsterte Harry.   Ihm war bewusst, wie viel sie zu bereden hatten. Wie unglaublich viel gerade zwischen ihnen stand und dass sie keine Wahl haben würden. Er würde Draco beichten müssen, was er Kingsley für seine Freiheit versprochen hatte …   Vielleicht lag es auch daran, dass er nicht wusste, wie er ihm sagen sollte, was er wirklich für diesen Mann fühlte, der zögernd im Aufzug in einer Nische nach seiner Hand tastete, die Wärme suchte, nur um seine Hand ruckartig wieder zurückzuziehen, wenn die Aufzugtüren sich wieder öffneten und der Schutz des Momentes verschwand.   Doch erst würden sie nach Hause gehen und bei diesem Gedanken zog sich eine willkommene Wärme durch seinen Körper.       ~~~*~~~  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)