The Decisions of Tomorrow von Refaye (the first duty of love is to listen) ================================================================================ Kapitel 16: Trust -----------------   Kapitel 16: Trust     Ein pochender Schmerz pulsierte in seinem Arm. Die Welt drehte sich, verzog sich in Schlieren um Harry herum und sein Verstand hatte Mühe sich zu konzentrieren. Lange Finger krallten sich in seine Haut und er versuchte, sich die dunkle hölzerne Tür genau vorzustellen, bis er sie schließlich zwischen den verworrenen vorbeiziehenden Bildern ausmachen konnte. Seine Finger griffen nach vorne, um nach ihr zu greifen, während er spüren konnte, wie Draco sich immer stärker an ihm festhielt. Er schloss die Augen und seine Finger berührten die Klinke. Die Tür gab nach und innerhalb des Bruchteils einer Sekunde standen er und Draco im Eingangsbereich des Grimmauldplatz Nr. 12. Die plötzliche Stille und staubtrockene Luft sammelte sich in seiner Lunge, während er nach Atem rang. Er schaute zu Draco, welcher sich immer noch an ihm festhielt und sich mit der freien Hand an die Brust griff, dabei stark hustete. »Potter.«, zischte er trocken. Er ließ Harrys Handgelenk los und öffnete fahrig den obersten Knopf seines Hemdes, um besser atmen zu können. Seine Augen wanderten durch den schmalen Flur und blieben kurz an dem Trollfuß-Schirmständer hängen, der direkt neben ihnen stand. Harry konnte sehen, wie sich die Stirn seines neuen Mitbewohners in Falten legte. Dicker Staub hatte sich über die Zeit, in der das Haus leer stand, auf den Kommoden und kleinen Schränken abgesetzt und Harry hatte sich nicht die Mühe gemacht, in der kurzen Zeit vor Beginn des Schuljahres hier aufzuräumen. Das große Bild von Walburga Black wurde von schweren mottenzerfressenen Vorhängen verdeckt und auch die alten Holzbretter des Bodens hatten definitiv schon bessere Jahre gesehen. Harry hatte sich nicht wirklich Gedanken darüber gemacht, dass Draco vermutlich bessere Behausungen gewohnt war, doch fiel es ihm nun schlagartig auf, dass das Malfoy Manor vermutlich deutlich prunkvoller war. Er wusste zwar, dass der Grimmauldplatz langsam in sich zusammen fiel, allerdings hatte er auch nicht wirklich eine Ahnung, wie er das ändern sollte. Von den insgesamt sieben Etagen waren nur die Wenigsten nutzbar und manchmal hatte Harry das Gefühl, dass das Haus ihn am liebsten gar nicht hier haben wollte. Es hatte immerhin fast eine Woche gedauert, bis er den Türknauf des Küchenschrankes hatte überreden können, dass er ihm keinen Finger abbiss, nur weil er eine Tasse haben wollte. »Besser als auf der Straße zu schlafen.«, sagte Harry seufzend und zog schulterzuckend seine Schuhe aus. Der Grimmauldplatz war ein Zufluchtsort und dafür reichte es allemal, damit würde sich Draco einfach arrangieren müssen. Eitelkeit hin oder her.   Dieser murmelte jedoch nur etwas Undeutliches und folgte ihm die Treppe hoch in das kleine Wohnzimmer. Es handelte sich um einen kleinen Raum mit einer dunkelroten Sitzgarnitur, die definitiv schon ein paar Jahrhunderte alt aber auch ziemlich bequem war. Auch hier waren die Fenster mit schweren Vorhängen verhangen, was nur wenig Licht in den Raum ließ. Einzig das Kaminfeuer erhellte den Raum, während die Schatten im Rhythmus des prasselnden Feuers tanzten. Harry hatte oft seine Abende hier vor dem Feuer verbracht und nachgedacht. Viele Zimmer in diesem Haus trugen Erinnerungen. An den Orden des Phoenix, an Sirius, Remus und Tonks. Sein Blick verdunkelte sich. Mit Schwung nahm Draco eine Couch in Beschlag und lehnte sich in das nachgiebige Polster, ließ seinen Kopf in den Nacken fallen. Für einen Moment betrachtete Harry seinen ehemaligen Feind in dieser skurrilen Szene. Die Situation war unangenehm. Doch es hatte keinen Zweck jetzt noch zu zögern. Jetzt waren sie nun einmal hier. Harry hatte zugestimmt, dass Draco bei ihm wohnte und dies ließ sich jetzt nicht mehr so einfach zurücknehmen. Doch was sollte er jetzt sagen? Sicher würde er gerne auf sein Zimmer und schlafen gehen, immerhin hatten sie die ganze Nacht im Zug verbracht. Musternd betrachtete er Draco, welcher die Augen geschlossen und eine Hand auf der Hüfte liegen hatte. Er sah so unglaublich erschöpft aus und Harry konnte es gut nachempfinden. Er ließ seinen Finger über das Polster gleiten, bis hin zu einem kleinen gemusterten Kissen. Der Stoff des Kissenbezuges fühlte sich rau an, als er das weiche Objekt zu sich zog. Er setzte sich neben Draco und legte es zwischen sie. Eine Weile blieben sie so sitzen und einzig das leise Knistern des Kamins war zu hören. Die Wärme des Feuers hatte die Kälte der winterlichen Morgenluft mittlerweile aus seinem Körper vertrieben. Das dumpfe Gefühl in seinem Brustkorb blieb jedoch. Er hatte mehrfach abgewogen, die eiserne Stille zu durchbrechen, wurde jedoch schlussendlich von der Entscheidung befreit, als das faltige Gesicht Kreachers mit einem Plopp vor ihnen auftauchte. Harry atmete beim genervten Anblick des Hauselfen überrascht auf, rieb sich mit zwei Zeigefingern seine Schläfe.   Das hatte er vergessen, verdammt. Während Harry den Hauselfen betrachtete, welcher zunächst zu seinem unfreiwilligen Herrn blickte und empört einen zischenden Laut von sich gab, richtete sich Draco langsam auf und legte seine Aufmerksamkeit nun auch auf die gekrümmte Gestalt. Kreacher schien mit sich zu hadern, griff in den Lumpen, welchen er sich um seinen Körper gewickelt hatte, und erkannte schließlich entsetzt, dass Harry nicht allein war. Es schien so, als wäre der Hauself zunächst über diese Tatsache verärgert, waren die üblichen Gäste, die Harry hierhin brachte, doch nicht von dem reinblütigen Status, den die Familie Black immer so verehrt hatte. Doch als Kreachers Blick schließlich auf Draco fiel, schien dieser in seiner Position festgefroren zu sein. Die glubschartigen Augen waren so weit aufgerissen, dass Harry meinte, sie fielen beinahe heraus, doch Kreacher rührte sich keinen Millimeter und Harry konnte beobachten, wie eine Augenbraue Dracos bei diesem Anblick langsam in die Höhe wanderte. Mit einem lauten dumpfen Geräusch krachte Kreachers Kopf auf den Boden. Er presste die klumpige warzige Nase so fest auf das Holz, dass sie leicht abknickte. »Meister Malfoy, Sir. Kreacher ist es eine E-Ehre.«, schluchzte er lautstark. Der Rotz aus der Nase des Elfen verteilte sich auf dem Teppich. »Kreacher ist untröstlich, dass er nichts von Ihrer Ankunft wusste, Sir ...« Mit glänzenden Augen blickte er Draco entgegen, welcher amüsiert über das Verhalten des Hauselfen sein Gesicht verzogen hatte. Ein leichtes Grinsen hatte sich auf seinen Lippen gebildet, was Harry ungemein an den Malfoy erinnerte, den Harry in seiner Schulzeit doch immer verachtet hatte. »Einem Malfoy gebührt eine bessere Begrüßung, darf ich annahmen, Elf?« Dracos gespielt böser Blick ließ Harry kurz auflachen. Demonstrativ stand Draco auf und sah mit gefalteten Armen auf den Hauselfen herab. »Natürlich, Sir … Kreacher wird sich sofort um ihr Gepäck kümmern, Meister Malfoy, Kreacher nimmt an, dass das ehemalige Zimmer von Meister Sirius Black genehm ist, Sir?«, sagte der Hauself ergeben und senkte den Kopf. Die Erwähnung des Namens ließ Harry hellhörig werden. »Nicht dieses Zimmer.«, sagte er hastig und verschluckte sich beinahe an den Worten. Kreachers Blick wandte sich zum ersten Mal erneut zu Harry. Die kleine Gestalt rümpfte die Nase, als wenn ihm der Befehl seines eigentlichen Hausherren missfallen würde. »Aber Meister Potter … Das Zimmer von Meister Sirius ist das, welches am besten erhalten ist. Meister Malfoy sollte nur die beste Unterkunft beziehen.« Der Elf zog geräuschvoll die Nase nach oben und legte seinen Kopf leicht schief. Nein das ging nicht. Das fühlte sich falsch an. Nervös nestelte Harry an dem Saum seines Umhanges. »Schon okay, Potter.«, sagte Draco schließlich, welcher leicht verwirrt über Harrys Reaktion zu sein schien. »Hol uns etwas Tee, Elf. Earl Grey. Einen Schuss Milch und einen Löffel Zucker«, befahl er Kreacher, welcher heftig nickend sich mehrfach tief verbeugte, nur um rückwärts aus dem Zimmer zu eilen. Verwundert über die plötzliche Folgsamkeit des doch eigentlich sehr sturen Hauselfen schüttelte Harry den Kopf. »Du hast einen Hauselfen, Potter?«, fragte Draco schließlich und ein müdes Lächeln zierte seine Lippen. »Er scheint dich mehr zu mögen als mich, also behalte ihn ruhig.«, schnaubte Harry und grinste. Draco zögerte kurz und legte seinen Kopf schief. »Wir hatten viele Hauselfen im Manor.«, sagte er leise, seufzte und setzte sich neben Harry auf das kleine Sofa. Er war froh, dass Draco es nicht hinterfragte, warum er nicht in diesem Zimmer schlafen durfte. Dies war eine Eigenschaft, die er wirklich an ihm bewunderte und die ihm in der kurzen Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, mehrfach aufgefallen war. Es war, als wenn er spüren konnte, dass Harry nicht bereit war, gerade darüber zu sprechen. Schweigend betrachtete er sein Gegenüber. Die plötzliche Nähe ließ das klamme Gefühl in seiner Brust überhand ergreifen. Das Kissen, welches er schützend zwischen ihnen platziert hatte, war bei Dracos Bewegung von der Couch gerutscht. Seine Kehle fühlte sich zugeschnürt an und am liebsten hätte Harry nach Luft geschnappt. Er rutschte ein wenig zur Seite, was Draco beobachtete und ihn die Lippen schürzen ließ. »Versteh mich nicht falsch, Potter. Ich würde niemals das hier -« Er blickte sich abfällig im staubigen Wohnzimmer um »angesichts deiner Großzügigkeit kritisieren … aber …« »Es ist heruntergekommen.«, beendete Harry seinen Satz. »Das ist noch wirklich nett formuliert.« Sie grinsten sich an und für einen Moment löste es die Spannung, die zwischen ihnen herrschte. Vielleicht machte er sich auch einfach zu viele Gedanken, dachte sich Harry und betrachtete das schmale Gesicht seines Gegenübers. Die hohen Wangenknochen spannten die blasse Haut und ein leichter Rotschimmer zierte seine Wangen. Wenige blonde Strähnen hingen ihm ins Gesicht und Harry fielen plötzlich einige weiße Fäden auf, die sich an einer Stelle in die Haare verworren hatten. Ohne wirklich drüber nachzudenken streckte er die Hand aus und griff in das weiche Haar vor ihm, um die Spinnweben vorsichtig herauszuziehen. Sein Zeigefinger glitt sanft zwischen die Strähnen. Draco wirkte wie erstarrt, unfähig etwas zu tun oder zu erwidern, jede Bewegung mit den grauen Augen verfolgend. Der Faden klebte leicht an seinem Zeigefinger, als Harry ihn berührte. Sachte zog er die Reste des Netzes aus dem Haar und strich es wieder glatt. »Ehm … du hattest …«, stammelte Harry, als ihm die Situation bewusst wurde. Sein Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals und er stand hastig auf. »Der Tee.«, sagte Kreacher und stellte mit einem klirrenden Geräusch ein Tablett mit zwei Tassen auf den kleinen Beistelltisch. »Kreacher.« Harry atmete auf. Das dumpfe Pochen seines Herzens schlug gegen seine Brust und er befürchtete, dass Draco es hören musste, so laut, wie es war. Hastig griff er nach einer Tasse und trank einen Schluck, als ihm schließlich eine Idee kam. »Das Zimmer von Regulus Black, kann Draco darin schlafen, Kreacher?«, fragte er den Hauselfen und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Das Schlafgemach von Sirius Bruder war direkt im Nachbarzimmer im vierten Stock und Harry war das letzte Mal dort drin gewesen als er die goldenen Initialen R. A. B. auf der Tür entdeckt hatte. Die gleichen Initialen, die der Dieb des Medaillons hinterlassen hatte. »Kreacher kann das Zimmer herrichten, Meister Potter.«, murmelte der Hauself genervt und machte sich auf dem Weg. »Vielleicht solltest du auch ein wenig schlafen, Potter. Deine Augenringe haben Augenringe.«, sagte Draco, der ebenfalls aufgestanden war. »Ich komm schon klar.« , meinte Harry und versuchte ihn anzulächeln, doch es gelang ihm nicht so recht. Er musste sich wirklich zusammen reißen, sonst würde sich das Zusammenleben mit Draco als schwierig darstellen. »Ich weiß nicht, ob im Unterricht einschlafen die Definition von klar kommen ist«, sagte er zweifelnd und näherte sich ihm. Doch wenige Zentimeter vor ihm stoppte Draco, betrachtete ihn und schien auf eine Reaktion zu warten, doch Harry war nicht fähig zu antworten. Regungslos stand er da und starrte in die sturmgrauen Augen, die durch die Partien seines Gesichts huschten. Er konnte seinen Blick nicht deuten als er sich jedoch abwandte und laut schnaufte. »Wie auch immer.«, seufzte Draco und zuckte leicht mit den Schultern. »Ich brauche meinen Schönheitsschlaf, also werde ich mir jetzt das Zimmer angucken. Könnte dir auch mal gut tun, Potter.« Er zwinkerte ihm zu und verließ den Raum. Ruhig betrachtete er, wie sein neuer Mitbewohner auf den oberen Treppenstufen verschwand, bis Harry ihn schließlich nicht mehr sehen konnte. Erschöpft stieß er den restlichen Atem aus seiner Lunge und ließ sich erneut auf das Sofa fallen. Schlafen war wahrscheinlich das Letzte, an das Harry nun denken konnte.     ~~~*~~~ Kurz vor Mitternacht wurde er durch ein lautes Poltern aus seinem dösenden Zustand gerissen. Ein fluchender Schmerzensschrei folgte dem Geräusch unmittelbar. Harry gähnte ausgiebig und schlängelte sich aus der warmen Wolldecke. Er hatte sich die letzten Stunden vor dem Kaminfeuer bequem gemacht und gegen die Müdigkeit gekämpft. Neugierig ging er langsam in Richtung Flur nur, um Draco vorzufinden, wie er am unteren Treppenabsatz auf dem Boden hockte und sich seinen Knöchel rieb. »Alles okay?«, fragte ihn Harry besorgt und ging in die Hocke, um sich die Verletzung genau anzugucken. Draco hatte das Hosenbein leicht hochgerafft und Harry konnte eine leichte Bissverletzung an seinem Knöchel erkennen. Aus der Wunde sickerte etwas Blut, welches auf den Boden tropfte. »Sieht das etwa so aus?«, zischte Draco aufgebracht und wischte mit einem Tuch das Blut auf. »Die vorletzte Stufe beißt manchmal. Hätte ich vielleicht erwähnen müssen …« Harry lächelte leicht und zog seinen Zauberstab. Draco schnaubte laut, erhob jedoch bei dieser Geste seinen Kopf und fixierte den Stab in Harrys Hand. »Darf ich?«, fragte Harry nervös unter dem prüfenden Blick. »Kannst du das denn?«, fragte Draco unsicher. Harry nickte sachte und deutete auf die Wunde. Heilzauber fielen ihm mittlerweile ziemlich leicht. Die ewige Flucht in der Wildnis hatte letztendlich auch ihre Vorteile gebracht. Harry hatte sich Fähigkeiten angeeignet, die er normalerweise nie gebraucht hätte. Doch sein Leben war schließlich nie normal gewesen, oder? »Das fühlt sich warm an.«, nuschelte Draco und sah auf das grüne wabernde Licht, welches sachte aus Harrys Stab drang und seinen Knöchel umschloss. Das Blut verblasste und die Verletzung begann zu heilen. »Und wieder der Retter in der Not.«, witzelte er und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. »Kannst du aufstehen?« Harry streckte ihm seine Hand entgegen. Diese Szene kam ihm bekannt vor, doch diesmal zögerte Draco nicht und ergriff die Hand, die ihm angeboten wurde, ließ sich ohne zu Knurren hochziehen. »Komm mal mit.«, sagte Draco bestimmt und ging an ihm vorbei in das Wohnzimmer. Inmitten des Raumes blieb er stehen. Das Kaminfeuer war fast erloschen und die blonden Haare Dracos leuchteten im Mondlicht, welches durch das Fenster fiel. Er drehte sich um und blickte ihm entgegen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Vertraust du mir, Potter?« Draco grinste verschmitzt und Harry war sich nicht ganz sicher, worauf er eigentlich hinaus wollte. Was sollte diese Frage? Was hatte er schon wieder vor? Das konnte nichts Gutes bedeuten. Dennoch nickte er langsam. Neugierig trat er ein paar Schritte an sein Gegenüber heran, dessen Grinsen immer breiter wurde und auch Draco trat einen Schritt auf Harry zu, so dass er nun direkt vor ihm stand. »Dann mach den Mund auf und die Augen zu.«, sagte Draco und sie standen sich so nahe, dass sein heißer Atem gegen seine Lippen stieß. Harry fühlte sich zurückversetzt an diesen Abend. Der Abend, der seine Gefühlswelt so durcheinandergebracht hatte. Dieser regnerische Abend und die weichen Lippen, welche sich so fest und begierig gegen seine gepresst hatten. Der feste Griff der langen Finger, die seine Hüfte umfasst hatten. Die Wärme, welche jetzt auch wieder so präsent war … Zu nah, schoss es durch seine Gedanken und Harry trat instinktiv einen Schritt zurück. »Na komm schon, Potter. So funktioniert das nicht.«, schnaufte Draco und öffnete demonstrativ seinen eigenen Mund. Weiße Zähne blitzen ihm entgegen. »Ist gar nicht so schwer siehst du? Oder hast du etwa Angst?« Die letzten Worte waren nur geflüstert. Er würde noch den Verstand verlieren, wenn das so weiter ging. »Nein, natürlich habe ich keine Angst.«, sagte er trotzig und schloss seine Augen. Es brachte doch nichts. Resignierend seufzte er und öffnete schließlich den Mund einen Spalt breit. Vertrauen … Wenn Harry ehrlich zu sich selbst war, fiel es ihm sehr schwer, sich einfach fallen zu lassen. Es fiel ihm schwer, sich so unbewaffnet nach all den Ereignissen im Krieg jemanden Gegenüber zu zeigen, der nicht Ron oder Hermine war. Und nun mit geschlossenen Augen vor Draco zu stehen … Doch zunächst passierte nichts. Als er jedoch eine Berührung auf seiner Unterlippe wahrnahm, entfloh ihm ein leises Keuchen. Draco hatte den Daumen auf seine Lippe gelegt und umfasste sanft seinen Kiefer, um ihn ein wenig nach unten zu ziehen und weiter zu öffnen. Die Berührung brannte auf seiner Haut und Harry war sich sicher, dass er jeden Moment in Flammen aufgehen würde. Es fühlte sich komisch an, so mit geschlossenen Augen und geöffneten Mund vor ihm zu stehen, doch Harry hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken als Draco ihm etwas auf seiner Zunge platzierte. Ein bitterer Geschmack drang durch seinen Mundraum und Harry musste sich davon abhalten, dass er, egal was Draco ihm gerade gegeben hatte, es nicht unmittelbar wieder ausspuckte. »Behalt es drin, Potter. Und wehe du schluckst.«, sagte er bestimmt und Harry öffnete die Augen. Grinsend stand Draco ihm gegenüber und streckte ihm seine Zunge entgegen, auf der ein dunkelgrünes Blatt lag. »Was ist das?«, fragte er verwundert und schob das Blatt in seinem Mundraum hin und her. Es war schwierig, mit dem Fremdkörper zu sprechen. »Ein Alraunenblatt. Heute ist Vollmond. Das ist der erste Schritt für den Trank. Wir müssen das Blatt einen Monat im Mund aufbewahren.«, erklärte Draco und kratzte sich verlegen. »Einen Monat?«, fragte Harry entsetzt. Ihm fiel es schwer, das bittere Gefühl in seinem Mund zu ignorieren. »Ja und du darfst es nicht vermasseln, Potter. Wir haben nur diese eine Chance. Du darfst es weder verschlucken, noch zerstören, sonst müssen wir bis zum nächsten Vollmond warten.« Sturmgraue Augen fixierten ihn und Harry konnte eine aufkeimende Hoffnung in ihnen erkennen. Die Hoffnung, an die sich sein Gegenüber klammerte, die Harry am liebsten niemals verblassen sehen wollte. Ein Bröckeln seiner doch sonst so präsenten Maske. Ein zaghaftes Grinsen zierte Dracos blasse Lippen, worauf schließlich Harry ergeben nickte. »Niemals.«, sagte Harry bestimmt und ihm wurde bewusst, dass das Ganze etwas komplizierter werden würde, als er es sich zunächst ausgemalt hatte.   ~~~*~~~   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)