Mein Weg zu Dir von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 48: Tai --------------- »Was sollte das?«, stelle ich Sora sofort zur Rede, als die Türen meines Wagens zufallen und wir endlich allein sind. Schon klar, dass Mimi und Matt vorhin unseren Streit mit anhören mussten und das war wirklich das Letzte, was ich wollte. Unschuldig sieht sie mich von der Seite her an. »Ich weiß nicht, was du meinst.« »Klar weißt du, was ich meine.« Ich presse die Zähne aufeinander, weil ich immer noch sauer bin. Dann drehe ich den Schlüssel um und fahre los. »Wieso machst du vor Mimi und Matt so eine Szene?« »Ich habe nur das ausgesprochen, was Matt schon lange denkt.« »Und das wäre?« »Dass du sowieso kaum noch zu Hause bist.« Ich umklammere das Lenkrad. Ja, und wessen Schuld ist das? »Das stimmt«, gebe ich zu und versuche, nicht gleich den nächsten Streit vom Zaun zu brechen und das irgendwie sachlich zu klären. »Aber das ist nur so, weil du mir das Gefühl gibst, dich nicht allein lassen zu können.« Sora sackt etwas in ihrem Sitz zusammen. »Weil ich genau weiß, wo du als erstes hingehen würdest, wenn du alleine wärst«, sagt sie mit gesenkter Stimme. Daher weht also der Wind. »Sora, ich habe dir versprochen, mich von Mimi fernzuhalten, um dich nicht weiter aufzuregen. Damit es dem Baby gut geht.« »Wenn ich es nicht wüsste, würde es mich ja nicht aufregen, oder?« Ich presse die Lippen aufeinander, während ich an einer Ampel halte. Wahrscheinlich hat sie ein bisschen recht, mit dem, was sie sagt, denn ich habe ihr nichts von meinem nächtlichen Ausflug zu Mimis Hotel erzählt. Laut ihres Wissens war ich mit Kari zusammen, aber anscheinend misstraut sie mir sogar dann. »Ich weiß nicht, was du noch von mir möchtest, Sora«, seufze ich. »Ich möchte, dass du bei mir einziehst«, offenbart sie mir erneut, wie schon so oft in den letzten Tagen. »Matt hat doch recht, Tai. Du bist sowieso kaum noch zu Hause. Es wäre doch für uns alle das Beste, wenn wir zusammen wohnen würden.« Sie legt eine Hand auf ihren runden Bauch und ich schlucke schwer. Ich kann es nicht. Ich bringe es einfach nicht fertig, diesen Schritt zu gehen. Das wäre so endgültig. Aber vor allem wäre es das endgültige Ende von Mimi und mir. Wir wären eine richtige Familie und da wäre definitiv kein Platz mehr für meine Liebe zu Mimi, die ich immer noch nicht ganz aufgegeben habe. Und so lange das nicht der Fall ist, bringe ich es nicht über mich, diesen entscheidenden Schritt zu gehen. »Lass uns das nicht jetzt entscheiden«, schlage ich versöhnlich vor und versuche dabei entspannt zu klingen. »Wir haben noch so viel Zeit.« »Es sind nur noch 12 Wochen«, korrigiert mich Sora, was ich natürlich selber weiß. »Trotzdem«, dränge ich. »Gib mir Zeit zum Nachdenken.« »Na gut.« Sie bohrt nicht weiter, aber ich höre, wie ungeduldig sie ist. Und wie ängstlich. Sie hat immer noch Angst, dass ich einen Rückzieher mache und mich meiner Verantwortung entziehe - so schlecht kennt sie mich also. Ich bin gespannt, wann sie das Thema »Zusammen ziehen« erneut ansprechen wird. Lange kann ich mich nicht mehr rausreden. Ich weiß, dass sie recht hat und es für uns alle so am einfachsten wäre. Nur wäre da noch das Problem, dass mein Herz immer noch an einem Mädchen hängt, dass ich nicht haben kann. Und dieses Problem wird immer wie ein verdammter rosa Elefant im Raum stehen! Nachdem ich Sora zu Hause abgesetzt habe, treffe ich mich mit Kari. Sora war zwar nicht begeistert, weil sie mir einfach nicht vertraut, aber sie weiß auch, wie wichtig es mir ist, das Verhältnis zu meiner Schwester wieder positiver zu gestalten. Es ist nicht schön, dass wir uns in letzter Zeit so häufig streiten und ich möchte, dass sich das wieder ändert. Kari scheint es gut zu gehen bei Mimi. Zumindest hat sie seither keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt, geht zur Schule, lernt für ihre Prüfungen und trifft sich gelegentlich mit ihren Freundinnen. Alles völlig normal. Mimi scheint ihr gut zu tun. Offensichtlich war es doch die richtige Entscheidung, Kari zu vertrauen, was das angeht, auch wenn es mir äußerst schwer gefallen ist. »Hast du Lust, was zu unternehmen?«, frage ich sie, während wir durch die Straßen bummeln und uns ein Eis gönnen. »Lust schon, aber keine Zeit. Ich habe noch eine Menge Hausaufgaben zu erledigen.« Kari verzieht das Gesicht und hält demonstrativ ihre Schultasche in die Höhe. Heute habe ich sie von der Schule abgeholt und spontan auf ein Eis eingeladen. Es fühlt sich ein bisschen wie früher an, als wir noch klein waren. »Soll ich dir dabei helfen?« Kari lacht. »Tai, ich bin doch keine zehn mehr. Ich komme schon klar.« »Stimmt«, gebe ich peinlich berührt zu. »Das vergesse ich immer wieder.« »Was? Dass ich erwachsen geworden bin?« »Na ja, so weit würde ich mich noch nicht aus dem Fenster lehnen, aber ja … so was in der Art.« Sie streckt mir die Zunge raus und ich muss grinsen. Oh nein, erwachsen hin oder her - du wirst immer meine kleine Schwester bleiben. »Wie geht es Mimi?«, platzt es plötzlich aus mir heraus, obwohl ich versuche, die Frage ganz beiläufig zu formulieren. Ich weiß, dass die beiden gut befreundet sind und da sie zur Zeit zusammen wohnen, reden sie doch sicher über mich. Aber da ich so gut wie keinen Kontakt mehr zu Mimi habe, wie ich es Sora versprach, möchte ich gerade wirklich einfach nur wissen, wie es ihr geht. Ich möchte wieder wissen, was sie macht, woran sie denkt, was sie beschäftigt. Verdammt, ich möchte sie wieder in meinen Armen halten wie früher. »Wieso fragst du sie nicht selbst?« Ich schlecke von meinem Vanilleeis und verdrehe dabei die Augen. »Du weißt genau, warum.« »Oh Gott, Tai«, stöhnt Kari auf und wirft den Kopf in den Nacken. »Wie lange willst du dieses Spiel noch spielen?« »Welches Spiel? Ich spiele nicht!«, entrüste ich mich, aber Kari sieht mich nur mit einem wissenden Blick an. »Das: Ich-tue-so-als-hätte-ich-mit-Sora-eine-Familie-und-würde-Mimi-nicht-lieben-Spiel.« Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. »Das klingt ziemlich bekloppt.« »Ist es ja auch. Man, Tai!« Kari bleibt mitten auf der Straße stehen und sieht mich so anklagend an, als hätte ich ein Verbrechen begangen. »Wie kannst du nur so dumm sein? Merkst du denn nicht, dass an der Sache vielleicht etwas faul ist?« Nun bin ich sichtlich verwirrt. »Kannst du mich aufklären, was du genau meinst?« Ich werde langsam ungeduldig. Aber ich kenne diesen Blick meiner Schwester. Gleich wird etwas gewaltiges wie eine Bombe aus ihr herausplatzen. Und dann holt sie auch schon tief Luft … »Ich denke, Sora hat dich betrogen und dieses Baby ist nicht von dir. So. Jetzt ist es raus«, wirft sie mir viel zu schnell an den Kopf, ehe ich auch nur begreifen kann, was sie da sagt. Doch dann dringen ihre Worte zu mir durch. Halb schmunzelnd, halb zweifelnd schaue ich sie an. »Und wie kommst du darauf?« Natürlich habe ich diese Option selbst schon in Erwägung gezogen und das nicht nur ein mal. Ich lag teilweise Nächte lang wach und habe gegrübelt, ob Sora mir die Wahrheit erzählt. Letztlich bin ich jedoch immer zu dem Schluss gekommen, dass ich ihr im Moment nichts beweisen kann und dass wir uns schon so lange kennen, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, warum sie mich in so einer Sache anlügen sollte. Aber ich möchte gerne Karis Sichtweise der Dinge hören. Weiß sie etwas, dass ich nicht weiß? »T.K. hat sie mal zusammen mit einem anderen Typen gesehen, abends, in einer Bar.« Stutzig wandert meine Augenbraue in die Höhe. »Ist es normal, dass ihr in eurem Alter in Bars abhängt?« Kari stöhnt genervt auf. »Oh Gott, genau das gleiche hat Mimi auch gesagt. Hört ihr mir eigentlich zu?« Und wie ich zuhöre! »Du hast es Mimi erzählt?«, will ich sofort wissen. Kari nickt. Moment. Das geht zu schnell. Mimi weiß von Karis Theorie und hat mir nichts davon erzählt? »Schau nicht so misstrauisch«, ertappt mich Kari sofort. »Sie hat mir nicht geglaubt. Oder besser gesagt, sie wollte es nicht hören.« Kari lässt den Kopf hängen, während ihr Eis langsam schmilzt und zu Boden tropft, genauso wie meins. Allerdings ist mir soeben der Appetit vergangen. Ich beiße mir auf die Unterlippe und denke nach. Fuck … Was, wenn da was dran ist? Wenn das wirklich wahr ist, dann … Ich fasse mir ein Herz. »Ich will es aber hören«, sage ich entschlossen, weshalb Kari überrascht aufsieht. »Am besten von T.K. selbst. Willst du mich begleiten? Ich muss es von ihm persönlich hören!« Kari überlegt einen Moment zu lange und ich sehe, wie sie mit sich kämpft, doch dann nickt sie wieder. »Klar. Lass uns zu ihm fahren.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)