Die Sonne scheint für alle von MariLuna ================================================================================ Kapitel 34: ------------ XXXIV.   „Das ist besser, oder?“ Innerhalb eines Atemzuges verwandelt sich Mao in einen Menschen zurück. Lucifer lässt seine Blicke an ihm hinunter und wieder hinauf wandern und nickt beklommen. Es ist nicht das erste Mal, dass er Mao in dieser Gestalt nackt sieht – immerhin gehen sie regelmäßig in den Onsen, aber trotzdem schlägt ihm das Herz plötzlich bis zum Halse. Und das ist albern, wenn man bedenkt, dass sie vor nicht einmal fünf Minuten... Lucifer sieht hoch in dieses jungenhafte Gesicht, diese vor Lust verdunkelten rötlichen Augen, sieht dieses erwartungsvolle Lächeln und plötzlich wird ihm klar, dass er das einfach nicht tun kann. Er. Kann. Es. Nicht. „Ich kann es nicht.“ „Huh?“ Oh, es tut so weh, zusehen zu müssen, wie dieses erwartungsvolle Leuchten erlischt und riesiger Enttäuschung Platz macht. Lucifer ringt nach Worten und doch ist ein erneutes „Ich kann es einfach nicht.“ alles, was herauskommt. Mao blinzelt einmal, runzelt die Stirn und legt dann fragend den Kopf schief. In ihm beginnt es zu brodeln, doch noch beherrscht er sich. „Was soll das heißen? Ich erlaube es dir. Wenn du befürchtest, du könntest mich verletzen, versichere ich dir, dass ich dir vertraue. Außerdem kann ich mich jederzeit heilen.“ „Das ist es nicht...“ „Was ist es dann?“ Betreten senkt Lucifer den Blick. Wie soll er ihm das nur erklären? Es ist so kompliziert, dass er es selbst kaum versteht. Er weiß nur, dass sich alles in ihm dagegen sträubt, und dass es ein riesengroßer Fehler wäre. Maos eben noch so freundliche Augen verengen sich zu zwei roten Schlitzen, und er macht einen drohenden Schritt auf ihn zu. „Was, Lucifer? Was ist los? Menschen sind in Ordnung, aber bei deinem König zickst du herum? Schau, ich bin jetzt auch ein Mensch. Genau wie sie. Genau wie diese fremden Kerle, denen du dich hingegeben hast.“ Unwillkürlich weicht Lucifer einen Schritt zurück, der Raum ist klein, es dauert nicht lange, bis er die Wand in seinem Rücken spürt. Plötzlich ist er sich seiner Nacktheit nur allzu deutlich bewusst. Mao dagegen scheint es egal zu sein, dass er ebenfalls völlig nackt ist. „Mir musst du dich nicht einmal hingeben.“ Mao ist – wie Lucifer mit morbider Faszination feststellt – immer noch erregt, und er präsentiert sich wirklich ohne Scheu. „Ich schenke dir meinen Hintern, meinen königlichen Hintern und du lehnst ab? Ist es dir andersherum doch lieber?“ Touchez. Lucifer schluckt einmal schwer und versucht, sich seine Betroffenheit nicht anmerken zu lassen. Mao stemmt die Fäuste in die Hüften und lehnt sich herausfordernd zu ihm vor. „Ja? Liegen da deine Präferenzen? Ist es das?“ Endlich findet Lucifer seine Stimme wieder. „Mao, ich kenne dich, seit du ein Kind warst. Ich habe Camio geholfen, dich großzuziehen.“ Ich kann dich nicht wie ein Sexobjekt behandeln. Ich sehe immer noch den kleinen, frechen Goblin vor mir. „Du bist mein König.“ So sehr ich es hasse, aber ein Teil von mir wird dich immer als meinen König ansehen. „Und deshalb kann ich dich einfach nicht unter der Dusche, als wärst du ein x-beliebiger Kerl … nicht, wenn es dein erstes Mal ist. Das erste Mal sollte immer etwas Besonderes sein, denn du wirst dich immer daran erinnern, und es sollte dann eine gute Erinnerung sein, eine gute Erfahrung, weil sie prägt, wer du bist.“ Ich habe dich aufgezogen, ich will nicht, dass du so verkorkst endest wie ich. Verzweifelt rauft er sich die Haare. „Und wieso, zum Henker, muss ich ein solch beschissenes Aufklärungsgespräch mit einem Dämonen führen, der Zuhause alles bespringt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist?“ „Oi, wieso stellst du mich hier jetzt als einen Perversen hin? Ich bin durchaus wählerisch in der Wahl meiner Partner! Ich war es nicht, der sich von Menschen für Geld vögeln ließ!“ „Glaubst du, mir hat das Spaß gemacht?“ „Das weiß ich nicht! Ich hoffe nicht, aber es scheint dir weniger ausgemacht zu haben als jetzt das hier!“ Mao macht eine wedelnde Handbewegung, die sie beide und das Badezimmer mit einschließt. In seinen Augen erwacht ein altbekanntes Feuer. „Und das ist verdammt beleidigend! Ich bin immer noch dein König! Du hast mich zu respektieren!“ „Hier bist du nur ein Teilzeit-Burgerbrater, der sich nicht mal gegen ein Schulgör mit Monstertitten zur Wehr setzen kann!“ schleudert ihm Lucifer höhnisch entgegen. „Ich sorge wenigstens dafür, dass wir Essen und ein Dach über dem Kopf haben“, zischt Mao zurück. „Ich sorge dafür, dass du es hier gemütlich hast. Dafür kann ich ja wohl etwas Respekt erwarten von jemanden, der sich von einem Halbengel wie Emilia besiegen ließ und uns dadurch den ganzen Krieg vermasselt hat!“ „Das war nicht meine Schuld!“ „Das ist es nie! Du bist nie an etwas schuld! Es sind immer die anderen. Weil du ein Erzengel bist und Engel immer Recht haben, nicht wahr? Du bist wie ein kleines, verwöhntes Balg. Du hast einfach nur Glück, dass du Alciel und mich hast. Ohne uns wärst du doch im Knast wie dein Kumpel Olba!“ „Er ist nicht mein Kumpel!“ schreit Lucifer ihn an. Wie kann er es wagen, so etwas zu behaupten? Wütend ballt er die Fäuste. „Wär ja auch noch schöner!“ brüllt Mao zurück. Inzwischen lehnt er sich so weit vor, dass sich ihre Nasenspitzen fast berühren. „Er hätte dir sowieso nicht zurück in den Himmel geholfen“, seine Stimme senkt sich plötzlich zu einem heiseren Knurren. „ Und das weißt du. Olba und diese dämlichen Ente Islaner wissen ja nicht mal, dass das der blaue Mond ist!“ „Diese ganze degenerierte Engels-Bagage geht mir am Arsch vorbei! Eher lasse ich mich ans Kreuz nageln als dass ich je wieder zurückgehe!“ „Mit nageln kennst du dich ja aus!“ Lucifer starrt ihn sekundenlang nur an, dann platzt es regelrecht aus ihm heraus. „Du verdammter Goblin! Ich hasse dich, wenn du so bist!“ Mao schnellt nur nach vorne, schlingt seine Arme um ihn und bringt ihn mit einem Kuß zum Schweigen. Es ist ein harter, kompromißloser Kuß, der keinen Widerstand duldet, aber Lucifer hat auch gar kein Interesse daran, sich zu wehren. Er stürzt sich mindestens genauso leidenschaftlich in diesen Kuß hinein wie Mao. Gierig presst Mao ihn an sich. Seine rechte Hand vergräbt sich in einer dieser perfekten Hinterbacken, während seine andere in Lucifers Nacken landet und seinen Kopf an Ort und Stelle hält, damit er ihn weiterhin so küssen kann. In diesem Körper ist Lucifer nur einen halben Kopf kleiner als er und das ist einfach nur perfekt. Lucifer im Kampfmodus ist einfach nur perfekt. Diesmal hatte er keine Angst vor ihm. Diesmal hat sein Kampfgeist gesiegt und Mao weiß nicht, ob es Lucifer aufgefallen ist, aber je hitziger ihr Streit wurde, desto erregter wurde er. Genau wie Mao. Ihre Körper wissen, was sie wollen. Plötzlich mischt sich der Geschmack von Eisen in ihren Kuss, doch Mao stockt nur für einen Moment, bevor er Lucifer das Blut von der Oberlippe leckt und ihn dann nahtlos weiterküsst. Das macht er jedes Mal, wenn er einen Blutstropfen schmeckt, so lange, bis das Nasenbluten aufhört. Lucifers Blut schmeckt so köstlich wie seine Küsse. Ein Geschmack, der ihm mitten in den Schritt fährt. Und ehe er es sich versieht, drückt er Lucifer mit ganzem Körpereinsatz gegen die Wand. „Warum müssen wir so sein?“ flüstert er atemlos gegen Lucifers Mund, wischt ihm mit dem Zeigefinger den letzten Blutstropfen von seiner Stupsnase und bewundert das intensive Glühen in diesen violetten Augen. Er meint dieses Wechselbad aus Liebe, Haß, Wut und Eifersucht. „Egal“, keucht Lucifer nur zurück. Er hat seine Finger in Maos dunklen Haaren vergraben und zieht ihn nun entschlossen wieder zu sich heran. „So lange es immer so endet...“ Er stürzt sich auf Maos Lippen, als gäbe es kein Morgen mehr. Kurz bevor Mao genüßlich die Augen schließt, glaubt er, das altbekannte Schimmern von Lucifers violetter Aura und darin tanzende goldene Lichtreflexe wahrzunehmen, aber bevor diese Information wirklich sein Gehirn erreicht, versinkt seine gesamte Welt wieder in Nähe und Wärme und dem Gefühl, eins zu sein.     Sie sind wahnsinnig. Anders ergibt es gar keinen Sinn. „Alciel wird...“ flüstert Lucifer und bricht dann aufjapsend mitten im Satz ab. Hilflos klammert er sich an Mao fest. Der weiß genau, was er meint. „Stillezauber“, erklärt er daher nur, knurrt dumpf und umschlingt ihn noch fester, während er sich mit dem nächsten Hüftstoß noch tiefer in ihn hineintreibt. Er spart sich jede weitere Erklärung, denn es gibt wirklich Wichtigeres als sich Sorgen um ihren selig schlummernden Iron-Skorpion zu machen. Mao hat noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, dass sie es hier hinter Alciels Rücken treiben. Er ist sein König, verdammt nochmal! Alciel wird es ihm gewiß verzeihen. Jetzt und hier gehört Lucifer ihm. Ihm ganz alleine. Und er … gehört Lucifer. Es ist, als würde in ihnen ein Feuer brennen, das sich nur durch die Flammen des anderen nähren kann. Sie haben jeden Rest von Vernunft so schnell von Bord geworfen, dass es ihnen nicht einmal fehlt. Und das, was von ihrem Verstand übrig ist, verbrennt mit jeder verstreichenden Sekunde heller in diesem Feuer - mit jedem von Maos Hüftstößen, mit jedem wollüstigen Aufkeuchen Lucifers, und je verzweifelter sich Lucifer mit Armen und Beinen um Mao schlingt als wäre er eine Boa Constrictor und mit jedem wilden Kuss. Die Luft um sie herum knistert aufgeregt und Maos Aura leuchtet so tiefrot, dass sie schon fast schwarz wirkt, und ohne dass er es wollte oder bemerken würde, verwandelt er sich wieder in einen Goblin. Goldener Rauch wallt um Maos Hufe, wird zu goldenen Funken und dann zu goldenen Fäden, die sich Seilen gleich um ihre Körper schlingen, ein feines, goldenes Netz, das jede ihrer hektischen Bewegungen mitmacht. Und das gleichzeitig verhindert, dass Mao seine natürliche Körpergröße annimmt. Und so vergräbt sich der ein Meter dreiundsiebzig große Dämonenkönig mit größtem Vergnügen und noch viel größerem Verlangen in den achtzehn Zentimeter kleineren Ex-Engel, mitgerissenen von diesem gewaltigen Mahlstrom, aus dessen Tiefen ihm – ihnen beiden - nur eine einzige Empfindung zuruft: Eins. Eins-eins-eins. „Jakobu!“ Plötzlich durchfährt ein Zittern Lucifers gesamten Körper, er bäumt sich auf, wirft den Kopf in den Nacken und aus seiner Kehle löst sich ein wahrer Triumphschrei – melodisch bis in den letzten Ton, wild und lebensbejahend jubelt er seinen Höhepunkt in die Welt hinaus und reißt Mao mit über die Klippe. Und kurz bevor Maos Welt in einem Feuerwerk explodiert, glaubt er das charakteristische Rauschen von mächtigen, schwarzen Schwingen zu hören.       Schluchzend klammert sich Lucifer an Mao fest. Er hat sie gespürt. Er hat seine Flügel gespürt. Sie waren da. Für einen winzigen, kostbaren Moment waren sie wieder da. Jetzt sind sie wieder fort und das schmerzt schlimmer als je zuvor. Doch Mao strahlt vor Freude. „Ich wusste es doch“, grinst er selbstzufrieden, während er sie beide näher unter den Duschkopf und damit unter den warmen Wasserstrahl dirigiert und zwar möglichst so, dass Lucifers Armschiene nicht nass wird. Darum wird er sich auch noch kümmern. Im Moment begnügt er sich damit, beruhigend über Lucifers Hinterteil zu streicheln und dem Gefühl nachzuspüren, wie ein paar Tropfen seiner Magie in dessen Körper sickern. Es ist noch nicht viel, aber es hilft und es ist ein guter Anfang. Die tiefen Krallenspuren auf Lucifers Körper sind jedenfalls schon verschorft. Mao weiß nicht, wie lange das anhält und wie es sich auf den Knochenbruch auswirkt – das wird er später überprüfen. „Es ist ein Fortschritt“, raunt er, während er mit seiner rechten Hand tröstende Kreise auf Lucifers nassem Rücken zieht. Oh. Erst als er seine Krallen sieht, bemerkt er, dass er wieder als Dämonenkönig hier steht. Betroffen verwandelt er sich zurück. „Wir wissen jetzt, dass es funktioniert“, fährt er dann beruhigend fort. „Und wir wissen, was wir machen müssen. Das nächste Mal holen wir Alciel mit ins Boot. Und dann hast du deine Flügel schnell wieder zurück und alles ist wieder wie vorher.“ Daraufhin schluchzt Lucifer nur noch lauter auf und plötzlich ist da wieder diese Wand, von der seine Magie zurückprallt. Verdammt nochmal! Gut. Dann wird er sich eben in Geduld üben müssen. Mao unterdrückt einen tiefen Seufzer und drückt einen kleinen Kuss auf Lucifers nassen Haarschopf. Und überhaupt – um seine Mundwinkel zuckt ein kleines Grinsen – hat er gar nichts dagegen einzuwenden, wenn sie noch ein paar Versuche benötigen.     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)