Die Sonne scheint für alle von MariLuna ================================================================================ Kapitel 27: ------------ XXVII.   In der ersten Schocksekunde erstarrt Lucifer regelrecht, dann entgegnet er den Kuss für eine weitere und in der nächsten dreht er seinen Kopf beiseite. „Was soll das, Mao-Baka?“ verlangt er atemlos und mit heftig klopfendem Herzen zu wissen. Und was soll das bitteschön bedeuten, er liebt sie? Dieser Burgerbrater weiß doch gar nicht, wovon er da spricht. Er kennt den Herzschmerz nicht, der mit dieser Emotion einhergeht und der alles - auch die guten, die eigentlich so wertvollen Erinnerungen - so unbarmherzig wie eine Supernova zu Asche verbrennt. Mao aber grinst nur schief und zuckt verlegen mit den Schultern. „Ist etwas dagegen einzuwenden, wenn ich meinen Ehemann auf andere Gedanken bringen will?“ Auch wenn das zweifellos funktioniert hat, mustert ihn Lucifer erst einmal aus mißtrauisch verengten Augen. „Wirklich? Oder willst du vielleicht nur ausprobieren, was du im Porno gesehen hast, Mao-sama?“ Die geballte Ladung Hohn im Suffix tangiert Mao nur peripher. Abermals zuckt er mit den Schultern. „Na ja, vielleicht ein bißchen“, gibt er nonchalant zu. „Aber nur das gute Zeugs.“ „Das gute Zeugs...?“ Grinsend legt Mao seine linke Hand auf Lucifers rechtes Knie. „Das hier...“, langsam wandert diese Hand den Oberschenkel hinauf und dann kratzen Maos Fingernägel über die Innennaht der Jeans. Lucifer erschaudert unwillkürlich, bleibt aber standhaft und funkelt ihn herausfordernd an. Mao beobachtet ihn ganz genau, nach außen gibt er sich zwar sehr cool und verwegen, aber tief in seinem Inneren erzittert er regelrecht vor Aufregung. Es ist schließlich das erste Mal, dass er Lucifer derartig berührt. „Und das...“ Jetzt schummelt sich Maos andere Hand unter Lucifers T-Shirt und streichelt sachte über seine Seite. Hm … Lucifers Haut ist so warm und weich … Mao würde sich am liebsten ganz dicht an ihn schmiegen, um noch viel, viel mehr von dieser Wärme, von all dem Leben zu erhaschen. „Und vielleicht das...?“ Maos Stimme senkt sich zu einem kehligen Schnurren, als er sich wieder nach vorne lehnt und sachte an Lucifers Unterlippe nippt. Der erstarrt mal wieder. Er fühlt sich zurecht überrumpelt, und noch während er schwankt, ob er das hier wirklich zulassen oder doch lieber abbrechen soll, sind Maos Lippen schon wieder verschwunden, doch nur, um eine Sekunde später über die empfindliche Haut an seiner Kehle zu geistern. „Vertrau mir“, murmelt Mao, bevor er einen zärtlichen Kuss auf Lucifers Kehle drückt. Vorsichtig, auslotend, bittend, jederzeit bereit, sich zurück zu ziehen, sollte es nötig werden. Unwillkürlich lässt Lucifer seinen Kopf in den Nacken fallen und stöhnt leise auf. Seine Augenlider beginnen unkontrolliert zu flattern, als ein weiteres elektrisierendes Kribbeln durch alle seine Nervenbahnen jagt. Normalerweise bekommt er Panik, wenn jemand seine Kehle berührt, aber diesmal … das Gefühl von Maos Lippen, die Art, wie sein warmer Atem über seine Haut geistert und das leichte Schaben seiner Zähne und die Nässe seiner Zunge … Lucifer fühlt sich, als würde er zerschmelzen. Noch nie hat ihn jemand dort geküsst. Noch nie! Und noch nie hat ihn jemand so behutsam behandelt, als bestünde er aus kostbarem Meissner Porzellan. Als wäre er wertvoll. Aus seiner Kehle löst sich ein leises Wimmern, wofür er sich bestimmt geschämt hätte, wäre er noch genug bei Verstand, um es überhaupt mitzubekommen. „Ja? Gefällt dir das?“ Mao hält kurz inne und wirft ihm einen verschlagenen Blick zu, bevor er seine Lippen direkt zurück auf Lucifers wild pochende Halsschlagader drückt. Wieder erschauert Lucifer so schön und dann noch einmal, als Maos Finger sachte über seine Rippen tanzen. Haltsuchend verkrallt sich Lucifers linke Hand in Maos Shirt, während sich sein ganzer Körper Maos Händen, Lippen und Zunge entgegenbiegt. Mao gibt ein zufriedenes Summen von sich. Er ist ja so empfindlich! Mao wird es ein Vergnügen sein, herauszufinden, ob es noch mehr solcher Stellen an diesem zierlichen Körper gibt. Dann erinnert er sich plötzlich, dass noch jemand hier sitzt und wirft Alciel einen auffordernden Blick zu. „Komm, Ashiya, mach mit.“ Das läßt sich dieser nicht zweimal sagen, schließlich hat er nur darauf gewartet, dass ihm sein König die Erlaubnis dazu gibt. Natürlich hätte er seinen Engel am liebsten nur für sich allein, aber wenn er schon teilen muss, dann am Liebsten mit seinem König. Und während sich Mao langsam an Lucifers Hals hinunter zu dessen Schlüsselbein küsst, stürzt sich Alciel begeistert auf diese köstlichen Lippen. Seit sie sich heute Mittag eine ganze Stunde lang geküsst haben, brennt er darauf, diese kleine „Lehrstunde“ fortzuführen. Und weil er ein gelehriger Schüler war, weiß er inzwischen, wie er seinen Engel zu küssen hat, damit dieser schnell atemlos wird.     Lucifer weiß nicht, ob er sich jemals so gefühlt hat. Er weiß nicht, ob sich jemals jemand so sehr um ihn bemüht hat. Ob jemals jemand gefühlt jeden Zentimeter seiner Haut mit soviel zärtlichen Berührungen überschüttet hat. Da sind zum ersten Mal Finger auf seinem Körper, die nur geben wollen. Kein Drängen, keine Hast, kein Ziel außer dem, ihn geduldig zu erforschen. Das ist nicht nur neu, sondern auch erstaunlich – immerhin gehören diese Finger Mao und Alciel. Aber diese Finger hinterlassen eine völlig andere Flammenspur auf seiner Haut als alle anderen vor ihnen – keine, die ihn verbrennt, nur eine, die eine angenehme, kribbelige Wärme hinterlässt. Eine Wärme, die sich langsam einen Weg in sein Inneres bahnt und etwas in ihm zum Schwingen bringt. Sie streicheln und küssen nur, und auch wenn besonders Maos Hände öfter über seine Oberschenkel und Knie wandern, sparen sie seinen Schritt konsequent aus (natürlich haben sie noch Hemmungen, für sie ist das völlig neu und in dieser Situation ist er ihnen dafür sehr, sehr dankbar, denn so weit will er heute nicht gehen, nicht jetzt, nicht, wenn er wehrlos ist) und trotzdem fühlt sich Lucifer wahnsinnig erregt. Aber es ist anders. Es ist besser. Das ist nicht nur Lust. Es fühlt sich an wie … fliegen. Da ist diese Verbindung mit … mit allem, wie diese Verbindung, die er spürt, wenn er sich von einer Luftströmung tragen lässt und der Wind durch seine Federn streicht, so zärtlich, so geduldig – genau wie diese warmen Hände. Aber unter dem Element der Luft vibriert auch immer eine gewaltige Macht, das Unberechenbare, das Gefährliche, kann doch aus einem lauen Lüftchen binnen Sekunden ein gnadenloser Sturm entstehen – und dasselbe gilt für diese Hände. Sie gehören zwei potentiell gefährlichen Dämonen. Aber da ist diese seltsame Verbindung, dieses Gefühl von uneingeschränkter Nähe und daraus resultiert … Sicherheit. Und für einen kostbaren Moment sind sie eins … eins-eins-eins … und dieses Gefühl ist so überwältigend, dass ihm unwillkürlich das Wasser in die Augen steigt. Zum Glück hält er sie geschlossen, weil Alciel ihn gerade hingebungsvoll küsst. Trotzdem löst sich eine einzelne Träne aus seinem linken Augenwinkel und bahnt sich ihren Weg über seine Schläfe, wo sie von einem krallenartigen Finger abgewischt wird. „Alles okay?“ Alciel hat ihren Kuss gelöst und mustert ihn nun besorgt. Als Mao das hört, hört er damit auf, sich über Lucifers Bauchnabel zu lecken und hebt beunruhigt den Kopf. Benommen blinzelt Lucifer hoch in Alciels Gesicht. Unwillkürlich kurven sich seine Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln und er hebt die Hand, um erst sachte über Alciels chitinverstärkte Wange und dann über sein spitzes Ohr zu streicheln. Alciel. Sei blonder Iron-Scorpion. Der ruhige See, unter dem es brodelt. Maos Fels in der Brandung. Und sein … Lieblingsdämon. Und nichts ist gefährlicher als solche Gedanken. „Lucifer?“ „Hmmmm?“ „Du weinst. Ist alles in Ordnung? Oder sollen wir aufhören?“ „Alles gut.“ Lächelnd wickelt Lucifer eine von Alciels blonden Haarsträhnen um seine Finger. So ein wunderschönes Eisblond. Was Alciel wohl sagen würde, wenn er wüßte, dass ein Drittel der Engel genau diese Haarfarbe ihr eigen nennt? Neben Silberweiß ist es die häufigste Farbe. Aber niemandem steht sie besser als Alciel. Langsam rutscht sein Blick zu Mao hinüber. Für einen Moment verliert er sich in diesen rubinrot schimmernden Augen und da ist es wieder - dieses Gefühl einer tiefen Verbindung. Er dreht den Kopf, sieht in Alciels Goldflecken-Augen und spürt es hier ebenfalls. Aus seiner Kehle löst sich ein leiser, zufriedener Summton. „Mir geht’s gut. Es ist nur etwas viel. Ich fühle …“, er lauscht kurz in sich hinein und runzelt irritiert die Stirn, „... zuviel?“ „Sollen wir aufhören?“ Er denkt einen Moment darüber nach und nickt dann zögernd. Er fühlt sich immer noch den Tränen sehr nahe und möchte sich weitere Peinlichkeiten lieber ersparen. Außerdem – all diese warmen Emotionen machen ihm langsam wirklich Angst, er braucht Zeit, um damit klar zu kommen. „Seid mir nicht böse.“ „Sind wir nicht, keine Sorge“, lächelnd setzt sich Mao wieder aufrecht hin und deutet dann mit dem Daumen über seine Schulter. „Und es wird sowieso langsam Zeit, dass du deinen neuen Futon einweihst.“ Lucifer sieht hinter ihn und bemerkt erst jetzt, dass ihre Futons schon fertig ausgerollt dort liegen. Beschämt muss er feststellen, dass er wohl so einiges mal wieder nicht mitbekommen hat. Er muss sich wirklich zusammenreißen, sonst kann das böse enden. „Richtig“, stimmt Alciel seinem König zu. „Es wird Zeit. Ihr habt morgen wieder die Frühstücksschicht, Mylord.“ Mao schneidet eine Grimasse. „Oh, stimmt. Na ja“, meint er dann auf seine unnachahmlich optimistische Art und Weise, „einen Vorteil hat diese Schicht: Chiho ist nicht da.“ Lucifer kann nicht anders, als bei diesem Namen verächtlich zu schnauben. Und sofort hat er wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit der beiden. Oje. Jetzt werden die zwei ihn bestimmt wieder zusammenstauchen, weil er es gewagt hat, ihre kostbaren Menschen zu beleidigen. Doch zu seiner großen Überraschung zieht ihn Mao nur in eine feste Umarmung. „Du bekommst einen neuen Laptop, versprochen.“ Lucifer sagt nichts, er ist viel zu sehr damit beschäftigt, nicht in all dieser Nähe und Wärme dahinzuschmelzen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)