Birds von Scharon ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Mit zwei Dutzend Männern im Schlepptau marschiere ich auf die Zentrale der Kröte zu, alles junge Anwärter. Die schwarze Eidechse, unser Spezialkommando, führte einen Sonderauftrag am anderen Ende der Stadt durch, weswegen sie mich nicht begleiten. So sagt zumindest der Boss. Ich weiß, dass er lügt. Dies ist ein Selbstmordkommando und ich weiß es. Der Boss ist meine Fehlschläge satt und will mich mit einem großen Knall ausradieren. Dass ich die Kröte mit in den Tod reiße, ist nur ein angenehmer Nebeneffekt. Soll er haben. Alles was mich interessiert ist dich zu rächen. Was aus mir wird, ist mir egaler den je. Mit leerem Blick sehe ich zu dem Gebäude vor mir auf. Ich werde hier sterben. Ob ich wohl in den Himmel komme? Wohl eher nicht. Dann in die Hölle? Das wäre mir auch egal. Wahrscheinlich wartet sowieso das endlose Nichts auf der anderen Seite. Dennoch finde ich den Gedanken tröstlich, dass ich dich vielleicht dort wiedersehe. Schließlich sind unser beider Seelen schwarz wie die Nacht. Wie erwartet ist die Kröte schwer bewaffnet. Taktische Schachzüge und meine Anweisungen führen jedoch dazu, dass sich mein Team mit kleineren Verlusten rasch vor arbeitet. Auch wenn man es mir nicht ansieht, so bin ich gut im Kampf ausgebildet und heute auch bis an die Zähne bewaffnet. Ich jage rücksichtslos ganze Komplexe des Gebäudes in die Luft. Heute wird „geklotzt statt gekleckert“, wie der Boss gerne zu sagen pflegt. Ich rücke schneller vor als die anderen, höre immer wieder Schreie, derer die zu Boden gehen. So kann es laufen, wenn man sich der Hafenmafia anschließt. Mit kleineren Wunden behaftet, meinem mangelnden Selbstschutz zu verdanken, erreiche ich die Führungsetage. Ich schalte die Wachen vor dem Zimmer aus, das ich für den Raum des Anführers halte. Als ich den Raum betrete, richten sich gleich mehrere Pistolenläufe auf mich. „Sieh an, sieh an.“, dringt eine tiefe Stimme an mein Ohr. Sie kommt von dem schwarzhaarigen Mann im Sessel hinter dem Tisch. Provokant und scheinbare Überlegenheit demonstrierend hat er mir den Rücken zugewandt. Ich blinzle unbeeindruckt, habe schon ein paar Strategien ausgetüftelt die vier Männer, mit den Pistolen, auszuschalten. Der Anführer wendet sich mir zu, drückt seine Zigarette in einem gläsernen Aschenbecher aus. Hochmütig. „Osamu Dazai.“ Er sieht zu mir auf. „Du bist tatsächlich persönlich gekommen?“ Er lacht kehlig und ich seufze innerlich. „Wie hat dir mein kleiner Söldnertrupp gefallen?“ Er lehnt sich vor, während ich mich gar nicht bewege, verziehe keine Miene. „Ich habe gehört es wurden alle ausradiert.“ Er zuckt mit den Schultern, grinst grimassenhaft. „Dennoch war ihre Mission ein voller Erfolg.“ Er sieht mich mit stechendem Blick an. Anspannung kommt in mir auf, doch ich muss jetzt ruhig bleiben. Wenn ich mich jetzt von Gefühlen leiten lasse, war alles umsonst. „Wie ist das, seinen Partner zu verlieren?“ Ohne dass ich es abwenden kann, zucken Bilder durch meinen Kopf. Ich sehe dich schreien, ich sehe dich weinen, sehe dein Lächeln, fühle deine Finger an meiner Wange. Mit einem tiefen Seufzen balle ich die Hände zu Fäusten. „Wachst du nachts auf, weil du seine Schreie hörst?“ Das reicht. Ich gehe in die Hocke, wodurch mich die ersten Schüsse verfehlen. Es kostet mich zwei Manöver und drei Streifschüsse alle Männer auszuschalten. Ich richte mich wieder auf, drehe mich mit finsterem Blick zum Anführer um. Das Blut rinnt meinen Arm hinunter, doch ziehe ich erst jetzt meine Waffe. Er tut es mir gleich, sieht mich mit festem Blick an. „Ich bin ein tadelloser Schütze.“, sagt er doch ich erkenne Schweißperlen auf seiner Stirn. Das ich seine Männer so leicht ausgeschaltet habe, scheint ihn doch zu überraschen. „Wenn du jetzt abdrückst, nehme ich dich mit. Lass uns reden, Da...“ Noch bevor er meinen Namen ausgesprochen hat, drücke ich ab. Mein Schuss trifft ihn in die Schulter, da er ausweicht. Ich sehe, wie er sich neu positioniert, den Lauf auf mich richtet. Ich sollte ausweichen, doch ich entscheide mich statt dessen seinen Kopf ins Ziel zu nehmen. Er schießt. Die Kugel durchbohrt meine Brust, doch bevor ich zucken kann, schieße ich ihm genau zwischen die Augen. Scheppernd geht er mitsamt seinem Aschenbecher zu Boden. Erst als seine Blutlache um den Tisch herum geflossen kommt, setzt der Schmerz in meinem Körper ein und ich sinke auf die Knie. Stöhnend hebe ich meine dunkle Jacke an, sehe den roten Fleck auf meinem Hemd, der sekündlich größer wird. „Volltreffer...“, hauche ich mit einem bitteren Lächeln und gehe bäuchlings zu Boden. Der gelbe Teppich unter mir ist nicht halb so weich, wie ich erwartet hatte. Zumindest fühlt es sich kratzig an meiner Wange an. Ich atme flach, lächle vor mich hin während mein Blick ins Leere geht. Ich hab es geschafft, Chuya. Die Kröte gehört der Vergangenheit an. Gerade will ich die Augen schließen, bereit das Leben hinter mir zu lassen, da höre ich vereinzelte Tritte, die sich auf mich zu bewegen. Sind doch noch nicht alle ausgeschaltet? „Dazai!“ Meine Augen weiten sich erstaunt. Diese Stimme... Das... „Dazai.“ Mit einem Rauschen gleiten Schuhe in mein Sichtfeld, dann Knie und schließlich dein Gesicht. Ich schlucke, starre dich an. „Hey, mach nicht schlapp!“ Besorgt ziehst du die Augenbrauen zusammen und schiebst deine Hand zwischen Teppich und meine Wange. Warm legen sich deine Finger an meine Haut. „Chu...ya...“, stöhne ich überwältigt. „Das... das ist... du bist tot...“ Mein Blick trübt sich und ich spüre eine Träne auf meiner Wange, bis sie deine Hand erreicht. „Red keinen Unsinn, Idiot. Ich bin doch hier.“ Du siehst kurz zur Seite, dann fangen deine blauen Augen meinen Blick erneut ein. „Sie haben mich gerettet. Ich habe überlebt.“ „Wie...?“, hauche ich, spüre wie feucht der Boden unter mir wird, getränkt von meinem Blut. „Halte durch, ok? Ich bin nicht alleine gekommen. Sie kommt auch und sie wird auch dich retten.“ Du sprichst so schnell, dass sich deine Stimme fast überschlägt. Wovon redest du da? „Wer...?“, hauche ich erstickt. „Die Hafenmafia hat eine junge Frau rekrutiert. Erst vor drei Tagen, wir wussten nichts davon. Weil wir auf Mission waren, haben wir es nicht mitbekommen. Sie... sie ist eine Befähigte.“ „Befähigte...?, wiederhole ich deine Worte. Es wird immer schwerer zu atmen. „Ja. Sie hat die Fähigkeit tödlich verwundete Menschen zu heilen. Vollkommen.“ Ich starre dich mit großen Augen an. „Sieh doch her. Ich habe keinen Kratzer mehr.“ Du lächelst und ich spüre, wie mir das Herz aufgeht. „Als ich gehört habe, dass du losgezogen bist, um die Kröte zu vernichten, bin ich dir umgehend gefolgt. Und jetzt bin ich hier. Also stirb mir hier jetzt nicht weg, ok?“ „Ich bin so froh dich zu sehen.“, hauche ich, spüre neue Tränen fließen. „Halt durch, Dazai.“ Du siehst kurz über mich hinweg zur Türe, dann wieder in meine Augen. „Sie kommt jede Sekunde.“ Deine Finger bewegen sich an meiner Wange. „Chuya...“ Die Tränen beginnen meine Stimme zu ersticken. „Noch ein bisschen.“, machst du mir Mut mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, dass mir richtig warm ums Herz wird. „Chuya...“ Mit aller Kraft halte ich die Augen offen, will noch ein wenig länger im tiefen Blau deiner Augen versinken. „Es gibt nichts auf der Welt... was ich mir mehr wünsche... als dass du wirklich hier wärest.“ Tränen laufen über mein Gesicht, tropfen auf den Boden. Ich blinzel und du bist verschwunden. Mich umgibt wieder die Leere des Raumes, gefüllt mit Tod, als ich die Augen endgültig schließe. Chuya, ich komme zu dir. Ich drücke die Wange gegen den Teppich, atme aus und nehme die Dunkelheit an, die mich zu verschlingen beginnt. 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