Immer dienstags von DieLadi ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Mycroft ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Und so ungern er es zugab: sein kleiner Bruder hatte vermutlich recht. Eigentlich wusste er selber nicht genau, warum er zu Beginn seiner Bekanntschaft mit Gregory einen falschen Namen genannt hatte. Denn zu diesem Zeitpunkt war er ja noch in keinster Weise an einem Punkt gewesen, an dem er gewusst hätte, dass er sich mehr von Gregory wünschte, als einen Flirt und vielleicht ein wenig unverbindlichen Sex. Es war eine beinahe automatische Reaktion gewesen. Nun, wie auch immer, es war an der Zeit, reinen Tisch zu machen. Denn jetzt, hier und heute wusste er: Gregory war der erste Mann in seinem Leben, der ihm wirklich und wahrhaftig etwas bedeutete. Er, Mycroft, war nicht der Mensch, der Liebe empfand. Bisher. Nun gut, er kümmerte sich um seine Eltern, aber das war mehr Pflichtgefühl als wirkliche Kindesliebe. Denn wenn man ehrlich war, waren sowohl Vater als auch Mutter Holmes nicht gerade Vorbilder, wenn es um zwischenmenschliches ging. Irgendwo mussten er und Sherlock ihre Unfähigkeit, mit Gefühlen umzugehen, ja schließlich herhaben, nicht? Und, ja, er sorgte sich um Sherlock. Und, zugegebenermaßen, war das mehr als nur empfundene Verpflichtung. Sherlock hatte er in seinem Herzen einen besonderen Platz, auch wenn er das dem gegenüber niemals zugeben würde; was vermutlich auch nicht nötig sein würde, denn er war sich sicher, dass Sherlock das auch wiederum wusste und nur seinerseits nicht eingestand. Aber darüber hinaus? Nein, es hatte bisher niemanden gegeben, der sein Herz dazu gebracht hätte, etwas anderes als kurzfristiges Begehren oder dergleichen zu empfinden. Doch dann war Gregory in sein Leben gestolpert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und hatte ihn mit seinem Charme, dem Blitzen seiner Augen und dem schönsten Lächeln südlich des Nordpolarkreises geradezu von den Füßen gerissen. Und daher, ja, zum Teufel, es war so, daher fühlte er sich zum ersten Male in seinem Leben unsicher und wusste nicht, wie er vorgehen sollte. Er war Meister darin, unsichtbare Fäden zu ziehen und Menschen zu manipulieren, um zu bekommen, was er wollte. Aber das würde hier nicht funktionieren. Die Gefühle, ja die Liebe eines Menschen konnte man nicht auf diese Weise erringen. Das war selbst ihm klar. Also beschloss er, bei ihrem nächsten Dienstagsdate Gregory reinen Wein einzuschenken. * * * Gregory Lestrade seinerseits hatte Sherlocks seltsame Reaktion zu denken gegeben. Dass der Mann ziemlich viel über seinen Liebhaber herausgefunden hatte, hatte ihn nicht weiter verwundert. Woran auch immer der das nun wieder erkannt hatte, er hatte mit all seinen Schlussfolgerungen richtig gelegen. Doch dann war er offenbar durch etwas in seinen Erkenntnissen ganz schön erschüttert gewesen, und Gregory hätte nun zu gerne gewusst, um was es dabei ging. Immerhin betraf ihn die Sache ja nun an aller erster Stelle! Was also hatte Sherlock so durcheinander gebracht? Langsam aber sicher ließ Gregory das ganze Gespräch, oder genauer genommen Sherlocks Monolog, vor seinem inneren Auge Revue passieren. Der hatte viel über Marc herausgefunden, und hatte erstaunlicherweise, als er ihn, Greg, nach dessen Namen gefragt hatte schon gewusst was kommen würde, denn er hatte den Familiennamen von Marc, Anthony, gleichzeitig mit ihm ausgesprochen. Er hatte also an dem, was er über Gregs Date herausgefunden hatte, erkannt, um wen es sich dabei handelte. Ganz konkret um wen. Was den Schluss erforderte, dass Sherlock Marc tatsächlich kannte. Sherlock Holmes kannte Marc Anthony. Die Erkenntis durchfuhr Greg wie ein Blitz. Sherlock kannte Marc. Aber woher? War Marc ein Klient? Ein ehemaliger vielleicht? Oder gar ein Verbrecher, den Sherlock einmal zur Strecke gebracht hatte ... oder eher noch nicht? Oh Gott. Eine kalte Furcht griff nach Greg. Doch dann schüttelte er den Kopf. Nein, das war doch eher unwahrscheinlich. Denn so, wie Sherlock den ihm bis dahin noch unbekannten geschildert hatte, war er nicht so außergewöhnlich, vielleicht nicht gerade durchschnittlich, aber solche Männer gab es doch immerhin durchaus nicht nur einen einzigen. Elegant, zurückhaltend, mit Chauffeur etc. Nein, da musste mehr dahinter stecken. Der Mann, Marc, sein Marc, musste Sherlock näher bekannt sein als nur ein Kli... Und dann traf es ihn. Konnte das wirklich sein? Aber ... Marc Anthony. Marcus Antonius. Julius Cäsar. Marcus Anthonius – Julius Cäsar. Mycroft Julius Cesar Holmes. Greg spürte, wie alles Blut aus seinem Kopfe wich. Konnte das tatsächlich sein, dass Marc, der warmherzige, freundliche, charmante und fürsorgliche Mann, den er jeden Dienstag traf, Mycroft Holmes war? Mycroft Holmes, Sherlocks Bruder, den Dr. Watson so eiskalt und manipulativ geschildert hatte? Gregory wusste nicht, was er denken sollte. Er atmete langsam ein und aus, damit ihm nicht die Knie weg sackten, wenn er gleich aufstehen und sein Büro verlassen würde. Er würde in die Baker Street fahren, jawohl, um Sherlock zur Rede zu stellen. Das würde er tun. Das war das beste was er tun konnte. Oder? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)