Schleifen in Blut und Zeit von Hotepneith (Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit) ================================================================================ Kapitel 13: Donnerstag Nacht Teil 2 ----------------------------------- Kagome fühlte sich tatsächlich ein wenig beschützt mit den beiden weiblichen Daiyoukai knapp hinter sich. Irgendwie gefiel es ihr sowieso nicht, so in das Schlafzimmer eines Mannes zitiert zu werden, noch dazu ihres Ehemannes, und das auch noch nur bekleidet mit einem schlichten Yutaka, barfuß. Sie kam sich so verdammt hilflos vor und das war etwas, was sie absolut nicht leiden konnte. Schön, Sesshoumaru hatte ihr versprochen sie nicht anzurühren, aber … Ja, aber. Moment mal, was war denn das? Mit gewisser Verwunderung erkannte sie vor sich eine beiseite geschobene Tür, ein kleiner Vorraum, dann die nächste Tür, ebenfalls geöffnet, dann noch eine. Wenn sie sich recht entsann war sie doch in Inu Yashas Schlafzimmer gelangt ohne Vorraum. Inu Yasha. Sie musste wieder schlucken. Das war eine Lage in die sie nie hätte kommen mögen. Noch eine Tür, diese geschlossen. Nein, die wurde beiseite geschoben und ihr Schwager erschien. Sie blieb instinktiv stehen. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Er trug keine Schuhe, nur eine weiße hakama, und sein Oberkörper wurde kaum von dem offensichtlich nur übergeworfenen haori bedeckt. Keine Unterkleidung, die Brust entblößt, nur die unvermeidliche Boa über der Schulter. Nein, so nachlässig gekleidet hatte sie ihn definitiv noch nie gesehen. Er sah zu ihr. „Kagome.“ Das war wohl die Aufforderung an ihm vorbei in sein Schlafzimmer zu gehen. Sie schluckte, gehorchte dann, irgendwie doch froh sich hinter ihn zu bringen, hinter ihm verstecken zu können. „Ihr könnt gehen. Und schließt alle Türen.“ Das galt wohl den Damen des Rates. Plötzlich begriff sie. Wenn diese Türen alle geschlossen waren, würde niemand hören können, was sich im Schlafzimmer des Taishou abspielte. Das hier war sein eigener, privatester, Raum. Sie drehte sich um. Er sah noch immer zur, nun geschlossenen, Tür. „Zieh den Yukata aus und leg dich hin.“   WAS? In jäher Panik sah sie sich um, eher nach einer Fluchtmöglichkeit als nach einem Bett Ausschau haltend. Es war letzteres, was sie fand. An einer Wand lag eine Tatamimatte, darauf zwei Kissen, mehrere Decken und sie war sicher, dass das normalerweise nicht zur äußerst kargen Einrichtung gehörte. Das war nur für sie da – und würde morgen weggeräumt werden. Ja. Und derjenige, der wegräumte, hatte gewiss eine feine Nase. Das Bett musste nach ihr riechen. Zögernd sah sie wieder zu ihrem Schwager, aber der stand noch immer mit dem Rücken zu ihr. Na schön. Er gab sich Mühe diese unsägliche Situation irgendwie erträglich zu machen, da sollte sie auch nicht feig sein. Mit allerdings fast steifen Fingern löste sie den Knoten des Gürtels, ließ den Baumwollstoff zu Boden gleiten und raste förmlich zu dem Lager, ließ sich fallen, bereits die Decke bis zum Kinn hochziehend. „Ich ... ich liege …“ Ja, vollkommen unbekleidet im Bett eines Mannes, der nicht Inu Yasha hieß. Sie spürte das Brennen in den Augen. Tatsächlich drehte er sich da erst um und betrachtete sie kurz. „Neuigkeiten?“ Sie war erleichtert, dass er sich nur um das Hauptproblem kümmern wollte. „Noch nicht. Es ist eine miese Handschrift und Myouga und ich müssen manchmal raten. Wie kann man nur auf so etwas ein Gesetz aufbauen? Man kann so manche Wörter völlig unterschiedlich interpretieren.“ Sie sah am leichten Zusammenziehen der Augen, dass das vermutlich schon wieder ein unerwünschter Kommentar gewesen war. War der Kerl schwierig. Sie gab sich wirklich solche Mühe und der … Nun ja. Er wohl auch. Aber sie waren komplett unterschiedliche Kulturen, komplett unterschiedliche Persönlichkeiten. Sie sah doch etwas entspannter zu ihm – und erhielt einen Aha-Effekt. Sie hatte ihn kennengelernt als er hinter Tessaiga her war, versuchte seinen Halbbruder dafür zu töten, und sie nebenbei gleich mit – da hatte sie ihn als Gegner gesehen, selbst später, als sie in Kämpfen gegen Naraku und Co oft auf der gleichen Seite gestanden hatten, hatte sie in ihm immer als den vornehmen, kaltblütigen Killer betrachtet. Jetzt, hier, mit dem offenen haori, ohne Schuhe, fast nachlässig bekleidet, sah sie ihn zum ersten Mal mit den Augen der Frauen wie Noriko, die in ihm den Stärksten ihrer Art sahen, gut aussehend, durchtrainiert, mächtig, jung, reich …. Nun ja, dachte Kagome in gewisser Selbsterkenntnis. Es gab vermutlich kaum eine Frau, sei es Youkai oder Mensch, die ihn von der Bettkante schubsen würde. Sie selbst ausgenommen. Aber ihr entkam nur ein Flüstern. „Und nun?“ „Sucht morgen weiter.“ Das war eine Antwort, wenn auch nicht auf das, was sie eigentlich gemeint hatte. Und woher hatte er plötzlich den Gürtel? Er zog den haori um die Brust, gürtete sich, ehe er sich wortlos abwandte und in den hinteren Teil des Raums zu einem Schreibpult ging, sich dort niederließ, Schön. Er wollte wohl arbeiten. Und sie konnte schlafen oder wachen, genau, wie er es gesagt hatte. Kagome drehte sich lieber mit dem Gesicht zur Wand, damit der Herr Taishou nicht noch das Gefühl bekam sie sei hinter ihm her, würde ihn bespannen wollen. Sie erkundigte sich nur: „Die zwei Damen sind weg? Ich meine, wegen Geräuschen oder so?“ Sie dachte immerhin mit. „Bannkreis.“ Als ob er zulassen würde, dass jemand hören könnte, was hier passierte. Falls jemand impertinent genug wäre nach einer fehlenden Youki-Explosion zu fragen – und er keine Möglichkeit für einen Mord fand – würde der Hinweis darauf, dass es sich um einen Menschen handele, doch genügen. Schließlich sollte die Frau ja nicht durch die Energie eines Daiyoukai sterben. Kagome holte tief Atem, ehe sie sich in die Decken kuschelte. Nein, sie war hier sicher, das war vermutlich der sicherste Raum in ganz Japan. Die einzige Gefahr, die ihr hier drohte, saß dahinten und schrieb, denn sie hörte das leise Kratzen der Feder. Und der hatte ihr sein Wort gegeben. Irgendwo in diesem vollkommenen Durcheinander hatte sie Sicherheit gefunden. Sie entspannte sich.   Sesshoumaru hörte, wie sich ihr Herzschlag beruhigte, ihr Atem ruhig wurde. Gut. Sie schlief und er konnte arbeiten. Das war das Beste, was man aus dieser Nacht machen konnte.   Irgendwann wurde Kagome wach und benötigte einen Moment um sich zu orientieren. Wo war sie? Leichtes, rötliches Glühen war zu sehen, eine Wand aus Holz und Papier vor sich. Oh. Sesshoumaru. Was nur hatte sie gerade gedacht? Sie drehte sich etwas verschlafen um. Ihr Schwager saß noch immer an seinem Schreibpult und widmete ihr keinerlei Aufmerksamkeit. Die Röte im Zimmer stammte von einem Kohlepfannenbecken, das er wohl irgendwie irgendwann angezündet hatte. Und das bläuliche Licht vor ihm zeigte, dass er von Papier und Gänsefeder Abstand genommen hatte und sich einem tablet widmete. Gänsefeder, tablet und ein Daiyoukai. Das fasste den gesamten Irrsinn der letzten Tage so gut zusammen… Sie setzte sich auf und lehnte sich gegen die Wand, doch die Decke sorgfältig unter die Achseln klemmend. Was war das nur gewesen, was sie da kurz vor dem Aufwachen gedacht hatte? Ja, doch. „Sesshoumaru?“ Natürlich warf er ihr keinen Blick zu. Immerhin dauerte es nur dreißig Sekunden, die sie mit zusammengebissenen Zähnen zählte, ehe er die Klaue beiseite legte und geruhte den Kopf zu heben. „Ich habe mir überlegt, dass wir die Sache mit dem Blutbann vielleicht von der falschen Seite aus angehen.“ Ha. JETZT hatte sie seine volle Aufmerksamkeit, denn der intensive Blick der bernsteinfarbenen Augen lastete auf ihr. Es mochte eine Menge Leute geben, die das besorgniserregend fanden, sie war zufrieden. „Der Blutbann wird doch gelöst, im Endeffekt, dass wir, also die Witwe und der Bruder,“ korrigierte sie sich eilig: „Ein Kind bekommen. Ich habe das so verstanden, dass ein Blutbann immer nur durch eine bestimmte Lösung … naja, eben gelöst werden kann. Aber, ich glaube, dass eben dieser spezielle Bann mit uns beiden nie beendet werden KANN. Er hätte nie passieren dürfen.“ Ah, sie durfte weiter reden. „Die Sache ist doch die, ich meine, wir beide wissen, dass euer Vater ein sehr starker Daiyoukai war. Und deswegen auch Sorge hatte, dass sein Kind mit einer Menschenfrau … nun ja, wahnsinnig wird. Deswegen ja auch Tessaiga. Und wir beide wissen nur zu gut, dass das bei dem armen Inu Yasha nicht immer half, zunächst, zumindest. Du bist doch jetzt, wenn ich das so sehe, deutlich stärker als euer Vater, als er Inu Yasha zeugte.“ Schön. Sie redete gerade mit ihrem Schwager über die Zeugung ihres Gefährten? Oh, du liebe Güte. Aber immerhin – noch hörte Sesshoumaru durchaus interessiert zu. Vielleicht lag sie richtig? „Also bräuchte man schon mindestens Tessaiga für das Kind, eher noch etwas stärkeres. Und, dazu kommt, dass ich eben, nun ja, keine normale Menschenfrau bin. Ich kann läutern. Auch, wenn dein Kind nur die Hälfte deines Youki bekommen sollte – ich würde es läutern, das lässt sich doch gar nicht verhindern. Wir können zusammen kein Kind bekommen, damit kann der Blutbann nie gelöst werden – und eigentlich damit doch auch gar nicht existieren. Der soll doch nur Leute zu etwas zwingen.“   Sesshoumaru betrachtete sie. Sie war nicht die erste Frau, die mit zerzausten Haaren dort saß – aber die erste, die einen praktikablen Vorschlag brachte. Und, die er nicht angerührt hatte. Eigentlich klang das logisch. Selbst die stärkste Magie hatte ihre Schwächen – und ein Blutbann konnte immer nur durch eine, zumeist einzige, Bedingung gelöst werden. Wenn diese Bedingung aber eben unmöglich war … Hm. Der Einzige, der sich wirklich perfekt mit Blutmagie auskannte, war Tomi, der Herr der Tanuki. Gut, der hatte schon gewisse Schadenfreude erkennen lassen, dass er, Sesshoumaru, mit einem Menschenweib verheiratet war, aber das bedeutete nicht, dass der Daiyoukai jede Logik vermissen ließ. Der könnte diese Frage beantworten. Zum Glück war der aller Wahrscheinlichkeit nach in Tokio, wo die Marderhunde diverse Spiellokale unterhielten. Da sie ihn noch immer so ansah: „Ich werde mich darum kümmern.“ Wie sie aufatmete. Ja, seine Schwägerin war von dieser Ehe mindestens ebenso genervt wie er selbst. Und, was Inu Yasha dazu sagen würde, wollte er lieber gar nicht wissen, wenn er sich vorstellte wie er selbst andersherum reagiert hätte. „Du kannst gehen.“ Was hatte sie denn jetzt? War sie nicht froh gehen zu können? Dann erst begriff er und senkte den Blick wieder auf den Bildschirm vor sich. Natürlich. Menschen. Ihr Yukata lag fast drei Meter von ihr entfernt. Selbst Rin hatte sich manchmal geziert, zumindest, als sie älter geworden war. Eigenwillig. Menschen kamen doch auch nackt zur Welt, was sollte das?   Kagome stand auf, unwillkürlich noch immer einen Blick seitwärts werfend. Aber das war Unsinn. Er war absolut uninteressiert an ihr, ihrem Körper. Sie sollte nicht davon ausgehen, dass alle Daiyoukai, wie der gemeinsame Vater der Halbbrüder, an einer menschlichen Frau etwas fanden. Vermutlich betrachtete ihr Schwager sie eher so wie sie Bujo, ihren Kater. Nett, aber sicher nicht gleich berechtigt. Sie schlüpfte hastig in den Yukata und band ihn zu. Tja, schlaf gut zu sagen wäre auch dämlich. Es gab nichts mehr zu sagen, beschloss sie dann, er hatte gemeint er würde sich darum kümmern und er stand zu seinem Wort. Fertig. Einfach so gehen wollte sie jedoch auch nicht. So neigte sie schweigend den Kopf und schob die Schlafzimmertür beiseite. . Er hörte die Schritte, das Schieben der anderen Türen. Und sie hatte vergessen seine Schlafzimmertür wieder zu schließen. Alles musste er selbst machen. Er stand auf – und erstarrte. Sie hatte seine Räume nicht verlassen, war kurz halten geblieben und wich nun langsam, mit großen Schritten zurück. Etwas oder jemand hatte sie erschreckt. Was war denn hier, im privaten Trakt … Mit zwei Sprüngen stand er hinter ihr. Kagome spürte nur zu deutlich sein Youki und wandte erleichtert den Kopf, deutete hinaus. „Niemand da….“ flüsterte sie. Er stutzte. Das hier war der private Trakt, natürlich sollte hier niemand sein. Dann jedoch begriff er. Sie hatte gesehen, dass keine Krieger vor ihrem Zimmer waren, und war unverzüglich alarmiert gewesen. Genug jedenfalls um jetzt auch nur zu flüstern. Woher hatte sie denn diese Ausbildung und Selbstbeherrschung? Oder hatte er sie bislang unterschätzt? Und, wo waren die Krieger? Er machte eine kurze Kopfbewegung und war tatsächlich angetan, dass sie sich unverzüglich wieder in den Flur begab, langsam zu ihrem Zimmer ging. Was war hier los? Er bog um die Ecke und blieb erneut stehen. Sie würde einen möglichen Attentäter sicher hervorlocken.   Kagome atmete tief ein und aus um sich zu beruhigen. Sie hatte bemerkt, dass die beiden Krieger nicht mehr da waren – und nahm jetzt auch wahr, dass es keinerlei Youki in ihrem Zimmer gab. Noriko war ebenfalls weg. Allerdings konnte sie nur zu gut die Aura ihres Schwagers hinter sich fühlen. Es war seltsam beruhigend Sesshoumaru im Kreuz zu haben. Irgendwie so, wie sie es noch nie erlebt hatte. Sie öffnete die Tür zu dem ihr zugewiesenen Zimmer. Niemand da. Nur der Taishou war rasch hinter ihr, warf einen Blick in den Raum. Sie drehte sich um und sah ihn erstaunt an. „Niemand da,“ wiederholte sie. „Geh schlafen.“ Ja, niemand da, dachte er, als sie die Tür sichtlich irritiert zuschob. Sowohl diese Noriko als auch die Krieger waren offenkundig davon ausgegangen, dass Kagome erst im Morgengrauen zurück kehrte. So schmeichelhaft das auch für seine Männlichkeit sein mochte – das war eine eindeutige Befehlsverweigerung. Und das würde Folgen haben. Er drehte sich um. Fast gegenüber lag Inu Yashas Schlafzimmer, daneben dessen privates Arbeitszimmer. Moment mal. Sicher, auch zu diesem Zeitpunkt hatten Wachen, wie jetzt zusätzlich vor Kagomes Raum, vor dem Trakt gestanden, aber er war sich plötzlich nicht mehr sicher ob sie immer da waren, auch, wenn er gerade nicht anwesend war. Nach dem ersten schweren Krankheitsanfall hatte sein kleiner Bruder von hier aus gearbeitet. Und der war immer schwächer geworden, selbst, wenn Yukio ihm vorübergehend hatte helfen können. Oder waren es etwa mehrere Attentate gewesen? Hatte es jemand vermocht hier einzudringen? Keine Krankheit, sondern Gift? Hatte es jemand gewagt seinen Bruder unter seinem Dach zu vergiften? Ruhig bleiben, ermahnte er sich. Der erste Anfall, den konnte was auch immer ausgelöst haben. Aber ja, wenn er so nachdachte: immer, wenn es so schien als würde Yukio ein Mittel gefunden haben, war es Inu Yasha wieder schlechter gegangen. Und der Heiler hatte ja auch gesagt, dass er keine derartige Krankheit je gesehen hatte. Gift? Aber, wie sollte jemand hier herein gekommen sein, noch dazu in Inu Yashas Zimmer? Die Antwort lag auf der Hand. Nach dem ersten Anfall hatte der Hanyou von hier aus gearbeitet, auch hier Besucher, zumindest Youkai, empfangen. Die Frauenräume standen vollkommen leer. Es sollte kein Problem sein unter einem Vorwand sich in die Besucherliste eintragen zu lassen, bei Inu Yasha vorzusprechen, und dann sich zu verstecken. Er wagte zu bezweifeln, dass die Krieger alle Räume jeden Tag durchsuchten. Was er sich, und Inu Yasha, für ihre Schlafzimmer sicher auch verbeten hätten. Gift. Es schien zumindest nicht unmöglich und er müsste noch heute morgen Yukio anrufen. Der war Heiler und Arzt, wirklich der Beste seiner Zunft – nur, er hatte nach einer Krankheit gesucht, nicht nach Gift. Und man konnte nur finden wonach man suchte. Er presste die Fangzähne zusammen. Wenn das stimmte, würde sich der Schuldige wünschen, dass er ihm endlich den Kopf abschlug. Nur, warum? Warum Inu Yasha? Wut gegen einen Hanyou? Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Es war seit Jahrhunderten so und Youkai neigten nicht zu langwährenden Plänen dieser Art. Konnte es um den Posten des Taishou gehen? Inu Yasha war der Erbe, der Thronfolger, und Sesshoumaru hatte nie die Lektion vergessen, die ihm einst sein verehrter Vater mitgeteilt hatte, als er noch ein Welpe war und sich beschwerte, warum er nie allein das Schloss verlassen durfte. Der Thronfolger war das leichtere Ziel. Oft jünger, argloser, schwächer – und es würde den eigentlichen Fürsten persönlich und in seiner Macht treffen. Nur, wer? Kouga war auszuschließen, ebenso wie Toran. Beide verband eine Art Freundschaft mit Inu Yasha oder auch nur Dankbarkeit. Yukio war Heiler, seit fast Jahrtausenden, immer auch für Menschen tätig. Er heilte, tötete nicht. Unwahrscheinlich. Shinishi, der Herr der Füchse, hatte schon bei den Vertragsverhandlungen deutlich gemacht, dass er nicht an militärischen Titeln interessiert war. Nezumiuro? Der alte Pfeifhase war nicht einmal zu Inu Yashas Bestattung gekommen – Schuldgefühl oder Schwäche? Hikari, die Katzenkönigin, wusste, dass sie nicht Taishou werden konnte. Sie war eine Frau und überdies würde ihr Toran immer im Weg stehen. Sie wäre nur verdächtig, wenn sie mit ihm selbst verheiratet wäre und einen gemeinsamen Sohn hätte, was schon rein anatomisch unmöglich war. Hayasa? Abgesehen davon, dass er den Herrn der Falken liebend gern rupfen wollte – der Kerl war dumm. War ein solcher Anschlag dumm? Eher nicht. Und schließlich noch Tomi, der Tanuki. Marderhunde besaßen durchaus beachtliche Fähigkeiten in der Magie, wussten sich in Luft aufzulösen. Auch, hier einzuschleichen? Wer auch immer den Auftrag gegeben und bewiesen hatte nicht ganz unfähige Mitarbeiter finden zu können – das war ein Daiyoukai gewesen. Und von dieser Art gab es eben nur neun in ganz Japan. Oder, irrte er sich genau in diesem Punkt?   Es gab sicher bessere Augenblicke im Leben eines Hundekriegers als nach einer amüsanten Würfelrunde zurück zu seinem Posten zu kommen und den eigenen Kriegsherrn vor sich zu sehen, der soeben seine Klaue so sehr entspannen musste, dass grüne Säure sich aus den Fingern löste und zischend auf dem, durch deutlich gezeigtes Youki, mittlerweile mit Raureif bedeckten Bretterboden in das Holz fraß. Natürlich war ihnen die Energie bereits auf den Treppen aufgefallen, aber sie hatten es fälschlicherweise darauf geschoben, dass sich der Herr eben mit seiner neuen Gefährtin amüsierte. Jetzt warfen sie sich nur mehr flach auf den Boden, die Hände vor sich ausgestreckt, die Finger gespreizt, die demütigste Haltung, die sie in Menschenform kannten. Den Posten zu verlassen galt in jedem Heer der Welt nicht nur als verwerflich, sondern als Meuterei. Im Kriegsfall stand darauf die Todesstrafe, aber das war natürlich dem Taishou überlassen wie er solche Pflichtvergessenheit im Frieden ahndete.   Sesshoumaru verspürte gute Lust mit zwei Köpfen Ball zu spielen, aber er sagte nur: „Zu Uyada.“ Dem Leiter der Wachen hier im Schloss, mit dem er wohl auch einmal ein ernstes Wort reden musste. „Meinen Drachen fertig. Und ihr beide bittet ihn um vier Tage aufhängen, Kopf nach unten.“ Das war nicht gut, aber besser als der Tod, und so zogen sich die Krieger buchstäblich auf dem Boden windend, wieder aus dem Trakt zurück. Kagome, die hinter der Tür durchaus mitbekommen hatte, wie sehr die Energie ihres Schwagers gestiegen war und jetzt auch die Strafe gehört hatte, schob die Pforte auf. Eigentlich wollte sie die Männer verteidigen, sah dann allerdings den schneeweißen Boden und die noch immer aus der Hand des Daiyoukai tropfenden Säure. Nun, er HATTE sich zurück gehalten. „Was hast du vor?“ fragte sie dann doch lieber nur. „Eine Idee?“ War die ihre etwa hilfreich gewesen? „Zieh dich an. Wir fliegen zu Bokuseno.“ Oh. Immerhin ein gut gemeinter Rat sich erst anzuziehen. Man näherte sich doch nicht etwa einem gewissen vertrauten Verhältnis?   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)