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Schleifen in Blut und Zeit

Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit
von

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Bestatt8ng


 

A

ls Kagome da so in dem ruhig dahin fahrenden Auto saß, Tessaiga fest zwischen den Knien und in der Hand, riskierte sie einen Blick zurück. Ja, wie sie erwartet hatte, reihte sich dahinter das Auto der Bestattungsfirma ein… Nein, nicht weinen, beschwor sie sich, dahinter die Wägen mit den restlichen Ratsmitgliedern. Das war in der Tat eine Staatsaffäre. Auf dem Weg zurück den Kopf nach vorne drehend, wollte sie wirklich nicht ihren Schwager, naja, Fast-Schwager, angucken, der das noch nie hatte leiden können, aber irgendwie tat sie es doch. Auch er war, wie sie nun, reichlich spät und unnötig wie sie selbst erkannte, feststellte, älter geworden. Um die Dreißig, hätte sie ihm als Mensch zugestanden, knapp drüber. Seine Züge waren klarer geworden, schärfer, aber die Haare, die er nun nachlässig über der Boa und seiner anderen Schulter verteilt hatte, sahen noch immer so unglaublich weich aus. Hastig blickte sie lieber wieder auf Tessaigas Griff und Fell, da sie prompt bemerkte, dass er zu ihr sah. Das war ja peinlich. Sie sollte irgendeine harmlose Erklärung finden. „Äh, Yukio-sama meinte, dass wir, dass wir in die Zwischenwelt gehen. Dass du das kannst, weiß ich, aber ich….?“

„War das je ein Problem?“

Schön, was für eine Antwort, aber hey, er hatte sich dazu herabgelassen ihr immerhin zu antworten. Das war schon mal irgendwie positiv. Immerhin etwas an diesem grässlichen Tag. Nun gut. Sie sollte nicht unfair sein, der Salamanderheiler hatte sich auch redliche Mühe gegeben.

 

Sesshoumaru blickte aus dem Fenster. Immerhin hatte der Trank des Heilers sie soweit beruhigt, dass sie nicht ihn, aber auch und vor allem Inu Yasha nicht, vor den anderen Daiyoukai bloß stellen würde. Sie würde mitspielen. Gut. Das einzig Gute an diesem schrecklichsten Montag seit er überhaupt wusste, dass es Montage gab.

Als Inu Yasha damals zu ihm gekommen war, ihm seine Begleitung angeboten hatte, hatte er zugegeben zunächst nur an die Möglichkeiten Tessaigas gedacht. Wann war ihm eigentlich aufgefallen, wie sehr der Hanyou ihrem verehrten Vater glich? Nicht nur äußerlich, viel mehr als er selbst, sondern auch vom Denken her? Als er selbst damals in Erwägung gezogen hatte alle Daiyoukai zu fordern und im Notfall umzubringen, hatte Inu Yasha schlicht gesagt: „Weißt du, nii-san … wenn du alle umbringst, wen willst du dann noch beherrschen?“ Eine sehr berechtigte Frage, die ihn dann doch zum Nachdenken gebracht hatte. Es war auch Inu Yashas Einfall gewesen mit den Verträgen, da der als erstes erkannt hatte, dass der Titel eines Fürsten oder gar eines Kaisers der Youkai schon genügen würde um alle gegen sich zu haben. Mit „Taishou“ wurde der allseitige Stolz gewahrt. Und Sesshoumaru atmete für einen Moment tiefer. Als sein kleiner Bruder ihm diesen Plan ausgebreitet hatte, hatte dieser Vater so ähnlich gesehen. Er entsann sich des Tages als Vater gegen drei gegnerische Heere taktieren musste und mit dem gleichen Grinsen, wie sein Jüngster Jahrhunderte später, gesagt hatte: „Stärke ist nicht immer alles.“ Bauernschlau, nannten das manche. Eine Eigenschaft, die Vater eindeutig an seinen jüngeren Sohn weitergegeben hatte. Er selbst hatte Taktik gelernt und Hinterlisten – da war Mutter unübertroffen.

Tja. Und jetzt war er ohne Vater, ohne Bruder, neben sich immerhin eine erstaunlich ruhige Kagome. Inu Yashas Gefährtin. Es musste für sie überraschend gekommen sein, schockartig. Um ehrlich zu sein hatte er gehofft sie sei schon wieder ins Mittelalter zurückgekehrt, als er Kouga schickte. Inu Yasha hatte so gebettelt, geradezu, sie zu holen. Der letzte Wunsch seines kleinen Bruders. Es wäre undenkbar gewesen den nicht zu erfüllen. Aber auch ihm war klar gewesen, dass es schwierig werden konnte, wenn sie nun in dieser Zeit bleiben wollte. Dennoch. Sie hatte ja schon gesagt, dass sie zurück wollte, und dann wäre ja alles in Ordnung. Sie würde zurück gehen, Inu Yasha heiraten, altern und sterben, so, wie es geschehen war. Da konnte nichts schief gehen.

 

Irgendwann während der langen Fahrt zuckte Kagome derart zusammen, dass es der Daiyoukai mitbekam und zu ihr sah. Ließ der Trank nach? Solch einen Pfusch traute er Yukio eigentlich nicht zu.

Sie bemerkte den Blick und erklärte verlegen: „Ich habe Mama versprochen sie anzurufen, wenn ich Näheres weiß, als mich Kouga abholte. Sie macht sich sicherlich Sorgen.“

Sesshoumaru griff wortlos in die Seitentasche der Autotür und zog ein Handy hervor.

Kagome hielt fast den Atem an, ehe sie sich entsann, dass das hier ihre Zeit war, auch, wenn der Hundeyoukai die altmodische Seidenkleidung trug. Sie kam wirklich durcheinander.

Er nahm das Mobilphone mit offensichtlicher Übung und nutzte ebenso gewandt den Sprachassistenten. „Telefonat, Higurashi-Schrein, Tokio.“ Er reichte es ihr.

Sie war so verwirrt, dass sie es nahm, noch ehe sie den Rufton hörte. „Danke,“ brachte sie irgendwie hervor, als bereits abgehoben wurde. „Mama, ich bin es. Es … Inu Yasha ist … wir fahren jetzt zu der Trauerfeier …“ Das war kaum auszusprechen.

Ihre Mutter schien allerdings nur zu gut zu verstehen. „Du bist nicht allein, Kind?“

„Nein, Sesshoumaru, und auch andere….“

„Gut. Komm dann heim, wenn alles vorbei ist. Und Grüße an deinen Schwager.“

Kagome drückte das Gespräch weg und reichte das kleine Telefon zurück. „Danke,“ wiederholte sie. „Ich soll dich grüßen. Ich denke, Mama ist froh, dass ich nicht allein bin.“ Da sie keine Antwort erhielt, dachte sie nach. Natürlich. Wenn er in dieser Zeit ein Geschäftsmann war, und nichts anderes konnte es bedeuten, dass er und und Inu Yasha das Naherholungsgebiet Hakonen besaßen, waren sie sicher technisch auf dem Laufenden. Und, mit Krallen ein Handy zu bedienen war bestimmt komplizierter als den Sprachassistenten zu benutzen. Sie sollte sich geistig momentan aus dem Mittelalter verabschieden. „Wie lange dauert es noch? Ich meine, kann ich schlafen?“

War der Trank etwa überdosiert? Aber der Taishou erwiderte nur: „Schlaf.“

 

Kagome erwachte erst als das Motorengeräusch verstummte. Für eine Sekunde musste sie sich orientieren, aber da sie Sesshoumaru erkannte, der durch die von dem Youkai-Chauffeur geöffnete Tür eben ausstieg, begriff sie, dass sie nicht geträumt hatte. Auch Tessaiga. Ja. Sie hielt es zwischen ihren Knien, in ihren Händen. Es war wahr, dieser Alptraum. Da ihr ebenso der Schlag aufgemacht wurde, sollte sie wohl aussteigen. Mehr mechanisch tat sie es und blieb einfach stehen. Der ...das Auto des Bestattungsunternehmen hielt neben ihnen, die anderen Wägen, sicher mit den Ratsmitgliedern, folgten. Jetzt erst erkannte sie links von sich eine offenbar sehr alte Begräbnisstätte, Gebetsfahnen wehten um den Steinkreis, aber sie vermutete eigentlich nicht, dass sie dort hingehen sollte. Es hatte geheißen Inu Yasha sollte zu seinem Vater – und das ging nur über ein Portal. Besaß Sesshoumaru wieder diese schwarze Perle, die ihnen das ermöglicht hatte? Oder half das Meidou oder Tenseiga? Du liebe Güte. Sie kannte wirklich nicht nur einen Weg in das Jenseits?

Sie war offenkundig durch den Trank, den ihr der Salamanderheiler gegeben hatte, vollkommen verwirrt. Sie musste sich zusammennehmen, um nicht ihren armen Hanyou im Andenken dieser Daiyoukai bloß zu stellen. So umklammerte sie fest Tessaigas Scheide und sah zu ihrem Schwager. Es war einfacher ihn so zu nennen, irgendwie hilfreicher, auch, wenn er nicht zu ihr blickte, sondern zu der Trage, die zwei Youkai eben behutsam aus dem Auto zogen. Seidene Decken verhüllten, das … was darunter lag. Als die beiden Youkai die Trage allerdings in Bauchhöhe vor den Taishou hielten, fiel unter den Decken eine Hand hervor und sie atmete unwillkürlich tief ein. Inu Yasha.

Sie musste sich zusammen nehmen. Nur das hier noch, nur noch einige Stunden und schon morgen könnte sie mit ihm zusammen leben bis zu ihrem eigenen Tod. Das war das Leben, das Youkai kannten und nur Menschen führten sich da so auf. Sie musste sich beherrschen, das war es doch, worauf diese Wesen so großen Wert legten. Oh. Da standen ja nicht nur Ratsmitglieder. Das war doch Jaken? Wenngleich älter, als sie ihn kannte. Die Wangen der Kröterichs waren nicht mehr so prall gefüllt, um die Augen lagen Falten. Und in seinen Händen trug er ein Kissen, in dem ein alter, sichtlich verheulter, Flohgeist lag. Myouga! Sie hatte ihn schon vor fünfhundert Jahren für alt gehalten – für einen Flohgeist musste er jetzt wirklich ein Methusalem sein. Kein Wunder, dass er nur mehr auf einem kleinen Kissen lag, offenbar nicht mehr stehen konnte.

 

Sesshoumaru hätte nicht sagen können was ihn stutzen ließ. Die Hand, die unter den Seidentüchern herausgefallen war, wirkte so kalt und irgendwie spröde? Ja, Inu Yasha war ein Mensch gewesen, als er gestorben war, aber war das etwa so, wie Menschen verfielen, wenn sie starben? Unwillkürlich hob er die Hand etwas an, um sie wieder unter die Decke zu schieben. Kalt, ja, Und spröde – nicht so, wie er seinen Bruder in Erinnerung hatte. Mehr instinktiv als bewusst neugierig ritzte er die Haut, doch bewusst darauf achtend mit dem Rücken zu den Ratsmitgliedern sein Handeln zu verstecken. Der Geruch … nein, das war weder sein eigenes noch Vaters Blut. Aber ebenso eindeutig das Blut eines Hundeyoukai und eines Sterblichen. Nun gut. Inu Yasha war in seiner Menschenform gewesen als er starb. Irgendwie logisch, dass das so mächtige Blut ihres verehrten Vaters nicht mehr voll durchschlug. Er zog das Tuch darüber und wandte sich um, ehe er eine kleine schwarze Perle scheinbar ins Nichts warf.

 

Kagome sah wie sich ein Portal öffnete, wie sie es schon öfter gesehen hatte.

„Spring!“ befahl ihr Schwager etwas deutlicher als notwendig und sie erwachte aus ihrer Erstarrung. Tessaiga fest an sich pressend machte sie den Satz in die andere Welt.

Sesshoumaru fasste mit beiden Händen unter den starren Körper vor sich und war keine Sekunde später ebenfalls den Blicken der Beobachter entzogen.

 

„Was für ein Mensch,“ konstatierte Tomi, der Herr der Marderhunde, und sicher, neben dem Kitsune no kyuu einer der Personen hier, die am meisten von Magie verstanden. „Springt ohne zu Zögern durch ein Portal, von dem sie nichts weiß.“

„Nun ja.“ Kouga war dazu gekommen. „Sie war wohl schon das eine oder andere Mal im Jenseits. Sie redete nur nie darüber.“

„Dennoch erfordert es Mut,“ meinte Hikari, die Königin der Katzen, deren langes weißes Haar einen goldenen Schimmer trug, ehe sie beiseite sah. „Ihr kennt sie, Toran-sama.“

„Ich kannte sie, ja,“ gab die Pantherkönigin zu. „Wir sollten allerdings unser weiteres Vorgehen im Rat besprechen.“

„Das ist klar, werte Toran-sama,“ sagte Tomi. „Höflicherweise sollten wir nachdenken, ehe wir am Mittwoch Abend Sesshouamru-sama seinen Nachfolger vorschlagen.“

„Genau das ist nicht meine Absicht.“ Toran sah, dass selbst die entfernter stehenden Ratsmitglieder aufmerksam wurden und bemühte sich um rasche Aufklärung. Es gab in den Verträgen strikte Regelungen für alle, notwendig und wichtig, wenn solche mächtigen und reizbaren Wesen zusammen koexistieren sollten. „Wenn ich mich recht entsinne gibt es ein uraltes Gesetz für die Nachfolge. Ich werde mich heute Abend in die Bibliothek begeben und nachsehen. Finde ich etwas, können wir die Nachfolge bereits morgen Abend besprechen – und entscheiden. Falls dem nicht so ist, ist der Mittwoch natürlich ein passender Zeitpunkt.“

Die anderen Ratsmitglieder sahen sich an. Toran war, neben ihren unbestrittenen Kampffähigkeiten mit Eisspeer und Dolchen. auch die Person im Rat, die sich am meisten mit den uralten Regelungen beschäftigt hatte. Womöglich, weil sie eben mit ihrem Volk eigentlich aus China stammte, wie es Shinichi, der Herr der Füchse, einmal erwähnt hatte. Aber die so genannten uralten Gesetze, jene Regelungen, die die ersten Fürsten der Youkai in Japan getroffen hatten, waren die Grundlage gewesen, auf die sich alle für die Verträge einigen konnten. Gab es eine solche Regelung der Nachfolge, würde sich auch Sesshoumaru ihr beugen. Beugen müssen, denn sonst konnte ihm der Hohe Rat Bruch der Verträge vorwerfen, mit allen Konsequenzen für ihn und alle anderen. Aber bislang hatte der Taishou nie gezögert sich an die Verträge oder die alten Gesetze zu halten.

 

Kagome dachte erst im freien Fall in der anderen Welt daran, dass diesmal kein Inu Yasha da war, der sie hielt, der sie auf einen der seltsamen Knochenvögel zog, die hier herumflogen. Und sie selbst eben nicht fliegen konnte. Sie würde wohl ziemlich ungebremst auf dem felsigen Boden aufkommen. So ein Mist! Wo hatte sie nur ihren Verstand gelassen? Irgendwo an der Garderobe abgegeben?

Da, ein Knochenvogel direkt unter ihr. Sie landete darauf, froh, dass sie doch dieses Miko-Gewand angezogen hatte. Mit Hosen war das doch einfacher. Und, was war das denn? Sie folgte dem weißen Band, das sich um den dürren Hals des Vogels geschlungen hatte, zu dessen Besitzer. Sesshoumaru flog neben ihr, in seinen Armen das verhüllte Paket. Und er hatte mit seiner Boa anscheinend diesen Vogel eingefangen. Sie atmete durch. Im Gegensatz zu ihr wusste er anscheinend was er tat.

Und dort vorne befand sich ja auch das riesige Skelett des verstorbenen Herrn der Hunde, das sie bereits gesehen hatte. Da ihr Schwager davor landete und seine Boa sich rasch wieder verkürzte, ja, physikalisch unmöglich sich wieder um seine Schulter schlang, glitt sie eilig von dem Vogel. Das fehlte noch, dass der samt ihr wieder abhob.

 

Kagome betrachtete ein wenig verwundert ihren Schwager, aber sie hatte den Daiyoukai bereits schon einmal so andächtig zu dem Skelett aufblicken sehen. Diesmal allerdings hielt er seinen Halbbruder in den Händen und schien ihm dem Toten ähnlich darzubringen wie ein Priester ein Opfer seinem Gott. Oder nein, eher wie eine Hebamme das Baby dem Vater. So oder so sollte sie besser nichts sagen, zum Einen, weil das für den stoischen Hundeyoukai anscheinend doch eine recht emotionale Sache war und sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte ohne dass er sie gleich hier ließ, zum Anderen, weil sie schon wieder ihre Tränen herunterschlucken musste, sich zusammen nehmen musste, zumal, als Sesshoumaru den Verstorbenen an die Wand neben ihren Vater setzte. Sie war wirklich froh, dass er verhüllt war. Das wäre doch zu viel gewesen. Die Hand, die vorher herausgefallen war, hatte irgendwie so unmenschlich ausgesehen, rissig. Sie brauchte ja nur zu dem toten Taishou aufzublicken um zu wissen, dass der nur noch aus Knochen und Panzer bestand. Nein, so wollte sie Inu Yasha sicher nicht sehen.

 

„Tessaiga!“ befahl Sesshoumaru ungeduldig. Er wäre froh, wenn das hier vorbei wäre.

 

„Äh, ja.“ Sie ging hinüber und bückte sich, um das Schwert seinem Herrn in den Schoss zu legen. Vielleicht hätte sie es ihm in die Hand geben sollen, aber, nein, das schaffte sie wirklich nicht.

Als sie sich aufrichtete, war sie allein.

Eine eiskalte Angst kroch ihre Wirbelsäule empor, als ihr plötzlich einfiel, dass es allerlei Kulturen gab und gegeben hatte, in denen die Witwe ihrem Ehemann ins Grab folgen musste. War das bei den Youkai etwa auch so und sie hatte nur vergessen nachzufragen?

Zu ihrer riesigen Erleichterung erkannte sie dann Sesshoumaru, der von weit oben herabsprang, offenbar etwas geholt hatte. Um was es sich handelte, konnte sie sich vorstellen, als sie schwarz zwischen seinen Fingern erblickte. „Hosenkis Perle?“ fragte sie nur, nicht willens zuzugeben, was für einen Schreck sie eben bekommen hatte.

„Der Weg zurück.“ Nun, auch ein neuer hier herein, da er zwei geholt hatte, aber das brauchte er nicht erwähnen. Er wollte sich nur eine Möglichkeit offenhalten, falls in der Zukunft aus irgendeinem Grund Tessaiga, oder, genauer das Meidou Zangetsu, unbedingt von Nöten wären. Nur der äußerste Notfall würde ihn dazu bringen seinem toten Bruder dessen Schwert zu nehmen. Das Gewand aus Feuerratten hatte er jedoch behalten, als einzige Erinnerung an Inu Yasha und auch an ihren Vater, wenn man von Tenseiga absah. Er warf die Perle und erschuf damit erneut ein Portal. Wie jeden magischen Weg würde man auch diesen nur einmal benutzen können. Umso wichtiger mochte es sein, dass er zwei von dem Perlenkönig geholt hatte. Kagome sprang unverzüglich. Nun, feige war sie nicht, noch nie gewesen, selbst in diesen jungen Jahren. Später hatte sie freilich besser abschätzen können mit wem sie sich nicht anlegen sollte, wie mit ihm. Aber in diesem Alter, ja, einmal hatte sie sogar versucht einen läuternden Pfeil auf ihn abzuschießen und war natürlich gescheitert. Während er selbst den Schritt in das Portal machte, fiel ihm auf, dass er seltsamerweise nicht mehr sagen konnte, wie alt sie gewesen war, als sie starb. Noch gestern oder vorgestern, da war er sicher, hätte er das vermocht. Hatte ihn Inu Yashas Tod und nun die Bestattung doch ein wenig aus der gewohnten Ruhe gebracht?

 

Kagome taumelte ein wenig bei der Ankunft in der realen Welt, fing sich aber rasch. Da sie alle anwesenden Youkai und Daiyoukai anstarrten, floh sie förmlich in das Auto, dessen Chauffeur eilig herum spurtete, um vor ihr die Tür zu öffnen.

Sesshoumaru dagegen trat zu dem Hohen Rat. „Wir sehen uns am Mittwoch Abend,“ sagte er. „Dann erwarte ich Vorschläge zur Nachfolgeregelung. Anschließend könnt Ihr alle zurück nach Hause kehren.“

„Falls sich eine wichtige Änderung im Plan ergeben sollte, Sesshoumaru-sama,“ meinte Toran nur: „Wäre Euch doch gewiss auch schon ein Treffen morgen Abend recht.“

Er musterte die Pantherkönigin, nickte aber nur, ehe er sich abwandte. Was auch immer Toran ausbrütete – es würde nach Recht und Gesetz ablaufen. Zu wichtig war es allen, dass man sich an die Verträge halten musste. Toran neigte manchmal dazu ihm mit ihrer spitzen Zunge auf die Nerven zu gehen, aber er gab zu, dass sie sich eisern an die Gesetze hielt. Was sie bislang auch davor bewahrt hatte sich mit ihm erneut ein Duell liefern zu müssen. Jetzt musste er nur noch Kagome los werden, der Hohe Rat abreisen, dann konnte er zum ersten Mal seit Wochen etwas entspannen. Wen auch immer sie ihm als Nachfolger vorschlagen würden, er würde ihn oder sie erst einmal nehmen. Ein leiblicher Sohn würde einen vom Rat ernannten Nachfolger immer übertrumpfen. Im Notfall musste er sich dann doch eine Gefährtin suchen, was er bislang schlicht durch Inu Yashas Anwesenheit vermieden hatte. Wozu die Aufmerksamkeit vieler Youkaidamen gegen die Pflichten einer einzigen gegenüber eintauschen?

 

Er stieg in den Wagen. Nun bitte. Der Trank ließ sichtlich nach, denn sie weinte ja schon wieder. „Kagome.“

„Ja?“ Sie versuchte hastig ihre Fassung wieder zu erlangen.

„Ich lasse dich am Schrein absetzen.“

„Oh, ja, das wäre nett, vielen Dank.“ Sie atmete tief durch. „Ich denke, dass die Barriere weg ist, dass ich nun in das Mittelalter kann, zu Inu Yasha. Ich glaube, er wollte mich so unbedingt in dieser Zeit noch einmal sehen, dass er dieses Hindernis unbewusst geschaffen hat.“

Tatsächlich war der Daiyoukai so froh, dass sie in das Mittelalter wollte, alles wieder in Ordnung käme, dass er etwas nickte.

„Ich werde dann morgen gehen oder so. Ich kann mich ihm doch unmöglich in solch einem Zustand präsentieren. Wir haben uns doch drei Jahre nicht gesehen.“

Das klang ebenfalls vernünftig. Sollte sie ihre Trauer loswerden, ehe sie seinen kleinen Bruder wieder heiratete, nein, überhaupt heiratete. Zeitreisen waren wohl doch ein wenig kompliziert.

 

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Er ahnt gar nicht, wie recht er hat, Das nächste Kapitel bietet Blutmagie. Komplett anzeigen

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