Schleifen in Blut und Zeit von Hotepneith (Ein Todesfall, eine Hochzeit und die Krümmung der Raumzeit) ================================================================================ Kapitel 2: Der Brunnen ---------------------- Die Zeit ist der Same des Universums. Mahabarata   Frau Higurashi war ein wenig erstaunt, dass Kagome nicht zum Mittagessen erschien. Sie hatte sich nicht verabschiedet, war aber auch nicht in ihrem Zimmer. Aber die Mutter ahnte plötzlich, wo ihre Tochter stecken könnte und ging aus dem Haus, über den Hof des alten Schreins zu dem Brunnenhäuschen. Vor drei Jahren war der Brunnen für drei Tage verschwunden gewesen und sie, ihr Sohn und ihr Schwiegervater hatten sich die größten Sorgen gemacht, wussten sie doch, dass Kagome regelmäßig durch diesen Brunnen sprang um zwischen der Moderne und der Epoche der Kriegerischen Staaten zu reisen. Dann war der Brunnen wieder erschienen und mit ihm Kagome und Inu Yasha. Allerdings war der junge Hanyou gleich darauf wieder verschwunden und der Brunnen war, laut Kagome, versiegelt, ein vollkommen normaler Brunnen, ohne jede Magie. Das Mädchen hatte es hingenommen, ja, schien glücklich darüber wieder ganz normal in die Schule gehen zu können, ihren Abschluss zu schaffen. Nach diesem Abschluss, genauer, nachdem sie vor drei Tagen ihr Zeugnis erhalten hatte, hatte sie sich allerdings verändert. Immer wieder sprach sie von den Leuten aus dem Mittelalter, erzählte Geschichten, in jedem Satz kam mindestens einmal Inu Yasha vor – nur ein Narr hätte nicht gesehen, dass sie ihn vermisste. Also war sie wohl bei dem alten Brunnen, in der Hoffnung irgendein Zeichen zu erkennen. Die Mutter war ein wenig besorgt. Warum jetzt, nach drei Jahren, in denen Kagome doch scheinbar nie an den Hanyou gedacht hatte. Nun, sie hatte nicht darüber geredet. Ja, da hockte das Mädchen am Brunnen.   Vorsichtig ging Frau Higurashi näher. „Kagome?“ „Mama? Ist es schon so spät?“ Aber sie blieb da knien, die Hand an dem hölzernen Brunnen, und starrte in die Tiefe. „Du denkst an Inu Yasha?“ „Ja. So sehr. Ich möchte so gern dorthin zurück.“ Kagome hörte selbst, dass ihre Stimme schwankte und zwang sich ihre Tränen zu unterdrücken. „Seit drei Jahren geht einfach nichts mehr. Keine Verbindung, nicht einmal über den alten Baum. Gar nichts.“ Nun, zugegeben, in der ersten Zeit war sie auch einfach nur glücklich gewesen mal länger bei ihrer Familie zu sein, mit ihren Freundinnen in die Schule zu gehen, lernen zu können, keine Youkai zu sehen oder jagen zu müssen. „Du hast selbst einmal gesagt, dass du in das Mittelalter geschickt wurdest um das Juwel der vier Seelen zu zerstören. Da das getan war, ist auch deine Aufgabe beendet. Und ich fürchte, Zeitreisen sind einfach nicht … nun, sie entsprechen nicht dem Lauf der Dinge.“ „Ja, ich weiß.“ Kagome atmete tief durch und blickte noch einmal in den Brunnen. „Inu Yasha...“ Sie flüsterte es nur, ehe sie zusammenfuhr. „Mama! Der Himmel!“ „Was?“ Ihre Mutter trat näher. „Dort unten?“ „Ja, der Himmel der anderen Seite! Und ich spüre Magie! Der Brunnen geht wieder, ich kann zurück!“ „Ich kann nichts sehen …“ Aber Frau Higurashi fühlte sich nur stürmisch umarmt. „Ich gehe lieber gleich, ja, Mama?“ Kagome setzte über den Brunnenrand. Der Himmel war so blau, kleine Wolken, sie kannte das so gut …. Und prallte hart auf den sandigen Boden, knickte mit einem Fuß um und blieb liegen. „Kagome?“ Ihre Mutter blickte erschrocken hinunter. „Hast du dir weh getan?“ „Ja, etwas, aber … Wo ist die Leiter?“ Was auch immer schief gegangen war, sie musste es einfach noch einmal versuchen. Irgendwie hatte sie das immer drängendere Gefühl, dass Inu Yasha sie rufen würde, etwas, das sie drei Jahre und drei Tage nicht mehr gespürt hatte. Nun, nicht mehr, seit sie in dieser nicht enden wollenden Dunkelheit des Juwels gesteckt hatte. Da hatte er sie gerufen, um ihr Hoffnung zu geben. Sie musste zu ihm, das war ihr klar, wurde ihr immer bewusster. Er rief sie, er brauchte sie.   Vier vergebliche Sprünge später saß eine, in einer seltsamen Mischung aus Frust und Zorn weinende, Kagome neben dem Brunnen und rieb sich den schmerzenden Knöchel. Ihre Mutter kniete neben ihr und umarmte sie, eine Packung Taschentücher reichend. „Kagome, Liebes, bist du dir sicher, dass du die ... die andere Seite erkennst? Magie? Ich sehe nur den Sandboden, aber ich bin ja auch keine Miko. Aber …“ Sie überlegte, wie sie es behutsam sagen sollte. „Manchmal ist es so, dass man sich etwas so sehr wünscht, dass man glaubt es sei Realität.“ „Nein, ganz sicher nicht. Ich sehe den Himmel des Mittelalters, ich höre die Baumwipfel rauschen, wenn ich springe, es ist wie früher. Und dann hält mich irgendetwas ab. Der Himmel ist noch immer da, aber er weicht vor mir weg, der Weg wird ewig …“ Und sie prallte unsanft auf den Boden des Brunnens. Oder der Tatsachen? Hatte Mutter recht? Bildete sie sich das alles nur ein, weil sie eben doch sich so wünschte ihren Hanyou wieder zu sehen? Vermisste er sie auch? Und, was bedeutete nur dieses Gefühl gerufen zu werden? Sie hatte auf der Jagd nach Naraku durchaus gesehen, dass sie ihren Gefühlen vertrauen konnte. Nun ja, meistens.   „Komm, lass deinen Knöchel verbinden. Danach kannst du ja wieder herkommen. Was auch immer es ist, Magie oder auch nur Wunsch …“ Sie hütete sich Einbildung zusagen, immerhin hatte sie gesehen, mit wem sich Kagome im Mittelalter und ab und an auch in der Neuzeit herumgetrieben hatte. Es hatte Youkai gegeben, es gab Magie. „Er ruft mich, Mama. Ich bin sicher, er steckt in großen Schwierigkeiten. Das hat er so noch nie …“ Doch, als ihn diese Kaguya entführt hatte. Da war der Baum die Verbindung gewesen. Sollte sie es darüber noch einmal jetzt versuchen? Der uralte Baum war magisch, das wusste sie eigentlich seit ihrer Geburt, aber erst in den letzten Jahren war ihr bewusst geworden, wie sehr er die beiden Zeiten, die ihr Zuhause waren, verband. „Na schön, komm. Setz dich in den Schatten. Und ich hole einen Verband und Salbe. Dein Knöchel wird dick. Da hast du einige Tage was davon. Wenn wir nicht doch zum Arzt gehen sollten.“ „Das wird schon. Ich kann ja auftreten.“ Auch, wenn das weh tat, aber sie wollte ihre Mutter nicht noch mehr beunruhigen. Außerdem hatte sie im Mittelalter auch öfter mal etwas abbekommen und war nicht so wehleidig gewesen. Nun ja, da gab es auch wenig Ärzte. Sie rieb sich die Tränen aus den Augen und stand mühsam auf. Der alte Baum war jetzt ihre einzige Hoffnung. Was sollte sie denn sonst machen, wenn der Brunnen sich geöffnet hatte, ihren Wunsch erfüllen wollte – und sie es aus irgendeinem Grund nicht schaffte? Was war nur los?   So stand sie vor dem alten Baum, die Hände daran und versuchte sich zu konzentrieren. Es kam keine Antwort. Sie drehte sich um, als sie hörte, wie ihre Mutter sagte: „So, setz dich einmal. Und, mir ist etwas eingefallen.“ „Ja?“ Kagome gehorchte und streckte das verletzte Bein aus. „So, jetzt einmal Salbe und ich habe auch einen festen Verband gefunden. - Ja, ich meine, wenn du dir sicher bist, dass die Magie des Brunnens wieder da ist, was sie ja drei Jahre nicht war, muss sich etwas verändert haben. Wolltest du vielleicht zuvor nicht so sehr zu Inu Yasha? Ich meine, du hast viel gelernt, so viel verlorene Zeit nachgearbeitet für die Schule …“ „Ja, daran dachte ich auch schon,“ bekannte das Mädchen kleinlaut. In der täglichen Hetze hatte sie ihren Hanyou zwar nie vergessen, aber erst jetzt, nach dem Abschluss, war ihr bewusst geworden, wie lange sie ihn nicht gesehen hatte, wohl nie wieder sehen würde. Und erst recht am Brunnen, als sie glaubte ihn nach ihr rufen zu hören. „Aber, warum kann ich dann jetzt nicht durch? Ich will es doch so.“ „Womöglich zu sehr?“ „Du meinst, ich bilde es mir nur ein. Ja, vielleicht, der Baum bleibt auch stumm…..“ Kagome hätte um ein Haar wieder zu weinen begonnen. „Wenn ich nur nicht so sicher wäre, jetzt.“ „Oder es gibt etwas, das dich noch in dieser Zeit hält. Eine Aufgabe, die du hier zu erfüllen hast.“ Jetzt starrte die Tochter die Mutter an. „Aber, was sollte das sein? Ich meine, du meinst so etwas wie das Juwel? Nur in Heute? In der Moderne? Aber, wirklich, Mama, was sollte das sein?“ Frau Higurashi legte den Verband um. „Das weiß ich natürlich nicht. Aber, du wusstest ja auch nichts von dem Juwel der vier Seelen, als du in das Mittelalter gingst.“ „Naja, das habe ich beim ersten Mal ja nicht freiwillig gemacht.“ Als diese Frau Tausendfuß sie in den Brunnen gezogen hatte, oh, was hatte sie für Angst gehabt. Und Inu Yasha gefunden, der sich zunächst wirklich wie ein Rabauke benommen hatte, als sie ihn in ihrer Not befreit hatte. Er hatte sich auf der Jagd nach Naraku ganz schön verändert. Sie wohl auch. Ob er sie auch so vermisste? Bestimmt, dachte sie dann. Er rief sie. Oder war das eben nur Einbildung, Wunschdenken? „Hast du dich eigentlich schon beworben?“ erkundigte sich Frau Higurashi. „Wir hatten doch diese Briefe …“ „Ja, das ist alles weg. An zwei Universitäten, aber da rechne ich mir nicht so viel aus, an eine OK-Sicherheitsgesellschaft, eben alles, was wir ausgesucht hatten. Mama, bitte. Ich kann Magie spüren, aber ich bin nicht vollkommen lebensuntauglich!“ Das klang wie das Fauchen einer sehr großen Katze. „Ich hoffe nur, dass du dein Temperament in der Ausbildung etwas zügelst.“ Kagome war prompt zerknirscht. Sie wusste doch nur zu gut um die finanziellen Engpässe der Familie, die Wichtigkeit, dass sie entweder ein Stipendium oder eine Stelle fand. Und jetzt machte sie Mama eine Sorge nach der nächsten. „Ja, doch, entschuldige. Es macht mich nur eben so fertig, dass ich den Himmel sehe, das Mittelalter plötzlich wieder so nah ist … und dann immer weiter zurückweicht, je mehr ich fliege. Danke.“ Denn ihre Mutter hatte den Verband fertig. „Es … das ist schlimmer, als wenn es gar nicht ginge, verstehst du?“ „Ja.“ Frau Higurashi setzte sich zu ihrer Tochter. „Aber vielleicht ist es auch nur die erste Stufe. Oder du musste eine Aufgabe erfüllen. Oder ein anderer Grund. Jedenfalls solltest du ruhig bleiben und abwarten. Weder Zorn noch Tränen können dir helfen.“ „Nicht einmal Pfeil und Bogen,“ versuchte das Mädchen einen Scherz. „Ja, ich rege mich schon ab, Mama. Es gibt sicher für alles einen guten Grund.“   Aber nachts, als sie allein im Dunkeln in ihrem Bett lag, hörte sie ihn immer wieder nach ihr rufen. Immer verzweifelter, immer leiser, immer, ja, schwächer. Sie begann wieder zu weinen. „Inu Yasha!“ Sie flüsterte es. „Ich will ja zu dir, aber ich finde den Weg nicht. Der Brunnen ist versperrt, der Baum schweigt. Sag mir doch, was kann ich tun? Rede mit mir oder schicke mir ein Zeichen, einen Boten, was auch immer. Ich will doch zu dir und dir helfen. Ich würde doch alles für dich tun. Inu Yasha!“ Niemand antwortete ihr aus der Dunkelheit.   Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, saß sie erneut am Brunnen. Es hatte sie nicht sonderlich beruhigt, dass auch ihr Bruder nichts entdecken konnte, aber auch der hatte nie zuvor etwas gesehen, so wie Mama. Für sie selbst dagegen zeigte sich der heute graue Himmel der anderen Zeit. Er sah anders aus als gestern, anderes Wetter, andere Geräusche, und das machte es ihr leichter daran zu glauben, dass sie keiner Einbildung unterlag, sondern sich der Brunnen tatsächlich wieder geöffnet hatte. Was war nur mit Inu Yasha passiert? Dass etwas geschehen war, daran zweifelte sie nicht. Aber warum nur verhinderte etwas oder jemand, dass sie zu ihm gehen konnte, durch den Brunnen gehen konnte? Er brauchte sie doch. Und der Brunnen hatte sich geöffnet, das war doch ebenfalls ein Zeichen. Aber sie hatte schon wieder einen vergeblichen Versuch hinter sich, der ihrem Knöchel auch gerade nicht sonderlich gut getan hatte.   „Kagome.“ Sie wandte den Kopf. „Ich weiß, du sagst wieder es ist Einbildung, Mama. Aber, das Wetter ist heute anders, ich sehe die Regenwolken, es regnet dort im Mittelalter. Und ich habe in der ganzen Nacht immer wieder Inu Yasha gehört. Irgendetwas ist anders als letzte Woche, dringender. Ich habe nur keine Ahnung was. Ich ... ich habe ihn um ein Zeichen gebeten, irgendeinen Hinweis, was ich tun soll.“ „Es ist dir sehr ernst, nicht wahr?“ „Drei Jahre habe ich nichts gehört, nichts gesehen. Und jetzt ist der Brunnen auf, ich könnte doch eigentlich zurück in die Epoche der kriegerischen Staaten. Und doch geht es nicht. Vielleicht hast du recht und ich muss hier irgendetwas erledigen, irgendeine Aufgabe lösen. Vielleicht irgendein Medikament für ihn besorgen? Ich rätsle schon die ganze Zeit.“ „Ich wage nur zu bezweifeln, dass ein Medikament aus unserer Zeit auch für einen Hanyou taugt. Ich meine, bis auf ganz wenige Erscheinungen gibt es doch keine Youkai. Mehr.“ „Ja, das ist wahr. Und ich frage mich, was aus ihnen geworden ist. Sie leben doch eigentlich so lange. Aber, wenn Inu Yasha in dieser Zeit noch leben würde, wäre er doch zu mir gekommen, oder?“ Frau Higurashi zuckte ein wenig die Schultern. „Ich bin überfragt. Man hört nur manchmal im Fernsehen oder in Filmen, dass die Sache mit Zeitreisen sehr problematisch sein kann. Wenn er hier leben würde, ja, ich denke schon, dass er kommen wollte. Aber die Frage ist, ob das gehen würde. Ich meine, du wärst dann ja sozusagen doppelt da. In der Vergangenheit, mit ihm auf der Jagd nach Naraku, und dann hier und jetzt. Das erscheint mir nicht richtig.“ „Ja, vermutlich.“ Kagome seufzte. „Früher habe ich mir da nie Gedanken gemacht, es war so einfach in den Brunnen zu springen, hin und her zu gehen.“ „Vielleicht, weil du da doch noch fast ein Kind warst. Kinder sehen manches anders als Erwachsene. Einfacher.“ „Ja, vielleicht ist das genau das Problem. Ich denke zu viel statt einfach zu springen. Aber, es geht eben nicht.“ Das Mädchen blickte in den Schacht. Der Regen fiel auf der anderen Seite, sie sah es. Aber sobald sie auch nur versuchte sich vor zu neigen, an den Sprung war nicht zu denken, wich der jenseitige Himmel wieder zurück. Irgendwer oder irgendetwas wollte nicht, dass sie in das Mittelalter zurückkehrte. Der Weg war da, sie musste nur die Lösung finden. Hm. Magie? War der Brunnen irgendwie verzaubert worden? Aber von wem? Sie konnte auch nichts spüren, nichts von dem Juwel, das, zugegeben verschwunden sein sollte. Kein Youki, keine Aura von Dämon, Hexe, Mensch. Nichts. Schön, sie war auch nicht unbedingt als Priesterin ausgebildet worden, eher das, was sie auf den Reisen, genauer, der Jagd nach Naraku, gelernt hatte, sei es von Kaede, von Miroku… Da ihre Mutter sich erhob, drehte sie erneut den Kopf. „Mama?“   „Ich glaube, Großvater sucht dich. Ich gehe einmal nachsehen. Eigentlich wollte er im Schrein vorn heute Amulette und so verkaufen.“ Und ein wenig Geld in die Familie bringen. Für Nachmittag hatte sich ein Touristenbus angekündigt. „Ja, natürlich.“ Manchmal hatte sie ihm schon geholfen diese Amulette und Nachbildungen des Juwels der vier Seelen herzustellen. Vielleicht sollte sie auch öfter den Stand betreuen? Aber wichtiger wäre es wohl eine Ausbildung zu machen, eine Arbeit zu finden, damit sie ihrer Familie nicht auch noch auf der Tasche lag. Sie stand auf. Was auch immer Opa von ihr wollte, es wäre sicher entscheidender als hier vergeblich in den Brunnen zu starren.   Als Kagome aus dem Brunnenhäuschen trat, erkannte sie ihren Großvater, der hastig zur ihr winkte, aufgeregt hinter sich deutete. Er musste Mama gesagt haben was los war, denn die kam eilig zu ihr. „Kagome, da ist ein Mann gekommen von der OK-Sicherheitsgesellschaft! Du hast dich da beworben und jetzt will er dich wohl persönlich kennen lernen.“ Kagome schluckte unwillkürlich. „Das … das ist aber ungewöhnlich.“ „Ja, zugegeben. Aber so eine Sicherheitsfirma hat vielleicht auch intern einiges an Sicherheit zu bedenken. Sie werden alle Leute, die sich bei ihnen bewerben gründlich überprüfen.“ „Ja, das ist wahr.“ „Großvater sagte, er sei um die vierzig, Anzug, und stellte sich als Herr Okami vor.“ „Okami, wie Wolf? Und, oh, der Name der Firma.“ OK. „Ja, das könnte sein. Komm schon. Man lässt solche Leute nicht warten.“   Das Mädchen betrat mit klopfendem Herzen den Vorplatz ihres heimatlichen Schreins. Mit einem solchen Überraschungsbesuch hatte sie wahrlich nicht gerechnet, geschweige denn mit einer Art überfallartigem Vorstellungsgespräch. Der Mann, der dort stand, hatte einen schwarzen Anzug mit ebensolcher Krawatte an, kurze, schwarze Haare und betrachtete sie ein wenig abwartend, als sie näher kam. Was wollte er nur von ihr sehen oder hören? Dann allerdings entdeckte sie, dass das Bild von ihm ein wenig verschwamm. Hatte sie etwa peinlicherweise noch Tränen in den Augen? Nein. Dieses verwischte Sehen kannte sie, aus einer anderen Zeit. Ein Bannkreis. Moment. Ein Bannkreis? Sie blinzelte etwas, dann schien die Magie wie ein Vorhang beiseite zu gleiten. Vor ihr stand mitnichten ein menschlicher Mann Mitte Vierzig im Anzug, das war ein Youkai, den sie schon lange nicht gesehen hatte. Er war in den fünfhundert Jahren älter geworden, wirkte jetzt wie knapp dreißig, aber sein Grinsen war noch so vertraut, als er ihr Erstaunen bemerkte. Wie früher trug er Fell um Handgelenke und Beine, das Haar ein wenig wild, kaum durch das Stirnband gebändigt. „Er hatte tatsächlich recht, Kagome,“ sagte er. „Du kannst wirklich durch den Bannkreis sehen. Naja, du weißt ja auch, wie ich aussehe.“ Alles, was dem vollkommen überraschten Mädchen noch einfiel, war der Name. „Kouga!“     Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)