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Im Nebel der Vergangenheit

Mystery Spell
von

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Heimkehr


 

Keine Begegnung ist zufällig –

sie hat immer ein Ziel!

Gudrun Zydek

 

Die junge Frau zittert immer noch leicht. Sie sitzt auf Peters Bett, in seiner tröstenden Umarmung, und versucht ihre Emotionen in den Griff zu bekommen. Der Mittlere der Brüder hat nicht weiter nachgefragt, sich ruhig ihrer angenommen; worüber sie sehr froh ist. Schon seit mehreren Minuten sitzen sie nun einfach schweigend zusammen.

Vorhin war Nicolaes laute Stimme zu hören und auch die von Drogo für einen Augenblick. Es folgte das Knallen der Eingangstür im Erdgeschoss, seither herrscht auch im Haus gespenstische Ruhe.

Nach einer Weile fühlt sich Emma etwas besser und sie löst sich von dem Pianisten. Sie wischt sich über die Augen bevor sie in ansieht. „Was passiert hier nur?“, fragt sie leise und ungläubig. Etwas stimmt nicht. Erst Lorie und nun auch noch Drogo. Allmählich bekommt sie den Verdacht, dass irgendetwas grundlegendes falsch läuft im Moment.

Der Vampir wendet leicht geniert den Blick ab. Er fühlt sich unwohl und fährt sich durch die Haare.  „Das ist etwas kompliziert. Wir sollten mit Nicolae darüber sprechen, er kann dir das besser erklären“, weicht er aus.

Gerade als das Kindermädchen nachfragen will, klopft es an der Scheibe und sie wird abgelenkt. Verwirrt sieht sie hin und muss sofort Lächeln. Das gibt es doch nicht! Sie steht auf und geht zum Fenster.

„Was ist denn hier los?“ Peter ist hörbar erstaunt über das was er sieht. Er macht den Hals lang um sich zu vergewissern, dass da wirklich das ist, was er sieht.

Die Studentin hockt sich auf den Sims und sieht kurz zu ihrem Freund hinüber. Sie muss wegen seinem ungläubigen Gesichtsausdruck kichern. Wäre er ein Mensch, wäre seine Reaktion verständlich. Allerdings hatte sie geglaubt, dass ein Vampir nicht so schnell zu erstaunen ist. Während sie das Fenster öffnet erklärt sie, „Das ist Moony, meine Freundin.“

Freundin?“, fragt der Pianist nach, als könne er nicht glauben was sie gesagt hat.

Kaum ist das Fenster offen, streckt die hübsche Eule ihren Schnabel herein. Ihre großen gelben Augen richten sich auf den Vampir und mustern ihn. Fragend legt sie den Kopf schief.

Emma lächelt warm und sieht ebenfalls zu Peter. „Sie kommt mich besuchen seid ich hier bin. Sie … tröstet mich manchmal oder muntert mich auf“, erklärt sie. Sie hat nie jemanden von ihrer tierischen Freundin erzählt. Wenn sie ehrlich ist, wäre sie sich dumm vorgekommen das einfach so zu erzählen. Man kann einfach nicht in Worte fassen, was sich da zwischen ihr um das Tier abspielt – das kann man nur live erfahren und staunen; wie Peter in diesem Augenblick.

Immer noch hockt Moony draußen und sieht erwartungsvoll zum Zimmereigentümer, als warte sie auf etwas. Sie gurrt und plustert sich auf, als würde sie allmählich die Geduld verlieren.

Der Vampir runzelt die Stirn, lächelt dann aber amüsiert und schüttelt leicht den Kopf. Er sieht das Tier an. „Schön dich kennenzulernen.“ Er räuspert sich. Sich mit einer Eule unterhalten ist nichts, was er schon einmal getan hat und er fühlt sich entsprechend unwohl dabei. Er winkt leicht mit der Hand. „Komm ruhig rein.“

Sofort folgt die Eule der Einladung und hüpft auf den Sims um sich Emma zu zuwenden. Mitfühlend sieht sie an und ruft traurig.

„Schon gut“, flüstert das Kindermädchen. Sie streckt die Finger aus und lässt sie zart durch das weiche Federkleid streichen. „Du musst dich nicht sorgen. Peter hat mir beigestanden und mir geht es schon besser.“ Verrückt! Dieses Mal scheint sie ihre Freundin beruhigen zu müssen statt umgekehrt. Unter ihren Finger spürt sie, dass das Herz des Tiers ungewöhnlich schnell schlägt; viel, viel schneller als sonst. Warum ist sie so aufgeregt? Aber sie kommt nicht dazu sich näher damit zu befassen.

Moony plustert sich erneut auf, dann dreht sie den Kopf und sieht den Pianisten an. Wohlwollend schließt sie die Augen und gurrt, als würde sie sich bedanken wollen. Im nächsten Moment flattert sie zum Fenster hinaus und verschwindet in der Nacht.

Emma sieht zu wie der weiße Fleck im Wald verschwindet. Ob die Eule auch spürt das etwas nicht stimmt? Sie selbst jedenfalls fühlt deutlich, dass etwas in der Luft liegt. Ein bisschen so, wie ein Gewitter das sich noch in großer Entfernung befindet. Man sieht und hört nichts, aber der Wind trägt bereits diesen besonderen Duft zu einem heran. Sie dreht nachdenklich den Kopf zu Peter und muss Grinsen, weil er sie mit hochgezogener Augenbraue ansieht. „Was?“, fragt sie gespielt empört und kokettiert ein wenig.

Der Vampir muss lachen und schüttelt den Kopf. „Du bist schon etwas ganz Besonderes“, kommentiert er schließlich.

„Besonders?“, amüsiert sie sich. „Besonders verrückt?“ Der jungen Frau ist das tatsächlich das einzige, was ihr in Verbindung mit dem Thema einfällt. Eine Eule die einen besucht und einen tröstet – verrückt eben. Aber genau deswegen passt es irgendwie so gut hier hin. Nichts hier im Herrenhaus verdient die Bezeichnung normal.

„Nein, einfach besonders.“ Wohlwollend sieht Peter die Studentin an. Seine grünen Augen zeigen deutlich, dass er neugierig ist mehr zu dem Thema zu erfahren. „Und sie kommt dich oft besuchen?“

Das Kindermädchen nickt. „Ja, seit ich hier bin. Sie ist einfach eines Abends aufgetaucht …“ Wie aus dem nichts. Aber sie ist dankbar dafür. Moony hat ihr so oft geholfen; sie aber auch in merkwürdige Situationen gebracht. Allen voran die nächtlichen Begegnungen mit Sebastian gehen auch ihr Konto, wenn man ehrlich ist.

Der Pianist denkt eine Weile nach und sein Blick verliert sich irgendwo auf den Tasten seines Instruments. „Macht schon irgendwie Sinn“, stellt er schließlich fest und sieht wieder zu seinem Gast.

„Wie meinst du das?“, hakt sie nach und runzelt die Stirn. Wieso sollte es Sinn machen, dass sie von einem eigentlich scheuen Waldbewohner besuch bekommt? In einem Haus voller Vampire?

„Eulen gelten als sehr spirituell. Es heißt die besonderen unter ihnen können in die Zukunft und Geisterwelt sehen“, erklärt Peter. Seine grünen Augen sehen tief in die der jungen Frau, als wolle er sicherstellen, dass sie versteht was er ihr gesagt hat.

Emma bleibt der Mund offenstehen. „Das wusste ich nicht“, flüstert sie. Eulen können die Zukunft sehen? Sie hat ja so etwas generell für Quatsch gehalten. Ja, sie ist ein Medium, aber das heißt noch lange nicht, dass auch alle anderen magischen und mystischen Dinge automatisch echt sind. Wahrsagerei hält sie eigentlich auch heute noch für Humbug; auch wenn Sarah sie mehrfach versucht hat vom Gegenteil zu überzeugen. Und die Geisterwelt kann Moony eventuell auch sehen? Das wäre … der Hammer! Sie war schon immer allein mit ihrer Fähigkeit; zu wissen, dass es noch jemanden gibt, auch wenn es nur ein Tier ist, wäre irgendwie schön.

Peter will gerade ansetzen noch etwas zu erklären, da klopft es. Als wären sie gar nicht richtig anwesend, oder Teil der Realität sehen die beiden zur Tür. Wortlos sehen sie sie an und scheinen verwirrt über das was eben passiert ist. Als Ergebnis der fehlenden Reaktion öffnet sich die Pforte wie von Geisterhand selbst.

Nicolae steht im Türrahmen. Er wirkt betreten und scheint um die richtigen Worte zu ringen; etwas was sehr selten passiert. „Da ist Besuch für dich, Emma.“ Sein Gesicht spiegelt wider, dass er selbst nicht fassen kann, was er da gerade von sich gegeben hat.

„Besuch?“, fragt das Kindermädchen fassungslos zurück. Sie hat in der ganzen Zeit noch nie Besuch im Herrenhaus bekommen! Sie wollte auch nie welchen. Es wäre eh nie jemand hergekommen; selbst Sarah vermeidet es in die Nähe des Grundstücks zu kommen. Der Rest der Stadt weiß zwar nicht, dass die Bewohner Vampire sind, aber sie merken natürlich deutlich, dass die Brüder und Lorie „anders“ sind. Sie werden gemieden; und es werden wilde Gerüchte verbreitet. Aber niemand; wirklich niemand, geht freiwillig zum Herrenhaus der Bartholys! Niemand! Wer also taucht hier auch? Noch dazu mitten in der Nacht?

„Ja, ich kann ihn nicht reinlassen“, erklärt das Familienoberhaupt mit leichter Abscheu im Blick. Ihm passt es überhaupt nicht, dass da Jemand ist, das merkt man. Seine Höflichkeit verbietet es ihm in der Regel, dass er Widerwillen oder Abscheu offen zur Schau trägt und so begnügt er sich mit einer strengen Miene.

Die Studentin begreift immer noch nicht, was los ist. Doch, dass der Gast nicht ins Haus gelassen wird macht natürlich Sinn. Seit Jahren verbergen die Bartholys ihr Geheimnis, da wären sie schön blöd jemanden herein zu lassen der vielleicht etwas entdecken könnte. „Das verstehe ich“, gibt sie zurück.

„Er ist im Garten und scheint nicht gewillt zu sein wieder zu gehen bevor er dich gesehen hat.“ Nicolaes Stimme wird eindringlicher und sein Blick auffordernder. Ihm liegt noch etwas auf der Zunge, aber er sagt es nicht.

Sie versteht es irgendwie immer noch nicht, verwirrt sieht die junge Frau zu Peter. Dieser deutet kaum sichtbar mit dem Kopf, dass sie lieber gehen sollte. Natürlich! Endlich begreift sie was hier los ist. Der Gast wartet unten auf sie und natürlich will das Familienoberhaupt, das er so schnell wie möglich wieder verschwindet – was er wohl erst tun wird, wenn er Emma gesehen hat. Doch wer zum Teufel will sie so dringend sehen, dass er dafür hierherkommt? Wortlos steht sie auf, verlässt das Zimmer und geht hinunter ins Foyer.

Vorsichtig läuft sie die letzten Stufen und reckt den Hals, um vielleicht schon zu erahnen wer da sein könnte. Warum hat Nicolae es ihr nicht einfach gesagt?! Andererseits ist es auch albern Angst zu haben, immerhin ist das hier ein Haus voller Vampire. Sie muss sich nicht fürchten, wer auch immer da sein mag. Außerdem würde sie das Familienoberhaupt niemals irgendeiner Gefahr aussetzen …

Schritt für Schritt läuft sie zur offenstehenden Terrassentür. Auf halber Strecke sieht sie ihren Besuch bereits. Ihr Herz beginnt immer schneller und schneller zu schlagen und eine warme Welle der Euphorie überkommt sie.

Da steht er! Stolz und prächtig im Glanz des Vollmonds. Sebastian!

Sein schwarzes Fell schimmert und seine gelben Augen leuchten förmlich. Seine Ohren sind aufgestellt und sein ganzer Körper scheint angespannt, als würde er gern einfach losschnellen um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken. Doch er tut es nicht; er tänzelt unruhig auf der Stelle, als würde ihn etwas abhalten sich dem Haus weiter zu nähern.

Emma beschleunigt ihre Schritte und rennt ihm förmlich entgegen. Sie kann es kaum fassen. Er ist hier! Er ist zu ihr gekommen! Ohne wirklich darüber nachzudenken geht sie zu ihm, lässt sich auf die Knie fallen und legt ihre Arme um seinen Nacken. Sie vergräbt ihr Gesicht in seinem Fell und holt tief Luft. Wald und Wildnis. Geborgenheit und Wärme. Alles flutet sie und packt sie eine dicke Schicht aus dieser ganz besonderen Aura die Sebastian in jeder seiner Formen umgibt.

Der Wolf fiept leise und legt seine Nase in ihren Nacken. Kurz leckt er über ihre Haut und schmiegt seinen großen Kopf anschließend an ihren Rücken. Alle Anspannung scheint von ihm abzufallen und die Muskeln unter seinem Fell entspannen sich.

Die Welt scheint still zu stehen und zu schweigen. Keine Blätter rascheln, keine nachtaktiven Waldbewohner machen sich bemerkbar. Als würde nichts und niemand dieses Wiedersehen stören wollen.

Das Kindermädchen schmiegt sich enger an den großen Wolf. Sie hat das Gefühl, dass es nun endlich besser wird. Er ist wieder hier und das gibt ihr irgendwie Kraft … bis ein Räuspern ertönt. Erschrocken zuckt die junge Frau zusammen und sieht auf. Sie fühlt sich peinlich berührt und ihre Wangen färben sich leicht rot.

Nicolae steht auf der Terrasse, groß und majestätisch. Seine graugrünen Augen wirken wenig begeistert, gleichzeitig schimmert eine große Sorge durch.

Sebastian spannt sich an und richtet seinen scharfen Blick auf den Vampir. Er scheint die Unterbrechung gar nicht zu mögen und tut das mit einem tiefen Brummen auch kund. Gleichzeitig bemüht er sich offenbar um Ruhe, denn immerhin war das Familienoberhaupt so freundlich und hat die Studentin hergeholt.

Dass die beiden Männer sich nicht mögen ist kein Geheimnis, das weiß Emma. Es liegt nicht nur an ihrer Natur als Vampir und Wolf, sondern auch an der schlichten Tatsache das sie zwei Alphatiere sind. Einzig und allein ihr zu liebe bemühen sie sich ihre Feindseligkeit nicht offen zur Schau zu stellen. Um die Situation nicht allzu sehr in die Länge zu ziehen, sieht sie Nicolae fragend an.

„Es ist schon spät“, erklärt er schlicht. Entgegen seiner sonstigen Art senkt er kurz den Blick. Er scheint sich zu sammeln und als er wieder aufsieht, richten sich seine Augen auf den Wolf. „Ich würde gern morgen etwas mit Ihnen besprechen. Es ist sehr wichtig.“

Das Kindermädchen spürt wie sich Unruhe in ihr breitmacht. Warum will er mit Sebastian reden? Hat es womöglich mit den jüngsten Zwischenfällen zu tun? Sie spürt wie der Wolf neben ihr nickt, anschließend gibt er ein zustimmendes Brummen von sich.

Das Familienoberhaupt geht wieder in das Herrenhaus und lässt die beiden allein.

Die Studentin versucht ihre Gedanken zu sortieren um zu verstehen was da gerade passiert ist, da spürt sie den großen Kopf von Professor Jones der sich an ihren schmiegt. Danach geht er einige Schritte zurück und sie fühlt sich direkt verlassen ohne seine Wärme. Sie sieht in seinen goldenen Augen und verliert sich regelrecht darin. „Wir sehen uns morgen“, flüstert sie und ringt sich ein Lächeln ab.

Bedauernd kneift der Wolf die Augen einen Moment zu, drückt seine Schnauze noch einmal gegen ihren Oberarm und verschwindet dann im Eiltempo zwischen den Bäumen.

Eine Mischung aus Freude, Bedauern und Angst überkommt die junge Frau als sie sich wieder in ihr Zimmer begibt. Der morgige Tag wird wohl noch viel aufreibender wie gedacht.



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