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Im Nebel der Vergangenheit

Mystery Spell
von

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Rotkäppchen in Action


 

Jede Kommunikation ist eine intellektuelle Herausforderung.

Manuela Michael
 

Unanständige Träume begleiten das Kindermädchen durch die Nacht. Große Hände bemächtigen sich ihres Körpers … sinnliche Lippen erkunden ihre Haut. Es ist heiß und lustvoll. Ihre Sinne beben, genauso wie ihr Körper … Es knurrt und flüstert, „Meine Süße“ …

Als sie am Morgen die Augen öffnet fühlt sie sich hitzig und erregt. Ihr Nachthemd klebt an ihrem verschwitzten Rücken und ihr Höschen vor Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen. Ihre Decke ist irgendwo am Bettende zusammengeknüllt und eines ihrer Kissen liegt irgendwo im Zimmer. Sie hatte eine bewegte Nacht, wie man deutlich sieht. Natürlich war das nicht ihr erster erotischer Traum, aber dieser war heftig und fühlte sich sehr real an. Ein wenig verschämt vergräbt sie ihr Gesicht kurz im verbliebenen Kissen. Himmel, was für ein Traum! Gut, dass keiner in ihrem Kopf sehen kann, sie würde sich für den Rest ihres Lebens zu Tode schämen.

Emma steht auf und geht ins Badezimmer. Sie hält die Dusche kurz. Es hat etwas eigenartiges ihre eigenen Hände auf ihrem Körper zu fühlen nachdem was sich da letzte Nacht in ihrem Kopf angespielt hat. Diese Gefühlsausbrüche die Professor Jones in ihr auslöst beunruhigen sie ein wenig. Warum nur sind ihre Emotionen so heftig, wenn es um Sebastian geht? Es ist ja nicht da erste Mal das sie verliebt ist, aber es fühlt sich beinahe so an. Das hatte sie noch nie so extrem. Soll es so sein? Oder ist das eher schon drüber? Noch dazu, wo auch er immer etwas instabil zu wirken scheint was seine Emotionen angeht. Ob das eine gute Konstellation ist? Sie beide?

Eigentlich ist sie sich sicher, aber trotzdem nagt der Zweifel. Sebastian ist wie eine verdammte Droge; sie hat von ihm genascht und nun hat sie den Salat. Der Rausch war zu großartig, hat sich zu tief in ihre Seele gebrannt. Sie kommt nicht von ihm los – will sie eigentlich auch nicht. Ob das so gut ist? Gesund?

Frustriert über sich selbst verlässt die junge Frau das Bad und zieht sich an. Ihre Pläne für heute sahen eigentlich nicht vor, dass sie sich in ihren eigenen verworrenen Gedanken verläuft. Sie braucht einen klaren Kopf für das was sie eigentlich machen möchte. Ein wenig konfus geht sie schließlich ins Erdgeschoss und zum Frühstück.

Erstaunt stellt sie fest, dass die gesamte Familie Bartholy am Tisch versammelt ist. Nicolae, rechts von ihm Peter, links Lorie und ihr gegenüber Drogo. Das Kindermädchen spürt ein warmes wohliges Gefühl. Es ist lange her, dass sie alle zusammen hier versammelt waren. Sie hat die Hoffnung nie aufgeben, dass es doch wieder wird; aber schon arg gezweifelt zwischendurch. „Guten Morgen“, ruft sie fröhlich in die Runde.

„Guten Morgen“, kommt synchron zurück.

Emma strahlt und setzt sich neben den Jüngsten der Brüder, wie früher auch. Ihre trüben und wirren Gedanken sind sofort weg und sie schlägt ordentlich zu. Am Anfang hatte sie sich immer unwohl gefühlt, als einzige zu essen, aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt.

„Immer wieder erstaunlich, was du so alles in dich reinschieben kannst, kleines Ding“, meldet sich Drogo trocken zu Wort, ohne sie anzusehen.

Das Kindermädchen stockt kurz. Eine Mischung aus Scham und Unwohlsein überkommt sie einen Moment. Eben die typischen Dinge, die er inzwischen in ihr auslöst, von dieser diffusen Angst hin und wieder abgesehen. Doch sie erinnert sich an gestern. Da war er es wie früher, zumindest eine Weile. Vielleicht sollte sie versuchen diese Emotionen zu ignorieren und sich etwas mehr Mühe geben. Vampire spüren die Gefühle ihres Umfelds recht deutlich, also ist sie womöglich auch daran schuld das Drogo sich so abweisend benimmt? Ist es eine Art Selbstschutz? Sie atmet kurz durch, dreht den Kopf und sieht ihren Sitznachbar mit hochgezogener Augenbraue an. „Wie kann man nur so alt und gleichzeitig so kindisch sein?“, fragt sie betont skeptisch nach.

Der Blonde, der mit Lorie auf dem Tisch gespielt hat, hebt den Kopf und sieht Emma einen Augenblick mit großen Augen an. Das Erstaunen über ihren Konter steht ihm ins Gesicht geschrieben. Doch der Moment vergeht und man sieht den Schalk aus seinen Augen blitzen. „Eben. Ich bin schon alt, also sehr erfahren was das angeht.“

„Im kindisch sein? Das glaube ich sofort“, witzelt das Kindermädchen und macht sich mit einem extra großen Bissen über ihr Brot her. Eigentlich ist ihr schrecklich flau im Magen und sie will gerade nicht wirklich etwas Essen, aber sie will ihrem Streitpartner nicht die Genugtuung geben.

Drogo widmet nun seine ganze Aufmerksamkeit Emma. Er mustert sie, als wäre er sich unsicher was hier gerade passiert. Aber er ist offenbar auch gewillt, die Situation zu nutzen. „Ich bin in allem sehr erfahren“, säuselt er anzüglich und grinst.

„Außer in Sachen Bescheidenheit“, gibt die junge Frau nonchalant zurück und nimmt einen Schluck Kaffee. Sie fühlt sich immer noch etwas unsicher, aber trotzdem auch gut. Bereits gestern hat sie gemerkt, wie sehr ihr diese kleinen Sticheleien und verbalen Auseinandersetzungen mit dem Jüngsten der Brüder fehlen. Schon verrückt; hätte sie jemand gefragt, ob dem jemals so sein könnte, hätte sie lachen den Kopf geschüttelt. So ändern sich Dinge manchmal.

Der Rest der Familie sitzt schweigend am Tisch und verfolgt das unwirkliche Geschehen. Peter lächelt verhalten und Nicolae wirkt durchaus zufrieden, obwohl ihm der Inhalt des Gesprächs wohl eher nicht zu sagen dürfte. Lorie spielt mit ihrem Kuscheltier und beobachtet aufmerksam ihren Bruder und ihr Kindermädchen. Würde ein Außenstehender das betrachten, könnte er auf die Idee kommen das sie einer Aufführung zusehen.

„Ich habe es nicht nötig bescheiden zu sein.“ Der Blonde lehnt sich im Stuhl zurück. Ein reißerisches Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. „Das hast du am eigenen Leib erfahren“, raunt er provozierend.

Emma sieht aus dem Augenwinkel wie Nicolae erbost den Mund öffnet. Sie hebt selbstsicher die Hand um seine Einmischung zu verhindern. Das ist eine Sache zwischen ihr und Drogo, und das müssen sie miteinander klären. Sie hat mit einem Kommentar in diese Richtung gerechnet, immerhin kennt sie ihn nun schon eine Weile, und sich bereits etwas gedanklich zu Recht gelegt. „Stimmt“, antwortet die junge Frau selbstbewusst. Sie sieht den Jüngsten der Brüder in die Augen. Sie wird sich jetzt auf ziemliches Glatteis bewegendessen ist sie sich bewusst, aber eine andere Option hat sie nicht. Mental drückt sie sich die Daumen, dass ihr Plan aufgeht. „Und ich war so tief beeindruckt, dass es kein zweites Mal gab.“

Drogo ist perplex und einen Augenblick überrumpelt. Er hat scheinbar nicht mit einer derartigen Reaktion gerechnet und muss sich kurz sammeln.

Der Rest am Tisch scheint den Atem anzuhalten und auf seine Reaktion zu warten. Man könnte eine Stecknadel fallen hören so still ist es.

„Nicht schlecht, kleines Ding. Nicht schlecht“, lacht der Blonde ehrlich und grinst. Seine nussbraunen Augen funkeln amüsiert und er wirkt eigenartig zufrieden.

Plötzlich scheint der Knoten geplatzt zu sein. Die anderen Familienmitglieder entspannen sich und dadurch auch die Stimmung im Raum. Während Nicolae und Peter sichtbar belustigt sind, runzelt Lorie die Stirn, weil sie nicht so richtig weiß was los ist.

„Tja, leg dich nicht mit Rotkäppchen an, mein Freund“, antwortet das Kindermädchen lachend. Ihr fallen gerade mehrere riesige Felsbrocken vom Herz. Das Ganze hätte immerhin auch böse nach hinten losgehen können.

„Warum nicht?“, hakt Drogo schelmisch nach und widmet sich wieder seiner kleinen Schwester, die sich über die Aufmerksamkeit freut.

„Du weißt doch, wie die Geschichte für den Wolf endet.“ Die junge Frau trinkt ihren restlichen Kaffee und beendet ihr Frühstück. Ihr Blick fällt auf den Blonden, der sie über seine Schulter hinweg ansieht. Ein intensives Funkeln ist in seinen Augen zu sehen und sie begreift sofort warum. Sie hat ihm gerade die Rolle des bösen Wolfs zugesprochen, die er so unbedingt wollte. Nun gut, ein Unentschieden ist auch okay. Das hätte auch in einer totalen Katastrophe enden können. Das Kindermädchen will sich aber auch nichts vormachen; es ist noch weit davon entfernt wieder völlig normal zwischen ihr und Drogo zu sein. Aber ein erster Schritt ist gemacht, und das ist was zählt. Vielleicht wird der Tag doch gut.

Da Lorie lieber mit ihrem Bruder spielen möchte hat Emma erstmal frei. Sie nutzt die Gelegenheit und geht ihre Kursunterlagen durch. Übermorgen beginnt der Unialltag wieder und sie will vorbereitet sein. Sie freut sich auch darauf. Der Unterricht, ihre Mitstudenten, wieder unter den Lebenden sein.

Ja, sie liebt die Bartholys, aber ständig im Herrenhaus zu sein hat etwas Deprimierendes. Das Gebäude ist einfach so erdrückend manchmal, als würde es die Lasten seiner Bewohner spüren und widergeben. Und an anderen Tagen ist es richtiggehend dunkel und fast schon bösartig.

Eigentlich hat sie nie daran geglaubt, aber Sarah hatte ihr erzählt, dass es besondere Orte gab, denen Magie innewohnte. Diese Orte entstanden meistens, wenn magische oder verfluchte Kreaturen sich über viele Jahrzehnte, oder gar Jahrhunderte an diesen Plätzen aufhielten. Die Magie der Bewohner sickert in den Boden, das Mauerwerk, was auch immer vorhanden ist, und reichert sich dort an. Irgendwann ist so viel der Zauberkraft vorhanden, dass sie sich verselbstständigt und ein Eigenleben entwickelt. Und es ist wie überall in der Welt: es gibt gute und schlechte; Orte, Menschen, Magie.

Die junge Frau seufzt und hebt den Kopf aus ihren Papieren. Ihr Blick schweift durch ihr Zimmer, als erwarte sie das irgendwo etwa sind er Ecke lauert. Die Brüder und Lorie leben noch nicht so lange hier, dass weiß sie. Also ist es nicht ihre Magie und Anwesenheit die aus dem Herrenhaus gemacht haben was es nun ist. Viktor, das eigentliche Familien-, oder besser, Clanoberhaupt ist der Grund dafür. Seine Macht und Boshaftigkeit stecken in diesen Mauern und werden langsam wieder ausgedünstet.

Plötzlich muss die Studentin lachen. Was sie sich schon wieder ausmalt … Aber so ist das nun einmal, wenn man nur die Geschichten kennt; und die Geschichten über „Papa“ Bartholy sind allesamt schrecklich. Ein Urvampir, der ausschließlich nach Macht strebt. Ein übermächtiges Wesen, für den der Rest der Welt nur Spielzeuge und Marionetten darstellt. Er ist auch der Auslöser für die Differenzen zwischen den Bartholys und den Osbournes. Er hat die Hexen damals verraten und sie wurden hingerichtet. Ein Großteil der Familie wurde damals auf Scheiterhaufen verbrannt, bei lebendigem Leibe. Eine schreckliche Vorstellung die der Alte den Überlieferungen nach wohl sehr genossen hat. Warum er die Hexen überhaupt verraten hat ist etwas ungenau … und wird wohl nie so wirklich geklärt werden.

Die Temperatur im Raum scheint um einige Grad zu sinken und Emma bekommt eine eigenartige Gänsehaut. Nicht das erste Mal. Die Energie, Magie, wie auch immer, des Hauses scheint regelrecht darauf zu reagieren, wenn sie über Viktor nachdenkt. Ob dem wirklich so ist? Oder spielt ihr ihre Wahrnehmung einen Streich? Das Vibrieren ihres Smartphones holt sich aus ihren Überlegungen. In der Annahme das sie von Sarah ist öffnet sie die Nachricht und runzelt zunächst die Stirn.

„Habe die ganze Nacht an dich denken müssen.“

Okay … Samantha, die Giftschlange der Uni und Chefcheerleaderin hatte mal so Andeutungen gemacht, dass die junge Osbourne wohl auf beide Geschlechter steht und ihr Interesse an dem Kindermädchen auch tieferer Natur ist, aber sie hat nie etwas darauf gegeben. Die blonde Ziege behauptete nämlich auch, dass Emma mit Loan im Bett war; und natürlich mit allen drei Bartholy-Brüdern was am Laufen hat. Gut die letzte Behauptung ist weder richtig falsch, noch wirklich wahr. Sie hatte unfreiwillig etwas mit allen drei Brüdern … aber nur je einmal … und getrennt voneinander …

Das Kindermädchen atmet geräuschvoll aus. Warum rechtfertigt sie sich jetzt eigentlich vor sich selbst? Das ist doch dämlich! Sie will gerade das Smartphone weglegen, und so tun, als hätte sie diese Nachricht nie bekommen, da fällt ihr Blick auf den Absender.

Ihre Augen weiten sich und glitzern glücklich. Sebastian! Er hat ihr die Nachricht geschickt! Schnell antwortet sie mit einem verschmitzten Grinsen: „Ich habe sogar von dir geträumt. Und nein, es war nicht die fromme Sorte Traum ;-)“

Kaum abgeschickt rutscht ihr das Herz in die Hose. Warum um alles in der Welt hat sie ihm das geschrieben?! Ist sie nun völlig von Sinnen?! Die Minuten verstreichen und ihr Herz klopft immer schneller und schneller. Als die Antwort endlich kommt, hat sie das Gefühl einen Herzinfarkt zubekommen vor lauter Aufregung.

„Das klingt äußerst interessant. Das müssen Sie mir in zwei Tagen genauer erörtern, Miss Miller ;-)“

Emma hat Mühe ihre Emotionen in den Griff zu bekommen. Ihr Herz hämmert, ihre Hände sind feucht und ihr Magen flattert vor lauter Glück während sie noch eine Nachricht schickt: „Es wird mir ein Vergnügen sein Ihnen eine genaue und bildhafte Darstellung der Vorkommnisse zuteilwerden zulassen, werter Professor.“

Die Angst, dass es wieder wie letztes Jahr mit Sebastian wird rückt immer mehr in den Hintergrund. Vielleicht hat er sich doch endlich entschieden zu dem zu stehen was zwischen ihnen ist. Das wäre der Hammer! Die Studentin legt ihr Smartphone beiseite. Ein Blick auf die Uhr verrät ihr, dass inzwischen früher Nachmittag ist. Sie hat vorhin mitbekommen, dass Lorie und Drogo das Haus verlassen haben und Peter spielt im Moment Klavier. Die perfekte Gelegenheit ihren Vorsatz für heute in die Tat umzusetzen.

Das Kindermädchen verlässt ihr Zimmer und geht hinunter ins Erdgeschoß. Im Wohnzimmer angekommen fühlt sie sich zunehmend nervöser und unsicherer. Sie hatte gehofft, dass Nicolae hier ist, aber eigentlich wusste sie bereits das es eher nicht so sein würde. Um diese Zeit, und wenn niemand mehr so wirklich im Haus ist, gibt es nur einen Ort, an den er sich zurückzieht.

Die Bibliothek.

Neben dem Kamin befindet sich eine Tür, die als solche nicht zu erkennen ist. Dahinter ist sein Reich, sein Refugium in das er sich zurückzieht. Schon eigenartig, wie sie es nicht stört Peter, oder auch Drogos Zimmer zu betreten, selbst das von Nicolae; aber dieser Raum hinter der geheimen Tür …

Die junge Frau war schon einmal dort gewesen, als er ihr einige Bücher über Medien gegeben hatte. Es hatte sich merkwürdig angefühlt. Ein bisschen so, als würde sie ihn seine Privatsphäre eindringen. Nicolae ist das Familienoberhaupt, der Patriarch, wenn man so will. Ihn umgibt immer etwas Autoritäres und Geheimnisvolles, etwas Unantastbares.

Die Brüder, und selbst Lorie stören ihn nie, wenn er dort ist – außer im absoluten Notfall. Das hier ist kein Notfall, aber sehr wichtig für das Kindermädchen. Sie hatte darüber nachgedacht und kam zu dem Entschluss, dass es womöglich besser ist Nicolae in seinem vertrauten Terrain gegenüber zu treten. Also besser für ihn. Ihr selbst behagt das Ganze nicht so wirklich. Gerade als sie mit dem Gedanken spielt, doch wieder umzudrehen …

„Das ist eine gute Idee.“

Emma dreht sich um. Da steht Peter und lächelt ihr aufmunternd zu. Bevor sie etwas erwidern kann ist er schon verschwunden.

Natürlich hat der Pianist Recht, sie hat sich diesen Plan ja nicht grundlos überlegt. Wider etwas mehr von sich überzeugt atmet sie durch und klopft schließlich gegen die „Wand“

 



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