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Stichflamme

Der Aufstieg des Phönix
von

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Unwürdiges Blut

Vorankommen gestaltete sich in der schieren Menge der Demonstranten schwierig. Immer wieder versperrten Hexen mit turmhohen Hüten und Zauberer in opulenten Roben den Weg, bis Minerva schließlich ihren Zauberstab zog und kurzerhand schwächere Schockzauber vorausschickte. Sie brachten höchstens das Gesäß zum Kribbeln, erwiesen sich aber als effektive Wegbereiter.

Unter einigem unhöflichen Gefluche der Getroffenen bahnte sie sich so, mit Elphinstone im Schlepptau, ihren Weg zum Brunnen der magischen Geschwister vor. Dort tobte noch immer die dicke Hexe mit der grässlichen Stimme. Aus der Nähe erkannte Minerva, dass der massive silberne Kettenanhänger um ihren Hals das Wappen der Blacks trug. Toujours pur. Sie war keine Expertin in Sachen Zaubereraristokratie, aber diese Familie war genauso berühmt wie berüchtigt.

Beinahe jeder in der britischen Zaubererwelt kannte irgendwen, der mit ihnen – wenn auch nur entfernt – verwandt war. In ihren ersten zwei Schuljahren hatte Cygnus Black diesen negativen Ruf des Öfteren bestätigt. Nicht nur auf dem Quidditchfeld war er ein erbitterter Rivale der Gryffindors gewesen. Sie konnte den Kerl nicht ausstehen und leider fiel es ihr zugegeben schwer, seinen drei Töchtern nicht mit dem gleichen Misstrauen zu begegnen. Doch im Namen der Fairness hatten alte Hausrivalitäten keinen Platz mehr in ihrem Leben als Lehrerin.

Rund um den Brunnen versuchten unterdessen Ministeriumsangestellte in dunkelblauen Roben vergebens, die Menge in Schach zu halten. Nicht verwunderlich, sahen sie sich doch einer Übermacht entgegen. Immer wieder unternahmen Demonstranten den Versuch, sich zu den goldenen Fahrstühlen vorzudrängeln.

»Stupor!«, brüllte eine jüngere Hexe heiser in die Menge und der Fluch schoss geradewegs auf Minerva zu.

Rasch hob sie den Zauberstab und beschwor einen Schild vor sich herauf. Der rot glühende Zauber prallte mit einem Ploppen ab und traf stattdessen einen verhutzelten alten Mann, der mit verdrehten Augen in die Menge zurückfiel, ohne sein verzaubertes Plakat loszulassen.

Bevor die Ministeriumshexe erneut einen Fluch in Minervas Richtung schicken konnte, winkte Elphinstone ihr hektisch zu. »Mary, ich bins!«

Ein Lächeln der Erleichterung schlich sich auf die Züge der jungen Frau. »Merlin sei dank, es ist noch jemand da, der helfen kann!«

Ihre Ablenkung nutzte ein hochgewachsener Zauberer mit wallendem Haar, um an ihr vorbeizuschlüpfen. Bevor die arme Hexe sich auch nur umdrehen konnte, schickte Minerva ihm einen Lähmzauber hinterher, der ihn der Länge nach aufs Parkett stürzte.

Mit einem geseufzten Dank ließ die Frau sie passieren. »Das geht jetzt schon seit Stunden so und die Hälfte unserer Leute ist immer noch in Kent, wegen dieser Sache mit dem verfluchten Spiegellabyrinth. Bin ich froh, dass du da bist, Elphinstone.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, ehe sie einen weiteren Zauber in die anstürmende Menge schickte.

»Oh Mary, es tut mir wirklich leid«, entgegnete er zerknirscht, »aber eigentlich bin auch ich in einer anderen Sache unterwegs. Mir war nicht klar, wie die Situation hier ist ...«

Die Frau sah aus, als wäre sie den Tränen nah. Tapfer rang sie sich ein Nicken ab und ließ einen Schutzschild entstehen, gegen den keine Sekunde später eine schimmernde Phiole schlug. Anscheinend eine Stinkbombe, denn die Demonstranten auf der anderen Seite des Schildes wurden grün im Gesicht, als das Geschoss von der blauen Membran abprallte und zurück in die Menge hüpfte.

»Ich komme sonst auch alleine klar«, warf Minerva entschlossen ein. »Schließlich kenne ich mich hier bestens aus. Der Weg zur Flohzentrale ist nicht weit und irgendwer dort wird mir schon helfen können.« Und wenn nicht, dann finde ich trotzdem einen Weg, fügte sie in Gedanken an.

»Oh?« Die Sicherheitshexe riskierte einen kritischen Blick zu Minerva, zuckte aber nur mit den Schultern, als eine weitere Stinkbombe angeflogen kam, die sie abwehrte. »Na, wie auch immer, viel Erfolg dabei. Ich hab gehört, dass irgendjemand einen Korb Erklinge in die oberen Etagen geschmuggelt hat, die außer Rand und Band sind. Sie wissen schon – diese fiesen deutschen Gnome mit scharfen Klauen. Die paar Auroren dritter Klasse, die nicht in Kent sind, hatten wahrscheinlich noch keine Zeit, sich darum zu kümmern.«

Grimmig umfasste Minerva ihren Zauberstab fester. Auch das noch. »Damit werde ich schon fertig.« Sie war bisher zwar nie einem Erkling begegnet, doch davon würde sie sich jetzt genauso wenig aufhalten lassen wie von den wütenden Reinblütern.

Elphinstones Blick huschte über die Demonstration, seine verzweifelten Kollegen und dann wieder zurück zu ihr. »Danke, Minerva. Ich komme nach, so schnell es geht.« Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln, das ihr von den seltenen Außeneinsätzen noch gut bekannt war. Ich halte dir den Rücken frei.

Sie nickte ihm zu. »Wir sehen uns gleich wieder.«

Ohne einen Blick zurückzuwerfen, lief sie zu den vergitterten Fahrstühlen und sprang in einen freien hinein. Als Letztes hörte sie die Stimme der hysterischen Mrs Black, die etwas von unwertem Blut rief. Rasselnd schlossen sich die Türen und das Atrium entschwand ihrem Blickfeld. Ein Stockwerk weiter oben wurde das Gebrüll der Demonstranten endgültig von schwerer Stille geschluckt.

»Sechster Stock, Abteilung für magisches Transportwesen mit der Flohnetzwerkaufsicht ...«, kündigte eine kühle Frauenstimme den nächsten Halt an.

Während ein paar geflügelte Memos hineinflogen – eine der wenigen Besserungen im Ministerium, im Vergleich zu den Eulen von früher – verließ Minerva den Fahrstuhl.

Vor ihr erstreckte sich ein langer Gang im Halbdunkel und über allem lag der muffige Geruch von Bürokratie. Der dunkle Teppich schluckte ihre Schritte. Weder Zauberer noch Erklinge schienen sich in diesem Stockwerk herumzutreiben. Überhaupt schien keine Menschenseele hier zu sein, obwohl es vor Beamten nur so hätte wimmeln müssen – selbst so kurz vor der Mittagspause.

»Homenum revelio«, flüsterte Minerva in die Stille hinein. Nichts geschah. Sie war wirklich alleine in diesem Stockwerk. Zumindest was andere Menschen anging. Einer plötzlichen Eingebung folgend, verwandelte sie sich in ihre Animagusgestalt. Man konnte nie wissen, was am Ende eines dunklen Flurs wartete. Sie hatte wenig Lust, in einen Hinterhalt der Erklinge zu geraten, sollten diese sich nur verborgen haben. Eine Katze hingegen würde vielleicht gar nicht erst ihre Aufmerksamkeit erregen.

Der Wand entlang folgte sie dem Gang bis zu seinem Ende, wo dieser sich zu einem weiten Raum mit mehreren Holztüren öffnete. Die Flohnetzwerkaufsicht bestand aus vielen Einzelbüros, die sich um den freien Bereich gruppierten, in dessen Mitte ein großer Steinkreis im Boden versenkt war. Runen zierten seinen Rand und in einer tiefen Rinne, die alles einschloss, glitzerte grünes Flohpulver. An der Decke darüber glühten diverse Überwachungs- und Sicherheitszauber in mattem Rot, die in der Form von metallenen Intarsien in das Holz eingelassen waren.

Wohlwissend hielt sich Minerva von dem großen Flohportal fern. In ihrer Zeit im Ministerium war es mehr als einmal passiert, dass unvorsichtige Zauberer plötzlich überraschend aus einem Kamin am anderen Ende des Landes stolperten, weil sie nachlässig bei dessen Nutzung gewesen waren.

Das Portal war das Herzstück des Flohnetzwerks, denn dort liefen alle Verbindungen zusammen. Hier konnten neue Kamine in das Netzwerk integriert werden und sämtliche Zugänge kontrolliert werden. Für gewöhnlich wurde es zusätzlich zu den aufwändigen Verzauberungen rund um die Uhr bewacht, aber jetzt war von einer Sicherheitshexe oder einem Zauberer keine Spur.  Die Türen rundrum waren ebenso offen und zeigten nur leere Büros.

Minerva beschrieb einen großen Bogen um den grünlich leuchtenden Ring und hob witternd die Katzennase. Unzählige unangenehme Gerüche fluteten ihre Sinne, darunter die Spuren vieler verschwitzter Füße. Sie nahm auch etwas Moosiges wahr, das unter den anderen Wahrnehmungen verblasste. Das mussten die Erklinge sein. Offenbar waren sie schon weitergezogen.

Dennoch blieb sie auf der Hut und schlich auf leisen Pfoten zu einer Tür im Rund, die mit einer großen Plakette verziert war. Wenn sie sich recht erinnerte, gehörte dieses Büro dem Leiter der Flohnetzwerkbehörde. Dort würde sie die Verbindungsnachweise zu allen magischen Kaminen in Großbritannien finden.

Mit zitternden Schnurrhaaren spähte sie in den Raum hinein. Trotz ihrer verschwommenen Fernsicht erkannte sie, dass er leer war. Anscheinend hatte man ihn in großer Hast verlassen, denn der Boden war übersäht mit verknickten Pergamenten, die Öllampe auf dem Schreibtisch zerbrochen und aus einem umgestoßenen Tintenfass tropfte es beständig auf den Teppich.

Misstrauisch sah Minerva sich um, ehe sie in das Büro schlüpfte. Solange niemand hier war, konnte es nicht schaden, einen Blick zu riskieren. Vermutlich würde das die Sache nur leichter machen.

Zu ihrer Zeit hatte Sebastian Edwards die Behörde mit dem Elan einer altersschwachen Weinbergschnecke geführt. Das hatte unweigerlich zur Folge, dass sich die Anfragen zu Verbindungsauszügen im Postkorb stapelten, bis einer seiner Assistenten sich ihrer erbarmte. Oder aber jemand – meist aus der Strafverfolgungsbehörde – tauchte wütend wie ein ganzer Clan Doxys in seinem Büro auf und forderte unter wüsten Androhungen die sofortige Akteneinsicht. In solchen Angelegenheiten hatte die Teufelsschlinge Miss Cuddles sich stets als potentes Druckmittel präsentiert, um aus der müden Schnecken einen flinken Greif zu machen.

Die Erinnerung heiterte Minerva etwas auf und ließ sie zumindest mental lächeln. Nichtsdestotrotz war sie froh, Edwards nicht anzutreffen. Immer noch in Gedanken verloren setzte sie gerade alle vier Pfoten über die Türschwelle, da vernahm sie ein verräterisches Pfeifen der Luft irgendwo von oben. Instinktiv spannten sich ihre Muskeln. In einem großen Satz sprang sie nach vorne. Schrilles Gelächter brachte ihre empfindlichen Katzenohren zum Klingeln. Eine Pause war ihr nicht vergönnt, denn schon zischte es erneut über ihr.

Fauchend rollte sie sich zur Seite. Da sah sie es – das graue gnomartige Wesen, welches hoch oben auf einem Regalbrett lauerte, ein Blasrohr im Anschlag. Sein Gelächter glich dem Scheppern einer Büchse voller Nägel und schmerzte ähnlich im Gehör. Ein Erkling! Das fiese Zauberwesen hob das Rohr wieder an den Mund. In seinen tiefschwarzen Augen funkelte es bösartig.

Ein dritter Pfeil sirrte genau auf Minerva zu. Ihr gingen allerhand Flüche durch den Kopf, als sie sich Haken schlagend hinter den Schreibtisch flüchtete. Mit einem dumpfen Tock schlug der Erklingpfeil in den dunklen Dielenboden ein, Millimeter von ihrer Schwanzspitze entfernt. Nur ihrer jahrelangen Übung war es zu verdanken, dass sie sich in Sekundenschnelle zurückverwandelte und in derselben Bewegung den Zauberstab aus dem Ärmel zog.

»Pullus!«

Ein verwirrtes Gackern erklang. Die Verwünschung hatte den Erkling mitten in die Brust getroffen und nun saß an seiner Stelle ein weißes Huhn auf dem Regalbrett. Unter leisem Flügelraschen flog das schadlos gemachte Zauberwesen auf den Schreibtisch und begann, auf der Suche nach einem Korn darauf umher zu picken.

Minervas Puls raste mehr als in den letzten zehn Jahren zusammen und erleichtert lehnte sie den Kopf gegen Edwards’ schweren Eichentisch. Das Lehrerinnendasein hatte sie ganz vergessen lassen, wie es war, im Einsatz zu sein. Raschen Blicks vergewisserte sie sich, ob der Erkling noch Freunde hatte, fand aber keinen. Aufatmend kletterte sie hinter dem Tisch hervor.

Bei ihrer hastigen Flucht war sie offenbar in die Tintenpfütze getreten, denn an ihrem Umhang und Händen klebte dunkle Flüssigkeit. Ein schneller Zauber brachte das Chaos zumindest weitgehend in Ordnung. Einigermaßen befriedigt sah sie sich in dem Büro um. Die Spuren der Verwüstung, wie Ordner, die aus den Regalen gerissen waren, und zerbrochene Federn auf dem Boden, waren offenbar das Werk des einsamen Erklings. Der Tag ging wirklich stetig den Bach hinunter.

Statt den negativen Gedanken nachzuhängen, konzentrierte sie sich lieber auf die Informationen, die sie haben wollte. »Accio aktuelle Flohnetzwerkverbindungsnachweise!«

Nicht weniger als zehn randvoll gefüllte Bücher schossen in halsbrecherischer Geschwindigkeit auf sie zu. Gerade rechtzeitig duckte sie sich, damit sie auf dem Schreibtisch landen konnten. Vorwurfsvoll gackernd flüchtete das Erklinghuhn zurück auf sein Regalbrett, von wo aus es das Geschehen mit stechendem Blick und aufplusterten Federn musterte.

Mit einem Seufzen wandte Minerva sich den Ordnern zu, da hörte sie von draußen das weit entfernte Pling des Fahrstuhls. Bei ihrem Glück waren es vermutlich Demonstranten, die es an der Barrikade vorbeigeschafft hatten. Das Ministerium hatte im Atrium nicht den Eindruck erweckt, die Situation alsbald unter Kontrolle zu bekommen. Daran würde auch die Mithilfe Elphinstones nichts ändern. Sie beschloss, sich zu beeilen, bevor die Neuankömmlinge das Flohportal erreichten. Immerhin war das hier eine Ausnahmesituation.

Hastig griff sie sich den Wälzer, in dessen dunkles Leder die passenden Anfangsbuchstaben geprägt waren. Flohnetzwerkverbindungsnachweise – Band 14II(a); Kennzeichen B/60. Sie schlug ihn wahllos auf. »Bakers Drive sieben, Branscombe«, murmelte sie und tippte die Spitze ihres Zauberstabs auf das Pergament.

Gehorsam blätterten die Seiten sich wie vom Wind getrieben um und kamen dann im hinteren Teil des Buchs zur Ruhe. Der einzige Eintrag auf dem Papier war in so winzigen Tintenlinien geschrieben, dass er kaum zu lesen war. Nur ein paar Ziffern standen dort. Die Bedeutung erschloss sich Minerva zwar nicht, aber eins war trotzdem klar: Der neueingerichtete Kamin im Haus der Alditchs war genau einmal genutzt worden, vor wenigen Tagen. Keine 24 Stunden nach seiner Einrichtung.

»Würgende Wasserspeier«, entkam es ihr leise. Da stand sie, den Hinweis auf die Entführer Jonathans direkt vor sich, und das Ministerium versank im Chaos. Draußen im Flur hörte sie ein unvermitteltes Lachen, das beinahe so dreckig wie das des Erklings klang. Nein, mit den Ministeriumsbeamten musste sie nicht rechnen. Es half alles nichts.

Kurzerhand packte sie die Seite und riss sie aus dem Buch heraus, auch wenn es sich wie ein Kapitalverbrechen anfühlte. Ihr war, als könnte sie in der Ferne Madam Pince, die Bibliothekarin von Hogwarts, entrüstet aufschreien hören. Sie versprach sich selbst – und dem Buch? –, dass sie die Seite zurückbringen würde. Sobald sie Jonathan Alditch gefunden hatte. Dafür war der Reparo-Zauber schließlich da.

Indes wurden draußen Schritte lauter und näherten sich schnell dem Portalraum. Kurzerhand faltete Minerva das Pergament und schob es in ihren Umhang, ehe sie sich zur Tür stahl, um nachzusehen, wer der unerwartete Besuch war. Noch bevor sie die Personen sah, hörte sie die letzten Fetzen einer unterdrückt geflüsterten Unterhaltung.

»Warum ... sicher?«

»... einfach – das Ministerium ... allesamt geflohen ... lächerliche Erklinge ... Unsere Art ... schwach ...«

Fest konzentriert auf die leisen Stimmen, hob Minerva ihren Zauberstab in Richtung des Flurs. Ausculto, dachte sie bestimmt. Fast augenblicklich rauschte es in ihren Ohren wie in einem schlecht eingestellten Muggelradio. Sie bewegte den Stab leicht zur Seite, bis die Störgeräusche der klaren Stimme eines der Besucher wichen.

»Persönlich gebe ich der Ministerin noch ein paar Wochen, vielleicht auch nur Tage. Am Ende wird sie nachgeben. Die Forderungen Hunderter können nicht ignoriert werden.« Ein schneidendes Lachen, frei von jeglichem Vergnügen und eisig wie das Meer im Dezember. »Sogar Halbblüter haben sich angeschlossen. Die Dinge werden sich ändern müssen. Bald. Was ihr allerdings tut ist ... unüberlegt, dumm und nicht zu vergessen – riskant. Auf euch wartet ein langer Aufenthalt in Askaban, das kann ich euch versichern.«

Diese Stimme, schwer wie ein Samttuch und glatt wie ein geschliffener Flusskiesel, würde Minerva unter hunderten wiedererkennen. Zwei Jahre lang hatte sie mit Alston Mulciber zusammengearbeitet und er klang so hochmütig wie am ersten Tag. Lieber würde sie auf einem Drachen reiten, als ihrem unliebsamen ehemaligen Kollegen in die Arme zu laufen. Was, bei Merlins Bart, tat er hier?

»Ach ja?«, meldete sich eine zweite, rauere Stimme zu Wort. »Wir werden sehen. Vielleicht überzeugen wir die Ministerin ja auch vom Unwert der Schlammblüter. Du hast das jedenfalls nicht zu entscheiden. Und jetzt vorwärts!«

Angesichts des hasserfüllten Schimpfwortes zuckte Minerva empfindlich zusammen. Ihre Mutter war zwar eine Hexe und dennoch tat es weh. Sie liebte ihren Muggelvater nicht weniger, bloß weil er keine Zauber wirkte. Viel mehr bewunderte sie ihn für all das, was er nur Kraft seiner eigenen Hände erschuf.

»Vorsicht damit, wo Sie bleihirniger Billywig Ihren Zauberstab hinstecken!«, fluchte Mulciber draußen im Flur.

Nun, zumindest beantwortete das einen Teil ihrer Frage. Ihr ehemaliger Arbeitskollege war offenbar nicht freiwillig hier. Aber wer waren seine wenig charmanten Begleiter?

Erneut kamen die Schritte näher und Minerva drückte sich tiefer ins Dunkel hinter der Tür. Der Abhörzauber füllte ihre Ohren mit lautem Rascheln, als die Zauberer das Ende des Flurs erreichten. Sie bogen allerdings nicht um die Ecke, sondern hielten abrupt an. Kurz herrschte Stille.

Nervös spähte Minerva wieder in den offenen Raum. Eine kleine, schwarz-lila Schote schwebte, wie von einem unsichtbaren Wind getragen, durch die Luft, bis hoch unter die Decke. Zitternd verharrte sie dort einen Moment. Unheilvolles Surren schwoll im Inneren der Hülse an und machte damit einem Schwarm aufgebrachter Hornissen Konkurrenz – dann stürzte die Finsternisschote herab.



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