Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 27: Horrornachrichten ----------------------------- Samstag, 10.09./Sonntag, 11.09. Es tat weh, den Beatmungsschlauch entfernt zu bekommen und Kaiba verzog das Gesicht vor Schmerzen, als er versuchte zu schlucken, doch er war unendlich froh, das Ding los zu sein. Neben zwei Schwestern, die im Raum waren, untersuchte ihn ein Arzt, der immerhin einen halbwegs kompetenten Eindruck machte. „Wissen Sie, wie Sie heißen?“, wollte der Arzt wissen und Seto rollte mit den Augen. Es waren die Standardfragen, um zu sehen, ob er einen Gedächtnisverlust hatte, aber er kam gegen diese Reaktion einfach nicht an. „Mein Name ist Seto Kaiba und ich bin am 25.10. geboren.“ „Sehr gut.“ Der Doktor prüfte noch die Maschinen und eine der Schwestern notierte alles, während die zweite den Arzt unterstützte. Nach ein paar Minuten schienen sie fertig zu sein und der Arzt erklärte ihm, dass es soweit gut aussah und sie morgen noch intensivere Tests machen würden. „Meinetwegen. Geben Sie mir mein Handy, ich muss Mokuba anrufen“, verlangte er in bester Bossmanier, ignorierte das Krächzen in seiner Stimme und die Schwester holte es aus dem Tresor im Schrank. „Wir haben den Tresor für Sie eingerichtet. Wenn Sie möchten, können Sie diesem gern ein neues Passwort geben“, erläuterte die Schwester und Kaiba nickte kurz. „Wissen Sie denn, was genau passiert ist?“, hakte der Arzt nach, ehe er Mokubas Nummer wählen konnte und Seto musste kurz überlegen. Er wollte zu einem Geschäftsessen und war allein gefahren, weil er danach vielleicht noch woanders hinwollte, als … Kaiba riss unbewusst die Augen auf. Er erinnerte sich daran, wie er zur Seite geschaut hatte, weil er ein Hupen gehört hatte und dann nur noch von Scheinwerfern geblendet worden war. Reflexartig hatte er beschleunigt, in der Hoffnung, noch vorbeizukommen, doch der LKW hatte ihn voll erwischt. Er war durch den Wagen geschleudert worden, nur der Gurt hatte wahrscheinlich schlimmeres verhindert und automatisch hatte er die Arme schützend um den Kopf gelegt. Dann war alles schwarz geworden. „Ja, ein LKW hat mich gerammt. Wie lange war ich bewusstlos?“ „Wir mussten Sie in ein künstliches Koma versetzen. Der Unfall ist 15 Tage her.“ Das reichte an Informationen. Er schickte sie alle Drei nach draußen und wartete, bis die Tür geschlossen war, ehe er Mokubas Handynummer wählte. Der Kleine hatte sich bestimmt schreckliche Sorgen gemacht und er wollte ihn beruhigen. Hoffentlich hatten sich Thomas und Roland so lange gut um ihn gekümmert. 15 Tage … Also war er zwei Wochen weg gewesen. Ob es in der Firma noch gut lief? Er hatte zwar einen Stellvertreter, aber das änderte nichts daran, dass er selbst zwei Wochen nicht dort war. Bis er das alles aufgearbeitet hatte … „Seto, bist du es???“, fragte eine ihm sehr bekannte Stimme und unwillkürlich musste Kaiba lächeln. „Ja, kleiner Bruder. Ich bin aufgewacht“, sagte er leise und erschrak, wie schwach seine Stimme klang. Das hörte sich so überhaupt nicht nach ihm an! „Gott sei Dank! Ich bin so froh, Seto! Ich mach mich sofort auf den Weg! Bis gleich, ja?“ Mokubas Stimme überschlug sich fast vor Freude und noch bevor der Brünette ihn davon abhalten konnte, hatte der Kleine schon aufgelegt und rannte wahrscheinlich gerade durch die Villa, um sich anzuziehen. Er sah es bildlich vor sich und lächelte. Auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, Mokuba würde erst morgen kommen, so freute er sich doch darauf, dass der Kleine zu ihm kam. Er döste noch etwas, bis es soweit war und lächelte glücklich, als die Tür aufging und der Kurze reingelaufen kam. „Seto!“, rief er froh und krabbelte stürmisch auf das Bett, achtete aber darauf, ihn nicht an den Verbänden zu berühren und umarmte ihn vorsichtig. Der Brünette genoss die Nähe zu ihm und legte die Arme um ihn, als der kleine Körper anfing zu zittern und er leise Weingeräusche hörte. Beruhigend streichelte er ihm über den Rücken und redete beruhigend auf ihn ein. Ein paar Minuten verweilten sie so, dann hatte sich der Kurze wieder beruhigt, wischte sich über die Augen und musterte ihn. „Ich bin so unendlich froh, großer Bruder!“ „Das bin ich auch, Mokuba. Haben sich Thomas und Roland gut um dich gekümmert?“ Mokubas Gesichtsausdruck veränderte sich etwas, als er das ansprach und aus einer Vorahnung heraus bekam Seto ein flaues Gefühl im Magen. Hatte einer der Beiden etwas angestellt, während er bewusstlos gewesen war? „Mokuba, was ist los? Hat sich einer von beiden inkorrekt dir gegenüber verhalten?“, wollte Seto wissen und seine Miene verdüsterte sich. Auch wenn beide schon sehr lange für die Familie Kaiba arbeiteten, hatte er kein Problem damit, ihnen fristlos zu kündigen, wenn sie sich nicht gut um seinen kleinen Bruder gekümmert hatten. Der Kleine druckste noch ein wenig herum und langsam wurde er ungeduldig. Was war denn in den zwei Wochen passiert, dass er sich so seltsam benahm? „Nein Seto. Sie haben sich gut um mich gekümmert. Aber sie waren nicht die einzigen.“ Misstrauisch hob er eine Augenbraue. Was sollte das denn jetzt heißen? „Hauptsächlich war es Joey, der mir in der Zeit zur Seite stand.“ „Der Köter!?“, entfuhr es ihm und Mokuba nickte. „Ja. Ich hatte ihn aus einem Impuls heraus an dem Abend des Unfalls angerufen und er hatte sich sofort auf den Weg gemacht. Und dann ist er so lange in der Villa geblieben, weil ich ihn darum gebeten hatte und war immer für mich da und … Naja … Es gibt da noch etwas Wichtiges …“ Noch mehr? Kaiba war sich nicht sicher, ob er das jetzt auch noch hören wollte, andererseits war es das Beste, er bekam jetzt einmal alles zu hören und danach konnte er es sacken lassen. „Seto, du weißt, dass ich deinen Stellvertreter nicht leiden kann und da habe ich mit Hilfe von Roland und Yuuto getrickst.“ „Mokuba!“, rief er ehrlich empört. Er hatte sich da doch gerade verhört, oder? Das konnte nicht sein Ernst sein! „Was denn? Ich musste doch verhindern, dass der Firma etwas passiert! Es wusste ja auch niemand, wie lang du bewusstlos sein würdest!“, rechtfertigte sich der Kleine trotzig und Seto seufzte. „Wen hast du ausgewählt und mit welcher Begründung?“, wollte der Brünette wissen und wusste wirklich nicht, ob er die Antwort hören wollte. Das endete doch alles in einer großen Katastrophe! Es war ja lieb von dem Kurzen, dass er so helfen wollte, aber er war elf Jahre alt. Yuuto und Roland allerdings … Denen würde er seine ehrliche Meinung bald um die Ohren hauen! „Ich habe mich für Joey entschieden, mit der Begründung, dass ihr seit fast zwei Jahren ein Paar seid“, erwiderte Moki noch immer trotzig und Kaiba blinzelte ihn einen Augenblick an. Wollte er ihn veräppeln? War das der Moment, wo er lachen sollte? Setos Augen verengten sich zu Schlitzen. Er konnte nichts an dem Kleinen finden, was auf einen Witz hindeutete. Das war noch viel irritierender, denn Mokuba wusste, dass Straßenköter unmöglich eine Firma leiten konnten. „Das … ist dein Ernst, oder?“, hakte Seto irritiert nach und fixierte den Kurzen, der selbstbewusst dasaß und nickte. „Ja und Joey hat sehr gute Arbeit geleistet. Aber du kannst ihn gleich selbst danach fragen. Ich hole ihn her!“ Der Schwarzhaarige sprang vom Bett und lief zur Tür. Seto rief noch krächzend seinen Namen, doch der Kleine ignorierte ihn. Das war doch alles unfassbar! Das konnte Mokuba doch unmöglich getan haben! Wheeler als sein Vertreter! An der Spitze der Kaiba Corporation! Sobald er aus dem Krankenhaus kam, sollte er sich einen Insolvenzverwalter suchen. Das durfte doch nicht wahr sein! Wenn er nicht so mit Medikamenten zugepumpt wäre und so schwach, würde er … er würde …! Mokuba kam wieder rein und blieb dieses Mal mit Abstand neben dem Bett stehen. „Seto, bitte glaub mir, dass ich wusste, was ich tat. Niemals würde ich die Firma gefährden.“ Kaiba spürte diesen Impuls, aufzustehen und Mokuba zu schütteln, was er sich nur gedacht hatte, doch er war zu schwach und das nicht nur körperlich, wie er sich gerade eingestehen musste. Diese ganzen Informationen schwebten wie ein Damoklesschwert über ihm und er brauchte Zeit, um das zu verarbeiten. Und er musste sich einen Plan überlegen, wie er seine Firma vor dem Untergang retten konnte. Außerdem könnte er seinem Bruder nie etwas antun. In all den Jahren war er der einzige, dem er vertraute und den er liebte. Und so beschissen die Situation zu sein schien, sie würden es gemeinsam schaffen. Wie sie es immer taten, auch wenn ihm noch immer schleierhaft war, wie er auf diese absurde, groteske Idee gekommen war, einem Straßenköter seine Firma als Vertretung zu überlassen. „Komm her, kleiner Bruder“, forderte Seto mit sanfter Stimme und klopfte neben sich auf das Bett. Der Kleine kletterte neben ihn und er umarmte ihn liebevoll. „Tut mir leid, dass ich zwei Wochen weg war. Wir kriegen das schon wieder hin.“ Mokuba nickte leicht und kuschelte sich vorsichtig an ihn. Einige Minuten verharrten sie so, während er in Gedanken bereits nach Wegen suchte, das Chaos irgendwie in den Griff zu kriegen. Niemand würde seine Firma in den Ruin treiben! Wheeler schon gar nicht! Kaum, dass er den Gedanken zu Ende formuliert hatte, klopfte es leise an der Tür. Mokuba setzte sich auf und schaute lächelnd hin, als der Blonde das Zimmer betrat. Kaiba staunte innerlich nicht schlecht, denn der dunkelblaue Dreireiher, den er trug, stand ihm ausgezeichnet. Es war eine Maßanfertigung, das erkannte Kaiba auf einen Blick. Man hätte fast glauben können, dass aus dem Köter ein Mensch geworden war. Erst recht, wenn man bedachte, dass er noch vor ein paar Wochen bewusstlos in einer Telefonzelle gelegen hatte. Das Gespräch mit Wheeler war überhaupt nicht so gelaufen, wie er es sich gewünscht hatte. Was war überhaupt mit ihm? So ruhig und gelassen erkannte er den Blonden gar nicht wieder! Das war alles so absurd, unfassbar. Irgendwie versuchte Seto seinen Kopf zu ordnen. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass Wheeler die Firma nicht an die Wand gefahren hatte, blieb das Problem, dass er mit ihm auf Liebespärchen machen sollte! Ausgerechnet der Straßenköter! Was hatte sich Mokuba nur dabei gedacht? Dass er ihm das antat! Mit dieser Flohschleuder in der Öffentlichkeit – glücklich wirkend – herumlaufen zu müssen, gehörte eindeutig in die Kategorie: Höchststrafe! Noch bevor er sich weiter darüber aufregen konnte, dämmerte Seto langsam wieder weg. Das neue Schmerzmittel, das er durch den Tropf bekam, zeigte Wirkung und er war nicht unglücklich darüber. Nachdenken konnte er morgen auch noch, denn jetzt konnte er eh nichts tun, schoss es ihm noch durch den Kopf, dann schlief er wieder erschöpft ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)