Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 6: Drohung ------------------ Montag, 15.08. Die Autofahrt dauerte gut eine Stunde und kaum, dass er sich irgendwie richtig hingesetzt hatte, hatte der Schrank seine Hände gefesselt und ihm die Augen verbunden. Zwar hatte er sich gewehrt, wie er konnte, aber er hatte einsehen müssen, dass er gegen den nichts ausrichten konnte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten, was passieren würde. Er hasste das. Hilflos zu warten und nur reagieren zu können. Das war nicht sein Ding. Er stürmte lieber selbst vor, und beobachtete die Reaktionen auf seine eigenen Handlungen. Andersherum verunsicherte ihn und das war etwas, was er gar nicht leiden konnte. Irgendwann – gefühlt war die Fahrt sehr lang gewesen – waren sie anscheinend in eine Tiefgarage gefahren und der Mann zog ihn grob aus dem Auto heraus, kaum dass sie angehalten hatten. Man nahm ihm die Augenbinde wieder ab und er schaute sich kurz blinzelnd um. Tatsächlich war es eine große Tiefgarage, in dem aber nur ein paar vereinzelte Wagen parkten. Da es sonst keine Hinweise auf den Ort gab, wunderte sich der Blonde auch nicht mehr, warum man ihm jetzt schon die Augenbinde abgenommen hatte. Die Hände befreiten sie ihm natürlich nicht, das wäre auch zu schön gewesen. „Was soll die Scheiße, verdammt!? Ihr solltet euch dringend bessere Manieren aneignen!“, pöbelte Joey weiter, als die beiden Männer – der Fahrer war nur etwas kleiner als der Schrank, sah aber auch nicht intelligenter aus – ihn zu einem Aufzug zogen, dessen Türen sich gerade öffneten. Das grelle Licht ließ ihn die Augen zusammenkneifen, da sich seine Augen noch nicht wieder an die Helligkeit gewöhnt hatten. Die Tiefgarage hatte auch nur eine dämmrige Beleuchtung, warum auch immer die nicht richtig ausgeleuchtet wurde. Als sich seine Augen halbwegs wieder an die Verhältnisse gewöhnt hatten, sah er, dass sie in den obersten, den 21ten, Stock fuhren, mehr gab es nicht. Ungeduldig stand der Blonde da, eingerahmt von zwei Schränken, die er nie und nimmer außer Gefecht setzen konnte. So sehr er sich das auch wünschte. Also musste er warten. Sinnlos eine Prügelei anzufangen, würde ihn hier nicht weiterbringen. Das sah er ausnahmsweise ein. Die anderen würden ihn hier jedenfalls auch nicht finden. Immerhin hatte einer der Affen seine Tasche durchwühlt und das Handy aus dem Fenster geworfen, das hatte er gehört. Dafür brauchte er keine Augen. Wahrscheinlich würde er das nie wieder sehen. Gott sei Dank hatte er seine Fotos gerade erst vor ein paar Tagen auf seinen Laptop kopiert, der Rest war nicht weiter schlimm. Abgesehen davon, dass er sich ein neues wahrscheinlich erst in ein paar Monaten leisten könnte, wenn er fleißig sparte. Aber sei es drum. Viel wichtiger war, dass er sich jetzt darum kümmerte, wieder heil aus der Sache hier herauszukommen. In seine Gedanken versunken bemerkte er nicht, dass sie bereits oben angekommen waren und einer der Männer schubste ihn unsanft aus dem Aufzug in ein riesiges Wohnzimmer mit einer Fensterfront vor und links neben ihm. So ungefähr stellte er sich auch Kaibas Büro in der Kaiba Corporation vor … Nur dass das hier mehr nach Privaträumen als nach Büro aussah. Rechts von ihm war eine große Sofagruppe aufgebaut und mit dem Rücken zu ihm saß dort jemand. Wahrscheinlich der Boss, zu dem ihn die Affen gebracht hatten. „Boss? Wir haben den Jungen“, sagte auch schon einer von ihnen und die Gestalt winkte ihn einfach zu sich, ohne einen Ton von sich zu geben oder sich umzudrehen. Bevor die Typen ihn wieder schubsen konnten, setzte er sich freiwillig in Bewegung und schritt langsam an das Sofa heran. Dort saß ein relativ junger Japaner in einem sündhaft teuer aussehenden Anzug mit einem Glas Rotwein. Joey schätzte ihn auf Anfang 30 und sein erster Gedanke war, dass er Kaibas Lehrmeister sein musste, so kalt, wie seine Ausstrahlung war. „Setz dich“, forderte er mit einem feinen Lächeln und schob ihm ein Glas Wein rüber. „Befreit ihn von seinen Fesseln. Sonst kann er ja gar nicht trinken“, fuhr der Typ ungerührt fort und sofort kam der gehende Schrank und schnitt mit einem Klappmesser die Fesseln durch. Automatisch rieb sich Joey die schmerzenden Handgelenke, rührte das Glas volle Glas aber nicht an. Nicht, dass er Wein nicht mochte, doch er würde von so einem Arsch sicher nichts annehmen. Da konnte der lange warten. „Keinen Durst? Nun, dann nicht. Du weißt, warum du hier bist?“, fragte der Mann nach ein paar Sekunden mit dem gleichen Lächeln und Joey gefror das Blut in den Adern. Zugegeben hatte der Blonde angenommen, dass er mit kaltherzigen Menschen ganz gut zurechtkam, da er einen Eisschrank in der Klasse hatte, aber das hier war ein ganz anderes Level. Viel unheimlicher. „Ja. Sie wollen, dass ich die Schulden meines Vaters, die er bei euch gemacht hat, begleiche …“, antwortete Joey langsam und das Lächeln des Mannes wurde etwas breiter. „Korrekt. Wie gedenkst du, mir die 350.000 Dollar zu beschaffen?“ 350.000!? Das war ja wohl ein schlechter Scherz! Er hatte nie gewusst, wie hoch die Schulden exakt gewesen waren, aber er war von einem 5-stelligen Betrag ausgegangen, was schon schlimm genug gewesen wäre. Aber so viel!? Das konnte er doch nie im Leben abbezahlen … „Indem ich sehr viel arbeite“, erwiderte Joey dennoch trotzig. Es war wie ein Reflex. Er konnte nicht klein beigeben, egal wie sein Gegenüber hieß oder aus welchem Eisschrank er auch ausgestiegen sein mochte. Das war einfach nicht in seinen Genen vorgesehen. „Sehr gut. Die Einstellung gefällt mir. Damit ich auch sicher sein kann, dass du das tun wirst, habe ich einen Job für dich ausgesucht. Du wirst in einem meiner Clubs als Barkeeper arbeiten.“ „Es ist ja wohl egal, wo ich arbeite, solange ich regelmäßig Geld überweise, oder? Ich würde das gern selbst entscheiden“, verteidigte sich Joey störrisch und bekam eine Gänsehaut, als der Mann ihn mit seinen dunklen Augen musterte. Das gefiel ihm nicht, überhaupt gar nicht. Aber er ließ sich einfach nicht gern diktieren, was er wann und wo und wie zu tun und zu lassen hatte. Das war wie eine Allergie. „Also schön. Ich erwarte an jedem ersten Geld von dir und es muss mindestens im dreistelligen Bereich sein – in Dollar versteht sich. Ich bin ja kein Unmensch. Und um dir klarzumachen, wie wichtig es ist, dass du dich an die Abmachung hältst, geben dir meine Bodyguards eine kurze Einführung, was passiert, wenn du es nicht tust“, verkündete der Mann und seine beiden Affen näherten sich dem Sofa. Shit! Shit! Shit!, schoss es Joey durch den Kopf, denn es war absolut klar, dass sie ihm eine Abreibung verpassen wollten, doch er konnte sich dem hier auch nicht entziehen, wie er mit hektischen Blicken feststellte. Er saß in der Falle! „Wie heißen Sie überhaupt?“, versuchte Joey das Gespräch wieder aufzunehmen, während er bereits aufstand und hinter das Sofa sprang, die Augen stur auf die beiden Paviane gerichtet. „Du kannst mich Shinichi nennen, Joey.“ Während der Mann noch einen Schluck seines wahrscheinlich beinahe unbezahlbaren Weines trank, hatten die beiden Männer ihn eingekreist und der Blondschopf machte sich für einen Kampf bereit. Es gelang ihm, ein paar Schläge auszuteilen, doch am Ende musste er einsehen, dass er keine Chance hatte. Geschickt, wie sie leider waren, hatten sie darauf geachtet, dass sein Gesicht unversehrt blieb, damit man nicht sofort merkte, dass er verletzt war. Immerhin würde das beim Arbeiten nur hinderlich sein. Dreckige Schweine! Da sein Vater tot war, hatte er sich in den Ferien sowieso einen Job gesucht, damit er sich seinen Unterhalt selbst verdienen konnte. Das Jugendamt hatte dem auch widerwillig zugestimmt, allerdings würde einmal im Monat ein Betreuer vorbeischauen, um sicherzugehen, dass er auch alles bewältigen konnte. Gott, wenn der ihn so sah, war er ruckzuck im Heim unter Aufsicht. Der Gedanken ängstigte Joey, als er zusammengekrümmt auf dem Boden lag. Verzweifelt biss er sich auf die Unterlippe. Nein, er würde das schon hinkriegen. Er hatte seinen besoffenen und prügelnden Vater überstanden, dagegen war das hier ein Klacks. Es waren schließlich Fremde, die ihn hier verprügelten und keine Verwandten. Also würde er das auch hinkriegen und dem Jugendamt würde er auch beweisen, dass er allein klarkam. Alles kein Problem. „Das reicht. Ich denke, unser junger Freund hat die Warnung verstanden“, sagte Shinichi irgendwann und erhob sich elegant vom Sofa. Er ging vor ihm in die Hocke und drehte seinen Kopf in seine Richtung, sodass er gezwungen war, ihn anzusehen. „Jeden Monat mehr als 100 $, sonst sehen wir uns ganz schnell wieder und dann wird auch dein süßes Gesicht dran glauben müssen. Klar?“ „Wichser“, spuckte Joey ihm entgegen und der Anzugträger verschwand kalt lächelnd wieder aus seinem Blickfeld. Die Typen zogen ihn auf die Beine, verbanden ihm die Handgelenke und brachten ihn in den Aufzug. Da die Affen auch seine Arme malträtiert hatten, versuchte er erst gar nicht, irgendwie zu bewegen. Alles wäreunendlich schmerzhaft in diesem Moment. Viel mehr konzentrierte er sich darauf, sich gedanklich von den Schmerzen abzulenken, damit die nicht so schlimm blieben. Jeder einzelne Muskel unterhalb des Halses schien ihm zu schmerzen, ebenso wie das Stehen, das Atmen und der Griff der beiden Typen. Sein Kreislauf war jetzt auch nicht gerade auf der Höhe und er keuchte gequält, als die Typen ihn unsanft in das Auto schubsten. Dort lösten sie die Handfesseln wieder, weil sie wahrscheinlich merkten, dass von ihm keine Gefahr mehr ausging. Er schmeckte Blut in seinem Mund und alarmiert befühlte er seine Lippen und die Innenseite. Aber da war nichts. Bedeutete das etwa, dass das Blut aus seinem Inneren kam und nicht nur aus seiner Mundhöhle!? Leichte Panik setzte sich wie ein Geschwür in seinem Inneren fest, doch er zwang sich dazu, die Ruhe zu bewahren. Es gab nichts, was er jetzt tun konnte, um seine Situation zu verbessern. Nach einer dieses Mal deutlich kürzeren Autofahrt schmissen sie ihn an einer Ecke raus. Verloren lag er orientierungslos mit seiner Schultasche und starken Schmerzen da und wusste nicht, wo er war. Er hatte keine Ahnung, wo er sich aufhielt – es gab nichts Besonderes, was ihm weiterhalf – oder wie er hier wegkam. Und er musste dringend zu einem Arzt … Das Blut in seinem Mund bereitete ihm große Sorgen, denn er hatte keine Wunde im Mund gefunden. Als er den leicht verschwommenen Blick schweifen ließ, entdeckte er etwas weiter eine Telefonzelle und ihm kam ein Gedanke. Mit neuer Kraft rappelte er sich vor Schmerzen keuchend irgendwie auf die Beine und taumelte dahin. Mit zittrigen Händen durchsuchte er seine Hosentaschen und sein aufgeregtes Herz machte einen kleinen Hüpfer vor Freude, als seine Finger das warme Metall von Münzen spürten. Zum Glück hatte er die vorhin beim Burger essen nur achtlos reingestopft. Mit dem Kleingeld wählte er eine Rufnummer und lehnte sich erschöpft gegen die kalte Glaswand, die sein geschundener Körper als sehr angenehm empfand. Die Typen hatten ihn echt ordentlich in die Mangel genommen. Da wollte er sich nicht vorstellen, wie es nächstes Mal laufen würde, sollte er eine Rate nicht bezahlen. Es dauerte nur ein Freizeichen, da nahm bereits Kaiba ab und stellte sich nur knapp mit seinem Nachnamen vor. Noch nie war er so froh, diesen Eisklotz zu hören. Da er bei den letzten Duel Monsters Turnieren mit seinen Freunden immer wieder in große Scheiße geraten war, hatte er sich wichtige Handynummern vorsichtshalber eingeprägt und da der reiche Pinkel nun mal über viele Ressourcen verfügte, hatte er auch diese auswendig gelernt. Wer hätte gedacht, dass ihm das wirklich mal zugutekam? „Hier der Köter … Die anderen sind doch bestimmt bei dir, oder?“, fragte er keuchend und hustete leicht. Scharf sog er die Luft ein. Anscheinend hatten die beiden Gorillas seine Rippen übel erwischt. Hoffentlich war nicht seine Lunge betroffen. „Wheeler. Wo steckst du?“, verlangte der Brünette genervt zu wissen, doch Joey konnte ihm die Frage beim besten Willen nicht beantworten, da er noch nie in diesem Teil von Domino – war da süberhaupt noch Domino? – gewesen war. „Keine Ahnung … Kannst du … Telefonzelle … tracken?“ Er war schon lange nicht mehr so in die Mangel genommen worden, dass ihm das Sprechen so schwerfiel und er musste sich ordentlich zusammenreißen, damit er nicht einfach bewusstlos zu Boden ging und liegen blieb. Nein, er musste jetzt durchhalten. Die anderen würden ihn bestimmt zu einem Arzt bringen können und am nächsten Tag war schließlich wieder Schule. Er konnte ja nicht gleich am zweiten Tag fehlen. Im Hintergrund hörte er Kaiba Roland Anweisungen geben und die anderen redeten wild auf ihn ein, bis Seto ihnen allen das Wort abschnitt und sich wieder dem Telefonat zuwandte. „Wir brauchen eine halbe Stunde zu dir. Du bleibst, wo du bist. Und wehe, du lässt dich nochmal entführen“, drohte Kaiba mit kalter Stimme und legte unvermittelt auf, ehe er reagieren konnte. Joey nuschelte etwas Unverständliches und hängte zitternd den Hörer wieder ein. Da kaum Menschen auf der Straße waren, beschloss er in der Zelle zu bleiben, da es recht windig draußen war und ließ sich nun doch an der Wand herunterrutschen. Nur kurz etwas ausruhen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)