Die Vertretung und die Folgen von Iwa-chaaan (Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden) ================================================================================ Kapitel 3: Das Telefonat ------------------------ Montag, 15.08. Kaiba nahm – ebenso wie der Rest der Lehrer und Schüler – staunend zur Kenntnis, dass Wheeler sich produktiv am Unterricht beteiligte und nur eine Frage falsch beantwortete. Es war in der Mathestunde gewesen. Jeder wusste, dass dieses Fach sein wohl größtes Problem darstellte. Insofern war es schon verwirrend genug, dass er in der Stunde überhaupt eine Frage richtig beantwortet hatte. Yugi war es dann schlussendlich gewesen, der Wheeler erlöst hatte, da er selbst mitten dabei gewesen war, eine E-Mail zu verfassen. Nachdem die Schulglocke den Schultag beendet hatte, packte Kaiba seine Sachen in Ruhe zusammen. Bevor er in die Firma fahren würde, stand noch ein Mittagessen mit Mokuba an, also musste er sich nicht beeilen. Sein kleiner Bruder hatte noch eine Schulstunde und das Restaurant war nicht allzu weit entfernt. „Ich komme gleich nach, ja?“, hörte er Wheeler sagen und der Kindergarten marschierte brav raus, nachdem sie ihm zugewunken hatten. Somit waren der Blonde und er die letzten im Klassenraum, wie er nach einem kurzen Blick feststellte. Er war gerade dabei, einen abfälligen Kommentar über streunende Köter auszusprechen, als dieser frustriert seufzte und einen Augenblick lang das Gesicht in den Händen verbarg. Anscheinend war er der Ansicht, dass er allein im Raum war, denn ihm gegenüber hätte er sich nie diese Blöße gegeben. Das war ihm klar. Still wartete Seto, was noch kommen sollte, denn dass der Blonde hier nicht zum Spaß herumsaß, war offensichtlich. Etwas beschäftigte ihn, schien ihn geradezu zu quälen. Ob er wohl darüber nachdachte, ob er zu Hause noch Hundefutter hatte oder noch welches kaufen musste? In jedem Fall war das Gesicht von Wheeler, wenn er ihn bemerkte, die Warterei bestimmt wert. Schließlich hatte er die Zeit und vielleicht konnte er dann schon herausfinden, was ihn so verändert hatte. Vielleicht konnte er das noch vermarkten. Viele Eltern wären sicherlich froh, ein Mittel zu haben, um aus motivationslosen Teenagern innerhalb von wenigen Wochen Musterschüler zu machen. Unvermittelt zog Joey plötzlich sein Smartphone aus der Hosentasche und wählte mit entschlossenem Gesicht eine Telefonnummer. Kaiba hatte sich mittlerweile mit vor der Brust verschränkten Armen an die Fensterbank gelehnt und wartete schweigend ab. Wen rufte der Köter denn jetzt an? Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann nahm der Teilnehmer am anderen Ende bereits ab. „Serenity? … Ja, ich freu mich auch, dich zu hören. Wie geht es dir? Immerhin hatten wir seit Vaters Beerdigung keine Möglichkeit mehr zu sprechen … Ich komm klar, Schwesterchen. Mach dir keinen Kopf. … Kommst du klar in Amerika? Was machst du? … Schön zu hören! Es freut mich, dass du zurechtkommst. … Ich? Ich gebe mein Bestes. Wie immer, weißt du doch. … Mit meinem Job werde ich so viel verdienen, dass ich auch was sparen kann. Dann komme ich dich bald besuchen. … Mutter ist noch immer so wütend? … Hey, hey, es ist okay, dass du weinst. … Sie kann uns nicht auseinanderbringen. … Ach, du meinst Vater? … Auch wenn Vater nach der Scheidung ein besoffener Idiot war, war er unser Vater. Also darfst du auch weinen. … Was? … Wie kommt Mutter darauf? … Nein, davon weiß ich nichts. … Schon? … Okay, wir hören uns bald wieder, ja? Pass auf dich auf, Schwesterchen. Ich hab dich lieb! …“ Der Blonde legte auf und lächelte noch einen Moment lang traurig das Display seines Smartphones an. Er konnte das Seufzen förmlich hören, obwohl es still im Raum war. Kaiba konnte es auf dem Bildschirm nicht ganz genau erkennen, aber es schien ein Selfie mit dem Kindergarten inkl. Mai Valentine, für den der Köter etwas übrig zu haben schien, zu sein. Jedenfalls nahm er an, dass der Köter etwas von ihr wollte, so wie er sich während des Battle City Turniers benommen hatte. Allerdings konnte sich der CEO kaum vorstellen, dass er bei ihr ernsthaft eine Chance hatte. Er selbst wiederum hatte das Vergnügen durch einen Zufall kurz nach dem Königreich der Duellanten gehabt, doch das war eine gänzlich andere Geschichte und eine einmalige Sache gewesen. Wie Seto selbst, erwachte auch Joey wieder aus seinen Gedanken, packte das Smartphone weg und griff seine Tasche, als er zum Fenster blickte und sein Gesichtsausdruck gefror. Genau genommen hielt er mitten in der Bewegung inne, als wäre er zu Stein erstarrt. Ja, das war es wert gewesen, so lange gewartet zu haben. So ein erschrockenes Gesicht hatte er bei Wheeler noch nie gesehen. Zumal er auch noch ein paar Dinge erfahren hatte, die sein verändertes Verhalten erklärten. Offenbar war der Vater gestorben und seine geliebte kleine Schwester mit ihrer Mutter in Amerika und besagte Mutter war wegen irgendwas noch wütend auf Wheeler. Stutzig machte ihn, dass sie anscheinend so sauer war, dass sie ihn hier allein zurückließ. Das sprach nicht für eine gute Mutter, oder? Zumindest erklärte das Ganze teilweise das ungewöhnliche Verhalten der Promenadenmischung heute Morgen – aber eben auch nur teilweise. Warum er jedoch Serenity am Telefon belog, war ihm wiederum noch nicht klar. Doch anhand seiner Mimik während des Telefonats war es offensichtlich, dass er es zumindest an einer Stelle getan hatte. „Was ist, Wheeler? Selbst einem Köter wie dir sollte klar sein, dass man sich erst vergewissern sollte, dass man allein ist, bevor man vertrauliche Telefonate führt.“ „Du reicher Drecksack hättest ja auch einmal in deinem Leben Benehmen zeigen und dich bemerkbar machen können! Dir geht doch sonst auch jedes andere Leben, außer das von Mokuba, am Arsch vorbei!“, konterte Joey aggressiv und hatte seine rechte Hand zu einer Faust geballt. Seto sah ihm die Wut an, die er gerade empfand, doch es war ihm schlichtweg egal. Wer so doof war, musste auch mit den Konsequenzen leben. Das würde auch die Flohschleuder noch lernen. „Dabei sollte ich mich einem Straßenköter gegenüber noch ganz anders verhalten“, entgegnete Kaiba knapp und eisig und nahm seinen Koffer. Die Show war vorbei und er wollte nicht zu spät im Restaurant erscheinen, sonst wäre Mokuba wieder zickig. „Hau bloß ab, du reicher, widerlicher Pinkel!“, rief Joey ihm nach, doch er winkte nur kurz abwertend und stolzierte nach draußen, wo sein Fahrer auf ihn wartete. Im Augenwinkel bemerkte er, dass der Kindergarten auf der anderen Seite des Schultores auf die Promenadenmischung wartete. Brav und artig. Warum hielt der Köter das Gespräch eigentlich geheim, wenn das angeblich seine besten Freunde waren? Was genau war passiert? Er ordnete Roland an, loszufahren und nahm sein Smartphone aus der Jackeninnentasche. Das alles war doch irrelevant für ihn und lenkte nur unnötig ab. Also massirte er sich kurz seufzend die Nasenwurzel und checkte seine Emails. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)