Familienleben von Iwa-chaaan ================================================================================ Kapitel 3: Unangenehmes Mittagessen ----------------------------------- Montag, 04.06.18 Iwa betrat das Büro in der Mittagspause und im gleichen Moment schaute Kuro auf. Er sagte seinem Kollegen Bescheid und kam dann auf ihn zu. „Hey Iwa. Gut, dass du da bist.“ „Ist was passiert?“, wollte er direkt wissen, als sie durch die Gänge nach draußen schlenderten. Während er selbst im Nebengebäude mit den Spielern arbeitete, war Kuro in der PR Abteilung und damit im Bürokomplex untergebracht. Sie verbrachten jede Mittagspause miteinander und hin und wieder begleiteten sie weitere Kollegen. Obwohl die Kantine zu den besten des Landes gehörte, aßen sie oft in kleinen Restaurants in der Gegend, da sie nicht auch noch in der freien Stunde Gesprächen über Arbeit lauschen wollten. Also gingen sie an die frische Luft und beschlossen, in die kleine Ramenbar zu gehen, wo es in seinen Augen das Beste der Stadt gab. Eine viertel Stunde später hatten sie ihr Essen vor sich stehen und Kuro fing an zu erzählen: „Du weißt ja, dass es mit Keiji leider nicht leicht ist. Wir haben es jetzt drei Jahre versucht und zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass es was werden könnte, doch … Naja, du weißt ja, wie es ist. Also habe ich beschlossen, ihn freizugeben.“ Der Blick der Katze schien durch alles hindurchzusehen und Iwaizumi konnte es ihm nicht verübeln. Der Schwarzhaarige liebte seinen Omega, hatte ihn lieben gelernt, doch dieser hatte sich für einen Beta entschieden. Schon lange vor der Hochzeit war Keiji mit einem gewissen Bokuto zusammen gewesen und er hatte sich in den drei Jahren, in denen er mit Tetsurou verheiratet gewesen war, nie ganz von diesem lösen können. Als sie sich vor ein paar Monaten durch Zufall wieder begegnet waren, waren in Keiji sofort wieder sämtliche Gefühle präsent gewesen und Bokuto schien ihn nicht länger mehr ignorieren zu können. Eine glückliche Beziehung zwischen dem Alpha und dem Omega war somit ausgeschlossen. „Das muss sehr hart für dich sein …“, murmelte Hajime und Kuro nickte. „Das ist es. Ich habe mich in ihn verliebt und vor ein paar Monaten hatte ich das Gefühl, dass sich auch Keiji langsam auf mich einlässt, aber seit er diesem Bokuto wieder begegnet ist, ist unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt.“ Der Schwarzhaarige klang nicht einmal mehr richtig wütend. Das ließ tief blicken, denn als das Thema vor Monaten wieder aktuell geworden war, hatte er sich bei Diskussionen und Streitigkeiten regelmäßig in Rage geredet. Da hatte pure Verzweiflung, Frust und Enttäuschung aus ihm gesprochen. Mittlerweile war da wohl nur noch Resignation. „Und hast du es ihm schon gesagt?“ „Ja, gestern Abend. Die Erleichterung war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Irgendwie frustrierend … Wahrscheinlich hat er damit überhaupt nicht gerechnet. Ich frage mich, für was für einen Unmenschen er mich hält …“, brummte Kuro und man konnte so deutlich heraushören, wie verletzt er sich fühlte. Der bittere Gesichtsausdruck sprach Bände. „Er hält dich für keinen, das weißt du. Aber er weiß um unsere Aufgaben und hat sich bestimmt gewundert, dass du diese für sein Wohlergehen sausen lässt. Außerdem hat das weitreichende Folgen, das wisst ihr hoffentlich.“ Scheidungen waren in diesem System nicht vorgesehen und sie wurden nur bei gravierenden Gründen vollzogen. Denn mit der Heirat wurden Omegas für andere Alphas uninteressant. Zwar versuchten die Internate möglichst alle Kinder zu finden, die Anlagen für dieses Projekt in sich trugen, doch das war noch längst nicht immer der Fall. Die Wissenschaft war sich auch nicht darüber einig, ob sich das Potenzial bei einigen vielleicht auch erst später ausprägte, wenn sie die Pubertät hinter sich hatten. Das führte dazu, dass es immer wieder Berichte gab, dass unverheiratete Omegas überfallen worden waren, weil sie wie ein Neonleuchtreklame für unerfahrene Alphas waren. Auch er konnte hin und wieder solche Schwingungen wahrnehmen, wenn jemand in der Nähe war, doch wegen seiner Heirat mit Toru konnte er der Anziehung widerstehen. Genau genommen wegen der Hochzeitsnacht. Beim Sex wurden ihre Hormone aufeinander abgestimmt, ein chemischer Prozess, der ihm von den Lehrern gefühlte hundert Mal erklärt worden war, doch er hatte nie so genau zugehört. Das einzig wichtige war, dass die anderen Alphas seinen Mann in Ruhe ließen. Bei einer Scheidung wurde dieser Prozess aber abgebrochen – das hing auch noch mit anderen Dingen zusammen, die er alle vergessen hatte – und Keiji würde wieder für alle anderen Alphas interessant werden. Das war nicht zu unterschätzen. „Natürlich weiß ich das, aber wenn Bokuto Anlagen zum Alpha enthält, werden sie heiraten und dann wäre alles wieder in Ordnung. Wenn nicht, müssen wir nach anderen Möglichkeiten suchen, doch ich halte das so nicht mehr aus.“ „Das verstehe ich. Der Gedanke, dass Toru mich nicht lieben würde, würde mich verrückt werden lassen …“ „Willkommen in meiner Welt“, erwiderte Kuro trocken und aß seine Nudeln. Einen Moment lang hingen sie beide ihren Gedanken nach, bis Iwa den Faden schließlich wieder aufnahm: „Und was willst du dann tun? Dir ist es doch wichtig, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben. Wirst du dich ein weiteres Mal vermählen lassen?“ Nach dem Aufkauen schnaubte die Katze und schaute zu ihm rüber, als er antwortete: „Von Ehen hab ich erstmal die Schnauze voll. Außerdem sind wir Anfang 20. Ich habe noch genug Zeit, um mir jemanden zu suchen und dann mal sehen. Vielleicht verliebe ich mich ja auch in einen Beta, dann hat sich das Thema eh erledigt.“ Shit, so sarkastisch und bitter hatte er seinen besten Freund noch nie erlebt. Er wollte ihm unbedingt helfen, aber wie sollte er das tun? Er konnte schlecht Keiji davon überzeugen, dass Tetsurou doch sein Traummann war. Oder einen anderen Omega finden, in den sich die Katze Hals über Kopf verknallte. Das war echt eine ganz miese Situation. „Ich helfe dir, wo ich kann, Tetsurou. Wenn du reden willst oder was unternehmen … Einen trinken gehen oder so … Ich bin da.“ Kuro lächelte leicht und hielt ihm seine Faust hin. Er schlug sofort dagegen und nickte ihm aufmunternd zu. „Danke, das weiß ich zu schätzen. Ich werde das bestimmt noch in Anspruch nehmen. Jetzt drücke mit mir die Daumen, dass dieser Bokuto wenigstens das Zeug zum Alpha hat. Wenn ich Keiji schon in die Freiheit entlasse, dann hoffentlich wenigstens in eine sichere.“ „Das tu ich. Weißt du denn, wann das Ergebnis vorliegen soll?“ „Anscheinend in ein bis zwei Wochen, meinte Keiji“, antwortete Kuro und Iwaizumi nickte. Auf jeden Fall erklärte das, warum Keiji sich heute mit Toru treffen wollte. Der musste den gestrigen Abend wohl auch erst einmal sacken lassen, aber andererseits war er sicherlich auch sehr dankbar dafür. Es war eine große Geste von Kuro, dass er das tun wollte. Danach hatten sie schweigend weiter gegessen und sich wieder zurück zur Arbeit begeben. Während er den Spielern beim Trainieren zusah und sie gegebenenfalls in der Haltung korrigierte, war er in Gedanken noch immer bei seinem besten Freund. Die ganze Sache machte auch ihm zu schaffen, denn er wusste, wie wichtig ihm Keiji geworden war. Doch jetzt stand er vor den Trümmern vor seiner Ehe. Das war so hart. Wie froh war er gewesen, dass er Toru hatte heiraten müssen. Seine erste Kinderliebe, die nie richtig erkaltet war. Über sein Bett im Internat hatte er ein Foto von ihm und sich aufgehängt als Erinnerung daran, wofür er den ganzen Mist eigentlich lernte. Jetzt hatten sie letzten Monat ihr Dreijähriges gefeiert und zwei wundervolle Kinder. Doch eine Sache fehlte seines Empfindens noch für das absolute Glück. Er hätte gern ein Haus mit einem Garten, wo die Kinder auch draußen spielen konnten. Es wäre mit seinem Gehalt auch nicht völlig unmöglich und scheiden lassen würden sie sich auch nie, davon war er fest überzeugt, aber es war trotzdem eine Risikoinvestition. Vielleicht würde er sich demnächst mal damit auseinandersetzen. „Iwaizumi-san?“ Die Stimme eines Spielers holte ihn aus seinen Gedanken und er schüttelte kurz den Kopf. „Ja? Was gibt es?“, erkundigte er sich und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Alles andere hatte noch Zeit. Es war 17 Uhr, als er sich von den anderen in den Feierabend verabschiedete und sie winkten ihm vereinzelt nach, als er in die Umkleide verschwand und sich umzog. Da er heute selbst keinen Sport gemacht hatte, duschte er sich nicht ab. Das konnte er auch noch zu Hause machen und eine viertel Stunde später stand er in einem Spielzeugladen und kaufte einen Stofffuchs für den Sohn von Shoyo und Atsumu. Der hatte nämlich am Samstag Geburtstag und sie hatten ausgemacht, dass sie alle gemeinsam zum Strand fahren würden, um Daisuke und die anderen Kinder zu überraschen. Zum Glück hatte der kleine Hosenscheißer auf einen Samstag Geburtstag, da war das kein Problem. Ob Keiji und Tetsurou jetzt allerdings auch kommen würden, stand natürlich offen. Zwar würden sie sich alle freuen, da sie fest zu ihrer Gruppe gehörten, doch so kompliziert, wie es jetzt bei ihnen war, wäre das vielleicht nicht die beste Idee. An der Wohnung angekommen, verstaute Iwa das Stofftier im Kofferraum des Autos, damit es noch geheim blieb, denn vor Ryu blieb nichts sicher. Und er traute es ihm zu, dass er das Stofftier kurzerhand einfach adoptieren würde. So aber entging er der Gefahr und schloss dann erst die Haus- und dann die Wohnungstür auf. „Ich bin wieder da“, rief er und hörte sofort aufgeregtes Getrappel. „Papa!“, riefen Ryu und Aki und während der Große ihm in die Arme sprang, klammerte sich der Kleine an sein Bein. „Hallo, ihr Zwei. Hattet ihr einen schönen Tag?“ „Ja, Mama hat uns einen Pudding gemacht!“ „Viel gespielt!“, fügte Aki noch hinzu und nachdem Iwaizumi Ryu ein Küsschen gegeben hatte, setzte er ihn wieder auf den Boden ab und nahm den Kleinen hoch, als Toru lächelnd aus dem Wohnzimmer kam. „Hallo Schatz. Keiji ist noch da. Er ist auf dem Sofa eingeschlafen.“ Oha, war er so fertig? Naja, so richtig wundern sollte ihn das nicht. Für ihn waren die Tage derzeit viel aufregender als für sie. „Alles klar. Ich habe heute auch mit Tetsurou Mittag gegessen. Es ist nicht leicht für sie …“ Sein Mann nickte zustimmend und hinter ihm klopfte es an die Wohnungstür. Sofort kam ihr Labrador bellend angerannt und Hajime knuddelte Aki, bevor er die Tür öffnete. „Hallo Kindaiichi. Katsuya hat dich schon sehnsüchtig erwartet“, sagte er lächelnd und nahm die Leine von der Garderobe. „Hallo Iwaizumi-san“, begrüßte er ihn und verneigte sich leicht, ehe er die Leine nahm und an Katsuyas Halsband befestigte. Der Junge war vor ein paar Wochen 15 geworden und seit sie den Hund hatten, verdiente er sich etwas dazu, indem er abends mit ihm rausging. Manchmal begleitete er ihn mit den Kindern zusammen, doch heute war er dafür zu fertig. Außerdem wusste er nicht, ob Keiji vielleicht noch reden wollte. Da wollte er lieber hier sein. „Kin-chan, Hund lieb!“ Aki wedelte fröhlich mit seinen Ärmchen herum und Toru strich ihm über den Kopf. „Ja, Kindaiichi mag Katsuya gern, mein Schatz. Aber für dich ist es langsam mal Zeit, ins Bett zu gehen, hm?“ Sein Mann nahm ihm den jetzt schmollenden Jungen ab und verschwand nach einer Verabschiedung im Inneren der Wohnung. „Also dann, bis gleich, Kindaiichi.“ „Ja, bis gleich“, stimmte dieser zu und schlenderte dann die Treppe runter, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Immerhin war es trocken und angenehm warm draußen. Der Frühsommer hatte sie fest im Griff und es gab kaum etwas Schöneres. „Und was machst du jetzt, Ryu?“, wollte er wissen und schaute zu seinem Sohn, der kurz nachdachte und dann antwortete: „Mit Autos spielen!“ Dann lief er schon in sein Zimmer und Iwa sah ihm lächelnd nach. Der Kurze wieder. Nachdem eineinhalb Stunden später auch der Zweijährige im Bett war, setzten sich Toru und er in die Küche, damit Keiji noch in Ruhe etwas schlafen konnte. Er musste sehr fertig sein, wenn er bei ihnen einfach einnickte. Katsuya hatte sich zu dem Schwarzhaarigen gelegt und auch Zorro hatte es sich am Fußende bequem gemacht, wie Iwa nach einem kurzen Blick in den Raum festgestellt hatte. Die Zwei wussten ganz genau, wenn es Menschen nicht gutging und blieben dann bei ihnen, das war ihm schon früher aufgefallen. „Ich habe heute mit Kuro die Mittagspause verbracht“, sagte er an Toru gewandt, der gegenüber von ihm saß und nun zu ihm schaute. „Für ihn ist das bestimmt sehr schwer, oder?“ „Ja, das ist es allerdings. Er liebt ihn, aber seit Bokuto wieder aufgetaucht ist, ist in ihm wohl die Erkenntnis gereift, dass diese Liebe aussichtlos ist. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie es wäre, wenn du mich nicht lieben würdest …“, murmelte er und sein Mann nickte langsam. „Ich auch nicht. Aber es kommt noch viel schlimmer.“ „Was meinst du?“ „Keiji ist schwanger. Von Tetsu …“ Iwa merkte förmlich, wie ihm die Gesichtszüge entglitten. Seine Augen wurden groß und der Mund stand ihm einen Moment lang offen, bis er den Kopf schüttelte und sich durch die Haare strich. „Shit, das wird ihm die Beine weghauen.“ Es war Tetsurous größter Wunsch, mit Keiji eine Familie zu gründen und jetzt, wo er sich zu der Trennung durchgerungen hatte, war er schwanger? Wie mies konnte das Schicksal denn noch werden? „Ja, ich weiß, dass es ihn umhauen wird … Aber ich muss es ihm doch sagen …“, wisperte Keiji und überrascht drehten sie sich um, entdeckten den Schwarzhaarigen völlig fertig in der Tür stehend. Mit etwas wackeligen Beinen trat er an den Tisch und setzte sich neben seinen Mann. „Tut mir leid, dass ich einfach eingenickt bin. Ihr hättet mich doch wecken können“, fügte er hinzu, doch Toru lächelte ihn freundlich an. „Ach Quatsch, du hast die Ruhe gebraucht. Selbst die Kinder haben dich nicht geweckt, als sie noch fröhlich gespielt haben. Möchtest du vielleicht hier übernachten?“ „Nein, ich gehe gleich nach Hause. Und werde Tetsurou die Wahrheit sagen. Hajime, kannst du dich morgen vielleicht um ihn kümmern? Auch wenn ich ihn nicht liebe, ist er mir doch wichtig geworden und es tut mir weh, dass ich nicht der sein kann, den er verdient hat. Ich will ihn gar nicht so quälen … Du kannst mich bestimmt nicht mehr leiden, weil ich ihm so viel Kummer bereite.“ Schuldbewusst senkte der Schwarzhaarige seinen Kopf und erschrak, als Iwa ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Red nicht so einen Unsinn. Gegen Gefühle kann man nichts tun und es ist, wie es ist. Schließlich klärst du es ehrlich mit Tetsurou, auch wenn es der unangenehme Weg ist und das rechne ich dir hoch an. Aber deswegen verurteile ich dich doch nicht. Du kannst auch gern Bokuto mal zum Essen mitbringen, wenn du willst.“ „Ja, ich bin ja schon neugierig, wer dir so sehr den Kopf verdreht hat! Und wegen der Sache wird unsere Freundschaft nicht beendet oder so. Mach dir da bitte keine Sorgen, Keiji! Du hast doch schon genug Kummer“, ergänzte sein Mann und sie wechselten kurz einen Blick, als der Schwarzhaarige anfing zu schluchzen. Toru stand auf und umarmte ihn, während Iwa ihm eine Tasse Beruhigungstee zubereitete und hinstellte. Gemeinsam würden sie das schon durchstehen, auch wenn es eine sehr unangenehme Situation war, die sicher noch lange Nachwirkungen haben würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)