Im Nebel der Vergangenheit von Charly89 (Mystery Spell) ================================================================================ Prolog: Neues Jahr ------------------ Neujahr ist das Tor, durch das sich Deine Probleme von einem Jahr ins andere schmuggeln. Willy Meurer   Emma erholte sich in den nächsten Wochen – zumindest körperlich – recht gut. Die erste Woche an der Uni war gut um wieder in die Normalität zurück zu kehren. Doch das Kindermädchen wusste, dass sie nicht umhinkam sich dem zu stellen, was zwischen ihr, den Brüdern und Sebastian geschehen war. Noch dazu, wo das auffällige Verhalten der besagten Individuen sie immer wieder damit konfrontierte. Sie hatte Nicolae irgendwann zur Sicherheit gefragt, ob sie wieder ‚normal‘ sei, weil sie sich unsicher war, ob das offensichtlich immer noch vorhandene Interesse … nun … ehrlich war oder nicht. Nach einem angestrengten Räuspern hatte er ihr versichert, dass sie wieder völlig normal sei. Ende November hatte sie sich dann entschieden. Nach langem hin und her hatte Emma mit Sarah gesprochen. Sie brauchte jemanden mit dem sie zumindest grob über die Herren reden konnte. Und dem, was sie für sie empfand. Die Meinung ihrer Freundin war im ersten Moment sehr deutlich: sie solle sich Sebastian schnappen! Was nicht verwunderlich war, wenn man bedachte wie sie zu den Bartholys stand. Aber die junge Osbourne hatte sich schließlich doch auf eine Detaildiskussion eingelassen, die, widererwartet, doch recht objektiv war und dem Kindermädchen die Möglichkeit gab, sich und ihre Gefühle etwas besser zu sortieren. Am Ende stand die Frage, ob sie ihre Erinnerungen nun wieder möchte, oder nicht. Das Gespräch darüber war sogar noch länger und widersprüchliger wie das Gespräch über die Männer. Für und Wider wurde wieder und wieder hergebetet … ohne eindeutiges Ergebnis. Als Sarah dann irgendwann flapsig meinte, dass es ja den Bartholys gegenüber eigentlich unfair wäre, dass sie sich nur an die Nacht mit Professor Jones erinnern könnte, lief Emma hochrot an. Und sie stimmte ihr gedanklich zu. Ihre Freundin hatte schon irgendwie recht … Und damit war die Entscheidung schneller gefallen, wie es die ewige Diskussion hätte vermuten lassen. Noch am selben Abend hatte sie Nicolae darüber informiert, dass sie ihre Erinnerungen doch gerne wiederhätte. Seine Reaktion war schwer zu deuten, aber widersprechen konnte er nicht; er hatte es ihr ja angeboten und indirekt versprochen. Am Wochenende vor Weihnachten erfüllte er schließlich ihren Wunsch und die junge Frau konnte ihre Gedächtnislücken schließen. Nun musste sie mit den neugewonnen Erinnerungen erstmal umzugehen lernen und schließlich eine finale Entscheidung treffen; denn so wie es die letzten Wochen gelaufen war, konnte es nicht weitergehen. Die junge Frau brauchte Sicherheit und eine klare Linie, eine Richtung, in der sie sich weiterbewegen wollte. Und auch die Männer hatte es verdient, endlich zu erfahren, woran sie nun bei ihr waren …   „Und?“, brüllt Sarah ihr förmlich ins Ohr, um die extrem laute Musik, und die noch lautere Meute um sie herum zu übertönen. Fragend und mit skeptisch hochgezogener Augenbraue sieht Emma ihre Freundin an. Sie ahnt was sie meint; will die Frage aber eigentlich nicht beantworten und mimt deshalb die Unwissende. Die junge Osbourne wackelt mit den Augenbrauen und lehnt sich noch näher an das Kindermädchen. „Welcher der Herren soll es denn nun sein?“, hakt sie kichernd nach. Gespielt empört stößt Emma ihr Gegenüber mit der Schulter und beginnt dann ebenfalls zu kichern. Ja, der Alkohol zeigt seine Wirkung überdeutlich. Aber was soll’s. Es ist Silvester und die Party im vollem Gange. Die Uni hat, wie jedes Jahr, eine eigene Feier organisiert und alle Studenten dürfen kommen. Die beiden Frauen sind natürlich dabei. Sarah hätte den Abend sonst mit ihrer Großmutter verbringen müssen und Emma mit den Bartholys. So sehr sie sie liebt, aber eine Feier mit ihnen … das wäre wohl eher peinlich oder totlangweilig geworden. Der einzige der noch versteht, wie „feiern“ geht ist Drogo, weil er regelmäßig bei Partys ist und auch gerne mal die Clubs und Bars unsicher macht. Peter und Nicolae … das Kindermädchen hat da so ihre Zweifel. Außerdem schienen sie sich eh nicht viel aus dem letzten Tag des Jahres zu machen – was wiederum verständlich ist. Wenn man so alt ist und unsterblich, was bedeutet da ein Jahr mehr oder weniger schon. So sind sie hier gelandet und haben schon ordentlich gefeiert, und getrunken. Mitternacht rückt minütlich näher und das angekündigte Feuerwerk lockt mehr und mehr Menschen aus der Turnhalle und Mensa ins Freie. Emma nutzt diesen kleinen Strom der sich gebildet hat und schließt sich an. Sie zieht Sarah mit sich. Hier in der Menge wird ihre Freundin erstmal nicht weiter nachfragen, zumindest hofft sie das. „Du entkommst mir nicht“, orakelt die junge Osbourne mit verstellter Stimme und muss dann loslachen. Dem Kindermädchen ist das nur allzu bewusst. Sie haben so oft darüber gesprochen, und auch über ihre Unsicherheit und ihre Bedenken – bei allen. Keiner von den Männern ist „leichte Kost“ so viel steht fest. Bei jedem kommt ein Stapel Probleme auf sie zu. Sarah musste sich alles anhören, wieder und wieder. Verständlich, dass sie jetzt nun auch wissen will wie sie sich entschieden hat. Tatsächlich war das ein Deal: Silvester wird sich spätestens entschieden. Auch wenn sie damit eigentlich nicht so richtig glücklich war, hat das Kindermädchen zugestimmt. Manchmal braucht man einfach ein Ultimatum, einen Arschtritt, um endlich eine Entscheidung zu treffen. Und die hat sie getroffen; vor mehreren Wochen schon um ehrlich zu sein. Aber davon weiß noch niemand etwas. Sie muss eigentlich nur Sarah sagen wie ihre Entscheidung ist. Wobei es sich anfühlt, als müsste sie den Mount Everest besteigen. Es laut auszusprechen wird es wahr und real machen; und davor fürchtet sich Emma ein wenig. Aber es muss! Genau deswegen der Deal; eine feste Deadline und das mitteilen der Entscheidung. Sie kennt sich, sie würde alles noch die nächsten Jahre vor sich herschieben. Das wäre ungesund für sie; und unfair für die Männer. Draußen empfängt die feiernde Meute der eisige Dezember. Es gab noch keinen Schnee aber sein Geruch liegt bereits in der Luft und er wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Platz vor der Uni und die Wege sind mit Fackeln gesäumt, die Licht und ein winziges bisschen Wärme erzeugen. Die Studenten sind unruhig, laut und völlig überdreht. Ein Monitor an der Außenwand eines der Flügel zeigt die Uhrzeit, exakt mit Sekunden. 23:52:47. Emma wird mulmig, und das liegt nicht am konsumierten Alkohol. Noch nie hat sie dem neuen Jahr so entgegengefiebert und sich gleichzeitig gefürchtet. Es wird sich eine Menge ändern, dass ist das einzige was gewiss scheint. „Naaaaa?“, säuselt Sarah und hakt sich bei ihrer Freundin ein. „Wer ist denn nun der Glückliche?“ Sie grinst bis über beide Ohren und ihre Wangen sind nicht nur wegen der kalten Luft rot. Ihre Augen glänzen verräterisch und sie schwankt etwas. Das Kindermädchen muss sich zusammenreißen, dass sie beim Anblick des hübschen Energiebündels nicht direkt in Gelächter ausbricht. Noch dazu, wo sie selber wohl nicht viel besser aussieht. „Keiner“, flachst sie. „Ich wandere nach Australien aus“, erklärt sie und bemüht sich nicht zu grinsen. Im ersten Moment ist die junge Osbourne entsetzt, dann begreift sie, dass es nur ein Scherz war und prustet los. 23:57:12. Ihr Blick klebt förmlich an dem Monitor und verfolgt die Zahlen. Emmas Magen rebelliert mehr und mehr. Wird sie es wirklich sagen können? Muss sie das überhaupt? Am liebsten würde sie einfach wegrennen. Die Beine in die Hand und los. Aber das wäre nicht in Ordnung und würde niemanden helfen. „Komm schon“, nörgelt Sarah. Sie verzieht das Gesicht und macht einen Schmollmund. Das Kindermädchen seufzt. „Du sagst es niemanden. Niemanden, hörst du?“ Auf Grund des übertrieben eifrigen Nickens ihres Gegenübers muss sie unweigerlich loslachen. 23:58:36. Die beiden Frauen gehen einige Schritte um etwas abseits zu sein. Emma holt mehrfach tief Luft und knetet ihre Finger. Sie ist nervös ohne, dass es einen wirklichen Grund dafür gibt. Trotzdem fürchtet sie sich ein wenig vor der Reaktion ihrer besten Freundin – und noch mehr davor, dass sie sich jemanden gegenüber verquatscht. Aber sie hat es versprochen, und es wichtig für sie, dass sie sich ihre Entscheidung auch selbst offenbart in dem sie sie laut ausspricht. 23:59:20. „Es wird Unglück bringen, wenn du es zu spät sagst“, fotzelt Sarah und zieht neckisch die Augenbraue hoch. „Schon gut.“ Das Kindermädchen beugt sich nach vorn und flüstert ihrer Freundin leise ins Ohr Die Augen der jungen Osbourne werden groß und ihr steht der Mund einige Momente offen. Sie wendet ihren Blick zu Emma und sieht sie schelmisch an. „Wirklich?“ Ein schüchternes Nicken ist die Antwort. 00:00:00. Ein buntes Spektakel breitet sich am klaren Nachthimmel aus. Feuerblumen und leuchtende Wasserfälle formen sich unter lautem Getöse und Jubel. Die Menschen rufen laut und wünschen sich ein frohes neues Jahr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)