Der Sommer, den wir bei Garroway's verbrachten von DieLadi ================================================================================ Kapitel 30: Kiesel und Schatten ------------------------------- Die wenigen Sekundenbruchteile, die Alec wie erstarrt auf den Angreifer gestarrt hatte, hatte dieser für einen weiteren Angriff genutzt. Alec schrie auf, was eines Schattenjägers eigentlich unwürdig war. Aber es hatten sich einfach in den wenigen Augenblicken vor seinem inneren Auge Schreckensszenarien abgespielt … Isabelle, seine Schwester, als Opfer des finsteren Gesellen, blutüberströmt … doch dann hatte er sich wieder gefangen und warf sich im allerletzten Moment zur Seite. Er drehte sich blitzschnell um, um sich gegen die nächste Attacke zu wappnen. Seine Klinge blinkte im Licht der Lampen, die den Weg beleuchteten. Hey, verdammt noch mal, er war Alec Lightwood, Schattenjäger mit bestem Training und fein geschärften Sinnen, und das seit frühester Kindheit. Er würde sich doch wohl nicht von einem Vampir besiegen lassen? Na also. Langsam tänzelten sie um einander herum. Der Vampir stand ihm mit wütendem Blick gegenüber. „Es ist vorbei, Lightwood!“, zischte er. Vampire, dachte Alec. Es ist doch immer wieder das selbe mit ihnen. Er leckte sich einen Schweißtropfen von der Oberlippe und ließ den anderen nicht aus den Augen. Nun, der Gedanke war nicht ganz fair. Immerhin hatte er doch heute erst erlebt, dass nicht alle so waren, es gab sie wirklich, die rühmlichen Ausnahmen. So wie Simon, der doch ganz offensichtlich nicht einfach über wehrlose Opfer herfiel, sondern andere, harmlosere Wege gefunden hatte, den für Vampire nun mal unvermeidlichen Blutdurst zu stillen. Er würde Isabelle also nicht gefährlich werden. Aber wie es schien, hatte Isabelle wohl einen Hang zu dem spitzzähnigen Volk … Trotz dieser Gedanken, die durch seinen Kopf rasten, war er hochkonzentriert bei der Sache und hielt seinen Fokus fest auf den Gegner gerichtet. Der Vampir fauchte erneut. Alec liefen kalte Schauer über den Rücken. Er hasste dieses Geräusch. „Ich werde dich zerfleischen!“ Der Blick des bleichen Gesichtes war von Wut verzerrt. „Zerfleischen und dein Blut trinken! Das Blut eines Schattenjägers, das ist ein besonderer Genuss!“ Alec wartete ab. Die Klinge fest in der Hand, jede Faser seines Körpers auf Kampf eingestellt. Dies war nicht der erste Vampir, mit dem er sich messen musste. Er würde siegreich daraus hervor gehen, immerhin wusste er, wie man gegen dergleichen Gelichter kämpfte. Er musste siegreich sein, das war nicht anders denkbar, denn er musste doch verhindern, dass der finstere Geselle weitermachen und weitere unschuldige Opfer töten könne. Und er war doch der einzige, der nun wusste, um wen es sich handelte … Er zog sich ein paar Schritte zurück, hoffend, den Gegner zu provozieren, damit er erneut vorstieß. Aber auch der schien nun abzuwarten. Es war dem Vampir klar, dass sein einziger Vorteil gegenüber einem versierten Kämpfer wie Alexander Gideon Lightwood seine Schnelligkeit war, mit der niemand sich messen konnte. Doch diesen musste er sehr gezielt einsetzen. Wenn Lightwood ihn attackieren würde, könnte er ihn mit Leichtigkeit ausmanövrieren. Aber dazu war der Schattenjäger zu klug. Verdammt. Zu ärgerlich, dass er es nicht geschafft hatte, ihn in der ersten Überraschung zu überwältigen. Eigentlich hatte er darauf gezählt. Doch nun lief ihm die Zeit davon. Früher oder später würde irgendjemand auf das hier aufmerksam werden, und das wäre gar nicht gut. Die Frauen, die er geschlachtet hatte, waren sofort zu Boden gegangen und tot gewesen, da war so etwas nicht zu befürchten gewesen. Aber jetzt … ? Er wollte Lightwood töten, und wollte nicht, dass irgendjemand dabei erfuhr, wer es getan hatte. Er wollte sich an Isabelles Leid weiden. Die hatte es nicht anders verdient! Isabelle hatte ihn abserviert, und nur darum hatte er sich ihren Bruder ausgewählt als nächstes Opfer. Vielleicht war das keine so kluge Entscheidung gewesen, nun ja. Aber nun gab es kein zurück. Er musste Lightwood erledigen! Also rüstete er sich zum Sprung. Alec sah, wie sich die Muskeln des Vampirs anspannten. Er darf mich nicht besiegen, dachte Alec, denn neben allem anderen … wenn mir etwas geschähe, wie sehr würde Magnus leiden … Der Gedanke an Magnus lenkte ihn ab. Das war nicht gut. Schattenjäger waren darauf trainiert, ihre Gefühle im Griff zu haben, damit sie in der entscheidenden Situation keine Schwäche, kein Zaudern zeigten. Alec beherrschte das normalerweise, aber die letzten Tage mit ihrem emotionalen Auf und Ab waren einfach zu viel gewesen. Daher passierte ihm dieser Lapsus. Ein Augenblick der Ablenkung, nicht länger als ein Elektronenblitz. Und ein dummer kleiner Kieselstein, der ausgerechnet in diesem Augenblick unter seinen rechten Fuß geriet, auf den er sein ganzes Gewicht verlagert hatte. Und schon stolperte er und kam ins Rudern, und der Vampir nutzte die Gelegenheit, um zuzustoßen. Und so kam Alec ins Straucheln und fiel, von der schieren Gewalt des Angriffs umgeworfen. Er schlug hart mit dem Rücken auf den Boden, und sein Hinterkopf knallte auf das Pflaster des Weges. Einen Wimpernschlag lang sah er Sterne, und dann war der andere schon über ihm. Bedrohlich drang wieder das Fauchen an sein Ohr und vor sich sah er den blutgierigen Blick des Feindes und die spitzen, gefährlichen Zähne. Er versuchte, sich dagegen an zu stemmen, aber der Vampir war stark, verdammt stark … Die Seraphenklinge war Alec aus der Hand gerutscht, und während sich die Zähne beängstigend seiner Halsschlagader näherten, dachte Alec, immer noch entschlossen kämpfend: ‘Verdammt, Raphael, du bist ein Miststück!’ Es war vorbei. Für ihn, Alec, schien nun alles vorbei. Das war es also. Doch noch bevor Raphaels Zähne tatsächlich die verletzliche weiche Haut an seinem Hals berührten, stob aus der Dunkelheit ein großer, grauer Schatten und warf sich mit einem wütenden Knurren gegen den Vampir. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)