Der Sommer, den wir bei Garroway's verbrachten von DieLadi ================================================================================ Kapitel 9: Streit und Sternenhimmel ----------------------------------- Draußen zog der Vater Alec ein wenig seitwärts, bis sie bei einem üppig blühenden Gebüsch unter Palmen zu stehen kamen. „Alec“, fauchte er, „was hast du dir dabei gedacht!“ Alec schwieg. Was gab es darauf auch zu antworten? „Nicht nur, dass du dich selbst erniedrigst, mit einem Angestellten zu tanzen. Du, der künftige Leiter des New Yorker Instituts! Nein, als ob das nicht genügte, tanzt du auch noch mit einem Schattenwesen! Was denkst du dir eigentlich dabei? Es ist ja schon schlimm genug, dass deine Schwester keinerlei Anstand beweist, aber nun auch noch du!“ Wieder schwieg Alec. „Und was das schlimmste bei alledem ist - du tanzt auch mit einem Mann! Kannst du dir denn nicht vorstellen, wie das in den Augen der Anwesenden aussehen muss?“ Jetzt hob Alec den Blick und sah dem Vater in die Augen. „Vater, ich denke nicht, dass das für die meisten hier ein Problem ist …“ Klatsch! Die Ohrfeige, die Robert ihm verpasste, schallte in die Nacht hinein. Alec sah ihn einen Augenblick mit vor Staunen offenem Mund an, dann drehte er sich um und stapfte davon. „Alec! Alexander! Jetzt warte doch!“ Offenbar kam ihm der Vater nachgerannt. „Alec!“ Er riss ihn am Ärmel seines Jacketts herum. „So warte doch!“ „Wozu, Vater?! Damit du mich noch mal schlagen kannst?!“ Alec hielt mühsam die Tränen der Wut zurück. Der Vater atmete schwer. „Es tut mir leid, mein Junge. Wirklich. Ich hätte das nicht tun sollen.“ Die sonst so beeindruckende und eine machtvolle Präsenz ausstrahlende Gestalt des Vaters schien in sich zusammen zu fallen. Alec schniefte. „Ja“, sagte er. „Das hättest du nicht.“ „Alec, ich … lass uns in Ruhe reden, einverstanden?“ Einen Augenblick zögerte Alec, dann nickte er und folgte dem Vater, der ihn zu einer Bank an einer der mit duftenden exotischen Blüten aufwartenden Rabatten geleitete. „Alec, die Ohrfeige tut mir wirklich leid. Mir sind die Nerven durchgegangen. Das war falsch.“ Alec nickte. „Aber, mein Junge, wir müssen darüber reden. Es geht nicht, dass du dich in aller Öffentlichkeit so aufführst. Du machst dir damit deine Zukunft kaputt.“ Seine Zukunft. Sie war ihm immer so erstrebenswert erscheinen. Das, was er wollte. Wofür er arbeitete, lernte, vieles aufgab und das so akzeptierte. Das, was ihm auch eine Menge geben würde. Doch jetzt, hier, inmitten der Blüten und der Palmen, unter dem herrlichen Sternenhimmel Indonesiens, schien sie ihm auf einmal gar nicht mehr so begehrenswert. „Es ist einfach wichtig, dass niemand an deinem Charakter zweifelt, Junge. Du bist ein Schattenjäger. Und Schattenjäger verkehren nun mal nicht auf freundschaftlicher Ebene weder mit Angestellten noch mit Schattenwesen. Und …“ Robert sah ihn mit durchdringendem Blick an, „… Schattenjäger tanzen nicht mit dem gleichen Geschlecht!“ „Und warum nicht?“, sagte Alec, dem das alles allmählich zu viel wurde. Robert wollte zum Sprechen ansetzen, aber Alec stoppte ihn. „Ich weiß schon, was du sagen willst, Vater. Die alten Regeln, die Ehre. Schon gut. Aber kann ich denn nicht mal hier im Urlaub für ein paar Wochen, wenigstes für ein paar Tage das alles hinter mir lassen und einfach mal sein, wer ich wirklich bin?“ Robert schloss voller Verdruss die Augen. Alec fuhr fort: „Es war ein Tanz, Vater. Ein einziger verdammter Tanz!“ Diesen Ton kannte Robert nicht von seinem Sohn. „Und es wird sich nie wiederholen!“, fauchte er. „Niemand darf etwas bemerken!“ Alec schaute überrascht auf. Wusste der Vater …? „Ja, Alec. Ich weiß Bescheid. Ich weiß, dass du aus der Art geschlagen bist und homosexuell bist.“ Er sprach das Wort aus, als würde er ein ekliges Insekt ausspeien. „Aber, Junge, du musst dich dagegen entscheiden, wenn du deine Karriere wie geplant verfolgen willst, und ich erwarte einfach von dir, dass du das tust!“ ‘Na super’, dachte Alec. ‘Als ob ich mich entscheiden könnte, nicht mehr schwul zu sein!’ Doch dann holte er langsam Luft. In vielem hatte der Vater wohl recht und er wusste, dass er keine Wahl hatte. „Ich weiß das ja. Ich will ja nicht aufgeben, was ich ein Leben lang angestrebt habe. Bestimmt nicht.“ Robert wirkte erleichtert ob Alec’s Worten. „Aber ich möchte einfach ein paar Wochen Freiheit haben, hier, bei Garroway’s, während der Ferien. Bevor ich dann mein Studium fortführe, und das Mädchen heirate, dass ihr mir vorsetzt. Sei es nun Clary oder wer auch immer.“ „Nun, selbstverständlich wird das Clary sein!“ „Ja, Vater“, sagte Alec, und dachte nur: ‘wenn du wüsstest!’ Aber er war froh, die Sache um Clary jetzt in diesem Moment nicht mit dem Vater ausdiskutieren zu müssen. „Lass mir die paar Wochen Freiheit, und dann bin ich bereit, ein Leben für das Institut, für die Schattenjägerwelt, für Stärke und Macht im Schatten des Engels zu führen; Hand in Hand mit den stillen Brüdern; hoch erhoben über die Schattenwesen, wachend über die Mundi.“ Alec hatte somit den Schwur wiederholt, den jeder junge Schattenjäger leisten musste. „Und …“, fügte er leise hinzu, „all das, auch wenn es ein Leben ohne … die Liebe ist.“ „Ph, Liebe“, sagte Robert. „Als ob das etwas wäre, was man anstreben sollte.“ Alec sah ihn überrascht an. „Aber … du und Mutter …“ „Verstehe mich nicht falsch“, sagte Robert. „Ich schätze deine Mutter sehr. Sie ist eine großartige Frau. Aber sie hab ich nicht aus Liebe geheiratet, sondern aus genau den Gründen, aus denen du Clary ehelichen wirst. Und ich bin froh darüber. Wäre ich der Liebe gefolgt … sie hat mich damals, als ich so jung war, wie du, beinahe an den Abgrund gebracht.“ Trotz der Versicherung, dass es gut so sei, wie es nun mal war, klang Roberts Stimme traurig. Sehnsüchtig. „Wer war sie?“, fragte Alec sanft. Ungeachtet ihres Streites fühlte er sich jetzt, in diesem Augenblick, dem Vater nahe wie lange nicht mehr. Was für Geheimnisse trug dieser Mann in seinem Herzen? Doch dann stand Robert auf. „Komm, Alec. Lass uns zurück gehen. Du solltest dich bei Clary entschuldigen und mit ihr tanzen, man lässt seine zukünftige Frau nicht einfach so auf einem Ball allein.“ Alec seufzte und folgte dem Vater. Die Vertrautheit, die sich da gerade aufzubauen begonnen hatte, war wohl vorerst einmal vorbei. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)