Der Sommer, den wir bei Garroway's verbrachten von DieLadi ================================================================================ Kapitel 4: Reinheit und Ehre ---------------------------- „Alec?“ Maryse sah ihren Sohn etwas erstaunt an. „Ist alles in Ordnung, mein Junge?“ Alec schluckte. „Ja, Mutter. Jace und ich … du weißt doch. Unsere üblichen Zankereien. Nichts ernstes.“ Maryse lächelte. „Na dann ist ja alles gut. Sag, Junge, wie gefällt es dir denn hier bei den Garroways?“ Nun, da konnte Alec ehrlich sein. „Es gefällt mir gut. Es gibt eine Menge zu tun, das Gelände ist offensichtlich wunderschön und weitläufig. Aber, Mutter, ich gebe zu, ich werde nicht an all zu vielen der angebotenen Veranstaltungen teilnehmen, wenn das für euch in Ordnung ist. Wenn ich ehrlich bin, ist es mir lieber, einfach nur Ruhe zu finden und zu entspannen. Es ist vielleicht das letzte mal, dass ich Zeit für das finde, was Vater so verächtlich ‘rumgammeln’ nennt. Und ich möchte das gerne nutzen. Verstehst du?“ Maryse nickte. „Es wäre lieb“, sagte Alec leise, „wenn du Vater davon überzeugen könntest, dass er das akzeptiert?“ „Ich versuche mein bestes“, sagte Maryse, „allerdings wird es ein paar Ereignisse geben, um die du nicht herum kommst. Da wäre zum Beispiel der große Kennenlern-Ball morgen Abend.“ Alec seufzte. „Ein Ball? Das heißt, ich muss tanzen?“ Die Mutter lachte. "Ach Alec, das hört sich ja an, als wäre es eine unangenehme Sache!“ „Ist es auch“, stöhnte Alec, „ich kann doch nicht tanzen. Und ich mag es auch nicht.“ „Nun“, sagte Maryse, „morgen Abend jedenfalls musst du dich zusammenreißen. Der Ball wird dir sicher gefallen, und du wirst Clary Garroway als deine Begleitung dorthin ausführen.“ „Was?!“ Alec riss erschrocken die Augen auf. „Mutter, Clary ist nett, aber …“ „Alexander Gideon Lightwood! Clary ist eine wunderbare junge Frau, und nun, da uns Lydia Branwell so schändlich hintergangen hat, wirst du Clary den Hof machen, und der Ball morgen Abend ist ein Anfang!“ Aha. Nun war also die Katze aus dem Sack. „Die Garroways“, fuhr Maryse fort, „sind eine der großen Schattenjägerfamilien, fast so alt und ehrenvoll wie die Lightwoods. Über all die Jahrhunderte hinweg haben wir unser Blut rein erhalten und weder einen Mundi noch gar ein Schattenwesen in die Familie einheiraten lassen. Und das soll so bleiben. Die großen alten Geschlechter müssen einander unterstützen! Und daher wirst du Clary Garroway heiraten!“ Alec hatte nicht die Kraft, sich heute, am ersten Urlaubstag mit der Mutter zu streiten. „Ist ja schon gut“, sagte er. „Das alles verstehe ich und es ist ja auch in Ordnung. Es ist nur … ich hätte gerne wirkliche Ferien gehabt, verstehst du? Statt dessen stellt sich heraus, dass das hier nichts anderes ist als eine Fortsetzung meiner Installation als Institutsvorstand und Schattenjäger- Anführer.“ Maryse fuhr ihm sanft mit der Hand über die Wange, ein liebevolles mütterliches Lächeln auf den Lippen. „So ist nun mal unser Schicksal, mein Junge. Die Pflicht lässt uns nie wirklich in Ruhe.“ Dann klatschte sie in die Hände. „Also ist es abgemacht. Clary erwartet, dass du sie morgen Abend abholst und zum Ball führst. Sie weiß bereits Bescheid, und ihre Eltern sind äußerst erfreut über ihre Zukunftsaussichten an deiner Seite.“ Dann wurde ihre Stimme milder. „Du wirst sehen, Junge. Der Abend wird schön werden, und Clary ist eine großartige junge Frau. Und das wirst du in wenigen Sekunden feststellen, denn sieh, dort kommt sie schon, um uns das Gelände ausführlicher zu zeigen!“ Alec nickte und gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange. Die anderen hatten sich inzwischen zu ihnen gesellt, als Clarissa Garroway auf sie zu trat. „Herzlich willkommen in unserem Resort“, sagte sie. Sie war wahrhaftig eine Schönheit: Sie war zierlich und schlank, ihre Augen funkelten in katzenhaftem Grün und ihre rotblonde Mähne glänzte und sprühte regelrecht Funken. „Mr. Ligtwood, Mrs. Lightwood“, nickte sie den Eltern zu. Dann begrüßte sie die jungen Leute. „Willkommen auch, Isabelle“, sie gab Izzy die Hand, „ … Alec …“, sie lächelte ihn warm, aber doch ein bisschen zurückhaltend an und ihr Blick war voller Neugier, „ … und Jace!“, ihre Stimme stockte. Sie musste sich räuspern und ihr Blick blieb mit einem Aufglühen der großen, klaren Augen an Alecs Bruder hängen. Ihre Wangen wurde rot. Doch sie riss den Blick los, mit offensichtlichem Bedauern, und wandte sich wieder Alec zu. Roberts auffordernder Blick brachte Alec dazu, Clary ganz altmodisch den Arm zu reichen, und dann gingen sie gemeinsam über die wirklich große und schöne Ferienanlage. Clary war wirklich charmant. Sie war intelligent, verstand zu plaudern, war hübsch. Alec hätte diesen Rundgang durchaus genießen können, wenn nicht der Vater so peinlich aufdringlich ihn immer wieder in Clarys Richtung geradezu gestoßen hätte und immer wieder Bemerkungen gemacht hätte. „Vielleicht sollten wir die beiden ein wenig voran gehen lassen … nun, nachher habt ihr ja noch Zeit allein füreinander … Alec, nun nimm doch Clarissas Hand …“ Es war grauenhaft, und selbst Mutter, die ja durchaus auch hinter der Idee einer Heirat stand, schien mehr und mehr davon unangenehm berührt. Mehrfach versuchte sie, Robert flüsternd klar zu machen, wie unmöglich er sich verhielt. Aber der Vater hatte von jeher wenig Verständnis für Kritik gehabt. Manchmal mochte man glauben, er hielt sich für unfehlbar. Daher zischte er sie nur wütend an und machte keine Anstalten, sich zurückhaltender zu geben. Alec war froh, dass Clary das ganze offenbar mit Humor nahm und sich nicht aus ihrer charmanten Ruhe bringen ließ. Wenn sie von der ganze Sache genau so genervt sein mochte, wie Alec, ließ sie es sich nicht anmerken und lachte es hinweg. Schließlich waren sie wieder am Bungalow angekommen. „Ich überlasse Sie nun Ihrer Urlaubsruhe“, sagte sie und gab jedem einzelnen die Hand. Als sie sich als letzten an Alec wandte und auch ihm zum Abschied die Hand schüttelte, spürte er, wie sie ihm etwas in die Hand drückte. Sie sah ihn dabei eindringlich an und hatte die Lippen zusammen gepresst. Alec nickte unmerklich. Als er einige Augenblicke später im Badezimmer des Bungalows verschwunden war und die Tür hinter sich verschlossen hatte, besah er sich, was sie ihm zugesteckt hatte: Es war ein kleiner Zettel, auf dem stand: „Heute Abend nach dem Abendessen. Beim Bootshaus. Wir müssen reden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)