Die letzte Ehre von BuchTraumFaenger ================================================================================ Kapitel 1: 1. Durch die Augen eines Kindes ------------------------------------------ Vor vielen, vielen Jahren… Der kleine blaue Pfau setzte sich ruckartig im Bett auf. Da war ein Geräusch. Ein dumpfer Aufprall. Es kam es aus dem Zimmer seiner Eltern. Der Junge sah sich um. Es war dunkel, nur der Mond schien durch das Fenster und verlieh seinem Kinderzimmer im Palast etwas Licht. Wieder ein Geräusch. Diesmal klang es wie von Händen, die auf den Boden hämmerten, dann aber immer schwächer wurden. Schnell verließ das Kind sein Bett und rannte zur Nachbartür, hinter der das Schlafzimmer seiner Eltern lag. Er lauschte. Jemand stöhnte vor Schmerzen, dicht gefolgt von einem Husten. Das kleine blaue Pfauenküken streckte den Flügel zum Türgriff aus, der etwas niedriger lag als der normale Türknauf auf der anderen Seite. Er war extra für ihn gemacht, damit er leichter ins Zimmer seiner Eltern gelangen konnte, wenn er mal einen schlechten Traum hatte. Er öffnete die Tür einen Spalt. Im Elternzimmer war es dunkel. Ein Schatten wanderte neben dem Bett umher und beugte sich über etwas, das auf dem Boden lag. Das Pfauenkind schob die Tür weiter auf und trat ein. „Mum? Dad?“ Der Schatten drehte sich zu ihm um. Der blaue Pfauenjunge rieb sich die Augen und sah die Gestalt an. Es war eine Pfauenhenne. Ihr lila schwarzes Gefieder schimmerte leicht im schwachen Mondlicht. Sie stand da und starrte das Pfauenkind an. Die Augen des blauen Pfaus weiteten sich. Eine dunkle Flüssigkeit tropfte auf den Boden. Die Pfauenhenne schwang ihre Flügel und ein langes Stück Metall blitzte kurz darunter auf. Im Mondschein erkannte er die dunkelrote Farbe. „Mum? Was ist passiert?“ Er reckte den Hals, um auf den Schatten zu sehen, der neben dem Bett auf dem Boden lag und sich nicht rührte. Die Pfauenhenne ging auf ihn zu. Langsam und leise wie ein unheilvoller Geist. Der kleine blaue Pfau bewegte sich nicht von der Stelle und sah mit ängstlichen Augen zu ihr auf. „Mum?“, hauchte er mit erstickter Stimme. „Was ist mit Dad?“ Die Pfauenhenne blieb vor ihm stehen. Das Licht des schwachen Mondes ließ die Flüssigkeit auf dem Messer und auf ihren Fingerfederspitzen glitzern. Dann lächelte sie. Das Lächeln einer warmherzigen Mutter, dennoch war dem Pfauenjungen eiskalt. Das Dunkel in ihren Augen ließen ihn erzittern. Doch sie lachte und legte eine Fingerfeder auf ihre Schnabellippen. „Shhhh…“, flüsterte sie geheimnisvoll. „Dein Vater schläft.“ Doch der kleine blaue Pfau wusste: Sein Vater war tot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)