Nach all der Zeit von Tasha88 ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- 20. September Mario sah zur Decke über seinem Bett. Auf der einen Seite fühlte er sich gerade sehr gut. Ein Gefühl, das er so ähnlich kannte, wenn er Sex gehabt hatte. Aber das hier … nach dem Sex mit ihr … das war unglaublich. Er fühlte sich so gut, als könnte er Bäume ausreißen, er war regelrecht berauscht. Es fühlte sich alles so richtig an. Und auf der anderen Seite … er wusste, dass es ein Fehler gewesen war. Er hatte bereits den Kuss vor zwei Tagen als Fehler bezeichnet. Aber das hier? Schlimmer ging es nicht mehr. Elsa war mit Henry zusammen … er mit Ellen. Und Elsa und er … sie konnten sich doch nicht leiden, sie hassten sich regelrecht. Sie stritten doch nur noch, wenn sie sich sahen. Wie also hatte es soweit kommen können? Er stand auf und trat nackt zu seinem Mülleimer, um das Kondom zu entsorgen. Er hörte, wie Elsa hinter ihm das Bett ebenfalls verließ und dem Rascheln zufolge, schien sie sich wieder anzuziehen. Als Mario nach seiner Boxershort griff, hörte er, wie die Türklinke seiner Zimmertüre heruntergedrückt wurde. “Stop!”, sagte er und drehte sich herum. Elsa stand an der Tür und sah ihn mit großen Augen an. Wie ein Reh, das im Scheinwerferlicht stand. “Sollten wir nicht darüber reden?”, fragte der junge Mann und griff nach einer Jogginghose, die er auf seinem Stuhl liegen hatte und zog sie an. Sein nächster Griff ging zu seinem T-Shirt, dabei ließ er Elsa nicht eine Sekunde aus den Augen. “Ich …”, brachte sie heraus, redete aber nicht weiter. “Elsa …” Mario streifte das T-Shirt über, trat anschließend auf sie zu und streckte eine Hand nach ihr aus. Sie machte jedoch einen Satz zur Seite. “Nein. Nein, das … das war ein Fehler. Das hätte nicht passieren dürfen”, gab sie kläglich von sich. Das nächste was sie sagte, verursachte Mario Magenschmerzen. “Ich … Henry …” Er sah zur Seite und schloss seine Augen einen Moment, während er tief Luft holte. “Lass uns raus ins Wohnzimmer gehen.” meinte er. “Vielleicht ist es besser, aus dem Zimmer hier zu kommen.” Er trat an ihr vorbei und öffnete die Zimmertüre, um dann vor ihr zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Er vertraute darauf, dass sie ihm folgte. Und selbst wenn sie gar nicht wollen würde, ihre Tasche lag dort. Diese bräuchte sie, bevor sie gehen würde. Kaum dass er sich wieder auf seinen Platz von vorhin gesetzt hatte, kam auch Elsa. Unsicher ließ sie sich an den Tisch sinken, nun aber gegenüber von ihm, wie als ob sie soviel Abstand wie möglich zwischen ihnen haben wollte. Er konnte es ihr nicht verübeln. "Also?", richtete er an sie. Mit immer noch großen Augen sah sie ihn an. So kannte er sie gar nicht mehr. Die letzten Jahre hatte sie ihn bei jeder Gelegenheit angezickt und mit ihm gestritten. Und jetzt sah sie ihn nur so unsicher an und brachte kein Wort hervor. "Was war das? Was machen wir damit?", fragte er und deutete in die Richtung seines Zimmers. Sie blinzelte und schüttelte sofort ihren Kopf. Ihr Mund öffnete und schloss sich, ohne dass auch nur ein Wort hervor kam. Sie tat ihm erstaunlicherweise leid. Da sie nichts sagte, seufzte Mario auf. Er ließ sein Gesicht einen Moment in seine Hände sinken, die Ellenbogen waren auf dem Tisch abgestützt. Schließlich hob er seinen Kopf wieder. “Es ging um den Sportplatz”, erklärte er. “Was?” Verwirrt sah Elsa ihn an. Sie verstand nicht, was er damit sagen wollte. Mario sah sie nachdenklich an. “Du wolltest heute vormittag wissen, was ich mit Henry besprechen wollte. Wie gesagt, es ging um den Sportplatz.” “Ah …”, murmelte sie. Mario zuckte mit seinen Schultern. “Die Baseballer haben in der nächsten Zeit ein paar wichtige Spiele, vielleicht weißt du das ja von Henry. Sie wollen deshalb ein wenig öfter trainieren. Und da wir uns den Sportplatz ja teilen, muss er das mit uns abklären. Alleine darum ging es, um nichts anderes.” Er konnte Erleichterung in Elsas Augen erkennen, die aber sofort wieder von einem Schuldgefühl überschattet wurden. “Hast du mit ihm wegen dem Kuss gesprochen? Ich nehme an, noch nicht”, fragte Mario. Sie schloss einen Moment ihre Augen, ehe sie zur Seite sah, wie als ob sie ihn dabei nicht ansehen könnte. “Nein”, flüsterte sie. “Warum nicht?”, fragte Mario genauer nach. Nun sah sie ihn doch an. Einen Moment zögerte sie, dann begann sie zu sprechen. “Ich wollte ihn nicht mit etwas verletzen, was nichts zu bedeuten hatte.” Mario deutete erneut in die Richtung, in der sein Zimmer lag. “Als nichts zu bedeuten kannst du das jetzt nicht mehr bezeichnen. Der Kuss … okay. Aber das, was gerade eben passiert ist? Das war mehr als nur ein kleiner Kuss. Und ehrlich gesagt … unser Kuss war auch kein kleiner Kuss, den man als Lappalie abtun könnte …” Elsas Augen weiteten sich wieder. “Du darfst ihm nichts sagen! Bitte”, flehte sie ihn an. Sofort schüttelte er seinen Kopf. “Es ist an dir, zu entscheiden, ob und was du ihm sagen willst oder nicht. Solange du nichts sagen willst, werde ich auch nichts sagen. Ich werde es so handhaben, wie du es möchtest.” Tränen glänzten in ihren Augen, die nun über ihre Wangen zu laufen begonnen. “Ich … er hat es nicht verdient, dass ich ihm so etwas antue”, schluchzte sie und schlug ihre Hände vor ihr Gesicht. Ihr Gegenüber wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Sie hatte ja recht … und trotzdem verletzte es ihn, dass sie dieses Besondere zwischen ihnen als Fehler empfand. Sie musste es doch auch gespürt haben. Da war, trotz des ganzen Streites, den sie hatten, noch etwas, irgendetwas zwischen ihnen. Irgendwelche Gefühle oder Anziehung und wie man es sonst nennen konnte. Sonst wäre das doch nicht passiert. “Ich mag ihn sehr gerne, ich habe wirklich Gefühle für ihn”, erklärte Elsa und ließ ihre Hände auf ihre Knie sinken. Sie ballte sie zu Fäusten zusammen. “Er war der erste nach dir, dem ich mein Herz geöffnet habe. Nach dem, was zwischen uns war …”, sie warf ihm einen kurzen und unsicheren Blick zu, ehe sie wieder weg sah, “wollte ich keine Beziehung mehr. Ich dachte, das würde wieder so ausgehen. Und dann kam da Henry. Er war so nett zu mir, hat sich wirklich Mühe gegeben. Und er hat sich nicht beirren lassen, er hat mir Zeit gelassen, war so lieb. Und nach einiger Zeit, in der er so wundervoll war, da habe ich begonnen, wieder etwas zu empfinden. Ich habe mich wirklich in ihn verliebt und das, obwohl ich es nicht wollte. Vor allem nicht wieder in den Kapitän einer Mannschaft. Was, wenn er auch wieder alles über mich stellen würde?” “Elsa”, sagte Mario und runzelte seine Stirn. Doch er durfte nichts sagen, sofort hob Elsa ihre Hand, um ihn davon abzuhalten. “Lass es Mario, ich weiß ja, dass du bis heute nicht verstehst, was ich damit meine. Was wirklich traurig ist. Denn … du und ich … wir beide … wäre das nicht gewesen, wäre das alles nicht passiert, dann … wer weiß, wie es heute wäre, ob wir beide noch ... Aber egal, ein `was wäre wenn´ gibt es nicht. Also müssen wir gar nicht weiter darüber reden.” Mario schluckte einen Moment, nickte dann aber und ließ sie weitersprechen. “Henry hat mir gezeigt, was es bedeutet bedingungslos geliebt zu werden. Dieses Gefühl hat mir bei dir irgendwann gefehlt.” Bei diesen Worten konnte Ihr Gegenüber nicht mehr sitzen bleiben. Er stand auf und begann durch den Raum zu laufen. Diese Worte waren schmerzhaft zu hören. Er wollte sie nicht hören, das war … das war zu viel. Elsa sah ihm mit großen Augen dabei zu, wie er hin und her ging. Abrupt blieb er stehen. “Wusstest du, dass Henry damals erst zu mir gekommen ist?”, richtete er an die junge Frau. Sie runzelte ihre Stirn. “Warum?” “Er wollte wissen, ob es für mich in Ordnung ist, wenn er dich um ein Date bittet.” “Warum sollte er das tun? Er kann machen, was er will. Er braucht doch nicht deine Erlaubnis dafür?” Elsa runzelte ihre Stirn. Mario sah sie ernst an. “Er ist mein Freund. Er wollte wissen, ob es für mich okay ist, wenn er etwas mit meiner Ex-Freundin anfängt. Vor allem auch, weil du und ich uns nicht mehr miteinander verstanden haben, was ja noch untertrieben ist. Und er wollte die Freundschaft zu mir nicht riskieren. Wir kennen uns schon länger, als ich dich kenne. Und er hat mir ebenfalls immer beigestanden.” Elsa hatte das Gefühl, dass ihr Brustkorb enger wurde. Seine Worte fühlten sich nicht gut an. Nicht nur sie hatte Henry betrogen, wenn man das so sehen konnte. Doch ihr Betrug war um einiges schlimmer als der von Henrys Kumpel. “Nein, davon wusste ich nichts”, reagierte sie deshalb auf Marios Frage zuvor. Sie knetete ihre eine Hand mit den Fingern der anderen und sah auf den Tisch vor sich. “Was hast du ihm geantwortet?” Mario lachte leise auf. “Willst du das wirklich wissen?” Sofort lag ihr Blick auf ihm. “Ja.” Er hob seine Schultern. “Ich habe ihm davon abgeraten. Warum auch, mit dir? Er hätte eine Bessere haben können.” Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und einen Moment blitzte Wut in ihren Augen auf. Ehe sie etwas entgegnen konnte, sprach Mario bereits weiter. “Du und ich, wir zwei haben doch nur noch gestritten. Ich konnte kein gutes Wort mehr über dich herausbringen. Doch schlussendlich habe ich ihm gesagt, dass er entscheiden muss, was er macht und wenn er meint, dass er mit dir ausgehen will, dass es mir egal ist.” “Und … wann war das?”, fragte Elsa ihn nach einem Moment des Schweigens. “Vor ungefähr zehn Monaten.” Dass passte. Henry hatte nicht ganz sechs Monate um sie gekämpft … Vier Monate waren sie nun schon zusammen. Wieder schwiegen sie beide und hingen ihren Gedanken nach. “Wirst du es ihm sagen?”, fragte er schließlich. Elsa zuckte mit ihren Schultern. “Ich weiß es nicht. Eigentlich wäre es richtig … aber ich will ihn wie gesagt nicht verletzen und das würde ich damit. Es hatte schließlich nichts zu bedeuten … oder?” Mario erstarrte. Diese Frage hatte er nicht erwartet. Hatte es etwas bedeutet? Erst der Kuss vor zwei Tagen und dann jetzt das? Sie hatten miteinander geschlafen. Warum? Seit über zwei Jahren hatten sie keinen Satz, ohne dabei zu streiten, wechseln können. Was sollte das jetzt also bedeuten? War es einfach nur die Anziehung gewesen? Der Streit, dass sie sich gegenseitig so aneinander aufgerieben haben und dass dies nun so explodiert war? Oder waren da noch irgendwo Gefühle? Er wusste es nicht, musste selbst erst darüber nachdenken. “Ich weiß es nicht”, antwortete er daher wahrheitsgemäß. “Wirst du es Ellen sagen?” Er blinzelte. Wieder hatte er nicht an das Mädchen an seiner Seite gedacht. Vorher einen Moment lang, ja. Aber seine Gedanken hatten alleine Elsa gegolten. Hatte das nicht auch schon etwas zu sagen? Kopfschüttelnd seufzte er auf. “Nein, erstmal nicht. Und solange du es nicht Henry sagen willst, macht es keinen Sinn, es Ellen zu sagen.” Wieder huschte Erleichterung über ihr Gesicht. “Wir behalten es für uns, Elsa, bis wir entschieden habe, was wir machen sollen.” Mario ließ sich wieder am Tisch auf den Boden sinken. Er beugte sich vor und griff nach dem Blatt Papier, das immer noch auf dem Boden lag. “Wir sollten schauen, dass wir die Aufgaben erledigt bekommen”, murmelte er. “Du hast recht”, erwiderte Elsa ebenso leise und griff nach ihren Schreibutensilien. ~~~ Zweieinhalb Stunden später brachte Mario Elsa zur Wohnungstüre. Sie hatten die ganze Zeit über nur noch was die Aufgaben betraf miteinander gesprochen. Darüber hinaus hatten sie kein Wort miteinander geredet. Und was zwischen ihnen passiert war, hatten sie nicht mehr angesprochen. “Also ...”, gab er unsicher von sich. Was sollte er auch zu ihr sagen? Zu seiner Exfreundin, die er nicht mehr leiden konnte und mit der er vorher erst unglaublichen Sex gehabt hatte, den er sicher nie wieder vergessen würde? “Okay … ähm … bis morgen”, murmelte sie leise und wich seinem Blick aus. Sie schlüpfte in ihre Schuhe und trat aus der von ihm geöffneten Türe. “Ich habe dich wirklich geliebt, Elsa”, brach es aus Mario heraus und gleich darauf erstarrte er. Warum hatte er das jetzt gesagt? Sie sah ihn mit geweiteten Augen einen Moment an, ehe sie wieder weg sah. “Ich dich auch, Mario. Sehr.” Und dann ging sie, ohne noch einmal zu ihm zurück zu schauen. Mario blieb noch an der geöffneten Wohnungstüre stehen, auch als er die Haustür wieder hinter ihr zufallen gehört hatte. Er seufzte auf. Warum hatte er diesen letzten Satz noch sagen müssen? Und ihre Worte … sie hallten in seinem Kopf und er hörte sie wieder und wieder. “Ich dich auch, Mario. Sehr.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)