Eins mit dem Tier von ValnarsKatze ================================================================================ Kapitel 19: Leben ----------------- Weitere Monate vergingen. Alaine regierte verborgen über Horan und bewahrte den Frieden. Den hatte sie auch bitter nötig, denn ihre Schwangerschaft machte sie fast wahnsinnig. Ihre Tochter verlangte reichlich Menschenblut, was das Tier noch mehr antrieb. Außer den Schlossbewohnern wusste immerhin niemand, wer sie war. Meister Ghadar ärgerte sie immer noch und ging ständig gegen Valnars und ihren Wünschen. Vor allem wenn es um den Tempel ging. Es war offensichtlich, dass der Berater sie beide nicht ausstehen konnte, auch wenn er es nicht erwähnte. Das Einzige, was sie von ihrem Tempel hatten, war das Fundament. Sie hätten längst mit dem Bau beginnen sollen! Sie lag im großen Ehebett und knurrte, als das Tier gegen ihre Seele drückte. In letzter Zeit passierte das ziemlich oft. Es schien sich dagegen wehren zu wollen, dass es mit ihrer Tochter den Platz teilen musste. Verärgert stöhnte sie, als die Schmerzen schlimmer wurden, und sie stand auf. Die innere Stimme verbiss sich in ihrer Magengegend und verlangte Blut. »Fühlt sich an, als hätte ich Zwillinge!«, fauchte Alaine ihr Tier an. Es benahm sich wie ein kleines Kind! Warum konnte es nicht einmal in den Tiefen ihres Innerem schlummern und sie in Ruhe lassen? Das Brennen wurde immer stärker, bis Alaine genug davon hatte und aus dem Raum stürmte. »Meine Königin, solltet Ihr nicht im Bett bleiben?«, fragte sie eine Dienerin und Alaine tat ihr Bestes, sie nicht anzugreifen. Ihr Herzschlag pochte in ihren Ohren und sie konnte das Blut riechen, aber sie schüttelte den Kopf. »Ist mir egal! Ich brauche Blut!«, keifte sie und lief die Treppe hinunter. Die Dienerin folgte ihr eilig. Meister Ghadar stand vor dem Speisesaal und hob eine Augenbraue, aber Alaine ging direkt an ihm vorbei, wollte nur zu den Flaschen. Fast wäre auch der Geruch vom Blut des Beraters verlockend gewesen, aber sie rannte stur weiter. Deine Beute steht überall um dir herum! Aber Alaine ignorierte die Stimme, riss den Vorratsschrank auf und entnahm eine Flasche. Die Dienerin stellte ihr schon ein Glas bereit und Alaine goss die rote Flüssigkeit hinein und trank alles auf einmal aus. Das Tier schlängelte sich durch ihre Kehle, schmiegte sich an sie und explodierte in alle Ecken ihres Leibes. Sie zitterte vor Erregung und stellte das Glas ab, dann atmete sie tief aus. Die Qual war vorerst wie weggeblasen und am liebsten hätte sie freudige Tränen vergossen. Als sie den Speisesaal verließ, stand Valnar schon vor ihr. Das Dienstmädchen verbeugte sich wortlos und huschte davon. »Gehts dir gut?«, fragte er besorgt. Sie betrachtete ihn in seiner schwarzen Rüstung, die mit Silber verziert war. Der schwarze Umhang schliff ihm hinterher und seine Schulterplatten waren vom selben Material wie seine Verzierungen. Valnar bemerkte Alaines Blick und seine Mundwinkel gingen nach oben. »Ähm, die Dienerinnen wollten mich unbedingt kleiden, damit ich wie ein König aussehe.« Er schaute verlegen. »Sie streiten sich schon fast darum.« Alaine lachte auf. »Na, du bist ja auch ihr König.« Sie ging näher heran und küsste ihn auf die Lippen. »Und mir gefällt auch, wie du ausschaust.« Er grinste und umarmte sie und Alaine konnte Meister Ghadar über Valnars Schulter an der Treppe stehen sehen, aber er schüttelte den Kopf und ging hinfort. Sie schaute verärgert drein. Dieser Kerl war mit allem unzufrieden, was sie tat. * Valnar und Alaine standen im Garten und legten neue Blumen an das Denkmal vom Asran Imperium und seinen Gefallenen. Das taten sie nun wieder jede Woche; zumindest das waren sie ihnen schuldig. Valnar griff nach ihrer Hand und sie schwiegen. Sie dachte an fröhliche Zeiten, die sie dort verbracht hatte, aber verdrängte diese Gedanken wieder, bevor sie erneut die Trauer packte. In den letzten Monaten war so viel geschehen: Die Krönung, ihre Schwangerschaft ... Sie fühlte sich schuldig währenddessen nicht an das alte Leben gedacht zu haben. Auch Valnar litt unter dem Verlust, aber er wollte es sich nicht anmerken lassen. Ganz besonders nicht, weil sie schwanger war. Sie wollte ihn trösten, doch legte er bereits den Arm um ihre Hüfte und lehnte seinen Kopf an ihren. Plötzlich hörten sie aufgebrachte Stimmen in der Ferne. »Was ist denn da los?«, fragte Alaine und Valnar nahm ihre Hand. »Lass uns nachschauen.« Im Burghof hielten zwei Vampirkrieger einen anderen fest, aber dieser riss sich los und wollte auf einen der menschlichen Soldaten stürmen. Valnar sprang dazwischen, packte ihn an den Schultern und versuchte ihn zurückzudrängen. »Beruhige dich«, sprach er sanft. Alaine eilte zu ihnen und verscheuchte die Menschen ins Schloss. Meister Ghadar kam aus dem Eingang und beobachtete das Geschehen mit schockiertem Blick. Vielleicht würde er mal merken, wie dringend sie diesen Tempel brauchten! »Ich schaff das nicht!«, brüllte der Vampir. »Dieser Geruch! Das Blut!« Er wollte sich wieder losreißen, aber Valnar legte die Arme um ihn. »Du hast das Tier schon einmal gezähmt. Das Schlimmste ist vorbei. Du schaffst das.« Der Rekrut schüttelte den Kopf, versuchte ruhig zu atmen. »Es kann dir nichts anhaben.« Allmählich beruhigte er sich und Valnar ließ ihn wieder los. Der Vampir sackte erschöpft zusammen und hielt sich das Gesicht. Der ganze Hof starrte ihn gebannt an, bis Valnar ihm die Hand ausstreckte. »Komm, wir bringen dich erst einmal weg von hier.« Daraufhin nickte er und zog sich an Valnars Hand hoch. Valnar gab Alaine einen ernsten Blick und sie verstand, dann ging er mit dem Rekrut und den anderen beiden Kriegern zurück zum Vampirabteil des Schlosses. Verärgert drehte sich Alaine zu Ghadar um und verschränkte die Arme. »Seht Ihr? Das passiert, wenn wir keinen Tempel zum Meditieren haben! Wir brauchen ihn, wenn Vampire und Menschen in Frieden miteinander leben wollen.« Der Berater rieb sich am Kinn, bevor er sprach. »Nun gut, ihr seid wohl doch eine größere Gefahr als ich dachte. Ihr bekommt das Material für den Tempel.« Überrascht starrte sie ihn an, aber dann erschien ein Lächeln auf ihren Lippen und sie faltete die Hände zusammen. »Vielen Dank.« Endlich! Darauf hatten sie eine Ewigkeit gewartet. Dass es überhaupt erst so weit kommen musste ... Doch Ghadar war wohl doch nicht so uneinsichtig, wie Valnar und sie immer dachten, und nun konnte der Bau beginnen. * Tage später war es so weit und Alaine war dabei, ihre Tochter zu gebären. Valnar lief seit Stunden auf und ab vor dem Schlafgemach, konnte die Schmerzensschreie seiner Ehefrau hören, während der Regen an die Fensterscheiben prasselte. Am liebsten wäre er hineingestürmt und hätte ihr zur Seite gestanden, aber die Vampirdienerinnen würden ihn nur wieder rausschmeißen. »Ihr solltet Euch setzen. Es wird schon alles gut gehen«, kommentierte Meister Ghadar, aber Valnar schnaubte nur. Natürlich war dieser Kerl hier ... Valnar wollte ihn gar nicht hier haben, aber er war nun mal so etwas wie eine Art Anführer der Menschen und so hatte er ein Recht darauf. »Ihr habt ja recht«, seufzte er schließlich. »Nun trinkt doch erst einmal eine Tasse Tee, mein Fürst«, sprach ein Diener, der auf ihn zukam, aber Valnar lehnte ab. Wäre es Blutrosentee gewesen, hätte er vielleicht akzeptiert, aber all das andere Zeug hier ließ ihn übel werden. »Nein, danke, und Ihr solltet gehen. Ich bin mir nicht sicher, wie Alaine auf den Geruch von Menschen reagiert, nachdem was sie gerade durchstehen muss.« Schockiert machte sich der Diener wieder auf den Weg nach draußen, nur der Berater blieb zurück. Valnar beäugte ihn nur kurz, aber er hätte auch nicht gedacht, dass er auf seine Warnung hören würde. Plötzlich hörte er ein kleines Weinen und das Tier entfachte sofort den Beschützerinstinkt in ihm. Ohne groß nachzudenken, riss er die Tür auf und der Blutgeruch klatschte ihm ins Gesicht. Aber das hielt ihn nicht auf und er rannte auf Alaine zu, ignorierte das Gemecker der Dienerinnen. »Val«, keuchte sie erschöpft. »Schau nur.« Dort lag sie in Alaines Armen, blutüberströmt, doch konnte er ihre langen weißen Haare sehen und dieselbe Tätowierung wie er auf ihren Arm. Sie schrie so laut, dass man die kleinen Eckzähne erkennen konnte und Valnars erster Instinkt war es, sie beschützen zu wollen. Die innere Stimme nährte sich an seinen Gefühlen, wollte ihn dazu verleiten, die anderen Vampire fortzujagen. Doch er tat nichts dergleichen, ging auf die Knie neben seiner Liebsten, die ihre gemeinsame Tochter in den Armen wog, um sie zu beruhigen. »Sie ist so perfekt«, flüsterte Alaine unter Tränen und ihr wurde ein volles Glas Blut gebracht. »Das ist sie.« Valnar wollte fast mitweinen und konnte den Blick von seiner Tochter nicht abwenden, aber er zwang sich das Glas entgegenzunehmen und Alaine zu füttern. Sie trank gierig und ihre Augen fingen an zu leuchten, während die Kleine weiter schrie. »Ssh, keine Angst«, flüsterte er und streckte vorsichtig seine Hand aus. Sie öffnete ihre hellroten Augen und er musste schluchzen. Er wusste nicht, ob sie Angst hatte oder noch vom Trauma der Geburt aufgebracht war. Trotzdem war Valnar so glücklich, sie zu sehen und selbst sein Tier umwickelte sein Herz sanft. Nachdem die Dienstmädchen sie endlich dazu gebracht hatten, ihre Tochter zu übergeben und zu waschen, lagen sie gemeinsam im Bett. Auch das ganze Blut an Alaine wurde entfernt und man hatte sie in ein einfaches Nachthemd gesteckt. Sie waren endlich allein. Die Kleine hing an Alaines Hals und trank ihr Blut, wobei Alaine schmunzeln musste. »Wie fühlt sich das an?«, fragte Valnar neugierig. »Ich weiß nicht. Irgendwie ... wie ein leichtes Piksen am Hals. Oh, sie hat so kleine Fangzähne.« Sie klang als bekäme sie einen Kloß im Hals, aber grinste noch. Schon allein der Gedanke machte ihn aufgeregt. »Darf ich sie nachher füttern?« »Natürlich«, erwiderte sie freudig. Sie beobachteten ihre Tochter noch eine Weile, bis sie von ihrer Mutter abließ und erschöpft ausatmete. Valnar war gebannt auf jede ihrer Bewegungen. Schließlich gähnte sie und schlief direkt ein. »Valnar, sie brauch noch einen Namen«, fing Alaine an. »Ich würde sie gerne nach deiner Mutter benennen. Wie fändest du die Idee?« Er lachte kurz auf, aber war zu Tränen gerührt. »Meira«, flüsterte er, ließ den Namen auf sich wirken, als er die Kleine betrachtete. »Ja, er ist perfekt. Ich ... ich würde mich sehr darüber freuen.« Alaine lehnte den Kopf an seinen. »Meira«, wiederholte sie. »Ja, er ist wundervoll.« Kaum ausgesprochen öffnete sich die Tür und Meister Ghadar trat hinein. »Glückwunsch zum Nachwuchs, meine Königin, mein König«, sprach er und gab Meira einen kurzen Blick, bevor er sich wieder an sie beide wandte. Valnar wollte ihn schon hinausjagen, aber er kam näher. »Es tut mir leid für die Störung, aber die Bürger von Horan sind sehr unzufrieden mich Euch, nachdem Ihr ihnen die Materialien für die Kirche genommen habt, um Euren Tempel zu bauen.« »Ah, ich-« Alaine sah betrübt aus, aber dann weiteten sich ihre Augen. »Dann befehle ich, dass unsere menschlichen Truppen zur Kirche gehen und beim Aufbau helfen. Einige Materialien können wir sicherlich auch entbehren.« Für einen Moment schaute Meister Ghadar finster drein, bis er wieder anfing zu lächeln. »... Natürlich, meine Königin. Eine sehr ... weise Entscheidung.« Er räusperte sich und verbeugte sich sogar vor ihnen. »Das war dann alles.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte er um und verließ das Zimmer. »So ein seltsamer Kerl«, kommentierte Alaine und Valnar musste grinsen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)