Dunkle Nächte von Traumfaengero_- (Wenn das Schicksal zuschlägt...) ================================================================================ Kapitel 18: Der Gegenangriff ---------------------------- Kapitel 18 Der Gegenangriff Wie viel Zeit vergangen war, konnte keiner der beiden sagen. Das stille Schluchzen war verstummt und auch sein Zittern hatte aufgehört. Joey lag nur noch in ihren Armen und schien völlig abwesend. Seine braunen Augen blickten starr auf den Boden. Erst durch sein Räuspern bemerkte sie den Brünetten, der in der Tür stand. Wie lange er sie beobachtet hatte oder ob er eben erst gekommen war, konnte sie nicht sagen. Noch immer lag eine gewisse Belustigung in seinem Blick. Die eisblauen Augen waren mit einer unglaublichen Kälte gefüllt und ein scharfes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Ich hole mir nur einen Kaffee, anscheinend gibt es hier keinen mehr.“ Am liebsten wäre Yuriko aufgesprungen und hätte ihrem Chef eine gescheuert. Was sollte das denn bitte heißen? Er war doch nur hier um herauszufinden, ob er sein Ziel erreicht hatte. Tief einatmend schloss sie kurz die Augen. „Ich bringe ihnen gleich einen Kaffee. Sie brauchen sich nicht bemühen!“ Mehr sagte sie nicht, auch er kommentierte diese Worte nur mit dem Hochziehen seiner rechten Augenbraue. Nun, wenn sie das unbedingt wollte, würde er sie nicht aufhalten. Kaum war das Geräusch der zufallenden Bürotür zu hören, kam jemand anderes um die Ecke. „Er ist weg oder?“ Fragte Hayato vorsichtig und zog die weiße Kochmütze von seinem Kopf. Der 24 Jährige sah aus seinen dunklen Augen zu ihnen und dann wurde sein erleichterter Gesichtsausdruck zu einem traurigen. Vorsichtig schob er den kleinen Speisewagen durch die Tür in den Bistrobereich hinein. Joey hatte nicht einmal auf seine Stimme reagiert. Er trug seine weiße Kochkleidung und stellte den Wagen ab. Der Küchenlehrling besaß die typischen Merkmale eines Japaners, die schmalen, dunklen Augen, die schwarzen Haare und dieses eigenwillige Gesicht. Er legte die weiße Mütze auf den Wagen und ließ sich dann vor Joey in die Hocke sinken. „Hey, ich lasse mal die üblichen Fragen von wegen, wie es dir geht.“ Begann er und nun kam zumindest eine Regung in den Blick des Blonden. Die Honigbraunen Augen fixierten Hayato und dieser lächelte freundlich. Er war ein kleiner, schlaksiger junger Mann, der sehr gefühlvoll sein konnte. Er kannte Joey erst seit letzter Woche und hatte sich bis über beide Ohren in diesen verliebt. „Ok, auch auf die Gefahr hin, dass du mich jetzt für völlig bescheuert hältst, aber ich habe einen Plan!“ Begann er euphorisch und sah mit einem breiten Grinsen zu beiden auf. Nun regte sich sogar der Rest des 19 Jährigen und er setzte sich langsam auf. Seine Augen waren vom Weinen gerötet und er wirkte schrecklich erschöpft und niedergeschlagen. „Ich habe den ultimativen Plan, wie du diesem Vollidioten so richtig in den Arsch treten kannst!“ Noch immer hatte seine Stimme diesen beschwingten Klang. Kurz schloss Joey die Augen und seufzte. „Ist das jetzt wirklich dein Ernst?“ Fragte er und blickte zu der älteren Dame an seiner Seite, die nur mit den Schultern zuckte. „Ich höre ihm gerne zu.“ Meinte sie nur und sah dann wieder zu Hayato. „Ok, so wie ich die Lage einschätze, ist dieser Großkotz eben nur hier gewesen um nachzusehen, ob er Erfolg hatte. Das alles macht er nur um dich klein zu kriegen! Du, Joseph Wheeler, machst dich jetzt frisch, ich koche derweil den besten Kaffee, den dieses Arsch in seinem ganzen Leben getrunken hat und dann bringst du ihm sein Mittagessen mit einem Lächeln auf den Lippen rein und wünscht ihm noch einen guten Appetit!“ Nun war es der 19 Jährige, der ihn ungläubig anstarrte. „Ich verspreche dir, dass du das dümmste Gesicht von allen zu sehen bekommst!“ Meinte der Küchenjunge und strahlte dabei. „Das letzte, womit Kaiba jetzt rechnet ist deine Auferstehung. Der glaubt doch, dass er dich fertig gemacht hat! Das ist deine ultimative Rache! Er will eine Wette! Er bekommt eine Wette! Seit wann lassen sich denn Kerle wie du einfach so demütigen und fertig machen?“ Bei diesen Worten musste Joey sogar leicht lachen. „Hör mal, er hat von einer Wette gesprochen und noch ist überhaupt nichts geschehen. Was glaubst du wohl, was er macht, wenn du nach drei Monaten die Wette gewonnen hast? Stell dir mal sein Gesicht vor!“ Rief er freudig und nun kam langsam wieder Leben in den Sekretär. „Ja,… ja… ok, ich gebe zu, dass wäre schon eine echt klasse Vorstellung!“ Brummte er und fuhr sich verlegen mit der Hand über den Nacken. „Aber…“ Doch da wurde er unterbrochen. Der Schwarzhaarige war aufgesprungen und zu seinem Wagen geeilt. Er hatte eine schwarze Dose unter seiner Mütze hervor gezogen und öffnete sie. Darin lagen dunkle Kaffeebohnen. „Das hier, meine lieben Mitverschwörer, ist der Kaffee meines Chefs. Wenn er erfährt, dass ich ihm die Bohnen geklaut habe, bringt er mich um.“ Er machte eine dramatorgische Pause und fügte dann an. „Ok, ich kann ihn damit erpressen, dass er den Kaffee über die Küche kauft und damit keinen Yen dafür bezahlt. Aber das hier ist der beste Kaffee, denn Kaiba bisher getrunken hat, auf jeden Fall hier in seinem Büro. Ich habe diesen Kaffee nicht umsonst gestohlen, Joey! Und ich werde nicht zulassen, dass dich dieser Mistkerl in die Knie zwingt!“ Die Honigbraunen Augen leuchteten und die bleichen Wangen glühten rot. „Ist ja gut, ich mach es ja schon, aber hör auf damit! Du bist ja schrecklich.“ Lachte er, da der Küchenjunge in theatralische Posen gesprungen war um seine Worte zu unterstreichen. „Und nein, ich finde es zwar unglaublich lieb von dir, aber damit bekommst du mich auch nicht rum.“ Das breite Gesicht verzog sich zu einem trauernden Ausdruck. „Na gut… aber du hast mich lieb?“ Fragte Hayato, der nicht mit einem solchen Korb gerechnet hatte. Der kleine Stich in seinem Herzen war bei diesem Lächeln wenigstens erträglich. „Ja, ich habe dich lieb! Wirklich lieb!“ Sagte Joey, der nun aufgestanden war und zog den etwas kleineren Mann in seine Arme. „Du verrückter Spinner. Kaiba wird mich umbringen!“ Brummte er lachend, während er sich wieder von seinem neuen Freund löste. „Glaub mir, dass wird er nicht! Also, sorg du dafür, dass du etwas besser aussiehst und ich koche solange Kaffee!“ Die Wangen des 24 Jährigen glühten und er wirkte mehr als verlegen, was er mit seinem Grinsen überspielen wollte. Daran hätte er auch gleich denken können. Der Blonde fuhr sich nun peinlich berührt mit der flachen Hand über den Nacken und senkte den Blick. Klasse, ja, vielleicht hätte er das ein wenig besser anstellen sollen. Erst diesen groben Korb verteilen und dann um den Hals fallen? Ein wenig gefühlvoller wäre da sicher ganz schön gewesen und… „Schon ok, Joey.“ Erklang mit einem Mal die Stimme des Küchenjungen und Joey sah auf. „Mach dir wegen mir keinen Kopf. Ich meine, ich bin ja derjenige, der dich so offensiv… ähm… angebaggert hat.“ Dass er dann auch mit einer offensiven Abfuhr rechen sollte, war dabei eine logische Folge. Der kleine Bistrobereich war mit dem Geruch des schwarzen Kaffees erfüllt, als Joey wieder zurück kam. Die Toiletten waren hinter der kleinen Küche, abgetrennt vom Büro. Heute fiel dem jungen Mann das erste Mal auf, dass diese Küche ja nur für die drei Sekretärinnen, den Sekretär und Kaiba war. Sonst gab es niemanden mehr auf diesem Stockwerk. Dass alles hier war allein für sie gedacht. Hayato sah ihn mit großen Augen an. „Hast du ein neues Hemd an?“ Fragte er und nun grinste Yuriko über beide Ohren. „Nun, ich habe letzte Woche für Ersatz gesorgt. Ich ahnte schon, dass wir welche gebrauchen könnten.“ Gab sie freudig von sich und Joey wurde rot. Er hatte sich das Gesicht gewaschen, die Haare gekämmt und das Hemd gewechselt. „Ok, der Kaffee ist fertig, jetzt aber los. Sonst wird das Essen noch kalt!“ Meinte der Küchenjunge und spürte die Hitze auf seinen Wangen. Er hatte den Teller mit dem Becher auf einem Tablett platziert und drückte dieses nun Joey in die Hände. „Das schaffst du schon! Denk einfach an sein dummes Gesicht!“ Mit klopfenden Herzen stand er dort an der Tür und sah noch einmal zu den beiden hinüber. Sie drückten ihm die Daumen, ihre großen Augen leuchteten voller Zuversicht und Freude! Ob Hayatos Plan aufging? Würde Seto sich wirklich darüber wundern, wenn er jetzt auftauchte? Seine Knie schienen zu zittern, seine Arme schienen so schwer und dann hörte er plötzlich die tiefe Stimme. „Herein!“ Oh Gott, wann hatte er denn geklopft? Doch ja, er hielt das Tablett nur noch auf der einen Hand fest, die andere lag noch geballt gegen das Holz gedrückt. Ok, er hatte wirklich schon geklopft! Seine Kehle schmerzte, so groß war der Kloß in seinem Hals. Mit zitternder Hand griff er nach dem Türgriff und drückte ihn herunter. Ok, Schritt für Schritt. Er war gleich drinnen! Die eisblauen Augen sahen ihn an und ja er konnte die Überraschung erkennen, die in ihnen stand. Wirklich? War er wirklich überrascht? Sein Herz machte einen Hüpfer und ganz automatisch musste er lächeln. Jetzt durfte er nur nicht das Gehen vergessen. Ganz rüber zum Schreibtisch. „Ich bringe ihnen nur ihr Mittagessen!“ Hatte er das gesagt? Ja, das war seine Stimme und der Brünette vor ihm, der sich anscheinend wieder gefangen hatte, schob die Blätter zusammen, die noch auf seinem Arbeitsplatz lagen. So konnte Joey das Tablett abstellen und verneigte sich leicht. „Ich wünsche ihnen einen guten Appetit. Mr. Kaiba.“ Sagte er und als er den Blick wieder hob, in die eisblauen Augen schaute, musste er leise schlucken. „Solltet ihr noch etwas brauchen, wisst ihr ja, wo ihr mich findet.“ Sein Herz klopfte so stark, dass es schmerzte. Er spürte die Anspannung seines Körpers und den Schmerz in seinem Hals. Er bekam kaum Luft, während er durch das Büro schritt. Jetzt musste er nur noch die Tür hinter sich schließen. Als er sich umdrehte, die Tür schließen wollte, sah er in diese eisblauen Augen. Ja, genau das wollte er sehen! Genau diesen entsetzen, völlig überforderten Blick! Hayato hatte Recht! Diese Reaktion hatte Seto Kaiba so überrascht, dass dieser noch immer dort saß, ihn anblickte und dabei all seine Fassung verloren hatte. Das erste Erstaunen hatte er noch fassen können, doch nach diesen Worten war ihm seine eiserne Maske gänzlich vom Gesicht gefallen. Nachdem die Tür geschlossen war, drehte er sich zu seinen „Mitverschwörern“ um, die schon voller Aufregung neben der Tür standen und warteten. „JA! JA! JA!“ Flüsterte er und Hayato sprang vor Freude in die Luft. „Los, rüber in die Küche!“ Flüsterte Joey und scheuchte beide in den Bistrobereich. „Du hattest Recht!“ Meinte er grinsend und alle drei begannen zu jubeln. Ja, er hatte sich Seto Kaiba gegenüber bewiesen! Wenn auch nur für diesen Moment, aber das hatte er getan! Er hatte ihn in diesem Spiel besiegt! „Danke! Danke! Ohne euch beiden hätte ich das sicher nicht geschafft!“ Grinste der Blonde überglücklich. War das jetzt wirklich geschehen? Noch immer saß er dort, blinzelte und starrte dann auf den Teller, der vor ihm stand. Ok, ja, anscheinend war das kein Traum. Das erinnerte ihn so an den Freitag Abend. Hatte der kleine Köter ihn schon wieder so aus der Fassung bringen können? Irritiert bemerkte er, dass der Geruch des Kaffes anders war. Er griff nach dem Becher und schnupperte daran. Ja, das war eine andere Sorte. Vorsichtig nahm er einen Schluck des heißen Getränkes und schloss die Augen. Bei allen verfluchten Göttern! Bei allen entehrten, verfluchten, erniedrigten Göttern! Was war das für ein Kaffee? Gut, dieser Punkt ging ohne zu zögern an Joey! Ja, das tat er! Aber wo hatte er diesen Kaffee her? Noch einmal nahm er einen Schluck und ließ sich in seinen Stuhl zurück sinken. Bekam er jedes Mal so einen guten Kaffee, wenn er Joey zum Heulen brachte? Diese Kombination sollte er vielleicht doch nicht knüpfen. Das war eher unwahrscheinlich. Langsam öffnete er die Augen wieder und blickte auf den weißen Teller, dessen Rand mit einem leuchtenden Dunkelblau verziert war. Nun meldete sich auch sein Magen und verkündete, dass er Hunger hatte. Eine seltsame Ruhe hatte den Brünetten ergriffen, als er den heißen Becher wieder auf seinen Platz stellte. Er würde jetzt zwar eine neue Racheaktion planen müssen, aber das würde er alles später machen. Nach dem Essen! Joey genoss seine Pause. Er hatte einfach auf Kosten des Hauses für Yuriko das Mittagessen mit auf die Bestellung gesetzt. Wenn sie schon für drei arbeitete, sollte sie wenigstens dass bekommen dürfen. Hayato hatte zum Dank einen Kuss auf die Wange bekommen, was ihn wie eine Aufziehpuppe um alle Tische laufen ließ. „Und er ist wirklich schon 24 Jahre alt?“ Scherzte die Sekretärin und lachte, als er mit hoch rotem Kopf wieder bei ihnen war. „Ja, wirklich!“ Rief er freudig aus. Er hatte seine Pause so gelegt, dass er sie jetzt nehmen konnte. So hatte er Zeit für Joey gehabt und als sie mit dem Essen fertig waren, räumte er alles auf seinen kleinen Wagen. „Gut, ich mache mich dann auf den Weg zurück, sonst…“ Doch den Satz beendete er nicht. Er hatte sich zur Tür umgedreht und starrte in das helle Gesicht des Firmenführers. Es wurde schlagartig still und auch Joey und Yuriko schluckten leise. Er lehnte dort im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt. Es wirkte so, als würde er dort schon länger stehen. „Wenn ihr jetzt noch Musik anstellt, könnte man das hier glatt als Feier bezeichnen.“ Meinte er kühl und doch lag da dieses Lächeln auf seinen Lippen, dass nicht ganz von Kälte zeugte. „Wir nutzen nur den Pausenraum für unsere Pause.“ Versuchte der 19 Jährige das Wort zu ergreifen und scherzte dann vorsichtig. „Wäre das eine Feier, hätten wir dich natürlich eingeladen!“ Sein Lächeln verschwand wieder, als sich die rechte Augenbraue bedrohlich fragend in die Höhe schob. „Wie können wir dir helfen?“ Fragte er so und setzte ein neues Lächeln auf. Er bekam keine direkte Antwort, der Brünette hob nur den Becher, der bisher zwischen seinen Fingern baumelte. Nach einer Weile des unverständlichen Schweigens ergriff Seto doch das Wort. „Du setzt mir so einen Kaffee vor und glaubst, dass ich nicht danach fragen werde?“ Nun trat eine verlegene Stille ein, in der die drei vielsagende Blicke miteinander tauschten. Keiner wollte diese Stille brechen, als ihre Blicke zurück zu dem Brünetten wanderten. „Gut, ich bin zu einem Deal bereit. Wenn ihr alle so in Schweigen erstarrt, kann mit dem Kaffee irgendetwas nicht stimmen. Ihr rückt mit der Sprache raus und ich belasse meine Bosheiten für heute!“ Die eisblauen Augen wanderten von einem zum anderen und als sein Blick den Küchenjungen traf, begann dieser stotternd. „Keine… keine Bosheiten für alle den ganzen Tag?“ Fragte er nach und bei dem Nicken fügte er an. „Und dafür keine Rache an irgendeinem anderen Tag?“ Wieder ein Nicken. Kurz schaute er zu Joey und Yuriko, die ebenso unsicher schienen. „Nun ja, der Kaffe ist irgendwie… geklaut.“ Es erschien wie eine Mischung aus Unglaube und Irritation. „Ich habe ihn meinem Chef gekl… also… ähm… entwendet. Er bestellt ihn immer über die Küche, trinkt ihn aber alleine. Er teilt ihn mit keinem!“ Hayato musste schlucken und langsam löste sich die Verschränkung der Arme. Seto stieß sich vom Türrahmen ab. Oh, Buddha, warum konnte man unter dem Blick dieser eisblauen Augen nicht einfach lügen? Eine kleine Lüge? „Du hast mir gerade gesagt, dass der Küchenchef Kaffee unterschlägt, den er auf meine Kosten bestellt?“ Die Kälte in der tiefen Stimme war grausam, sodass Hayato nur noch nicken konnte. „Becher gegen Dose!“ War seine einzige Aussage und die dunklen Augen blinzelten kurz. „Oh,… ja… natürlich… Mr. Kaiba!“ Es dauerte, bis er diese Aussage verstanden hatte. Er griff nach der Dose, die ganz unten auf dem Rollwagen stand und reichte sie dem Brünetten, während er dessen Becher abnahm. „Meister Okamura bekommt doch jetzt keine Probleme oder?“ Fragte der 24 Jährige nach und die rechte Augenbraue hob sich fragend. „Ich sprach davon, dass ich mich weder rächen werde, noch andere Bosheiten aushecken. Das hier ist ein klarer Verstoß gegen… gegen alles! Das ist Diebstahl und Unterschlagung!“ Fuhr Seto den leicht Älteren an, der kleiner als er war. Hayato war dem Firmenführer in die Küche gefolgt, wo dieser alle Bücher überprüfte. Der Kaffee, den Meister Okamura bestellt hatte, war von der teuersten Sorte. Es hatte sich über die Jahre ein ordentliches Sümmchen angesammelt und dem Brünetten platze der Kragen. Natürlich war dem ganzen Küchenpersonal bewusst, wer für dieses ganze Chaos zuständig war und so trafen Hayato böse Blicke. Die große Küche, die für die weitläufige Kantine zuständig war, wurde von gut einem duzend Köche bedient. Okamura war der Ranghöchste, der für die Bestellung und die Planung zuständig war. Kochen tat er schon lange nicht mehr. Der kleine Japaner war dick geworden, starrte nun aus seinen runden Augen aus dem dicken Gesicht zu dem schlanken Firmenführer auf. Das Mittagessen war gerade überstanden und nun begannen die Aufräumarbeiten und das Vorbereiten des Abendessens. Alle Küchenjungen und Jungköche standen starr hinter dem großen Aufbau, der Kücheninsel in der Mitte des Raumes und versuchten sich dahinter zu verstecken. Nur der 24 Jährige traute sich nicht zu ihnen, ihre Blicke sagten genug. Das Messer fuhr erstaunlich tief in die hölzerne Arbeitsplatte und Okamura zog seine Hand blitzartig weg. Er schluckte. „Muss ich jetzt wirklich jedes Buch der letzten 10 Jahre ausgraben um die gesamte Summe zu errechnen?“ Fragte Seto, der den Griff des Messers umklammert hielt. Einen wütenden, um Geld betrogenen Kaiba ließ man nicht in die Nähe von Messern. Der Blick der eisigen Augen war so gnadenlos, dass der Japaner sogar mit einer sofortigen Hinrichtung rechnete. Er hatte Todesangst. „Ich will jeden Yen wieder haben! Und wenn ich dich hier noch einmal sehe, dann schlitze ich dich vom Hals bis zum Rumpf auf und wir servieren Koch zu Mittag!“ Zischte er voller kaltem Zorn und zog das Messer wieder aus der Arbeitsplatte, in die er es gestoßen hatte. Mit einer langsamen, aber eleganten Drehung wendete er sich den anderen zu. „Da hier keiner über diesen Vorfall erstaunt ist, gehe ich davon aus, dass ihr alle Bescheid gewusst habt.“ Er trat langsam auf die Insel zu. Da vom Kochen noch vieles dreckig war, verdeckten keine Pfannen die Sicht. „Ich werde ab heute jeden Yen kontrollieren, der hier bestellt wird. Wenn also auch nur annähernd noch einmal etwas dergleichen geschieht, wird keiner von euch in irgendeiner Küche je wieder kochen! Da ihr allesamt gleichermaßen die Schnauze gehalten habt, könnt ihr eurem Kollegen auf Knien danken, dass er die Suppe für euch auslöffelt!“ Damit stieß er das Messer in das runde Holzbrett vor ihm auf der Arbeitsplatte der Kochinsel und alle zuckten zusammen. „Wenn ihm also etwas passieren sollte, dann brauche ich ab diesem Zeitpunkt ein komplett neues Küchenpersonal!“ Mit diesen Worten wendete er sich Meister Okamura zu. Dabei zog sich ein kaltes Lächeln über seine Lippen. „Jeden einzelnen Yen und ich schwöre dir, dass du nicht wissen willst, was ich mit euch mache, wenn ihm etwas passiert!“ Diese Worte standen noch im Raum, als der Brünette ihn verließ. Zähneknirschend packte der alte Koch seine Sachen und man konnte den Hass in seinen Augen sehen. Es dauerte nur eine halbe Stunde und Okamura war verschwunden. Die Stimmung in der Küche war seltsam. Auf der einen Seite schwebte eine gewisse Erleichterung im Raum, denn der Chefkoch gehörte zu der übelsten Sorte cholerischer Männer. Doch die zusätzliche Kontrolle und die nun bestehende Gefahr waren unangenehme Zusätze. Schweigend machten sie sich an die Arbeit, um für das Abendessen alles vorzubereiten. Angespannt warteten Joey und Yuriko auf die Rückkehr des Firmenführers und saßen an ihren Schreibtischen. Sie wollten sich auf keinen Fall Ärger einhandeln und doch fiel es ihnen sehr schwer sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Als sich der Fahrstuhl öffnete, zuckte die Sekretärin leicht zusammen. „Wheeler, Miyagi hier her!“ Zitierte er beide zu sich und kaum einen Herzschlag später standen sie vor ihm. Noch immer befand er sich vor dem Fahrstuhl und verschränkte sauer die Arme vor der Brust. „Habt ihr davon gewusst?“ Fragte Seto und sah in zwei schuldbewusste Gesichter. Erstaunlicherweise war es Joey, der das Wort als erstes ergriff. „Hayato hat es uns erst kurz davor gesagt. Er hat es uns erzählt, nachdem er heute nach oben gekommen war und das Essen brachte. Er wollte dir mit dem Kaffee eine Freude bereiten und hat ihn deswegen seinem Chef geklaut… ausgeborgt!“ Erklärte der Blonde und senkte kurz den Blick. „Wie… wie geht es ihm jetzt?“ Fragte er vorsichtig und nach einem Moment der Stille erklang die tiefe Stimme. „Deinem Lover geht es gut. Okamura ist mit sofortiger Wirkung gekündigt worden.“ Seto hielt kurz inne, als er bemerkte wie sich ihm die honigbraunen Augen wieder zuwandten, Scharm und Verlegenheit spiegelte sich in ihnen.. „Was siehst du mich so an? Er flattert doch um dich herum wie der Schmetterling um eine Blume!“ Die eben noch bleichen Wangen wurden dunkelrot. „Ab mit euch beiden an die Arbeit!“ Brummte er dann und schob sich an beiden vorbei um das Büro zu durchqueren. Seto hielt sich an sein Versprechen und trotz seiner schlechten Laune ließ er alle Gemeinheiten des heutigen Tages. Erst um 19:05 Uhr stand er wieder mit diesem seltsamen Ausdruck vor Joeys Schreibtisch. „Du hast Feierabend! Seit 17 Uhr!“ Knurrte er und die honigbraunen Augen leuchteten frech. „Ich bin so gut wie fertig. Nur noch… fünf Minuten!“ Seto seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich warte!“ Meinte er nur und während sich der Blonde noch ein paar handschriftliche Notizen machte, musste er grinsen. „Willst du mich etwa los werden?“ Fragte er und als er den finsteren Ausdruck erkannte, zuckte er nur mit den Schultern. „Ist ja gut, ich sage ja nichts weiter. Aber es ist schon sehr auffällig.“ Brummte er nur und legte den Stift zur Seite. Mit wenigen Mausklicken hatte er alle Programme geschlossen und ließ den Rechner herunterfahren. Yuriko war schon wie jeden Abend gegangen und nun waren sie nur noch zu zweit hier oben. Mit einem Seufzen schob er den Stuhl zurück und stand auf. „Ich weiß ja, du erzählst mir eh nichts, aber ist die Summe so groß, dass du den ganzen Tag mit dieser schlechten Laune durch die Gegend läufst?“ Fragte er und sah zu dem brünetten Firmenführer auf. Dieser blickte ihn nur schweigend an. Doch auch Joey schien sich nicht weiter zu rühren, wartete geduldig ab. „Ja, die Summe ist sehr, sehr hoch! Dieser Kaffee gilt als Delikatesse und wenn ich dir den Preis für ein einziges Kilo Excelsa Kaffees verrate, fällst du hier wahrscheinlich noch um.“ Brummte er schließlich und sah, wie sein Gegenüber die Stirn in Falten legte. „Das Geld wirst du nie wieder sehen oder?“ Fragte Joey nun und wusste, dass er sich da auf sehr dünnes Eis begab. „Ja, wahrscheinlich.“ Damit hatte die schlechte Laune ihren Tiefpunkt erreicht. „Lebt er noch?“ Erstaunt über diese Frage zog sich die rechte Augenbraue in die Höhe. Hatte er das eben ernsthaft gefragt? „Tote zahlen so schlecht.“ Knurrte Seto nur und ließ nicht erahnen, ob er nur einen Witz machte. Dafür fiel ihm auf, wie der 19 Jährige etwas in seiner Hosentasche verschwinden ließ. „Ok… damit sage ich dann wohl besser nur noch ~Ich wünsche dir einen guten Abend.~ und verschwinde schnellst möglichst!“ Gab Joey von sich und hob die Hände abwehrend in die Höhe. Er hatte seine Jacke eben schon geholt, sie hing über seinem Stuhl und so schlüpfte er schnell in diese hinein. „Ach ja, ich soll Donnerstag Morgen noch einmal bei Doktor Sakurai vorbei schauen. Ich denke, dass ich dafür genügend Überstunden angehäuft habe oder?“ Fragte er noch sicherheitshalber und bekam nur dieses schrecklich schweigende Nicken. Er streifte den Träger seiner Tasche über die Schulter. „Sonst noch etwas?“ Wieder nur ein Kopfschütteln, ebenso wortlos. Mit einem Seufzen ging Joey um seinen Schreibtisch herum und dann zeigte sich ein Lächeln auf seinen Lippen. „Es freut mich übrigens, dass dir das Wochenende so gefallen hat. Mokuba war auch sehr begeistert. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend. Bis Morgen!“ Irritiert blickte Seto auf den breiten Rücken des blonden Mannes, der vor dem Fahrstuhl stand. Hatte er das eben ernst gemeint? Nein, sicher nicht! Das machte alles keinen Sinn! Mit einem verärgerten Kopfschütteln drehte er sich um und stapfte auf sein Büro zu. Jetzt sollte er auch langsam zurück. Schweigend warf er einen Blick über die Schulter, Joey war verschwunden. Hatte er das wirklich ernst gemeint? Nach all dem war er heute gemacht hatte? Und warum hatte Joey einen USB Stick eingesteckt, der eindeutig ihm gehörte? Oder eher der Kaiba Corp.? Sein Blick schweifte durch das Büro und zum ersten Mal seit langem fühlte er eine seltsame Leere. Er war alleine hier, der letzte, der noch auf diesem Stockwerk war. Das Klingeln seines Handys holte ihn aus diesen Gedanken. „Hallo, Vik, wie geht es dir?“ Fragte er und schloss die Tür hinter sich. „Mir ist so langweilig, Seto! Leute zusammenstauchen und Firmen zermalmen macht ohne dich nur halb so viel Spaß. Wann kommst du wieder vorbei?“ Fragte die weibliche Stimme auf der anderen Seite. „Mal sehen, vielleicht dieses Wochenende. Ist es denn so schlimm ohne mich?“ Fragte er zurück und ließ sich in seinen großen Stuhl sinken. „Na ja, den wilden Pressemitteilungen nach zu urteilen bist du ja gut beschäftigt. Erzähl mir von dieser kleinen Wette. Das ist doch der kleine Trottel, der neulich deinen Kaffee vergessen hat. Der mit seinen 560 ausstehenden Arbeitsstunden oder?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)