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Somewhere over the rainbow

von

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Traum Teil 9

Der Weg in die Smaragdenstadt Londonia war lang.

Und teilweise beschwerlich.

Dennoch – John genoss jeden einzelnen Tag. Es machte ihm Spaß, mit seinen Freunden dahin zu marschieren, dabei immer wieder mal ein Liedchen zu pfeifen und Sonnenschein und Blumenduft zu genießen.

Er mochte das Gezwitscher der Vögel. Das Plätschern des allgegenwärtigen Baches. Das leise Murmeln des Windes, das Rauschen der Blätter, das Dunkel des Waldes, die sonnendurchflutete Helligkeit der Wiesen und Felder. Er mochte auch den leisen, warmen Regen, der ab und an niederging.

Für ihn hätte es ewig so weitergehen können.
 

An Nahrung litten sie keinen Mangel. Wann immer sie eines der kleinen Dörfer betraten, wurden sie von den freundlichen Einwohnern mit genügend Vorräten versorgt, so dass John keinen Hunger litt.

Philipp und Mycroft brauchten ohnehin keine Nahrung. Der Löwe ging, wenn John schlief, auf die Jagd ... er redete nicht groß darüber, und Toto, der ihn gerne begleitete, hielt ebenso die niedliche kleine Schnauze.
 

Die neuen Freunde zeigten sich als angenehme und auch durchaus hilfreiche Begleiter, wenngleich ihre Schwächen bei der langen Wanderschaft natürlich deutlich zu Tage traten.
 

Philipp bewies immer wieder seine Dummheit.

Zwar hatte er durchaus hilfreiche Einfälle. Viele von ihnen spontan, und überaus praktisch; und mehr als einmal half er ihnen damit aus einer Klemme, in der sie ohne seine Ideen festgesteckt hätten.

Allerdings konnte er nichts von alle dem, was ihm so einfiel, wissenschaftlich begründen.

Wie überaus dumm von ihm.
 

Mycroft bewies immer wieder seine Kaltherzigkeit.

Er half seinen Freunden wo er nur konnte. Unterstützte sie. Half der Scheuche über manch Schlagloch hinweg, schuf mit seiner Axt Platz, wenn der Wald den Weg überwucherte.

Darüber hinaus kümmerte er sich um verletzte Tiere, die ihren Weg kreuzten, schiente einem Reh den Hinterlauf, verband einem Eichhörnchen die Pfote.

Doch das alles tat er nicht aus Liebe, sondern einfach, weil sein kluger Kopf die Notwendigkeit begriff, für andere da zu sein, denn die logische Schlussfolgerung wäre, dass es dann, wenn jeder jedem ein bisschen helfen würde, allen besser gehen würde.

Reine Kopfsache also.

Wie überaus herzlos von ihm.
 

Der Löwe bewies immer wieder seine Feigheit.

Er schritt voran und sicherte für die Freunde den Weg. Er verteidigte sie tapfer gegen wilde Tiere, die in den tiefen Wäldern des Zauberlandes durchaus anzutreffen waren.

Einmal kämpfte er sogar gegen eine finstere Räuberbande und schlug sie in die Flucht.

Mehrmals hatte er so den Freunden das Leben gerettet.

Aber so sehr er sich auch bemühte, verspürte er doch bei jedem Kampf und jedem Angriff Angst in seinem Herzen.

Wie überaus feige von ihm.
 

Nun, John ließ sich von den Schwächen seiner Freunde nicht anfechten. Er mochte sie, wie sie waren. Tatsächlich hatte er sich so an sie gewöhnt, dass er sich nicht vorstellen konnte, wie es ohne sie wäre.

'Ob das gut ist?', fragte er sich. Schließlich hieß es doch, er könne nicht hier bleiben.

Er seufzte.
 

Toto war derjenige, der alles und jedes, was um ihn herum geschah, und was die Gefährten so trieben, mit bissigen Kommentaren versah. Er fand, er hätte ein Recht darauf, schließlich war er ein Hund und wenn er schon nicht mit seine Zähnen um sich biss, dazu war er ein viel zu freundliches Tier, wollte er es wenigstens mit Worten. Im übrigen genoss er die Tatsache, dass ihm hier im Zauberland Worte zur Verfügung standen.
 

So gingen einige Wochen ins Land, und sie näherten sich immer mehr ihrem Ziel.

Um sie herum wurde nach und nach alles grün.

Also nicht etwa die Wiesen und Bäume, die waren ohnehin im Zauberland grüner als sonst irgendwo auf der Welt.

Nein, die Rede ist von Häusern, Zäunen und der Bekleidung der Menschen.

Grün, dachte John, smaragdgrün.
 

„Ich glaube“, sagte er also eines Morgens, „ich glaube, wir werden jetzt nicht mehr lange unterwegs sein. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis wir die Smaragdenstadt Londonia erreicht haben. Und dann ...“

Ja, und dann.
 

„Ich wüsste zu gerne“, sagte Philipp leise, „ob der große Sherlock mir wirklich und wahrhaftig ein Gehirn geben wird. Ob er überhaupt dazu in der Lage ist?“

Und er sah John so bittend an, dass dieser nicht anders konnte als zu nicken.

„Ich bin mir sicher, immerhin ist er ein großer und mächtiger Zauberer, und er dürfte sich doch nicht mächtig nennen, wenn er nicht einmal eine solche Kleinigkeit hinbekäme, oder?“

Hoffentlich verspreche ich hier nichts, was dieser Sherlock nicht halten kann, dachte John und seufzte.
 

„Und ich hoffe, dass er mir auch wirklich ein Herz schenken kann.“

Mycrofts eiserne Wangen schimmerten auf einmal kupferrot.

„Sicher“, sagte John, „Ich bin fest davon überzeugt. Wer Philipp zum Denken bringt, bringt auch dich zum Lieben.“
 

„Hey“, knurrte Toto leise, „bissige Kommentare sind mein Fachgebiet!“ Aber John gab ihm schnell einen kleinen Nasenstüber, und so schwieg er.
 

„Na ja, ich habe Angst, ob das mit dem Mut so klappt“, seufzte der Löwe.

„Aber ich werde mein Schicksal eben so nehmen, wie es kommt.“

Diesmal sagte John nichts.
 

Sie gingen weiter, voller Hoffen und Bangen.
 

Am nächsten Morgen, kurz nach ihrem Aufbruch, sahen sie in der Ferne die herrliche, smaragdgrüne Silhouette der Smaragdenstadt funkeln.



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