Somewhere over the rainbow von DieLadi ================================================================================ Kapitel 11: Inszenierung Teil 2 ------------------------------- Die Nacht brach herein und sie suchten sich einen Platz, um zu schlafen. Genaugenommen suchte John einen Platz zum schlafen, denn Philipp und Mycroft hatten dieses Bedürfnis nicht. John legte sich ins Laub unter einen Baum und deckte sich ein wenig mit seiner Jacke zu. Es war warm im Zauberland, auch des Nachts, und so bestand keine Gefahr, dass er frieren würde. Toto bekam den Auftrag, über John zu wachen, denn die Scheuche und der Eisenmann wollten sich ein bisschen im Wald die Beine vertreten. Der kleine Hund kam dieser Aufgabe genau so gewissenhaft nach, wie sonst auch, nämlich gar nicht: Kaum lag er an John gekuschelt, schlief er auch schon ein und schnarchte leise. Mycroft sah das, seufzte und gab dann ein leises sinsangendes Pfeifgeräusch von sich und streckte den Arm aus. Ein kleiner Vogel setzte sich auf seinen Finger. „Tschilp, was kann ich für euch tun?“, piepste der gefiederte Geselle. Mycroft zeigte auf John und seinen Hund. „Deine Freunde und du müssen bitte auf die beiden aufpassen, okay?“ „Machen wir“, piepste der Vogel. Er flatterte davon und machte sich daran, seinen Gesellen zu berichten, dass sie nun die zwei Schlafenden bewachen sollten. Mycroft nickte zufrieden. Auf die Vögel war Verlass. So würde John nichts passieren. Also nahm er Philipp beim Arm und die beiden machten sich auf. Sie gingen ein ganzes Stück in den Wald hinein, bis sie zu einem umgestürzten Baum kamen. Der war weit genug entfernt, so dass John sie nicht hören würde, selbst wenn er aufwachte. Er sah Philipp an. Der nickte und sagte: „Es läuft doch, oder?“ Mycroft zuckte unsicher mit den Schultern. Dann nahm er sein Smartphone aus der Tasche, ja, auch er besaß eines, und wählte Frau Hudsons Nummer. „Hallo, Mycroft, mein Lieber. Ich freue mich, von dir zu hören.“ Der Eisenmann schmunzelte. Er mochte Frau Hudson. „Die Freude ist ganz meinerseits.“ „Nun, ich nehme an, Philipp ist bei dir?“ „Ja, Frau Hudson. Ich habe auf Lautsprecher gestellt. Er hört mit.“ Philipp, dessen Gesichtsausdruck sich geändert hatte und nun weit weniger, nun, dumm wirkte, ließ ein „Hallo!“ von sich hören. „Na dann erzählt mal, ihr beiden. Wie läuft es?“ Und Mycroft berichtete. Er erzählte, wie alles abgelaufen war – Im Prinzip wie immer – und dass es John soweit gut ging. „Aber da liegt das Problem“, sagte Mycroft. „Es geht ihm zu gut. Er fühlt sich zu wohl hier. Er hat noch immer keinerlei Heimweh.“ Frau Hudson räusperte sich. „Es ... es ist anders als sonst. Wie ihr wisst, habe ich auch mit Sherlock, dem großen und mächtigen Zauberer gesprochen, und er kann sich ebenso keinen Reim darauf machen.“ Sie schwiegen einen Augenblick. „Jetzt fehlt nur noch der Löwe“, sagte Frau Hudson, „und dann seid ihr komplett.“ „Ja“, sagte Mycroft. „Der Löwe ...“ seine Stimme klang ein wenig verträumt. Er mochte den Löwen. „Er kommt morgen, und dann haben wir den langen und weiten Weg bis in die Smaragdenstadt vor uns.“ „Ja“, sagte Frau Hudson, „und ich kann nur hoffen, dass ihr ihn ohne all zu große Schwierigkeiten hinter euch bringt. Ihr wisst ja, dass jeder, der in unser Land kommt, den Weg anders erlebt. Genau, wie auch wir jedes mal anders sind ... diesmal zum Beispiel heißen wir Frau Hudson, Mycroft und Philipp, Frau Donovan und Sherlock ... so sind unsere Namen noch nie gewesen ...“ „Das Schicksal spielt eben mit uns“, sagte Mycroft. Philipp, der zwar bei weitem nicht so dumm war, wie seine Rolle in der ganzen Inszenierung es erforderte, aber dennoch eher als simpel zu bezeichnen war, sagte nun etwas, was überaus klug war: „Nein, es arbeitet mit uns. Wir sind seine Werkzeuge, und wir sind dazu auserkoren, Dinge zu reparieren.“ Mycroft sah ihn erstaunt an. „Ja“, sagte er dann und nickte langsam. „Ja, da hast du recht. Und wir werden auch John Watsons Leben reparieren.“ „Und vielleicht ...“, sagte Frau Hudson leise, „vielleicht ist John derjenige, der endlich den Fluch des Zauberlandes brechen kann und uns endlich endgültig von der einzigen wirklich bösen Hexe befreien kann.“ Allen dreien lief ein Schauer über den Rücken, als sie an diese Hexe dachten. Die böse, bitterböse Frau Adler. Keines der kleinen unschuldigen Mädchen bisher hatte es geschafft. Aber John war anders. Vielleicht ... „Warten wir es ab, und bis dahin spielen wir unsere Rollen und geben unser bestes“, sagte Mycroft. Dann beendete er das Telefonat. Als sie zurück zum Schlafplatz kamen, waren sowohl John als auch Toto immer noch tief im Schlafe versunken. „Alles in Ordnung“, piepste der kleine Vogel von vorhin. „Niemand hat ihnen was getan. Nur der große von den beiden hat gejammert im Schlaf. Ich glaube, er hat Alpträume. Wir haben ein Lied ...“ Er musste aussetzen, denn die Vögel des Zauberlandes können nicht mehr als 140 Buchstaben zwitschern. Ein anderer Piepmatz übernahm. „... geträllert, und da hat er sich beruhigt.“ „Danke“, sagte Mycroft. „Gern geschehen“, piepste ein dritter Vogel, und dann flatterten die kleinen Freunde davon. Als die Morgensonne kam, waren John und Toto ausgeschlafen. Und so machten sich die vier erneut auf den gelben Backsteinweg. ____________________________ Ich hatte das Kapitel geschrieben, bevor Twitter auf 280 Zeichen umgestellt wurde ;-) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)