Somewhere over the rainbow von DieLadi ================================================================================ Kapitel 7: Traum Teil 4 ----------------------- John dagegen war frisch vorangeschritten. Er hatte ein Lied auf den Lippen, genoss den Sonnenschein und die herrliche Gegend und war einfach guter Dinge. Der kleine Toto sprang um ihn herum, lief vor und zurück, verfolgte fröhlich bellend Schmetterlinge im Grase. Er genoss sein Leben als niedlicher kleiner Hund, dazu geschaffen, solche Dinge zu tun, die seinen Menschen zum Schmunzeln brachten. Ringsumher waren wohl bestellte Felder und Obstbaumhaine und hin und wieder kamen sie durch eines der kleinen Dörfer mit wirklich niedlichen kleinen Häuschen. John seufzte sehnsüchtig. Ein solches Häuschen würde ihm völlig genügen. Ein kleines Feld dabei, ein kleiner Garten. Und eine hübsche Frau, die ihn liebevoll anlächelte. Oder auch, er räusperte sich bei dem Gedanken, ein hübscher Mann ... er wurde rot, denn es kam nicht oft vor, dass er solcherlei Gedanken vor sich selber zugab. Aber es schien, als würde die klare Luft des Zauberlandes auch in seinem Kopfe ein paar Dinge gerade rücken. Es war später Nachmittag, und John merkte, dass sein Magen knurrte. Also setzte er sich ins Gras am Rande eines Maisfelds, rief Toto zu sich und begann, für sie beide eine Mahlzeit aus Käse und Brot zu bereiten. Toto nahm jeden Happen, den er bekam und wedelte zufrieden mit dem Schwänzchen. Das Maisfeld war von einem Zaun umgeben. Einige Meter weiter steckte auf einer Stange eine Vogelscheuche. Sie hatte ein nett bemaltes Gesicht und trug einen ebensolchen Spitzhut, wie John sie zuvor bei den kleinen Männern gesehen hatte, nur dass hier die Schellen bereits entfernt worden waren. John verschluckte sich fast an einem Stück Brot, als ihm die Scheuche plötzlich zublinzelte. „Holy Shit!“, rief er. Und in diesem Augenblick schien für einen winzigen Moment alles im Zauberlande den Atem anzuhalten, denn man hatte hier seit Urzeiten niemanden fluchen hören. Aber John war nun mal kein süßes Mädchen im blauweiß karierten Kattunkleid, sondern ein gestandener Mann, noch dazu Soldat. Als das Zauberland sich von seinem Schock erholt hatte und alles wieder der gewohnten Ordnung folgte, hatte auch John den ersten Schrecken überwunden und sah noch mal genauer hin. Die Scheuche schien die ganze Angelegenheit gelassen zu betrachten, denn sie blinzelte erneut und sagte mit viel Anstrengung: „Gu ... guten Tag, mein liebes Mädchen!“ Toto, der die Scheuche sehr misstrauisch beäugt hatte, begann zu bellen. John dagegen begann zu lachen. „Ich weiß ja nicht“, jappste er, „warum mich hier schon wieder jemand zuerst mal als Mädchen begrüßt! Ich hatte immer gedacht, dass ich nicht gerade aussehe, wie des Pfarrers reizende Tochter!“ Der Strohmann sah ihn unsicher an und fragte: “Nicht?“ „Nein“, sagte John, „wahrhaftig nicht!“ Und er lachte erneut, bis ihm die Tränen die Wangen herunter liefen. „Also bist du kein Mädchen?“, hakte die Scheuche noch einmal nach. „Nein“, sagte John, der sich inzwischen beruhigt hatte. „Was bist du dann?“ „Ich bin ein Mann“, sagte John. „Und ich heiße John.“ „Mhh“, sagte die Scheuche. „Also hast du einen Namen. Ich habe keinen Namen. Mein Herr hat mich aus Stroh gemacht. Heute Morgen. Er hat mir einen alten Anzug von sich angezogen und mich mit Stroh ausgestopft. Aber er hat mir keinen Namen gegeben.“ 'Mit Stroh ausgestopft', dachte John. 'Das erklärt eine ganze Menge.' Dann wandte er sich wieder dem Strohmann zu. „Möchtest du denn gern einen Namen haben? Ich könnte dir einen geben.“ „Ja hast du denn einen übrig?“ Jetzt war John sprachlos. Statt dessen kläffte Toto: „Ja Himmelherrgott noch mal, du bist aber wirklich dumm. Wie kann man das nur aushalten mit so einem komischen kleinen Gehirn? Ist das nicht furchtbar langweilig?“ Die Scheuche sah traurig aus. „Ich habe kein Gehirn. Das hat mir eine Krähe gesagt, die mich heute morgen besucht hat. Sie kam mit einer Schar ihrer Freunde und rief, als sie mich sah: 'Warum hängt hier eigentlich Stroh rum?' Und dann haben sie sich fürchterlich über mich kaputt gelacht. Und dann sagte sie mir, ich sei dumm, weil ich kein Gehirn habe. Ich sei so dumm, dass ich den IQ des ganzen Dorfes senken würde.“ Sie sah John an. „Du sag mal, weißt du, was ein IQ ist?“ John, der zwischen Lachen und Mitleid schwankte, sagte etwas wage: „Nun, das hat mit einem Gehirn zu tun ... Aber hör mal, was für einen Namen hättest du denn gern?“ „Ich weiß nicht. Ich bin doch so dumm. Ich kenne keine Namen.“ „Gut“, sagte John schmunzelnd, „ich habe ein paar überzählige Namen dabei. Ich erzähle sie dir und und wenn dir einer davon gefällt, sagt du es mir und ich werde ihn dir schenken.“ „Das würdest du tun?“ Die Scheuche war begeistert. Toto jaulte verzweifelt und schüttelte den Kopf. „James?“, begann John. „Tobias? Victor? Philipp? Benny?“ „Philipp!“, rief der Strohkopf. „Oh ja bitte, darf ich Philipp heißen?“ John lächelte und sagte: „Natürlich. Ich taufe dich also auf den Namen Philipp.“ „Danke.“ Philipp strahlte. Aber dann wurde sein mit Wasserfarben gemaltes Gesicht wieder traurig. „Es ist schön, dass ich jetzt einen Namen habe. Aber dumm bin ich immer noch.“ John war ein freundlicher Mensch. Und wenn er jemandem helfen konnte dann tat er das im allgemeinen auch. Also sagte er: „Weißt du, wir sind auf dem Wege in die Smaragdenstadt Londonia. Dort soll der große und mächtige Zauberer Sherlock wohnen. Und der soll mir helfen, zurück zu kehren. Auch wenn ich immer noch nicht weiß, wo 'zurück' ist. Jedenfalls, wenn der so groß und mächtig ist, kann er dir vielleicht auch ein Gehirn geben. Also magst du vielleicht mit uns kommen?“ „Ja“, sagte Philipp begeistert. „Denn schlechter als hier kann es mir doch nirgendwo gehen, aufgespießt auf einer Stange, in einem Maisfeld, von Krähen verspottet. Natürlich komme ich mit.“ Also machte John sich daran, Philipp von seiner Stange herunterzuholen, und nach den ersten tapsigen Schritten ging das mit dem Laufen recht gut. Und nachdem John sein Picknick wieder im Korbe verstaut hatte, zogen sie also zu dritt weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)