Somewhere over the rainbow von DieLadi ================================================================================ Kapitel 5: Traum Teil 3 ----------------------- Es dauerte nicht lange, bis es ihm etwas besser ging. Er setzte sich ins Gras und atmete langsam und tief durch. „Wie ist das passiert? Was ist hier überhaupt los?“, fragte er dann mit zitternder Stimme. Toto saß neben ihm und schleckte ihm liebevoll die Hand. „Nun, der Sturm hat dein ... seltsames Häuschen hierher getragen, John Watson“, sagte Frau Hudson. John erinnerte sich, jedenfalls ein bisschen. Das Heulen des Sturmes, das Schaukeln, das durchgerüttelt werden von heftigen Windstößen ... ja, er entsann sich. Das also war passiert? Ein Sturm hatte ihn in dieser ... Hütte hier hergebracht und so abgesetzt, dass weder er noch Toto dabei verletzt wurden? Nur diese Frau Donovan. Die freundliche Frau fuhr fort. „Und dann hat er dein Häuschen hier niedergesetzt, und es ist genau auf Frau Donovan gefallen. Und hat sie getötet. Sie war eine wirklich böse Hexe. Sie hat die Menschen sehr gequält. Ich selber habe das in meinem Zauberbuch gesehen, ich bin nämlich auch eine Hexe, allerdings eine von den Guten. Jedenfalls hast du die Menschen in diesem Landstrich hier von der Sklaverei befreit, und sie sind dir sehr dankbar. Sie werden Feste feiern dir zu Ehren. Also mach dir keine Sorgen. Es ist alles in bester Ordnung.“ John rappelte sich auf. „Das mag ja gut und schön sein“, sagte er. „Aber was machen wir denn jetzt? Wir können sie doch nicht einfach dort lassen?“ „Darum kümmern sich die Leute“, sagte Frau Hudson. „Du, mein Lieber, musst dich jetzt allerdings auf den Weg machen.“ John hatte nichts dagegen, diese Lichtung zu verlassen, ganz im Gegenteil. Aber auf den Weg machen? Wohin denn? Er hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wo er hier überhaupt war! „Du möchtet doch sicher nach Hause zurück, nicht wahr?“, fragte die Hexe, doch sie fragte, wie man eben fragt, wenn man eigentlich nicht fragt, sondern meint, die Antwort zu wissen und sie einfach nur noch mal bestätigt haben möchte. Doch anstelle eines freudigen „Ja!“ bekam sie zu ihrer großen Verblüffung von John ein zögerliches „Nun, eigentlich ...“ Sie sah ihn mit großen Augen an. „Na ja“, fuhr John fort, „ich weiß ja überhaupt nicht, wo 'zurück' überhaupt ist. Ich weiß nicht, wo ich bin, ich weiß nicht wo ich herkomme und was ich dort gemacht habe. Und hier gefällt es mir ausgesprochen gut, na ja, bis auf die Tatsache, dass hier Häuser auf Hexen fallen. Aber andererseits scheint das ja auch nicht gerade jeden Tag zu passieren. Und wenn ich mich hier umschaue, alles ist so bunt und schön, und die vielen Früchte und die Blumen und Toto kann sprechen ... also wenn ich ehrlich sein soll – nein, ich möchte nicht zurück. Ich möchte gerne bleiben. Vielleicht kann ich mir bei eurem nächsten Dorf ein kleines Häuschen bauen und einen Garten bestellen und vielleicht lerne ich ja auch ein nettes Mädchen kennen ... was ist?!“ Die freundliche Hexe hatte sich doch nun tatsächlich verschluckt und hustete stark. Als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, warf sie probeweise einmal das Wort „Kansas?“ in den Raum. John zuckte mit den Schultern. „Was soll mit Kansas sein? Ich war da noch nie.“ Frau Hudson seufzte. Dann sagte sie mit fester Stimme: „Mein lieber, das wird leider nicht möglich sein. Wo auch immer du herkommst, hier kannst du nicht auf Dauer bleiben. Du musst zurück, was auch immer das bedeutet.“ „Aber was soll ich denn dann tun? Ich weiß doch nicht wie, und wohin?“ Frau Hudson griff in die Falten ihres Gewandes und holte ein winziges Buch hervor. Sie blies darauf und siehe da, es verwandelte sich in einen dicken Folianten. „Wollen wir mal sehen ... aha da steht es. 'Der tapfere John muss sich auf den Weg in die Smaragdenstadt Londonia machen. Dort wohnt in seinem Schloss in der Straße der 221 Bäcker der große Zauberer Sherlock. Zu ihm muss John gehen und ihn um Hilfe bitten und es ist zu erwarten, das Sherlock ihm helfen wird, den Weg nach Hause zu beschreiten.' Na also. Nun weißt du, was du tun musst.“ „Es ist zu erwarten ... na das klingt ja reichlich wage“, knurrte Toto. Ihm war die ganze Angelegenheit nicht geheuer, aber gut, wenn John sich auf den Weg dorthin machen würde, würde er natürlich mit ihm ziehen. Toto fürchtete sich nicht, sich in ein Abenteuer zu stürzen. Das wäre ja gelacht! „Also gut“, seufzte John. „Ich sehe zwar die Notwendigkeit nicht, aber wer bin ich schon, mich dem Wissen einer Hexe überlegen zu fühlen. Also werde ich in diese Smaragdenstadt ziehen. Und diesen Zauberer aufsuchen. Ist der nett?“ „Nett ist vielleicht nicht das richtige Wort ...“ Frau Hudson schien mit sich zu kämpfen, wie sie ihn beschreiben sollte. „Er ist ein wirklich großer Mann. Und ich finde, er ist auch ein guter Mann. Aber ja, er ist sehr speziell. Zornig wird er, wenn man ihn wegen Nichtigkeiten stört. Alles, was man an ihn heranträgt, muss mindestens eine Acht sein.“ „Eine Acht? Was soll das denn nun wieder heißen?“, fragte John, der immer verwirrter wurde. „Er hat eine Skala von eins bis zehn. Und er beachtet nichts, was nicht mindestens eine Acht hat.“ Sie sah Johns zweifelnden Blick. „Oh, mach dir keine Sorgen, mein Lieber. Dein Fall ist ganz bestimmt eine Acht. Vielleicht sogar eine Neun.“ „Na dann ...“ John wusste nicht recht, was er von alle dem halten sollte. Er war kein Mann, der notwendiges unnötig in die Länge zog. Also klatschte er in die Hände und sagte: „Gut, dann ruhe ich mich jetzt noch ein Stündchen aus und dann mache ich mich mit Toto auf den Weg! Toto, du begleitest mich doch?“ „Selbstredend“, kläffte der Hund. Nachdem John sich ausgeruht hatte - er war tatsächlich noch einmal eingeschlafen – brachten ihm die Männer aus Frau Hudson Begleitung einen Korb mit Brot und Käse sowie einer Feldflasche, die er mit Wasser aus dem klaren Bächlein füllte. Er pflückte noch ein paar von den Früchten, verschloss die Tür der Hütte (er wusste selber nicht, warum er das tat, aber sein Sinn für Ordnung wollte es so) und machte sich auf den Weg. Die Männer und die Hexe begleiteten ihn ein Stück, bis sie zu dem Beginn eines Weges kamen, der mit gelben Backsteinen gepflastert war. „Von hier an müsst ihr allein weiter“. sagte Frau Hudson. „Folgt immer nur diesem Weg. Er wird euch zuverlässig zur Stadt Londonia geleiten.“ Toto schnupperte. Das ganze war ihm nach wie vor nicht geheuer. Aber er würde seinen John selbstverständlich nicht im Stich lassen. John bedankte sich noch mal bei der Hexe und den Männern. Dann begann er ein Liedchen zu pfeifen („Good bye, Yellow Brick Road“), und nahm den Weg unter seine Füße. Toto sprang fröhlich um ihn herum, und wenn man es recht bedachte, hätte seine Lage durchaus schlechter sein können. Frau Hudson dagegen schaute ihm sorgenvoll hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)