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Somewhere over the rainbow

von

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Prolog Teil 1

John Watson teilte seine Ration mit dem kleinen schwarzgestruppten Hund zu seinen Füßen. Toto sah schwanzwedelnd zu ihm auf, bevor er sich heißhungrig über Fladenbrot und Ziegenkäse hermachte. John hatte es für ihn auf einen kleinen Blechteller gelegt und auf den Boden gestellt.

Der kleine Kerl war nicht anspruchsvoll. Er fraß alles, was man ihm gab mit Heißhunger in sich hinein und zeigte sich selbst für kleine Brocken überaus dankbar.

John fuhr ihm liebevoll mit der Hand über das Köpfchen, bevor er selber in sein Brot biss.
 

John Watson, Militärarzt im Rang eines Captain und derzeit in Afghanistan stationiert, hatte den kleinen Hund erst seit einigen Wochen bei sich. Sie waren damals in eines der Dörfer gefahren, um der dortigen Zivilbevölkerung ein Mindestmaß an medizinischer Versorgung zu bieten. Gott sei Dank waren die ortsansässigen Ältesten der Idee zugänglich gewesen, so dass sie Verletzungen versorgen, Schmerzen und Kummer lindern und auch einige Impfungen vornehmen konnten.

Der Tag war ohne besondere Vorkommnisse verlaufen.

Zum Abend hin hatten John und der zweite Arzt ihres Militärcamps sowie die medizinischen Helfer ihre Sachen zusammengepackt und waren aus der Hütte, in der sie die Versorgungen vorgenommen hatten, hinausgetreten.

John war einen Moment hinter den anderen zurückgeblieben und hatte plötzlich ein seltsames leises Fiepen gehört.

Es kam aus einem Gebüsch, und als er nachsah, fand er einen winzigen, verletzten und halb verhungerten Hundewelpen.

Als John nach dem schwarzen Fellbündel griff, zeigte der Kleine seinen Zähnchen, knurrte und schnappte nach ihm. Der Mut des kleinen schwachen Tieres imponierte John. Also packte er beherzt zu und barg kurz darauf das kleine Tier in seiner Armbeuge. Er bat einen der anderen, seinen Arztkoffer zu tragen, während er in den Kübelwagen stieg und schützend mit der Hand über den Rücken des Welpen strich. Der Kleine hatte inzwischen aufgehört zu knurren und zitterte nur noch.
 

Das war wie gesagt einige Wochen her, und inzwischen hatte sich Toto sehr gut erholt und auch schnell im Camp eingewöhnt. Er hörte auf seinen Namen und war jedermanns Freund, wenngleich er John nicht von der Seite wich. Er hatte ihn in sein Hundeherz geschlossen und vergalt ihm seine Fürsorge mit der ganzen Liebe, zu der er fähig war und mit unbedingtem Gehorsam.
 

John wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er ließ seinen Blick über das Camp schweifen. Die sandbraunen, in Reihe und Glied stehenden Zelte waren farblich so der Umgebung angepasst, dass sie aus der Luft nur sehr schwer auszumachen waren. Sie verschmolzen geradezu mit der Umgebung und sorgten dafür, dass alles hier gleichförmig und eintönig aussah.

Er seufzte. Die Hitze, das Braun und Grau, der allgegenwärtige Staub. Es war nicht einfach, sein Leben hier in diesem Wüstenlandstrich Afghanistans.

Ja, dieses Land selber war durchaus nicht so eintönig. Es gab Steppen, zerklüftete Gebirge und sogar die Kundusregion, die grün und fruchtbar sein sollte, wie man so hörte. Doch sein Militärdienst fand nun mal hier, im wüstenähnlichen Teil des Landes statt, und John musste zugeben, dass ihm besonders der Staub gehörig auf die Nerven ging.
 

Andererseits ... zurück nach London, der Stadt, in der er aufgewachsen war und vor seinem Militärdienst gelebt hatte, zog es ihn auch nicht. Also eigentlich liebte er die Stadt. Ja, das schon. Aber ...

Dort erwartete ihn nur die Einsamkeit. Niemand wartete dort auf ihn. Niemand, den es kümmern würde, wenn ihm hier in Afghanistan etwas zustieße.

Seine Schwester Harriet interessierte sich nur für die nächste Schnapsflasche. Seine Eltern lebten nicht mehr. Eine Freundin oder Frau hatte er nicht, und Freunde ... na ja, er hatte jede Menge Freunde, oder was man so Freunde nennt. Aber einen wirklichen Freund, einen, den es wirklich interessieren würde, wie es ihm ging oder was aus ihm würde ... nein, so jemanden gab es nicht.
 

Ein leises Winseln ließ ihn zu dem kleinen Hund zu seinen Füßen blicken. Ja, hier hatte er immerhin Toto. Der Kleine liebte ihn, ohne Frage.

Toto wäre bekümmert, wenn er erkranken würde oder sich verletzte.

Er lächelte und strich dem kleinen Tier sanft und dankbar durch das Fell.
 

Die Hitze war heute schon den ganzen Tag besonders drückend und die Luft auf eine besondere Weise flirrend und staubtrocken. Der Himmel hatte eine seltsame Farbe angenommen. Nicht mehr das Blau, das so oft erstrahlte, während die Sonne unbarmherzig auf ihre Köpfe prallte. Viel mehr war es ebenfalls eine Art staubbraun und wirkte bedrückend und einschüchternd.

Die Einheimischen, die hier im Camp arbeiteten, hatten behauptet, dass diese Erscheinungen Vorboten eines in Kürze losbrechenden Sandsturmes seien.
 

Ein Sandsturm. Du meine Güte.

John hatte bislang noch keinen erlebt, aber wie es aussah, stand ihm nun der erste bevor. Besonders scharf drauf war er nicht, aber was sollte man tun. Er seufzte schicksalsergeben, klopfte sich die Krümel von der Hose und stand auf.

„Komm, Toto“, sagte er zu seinem kleinen Freund und nahm den Hund auf den Arm.

„Du bleibst am besten hier, während ich den anderen helfe, im Lager alles sturmfest zu verzurren.“

Er öffnete die Tür zur Arztbaracke.

Diese Baracke war das einzige feste Gebäude hier im Camp. Nun ja, fest war relativ. Es war aus Fertigteilwänden zusammen gebaut. Aber es war doch wesentlich stabiler als die Zelte ringsum. Das war auch notwendig, denn hier wurden die Medikamente aufbewahrt, darunter teilweise starke Schmerz- und Betäubungsmittel. Und wenn man bedachte, was Soldaten hier im Kriegsgebiet alles durchmachten, war es sinnvoll, diese hinter festeren Wänden zu verschließen.

Denn auch wenn die Baracke für jemanden, der es ernsthaft darauf anlegte, kein allzu dauerhaftes Hindernis darstellen würde, war es so doch immer noch sicherer als in einem Zelt, dessen Wände mit jedem halbwegs guten Messer einfach aufzuschlitzen wären.
 

Er setzte Toto auf dem Boden ab und stellte ihm ein Schälchen mit Wasser hin. Während der kleine gierig zu schlappen begann, sagte John:

„Warte hier. Ich bin bald zurück.“

Toto kläffte kurz und widmete sich erneut dem Wasser.
 

John trat hinaus in die brütende aber noch immer windstille Hitze.

Er würde sich gemeinsam mit den Kameraden an die Arbeit machen. Alles, was irgendwo herum stand, in die Zelte schaffen. Alles festzurren, was festzuzurren war. Dafür sorgen, dass in allen Zelten Kanister mit Wasser und saubere Leintücher zur Verfügung standen, um mit befeuchteten Tüchern die Atemwege schützen zu können.

Er atmete durch und wollte sich auf den Weg zum nächsten Zelt machen, als plötzlich Schreie ertönten. Schreie, Schüsse, eine Explosion ...

Verdammt.

Was war da los?
 

Und dann schrie jemand:

„Wir werden angegriffen!“



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