Öffne dein Herz für mich- 心を開いて[TodoDeku] von Mina_Tara (**Omegaverse**) ================================================================================ Part XXXV – From me to you -------------------------- Shoto sah seinen Omega fassungslos an, während dieser weiterhin den Blick auf den Gegenstand in seiner Handfläche gerichtet hatte. Es herrschte Stille. Der Alpha wusste in diesem Moment nicht wie er reagieren sollte. Vorsichtig stand Izuku daraufhin auf und nahm auf der Couch Platz. Er zitterte immer noch am ganzen Körper. Die innerliche Unruhe war mehr als spürbar. Der Weißrothaarige tat es ihm daraufhin gleich und nahm zuvor noch eine Wolldecke aus dem Schrank. Danach gesellte er sich zu Izuku auf die Couch, wickelte die Decke um sie beide und zog seinen Mate zu sich, der sich daraufhin gegen die Brust seines Weißrothaarigen lehnte. Die Nähe war Izuku gerade mehr als recht. Kurz sah er zu seinem Mate hoch und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. „Danke, dass du bei mir bist.“ Shoto hauchte dem Omega daraufhin einen Kuss auf die grünen Locken und nahm Izukus Hand in die Seine, in der sich das Päckchen befand. „Wie in guten, wie in schlechten Zeiten, oder?“ Die Augen des Grünhaarigen funkelten auf. Dankbarkeit spiegelte sich in dem grünen Augenpaar wider. Izuku atmete mehrmals tief ein und aus, versuchte sein Innerstes zu beruhigen. Dann wand er wieder das Wort an seinen Mate. „Sollen wir es gemeinsam öffnen? Ich denke Tsuchi hätte nichts dagegen gehabt.“ „Wenn du möchtest, gerne.“ Bestätigend nickend öffnete der Omega die Verpackung. Izuku war mehr als aufgeregt. Was würde ihn erwarten? Was genau hatte Tsuchi ihnen mitteilen wollen? Behutsam nahm Shoto den Deckel ab und legte diesen auf dem Glastisch vor ihnen ab. Das erste was Izuku daraufhin hervorzog, war ein zusammengerolltes Stück Pergament. Kurz schaute er fragend den Weißrothaarigen an, der ihm daraufhin lächelnd zunickte. Vorsichtig entfernte der Grünhaarige das Band, das sich drum herum befand und öffnete das Schriftstück, das aus zwei Seiten bestand. Es war ein Brief. Shoto legte daraufhin wieder seine Hand auf die Izukus, die leicht angefangen hatte zu zittern. Kurz musste der kleine Omega schlucken ehe er sich den Worten zuwand. Hallo Izuku, wenn du diese Worte lesen wirst, werde ich längst nicht mehr unter den Lebenden weilen. Es tut mir schrecklich leid es auf diese Art machen zu müssen, doch mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Valerie braucht mich, mein Omega braucht mich. Ich weiß, ich reagiere gerade ziemlich egoistisch und stelle dich und Shoto somit vor unvollendete Tatsachen, doch mein Herz sagt mir, dass ich diesen Weg gehen muss. Du fragst dich bestimmt, warum ich mich gerade an dich wende. Momentan bist du der Einzige, der für mich in greifbarer Nähe ist und auch weil du inzwischen ein sehr guter Freund von Val und mir geworden bist. Ich vertraue dir und somit bereue ich nicht meine letzten Worte an dich zu richten. Wenn Shoto aus dem Krankenhaus entlassen werden sollte, sag ihm bitte, dass es mir Leid tut. Dass ich nicht auf ihn warten konnte. Ich weiß, dass ihn schreckliche Schuldgefühle plagen werden. Schließlich hatte er alles in seiner Macht stehende versucht um Val zu retten. Doch ich weiß, dass es nicht seine Schuld gewesen war. Bitte sag meinem besten Freund, dass ihn keine Schuld trifft. In diesem Moment vernahm Izuku wie sein Mate sich hinter ihm verkrampfte. Kurz schaute der Omega zu seinem Mate auf. Tränen bahnten sich langsam einen Weg an Shotos Wangen hinunter. Gleichzeitig biss sich der Alpha zusätzlich auf die Unterlippe und senkte den Kopf. Der Omega spürte die innere Unruhe seines Mates. Diese Worte rissen innere Wunden auf. Dem Grünhaarigen erging es nicht anders. Traurig ließ Izuku seinen Blick sinken und widmete sich wieder dem Brief. Weißt du Izuku, ich wusste gleich, dass in dir mehr steckt als nur ein Omega. Shoto war anfangs ziemlich durch den Wind gewesen. So durcheinander hatte ich ihn noch nie erlebt. Er wusste nicht wie er auf dich zugehen sollte. Diese Aufregung hatte mich in den Wahnsinn getrieben. Es war mehr als offensichtlich, dass er in dich verliebt war. Es hat mir mehrmals ein Grinsen auf die Lippen gezaubert. Dreimal darfst du raten, wer ihm den Tipp gab dir eine Facebook-Anfrage zu schicken. Ein Schmunzeln schlich sich auf Izukus Lippen. Eine angenehme Wärme stieg in seinem Innern auf. Na, sieh mal einer an? Außerdem finde ich es spitze, dass du den Weg des Heldenanalytiker gehen willst. Du musst wissen, mein Großvater war auch einer. Er war unter dem Namen Takeru Yamari bekannt. Er war einer der Besten. Ich weiß schon gar nicht mehr wie oft ich in meiner Kindheit bei ihm im Büro gewesen bin und ihm dabei zugesehen habe. Er hatte eine riesige Ansammlung an Notizen. Die Größte von ganz Japan, um genau zu sein. Als ich deine Notizbücher zu Gesicht bekam, ich war hin und weg. Ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Du bist ihm verdammt ähnlich. Der Grünhaarige konnte nicht fassen, was er gerade zu lesen bekam. Tsuchis Großvater war auch ein Heldenanalytiker gewesen? Auf einmal dämmerte es dem Kleineren. Er hatte in seiner Kindheit von einem sehr berühmten Analytiker erfahren. Er war der Beste seiner Zeit und ein wahres Genie. Er war überhaupt erst der Grund gewesen, weshalb Izuku sich schlussendlich zu einem neuen Traum bewegen konnte. Schwer schluckte der Grünhaarige daraufhin als er eins und eins zusammenzählte. Das Geniedasein lag wohl in der Familie. Ein trauriges Schmunzeln zierte daraufhin Izukus Lippen. Du musst wissen, er hatte sich nicht nur mit den Spezialitäten an sich beschäftigt. Klar, gehört das Analysieren der Vor- und Nachteile dazu, aber er hatte noch ein anderes Gebiet im Sinn. Eines, das bis zum heutigen Tage noch unerforscht ist. „Was passiert mit den Menschen, deren Spezialitäten sich nicht mit dem Körper vertragen?“ Eine Quirk zu besitzen, mag zwar in unserer heutigen Zeit kein Mysterium mehr darstellen, aber was geschieht, wenn der eigene Körper die Kräfte nicht verarbeiten kann? Wie kann diesen Menschen geholfen werden? Mein Großvater besaß wie ich die Kristallisierung als Spezialität und verstarb auch an deren Nebenwirkungen. Sie mag zwar schön ansehbar und auch sehr stark sein. Aber diese Quirk fordert Opfer. Im wahrsten Sinne. Du fragst dich warum ich meine Quirk nie angewandt habe? Die Antwort ist simpel. Ich habe ausdrücklich vom Arzt verboten bekommen sie zu benutzen. Mit jeder Anwendung zerstört sie einen Teil meines Körpers. Zerstört alle Blutkörperchen. Mein Blut kristallisiert und verhärtet sich. Somit kommt es unweigerlich irgendwann zum Herzstillstand. Ein harter Schlag für einen frisch ausgebildeten Pro-Helden von gerade mal 16 Jahren. Es wissen nur sehr wenige Leute hierüber Bescheid. Sogar Valerie habe ich im Unwissenden gelassen. Ich weiß, ich bin ein schlechter Alpha. Aber sie mit meinen Problemen zu belasten, obwohl sie selbst auch genug mit sich zu kämpfen hat, wollte ich vermeiden. Es tut mir auch im Herzen weh ihr ihren innerlichsten Wunsch nie erfüllen zu können. Valerie liebt Kinder über alles und sie wünscht sich nichts sehnlicher als eine eigene Familie. Doch die Angst, dass meine Kinder meine Spezialität erben könnten, war zu groß. Ich wollte nicht, dass meine Kinder mit dieser Belastung zu kämpfen haben. Aber mit dieser Aktion weiß ich, dass ich mein Limit erreichen werde. Es ist unausweichlich. Ich werde nicht mehr wiederkehren, werde mit dieser letzten Aktion meinem inneren Alpha alle Ehre erweisen und meine geliebte Omega retten. Ich liebe sie über alles. Mehr als alles andere auf dieser Welt. Ich bin bereit mein Leben für ihres zu geben. Izuku konnte nicht mehr an sich halten. Zitternd hielt er den Brief weiterhin in seiner Hand und schluchzte. Dicke Tränen kullerten seine Wangen hinunter. Schmerzlich biss er sich auf die Unterlippe, an dieser schon das Blut heruntertropfte. Es war kaum zu ertragen. Wieder musste er an jenen Abend zurückdenken. Er hatte gesehen, was die Quirk mit Tsuchis Körper angerichtet hatte. Er hatte es genau gesehen. Allein die Schmerzen, die der Alpha hierdurch erleiden musste. Bitte sei Valerie weiterhin ein guter Freund und sei auch eine Stütze für Shoto. Ich weiß, dass mit meinem Tod eine Welt für ihn einstürzen wird. Gib ihm Halt. Ich weiß genau, dass die schwere Phase, die euch noch bevorsteht, eure Beziehung wachsen lässt. Ihr seid ein tolles Paar und ich wünsche euch für eure Zukunft alles erdenklich Gute. Shoto zog daraufhin seinen Omega noch näher zu sich und lehnte seine Stirn gegen Izukus Hinterkopf. Zärtlich fuhr er mit dem rechten Daumen über Izukus tränenbenetzte Wange und versuchte ihn so zu beruhigen. Der Omega hingegen krampfte in sich zusammen und weinte bitterlich. Es tat so schrecklich weh. Das beklemmende Gefühl in seiner Brust schnürte ihm die Luft zum Atmen ab. So fest er konnte, drückte er den Brief an seine Brust. Dicke Tränen liefen an seinen Wangen hinunter. Es war einfach zu viel. Zuerst die Flashbacks eben und nun diese Worte. Wieviel Überwindung es Tsuchi wohl gekostet haben musste diese Worte zu zitieren? Wie konnte er da noch die Gedanken beisammenhalten? Sah so wirklich ein Abschiedsbrief aus? Shoto hielt seinen Mate einfach nur fest. Ließ ihn nicht los. Streichelte hierbei zärtlich seinen Rücken. Es schien langsam erste Wirkung zu zeigen. Es dauerte zwar wenige Minuten, doch der Grünhaarige beruhigte sich wieder. Schluchzend widmete sich Izuku daraufhin dem Ende des Briefs. Allerdings habe ich eine letzte Bitte an dich Izuku. Bitte führe das Vorhaben meines Großvaters fort. Wenn jemand in seine Fußstapfen treten kann, dann bist du es. Du musst wissen, dass ich alle Informationen, die mein Großvater während seines Lebens gesammelt hat, in meinen selbstgeschaffenen Computer transferiert habe. Ich vertraue dir hiermit unser Vermächtnis an. Bitte führe seinen und auch meinen Traum fort. Hilf den Menschen, die aufgrund ihrer Quirk stark beeinträchtigt sind. Ich persönlich finde, dass dieses Forschungsgebiet in das Aufgabenfeld des Heldenanalytikers mitaufgenommen werden müsste, findest du nicht auch? Diesem Brief liegt ein USB-Stick bei. Als Izuku sich dem Päckchen widmen wollte, hielt Shoto ihm den Stick bereits entgegen. Kurz schauten sich die Beiden tief in die Augen ehe Izuku traurig lächelnd den Stick an sich nahm und seine Aufmerksamkeit wieder dem Pergament schenkte. Bitte verbinde den Stick mit meinem PC. Keine Panik, das dreißigstellige Passwort wird mit Verbindung automatisch an den Computer weitergegeben. Du brauchst es nicht extra einzugeben. Es wäre auch verdammt kompliziert. Zudem wundere dich nicht, wenn Ziri mit dir redet. Ich habe den PC vor meinem Aufbruch auf deine Stimmsequenz angepasst. Somit kannst nur du ihn benutzen. Zum Schluss habe ich einen Splitter meines Kristallquirks in einem kleinen Reagenzglas dazu gepackt. Dient als Andenken an mich. Wäre doch ein schönes Schmuckstück, wenn man ihn zum Juwelier bringen würde, findest du nicht? Aber es bleibt dir und Shoto überlassen wie ihr ihn verwenden werdet. Ich werde euch schrecklich vermissen, aber ich werde zukünftig von woanders über euch alle wachen können. Wir werden uns eines Tages wiedersehen. Bitte genießt euer Leben. Bleibt glücklich. Genießt jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde. Genießt jeden Tag eures Lebens. Alle Zeit auf dieser Welt ist kostbar. Tsuchi Izuku atmete tief ein und aus ehe er seinen Kopf Richtung Decke hob. Sein Kopf war leergefegt. Das waren sie also. Tsuchis letzte Worte, wenn er ihm an diesem Abend nicht mehr über den Weg gelaufen wäre. Ein schwerer Klos bildete sich in seiner Kehle. Behutsam widmete er daraufhin wieder seine Aufmerksamkeit dem USB-Stick, den er immer noch in seiner rechten Hand hielt. Das ist also der Schlüssel zu Tsuchis Computer. Er hatte ihn die ganze Zeit bei sich. Bevor Izuku den Brief beiseitelegen wollte, fiel ihm noch ein letzter Satz auf, den er wohl übersehen hatte. Ps: Bitte kümmere dich gut um Tinkerbell. Ich weiß, dass ihr zwei gut miteinander auskommen werdet. Sie ist ein Goldschätzchen. Aber Vorsicht, sie beißt gerne. Fragend hob Izuku daraufhin eine Augenbraue nach oben und sah seinen Mate an, der daraufhin nur mit den Achseln zuckte. „Du weißt nicht zufällig, wer Tinkerbell ist, oder?“ „Leider nein. Du musst wissen, Tsuchi hat so gut wie niemanden in sein Büro gelassen. Ich war vielleicht einmal drin gewesen und das weniger als eine Minute. Inzwischen wird mir schmerzlich bewusst, wie wenig ich meinen besten Freund gekannt habe….“ Stirnrunzelnd legte Izuku den Brief zur Seite und ließ sich zurück gegen die Brust seines Mates sinken, der seine Arme um dessen Körpermitte gelegt hatte. Nachdenklich sah sich Izuku den Stick genau an und hielt ihn nach oben. Damit würde sich ein neuer Weg für ihn eröffnen. Nach allem was er nun herausgefunden und auch selbst erlebt hatte, wollte sich der kleine Omega dem neuen Gebiet widmen. Er wollte das Vorhaben seines Vorgängers fortführen. Aber wie sollte er das anstellen? Um auf diesem Gebiet mithalten zu können, braucht er medizinische Kenntnisse und auch Erfahrungen im Bereich der Forschung. Besaß die Agentur überhaupt ein Forschungslabor? Shoto hingegen sah sich das Reagenzglas an und hielt es vor Izukus Gesicht. Das Funkeln ließ den Grünhaarigen innehalten. Der Splitter schimmerte in den schönsten Regenbogenfarben. „Wunderschön, findest du nicht auch?“ Ein zärtliches Lächeln zierte Izukus Gesicht, als er den Stick daraufhin sinken ließ, den Kopf des Alphas zu sich zog und einen Kuss auf dessen Lippen hauchte. „Sehr schön sogar. Wie geht es dir eigentlich?“ Der Weißrothaarige legte seinen Kopf daraufhin auf Izukus Schulter ab und seufzte. „Den Umständen entsprechend. Es tut einfach nur verdammt weh. Es fühlt sich so an, als ob man alte Wunden wieder aufgerissen hätte. Aber es war notwendig. Für uns Beide. Endlich haben wir Gewissheit. Nun können wir nach allem endlich wieder nach vorne sehen, denkst du nicht auch?“ Der Omega brachte in diesem Moment nicht mehr als ein Nicken hervor. Gedankenversunken legte er den Stick auf dem Pergament ab und sah sich den Splitter nun genauer an. Er war wahrlich wunderschön. Shoto hingegen betrachtete seinen Mate dabei und widmete dann seine Aufmerksamkeit der Uhr, die über dem Fernseher hing. Es war bereits 21 Uhr. „Wirst du seinem letzten Wunsch nachkommen?“ Izuku hob daraufhin fragend eine Augenbraue und richtete sich auf. Dabei schaute er seinem Mate wieder tief in die Augen. „Ich habe es mal vor, ja. Nach allem was wir nun selbst erlebt haben, würde es dem Allgemeinwohl zu Gute kommen. Ich weiß nur noch nicht wie. Zuerst muss ich deinem Vater mitteilen, dass das Passwort aufgetaucht ist, sonst reißt er Shin die Tage wirklich noch den Kopf ab.“ Kurz musste der Bunthaarige auf die Antwort hin schmunzeln und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Ja, das wäre zumindest ein Anfang. Über den Rest können wir uns die Tage näher Gedanken machen.“ Izuku widmete daraufhin die Aufmerksamkeit wieder dem Splitter. Es lag noch ein harter und steiniger Weg vor ihm, aber er war zuversichtlich, dass er diese Hürde auch meistern würde. Zuerst einmal musste der PC entschlüsselt werden, um den Rest konnte er sich danach immer noch Gedanken machen. Zudem Tsuchi nun seine wohlverdiente letzte Ruhe finden konnte. Wieder kullerte eine einzelne Träne an Izukus Wange hinunter und ein zärtliches Lächeln zierte daraufhin seine Lippen. „Ja, du hast recht. So machen wir es.“ //Vielleicht finde ich dann auch raus wer Tinkerbell ist.// Der nächste Tag brachte wieder viel Schnee mit sich. Es war bereits Ende Februar und der Winter ging somit in den Endspurt. Shoto befand sich gerade auf dem Weg Richtung U.A. Soeben hatte er die menschenüberfüllte Bahn hinter sich gelassen und war nun zu Fuß unterwegs. Gedankenversunken hatte er seine Ohrenstöpsel angelegt und widmete seine Aufmerksamkeit dem Ipod in seiner linken Hand. Langsam stapfte er über den schneebedeckten Fußgängerweg. Shoto hatte die ganze Nacht über Tsuchis Worte nachgedacht. Der Schock saß tief. Warum hatte er nicht mitbekommen, dass es seinem Kumpel gesundheitlich so schlecht ging? War er ein so schlechter Freund gewesen? Oder konnte Tsuchi seine Lage einfach nur perfekt überspielen? Genervt seufzte der Weißrothaarige daraufhin aus und schulterte seine Hängetasche, die drohte von seiner Schulter zu rutschen. //Verdammt, Grübeln bringt mich auch nicht weiter…// Als das Schulgebäude immer näherkam, zog der Weißrothaarige die Stöpsel aus seinen Ohren und packte diese samt Ipod zurück in seine Tasche. Die Schneeflocken flogen ihm regelrecht ins Gesicht. Normalerweise hatte er nichts gegen den Schnee, aber wenn die Flocken direkt in seine Augen flogen, war das nicht gerade angenehm. Langsam schritt er weiter voran und kam an einem Kinderspielplatz vorbei. Normalerweise nichts Ungewöhnliches. Jedoch erfasste der Weißrothaarige etwas in seinem Blickwinkel und hielt augenblicklich inne. Unter einer Tanne war eine Holzschaukel befestigt, auf der eine Person saß und diese sachte hin und her wippte. Anhand der Kleidung wusste der Alpha bereits um wen es sich handelte. Vorsichtig betrat der Bunthaarige den Spielplatz und stapfte auf die Person zu, die die Schaukel immer noch leicht hin und her wippte. Den Blick hatte sie zu Boden gerichtet. Erst als Shoto kurz vor der Person zu stehen kam, sah diese nach oben. Silber-Türkis traf auf rubinrot. „Katsuki?“ Dem Alpha stockte der Atem. Die Augen des Blondhaarigen waren röter als sonst und geschwollen. Zudem frische Tränenspuren seine Haut benetzten. Hatte er etwa die ganze Zeit geweint? Der Blonde hingegen fuhr sich sofort mit dem Handrücken über sein Gesicht und wand den Blick ab. „Was willst du denn hier, du halbe Portion?“, die Stimme der Blonden Explosion kam bei weitem nicht so ruppig an wie sonst. Er wollte anscheinend so genervt klingen wie immer, aber das misslang ihm eindeutig. Shoto erwiderte daraufhin nichts und nahm auf der anderen Schaukel Platz, die sich direkt nebendran befand. Dann vernahm er ein Schluchzen und sah seitlich zu seinem Klassenkameraden, der seine Fassung nicht mehr aufrecht halten konnte. Katsuki zog sein Bein nach oben, legte seinen Kopf auf dem Knie ab und bettete krampfhaft seine Arme drumherum. Er zitterte am ganzen Körper. Shoto konnte sich bereits denken warum er so außer sich war. Traurig ließ er daraufhin seinen Kopf sinken und schaute auf den Schnee vor sich. Es herrschte eine Weile Stille. Shoto wusste nicht wie er mit seinem Klassenkameraden kommunizieren sollte. Schließlich hatte er zu dem Blonden kein gutes Verhältnis. Aber im Moment und bei allem was er bislang mitbekommen hatte, tat ihm die Blonde Explosion inzwischen sehr leid. Er musste genau überlegen wie er die Konversation beginnen sollte. „Willst du darüber reden?“ Shoto bemerkte, dass Katsuki auf die Frage hin sich verkrampfte und seine Arme noch enger um sein Bein schlang. Die Stimme des Blonden wirkte immer noch brüchig und angeschlagen. „Hast du nichts Besseres zu tun? Was willst du überhaupt hier? Wenn du nur hier bist, um dich über meinen aktuellen Zustand zu ergötzen, dann lass es gefälligst! Ich weiß, dass das hier alles eine gerechte Strafe für mich ist! Also lass mich verdammt nochmal in Ruhe!“ Der Weißrothaarige atmete daraufhin genervt ein und aus. Er konnte sich das Trauerspiel nicht mehr länger mitansehen. Der Alpha stand auf, stellte sich vor den Blonden und packte ihn daraufhin am Kragen. Geschockte rote Augen blickten zu dem Alpha auf. „Jetzt pass mal auf, Katsuki. Wir machen uns Sorgen. Izuku hat dich die Tage auch schon weinend vorgefunden! Warum sollten wir uns über deine aktuelle Lage lustig machen? Verdammt nochmal! Wir sitzen alle im selben Boot. Wie lange willst du deine Gefühle noch verdrängen? Hatten wir das nicht bereits?“ Die roten Iriden flackerten gefährlich auf und ein Knurren entwich aus Katsukis Kehle. „LASS MICH GEFÄLLIGST LOS! LASS MICH IN RUHE! Was wollt ihr alle bitte von mir?! Zuerst die alte Schachtel, dann mein alter Herr, Eijiro und nun auch noch du?! Wollt ihr mich alle verarschen?!“, der Blondhaarige fing an, um sich zu schlagen und verpasst Shoto hierbei eine Backpfeife, woraufhin dieser geschockt von dem Alpha abließ. Der Blonde rutschte von der Schaukel runter und sank zu Boden. Dann schlug mit der rechten Faust auf den Schnee ein. Dabei ließ der Aschblonde ungewollt eine Explosion los, woraufhin der Schnee aufgewirbelt wurde. „Ja, verdammt! Mir geht es beschissen! Ja, es zerreißt mich von innen! Ich kann das nicht mehr! Ich wollte für sie da sein, hab alles versucht, aber nichts war gut genug! Ich habe versagt! Warum hat er diese Last nur auf mich geladen?! Warum hat er ausgerechnet mich ausgesucht?!“ Shoto hielt sich währenddessen die pochende Wange und sah fassungslos seinen Klassenkameraden an, der vor ihm auf dem Boden knieend weiterhin auf den Schnee einschlug. „Als ob ich seinen Platz einnehmen könnte! Als ob ausgerechnet ich ihren Schmerz lindern könnte! Als ob ich sie wieder glücklich machen könnte! Ich war jeden Abend bei ihr! Ich habe über sie gewacht. Aufgepasst, dass sie keine Dummheiten begeht, nachdem sie bereits einmal versucht hat zu springen! Ich war gerade noch rechtzeitig da und konnte sie davor abhalten! Es war einfach furchtbar! Ich habe alles für sie getan! Aber nichts hat geholfen! Ich komme mir so hilflos vor! Wie konnte ich auch nur glauben ihr jemals gerecht zu werden! Als Alpha habe ich auf vollster Linie versagt!!“ Dann hielt sich der Blonde beide Hände an seine Brust und ließ seinen Kopf nach unten sinken, sodass seine Stirn fast den Schnee berührte. Tränen drangen bereits erneut aus seinen Augenwinkeln hervor. Seine Stimme wurde immer leiser. „Warum tut es verdammt nochmal so weh...Ich wollte ihr bloß helfen. Wollte das es ihr besser geht. Dann der Abschied gestern Abend am Flughafen .. Es soll einfach nur aufhören… Wieso tut mir mein beschissenes Herz so weh? Was kann ich bloß tun? Sag es mir, halbe Portion!!!“ Shoto sah weiterhin traurig seinen Klassenkameraden an. Selbstzweifel und Wut. Hilfslosigkeit und Trauer. Es spielten so viele Faktoren eine Rolle. Shoto konnte froh sein, dass er Izuku an seiner Seite hatte. Sie halfen sich gegenseitig. Doch Katsuki war allein. Er hatte allein versucht Valerie beizustehen und hatte niemanden. Er schien auch zuhause nicht über seine Gefühlswelt zu reden. Er hatte niemanden, dem er sich anvertrauen konnte. Selbst mit Eijiro redete er nicht darüber. Wusste dieser überhaupt was vorgefallen war? Es machte auf Shoto den Anschein, als ob Katsuki gerade das erste Mal über seine Gefühlswelt spricht. Allein der Gedanke daran, dass der Blondhaarige Valerie gerade so von einem Suizid abhalten konnte. Ein eiskalter Schauer jagte über Shotos Rücken. Wie fruchtbar muss dieses Ereignis bloß gewesen sein? Für beide Parteien. Aber das Katsuki es trotzdem geschafft hatte sie von ihrem Vorhaben abzuhalten, rechnete der Alpha seinem Gegenüber hoch an. Omegas, die ihrem Dasein ein Ende setzen wollen, zögern normalerweise nicht lange. Etwas musste passiert sein, dass sie es doch nicht getan hatte. Trotzdem schnürte sich dem Weißrothaarigen bei dem Gedanken die Kehle zu. Und das alles musste der Blonde bislang allein bewältigen? Behutsam ging der Weißrothaarige daraufhin vor seinem Klassenkameraden in die Hocke und legte seine rechte Hand auf dessen Schulter. „Geht es dir jetzt besser?“ Katsuki zuckte aufgrund der Berührung kurz zusammen, hielt den Blick aber immer noch gesenkt. Immer weiter krampfte er in sich zusammen. Seine Stimme klang immer noch brüchig. „Du Vollidiot…. Natürlich nicht… “ Der Weißrothaarige seufzte daraufhin aus und widmete seine Aufmerksamkeit dem Himmel. Die grauen Wolken thronten immer noch über ihnen, zudem weiterhin dicke Flocken vom Himmel rieselten. Kurz leuchtete das heterochrome Augenpaar auf. „Du warst derjenige, der ihr geraten hat, nach Amerika zu gehen, habe ich Recht?“ Katsuki hielt augenblicklich inne und schaute zu Shoto hoch, der immer noch vor ihm kniete. „Woher?“ Ein trauriges Lächeln zierte Shotos Lippen, ehe er sich daraufhin wieder erhob und lächelnd Katsuki seine Hand entgegenhielt. Dieser hingegen sah die Hand skeptisch an. Erneut traf Silber-Türkis auf Rubinrot. „Weißt du Katsuki. Eigentlich habe ich dich gehasst. Ich meine, nach allem was du Izuku in der Vergangenheit angetan hast, ist es doch mehr als verständlich, dass ich als sein Alpha eine Abneigung gegen dich hege, aber….“ Wieder amtete Shoto daraufhin ruhig aus, ehe er weiterfortfuhr. „… du hast in einer Notlage die richtige Entscheidung getroffen. Du warst derjenige, der Valerie vor einer schweren Verletzung bewahrt hat. Du hast dich schützend vor sie geworfen und die Kugel eingefangen, die eigentlich ihr hätte gelten sollen. Du hast Val beschützt und hast auch Izuku Schutz geboten, als die Lage mehr als aussichtslos war. Du hast im richtigen Moment gezeigt, welche Art von Alpha in dir steckt.“ Währenddessen sah Shoto wieder zum Himmel hoch. „Ich kann inzwischen nachvollziehen, was Tsuchi dazu bewegt haben muss, seine Aufgabe auf dich übertragen zu haben. Eigentlich dachte ich die ganze Zeit dieses Ritual sei ein Mythos, aber es gibt diese Übertragung wirklich. Du bist der lebende Beweis dafür. Tsuchis innerer Alpha hat deine innere Stimme erhört. Ein Alpha, der kurz vor seinem Tod steht, gibt seine Bindung und Aufgabe an einen anderen Alpha weiter. Der neue Alpha führt somit die Aufgabe seines Vorgängers fort. Er beschützt das Omega weiterhin, liebt und ehrt es mit jeder Faser seines Körpers und du liebst sie, Katsuki. Das kannst du nicht länger leugnen.“ Das rote Augenpaar weitete sich vor Erstaunen und auch vor Entsetzen. Der Blondhaarige war in diesem Moment nicht in der Lage zu sprechen. Zu aufgelöst schenkte er den Worten seines Gegenübers weiterhin Gehör. „Du warst derjenige, der neben Valerie stand, als sie sich von Tsuchis Leichnam verabschiedet hat und du warst auch derjenige, der sie bei der Beerdigung zum Grab begleitet hat. Sie war in ihrer dunkelsten Stunde nicht allein und das war wichtig. Sie hatte eine Stütze. Sie hatte an deiner Schulter Halt gefunden.“ Wieder stahl sich daraufhin ein trauriges Lächeln auf Shotos Gesicht. Erneut schaute er auf seinen Klassenkameraden herab, der immer noch komplett aufgelöst vor ihm am Boden kniete. Das rote Augenpaar blickte in die Ferne, fixierte einen genauen Punkt. „Außerdem hatte Izuku Val gestern noch auf dem Friedhof getroffen und sie muss einen sehr besonnen und hoffnungsvollen Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Glaub mir, ein Omega kann vor einem anderen Omega nichts verbergen. Sie spüren sofort, wenn etwas nicht stimmt. Katsuki, ein Omega, das beschließt seinem Leben ein Ende zu setzen, zieht dies auch durch. Also musst du etwas in ihr ausgelöst haben, weshalb sie es dann doch nicht durchgezogen hat. Sie hatte von tiefstem Herzen und ohne jeden Groll zu Izuku gesprochen. Also scheinen deine Taten bei ihr angekommen zu sein. Und so wie du dich die letzten Monate um sie bemüht hast, kann ich mir vorstellen, dass es dein Vorschlag gewesen war. Deinem alten Ich hätte ich dies nie zugetraut, aber zu deinem neuen besseren Ich, würde es passen. Es gibt nichts Selbstloseres als seine eigenen Bedürfnisse und Gefühle hintenanzustellen. Und genau das hast du getan. Du hast dich als wahrer Held erwiesen.“ Nun konnte Katsuki nicht mehr an sich halten. Zähneknirschend biss er sich auf die Unterlippe und versuchte das Zittern seines Körpers zu unterdrücken, das drohte wieder die Oberhand zu gewinnen. Wortlos ergriff er daraufhin Shotos helfende Hand und ließ sich von diesem hochziehen. Inzwischen liefen dicke Tränen an seinen Wangen hinunter. Schluchzend wischte sich der Blonde daraufhin mit dem Handrücken über sein Gesicht, das inzwischen sehr stark errötet war. „Dass ich ausgerechnet diese Worte von dir höre, Halb-Halb! Denk ja nicht, ich bin verweichlicht oder so! Und wehe du sagst irgendjemandem auch nur ein sterbes Wörtchen von dem Ganzen hier, sonst mach ich dich kalt, kapiert?!“ Shoto wusste erst nicht, was er mit dieser Antwort anfangen sollte. Doch der Weißrothaarige wusste, dass sein Klassenkamerad immer noch zu stolz war, um einfach „Danke“ zu sagen. Immer noch hielt er die Hand des Blondhaarigen in seiner eignen. Sollte dies nun endlich der Start für einen Neuanfang sein? Kurz atmete der Bunthaarige daraufhin tief ein und aus, ehe er seinem Gegenüber wieder tief in die Augen schaute. „Können wir uns auf einen Waffenstillstand einigen? Wir haben die letzten Monate so viel durchgestanden. So ein Ereignis schweißt zusammen, finde ich. Ich denke es ist in Valeries als auch in Izukus Interesse, wenn wir die Vergangenheit hinter uns lassen. Am Besten wir fangen noch einmal ganz von vorne an, bist du damit einverstanden?“ Katsuki brachte in diesem Moment nicht mehr als ein „Tsk“ zustande und musste daraufhin grinsen, wobei es sich nicht um sein übliches draufgängerisches Grinsen handelte. Es war lockerer. Eines, dass man wirklich selten zu Gesicht bekam. „Einverstanden….. Shoto.“ Somit fand ein weiteres dunkles Kapitel sein langersehntes Ende. Die Schatten der Vergangenheit wurden verdrängt und schafften neuen Platz. Platz für neue Freundschaften. Freundschaften, die es wie ein Schatz zu behüten galt. Eine Bereicherung, die wie ein wertvoller Schatz beschützt werden musste. Ab diesem heutigen Tag trat eine solche Bereicherung in Shotos und Izukus Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)