Break to Breathe von _Scatach_ ================================================================================ Kapitel 4: No... ---------------- Shikamaru hatte sich schon immer gewünscht, eine Wolke zu sein.    Obwohl er es in seinem jungen Alter und im Lichte all seiner Erfolge schon so weit geschafft hatte; dieser kleine selbstsüchtige Teil von ihm erfreute sich noch immer an dem Traum, ein weniger lästiges Leben zu führen. Doch die Menschen setzten ein unerschütterliches Vertrauen in ihn und abgesehen von diesen Momenten – in denen er sich wünschte es wäre nicht so – wusste er, dass es eine gute Sache war; dass es etwas besagte. Sein Leben hatte einen Sinn und eine Richtung. Trotz all der Ärgernisse, mit denen er sich immer wieder herumschlagen musste, er konnte zumindest nicht behaupten, sich nutzlos und leer zu fühlen.    Aus irgendeinem Grund wanderten seine Gedanken zu Neji. In eine rote Zone, von der er sich selbst geschworen hatte, seinen Geist nicht dorthin gehen zu lassen.    Nicht meine Angelegenheit. Nicht mein Problem.   Shikamaru seufzte und klemmte sich einen Arm unter den Kopf. Er wippte mit einem langen Bein, das über den Rand der Hängematte hing, in der er lag und brachte sie so sanft zum Schwingen. Er hob den Blick und beobachtete die dünnen Wolkenfetzen, die sich wie Schlagsahne gegen den späten Nachmittagshimmel abhoben.    Yep. Einfach vorbeischweben…das ist es, was ich immer wollte…   Seine Lider flatterten leicht und eingelullt von dem leichten Schwanken der Hängematte entspannte sich sein Verstand von rastlosen Gedankengängen. Er konnte fühlen, wie er langsam in den Schlaf hinüberglitt.    Dann stoppte die beruhigende schaukelnde Bewegung abrupt.    Er öffnete einen Spalt breit ein Auge.   „He Schlafmütze!“ Ino grinste mit einem zuckersüßen Lächeln auf ihn hinab, das nur bedeuten konnte, dass sie irgendetwas von ihm wollte.    „Nervige Frau.“, murmelte Shikamaru und schloss wieder die Lider.    „Aww komm schon, sei nicht so. In der Stimmung, einer jungen Frau auszuhelfen?“   „Nicht wirklich.“   „Shikamaru!“, jammerte Ino und schlug ihm hart genug gegen sein baumelndes Bein, um ihn zusammenzucken zu lassen.   „Geh weg. Ich hab meinen Teil für heute erfüllt. Die Godaime hat mich mehr oder weniger durch die Mangel gedreht. Und außerdem…“ Er versuchte sie mit einer wedelnden Hand zu verscheuchen ohne die Augen zu öffnen „bin ich beschäftigt.“   „Pff! Ja klar, beschäftigt damit, ein Schläfchen zu machen.“   „Das ist harte Arbeit, wenn ich ständig dabei unterbrochen werde.“   „Shikamaruuuuu.“   „Mann, was für ein Drama…“ Er grummelte halbherzig. „Ich hoffe für dich, dass du einen guten Grund hast, Ino…“   „Guter Junge! Es ist eine Sache um Leben und Tod.“ Ungeschickt ließ sie sich neben Shikamaru nieder. Ino brachte damit die Hängematte aus dem Gleichgewicht und beinahe wären die beiden auf den Boden gefallen.    Zum Glück streckte Shikamaru rechtzeitig sein Bein aus, um die Balance zu halten. Seine Augen glitten auf und er starrte Ino lustlos an. „Na klar ist es das.“   Ino lächelte ihr viel zu süßes Lächeln. „Aaw komm schon. Du wirst einem Kumpel doch helfen, oder nicht?“   Ja, weil es ja so unglaublich erfolgreich war, als ich das das letzte Mal versucht habe…   „Hörst du mir überhaupt zu?“ Ino zog eine finstere Miene.   „Jaja, Leben und Tod – also worum geht es?“   „Nun“ Ino zog das Wort in die Länge. „Ich habe mich gefragt, ob ich mich mal mit deiner Mutter unterhalten dürfte.“   Aufmerksam starrte Shikamaru sie an. Erst als die Stille unangenehm wurde, runzelte Ino die Stirn und wurde ungehalten.   „Was?“, schnappte sie.    Shikamaru blinzelte träge. „Ach nichts, ich habe nur nach dem Kunai gesucht, dass dir offensichtlich jemand an die Kehle hält.“   „Shikamaru, hör auf so nervig zu sein!“   „Dann hör du auf, dich so verrückt aufzuführen. Warum zur Hölle solltest du mit meiner Mutter sprechen wollen? Freiwillig!“   „Du bist so ein schlechter Sohn!“ Ino rollte mit den Augen, grinste aber direkt darauf in ihrer lebhaften Art an, die Shikamaru beinahe nervös machte. „Es geht um Medizin!“   Shikamarus Augen wanderten automatisch auf der Suche nach Verletzungen über ihren Körper. „Medizin für Hirnschäden?“   „Arsch!“ Sie schlug ihn erneut, bevor sie sich näher erklärte. „Medizin für meine Recherchen. Du weißt doch, dass ich auch ein Medic-Nin werden will, oder? Nun, statt mich selber zu degradieren, indem ich es Riesenstirn gleichtue und um Tsunade-samas Aufmerksamkeit heische, dachte ich mir, selbst die Initiative zu ergreifen.“   Shikamaru hob eine Braue. „Indem du mit meiner Mum sprichst?“   „Dein Clan verfügt über weitreichendes Wissen über Medizin. Ich dachte mir, dass es mir ein paar Bonuspunkte einbringen würde, wenn ich mir selbst etwas beibringe! Und wer wäre besser geeignet, meine Fragen zu beantworten, als deine Mum?“   „Jeder!“   „Shikamaru!“   „Naja, wie wäre es mit Shizune?“   „Sie ist beschäftigt. Außerdem will ich das auf meine Art machen und ohne das Sakura davon Wind bekommt.“   „Klar…“ Shikamaru warf einen Blick über ihre Schulter, seine Augen studierten den Himmel und er tat so, als würde er ihre Entschlossenheit nicht bewundern.   Viel zu viel Aufwand, wenn man mich fragt.   „Also was denkst du?   „Sicher, was auch immer…“ Er zuckte die Achseln und brachte die Hängematte mit einem sanften Stoß seines Fußes wieder zum Schwingen. „Ich werde ihr sagen, dass du vorbeikommen willst.“   „Super!“ Ino grinste und drehte sich auf der Hängematte, um Shikamarus Blick auf den Himmel folgen zu können. „Immer noch am Wolken beobachten, was?“   „Jo.“ Shikamaru lächelte schief. „Wenn ich nicht gerade unterbrochen, von verrückten Mädchen geschlagen, in lästige Meetings bestellt oder zu einer Mission verdonnert werde.“   „Ach komm schon! Du weißt selber, dass du glücklich darüber bist, mir zu helfen!“   „Ich kann kaum an mich halten…“, sagte er gedehnt.   Ino giggelte. „Ich werde deiner Mum ein paar nette Dinge über dich erzählen, damit sie dir eine Pause gönnt.“   Shikamaru rollte mit den Augen. „Klar, viel Glück dabei.“   Die Yamanaka lächelte, bevor sie den Blick wieder auf Shikamaru richtete. „Oh hey, hast du in letzter Zeit mal Neji getroffen?“   Das zog sofort seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich; auch wenn seine Miene nicht interessierter wirkte, als noch einen Moment zuvor.  „Nein.“ Er hob eine Braue. „Warum?“   „Ich dachte daran, auch ihn nach Hilfe für mein Medizintraining zu fragen.“   „Ach ja?“ Shikamaru legte sich einen Arm über den Bauch, der andere verweilte weiterhin unter seinem Kopf.    „Yup. Es wird es mit Sicherheit wert sein, mehr über die Möglichkeit der Hyūgas zu lernen, das Chakranetzwerk und dessen Auswirkungen auf Körper und Organe sehen zu können. Außerdem verfügt Neji über eine außergewöhnliche Chakrakontrolle.“ „Hn.“ Shikamaru konnte ein schwaches Lächeln nicht verhindern. „Ja, er ist wirklich kontrolliert.“   „Und ich dachte mir, dass er mir bestimmt etwas über Meditation beibringen kann.“   „Ich dachte, das hättest du bereits hinter dir.“ Shikamarus Augen folgten den Wolken, doch sein Verstand driftete erneut in die rote Zone ab.    „Jo, ich bin schon ziemlich gut darin. Aber das muss ich ja auch, wegen des Gedankenkontrolle-Jutsus.“ Ino wippte träge mit einem Bein.   Gedankenverloren runzelte Shikamaru die Stirn.    Die Hokage meinte, dass Neji heute auf eine Mission geht. Auch noch eine Klasse A Mission. Hoffentlich kann er sich zusammenreißen…   Inos Stimme verlor sich im Hintergrund und Shikamaru bemerkte, dass er ihr gar nicht mehr zugehört hatte. Rasch richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das, was sie sagte.    „…du siehst also, es würde mir nicht schaden, mir ein paar Ratschläge zu holen.“   Shikamaru brummte. „Jo…“   „Du musst wirklich fokussiert sein, um ein Medic-Nin zu sein, vor allem in Krisensituationen und Neji ist immerfokussiert. Das Letzte, was ich will, ist im falschen Moment auszurasten oder in Panik zu geraten.“   Mann, das ist einfach viel zu ironisch gerade…   Shikamaru schrie kurz auf, als ihm ein heftiger Hieb beinahe einen Pferdekuss verpasste. „Was zur Hölle, Ino!“   „Du blendest mich aus!“   „Mann, komm runter. Ich habe dich gehört. Chakrakontrolle, ruhig und fokussiert, nicht ausrasten. Kann ich jetzt schlafen?“   Ino versuchte eine finstere Miene zu ziehen, lächelte dann aber. Es war eine andere Art von Lächeln, das Shikamaru aus ganz anderen Gründen nervös machte, als dieses ‚Willst du mir mal helfen‘-Grinsen.   Oh nein.   „Wie fühlst du dich eigentlich zur Zeit, Shikamaru?“   „Belästigt.“, antwortete er flach.    „Ich meine es ernst!“   Genau wie ich.   Mit einem sanften Lächeln zuckte er die Achseln. Ino legte den Kopf schief, offensichtlich stellte sie das nicht zufrieden.    „Chōji und ich haben dich schon länger nicht mehr gesehen, wir haben ständig getrennte Missionen.“   Shikamaru wippte träge mit dem Bein, um die Hängematte wieder mehr in Schwung zu bringen. „Tja was soll ich sagen, erzähl das der Hokage, sie ist die Sklaventreiberin.“   „Ganz offensichtlich bist es eher du. Zumindest behauptet das Naruto – oh übrigens, Kiba denkt, dass du Drogen genommen hast.“   „Was?“ Shikamaru schnaubte etwas, das eine Mischung aus Lachen und Knurren war.    „Okay, keine Drogen.“ Ino kicherte und beobachtete ihn genau. „Aber Zigaretten. Kiba sagt, Akamaru hat es an dir gerochen.“   „Und das hast du geglaubt?“ Shikamaru blinzelte träge, doch sein Verstand katalogisierte diese Information sorgfältig. „Das ist totaler Blödsinn. Ich habe weder Kiba, noch Akamaru gesehen.“   Ino bot ihm ein verlegenes Lächeln an. „Na schön, also eigentlich war es Tonton, die es Akamaru erzählt hat.“   „Das Schwein kann also mit dem Hund sprechen, huh?“ Shikamaru schüttelte den Kopf. „Verstehe.“   Ino giggelte, bevor ihr Gesichtsausdruck wieder halb ernst wurde. „He, das stimmt aber nicht, oder? Dir ist klar, dass Asuma dir den Hintern versohlen würde, sollte er davon Wind bekommen. Mal ganz davon abgesehen, was ich mit dir anstellen würde!“   „Danke für deine Besorgnis, Mom.“   „Und?“, drängte Ino ihn mit finsterem Gesicht.   „Du weißt, dass ich das Zeug nicht ausstehen kann. Und außerdem würde ich mir nie die Mühe machen, mir noch eine weitere schlechte Angewohnheit anzueignen.“, log Shikamaru und verzog die Lippen. „Sei nicht so dämlich.“   „Gut! Ich dachte auch nicht, dass du so blöd wärst.“ Ino grinste und klopfte ihm auf ein Bein, als sie sich erhob. „Also, falls du Neji zu siehst, sag ihm, dass ich ihn suche, ok?“   Als würde das in nächster Zeit passieren.   „Ja, sicher.“ Shikamaru hob träge die Hand zum Gruß, bevor sein Arm wieder quer über seinen Bauch fiel. Er beobachtete, wie die Blondine verschwand, bevor er seinen Blick wieder dem Himmel zuwandte und versuchte, den weißäugigen Ninja aus seinen Gedanken zu drängen.    Nicht mein Problem. Nicht mein Problem. Nicht mein Problem…   Wolkenfetzen begannen sich leicht aufzutürmen, und formierten sich zu einer dichteren Wolkendecke.   Shikamaru seufzte.   Das Wetter war dabei, sich zu drehen.   oOo   „Rotation!“ Neji drehte sich weich auf dem Absatz und fiel in eine elegante wirbelnde Pirouette, die den tödlichen Regen aus Shuriken und Kunais ablenkte.    Die Projektile prallten von der Chakrasphäre ab und schlugen stattdessen in Bäumen und Gegnern ein. Jenseits der sich drehenden Kuppel starteten Lee und Tenten ihre jeweiligen Angriffe und vereitelten damit die Bemühungen der verstreuten Gegner, sich neu zu formieren.    Neji kam zum Stillstand, als die letzte Waffe von seiner Verteidigung abgelenkt wurde. Geschickt sprang er aus dem Krater, der durch sein Jutsu entstanden war und landete in einer geduckten Haltung. Seine scharfen Augen glitten über die Lichtung.    Drei hinter, zwei über mir.   Er täuschte eine Sprung nach links an und stieß sich hart mit dem Fuß ab, um nach rechts auszubrechen und die Shuriken zu vermeiden, die an ihm vorbei sausten. Er konterte den Angriff, indem er mit einem kurzen Rucken seines Handgelenkes drei Kunais zwischen seine Fingerknöchel zog und sie hinauf in die Baumkronen fliegen ließ. Ein schmerzhaftes Grunzen bestätigte ihm, dass er sein Ziel getroffen hatte. Bevor er sich umdrehen konnte, um sich ebenfalls vom Boden in die höheren Lagen der Bäume zu begeben, hatte Tenten bereits einen Schauer an Shuriken auf den anderen Gegner geworfen.    „Ich bin dran! Hol dir die Schriftrollen!“, rief sie ihm zu und wirbelte mit einem mächtigen Schlag herum. Ein Mann, der mit Waffen gespickt war wie ein Nadelkissen, fiel zu Boden.    Neji richtete sich auf.    Zwei erledigt. Bleiben noch drei.   Seine blassen Augen konzentrierten sich auf die Fracht, die ihr Gegner verteidigte – einen schmalen Schriftrollenbehälter, der sich gerade im Besitz einer jungen Frau befand, die ununterbrochen Pfeile von einer Handarmbrust abfeuerte. Ein Kamerad des Mädchens blieb an ihrer Seite, sein Schwert schwang in Lees Richtung ohne Schaden anzurichten.    Seltsam. Die scheinen nicht besser ausgebildet zu sein als gewöhnliche Schlägertypen. Warum ist diese Mission A-klassifiziert?   Neji richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen und runzelte leicht die Stirn. Da war etwas Seltsames an ihrem Chakra. Doch er bekam nicht wirklich zu fassen, was es war. Er wandte den Kopf, als Lees spitzer Schrei zu ihm herüber hallte.    „Konoha Wirbelwind!“, brüllte der grüngekleidete Ninja und traf den schwerttragenden Ninja mit einem Tritt auf die Brust, der seinen Gegner durch den Wald katapultierte.    Die junge Frau zischte einen Fluch, wirbelte auf dem Absatz herum und rannte los.   Fuck!   Neji hatte kaum Zeit, seinen Kopf herumzureißen, bevor sich sein Körper bereits aus reinem Instinkt in Bewegung setzte. Sein Byakugan erkannte einen Angriff mit voraussehbarer Leichtigkeit. Eine Klinge grub sich in den Stamm eines Baumes – wenige Zentimeter von der Stelle entfernt, an der sich gerade eben noch sein Kopf befunden hatte. Die missglückte Attacke machte den Gegner rasend, was Neji erlaubte, vorwärts zu stürzen und den Mann schnell und präzise mit den Fingern zu treffen und so die Chakrawege in Fetzen zu reißen.    Er wartete nicht darauf, das Ergebnis seines Angriffs zu sehen und duckte sich unter dem zusammenbrechenden Mann weg. Seine Aufmerksamkeit richtete sich schon wieder auf das Mädchen, als sich sein Sichtfeld bis jenseits des Kampfgebietes ausdehnte. Erneut nahm er ein seltsames Flattern in ihrer Chakrasignatur wahr; schwach und instabil.   Was ist das?   Neji wirbelte herum, als ein weiterer Mann zur Verteidigung des Mädchens erschien. Er lenkte einen Schlag mit seiner Handkante ab, während er seine andere Hand in einem Stoß der Sanften Faust direkt in die Brust seines Gegners rammte. Neji wich dem Blut aus, das der Mann hustend ausspie, kickte den erledigten Feind achtlos beiseite und begann zu laufen.    „Lee! Tenten!“ Er überließ es seiner Stimme, seinen Teamkameraden den Weg zu weisen und hielt sich nicht weiter mit Erklärungen auf. Das Byakugen zeigte ihm den kürzesten Weg, während er sich an die Fersen des flüchtenden Mädchens heftete.    Sie kann nirgendwo hin. Dieser Kampf ist vorbei.    Er vollführte einen hohen Sprung, um einen Stolperdraht zu vermeiden und warf ein Kunai auf die Stelle, um sie für Lee und Tenten zu markieren, bevor sie eventuell noch darauf treten würden. Er legte den Kopf zur Seite, ein Pfeil von der Armbrust des Mädchens zischte an seinem Ohr vorbei und zersplitterte an einem Baumstamm hinter ihm.   Zeit, das zu beenden.   Er erhöhte die Geschwindigkeit, sprang hoch und weit, landete direkt vor ihr und zwang sie so, zurückzuweichen. Sie zog eine Sensengleiche Klinge aus einer Schwertscheide an ihrer Hüfte.    „Geh mir aus dem Weg!“, fauchte sie mit angesichts ihrer Situation überraschender Entschlossenheit.    Neji streckte selbstsicher eine Hand aus und wartete. „Gib mir die Schriftrollen und wir müssen das hier nicht tun.“   „Nie im Leben!“, knurrte sie, doch Angst schlich sich in ihre Augen. Neji vermutete, dass sie nicht älter als sechzehn war.   Warum ist ihre Chakrabalance so unregelmäßig?   Er runzelte die Stirn, hatte aber keine Zeit, ihr Netzwerk näher zu studieren, bevor sie auf ihn losging. Es lag durchaus Können in ihren Bewegungen, doch es war lange nicht genug, um sie zu retten. Neji wich ihren Hieben mit peinlicher Leichtigkeit aus und verzweifelt legte sie all ihre Frustration in die Schläge. Offensichtlich hatte sie sehr wenig Erfahrung im Nahkampf, ihre Stärke lag in Fernangriffen.   Neji hielt seine Aufmerksamkeit auf die Öffnungen in ihrer Defensive gerichtet und suchte nach einem schnellen Weg, sie außer Gefecht zu setzen, ohne sie zu töten. Zumindest, bis sie Hals über Kopf die Klinge nach ihm warf, zurücksprang und Fingerzeichen formte.  Was? Ninjutsu?   Ihr Chakra schwankte ein wenig und ein seltsamer Impuls flatterte durch den Bereich um ihr Kreuzbein. Möglicherweise ein Yin-Siegel? So eine Menge an Chakra würde die hohe Klassifizierung der Mission erklären. Neji knurrte, wütend darüber, dass er sich in falscher Sicherheit gewiegt hatte.    Ich muss das schnell beenden.   Das Mädchen bekam niemals die Chance, ihre Handzeichen zu beenden, bevor Nejis Finger in ihrer Schulter einschlugen; ihr Arm begann spastisch zu zucken.    „Du wirst mit mir untergehen!“, schrie sie schrill, packte mit der anderen Hand ihre Armbrust und hielt sie zwischen sich und den Hyūga. Sie wollte einen Bolzen direkt in Nejis Herz jagen – doch er war schneller.    Er stieß seine Finger direkt in das Brustbein des Mädchens.   Ein ersticktes Husten fiel von ihren Lippen und er wischte ihren Arm beiseite, als sie vorwärts stolperte und zu Boden fiel. Der Schriftrollenbehälter fiel aus ihrer Tasche. Neji deaktivierte sein Byakugan und kickte die Rolle beiseite, um sicher zu gehen, dass es keine Sprengfalle sein würde, wenn er sie aufhob. Dann ging er neben dem Mädchen in die Hocke und rollte sie auf den Rücken. Seine Brauen zogen sich misstrauisch zusammen, als ihm klar wurde, dass dieser Sieg viel zu einfach gewesen war.   „Du hast mir keine Wahl gelassen.“, sagte er leise.    Die junge Frau starrte zu ihm auf, das Leben wich langsam aus ihren grauen Augen, während gewisperte Flüche ihre Lippen verließen und sie sich eine Hand auf den Unterleib presste. Neji runzelte die Stirn; nicht bereit, das Risiko einer Situation einzugehen, die sie möglicherweise beabsichtigte, um ihn in eine Falle zu locken.    „Byakugan!“ Er aktivierte sein Dōjutsu und fokussierte es auf ihr Chakra Netzwerk.   Zu seiner Überraschung war es von einer Krankheit regelrecht durchlöchert. Ein seltsames, kräftezehrendes Leiden. Seine Brauen zogen sich zu einem scharfen V zusammen, als er dem Fluss des schwindenden Chakras bis zu dem merkwürdigen Schwanken folgte, das er vorhin bereits bemerkt hatte.   Sein Blick fiel auf ihre Hand, die auf ihrem Bauch lag.   Nejis Atem stockte.    „Jetzt…so oder so…fort…“, murmelte das Mädchen zu sich selbst und hustete; helles Blut bildete Blasen zwischen ihren Lippen.    Neji hörte sie nicht, seine blassen Augen weiteten sich geschockt, als er das matte und kaum wahrnehmbare Pulsieren von Chakra identifizierte. Schwach aber bemüht – wie das kämpfende Flattern eines gefangenen Vogels. Der Gedanke ließ seine Brust schmerzhaft zusammenkrampfen.    Nein…nein…   „Nein…“ Er schüttelte heftig den Kopf, schlug ihre Hand beiseite und drückte seine Handflächen auf ihren Unterleib. Seine leicht panischen Augen wurden noch größer. „Nein!“    Das Mädchen lächelte grimmig, Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln. „Wollte…es nie…“   „Nein, nein…“ Neji schüttelte erneut den Kopf, biss die Zähne zusammen und presste noch fester auf ihren Bauch, als könnte er dadurch Leben in das schwindende Licht unter seinen Händen zwingen. Doch er konnte es nicht.   Nein, nein, nein…   Er konnte nicht hören, wie Tenten seinen Namen rief und auch nicht Lees Echo ihrer Worte. „Neji!“   Nein…nein…nein…   „Neji, was machst du…“ Tentens Stimme erstarb. „Neji…?“   „Wie konnte ich…es nicht sehen? Wie?“, krächzte Neji und wandte seine Augen nicht eine Sekunde von dem Chakrapuls ab, der immer schwächer und schwächer wurde – verzweifelt kämpfend.   NEIN! Kami, bitte nicht…   „Neji…“ Tenten und Lee standen verwirrt und besorgt hinter ihm.   Neji konnte spüren, wie das sterbende Mädchen nach seiner Hand griff, ihre Finger waren wie Eis.    „Wollte…es…nie…“, wisperte sie.   Er schüttelte energisch den Kopf, seine Lippen formten Worte, die nicht kommen wollten. Er wagte es nicht, seine Augen von dem abzuwenden, auf dem seine volle Aufmerksamkeit lag. Verzweifelt suchte er in seinem Geist nach irgendeiner Möglichkeit, aufzuhalten, was er angerichtet hatte.    DENK NACH!   „Neji…“ Lee berührte genau in dem Moment seine Schulter, in dem die Finger des Mädchen leblos von Nejis Hand glitten.    Ihr rasselnder Atem verklang, als eine letzte Träne über ihre Wange rann. Sie starb, leise und ohne zu kämpfen – ganz anders als das Leben, das Neji noch immer spüren konnte, immer noch sehen konnte, wie es entschwand.   Halte durch. Bitte…halte einfach durch…   Wenige Herzschläge später verblasste der Puls.   Fort.   Neji starrte für einen unendlich langen Moment ins Nichts, sein Verstand wie gelähmt. Er konnte Stimmen hören, war sich vage bewusst, dass Tenten neben ihm in die Hocke ging.    „Neji, bitte sag irgendwas…“   Endlich hob er den Blick. Aber nicht zu Tenten, sondern zu den leblosen Augen seines Feindes, die immer noch nass von Tränen waren. Glasig. Fort.   Seine Stimme war wenig mehr als ein Wispern in der morbiden Stille des Waldes.   „Sie war schwanger.“   oOo   Regen prasselte nieder und trommelte lautstark gegen den glitschigen Fußweg, der zur Residenz der Hokage führte. Shikamaru schritt weiter aus; er hatte den Regen erwartet, aber nicht, dass er schon wieder zu einem Meeting bestellt wurde. Soweit es ihn betraf, war der Regen ein weit geringeres Ärgernis als der Gedanke an eine weitere ermüdende Besprechung mit den Ältesten.    Die lästige Angelegenheit hatte ihn von einem Shogispiel mit Asuma weggeholt, das er bereits bis zu einem unvermeidbaren Sieg durchtaktiert hatte.   Zuerst Ino und jetzt das…ugh…Frauen…   Er verstand ja die Notwendigkeit seines Beitrages – aber das setzte nicht seinen Enthusiasmus voraus. Asuma hatte gelacht, als niemand anderes als dieses verdammte Schwein aufgetaucht war, um die Nachricht zu überbringen. Shikamaru schüttelte den Kopf und wünschte sich inständig, den Witz anstelle der Mühe in alledem sehen zu können. Durch dichte Wimpern linste er zu Tonton, die vor ihm her trottete und deren Hufe auf dem nassen Pflaster leicht ins Rutschen gerieten. Ein enthusiastisches Oink kam von dem kleinen Tier, als sie den Eingang erreichten.    „Toll.“ Shikamaru seufzte, schüttelte den Kopf und fing sich einen skeptischen und unbeeindruckten Blick von dem Schwein ein. „Jaja, schon gut.“   Er folgte Tonton in das Gebäude, wohlwissend, dass er viel zu spät dran war. Er wischte sich einige Regentropfen von seiner Flakjacke; seinen Regenschirm hatte er schon vor längerer Zeit verloren, als Asuma ihn sich ‚ausgeliehen’ hatte. Er beschleunigte seine Schritte ohne den Anschein zu erwecken, in Eile zu sein. Vor dem Büro der Hokage hielt er inne, seine Brauen zogen sich aufgrund der Stimmen im Inneren zusammen.    Haben sie schon angefangen? Super…   Er hielt den Kopf näher an die Tür und war überrascht, als er Lees Stimme durch das dicke Holz hören konnte. Er hob eine Braue und zog sich genau in dem Moment zurück, als sich die Tür öffnete und Gai hindurch schlüpfte. Der Sensei mit den buschigen Augenbrauen schenkte Shikamaru ein gezwungenes Lächeln und einen in die Höhe gereckten Daumen, bevor er den Korridor hinunter lief; seine Schritte waren weniger schwungvoll als sonst.    Seltsam. Was ist mit ihm?   Shikamaru betrat den Raum, bevor die Tür ins Schloss fiel und täuschte einen entschuldigenden Blick in Tsunades Richtung vor, als sich ihre Bernsteinaugen auf ihn richteten. Die Unterbrechung schien sie nicht weiter zu stören und sie winkte ihn näher heran. Sofort richtete sich Shikamarus Aufmerksamkeit auf das Trio, das auf der einen Seite des Büros stand.    Neji begegnete seinem Blick über die kurze Distanz hinweg.   Die blassen Augen des Hyūga schienen von einem latenten Zorn berührt zu sein, der sich nur durch die Spannung bemerkbar machte, die sich durch seine elegant geschwungenen Gesichtszüge zog. Doch bevor Shikamaru fragend den Kopf schräg legen konnte, zuckte Nejis Blick zurück zu dem rothaarigen Mann, der vor der Hokage stand.    „Einhunderttausend Ryō, wie vereinbart.“, erklärte er. Er schnippte mit den Fingern und wie auf Kommando trat einer seiner Begleiter nach vorne und legte das Geld auf den Schreibtisch. „Natürlich ist Ihnen auch meine Dankbarkeit gewiss.“   Shikamaru linste aus den Augenwinkeln wieder zu Neji hinüber und dann zu den anderen beiden Teammitgliedern. Lees gewaltige Brauen waren scharf und tief über seinen dunklen Augen zusammengezogen und Tenten sah aus, als könnte sich ihr Gesichtsausdruck nicht zwischen Verwirrung und Abscheu entscheiden.    „Nachdem sich die Schriftrollen wieder in Ihrem Besitz befinden, gehe ich davon aus, dass wir uns keine Sorgen wegen möglicher eigensinniger Aktivitäten vonseiten Ihres Clans machen müssen.“, bemerkte Tsunade ruhig, ihr Kinn ruhte auf den Fingern ihrer verschränkten Hände, während sie die Augen unverwandt auf den Klienten gerichtet hielt.    „Absolut nicht, Hokage-sama. Wie ich schon sagte, Ihre Leute haben sich ja um das Problem gekümmert und ich hege keinen Zweifel daran, dass…“   „Warum haben Sie diese Mission als A klassifiziert?“ Nejis Stimme schnitt dem Klienten das Wort ab; sie war tief und leichte Feindseligkeit schwang in ihr mit.    Shikamaru runzelte die Stirn, seine Augen wanderten zwischen Tsunade und dem Auftraggeber hin und her. Der Mann würdigte Neji keines Blickes, sondern richtete seine Antwort an Tsunade.   „Ich habe von Anfang an die Risiken klargestellt, die sich hätten ergeben können.“   Tsunade erhielt nicht einmal die Möglichkeit zu sprechen, da Neji ihr zuvor kam.   „Bei dem Team, das wir verfolgt, abgefangen und eliminiert haben, hätte es sich laut Rang um A-klassifizierte Kriminelle handeln müssen.“, fuhr Neji fort, seine Stimme blieb zielsicher und trügerisch ruhig. „Ihre Fähigkeiten befanden sich jedoch nicht einmal ansatzweise auf diesem Niveau.“   „Achja?“, knurrte der Klient ihn an.   Nejis Stimme fiel noch einmal eine Stufe tiefer. „Also entweder weist Ihr Clan eine entsetzliche Inkompetenz darin auf, Fähigkeiten einzuschätzen, oder aber Sie wollten einfach nur erreichen, dass ein vollkommen unerfahrenes Team aus Minderjährigen ausradiert wird.“   „Neji!“, warnte Tsunade. „Pass auf, was du sagst!“   Shikamaru ließ seinen Blick zwischen den involvierten Parteien hin und her wandern.    Was zur Hölle geht hier ab? Minderjährige?   „Wie kannst du es wagen?“ Der Auftraggeber drehte sich zu Neji um und seine Wangen zitterten vor Wut, die die Beleidigung des Hyūga in ihm ausgelöst hatte. Gleich darauf wandte er seine zornigen Augen wieder Tsunade zu. „Was für eine Art Dienstleistungsbetrieb führen Sie hier eigentlich?“    Tsunade hob eine Braue. „Einen erfolgreichen. Sie haben Ihre Schriftrollen, oder etwa nicht?“   Neijs lange Finger ballten sich an seinen Seiten zu Fäusten. „Sie haben uns irreführender Weise in dem Glauben gelassen, dass diese Leute eine Priorität auf höchster Stufe haben. Wir haben unverhältnismäßig viel Gewalt angewandt, obwohl es überhaupt nicht nötig war.“   „Neji, lass es gut sein!“, befahl Tsunade, ihre Augen verweilten noch immer auf dem Auftraggeber.   „Unverschämtes Balg!“, fuhr der Mann den langhaarigen Jōnin an und richtete seinen Blick dann wieder auf die Hokage. „Ich werde sicher nicht hier stehen und mich von irgendeinem dahergelaufenen Handlanger verhören lassen. Unsere Vereinbarung ist ohnehin erfüllt.“    Tsunade neigte brummend den Kopf und schürzte die Lippen. Shikamarus Augen wanderten zwischen Neji und der Hokage hin und her, während er versuchte, zwischen den Zeilen zu lesen. Dass Neji sich einem Klienten gegenüber so benahm, machte überhaupt keinen Sinn.    Super…noch ein Mysterium…   Shikamaru beobachtete, wie der kräftig gebaute Mann und seine Begleiter den Raum verließen und rein gar nichts von der Spannung, die sich in dem Zimmer ausgebreitet hatte, mit sich nahmen. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, spähte Tsunade zu Neji hinüber.    „Das ging viel zu weit, Hyūga.“   „Aber Ts…“, versuchte Lee einzuspringen, wurde aber sofort durch einen drohenden Blick zum Schweigen gebracht.    Shikamaru sah, wie sich Tsunades Brauen verärgert zusammenzogen. „Derart das Gesicht zu verlieren, ist nichts, was Clanoberhäupter einfach so auf sich sitzen lassen. Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht, Neji?“   An Nejis Kiefer zuckte ein Muskel und die Faust an seiner Seite verkrampfte sich so sehr, dass die Knöchel weiß hervor traten. „Diese Bezahlung könnte ebenso gut Blutgeld sein.“   Shikamarus Braue wanderte angesichts dieser Aussage in die Höhe, doch Tsunade schien seine Überraschung nicht zu teilen. In ihren Augen loderte es, als sie eine Faust auf ihren Schreibtisch niederfahren ließ und damit ihre Teetasse so zum Klappern brachte, dass sich ihr Inhalt auf der Arbeitsfläche verteilte.    „Wach verdammt nochmal auf, Hyūga, du bist ein Ninja! Töten steht in der Jobbeschreibung!“, schnappte sie, als sie die Beherrschung verlor. „Wenn es nicht das Blut von jemand anderem ist, dann ist es unseres. Wir befinden uns gerade nicht in der Position, in die Hand zu beißen, die uns füttert, hast du das verstanden?“   Nejis Augen flackerten, doch sie wandten sich kurz darauf in einem Zeichen von Respekt und Nachgeben ab, das ihn offenbar zu sehr ärgerte, um es wirklich offen zu zeigen. „Ja, Tsunade-sama.“   „Gut.“ Tsunade seufzte und rieb sich die Schläfen, um ihren Zorn einzudämmen. „Du bist entlassen. Geh und treib es aus deinem Kopf und Kreislauf – was auch immer es ist, das in dich gefahren ist.“   Neji blinzelte langsam und neigte den Kopf. Er wandte sich gemeinsam mit seinen Teamkollegen um, um so ruhig wie möglich den Raum zu verlassen. Shikamarus Augen folgten ihm, doch auch falls Neji seinen Blick spürte - er drehte sich nicht um.   „Shikamaru“, richtete Tsunade nun das Wort an ihn.    „Jo?“ Er lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Hokage.    Tsunade lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, ihre Stimme war seltsam gedämpft, wenn man ihre strengen lauten Worte von gerade eben bedachte. „Pass auf, ich denke, wir sollten es für heute einfach dabei bewenden lassen, ich habe jetzt keinen Nerv mehr für ein Meeting. Wir vertagen das einfach auf morgen Nachmittag – verspäte dich nicht.“   „Alles klar.“ Er nickte und verbeugte sich leicht, bevor er auf dem Absatz kehrt machte und den Raum verließ.   Kein Wunder, dass Gai-sensei so begierig darauf war, hier raus zu kommen. Er muss bemerkt haben, dass irgendetwas mit Neji nicht stimmte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich während dieses Gesprächs hätte zurückhalten können…   Shikamaru spähte durch den Korridor und trat einen Schritt zur Seite, als Tonton an ihm vorbei trottete. Er fiel in einen raschen Schritt, verließ die Residenz und hielt unter einem Vordach inne, während er durch den Regen linste. Sein Blick glitt von den dem grauen wolkenverhangenen Himmel zu der Gruppe, die am Ende des Fußweges stand.    Lee hielt einen Strohschirm in der Hand, mit dem er sich und Tenten vor dem Regen schützte, während Neji neben ihnen stand und herausfordernd seinen Sensei anstarrte. Aus der Entfernung konnte Shikamaru so viel erkennen, dass der Ältere versuchte, seinen ehemaligen Schüler zu beschwichtigen. Gais Hände waren ausgestreckt und lagen auf den steifen Schultern des Hyūgas. Shikamaru beobachtete, wie Neji einen Schritt zurück trat und sich so der Berührung entzog.    Nicht gut…   Shikamaru runzelte die Stirn. Sogar aus dieser Distanz konnte er den geknickten Ausdruck auf Gais Gesicht sehen. Er war vermutlich der einzige Sensei, der die Tiefe der Emotionen, die er seinen Schülern gegenüber empfand, offen zeigte.    Nicht mein Problem…   Shikamaru versuchte sich die Worte wie ein Mantra vorzusagen. Doch aus irgendeinem Grund konnte er seine Augen nicht von Neji abwenden. Wäre es irgendjemand anderes gewesen, wäre er in der Lage gewesen, einfach nur gelangweilt mit den Schultern zu rollen und hätte sich auf dem Absatz umgedreht, um zu verschwinden. Er hätte Gai und den anderen beiden Teamkameraden zugetraut, die Sache zu regeln. Doch ganz offensichtlich konnten sie es nicht, denn Neji schlug nun auch Lees Hand beiseite, die sich nach seiner Schulter ausgestreckt hatte. Der Hyūga verneigte sich respektvoll aber knapp vor Gai und wirbelte anmutig herum, um die Szene zu verlassen.    Zu seinem Entsetzen verspürte Shikamaru den dämlichen, lästigen Zwang, ihm zu folgen.   Auf keinen Fall. An dem Punkt war ich schon. Ich hab‘ das schon hinter mir.    Wider besseres Wissen und jeden Anschein von Sinnhaftigkeit musste er feststellen, dass sich seine Füße wiedermal von selbst bewegten. Er war sich ganz sicher, dass irgendetwas zu irgendeinem Zeitpunkt in seinem Kopf kaputt gegangen war. Warum sonst sollte er Nejis Schritten folgen wie ein Trottel mit Todessehnsucht.    Mann, was zur Hölle…warum mache ich das zu meinem Problem?   Trotz all seiner hochgepriesenen Intelligenz – er konnte keine Antwort darauf geben. Oder wollte nicht. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich wissen wollte, welche tiefsitzenden, mehr als sadistischen Beweggründe ihn dazu brachten, sich so zu verhalten.    Und ich habe Ino noch veräppelt, weil sie mit meiner Mutter sprechen wollte; sieht aus, als wäre ich eigentlich derjenige, der seinen Kopf mal untersuchen lassen sollte…   „Warum folgst du mir?“   Shikamaru blieb abrupt stehen. Er hatte nicht realisiert, dass Neji es irgendwie geschafft hatte, sich unbemerkt von hinten an ihn heran zu schleichen.   Scheiße. Hinterhältiger Bastard.    „Tz.“ Shikamaru wandte den Kopf und warf einen Blick über die Schulter. „Du schmeichelst dir also immer noch selbst, Hyūga?“   „Und du mischst dich immer noch ein, Nara?“, konterte Neji und starrte ihn an.    Shikamaru grinste und drehte sich träge auf dem Absatz um und dem anderen Ninja zu. Genau wie er selbst, war Neji völlig durchnässt; das Haar des Hyūga fiel wie eine Bahn aus dunklem schimmerndem Glas seinen Rücken hinunter. Die helle Robe war durchweicht und klebte genauso an seinem Körper wie an dem Tag, an dem Shikamaru ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er wirkte jetzt genauso wie damals – nass bis auf die Knochen und am Rande eines gefährlichen Abgrundes, dem er sich nicht stellen wollte und bemüht darum, die Kontrolle zu behalten.    „Nicht mein Problem, dass wir in dieselbe Richtung laufen.“, log Shikamaru und streckte eine Hand nach einem Strohschirm aus, der in einem Regal an der Seite eines kleinen Standes lag – und dankte die ganze Zeit über welchem Kami auch immer, der ihm offenbar aus irgendeinem Grund zur Seite stand.    Wenigstens ist es kein verdammter Pornoladen…nicht, dass irgendetwas diese Situation noch unangenehmer machen könnte…   Shikamaru ignorierte Nejis zu Schlitzen verengte Augen und hielt dem Ladenbesitzer die nötige Bezahlung entgegen, während er sich alle Mühe gab, gelassen auszusehen.    „Brauchst du etwas Deckung?“, fragte der Nara und wandte seinen Blick Neji zu, als er den Schirm aufspannte.    Neji hob ganz offensichtlich skeptisch eine Braue. Shikamaru tat weiterhin so, als würde ihn das nicht kümmern und nahm sich Zeit, in einem trägen Armschwung den Schirm zu heben, um sich vor dem Regen zu schützen – ganz so, als wäre das von Anfang an sein Vorhaben gewesen.    „Passt zu dir.“, sagte Shikamaru, als sich Neji nicht rührte und zuckte mit den Achseln. „Schätze, du bist inzwischen an kalte Duschen gewöhnt, oder?“   Er beobachtete, wie sich Nejis Augen leicht weiteten. Die Erinnerung an die Fallen, die Shikamaru ihm in der verlassenen Hütte gestellt hatte, brachte den Hyūga dazu, den Blick abzuwenden und leicht zu schnauben.    Sein Unbehagen brachte Shikamaru zum Kichern und er schüttelte den Kopf. „Hey, Lust auf eine Partie Shogi?“   Als würde das jemals passieren.   Nejis Blick blieb noch einen weiteren Moment abgewandt, Wasser tropfte von seinen Wimpern und der scharfen Kante seines Kinns. Shikamaru stellte sich auf eine vernichtende Reaktion ein, die niemals kam.    „Na schön…“ Neji blinzelte und drehte sich auf dem Absatz um.   Der Nara starrte ihn für einige Herzschläge einfach nur an, beinahe sicher, dass er sich gerade verhört hatte.    Doch dann hielt Neji mitten in der Bewegung inne und spähte über die Schulter hinweg zu ihm. „Und? Kommst du, oder nicht?“   Shikamaru konnte seine Fassungslosigkeit gerade noch davon abhalten, sich auf seinem Gesicht bemerkbar zu machen.    ________ Reviews sind wie immer sehr erwünscht, würde mich sehr freuen, zu wissen, was ihr von der FF haltet! :)  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)