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Wochenende in Manitoba

von

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Als Steve aus dem Bad kam, hatte er seine Ohrringe und die Piercings in seiner Nase und an seiner Augenbraue gegen unauffällige Stecker getauscht. Er grinste kurz verlegen und sah dann an sich hinab. Nervös zupfte er seinen kurzen Pyjama zurecht, bevor er sich neben mich legte und die Decke über sich zog. Langsam rutschte er an mich heran und deutete an, den Arm um meinen Oberkörper zu legen. »Darf ich?«

»Ja klar.« Sobald er sich an mich gekuschelt hatte, legte ich meine Hand wieder in seinen Nacken und streichelte ihn. Meine Nase vergrub ich in seinen Haaren und sog den Duft ein. »Tut mir leid, dass ich unser erstes Date versaut hab.«

Er wuselte etwas herum, dann fühlte ich seinen warmen Körper an meinem. Er hatte sich einfach so unter meine Decke gekuschelt. »Um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass es unser erstes Date war. Vielleicht offiziell, aber es hat sich nicht so angefühlt. Also lass uns das vergessen. Es war ein verdorbenes Date von vielen, davon sollten wir uns nicht entmutigen lassen.«

Erleichtert nickte ich und zog ihn noch etwas fester an mich. Die Einstellung gefiel mir. Ich konnte also hoffen, dass er noch einmal mit mir auf ein Date ging.

»Magst du mir jetzt erzählen, was du vorhin meintest?« Seine Finger streichelten so sanft über meinen Bauch, dass ich es kaum spürte.

Ich schloss die Augen und ließ den Kopf ins Kissen sinken. Von wollen konnte nicht die Rede sein. Ich wollte dieses Wochenende genießen. Zu oft war ich fallengelassen worden, wenn ich das ansprach.

»Hey, Aaron.« Steves Hand streichelte über meine Wange, als ich nach einer Weile noch immer nicht geantwortet hatte.

Ich öffnete die Augen und versuchte mich an einem Lächeln. »Sorry.«

Er richtete sich etwas auf und kam mir näher. Seine Nase strich leicht über meine, dabei flüsterte er: »Schon gut. Nur sprich mit mir. Was ist los? Ich erwarte sicher nicht, dass du alle meine Bedürfnisse erfüllen kannst, falls es das ist, was dir Sorgen macht.«

Bei der Berührung zog sich eine Gänsehaut über gesamten meinen Körper. Vorsichtig legte ich meine Hand in seinen Nacken.

Es war absolut der falsche Zeitpunkt, dennoch konnte ich sein Angebot nicht ablehnen. Schon seit Monaten hatte ich wissen wollen, wie sich seine Lippen anfühlten. Warum er mich gerade jetzt küssen wollte und dass ich mich ihm zuerst hätte erklären sollen, war in diesem Moment egal.

Die zarte Berührung dauerte nur einen winzigen Augenblick, doch sie ließ meinen Magen aufgeregt kribbeln.

»Tut mir leid, das war etwas voreilig«, murmelte er, nachdem er sich nur wenige Millimeter von mir entfernt hatte. »Aber ich kann es nicht einfach stehen lassen, wenn jemand, den ich sehr gern hab, sich selbst klein macht.«

Ich kraulte seinen Nacken. »Ich fand das ausgesprochen schön.« Nur leichter wurde es dadurch für mich nicht. Ihn jetzt noch zu vergraulen würde ich mir nicht verzeihen können.

Er ließ mir keine Gelegenheit, mich um Kopf und Kragen zu reden, und küsste mich erneut. Diesmal zog ich ihn automatisch dichter an mich. Das Kribbeln war einfach unglaublich!

Dennoch musste ich ihn irgendwann wieder aus meinem Griff entlassen. Es war nicht richtig, dem Gespräch auf diese Weise aus dem Weg zu gehen. »Hör mir bitte zu. Ich muss dir etwas Wichtiges sagen.«

Er richtete sich auf und sah mich mit schuldbewusster Miene an. »Tut mir leid. Es fühlt sich nur so schön an.«

»Vielleicht können wir ja gleich weitermachen?« Wenn er dann überhaupt noch wollte.

»Das klingt nach einem guten Plan.« Verlegen lächelte er. Seine Wangen hatten eine sanfte Röte gewonnen.

Da es sich komisch anfühlte, von oben herab von ihm angesehen zu werden, stützte ich mich seitlich auf dem Ellenbogen ab. »Was ich gerade meinte, war ... Also es wäre für mich in Ordnung, nicht die einzige Beziehungsperson zu sein, weil ...« Ich atmete tief durch. »Ich hab kein Interesse an Sex. Ich ...«

»Wie, du hast kein Interesse an Sex? So gar nicht?«

Ich rappelte mich hoch und setzte mich auf. Verdammt, was hatte ich denn auch erwartet?! Natürlich reagierte er scheiße. So wie die meisten. »Ja, überhaupt nicht! Und ich brauche auch nicht nur die richtige Person, die mir zeigt, wie toll Sex ist!«

Steves Augen wurden groß und er wich vor mir zurück und machte sich klein. Er kauerte an seinem Ende der Matratze und sah mich nur halb an. »Das hab ich doch gar nicht gesagt.«

Seine verschreckte Reaktion ließ mich verstummen. Hatte ich ihn falsch verstanden?

Er legte die Arme um seine Beine und verbarg das Gesicht halb hinter seiner Schulter. »Ich mag es auch nicht. Also ›richtigen‹ Sex ... Analverkehr. Darum dachte ich ... Keine Ahnung, die meisten reagieren da total negativ drauf, wenn ich das sage. Du bist der Erste, der auch sagt, dass er es nicht mag.«

»Oh. Tut mir leid ... ich hab überreagiert.« Ich streckte die Hand nach ihm aus, wollte ihn entschuldigend streicheln, doch er wich zurück. Möglichst schuldbewusst sah ich ihn an. Verdammt, ich hatte so sehr mit einer negativen Reaktion gerechnet, dass ich seinen Tonfall komplett fehlinterpretiert hatte. »Ich wollte dich nicht so anfahren. Mir wurde nur so oft gesagt, dass das schon noch kommen würde mit der richtigen Person. Und deine Aussage ... Ich dachte, es kommt jetzt schon wieder sowas.«

Er schüttelte den Kopf und ein schiefes Lächeln zierte sein Gesicht. Auch seine Haltung lockerte sich etwas. »Ich versteh schon, was du meinst. Ich bin dir auch nicht böse. Ich höre das doch auch immer wieder, wenn ich sage, dass ich keinen Analverkehr mag. Dabei ist es halt wirklich nur das. Alles andere find ich toll, besonders Blowjobs. Darf ich die Frage nochmal vor dem Hintergrund stellen? Du magst gar keinen Sex? Oder nur bestimmte Sachen nicht?«

Dankbar lächelte ich ihn an. Auch wenn er noch immer am anderen Ende saß, schien er mir den Ausraster nicht übelzunehmen. »Es liegt nicht daran, dass ich es nicht mag. Ich habe kein Problem mit Sex, mir macht es sogar halbwegs Spaß, aber ich hab von mir aus nur kein Verlangen danach.«

»Was heißt das genau?« Mittlerweile sah er mich wieder direkt an und ließ die Arme locker neben sich hängen.

»Das heißt, dass ich asexuell bin. Ich habe nicht das Verlangen, mit jemandem Sex zu haben. Ich bin wahnsinnig verknallt in dich, jedes Mal, wenn ich dich sehe, habe ich einen ganzen Haufen Schmetterlinge im Bauch und ich möchte dich ständig berühren; aber nicht sexuell, sondern dich einfach nur im Arm halten, dich küssen und streicheln.«

Ein Schmunzeln huschte über sein Gesicht und er krabbelte auf mich zu. »Warum tust du es dann nicht?«

Vorsichtiger als zuvor streckte ich die Hand nach ihm aus und wanderte mit den Fingern über seinen Arm, sobald ich ihn erreichen konnte.

Er kam noch näher und ließ sich in meine Arme ziehen.

Mit einem erleichterten Seufzen vergrub ich meine Nase wieder in seinen Haaren. »Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht hab.«

Er schwieg dazu und kuschelte sich an mich.

Eine Weile genoss ich das Kuscheln, doch dann wurde mir das Schweigen unangenehm. Es war gut, ihn so zu halten, aber geklärt hatten wir nichts. Es hing noch ganz deutlich zwischen uns, vergiftete die Atmosphäre und sorgte dafür, dass weder er noch ich uns wirklich entspannen konnten. Daher nahm ich meinen Mut zusammen: »Willst du gar nichts dazu sagen?«

Er drehte etwas den Kopf, um mich wieder ansehen zu können. Es war offensichtlich, dass er seine Worte mit Bedacht wählte: »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich kann es nicht nachempfinden. Wenn ich mich verliebe, dann möchte ich auch Sex mit der Person.«

Ohne es aktiv zu wollen, drückte ich ihn fester an mich. Ich hatte gewusst, dass ich ihn dadurch verlieren könnte. Dennoch klammerte ich mich nach wie vor an die Hoffnung, dass es nicht der Fall war. Immerhin lehnte er sich noch immer an mich, das war doch gut, oder? »Könntest du dir trotzdem vorstellen, weiterhin mit mir auf Dates zu gehen?«

Steve lachte so herzlich, dass mir das Herz bis zum Hals schlug. Ich liebte die wenigen Momente, in denen er so ausgelassen war. »Ist das die neue Art zu fragen, ob wir zusammen sind?«

Meine Wangen wurden warm, als ich nickte. An solche Situationen würde ich mich wohl nie gewöhnen. Ich fühlte mich jedes Mal wieder wie damals als Teenager, als ich meinen ersten Freund nach einem Date fragte.

Zögerlich nickte er. »Ich weiß zwar nicht, wie das funktionieren wird, aber ich würde es gern versuchen.«

Sanft strich ich über seinen Nacken, damit er mich ansah, dann küsste ich ihn stürmisch.

»Aaron«, raunte er gegen meine Lippen und drückte leicht gegen meinen Oberkörper. Ich ließ den Griff um ihn etwas lockerer. Er lehnte sich leicht zurück und suchte meinen Blick. »Ich hab keine Ahnung, was das wird, aber wenn du so weitermachst, ist das für mich nicht mehr nicht-sexuell.«

»Oh. Okay. Tut mir leid.« Verlegen lächelte ich ihn an.

»Schon gut, ich habe nur sonst das Gefühl, dich zu etwas zu drängen, was du nicht magst.«

Zärtlich streichelte ich über seine Wange. Süß, dabei hatten wir doch nur geknutscht. »Keine Sorge, ich sage schon, wenn ich etwas nicht möchte. Küssen und Kuscheln ist aber eigentlich immer in Ordnung.«

»Können wir trotzdem einen Gang runterschalten?« Er rutschte von meinem Schoß, breitete dann aber die Arme einladend aus, nachdem er sich gegen die Wand gelehnt hatte. »Sei mir bitte nicht böse, aber ich muss damit erstmal klarkommen und es verstehen. Dafür brauche ich Zeit. Vorher hätte ich immer das Gefühl, dich zu drängen.«

Ich nahm das Angebot an und kuschelte mich an seine Brust. »Ist schon in Ordnung. Ich habe nicht erwartet, dass mit einem Gespräch alles geklärt ist. Ich bin schon froh, dass du nicht direkt weggerannt bist. Lass dir alle Zeit der Welt. Und das Angebot, dass du dir für Sex jemand anderen suchen kannst, steht noch immer.«

Er strich durch meine Haare. »Auch wenn ich noch keine Ahnung habe, wie das alles laufen wird, aber da bin ich mir sicher: Ich will keine andere Person für Sex.«

Ich nickte. »Ist okay.« Wenn er da so sicher war, dann würde ich mir auch keine weiteren Sorgen deshalb machen. Notfalls wusste er, dass er mich darauf ansprechen konnte.

Steve zog die Decke über uns und während er mir über den Rücken streichelte, schlief ich ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yamasha
2019-09-13T19:54:50+00:00 13.09.2019 21:54
Hehe, ich hatte Recht 😁 und ich kann Izzys Reaktion voll nachvollziehen. Ich hab auch immer so "die richtige Person kommt noch" Reaktionen, wenn ich einfach nur sage, dass ich keine*n Partner*In an meiner Seite haben will. Und das ohne, dass die Menschen von meiner sexuellen Orientierung wissen. Und bei einer Person, in die man total verliebt ist, eine ablehnende Reaktion zu bekommen, als ob Sex das einzige wäre, was eine Beziehung ausmacht, stelle ich mir noch beschissener vor... Aber schön, dass Steve immer noch mit ihm zusammen sein will. Ich bin mal gespannt, wie sich das entwickelt, wenn ihm Sex wichtig ist, er ihn aber nicht mit einer anderen Person haben will... 😊
Antwort von:  Vampyrsoul
13.09.2019 22:18
Huhu, es freut mich, wenn man Izzys Reaktion (aus eigener Erfahrung) nachvollziehen kann. Das gibt mir Mut, dass es doch ganz gut dargestellt ist. Ich hatte bei dem Kapitel nämlich ein wenig Schwierigkeiten, wie ich das am besten beschreibe, damit es nicht zu sehr in das Klischee von asexuellen fällt und auch halbwegs vernünftig erklärt ist.
Zu viel wird in der Hinsicht nicht mehr über ihre Beziehung kommen, einfach weil der Zeitraum der Geschichte nicht so lang ist ^^' Da Izzy Sex aber nicht komplett abgeneigt ist und durchaus das haptische Erleben und die Freude der*s Partners*in dabei genießt, seh ich nicht so viele Probleme bei den beiden. Izzy braucht es halt nicht, macht aber mit, wenn man ihn fragt.
Aber selbst wenn Izzy wirklich absolut nichts mit Sex anfangen könnte, würde Steve es zumindest versuchen wollen :) Wäre sicher deutlich schwieriger für die beiden, aber sie würden es schon hinbekommen.


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