[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 103: Vol. 5 - An jenem schicksalhaften Regentag Teil 3 -------------------------------------------------------------- "Wo warst du?!", will mein Vater ziemlich zornig wissen, als ich ziemlich zu spät zu Hause ankomme. "Ich war im Geräteschuppen eingesperrt.", antworte ich wahrheitsgemäß und wenig beeindruckt. "Und wie erklärst du dir den zerbrochenen Spiegel und die Blutlache dort? Elvis, was war da los?", jetzt klingt er besorgt und hebt meine Hand hoch. "Ich bin dagegen gekommen und hab das Teil runtergeschmissen, wollte es aufheben und hab mich verletzt. Ich mach den Scherbenhaufen auch weg, versprochen.", gehe ich mehr ins Detail und schlurfe seelenruhig an ihm vorbei, als ich meine Hand ein zweites Mal wieder zu meinem Eigen machen muss. "Darum geht es nicht!", meint er, doch erwidert nichts weiter auf mein Verhalten. Nachdem ich verspätet zu Mittag gegessen habe, fege ich wie versprochen das Zimmer. Noch nicht einmal wegen Onii-chan hat er mich ausgefragt. Womöglich hat er sich mit der Zukunft, dass er nicht mehr wiederkommt, - vielleicht nie wieder, wer weiß? - abgefunden. Die Tage vergehen und das Schuljahr nimmt seinen Lauf. Chikas Verhalten, dass von Zeit zu Zeit wirklich seltsam scheint hinterfrage ich schon gar nicht mehr, zumindest rede ich es mir so ein. Ich ließ mich bis jetzt nicht von ihr beeindrucken, seit zwei Monaten nun gehen wir in eine Klasse und sitzen nebeneinander. Ich bin kalt wie immer. Ich schreibe Bestnoten wie immer. Ich bin immer noch ich und nichts änderte sich. Nur, dass Egaoshitas und meine Freundschaft nicht mehr die Gleiche ist. Jetzt ist es nur noch Mittel zum Zweck und es gibt nichts, was ich tun kann, außer mich zu fügen. Ich zeige es nicht, aber tatsächlich habe ich Angst. Ich habe das Gefühl, wir können keine Freunde mehr sein, wenn ich das hier gewaltsam beende. Zumal er ja eigentlich nur mit mir rummacht, weil er weiß, dass Chika mich nervt. Ich benutze ihn bloß, um das nicht zu vergessen und vielleicht zu glauben, dass sie es nicht auf mich abgesehen hat. Doch wie könnte ich, schließlich war da noch diese Sache in der Vergangenheit und... Nein, ich will nicht darüber nachdenken. Ich kann mit keinem darüber reden. Egaoshita ist, bis auf die Tatsache, dass ich ihm nichts von dem Traum von Chika und dem Flashback von ihr nichts erzählt habe, der Einzige, den ich habe. Ich bin das Letzte, ich weiß. Ich frage mich schon lange nicht mehr, was für ein Ziel ich eigentlich in Wahrheit verfolge. Er weiß doch bestimmt, dass ich ihn benutze. Aber warum ist er dann absolut nicht böse auf mich? Weil ich zulasse, dass er mich berührt, obwohl ich nichts für ihn übrig habe, dass müsste ihn doch eigentlich unglaublich irritieren, wenn nicht sogar deprimieren. Auch heute ist einer dieser belanglosen Tage, ich lasse mich von Chika vollquatschen und spiele meine Rolle des Eisprinzen und Egaoshita und ich reden kein Wort über unsere ungesunde Beziehung. Ich habe irgendwie den Sinn von Richtig und Falsch verloren. Das mit Egaoshita darf nicht sein. Er ist ein Junge. Und ich bin auch ein Junge. Auch das rede ich mir immer wieder ein, aber egal, was ich tue, immer wieder führt mich irgendwas zurück zu ihm. Ich verstehe mich selber nicht. Wieso tue ich das? Ist es wirklich nur, um mich von Chika abzulenken? Das ist keine Liebe. Das ist nichts anderes als reiner und kalter Egoismus. Ich quäle ihn. Und ich belüge sie. Und töte mich selbst innerlich. Es gibt kein Entkommen. Ich bin zu schwach, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Ich sitze in meinem Zimmer und scrolle durch YouTube. Heute bin ich nicht unbedingt in der Stimmung, irgendwelche Videos zu sehen, die mir letztendlich nicht in meiner Situation helfen könnten. Doch da stoße ich auf ein Lied von Vocaloid. Ein Cover von Interviewer mit Klavierbegleitung. Wieso nicht? - denke ich, als ich es antippe und der Musik lausche: Laut Popsongs ist jeder unersetzlich, doch selbst wenn das stimmt, man bemerkte es nicht, wenn ich von irgendwem ersetzt werden würde, dann - Es würde niemandem auffallen. Von einem belanglosen Tag zu anderen verändern wir uns're Persönlichkeit, wenn wir reinpassen sollen oder wollen, denn ganz allein trauen wir uns verdammt wenig zu. Alte Wunden, beginnen zu jucken, fangen an zu bluten, bloß nicht dran kratzen. Der Text vor mir ertrinkt unter Tränen, ich will mich nur verstecken, unter Decken Lieder hören. Was ist dein Lieblingsgenre? Dein liebster Interpret? Was isst du wirklich gern? Was ist dein liebstes Getränk? Und magst du irgendwen so ganz besonders gern? Doch, bloß nicht falsch verstehen, ich mein, so jemand könnt ich für dich nie sein. Das Lied klimpert weiter und ich kann nicht verhindern, dass mein ganzes Leben bis zu diesem Moment an meinen Augen vorbeizieht. Ich kenne dieses Lied. Ich kenne des Text. Ich kenne Vocaloid, höre aber eher was anderes. Ich bin streng genommen noch nicht einmal sonderlich tief in der Fangemeinde. Trotzdem fühlt es sich so an, als warte ich auf etwas oder jemanden. Als würde dieser oder diese, diese Sache, mich endlich dorthin bringen, wo ich hinmöchte, wo auch immer dieser Ort liegt, den ich so gerne sehen möchte. Ich habe mich mein ganzes Leben nach Veränderung gesehnt. Egal auf welche Weise sie provoziert werden würde, ich habe es mir so gewünscht, aus dem Alltag auszubrechen, dass es schon fast erbärmlich ist. Ich versteh das nicht. Warum kann ich nicht aufhören. Hör verdammt noch mal auf zu heulen! Wenig später finde ich mich draußen wieder. Es regnet. Ich habe es drinnen irgendwie nicht mehr ausgehalten. Ich gehe ein wenig im Park umher. Ich habe keinen Schirm, nur meine Regenjacke über meine Schuluniform, die ich nicht ausgezogen habe. Ich verstehe mich immer noch nichts. Man weint nicht einfach, obwohl man die Gefühle nicht zuordnen kann. Das macht absolut keinen Sinn, ich weiß nicht mehr, wohin mit mir. Das ist doch alles Bullshit! Plötzlich sehe ich da jemanden liegen. Neben einem Gebüsch. Scheiße. Ich renne so schnell ich kann zu dieser Person, nur um festzustellen, dass es sich um das grünhaarige Mädchen handelt, das einfach so reglos mit offenen Augen auf dem Boden chillt. "Bist du eigentlich vollkommen bescheuert?!, keife ich unerwartet laut. Sie sieht zu mir nach oben und grinst bloß matt. "Ellie, was eine Überraschung.", murmelt sie und richtet sich auf. "Du hast doch einen Knall...", sage ich und gebe ihr meine Jacke, weil sie selbst vollkommen durchnässt ist. "Was machst du hier?", zische ich und wringe ihr das Wasser aus der grünen Mähne. Ihre Verantwortungslosigkeit macht mich aus irgendeinem Grund echt sauer. "Ich bin geflohen.", sagt sie leise. "Geflohen?", wiederhole ich. "Geflohen.", wiederholt auch sie. "Wovor solltest du den weglaufen?", ich bin ja so naiv. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)