[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 78: Vol. 4 - Die Erde außerhalb der Umlaufbahn ------------------------------------------------------ Als ich aufwache, erinnere ich mich schlagartig daran, dass ich nicht mehr dort wohne, wo ich gewohnt habe. Zu meiner Überraschung ist Taiyo schon auf und diskutiert lautstark am Telefon im Flur. "Nein. Was bitte verstehen Sie unter... Was weiß ich, nicht? Wir sind in neun Monaten zurück, ich sag's Ihnen. Die Miete, oh Mann, Sie sind witzig, jetzt kommt es darauf ja wohl auch nicht mehr an... Ich soll ein Schmarotzer sein?! Okay, jetzt reicht es, Sie... Nein, jetzt hören Sie mir zu, ich habe gerade gesagt, wir... Wissen Sie was?! Wir kommen einfach heute vorbei, nehmen den Rest von unserem Zeug und... Ja... Nein... Ich kann die Miete nicht zahlen, wie oft noch? Ich komme heute einfach, wir brauchen das Geld gerade wirklich selbst. Jetzt hören Sie mal auf, mich so anzuschnauzen, wir sind erst seit einem Tag weg, ich meine, Junge, haben Sie nichts zu tun?! Hallo?! Hey! Halsabschneider...", zischt er und das Telefonat ist offensichtlich beendet. Jetzt kann ich sowieso nicht mehr schlafen, Mensch, es ist halb sechs am Morgen! "Morgen Taiyo, wen hast du denn schon so früh so heftig angekackt?", frage ich unnötigerweise, denn es ist klar, dass das der Vermieter unserer Wohnung war, wahrscheinlich, weil Taiyo dieses Schild an unsere Tür geklebt hat, von wegen von so und so bis so und so nicht da. "Dieser... dieser Arsch von Vermieter, ich meine, damn, der... versucht nicht mal, normal zu sagen, dass die Miete überfällig ist oder so, oder wir deshalb nicht wegziehen können... Mann, ich komm nicht drauf klar, ich kann doch auch nichts dafür, dass ich das Geld für die Miete letztens halt so dringend gebraucht habe...", flucht er und ich sehe schuldbewusst weg. Irgendwo ist das auch meine Schuld, wegen der Polizeigeschichte. "Tut mir leid.", murmle ich. "Hey, ich bin dir nicht mehr böse deshalb, ich bin eher auf diesen bekifften Albino sauer, der dich fast umgebracht hat.", entgegnet er bitter. "Du sollst Akira nicht beleidigen!", rege ich mich auf und auch meine Laune ist bereits wieder auf den Nullpunkt. Dazu sagt er nichts mehr. Im selben Moment sind auch unsere Eltern auf, meine Mutter rennt so schnell sie kann ins Bad, um sich zu übergeben. Morgenübelkeit. Für diese Sekunde vergessen Taiyo und ich unsere Differenzen und denken vermutlich an das Gleiche. "War nicht so gemeint. Ich... versuche, ihn weniger schlechtzureden, versprochen.", meint er und mein Blick liegt auf unseren zu bemitleidenden Vater, der unserer Mutter beim Brechen zusieht. "Die Ärmste.", entfährt es mir. "Wie wahr, echt nicht auszuhalten, und das täglich, wann hört sowas nochmal auf?", überlegt er bestatigend. Weil ich es nicht aushalte, hier Wurzeln zu schlagen, gehe ich auch rein, nicht nur, weil die Tür noch offen steht. Anscheinend ist sie fertig. "Geht es wieder?", will ich etwas unbeholfen wissen. Sie sieht so fertig und blass aus. "J-ja, danke der Nachfrage... Ist nur die Morgenübelkeit, ist in so... zehn Wochen vorbei. War es auch letztes Mal, sieht schlimmer aus als es ist...", sie kichert gequält. "Mensch, Mama...", seufze ich mitfühlend, hole eine Packung Taschentücher aus dem Schrank und reiche sie ihr. "Vielen Dank...", haucht sie, steht wieder auf, nimmt ein Tuch heraus und wischt sich den Mund ab. Anscheined ist sie sich doch nicht so sicher, bei dem Blick. "Kann ich vielleicht sonst noch was für dich tun?", biete ich meine Hilfe an. "Es ist alles in Ordnung, Kind, das wird schon. Ich werde jetzt zur Arbeit gehen und noch helfen, solange ich kann.", antwortet sie eher sich selbst als mir und streichelt sich zärtlich über den Bauch. "Na, wenn du das sagst.", gebe ich mich geschlagen und ziehe mich in mein Zimmer zurück, um mich fertigzumachen. Vorerst verdränge ich die Sorgen um meine Mutter, würge mein Frühstück runter, obwohl ich weder Hunger noch Appetit darauf habe und ziehe mit Taiyo Richtung Bahngleis, um verdammt noch mal alles normal aussehen zu lassen. Dabei könnte ich in meiner jetzigen mentalen Verfassung genauso gut schwänzen, doch verbiete ich es mir, weil ich Elvis bin. Ich habe noch nie die Schule geschwänzt. Und ich werde es auch nie. Manchmal ist es echt schwer, ich zu sein. In der Schule ist alles genauso wie gestern und genau das macht mich wahnsinnig. Es sieht immernoch so aus, als wenn die Welt kurz davor stünde, unterzugehen, wenn auch nur für mich. Diese Vorahnung lässt mir keine Ruhe. Als ich missmutig das Klasssenzimmer betrete, stellt mir wieder jemand ein Bein und diesmal falle ich wirklich. 'Was zur Hölle war das denn?!', würde man in so einer Situation sagen, aber ich sage absolut nichts. Stattdessen sehe ich nur in die Richtung, aus der das Bein gerade eben schoss. Asahina, das war Asahinas Bein. "Was willst du?", frage ich barsch, denn um es einfach stehen zu lassen, fehlt mir gerade wirklich die Beherrschung. "Also, von dir ganz sicher nichts!", entgegnet er mir rotzfrech und seine Kumpels geben ihm der Reihe nach ein High-Five. Spinner. Ich beschließe, ihnen nicht länger Beachtung zu schenken und bewege mich in Richtung meines Platzes am Fenster. Doch als ich gerade meine Tasche auf der Tischdecke platziert habe, bemerke ich einen schwarzen Schriftzug auf dem Holz. Sogar mehrere. Neugierig und genervt schiebe ich meinen Rucksack von der Arbeitsfläche, da halte ich augenblicklich die Luft an. Was zur Hölle?! Da stehen mehrere Schriftzüge wie angespielt auf meinem Tisch, mehrere Handschriften, und sie alle hören sich mächtig böse an: "Schwuchtel!" "Dumme Pussy!" "Elendiger Betrüger!" "Hurensohn!" "Heul doch, Missgeburt!" "Schwächling!" "Warum bringst du dich nicht einfach um?" "Geh dich erhängen, Opfer!" "Vergrab dich und erspar uns deine Existenz." "Verschwinde aus dieser Welt, Abschaum." All diese Worte verschwimmen vor meinem Augen. Womit habe ich das verdient? Ich habe doch gar nichts... doch, doch das habe ich, doch das alles sollte doch überhaupt keiner wissen! Niemand weiß davon! Keiner war auch nur bei einer der schlimmen Dinge, die ich getan habe dabei, niemand weiß die ganze Wahrheit über mich... Was ist passiert? Ich sehe zu Asahina rüber, um zu sehen, ob er etwas mit dieser Sache zutun hat, doch der hat nur ein hämisches doofes Grinsen für mich übrig, das mir auch wortlos ohne Probleme mitteilen kann: "Verdient, Idiot.". Ich konnte ihn schon seit Anfang der Highschool nicht ausstehen, doch ich habe es niemals gezeigt und es zählte auch nicht. Immerhin war ich beliebt genug, um vor solchen Attacken bestens geschützt zu sein, aber... jetzt dreh sich keiner zu mir um, jeder scheint sich im klaren darüber zu sein, was ich gerade auf meinen Tisch zu lesen bekam. Akira sieht mich nach wie vor nicht an, Kaishi ist mit Shuichiro beschäftigt und Hanako und Uchihara-san sind gerade heftig am Diskutieren. "Was ist nur los mit dir, er hat doch nichts weiter gemacht, als dich zu misshandeln, Uchihara-san! Wannn checkst du das?", schimpft Hanako. "Hattest du eigentlich je eine Familie, Hanazawa-chan?! Weißt du, wie sich das anfühlt?! Wenn der eigene Vater sich im Gefängnis umbringt, nein, das weißt du natürlich nicht, du flachbrüstige Schlampe!", schreit Uchihara-san völlig außer sich. "Wie nennst du mich?! Was fällt dir ein, so mit mir zu reden?! Wenn hier irgendwer eine Schlampe ist, dann doch wohl du, Uchihara-san, ich seh doch an deinem Blick wie du nur davon träumst, mit Egaoshita-kun die Federn aufzuwirbeln und ihm seine Jungfräulichkeit zu stehlen!", feuert Hanako zurück und Uchihara-sans Blick wird eisiger und kälter. "Verstehst du eigentlich irgendwas, du miese Schlange? Du ziehst eine Show ab und ich habe es von Anfang an gewusst. Wieso bist du eigentlich hier?!", bohrt Hanako nach und innerhalb weniger Millisekunden, knallt es. Hanako fliegt zu Boden, die Nase blutend, die Augen zornig. "Du hast es so gewollt, Uchihara-san.", flüstert Hanako, steht ruckartig wieder. "Verrecke!!!", gerade im Begriff, Uchihara-san so fest wie es geht einen Schlag in die Magengrube zu versetzen, schmeißt sie Shuichiro dazwischen und erntet den Schlag an ihrer Stelle. Die ganze Klasse sieht einfach mit aufgerissenen Augen gebannt auf die Szene. "Shuichiro... Warum?!", stammelt Hanako völlig schockiert darüber, dass ihre Faust Shuichiro getroffen hat und nicht Uchihara-san. "Ich will, dass du rein bleibst, Hanako-chan. Ich habe versprochen, so zu tun, als wäre nichts, ich habe in der Schule drei Jahre lang den Fremden gespielt, so wie du es wolltest. Aber... ich kann nicht zulassen, dass... du noch Schlimmeres erleidest als ich.", spricht er bruchstückhaft und kurzatmig seinen Text, ehe er das Bewusstsein verliert und Hanako den Raum schreiend zum Erschüttern bringt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)