Chroniken der Unterwelt von stardustrose (Das Geheimnis des feuerroten Drachen) ================================================================================ Kapitel 14: Verbündete ---------------------- //Leo// „Die Sonne geht bald unter“ murmelte Luna und sah besorgt in den Himmel, der sich allmählich orange färbte. Verdammt. Wenn Jack wirklich Recht hatte, und diese hässlichen Viecher auf die Dunkelheit warten, dann waren wir in Gefahr. Die Schatten der Umstehenden Häuser krochen langsam und unaufhörlich in die Mitte des großen Platzes, auf dem wir uns versteckt hatten. Wir saßen in der Falle. „Hier rüber!“ erklang eine unbekannte Stimme und wir sahen uns nach der Quelle um. In einiger Entfernung stand ein Mann mit einer großen Fackel und winkte uns zu sich. Luna sah mich unschlüssig an und ich nickte ihr ermutigend zu. Ich griff nach ihrem Handgelenk und zog sie mit mir zu dem Dorfbewohner, der uns ungeduldig zu sich winkte. Jack folgte uns. Als wir näher kamen redete der Mann weiter. „Hier ist es bei Anbruch der Dunkelheit viel zu gefährlich ohne Lichtquelle. Kommt mit, in den Minen sind wir sicher.“ Mein Herz raste, als er uns in eine Seitengasse führte. Wir hörten ein Zischen, das vermutlich von diesen Viechern stammte. Anscheinend klappte der Trick mit dem Feuer. „Aber sind Minen nicht immer dunkel?“ gab Luna zu bedenken. Der Mann nickte. „Wir haben den Eingang so hell beleuchtet, dass uns diese Kreaturen nicht folgen. Fürs Erste sind wir sicher.“ Fürs erste. Aber die Bewohner dieses Dorfes können sich doch nicht bis an ihr Lebensende unter der Erde verkriechen. Allerdings war ich heilfroh über sie Aussicht eines sicheren Schlafplatzes für die Nacht. Ich drehte meinen Kopf zu Jack, der Mühe hatte, Schritt zu halten. „Geht’s?“ fragte ich knapp, während wir durch die engen Gassen liefen. „Mir geht’s bestens“ antwortete er mürrisch. Allmählich wurden die Straßen breiter und die Häuser versetzter. In einiger Entfernung entdeckte ich den Eingang zu einer Höhle. Um sie herum waren sicher gut zehn Fackeln aufgestellt. „Da vorne ist sie“ sagte der Mann und beschleunigte seinen Schritt. Als wir entraten, schlug uns eine ungeheure Hitze entgegen. Selbst an den Wänden hingen unzählige Fackeln und beleuchteten den engen Eingang in die Erde. Der Mann zog am Kragen seines Hemdes und seufzte. „Im Inneren der Höhle ist es nicht mehr so heiß. Wir haben die Fackeln nur am Eingang aufgestellt, um die Mauerläufer aufzuhalten. Die Menschenfresserkäfer haben auch ein Problem mit dem Feuer, deswegen könnt ihr beruhigt sein.“ Luna seufzte erleichtert. „Aber was ist euer langfristiger Plan?“ fragte Jack, während wir immer tiefer in die Höhle gingen. Der Mann hatte Recht. Hier war es bedeutend angenehmer als am Eingang. Der Mann sah stur geradeaus, als er Jack seine Antwort gab. „Wir können leider nichts gegen diese Kreaturen ausrichten. Die meisten Dorfbewohner sind Bauern oder Kinder. Wir wissen nicht wie man kämpft.“ Seine Hand ballte sich zu einer Faust. Seine Stimme wurde leiser. Irgendwie gebrochen. „Unsere einzige Chance ist es auf Hilfe zu warten. Einige Bewohner des Dorfes haben es bis in den Wald geschafft um Hilfe zu holen. Mit etwas Glück erreicht unser Ruf unseren Drachenwächter.“ Drachenwächter? „Meinst du vielleicht Antiker Feendrache?“ fragte Luna aufgeregt. Der Mann warf einen flüchtigen Blick über seine Schulter. „Ihr seid wohl aus Sogen“ bemerkte er. „Hab mir gleich gedacht, dass ihr nicht von hier seid.“ „Sogen?“ fragte ich verwirrt. Ich spürte Lunas Ellbogen in meiner Seite und sah sie an. Sie schüttelte mit ernstem Blick den Kopf. „Ja, das war doch das Land, über das der Antike Feendrache herrscht, oder nicht?“ „Genau“ antwortete Luna freundlich. „Wir waren unterwegs zu ihrem Tempel, aber wir haben uns leider verlaufen.“ Vor einer Abzweigung blieben wir stehen und der Mann musterte uns überrascht. Ich schluckte. „Man, da habt ihr euch wirklich verirrt“ bemerkte er und führte uns durch einen Spalt. In einiger Entfernung hörten wir viele unterschiedliche Stimmen. Die anderen Dorfbewohner waren also wirklich alle hier unten. „Ihr seid nördlich des großen Flusses. Sogen ist südlich davon.“ Endlich! Zumindest wussten wir jetzt in welche Himmelsrichtung wir gehen müssen. „Eine Frage“ kam es plötzlich von Jack. „Wir haben unsere Freunde auf dem Weg hier her verloren. Sind sie zufällig hier vorbeigekommen?“ „Gestern kam tatsächlich eine Reisende in unserem Dorf an“ bemerkte der Mann. „Wirklich?“ fragte Luna. „Wie ist ihr Name?“ „Den habe ich leider vergessen“ sagte der Mann beschämt. „Im Namen merken bin ich wirklich furchtbar. Es ist eine junge Frau mit langen, roten Haaren.“ Luna und ich tauschten Blicke aus. Wenn sie gestern angekommen ist, dann könnte das Akiza sein! Die Beschreibung passt auch! Endlich erreichten wir einen großen Hohlraum, aus dem die vielen Stimmen zu uns drangen. Ich rannte hinein und blickte mich suchend nach Akiza um. „Da ist sie“ sagte der Mann und deutete auf eine Frau im hintersten Teil der Höhle. Sie hatte langes, rotes Haar, das zu einem hohen Zopf zusammengebunden war und einige Verbände, die teilweise von ihrer schwarzen Rüstung verdeckt wurden. Ihren langen, weißen Schal schlang sie um ihren Hals. Ich ließ meine Schultern hängen. Schade. Wäre auch zu schön gewesen, wenn wir zufällig auf Akiza getroffen wären. Die Blicke der Dorfbewohner richteten sich auf uns, schlagartig wurde es unheimlich ruhig im Raum. „Wir haben Neuankömmlinge“ sagte der Mann in die Runde und stellte sich neben mich. „Entschuldige, aber ich habe noch nicht nach euren Namen gefragt.“ „Ich bin Leo und das ist meine Schwester Luna. Unser Freund hier ist Jack.“ Luna legte ein freundliches Lächeln auf und hob die Hand, Jack nickte lediglich. „Wie seid ihr unverletzt an den Monstern vorbeigekommen?“ fragte eine ältere Frau. „Luna hat Sonnenlichteinhorn zu Hilfe gerufen“ sagte ich stolz. „Und Jack hat diesen hässlichen Käfern mit ein paar Feuerbällen eingeheizt.“ Ein Raunen ging durch den Raum. „Besitzt ihr Magie?“ fragte ein kleiner Junge aufgeregt. „Könnt ihr diese Kreaturen vertreiben?“ rief ein anderer. „Bitte helft uns!“ Luna hob abwehrend die Hände. „Wir besitzen keine Magie. Naja, nicht so richtig“ sagte sie und blickte traurig auf ihre zerstörte Dueldisk. „Aber ich kann meine Duellmonster nicht mehr um Hilfe bitten.“ „Duellmonster?“ fragte ein älterer Mann. „Woher stammt ihr, wenn ich fragen darf?“ „Aus Sogen, oder?“ fragte der Mann, der uns hier her geführt hatte. „Die drei kommen nicht aus dieser Welt“ bemerkte die rothaarige Frau mit der Rüstung und alle Blicke wanderten zu ihr. Sie zeigte auf Luna. „Diese Vorrichtung an deinem Arm. Sowas benutzen doch Menschen.“ Ich sah sie überrascht an. „Woher weißt du das?“ „Ich bin schon viel herumgekommen. Man schnappt zwangsläufig die wildesten Geschichten auf. Dieses Gerät verbindet die Menschenwelt mit unserer, habe ich nicht Recht?“ „Nicht so ganz“ sagte Luna unsicher. „Aber sie hilft uns mit den Duellmonstern der Geisterwelt zu kommunizieren. Und wenn ich eine Karte darauflege, projiziert es die jeweilige Karte als Hologramm. Manche Menschen können sie aber real werden lassen.“ „Also seid ihr Menschen“ bemerkte der Mann mit der Fackel erstaunt. „Aber ihr habt doch gesagt ihr wollt mit Antiker Feendrache sprechen. Habt ihr mich getäuscht?“ „Das war nicht gelogen“ sagte Jack. „Wir wollten wirklich zu ihr und sie fragen ob sie unsere Freunde gesehen hat.“ „Da werdet ihr schlechte Karten haben“ sagte die rothaarige Frau und betrachtete ein Schwert mit einem gewaltigen Riss an ihrer Seite. „Die Drachenwächter wurden in die weiße Stadt berufen. Antiker Feendrache ist sicher schon dort.“ „Genau wie unsere Wächterin?“ fragte ein kleines Mädchen. „Wer ist denn der Wächter in diesem Land?“ wollte ich wissen. Der alte Mann sah mich an. „Unsere heilige Wächterin ist der schwarze Rosendrache. Aber auch sie wird in die weiße Stadt aufgebrochen sein. Und ihre Viezen haben sicher keine Ahnung vom Schicksal unseres abgelegenen, kleinen Dörfchens.“ „Akizas Drache?“ murmelte Luna neben mir. „Wer sind diese Viezen?“ fragte Jack. „Die Viezen wachen über das Land, wenn die heiligen Drachen abkömmlich sind“ sagte die ältere Frau. „Das passiert sehr selten. Die Viezen des schwarzen Rosendrachen sind die Blumenprinzessinnen.“ „Antiker Feendraches Vieze ist sicher Regulus“ bemerkte Luna. Die alte Frau nickte und betrachtete Jack. „Der junge Mann sagte doch, dass du auch gegen diese Kreaturen gekämpft hast, oder? Aber du hast keine solche Vorrichtung an deinem Arm. Wie hast du es dann geschafft, sie in die Flucht zu schlagen?“ „Mit Feuer“ antwortete Jack knapp und neigte seinen Kopf zur Seite. „Aber ich kann es noch nicht kontrollieren.“ „Soweit ich weiß, besitzen Menschen keine Magie“ bemerkte die rothaarige Frau. „Wer seid ihr wirklich?“ „Und wer bist du, dass du so viel über uns weißt?“ umging Jack ihre Frage. Die Frau schmunzelte. „Mein Name ist Rose. Und dem Mal am Arm des Mädchens nach zu urteilen, seid ihr keine normalen Menschen. Also, wer seid ihr?“ Luna betrachtete ihren rechten Arm. Auch die anderen Dorfbewohner musterten sie interessiert. Das Mal von Jack und mir war durch unsere Kleidung verdeckt. „Warum ist mir das nicht schon eher aufgefallen?“ sagte der alte Mann erstaunt. „Du musst eine Auserwählte sein!“ Selbst in so einem kleinen Dorf wusste man, was die Auserwählten sind? „Dann kannst du uns doch helfen!“ rief eine Stimme, die ich keinem zuordnen konnte. „Ich kann sie nicht angreifen!“ sagte Luna schnell. „Ich kann nur mich und eine begrenzte Zahl an Menschen vor direkten Angriffen schützen. Aber auch nicht lange.“ „Und du?“ fragte Rose an Jack gewandt. „Wenn du Feuermagie beherrschst, bist du sicher auch ein Auserwählter.“ „Ja“ antwortete ich an Jacks Stelle. „Wir alle drei. Aber wie meine Schwester schon gesagt hat. Wir können diese Kräfte noch nicht richtig kontrollieren. Wir haben sie erst seit ein paar Tagen.“ „Was kannst du?“ fragte ein kleines Mädchen und beäugte mich neugierig. Ich grinste sie an. „Ich kann Verletzungen heilen.“ Ihre Augen wurden größer. „Kannst du dann meinem Papa helfen?“ „Deinem Papa?“ fragte ich irritiert und sah mich noch einmal im Raum um. Für mich sah niemand schwer verletzt aus. Lediglich ein paar leichte Verletzungen, die mit Bandagen verarztet wurden konnte ich erahnen. Das Mädchen nahm mich an die Hand und führte mich aus dem Raum. Ich blickte noch einmal zurück. Luna folgte mir und Jack wurde von Rose aufgehalten. „Mein Papa hat gegen diese Käfer gekämpft“ sagte die Kleine, während wir durch die schmalen Gänge liefen. „Aber er wurde ganz schlimm verletzt. Er und ein paar andere aus unserem Dorf sind in einem anderen Raum, damit sie sich ausruhen können. Da vorne!“ In einiger Entfernung sah ich einen weiteren Eingang, der wohl in einen Hohlraum führte. „Mama hat gesagt ich darf nicht weitergehen“ sagte sie traurig und sah mich mit großen Augen an. „Kannst du ihm helfen?“ Luna beugte sich zu dem Mädchen und legte eine Hand auf ihren Kopf. Strich behutsam darüber. „Mein Bruder kümmert sich um deinen Papa, okay?“ Mit einem traurigen Lächeln schniefte sie und nickte. Dann verschwand sie wieder in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Luna sah mich besorgt an. „Wenn sie die Verletzten in einem extra Raum untergebracht haben, und die Kleine nicht mal zu ihrem Papa darf, müssen sie wohl wirklich schwer verletzt sein.“ „Deinen Arm habe ich auch wieder hinbekommen“ sagte ich mit einem Grinsen. „Die Verletzung war auch nicht so schlimm“ gab Luna zu bedenken, während ich zu dem Raum lief. Am Eingang blieb ich stehen und riss die Augen auf. Mein Herz raste in einem wilden Tempo gegen meine Brust. Ich war wie erstarrt. Auf einigen Feldbetten lagen fünf Menschen mit dicken Verbänden. Bei drei Männern fehlte ein Arm oder ein Bein, ein anderer bestand nur noch aus Verbänden, lediglich der Mund war frei davon. Der letzte war so blass, dass ich mir nicht sicher war, ob er wirklich noch lebte. Mir drehte sich der Magen um. Das war noch übler als ich mir vorstellen konnte. „Warum bleibst du stehen?“ fragte Luna und trat neben mich. Sie hielt ihre Hände an den Mund und keuchte erschrocken. Ihre Augen waren weit aufgerissen. „Leben die überhaupt noch?“ wisperte ich und ging langsam auf den blassen Mann zu. Ich versuchte mich an die Erste Hilfe Ausbildung, die ich wegen des D-Wheel Führerscheins machen musste, zu erinnern und legte Zeige- und Mittelfinger an seinen Hals, seitlich unter dem Kinn. Es dauerte etwas, aber dann spürte ich tatsächlich einen schwachen Puls. Mein Blick schweifte über die anderen Verletzten. Ob ich ihnen überhaupt helfen kann? Ich hatte noch nie so schwere Verletzungen gesehen. Hilfesuchend sah ich zu Luna, doch sie schien wie erstarrt. Tief durchatmen. Genau, Leo. Du schaffst das. Ich schlug die Decke des blassen Mannes zur Seite, um zu sehen wo er verletzt war. Schlagartig drehte sich mir der Magen um. Ich hatte Mühe nicht zu würgen. An seinem Bauch klaffte eine riesige Wunde, die so aussah, als hätte man versucht sie zu nähen. Ich schluckte gegen die Übelkeit und aktivierte mein Mal. Meine zitternden Hände führte ich zu der Verletzung. Das sieht übel aus. Richtig übel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)