Chroniken der Unterwelt von stardustrose (Das Geheimnis des feuerroten Drachen) ================================================================================ Kapitel 13: Antworten --------------------- //Crow// „Bist du wirklich sicher, dass wir in die richtige Richtung laufen?“ fragte ich zum wiederholten Mal, während ich mich durch das Dickicht kämpfte. „Du führst mich schon seit fast zwei Tagen durch diesen verdammten Wald.“ Als Antwort bekam ich natürlich nur wieder unverständliche Laute, während der braune Plüschball mit den grünen Augen aufgeregt vor mir herschwebte. Ich seufzte. Die Unterhaltung konnte ich mir eigentlich auch sparen. Wie gerne hätte ich jetzt Lunas Gabe, dann könnte ich die Fellkugel zumindest verstehen. Viel besser wäre natürlich, wenn meine Freunde endlich mal auftauchen würden. Wo stecken denn alle nur?! „Hey, Jack! Yusei! Wo steckt ihr?“ rief ich wieder in den Wald. „Aki! Leo, Luna!“ Wieder keine Antwort. „Ach verdammt, wo sind die abgeblieben?“ murmelte ich. Nachdem ich mich durch einige Pflanzen gekämpft hatte, kamen wir auf einer kleinen Lichtung an, durch die ein Bach floss. „Hey, Kuribon!“ Der Plüschball drehte sich zu mir und schwebte auf mich zu. „Kuri?“ Was auch immer er mir damit sagen will. „Ich brauch langsam mal ne Pause, wir sind seit Stunden unterwegs. Das hier ist doch ein ganz guter Rastplatz, meinst du nicht?“ Er nickte energisch und schwebte zurück in den Wald. Hoffentlich hate er mich verstanden und kommt wieder zurück. Ohne die Fellkugel wäre ich in den letzten Tagen echt aufgeschmissen gewesen. Langsam trottete ich zu dem kleinen Bach und spritzte mir das kalte Wasser ins Gesicht. Nach dem langen Fußmarsch tat das verdammt gut. Immerhin verdursten würde ich nicht. Ich plumpste ziemlich unelegant auf den Boden und legte mich hin. Verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Sah in den strahlend blauen Himmel, der von den seltsamen Baumkronen umrahmt wurde. Ob es den anderen gut geht? Hoffentlich sind wir nicht alle voneinander getrennt worden. Die sanfte Brise ließ die Blätter tanzen und ich schloss meine Augen. Nur eine kleine Pause. Plötzlich hörte ich das knacken eines Zweiges und setzte mich schlagartig auf. Hecktisch sah ich mich um. Aber ich war allein. Ich schnaubte belustigt. Oh man, jetzt bekomme ich auch noch Verfolgungswahn. Da hörte ich es wieder. Das war keine Einbildung. Langsam stand ich auf und sah in die Richtung, aus der das Geräusch kam. „Kuribon?“ rief ich. Mein Körper war komplett angespannt. Hoffentlich sind das nicht wieder diese kleinen Unterweltmonster. Meine Disk hatte ich Yusei in Satellite überlassen. Ich konnte mich nicht wehren. Nur verteidigen. Wieder ein Rascheln. Schritte. Was immer das auch ist, Kuribon definitiv nicht. Was mach ich denn jetzt? Um mich zu verstecken ist es zu spät. Es kommt auf mich zu. Der Schatten im Wald nahm Gestalt an, und das Monster trat mit einem leisen Knurren aus dem Dickicht. Überrascht musterte ich mein Gegenüber. Ein weißer, gepanzerter Löwe. Ein Horn auf seinem Kopf wurde von der wilden, orangenen Mähne umrahmt. Seine goldenen Augen beobachteten jede meiner Bewegungen. Es dauerte einen Moment, ehe ich es erkannte. „Regulus?“ fragte ich zaghaft. Lunas Monster verengte seine Augen zu gefährlichen Schlitzen. Er sah angespannt aus. Verflixt, will der mir jetzt auch noch an die Gurgel? „Was macht ein Mensch in der Geisterwelt? Und noch dazu einer der mich kennt“ hallte seine dunkle Stimme über die Lichtung. „Keine Ahnung, wie ich hier gelandet bin. Aber meine Freunde sind auch hier und wir wurden getrennt. Hast du hier noch andere Menschen gesehen?“ Entspannt sah er durch meine Antwort nicht wirklich aus. „Luna ist auch in der Geisterwelt“ fügte ich hinzu. „Woher kennst du Luna?“ fragte er skeptisch. „Wie gesagt, wir sind Freunde“ sagte ich, bis mir etwas einfiel. Ich krempelte den Ärmel meiner Jacke nach oben, um mein Drachenmal freizulegen. Hoffentlich glaubt er mir dann. Er schien sich zu entspannen und kam langsam auf mich zu. Zumindest sah er nicht mehr so aus, als wolle er mich in der Luft zerfetzen. „Ich dachte, der Feuerrote Drache hätte euch seine Male wieder entzogen“ sagte er schließlich und kam vor mir zum Stehen. Seinen gewaltigen Kopf beugte er zu mir herunter. „Eure Aufgabe war erfüllt. Wie kommt es dann, dass du sein Zeichen trägst?“ Ich schluckte und ging unwillkürlich einen halben Schritt zurück. „Keine Ahnung. Lange Geschichte. Im Moment bin ich einfach nur auf der Suche nach den anderen“ sagte ich mit einem schiefen Grinsen und hob beschwichtigend die Hände. „Den anderen Auserwählten?“ fragte er. Ich nickte. „Verstehe“ sagte er und drehte mir seine Flanke zu. Dabei ließ er mich nicht aus den Augen. „Begleite mich bis zum Tempel, dann kannst du mir deine ‚lange Geschichte‘ erzählen.“ Einen Moment starrte ich ihn einfach nur an und nickte schließlich. Aus dem Dickicht vor uns hörte ich wieder ein Rascheln und einen Augenblick später schwebte Kuribon auf uns zu. Auf seinem Kopf balancierte er einen Apfel. Als er Regulus sah, beschleunigte er freudig und machte wieder seine unverständlichen Geräusche. Dabei flog er auf und ab. Er schien sich mit Regulus zu unterhalten. „Was sagt er denn?“ fragte ich, als wir uns in Bewegung setzten. Kuribon ließ den Apfel in meinen Händen landen und ich bedankte mich bei ihm. Sofort fing mein Magen an zu knurren und die Fellkugel freute sich. Ich hatte echt Kohldampf. Wir kamen an einem uralten Gebäude an. Einige Mauern waren bereits eingestürzt. Regulus hatte auf unserem Weg nicht ein Wort gesagt und schwieg auch weiterhin, als wir immer weiter in das Innere des Tempels liefen. Schließlich gelangten wir in einen riesigen Raum. Hier und da wuchsen kleinere Pflanzen aus den moosbewachsenen Steinblöcken und die Sonne warf vereinzelte Strahlen durch ein Loch in der Decke. „Na schön“ hörte ich seit einer gefühlten Ewigkeit wieder die Stimme des Löwen, der es sich auf einem kleinen Altar bequem gemacht hatte. Kuribon blieb an meiner Seite. „Wie kommt es, dass du hier in der Geisterwelt bist? Zusammen mit Luna und den anderen Auserwählten.“ Ich seufzte und versuchte meine Gedanken irgendwie zu ordnen. So ganz kapierte ich es ja auch nicht. „In den letzten Tagen gab es ein ziemliches Chaos bei uns. Also in unserer Welt.“ Wieder brach ich ab. Wie soll ich mich nur kurzfassen? „Die Königskinder“ sagte Regulus plötzlich und ich sah ihn überrascht an. „Dann hatte Antiker Feendrache recht. Ich hatte gehofft, nur dieses eine Mal, dass sie sich irrt.“ Königskinder? Damit musste er die beiden Dämonen meinen, die uns angegriffen hatten. Stimmt, die Zwillinge sagten doch, dass Regulus auch dabei war, als sie in der Geisterwelt waren. Dann kennt er ja schon einen Teil der Geschichte. Ich nickte und fuhr weiter aus: „Ja, meinetwegen Königskinder. Jedenfalls haben sie uns angegriffen. Zuerst war nur der Typ da, zusammen mit einem Haufen anderer Dämonen. Wir konnten die Viecher zwar zurückschlagen, aber dieser Lucifer war zu stark. Dann kreuzte auch noch diese Lillith auf. Das war ein ziemliches Durcheinander. Yusei hat ihn irgendwie hingehalten und dann tauchte der Feuerrote Drache auf. Das nächste, an das ich mich erinnern kann ist, dass ich in diesem komischen Wald aufwache. Kuribon hat mich gefunden, aber meine Freunde waren nicht da. Und seitdem bin ich auf der Suche nach ihnen.“ Regulus schwieg einen Moment. Dann sah er hoch zu dem Loch in der Decke. Er schien zu überlegen. „Seit einigen Tagen ist es auch bei uns nicht mehr sicher“ erklang wieder die Stimme des Löwen und er neigte seinen Kopf zu mir. „Wir sollten deine Freunde so schnell wie möglich finden, ehe ihnen etwas zustößt.“ „Was?“ Er nickte. „Wir wissen nicht warum, aber einige Monster sind aus der Chaoszone entkommen. Sie wüten durch die gesamte Geisterwelt. Selbst sonst friedliche Monster werden langsam nervös und greifen an. Überall kommt es zu Ausschreitungen. Hier im Geisterwald ist es wieder friedlich, aber wer weiß wie lang. Deswegen treffen sich die Drachenwächter in der weißen Stadt.“ Ich sah ihn nur fragend an. Chaoszone? Drachenwächter? Weiße Stadt? Ich bin unfreiwilliger Tourist, verdammt! Wenn die anderen in Gefahr sind, dann muss ich sie so schnell wie möglich finden! Leichtfüßig stand er von dem kleinen Altar auf und ging. Ich stand noch immer wie angewurzelt da und er neigte wieder seinen Kopf zu mir. „Komm“ forderte er mich auf und ging weiter. Ich riss mich aus meiner Starre und folgte ihm in einen anderen Raum. Dieser war kleiner. Leer. Bis auf einen großen Tisch in der Mitte, auf dem einige große Papierrollen lagen. „Kuribon, hilf mir doch kurz.“ Angesprochener flog zum Tisch und versuchte eine Rolle auszubreiten. Er stellte sich ziemlich tollpatschig an und ich half ihm. Als ich die Rolle genauer betrachtete, erkannte ich eine Landkarte. „Vor dir liegt die Geisterwelt“ sagte Regulus. Ich sah mir die Karte genauer an. Es war ein einziger Kontinent, umgeben von Meer. Vereinzelt gab es Inseln, nahe des Festlands. Es sah so aus, als ob die Geisterwelt eingeteilt war. „Siehst du das helle Gebiet im Westen? Südlich des großen Flusses?“ Ich folgte seiner Beschreibung und nickte. „Dieses Gebiet und die drei Inseln im westlichen Meer gehören zu Sogen. Im Herzen von Sogen befindet sich der Geisterwald. Hier befinden wir uns.“ „Warte mal“ unterbrach ich ihn. „Ich renne seit zwei Tagen durch diesen Wald.“ Auf der Karte sah es so aus, als wäre der Wald nur etwa ein Zehntel des Gebiets. Regulus nickte. „Hast du gedacht die Geisterwelt bestünde nur aus diesem Wald? Sie ist aufgeteilt in 15 Länder. Über jedes dieser Länder wacht ein Drachenwächter.“ „Hm. Also ist Antiker Feendrache einer davon?“ Der Löwe nickte wieder. „Aber sie ist nicht hier“ schlussfolgerte ich. „Richtig. Die Drachenwächter wurden wegen der Angriffe in die weiße Stadt einberufen. Antiker Feendrache hat mir solange die Verantwortung für dieses Land überlassen. Einige Länder im Osten hat es schlimmer getroffen als uns, also werden diese Wächter vermutlich nicht in der weißen Stadt auftauchen. Es ist diese Stadt im Herzen des Landes.“ Kuribon hüpfte in der Mitte der Karte herum. Ich vermute mal, dass da diese weiße Stadt ist. „Die ist ziemlich groß“ bemerkte ich. In der Größe glich sie in etwa der des Geisterwaldes. Und das soll eine einzige Stadt sein? „Die einzige Stadt mit einem eigenen Wächter“ sagte Regulus. „Eigentlich liegt die Stadt im Reich des Lichts. Aber wegen ihrer Größe und der Bevölkerungszahl, braucht es zwei Wächter.“ „Was ist der fette dunkle Fleck rechts unten?“ fragte ich und zeigte auf eine ziemlich große, schwarze Insel. Sie lag im Südosten und war durch einen schmalen Strich mit dem Festland verbunden. „Die Chaoszone“ war seine Antwort. „Dort leben die Ausgestoßenen. Monster, die nicht friedlich in unserer Welt leben können. Eigentlich ist sie versiegelt, aber die Wächter der Zone sind verschwunden. Also kommen die Monster über das Traumland in viele Teile dieser Welt.“ „Traumland?“ fragte ich verwirrt. Was ist das denn für ein Name? Wieder nickte der Löwe. „Das Land, das mit der Chaoszone verbunden ist. Sternenstaubdrache schafft es nicht mehr, die Monster in der Zone zu halten. Anscheinend helfen ihm die Drachenwächter der beiden angrenzenden Länder. Wir können nur hoffen, dass sie es schaffen.“ „Sternenstaubdrache bewacht das Traumland?“ fragte ich belustigt. Regulus sah mich nur verständnislos an. Anscheinend konnte er mit der Ironie nichts anfangen. „Egal“ versuchte ich mich rauszureden und lenkte das Thema wieder um. „Hört sich an, als wäre die Sache mit den Monstern so gut wie geklärt, oder? Zumindest dort drüben. Eigentlich will ich nur schnell meine Freunde finden. So weit können sie ja nicht von hier weg sein, meinst du nicht?“ „Ich weiß es nicht“ gestand er. „Es ist noch nie vorgekommen, dass der Feuerrote Drache persönlich in dieser Welt erschienen ist. Noch dazu um Menschen in diese Welt zu bringen. Außerdem gab es keine Anzeichen, dass er hier war. Ein Drache seiner Größe sollte Aufsehen erregt haben, aber ich habe weder etwas gesehen, noch Gerüchte gehört.“ Ich ließ den Kopf hängen. „Schade“ war das Einzige, das ich herausbrachte. Wenn Regulus sie auch nicht gesehen hat, dann werden sie wohl nicht im Geisterwald sein. Und diese Welt ist größer als ich dachte. Wie soll ich sie nur finden? „Heute Nacht kannst du dich hier ausruhen. Wir werden morgen nach einer Lösung suchen“ schlug Regulus vor. „Was? Aber du hast doch gesagt, sie könnten in Gefahr sein! Was, wenn sie alle verstreut sind? Ich muss-“ „Was willst du tun?“ unterbrach er mich. „Blind in den Wald rennen und hoffen, dass du ihnen durch Zufall in die Arme läufst? Ich werde mich umhören. Du bleibst hier und sammelst deine Kräfte. Wir werden morgen entscheiden, wie wir als nächstes vorgehen.“ Ich wollte ja nur zu gern widersprechen, aber er hatte recht. Wo soll ich nur anfangen zu suchen? Außerdem kann ich mich immer noch nicht verteidigen. Diesen kleinen Unterweltlerviechern gestern bin ich nur knapp entkommen. „Na schön.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)