Chroniken der Unterwelt von stardustrose (Das Geheimnis des feuerroten Drachen) ================================================================================ Kapitel 8: Training ------------------- //Yusei// Ich saß auf unserer Terrasse und trank meinen morgendlichen Kaffee, während ich die aktuellen Nachrichten überflog. Ich suchte gezielt nach allem, was auf diese Dämonen in meinen Alpträumen hinweisen könnte. Angriffe, weitere Explosionen oder Erscheinungen, doch ich konnte nichts finden. Erleichtert legte ich das kleine Holo-Gerät auf den Tisch und betrachtete den Anblick vor mir. Die Sonne warf ihre goldenen Strahlen auf die Stadt, die sich vor mir erstreckte, und ich ließ meinen Blick über die Skyline wandern. Ich liebte diese Stadt. Liebte das Leben, das ich mir hier aufgebaut hatte. Unwillkürlich lächelte ich bei dem Gedanken, dass unsere Terrasse bald vom Lachen eines Kindes erfüllt werden würde. Ich brauchte einige Zeit, ehe ich verstanden hatte, was Akiza mir gestern erzählt hatte. Sie war wirklich schwanger. Wir würden bald ein Kind bekommen. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Leider wollte sie noch bis zur zwölften Woche warten, ehe wir es unseren Freunden erzählen würden, aber ich respektierte ihre Entscheidung. „Irgendwas neues?“ fragte eine sanfte Stimme hinter mir. Ich lächelte und blickte über meine Schulter. „Nein, nichts Interessantes. Hast du was von den anderen gehört?“ Während ich sprach, ging Akiza auf den freien Stuhl neben mir zu und setzte sich. „Ja, Crow hat vorhin geschrieben. Wir treffen und gegen Mittag bei Leo und Luna.“ Ihr Blick war auf den Boden gerichtet und sie schien besorgt zu sein. Ihre Hände waren in ihrem Schoß gefaltet. „Was ist los?“ fragte ich leiste. Sie sah auf und musterte mich einen Augenblick lang. „Sag mal… findest du nicht, wir sollten die Hochzeit verschieben?“ Die Frage überraschte mich nicht. Auch ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, die Hochzeit vorerst abzusagen. Aber es gab einfach zu viele Ungereimtheiten. „Ich glaube, es wäre unklug sie zu verschieben. Was sollten wir unseren Gästen sagen? Wir würden von allen Seiten gelöchert werden und könnten nichts erklären. Und wenn der Angriff mit der Hochzeit zusammenhängt, und nicht mit dem Datum, verschieben wir die Bedrohung nur nach hinten, anstatt uns ihr zu stellen.“ Akiza senkte wieder ihren Blick und spielte nervös mit ihren Fingern. „Hm.“ Ich legte eine Hand auf ihre und lächelte sie an. „Hey, mach nicht so ein Gesicht. Es wird alles gut gehen. Wie oft haben wir zusammen schon schlimme Zeiten oder Katastrophen durchgestanden? Wenn unsere Freunde an unserer Seite sind, können wir nur gewinnen, nicht wahr?“ Auf Akizas Lippen zeichnete sich ein kleines Lächeln ab. „Du hast Recht.“ Ich lehnte mich zu ihr, gab ihr einen Kuss auf die Schläfe und strich dabei sanft über ihren Bauch. „Ich geh jetzt ins Bad und dann sollten wir uns langsam auf den Weg machen, was meinst du?“ Als Antwort bekam ich ein zaghaftes Nicken. Sie machte sich noch immer Sorgen, aber ich konnte es ihr nicht verübeln. Auch wenn ich es zu verbergen wusste, ich hatte Sorge, wie dieser Tag ablaufen würde. ~*~ Als wir mit unseren D-Wheels ankamen und die Wohnung der Zwillinge betraten, waren schon alle versammelt. Luna und Carly unterhielten sich angeregt über irgendetwas. Crow und Leo fochten an dem niedrigen Couchtisch gerade ein Duell gegeneinander aus. Jack lehnte an der Wand und beobachtete das Geschehen. Ich hob die Hand zur Begrüßung, mit der anderen hielt ich die von Akiza. „Auch schon da?“ schmunzelte Crow. Leo lachte. „Das sagt der Richtige!“ Crow schielte ihm beleidigt von der Seite zu, ließ es aber auf sich beruhen. „Jetzt, da wir alle da sind, können wir ja anfangen!“ verkündete Luna fröhlich. Jack schnaubte. „Und wie hast du dir das vorgestellt? Wir haben keine Ahnung wie wir irgendwelche Kräfte nutzen können oder was wir tun sollen.“ „Also eigentlich…“ begann Leo mit einem stolzen Grinsen. Ich sah ihn überrascht an. „Habt ihr was rausgefunden?“ Nun wurde auch der Rest hellhörig, schließlich hatten wir nur diesen und den nächsten Tag, bevor die Hochzeit stattfinden würde und wir diese Kräfte beherrschen sollten. „Ich nicht, aber Luna!“ entfuhr es ihm aufgeregt. Sie nickte. „Ja, heute Morgen! Ich saß auf meinem Bett und hatte Antiker Feendrache in der Hand. Dann hab ich überlegt, was sie und Yusei gesagt haben! Ich habe mich auf sie konzentriert und dachte nur daran, dass ich diesen Schild erzeugen will, von dem sie sprach. Da leuchtete mein Mal und es hat geklappt!“ Man konnte ihr ansehen, dass sie wirklich stolz darauf war und ich musste schmunzeln. „Das ist ja großartig Luna!“ sagte Akiza und schenkte ihr ein Lächeln. „Danke! Ich kann ihn aber noch nicht lange stabil halten. Um ehrlich zu sein, nur ein paar Sekunden.“ Crow reckte die Faust in die Höhe. „Hey, das ist doch schon ein Anfang! Wie wäre es mit einer kleinen Kostprobe?“ Lunas Wangen nahmen eine rosarote Farbe an, dann nickte sie. Sie nahm Antiker Feendrache aus ihrer Deckbox, sah sie kurz an und schloss ihre Augen. Die Sekunden strichen dahin, während alle Blicke auf der jungen Duellantin ruhten. Plötzlich fing ihr Arm an zu glühen und die leuchtende Kralle des feuerroten Drachen war zu erkennen. Überrascht stellte ich fest, dass sich um Luna herum langsam ein durchscheinend roter Schild zu bilden schien, der nach wenigen Sekunden wieder verschwunden war. Es war dasselbe schimmernde Rot der Kugeln aus meiner Vision. „WOW!“ sagte Carly und ihre Augen hinter ihrer Brille weiteten sich. Jack ging auf sie zu. „Okay, das war ganz nett. Aber wir wissen immer noch nicht, ob er funktioniert oder nur eine Erscheinung war.“ „Und was schlägst du vor?“ Jack musterte mich ernst. „Luna soll ihn noch einmal erzeugen und wir werden sehen, ob der Schild meinen Angriff abhält.“ Er ballte die rechte Hand zur Faust. Ich sah ihn überrascht an. Ist das sein Ernst? „Hast du nen Knall?!“ platzte es aus Crow heraus. „Du willst Luna angreifen? Was ist, wenn sie sich verletzt?“ „Dann hat sie im schlimmsten Fall einen blauen Fleck oder eine kleine Platzwunde, ich werd ihr schon nicht ins Gesicht zielen. Außerdem haben wir hier eine ausgebildete Kinderärztin und einen Auserwählten, der angeblich Heilkräfte besitzen soll, wenn ich mich nicht irre.“ Leo schluckte. Akiza sah besorgt zwischen Jack und Luna. Plötzlich trat Carly einen Schritt auf uns zu. „Naja, mir gefällt die Vorstellung auch nicht, dass Luna verletzt wird. Aber anders finden wir wirklich nicht heraus ob dieser Schild funktioniert, oder?“ Ihr Blick wanderte zu Luna. „Aber letzten Endes ist es deine Entscheidung.“ Luna überlegte nicht lange bis sie ihre Antwort hatte. „Ich will es versuchen!“ „Bist du sicher?“ fragte Leo besorgt. Sie nickte entschlossen. „Jack hat Recht! Wir müssen es versuchen, viel Zeit haben wir nicht!“ An Jack gewandt fügte sie hinzu: „Also, bist du bereit?“ Er grinste und gab ihr ein zustimmendes Nicken. Bis auf ihn traten alle ein paar Schritte zurück und beobachteten die Beiden. Luna nahm ihre Karte vor die Brust und konzentrierte sich wieder auf den Schild, der sie einige Sekunden später wieder in ein schimmernd rotes Licht hüllte. Jack holte aus und schlug mit der Faust zu, so kräftig er konnte. Tatsächlich hielt der Schild den Schlag auf, doch nicht nur das: Er schleuderte ihn mit vielfacher Kraft zurück, woraufhin er quer durch den Raum flog. Ich versuchte zu reagieren und ihn noch abzufangen, wurde durch die Wucht des Aufpralls aber ebenfalls einige Meter nach hinten befördert. Mit einem Schlag wich alle Luft aus meinen Lungen und ich landete mit Jack auf dem harten Boden. „Jack! Yusei!“ hörte ich einige Stimmen, die sich auf uns zu bewegten. Schnelle Schritte waren zu hören und jemand half mir auf. Ich saß aufrecht auf dem Boden und mit jedem Atemzug wurde meine Brust von einem Schmerz durchzogen. Das Gefühl war mir nicht unbekannt. Ich hatte mir wohl einige Rippen geprellt. „Alles in Ordnung?“ Ich sah wieder auf und versuchte mich an einem Lächeln. „Ja, es geht schon, mach dir keine Sorgen“ versuchte ich sie zu beruhigen. Allerdings brauchte ich ihr nichts vorzumachen, denn sie sah mir an, dass ich Schmerzen hatte. „Oh nein! War ich das?“ Ich richtete meinen Blick wieder nach vorn und sah Luna auf uns zu rennen. Einige Schritte vor Jack und mir blieb sie stehen und sah geschockt aus. „Argh, was war das denn?“ stöhnte Jack neben mir und rieb sich den Kopf. Sein linker Arm hing schlapp an seiner Seite. An seiner Seite waren Carly und Leo, um ihm aufzuhelfen. Akiza betrachtete meinen Brustkorb genauer und tastete ihn ab. Dabei zuckte ich unwillkürlich zusammen. „Vermutlich ein paar geprellte Rippen“ sagte sie schließlich und zog das Shirt wieder nach unten. Luna schluchzte. Verwundert sah ich auf. Eine Träne bahnte sich den Weg hinab über ihre Wange. „Tut… tut mir leid. Jack… Yusei… das wollte ich nicht!“ Dann vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen und wimmerte. Akiza sah sie aus mitleidigen Augen an. Sie kannte das Gefühl. „Luna…“ murmelte sie. Leo war schnell an der Seite seiner Schwester. „Hey, beruhige dich Luna! Das war doch keine Absicht! Und freu dich lieber, der Schild funktioniert!“ Er grinste sie an. Jack stand mit Carlys Hilfe wieder auf und trat an Lunas Seite. „Leo hat Recht, er funktioniert sogar besser als gedacht.“ Sie nahm ihre Hände aus dem Gesicht, wischte die Tränen beiseite und betrachtete ihren lädierten Freund. „Ich… hab euch verletzt!“ Jack grinste. „So ein Schwachsinn, du hast dich verteidigt! Das ist was anderes.“ Lunas Blick wanderte wieder zu mir. Ich saß noch immer mit Akiza am Boden. Ihr gequälter Gesichtsausdruck brach mir fast das Herz und ich versuchte, sie ein wenig aufzumuntern. „Mach dir nichts draus, das heilt schnell wieder.“ Auch Akiza nickte Luna aufmunternd zu. Leo funkelte mich aufgeregt an. „Hey! Jetzt kann ich es ja mal versuchen!“ Crow sah ihn irritiert an. „Bist du dir ganz sicher? Fang lieber mit Jack an, der heiratet nicht in zwei Tagen!“ „So ein Blödsinn“ erwiderte der Blonde. „Mir fehlt nichts!“ „Ach Nein?“ meinte Crow schelmisch und klopfte ihm einmal gegen die Schulter. „Argh!“ Jack griff mit dem anderen Arm nach Crows Kragen. „Du Penner!“ Doch als Antwort erhielt er nur einen belustigten Blick. „Crow!“ beschwerte sich Carly und alle Umherstehenden mussten etwas schmunzeln. Selbst Luna musste nun wieder lächeln und wischte die letzten Tränen aus ihrem Gesicht. Ich war mittlerweile wieder auf den Beinen und Akiza war an meiner Seite. „Jetzt reicht‘s aber wieder!“ sagte sie und brachte die beiden Streithähne mit einem strengen Blick dazu, voneinander abzulassen. Jack schnaubte. „Also Leo“ fuhr sie fort und wandte sich zu ihm. „Meiner Meinung nach ist Jacks Schulter das dringlichere Problem. Eine Prellung ist unangenehm, heilt aber mit der Zeit von selbst aus. Seine Schulter sollte aber entweder in einer Schlinge stecken, oder sie wird nicht ausheilen.“ „Ist das dein Ernst?“ grummelte Jack und warf ihr einen genervten Seitenblick zu. Akiza nickte freundlich in seine Richtung. Leo hibbelte von einem Bein aufs andere. „Komm schon, Jack! Ich will es probieren!“ Dieser schloss die Augen und atmete geräuschvoll aus. „Na schön.“ „Yes!“ Leo holte schwungvoll seinen Lebensstromdrachen aus der Deckbox und tat es seiner Schwester gleich. Er hob den Drachen auf Brusthöhe und konzentrierte sich auf ihn. Nach einigen Minuten passierte immer noch nichts. Er zuckte mit der Augenbraue und stöhnte laut auf, was jeden Umstehenden zusammenzucken ließ. Ich versuchte, aufgrund der plötzlichen Bewegung, einen Schmerzenslaut zu unterdrücken. Anscheinend bemerkte es niemand. „Brüll doch nicht so rum, Leo!“ tadelte ihn seine Schwester. Dieser sah sie geknickt an. „Aber es passiert einfach nichts. Ich weiß nicht, was ich falsch mache!“ „Hmm, versuch dich mal auf seine Verletzung zu konzentrieren, statt auf deinen Lebensstromdrachen. Vielleicht hilft es, wenn du Jack mit deiner freien Hand an der Schulter berührst.“ Akizas Vorschlag war nicht schlecht. Leo nickte und legte die Hand auf Jacks Schulter, was diesen leicht zusammenzucken ließ. Er hob den Drachen erneut und schloss die Augen. Nach kurzer Zeit erstrahlte sein Mal in feuerrotem Licht. Die Augenblicke verstrichen und Jack sah verwundert auf. Sein Gesicht entspannte sich etwas. Erschöpft brach Leo ab und atmete schwer. Das Licht erlosch und Jack stand auf. „Und?“ fragte Carly. Jack hob und senkte seinen Arm und ließ ihn leicht kreisen. „Besser“ sagte er. Er war zwar noch immer etwas eingeschränkt und hatte bei einigen Bewegungen noch leichte Schmerzen, aber die würde er auf jeden Fall aushalten. Er drehte sich Leo um. „Danke“ murmelte er. Dieser hatte seine Atmung wieder halbwegs im Griff, grinste ihn an und hob den Daumen. „Kein Problem!“ „Denks du, du schaffst das nochmal?“ fragte ihn Crow und zeigte auf mich. Leo überlegte kurz. „Wenn ich ehrlich bin, brauch ich ne kurze Pause. Das ist anstrengender als gedacht!“ Bei näherem Hinsehen konnte man erkennen, dass Leo die Schweißperlen auf der Stirn standen. „Na schön, dann versuch ich es mal“ sagte Jack und holte seinen Rotdrachen-Erzunterweltler hervor. „Warte!“ unterbrach ihn Carly. Verdutzt sah er sie an. „Was ist denn los?“ „Naja“ begann sie und wurde ein wenig rot, doch sie fasste sich schnell wieder. „Der Antike Feendrache sagte doch, deine Fähigkeit wären Zerstörung und Flammen…“ „Ja, und?“ „Jack, sieh dich mal um“ lachte Akiza. „Willst du die Wohnung in Schutt und Asche legen?“ „Akiza hat recht“ warf Luna ein. „Es wäre das Beste, wir gehen hoch aufs Dach, da kann man eigentlich nichts kaputt machen.“ Oben angekommen, postierten sich alle etwas abseits von Jack, sodass er allein inmitten des großen Platzes stand. Er atmete tief durch und sah seinen Drachen an, dann schloss auch er seine Augen. Sein Mal leuchtete auf und wir beobachteten gespannt, was gleich passieren würde. Um ihn herum bildete sich ein kleiner, schmaler Ring aus Feuer, doch nach einigen Sekunden zerstreuten sich die Flammen und erloschen. Er versuchte es erneut, aber das Ergebnis war dasselbe. „Das ist ja nicht sonderlich beeindruckend“ murmelte Crow und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Pst!“ harschte Carly ihn an und legte einen Finger an ihre Lippen. „Sei leise, sonst kann er sich nicht konzentrieren!“ Plötzlich öffnete Jack seine Augen und betrachtete die Karte in seiner Hand. Einige Momente lang stand er regungslos da. Dann nickte er und verstaute seinen Drachen in seinem Deckhalfter. „Was hat er denn jetzt vor?“ murmelte Leo und sah seine Schwester an. Diese zuckte nur mit den Schultern. Jack schloss wieder seine Augen und hob die Unterarme auf Höhe seines Bauches. Die Hände hielt er fast so, als würde er eine große Schale Wasser tragen. Akiza legte den Kopf schief und zog die Augenbrauen zusammen. „Was wird das?“ Auch ich hatte keine Ahnung, was da vor sich ging. Plötzlich bildete sich eine Kugel aus Feuer in Jacks Händen. Erschrocken öffnete er seine Augen wieder und die Kugel flog unkontrolliert einige Meter weiter. Mit einem lauten Knall schlug sie im Betongeländer ein. Ich betrachtete den Einschlagspunkt. Die Stelle, an der die Kugel den Beton getroffen hatte, war rußschwarz und es hatten sich ein paar Risse gebildet. „Gleich nochmal!“ feuerte ihn Leo an. Gesagt getan, doch dieses Mal wusste Jack, was auf ihn zukommen wird. Erneut formte er einen Feuerball und hielt ihn schließlich ein paar Sekunden konstant auf einer Größe, bevor er einfach verpuffte. Genervt ballte Jack die Hände zu Fäusten und knurrte. Sein Mal erlosch. Man sah ihm die Anstrengung deutlich an. „Hey, kurze Pause!“ rief Crow. Verwundert ruhten nun alle Blicke auf ihm. „Ich bin noch nicht fertig!“ antwortete Jack. Crow gab einen genervten Laut von sich. „Ja, ich weiß, aber mach ne kurze Pause, sonst kannst du deine Feuerbälle nicht mehr an meinem Schild ausprobieren!“ „Warte, was?“ mischte ich mich ein. „Du willst wirklich, dass er die Dinger auf dich abschießt?“ Crow sah mich entschlossen an. „Naja, Antiker Feendrache meinte doch, ich könnte auch einen Schild erzeugen, aber meiner würde magische Angriffe zurückwerfen. Um das zu testen brauch ich eine von Jacks Feuerkugeln. Würde doch passen, oder?“ Ich seufzte. Er trug das mit einer solchen Selbstverständlichkeit vor, dass ihm das vermutlich niemand ausreden konnte. „Zuerst will ich die Dauer testen, bevor du mich abfackelst!“ Crow stellte sich ein paar Meter entfernt von Jack auf und wiederholte die Vorgehensweise von Luna. Auch ihn umschloss ein rötlicher Schleier, der nach einigen Sekunden wieder verschwand. Beim zweiten Mal jedoch, konnte er den Schild fast doppelt so lang aufrechterhalten. Er öffnete die Augen und grinste Jack zu. „Kann losgehen!“ Jack betrachtete ihn skeptisch und nickte. Carly sah nervös zwischen den beiden hin und her. „Also entweder klappt es nicht und Crow wird verletzt, oder es klappt und der Angriff wird zurückgeworfen, sodass Jack verletzt wird.“ Luna versuchte sie zu beruhigen. „Mach dir keine Sorgen, die beiden werden schon wissen, was sie tun!“ Ihr Optimismus in allen Ehren, aber das war ein verdammt gefährlicher Weg das rauszufinden. Jacks physischer Angriff auf Luna war eine Sache, aber diese Feuerbälle waren verdammt gefährlich. Crow baute seinen Schild wieder auf, während Jack erneut eine Feuerkugel formte. Dieses Mal schleuderte er sie gezielt auf Crow zu, bevor sie wieder verschwinden konnte. Ich beobachtete gespannt das Szenario und hoffte, es würde gut ausgehen. Der Feuerball raste auf Crow zu und traf seinen Schild, wo er einen Augenblick auf der Oberfläche verweilte und zurückflog, bevor Crow seine Verteidigung nicht mehr halten konnte und den Schild abbrach. Währenddessen schnellte der Feuerball direkt auf Jack zu, der keine Zeit mehr hatte auszuweichen. Verdammt! „JACK!!“ riefen einige Stimmen panisch. Er setzte einen Fuß nach hinten und schützte mit seinen Armen sein Gesicht. Nur Millimeter bevor ihn die Flammen trafen, drifteten sie auseinander und bildeten wieder den Ring, den Jack am Anfang erzeugt hatte. Verwirrt sah er sich um. „Was war das denn?“ murmelte er. Ich atmete erleichtert auf. Carly war noch immer leichenblass und rannte auf Jack zu. Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und schlug mit der Faust etwas kraftlos dagegen. „Mach das nie wieder! Du kannst mich doch nicht so erschrecken, du Idiot!“ Er seufzte. „Schon gut.“ Dann nahm er sie bei den Schultern und schob sie ein Stück von sich weg, damit sie ihn ansah. „Mir geht’s gut, siehst du?“ „Hey, ihr zwei Turteltauben, kann’s weitergehen?“ rief Crow. Carly sah geschockt aus und blickte wieder hoch zu Jack, der sie beruhigte. „Schon gut, ich weiß langsam was ich tue! Geh wieder zu den Anderen.“ Bedrückt folgte sie seiner Bitte. Crow und Jack wiederholten das Ganze noch einige Male und es lief jedes Mal so ab, wie beim ersten Versuch. Crow schaffte es am Ende sogar, den Schild so weit auszudehnen, dass er mehrere Personen damit hätte schützen können, bevor er vor Erschöpfung in die Knie ging. Auch Jack war langsam am Ende seiner Kraft. „Na gut, ich bin dran. Macht mal Pause ihr zwei!“ rief Akiza und ging auf den Platz zu. Ich konnte nicht anders, als mir Sorgen um sie zu machen. Seit ich wusste, dass sie schwanger war, wollte ich sie aus der ganzen Sache eigentlich raushalten. Mir war bewusst, dass sie stark war, doch konnte sie es mir nicht verübeln, dass ich Angst um sie hatte. Und um unser ungeborenes Kind. Als Crow bei uns ankam, setzte er sich an das Betongeländer und lehnte sich erschöpft an. Jack tat es ihm gleich. „Alles gut bei euch?“ fragte Luna. Crow grinste. „Unkraut vergeht nicht! Mal sehen wie sich Akiza schlägt.“ Auch sie hatte ihren Schwarzen Rosendrachen in der Hand. „Na schön, meine Süße, zeigen wir ihnen was wir können!“ sagte sie lächelnd und schloss die Augen. Ihr Mal leuchtete augenblicklich auf. Als sie anfing sich zu fokussieren, zog ein kalter Wind auf und umspielte ihren Körper. Ihre langen, roten Haare folgten der Bewegung der Brise. Auch um ihre Beine bildete sich ein Ring, wie bei Jack. Aber nicht aus Feuer, sondern kleinen Rosenblüten, begleitet von einem schwarzen Schleier. Sie öffnete verwundert ihre Augen und sah von ihrem Drachen rüber zu Jack. Er nickte ihr zu. Auch sie steckte ihren Drachen zu den übrigen Karten ihres Decks. „Wird das jetzt das Gleiche, wie bei Jack?“ fragte Leo. „Sieht so aus…“ sagte ich und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Sie atmete tief durch die Nase ein und dann geräuschvoll durch den Mund wieder aus. Dann öffnete sie ihre Augen und streckte die Arme aus, als wolle sie etwas greifen. In einiger Entfernung stand ein großer Pflanzenkübel mit einem Ficus, den sie zu fixieren schien. Der Wind wurde stärker, die Rosenblüten tanzten in einem Wirbel über den Boden und aus dem Pflanzenkübel wuchs mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit eine dicke Dornenranke, die das Bäumchen aus der Erde fegte. „Wow, wo kommt die denn her?“ stieß Luna hervor. Auch ihr Bruder schien beeindruckt. „Wahnsinn!“ Ich musste schmunzeln. Das passt zu dir, Akiza. Sie bewegte ihre Arme in flüssiger Abfolge und die Ranke schlängelte sich wie eine riesige Schlange über den Boden und umschloss einen weiteren großen Blumentopf, der ohne große Mühe in die Luft gezogen wurde und zersprang. Einige Augenblicke später verließ auch sie die Kraft und die Ranke fiel zu Boden. Sie atmete schwer, hatte aber ein Lächeln auf den Lippen. „Yusei ist dann wohl der letzte!“ sagte Leo und wandte sich mir zu. „Warte kurz, ich versuch vorher das Gleiche wie bei Jack vorhin, ja?“ Ich nickte zur Zustimmung. Leo legte mir die Hand auf die Brust und schloss die Augen. Sein Mal begann zu leuchten. Langsam aber stetig hörte der pochende Schmerz, der von meinen Rippen ausging, auf und ich fühlte mich wieder wie vor dem kleinen Unfall im Wohnzimmer. „Danke, Leo“ sagte ich mit einem Lächeln und erntete sein freudiges Grinsen. Schlussendlich trat auch ich in die Mitte des Platzes. Ich hatte keine Ahnung, was ich genau zu tun hatte, denn anders als bei meinen Freunden, konnte Antiker Feendrache nicht sagen welche Kraft ich hätte. Ich zog meine Lieblingskarte aus meinem Deck und betrachtete sie. Sternenstaubdrache. Wie oft hatte sie mich schon aus brenzligen Situationen befreit und mich gerettet? Sie war mir immer die wertvollste Karte, hatte ich durch sie doch ein so enges Band zu meinen Freunden. Und in diesem Moment würde ich seine Hilfe wieder brauchen, doch war mir nicht bewusst, wie ich es anstellen sollte. Ich schloss die Augen und verbannte alle Gedanken aus meinem Kopf. Ich konzentrierte mich ganz auf Sternenstaubdrache und spürte die Kraft des feuerroten Drachen durch meinen Körper rauschen. Ich wusste, dass in diesem Moment mein Mal aufleuchtete, doch nichts passierte. Hilf mir, alter Freund. Sag mir, wie ich sie beschützen kann. Eine Weile dachte ich an nichts und konzentriere mich nur auf das Monster in meiner Hand. Meine Gedanken waren frei, selbst das Geräusch des Windes um mich herum hatte ich ausgeblendet. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich an die Bilder der Aufnahmen, die ich von Greyger bekommen hatte und daran, wie diese Dämonen wohl die Siegel, die Nazca Linien, gebrochen hatten. Sie brannten sich in meinen Kopf. Schnell versuchte ich, den Gedanken loszuwerden, schließlich musste ich mich konzentrieren. In meinem Kopf hörte ich eine Stimme. Ich kannte sie. Sternenstaubdrache? „Wie du willst“ sagte die Stimme und mein Körper wurde abermals von der Kraft des feuerroten Drachen durchflutet. Stärker als zuvor. Ich riss meine Augen auf. Sah meine Umgebung nur noch als Schemen. Was geht hier vor? Um mich herum breitete sich ein gleißendes Licht aus. Dieses Leuchten kannte ich schon aus meinen Träumen. Erschrocken schrie ich auf und kniff die Augen zusammen. Versuchte mit den Armen, mein Gesicht vor der Helligkeit zu schützen. Dieses Licht war einfach zu hell. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)