Painting the truth von Ship-happens ================================================================================ Kapitel 1: Willkommen in der neuen Welt! ---------------------------------------- Mein Schädel brummte unfassbar und weckte mich aus meinem tiefen, aber traumlosen Schlaf. Oh, so aufzuwachen war unaussprechlich... unangenehm. Mein Hals war trocken, das spürte ich sofort, war es doch nicht das erste Mal, dass ich aufwachte, mein Hals trocken war. Halb verschlafen schlurfte ich durch die Wohnung, um nach etwas erfrischend Nassem zu suchen. War ich etwa vor dem Fernseher eingeschlafen? Vermutlich. Wäre auch nicht das erste Mal. Als ich meine Augen langsam öffnete und mit meinen Handrücken über die müden Glotzer fuhr, richtete ich mich auch auf und saß im Bett? Ein Bett?! Ein paar Sekunden brauchte mein Hirn, um zu realisieren, dass das Bett für die Couch zu weich war und für mein eigenes Bett zu ruhig, quietschte dieses doch wie nichts Gutes. Wo zum Teufel war ich?! Träumte ich noch? Vermutlich. Ein luzider Traum? Aber der Geruch von Alkohol, Zigarettenrauch und nach Mann war ein wenig zu real. „Himmel“, murmelte ich müde, überfordert und durstig. Doch im halbwachen Zustand bemerkte ich den Mann neben mir nicht. Wie auch? Mein Hirn hatte die Leistung einer Erbse in der Sonne. So gefühlte -40 %. Erst ein kurzes, verschlafenes Brummen ließ mich mit einem Schlag wach werden, hatte ich mit solch einer Art von Geräusch nicht gerechnet! Sofort schnellte mein Kopf zur Seite und ich erblickte den Dunkelhaarigen neben mir, was mich kurz trocken schlucken ließ. Wie sollte ich auch genügend Speichel im Mund haben, wenn dort gefühlt die Sahara existierte? „Kaffee?“, brummte der Untergrundheld die Frage, ehe er sich neben mir langsam regte und sich an die Bettkante setzte. Mein Blick fiel automatisch zu ihm, in das zutiefst verschlafene und verkaterte Gesicht des Schwarzhaarigen, glitt an seinen Schultern herab und stoppte erst, als sich Aizawa an den Bettrand setzte und sich mit der Hand durch die zerzausten Haaren fuhr. Er war nackt. Er. War. Verdammt. Nochmal. Nackt! Und ich auch?! Sofort schlang ich die Arme um meine Brüste, um diese zu verdecken. Zum Glück lag die Decke über einem weiteren, wichtigeren Teil meines Körpers und verbarg diesen. „Latte, bitte“, murmelte ich höchst verlegen, verwirrt, überrascht, dehydriert und überfordert. Seinen Kopf leicht nach hinten gedreht, sah der Mann schweigend zu mir. Erst jetzt realisierte ich, was ich gesagt hatte, und es brachte mich einer Tomate nahe. „Latte Macciato, bitte!“, wiederholte ich hastig, wandte den Blick ab und blickte schnell umher. So ganz nackt fühlte ich mich nicht sonderlich wohl. An der Seite des Bettes entdeckte ich ein samtiges, rotes Kleid. Meins? Nun ja, Aizawa konnte es schlecht gehören! Und ich sah hier keine weitere Frau. Wie sich der Mann erhob und dem Bett das Gewicht seines Körpers nahm, entkam mir ein kurzes, überraschtes Geräusch. Die Federung der Matratze war gigantisch! Damit hatte ich nicht gerechnet. „Solltest du dich nicht daran gewöhnt haben?“, murmelte der Untergrundheld, der sich etwas zum Anziehen vom Boden aufhob. Warte, was? Was hieß hier bitte ‚gewöhnt‘ haben, Aizawa?! Mein Blick fiel zu dem noch nackten Mann und ich zog unsicher die Augenbrauen zusammen, doch sagte nichts. Keine passenden Wörter fielen mir ein. Dafür beobachtete ich, wie sich der Held und Lehrer anzog und aus dem Zimmer schlurfte - ja, schlurfte. Einen normalen Gang konnte man das nicht nennen. „The fuuuck.“, murmelte ich leise, als der Dunkelhaarige aus dem Schlafzimmer war. Ich hastete schnell zur Bettkante und suchte nach irgendwelcher Unterwäsche. Ein Kleid war schön und gut, aber so luftig mochte ich es nicht unbedingt! Das, was ich fand, zog ich an. Das Kleid saß wie eine zweite Haut und war dazu noch bequem, mein Glück. „Bitte, lass das alles nur ein Traum sein“, murmelte ich nervös und unruhig, vollkommen am Ende mit den Nerven. Abgesehen davon, dass ich von solchen Fanfictions nur gelesen hatte, in denen Charaktere mit dem Leser agierten, war dies eine hyperrealistische VR-Geschichte?! Hilfe! Lass mich hier raus! Angezogen tapste ich in Richtung der Schlafzimmertür, fuhr mir kurz durch die Haare und versuchte, so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Egal, was das war... was zum Teufel war geschehen?! Offensichtlich viel, das konnte ich mir auch zusammenreimen, aber was?! Vorsichtig schritt ich durch den dunklen Gang. Diese Wohnung war genauso farbenfroh wie Aizawa selbst! Dem Kaffeegeruch folgte ich in eine praktisch eingerichtete Küche, nicht allzu viel Schnickschnack. Am Türrahmen angekommen, drückte ich mich dagegen und spickte hinein, erblickte den Untergrundhelden in schwarzer, lässiger Hose gegen den Tisch gelehnt, die Augen noch geschlossen und auf den Kaffee wartend. Wir haben doch nicht, oder? Haha. Was sollten zwei nackte Personen sonst in einem Bett machen? Partie Mau-Mau spielen?! „Seit wann so schüchtern?“, meinte der Dunkelhaarige brummend und schien nicht bestens gelaunt zu sein. Gut, er war ein Morgenmuffel, schätzte ich. „Guten Morgen?“, murmelte ich unsicher, blieb an Ort und Stelle stehen und starrte wie eine Bekloppte vom Türrahmen zu ihm. „Sag mal, Aizawa“, fing ich mit zögerlicher Stimme an, zuckte aber zusammen, sowie der Angesprochene sich zu mir umdrehte und zu mir blickte. „Aizawa? Hatten wir das nicht schon? Du kannst mich Shota nennen, wenn wir alleine sind“, unterbrach Shota, kümmerte sich jedoch dann um die Getränke. „Shota“, murmelte ich verlegener, schluckte nochmal trocken und versuchte mein Glück erneut. „Was ist geschehen? Das letzte, was ich weiß, war, dass ich auf der Couch lag und nun... wache ich hier bei dir auf, neben dir“, sprach ich weiter, die letzten beide Worte beinahe flüsternd. Es war immer noch so surreal! „Hm. Die Shots am Schluss waren zu viel“, murmelte Aizawa, füllte in eine längliche Tasse den schwarzen Kaffee ein und bedeutete mir mit einer kurzen Kopfbewegung heranzutreten. Scheinbar hatte der Mann für uns Kaffee gemacht. Langsam betrat ich die Küche, nahm die Tasse an mich und hielt diese mit beiden Händen. Die Wärme tat gut, musste ich gestehen, weil mir ein wenig kühl war. „Shots am Schluss?“, wiederholte ich und sah zum Schaum auf dem Macchiato. „Mhm“, ertönte es von dem Untergrundhelden, der sich wieder gegen den Tisch lehnte und einen Schluck seines schwarzen Kaffees nahm. „Wir haben gestern dein Jubiläum gefeiert, Painter. Mit einigen Kollegen und Freunden... und Alkohol. Sehr viel davon. Immerhin verträgst du mehr, als ein Tanklaster“, erzählte mir Aizawa knapp, daraufhin verschluckte ich mich an dem heißen Getränk. Sofort musste ich husten, versuchte, den Kaffee aus der Lunge und irgendwie Luft zu bekommen. Das, was Aizawa erzählte, war ja nicht unwahr, aber es aus seinem Mund zu hören, war seltsam. „W-Was?!“, keuchte ich zwischen dem Husten fragend, doch er schien nur vergnügt zu grinsen. „Verträgst du etwa nicht mehr so viel Alkohol auf deine alten Tage?“, zog mich der Untergrundheld auf, entlockte mir ein kurzes Brummen und einen finsteren Blick meinerseits zu. „Charmant, Shota“, fluchte ich leise, nachdem ich fertig gehustet hatte. Doch der Mann nahm nur einen weiteren Schluck seines Kaffees und schenkte mir keine Antwort. Wie konnte ich mit diesem Mistkerl enden?! „Painter?“, wiederholte ich nach einigen Minuten des Schweigens, nippte an meinem Macchiato und blickte zu dem Dunkelhaarigen, der mich mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah. „Der Heldenshot hatte es wirklich in sich“, gab er von sich, sah für einen Moment überrascht aus, dann wieder belustigt. „Wenn du nicht weißt, wer du bist, geh googeln. Der Laptop steht im Wohnzimmer“, wies mich der Mann an, zeigte mit einer geschmeidigen Kopfbewegung in Richtung einer Tür nahe der Küche. „Haha. Sehr lustig!“, versuchte ich, die Situation herunterzuspielen, war jedoch innerlich froh, dass mir Aizawa seinen Laptop angeboten hatte. Ich müsste dringend googeln. The fuck. Mich hatte was etwas anderes ausgeknockt, definitiv! Oder ich war ins Koma gefallen und träumte nun vollkommenen Mist! Nachdem der Untergrundheld seinen Kaffee mit einigen großzügigen Schlucken geleert hatte, sah er zu der Anzeige am Backofen. 6:45 Uhr. Himmel! Um so eine Uhrzeit sollte man schlafen, nicht wach sein! „Mach mich fertig. Zieh einfach später die Tür hinter dir zu“, meinte Aizawa aus dem Nichts, ließ mich aufhorchen und wieder zu ihm blicken. Bitte was? Ich könnte hier furchtbare Dinge anstellen oder was war das hier?! Gefühlt kannte ich ihn 15 Minuten?! Und dann vertraute mir der Dunkelhaarige seine Wohnung an? „Sicher“, murmelte ich als Antwort und blickte Aizawa hinterher, welcher scheinbar im Bad verschwand. Sicher, er war Lehrer an der U. A. High School. Oh, wo war ich bloß hier hineingeraten? Nichts dagegen, mit solch einem Mann die Nacht zu verbringen, aber... bitte? Ich hatte keine Erinnerungen daran. Mit dem Kaffee in der Hand setzte auch ich mich in Bewegung, folgte der mangelhaften Beschreibung ins Wohnzimmer. Schlicht, praktisch und dunkel. „Ich male etwas pink“, murmelte ich in die Dunkelheit hinein, erblickte einen weißen Laptop und seufzte kurz. Er hatte es mir doch angeboten? Schweigend setzte ich mich auf die Couch, nahm den Laptop und legte diesen auf mein Schoß, fuhr ihn hoch und fand mich vor einem Startbildschirm wieder, welcher ein Passwort verlangte zum Entsperren. THE FUCK?! „Aiza- Shota? Was ist dein Passwort?“, rief ich lauter nach ihm und fuhr ein wenig zusammen, als der halbnackte, nasse Mann um die Ecke kam, nur mit einem Handtuch bekleidet, und zu mir blickte. Sofort wanderten meine Augen an ihm herunter. Sein Anblick trieb mir das Blut in die Wangen. „Hör auf, mich mit deinen Augen abzutasten“, riss mich Shota aus den Gedanken, ließ meinen Kopf sofort von dessen Körper wegschnellen und den Laptop in seine Richtung halten. „Passwort bitte“, murmelte ich verlegen. Sein kurzes, gehässiges Lachen war die Antwort. „Du willst echt googeln?“ Dann kam der Mann zu mir, tippte etwas auf der Tastatur und der Sound verriet, dass das Profil entsperrt wurde. „Danke“, flüsterte ich. Die Stimme fehlte mir für diesen Moment wieder. Was sollte ich sagen? Ja? Nein? „Geh dich fertig machen, anstatt mit deinen Sprüchen herumzuwerfen!“, wies ich ihn an, legte den Laptop zurück auf meine Beine und begann tatsächlich, nach dem Helden Painter zu suchen - googel sei Dank fand ich schnell unzählig viele Seiten! Die Profiheldin „Painter“ war eine Frau, die mit Farbe, welche mit ihrem Blut angereichert war, Zeichnungen für eine gewisse Zeit zum Leben erwecken konnte. Wow. Das stand im Internet!? Schurke sein, war wohl heute leicht, mit dem Datenreichtum über allerlei Helden. Versunken im Lesen jener Berichte, Beschreibungen und Erzählungen von Augenzeugen und geretteten Bürgern, bemerkte ich nicht, wie die Tür der Wohnung zugezogen wurde. Kapitel 2: Der erste Tag ------------------------ Als die Tür zugezogen wurde und ins Schloss fiel, hob ich meinen Kopf und blickte in Richtung der Tür zum Gang. Charmante Abschiedsworte, Shota! Immer noch verwirrt lehnte ich mich nach hinten auf der Couch, schloss für einen kurzen Moment meine Augen und versuchte irgendwie, die ganze Situation einzuordnen. Ich war hier, fein. Ich hatte in dem Bett eines Untergrundhelden gelegen, und das komplett nackt - er auch. Hatten wir etwa Sex? Na ja, gab es den eine anderen, logische Erklärung?! Man lag immerhin nicht nackt neben seiner Schwester?! „Oh Gott“, murmelte ich verlegen und versuchte, den Gedanken aus dem Kopf zu bekommen mit Aizawa geschlafen zu haben. Mein ganzes Gesicht war warm durch das Blut darin und meine Wangen waren gerötet. Leicht quietschte ich in die Hände hinein, welche ich aufs Gesicht gelegt hatte. Das war doch alles ein schlechter Traum oder?! Im nächsten Moment blitze ein Gedanke durch meinen Kopf, ein furchtbar dummer Gedanke! Wenn Aizawa nicht hier war, könnte ich mich doch ein wenig umsehen? Eine Ausrede hatte ich ja schnell. Ich würde einfach sagen, ich hätte nach Handtüchern gesucht und immerhin wollte ich mich auch kurz frisch machen, bevor ich... ja gut, wohin sollte ich gehen? Nach Hause vermutlich, doch wo war mein Zuhause?! In den ganzen Foren stand nichts über meinen Wohnort - Gott sei Dank, musste ich gestehen! Langsam richtete ich mich auf, blickte auf den Laptop und seufzte kurz. Es gab so viele Möglichkeiten, etwas an diesem Laptop zu finden, etwas über den Mann zu erfahren, aber ich war artig. Ohne groß auf die Suche zu gehen, klappte ich den Laptop zu, stellte ihn auf den Tisch und richtete mich dann vollends auf. Gut, ich war hier in seiner Wohnung. Wenn ich hier versackt war, hatte ich doch irgendwas mitbringen müssen außer ein rotes Kleid? Eine Tasche, mein Handy? Irgendetwas?! Mein Weg führte mich zurück ins Schlafzimmer. Ich suchte mit dem Blick nach einer Tasche oder einem Turnbeutel und fand eine kleine, schwarze Handtasche, welche auf dem Boden am Ende des Bettes lag. Na, das war wohl eine heiße Nacht gewesen! Schweigend beugte ich mich herab, nahm die Tasche hoch, öffnete diese und wühlte darin herum. Ein paar Tuben Farbe, Pinsel, ein Skizzenblock, meine Heldenlizenz - welch ein Glück! Lippenstift, eine kleine Parfümflasche, Handy, einige Schlüssel, OBs und das war‘s. Na ja, scheinbar hatte ich alles dabei. Vielleicht würde ich später ein wenig mit meinem Quirk herumspielen, doch im ersten Moment wollte ich hauptsächlich duschen und wissen, wo ich wohnte. In welcher Reihenfolge war mir das egal! Die Handtasche legte ich zurück auf das Bett, nahm mein Handy und musterte dieses kurz. Recht modern, aber das war mir bei Handys wichtig! Und ein Sensor am Rücken des Handys, vermutlich zum Fingerdruckanalysieren. Schweigend drückte ich meinen Finger darauf, doch nichts tat sich, außer eine kurze Vibration und der Benachrichtigung, dass das der falsche Finger sei und deswegen das Handy nicht entsperrt werden konnte. „Okay. Gut. Soll ich etwa meinen Zeh nehmen?“, murmelte ich fragend, versuchte jedoch dann meine restlichen Finger an der rechten Hand aus. Der kleine Finger entsperrte das Handy. Ich atmete erleichtert auf. Was für ein Glück! Zumindest konnte ich jetzt einen kurzen Einblick erhalten, was hier abging, erhoffte ich mir und wühlte mich durch zahlreiche Chatverläufe auf WhatsApp, Messenger, E-Mails, aber nichts schien mir wirklich schlüssig zu sein. Unzählige Namen in meiner Kontaktliste, die mir im ersten Moment nichts sagten, bis auf eine einzige Nummer, die ich häufiger angerufen oder gar kontaktiert hatte: Shota Aizawa. Mit einem kurzen Seufzen aktivierte ich die Bildschirmsperre, warf mein Handy zurück aufs Bett und sah mich dann im Schlafzimmer um. Schlicht, praktisch und nicht sonderlich viel Schnickschnack. Irgendwie passte dieser Stil immer mehr zu den Untergrundhelden. Einige Bücher konnte ich auch entdecken, richtige Wälzer! Aber die Titel sagten mir nichts, als ich eins der Bücher in die Hand nahm und wahllos darin blätterte. „So viel Interesse an Büchern hätte ich dir gar nicht zugetraut“, murmelte ich leise vor mich her, wissend dass niemand hier war, um es zu hören. Artig stellte ich das Buch zurück, sah mich weiter um und entdeckte die Nachttischchen neben dem Bett.... Uhhhh, das war eine Versuchung wert! Vor dem Tischchen kniete ich nieder, öffnete die obersten der beiden Schubladen und blickte hinein. Augentropfen und Ladekabel, Handyzeugs halt. Nichts Besonderes. Die nächste Schublade war interessanter! Als diese geöffnet wurde, konnte ich das Kichern nicht verbergen. Gleitgel und Kondome. Nun, er war eben ein Mann und Verhütung war wichtig, wenn man nicht sonderlich viel Bock auf Kinder hatte! Aber wenn wir schon bei diesem Thema waren... Mein Blick wanderte durch den Raum, suchte den Boden nach einer eventuellen aufgerissenen Packung ab oder gar dem Kondom. Wer wusste schon, wohin der Dunkelhaarige es werfen würde. Aber nichts. Nichts. Gott verdammt nochmal nichts! Mir lief es eiskalt den Rücken entlang, mein Hirn malte sich das einzige Szenario aus, welches möglich wäre: War er etwa in mir...? Sofort schüttelte ich heftig den Kopf, versuchte, den Gedanken zu vertreiben, redete mir ein, dass doch gar nichts gelaufen war! Vielleicht bisschen fummeln oder blasen, wer wusste das schon! Oh Gott, vielleicht sollte ich mir einen Schwangerschaftstest besorgen?! Schweigend richtete ich mich auf, schob die Schublade mit meinem Fuß zu und erschauderte sichtlich. Okay, genug durchsucht! Wenn ich noch auf andere Dinge stieße, die mich vielleicht verstören würden, käme ich hier nicht mehr her! Aizawa konnte ich auch nicht mehr fragen, er war auf den Weg zur Yuei. Anrufen? Ne Nachricht schreiben? Klar, mit welchen Inhalt?! >Hey, kurze Frage: Hatten wir Sex und hast du verhütet?!<, war sicherlich eine prickelnde Nachricht am Morgen - nicht! So musste ich mich der Tatsache stellen, dass ich auf diese Frage wohl nur eine Antwort bekommen würde, wenn wir uns das nächste Mal sahen, eventuell! Wer wusste, ob das nicht einfach so ne schnelle Nummer gewesen war, um Körper und Sinnen ein wenig Erleichterung zu verschaffen? Yay. Ich war die Nutte vom Dienst! Letztendlich seufzte ich, fuhr mir durch die Haare und beschloss, wirklich einfach nur duschen gehen zu wollen. Schweigend betrat ich das Bad, welches ein wenig kleiner ausfiel, aber das Nötigste aufwies. Zumindest eine Dusche, auch wenn eine Badewanne toller gewesen wäre, aber ich würde Handtücher brauchen, zumindest eins. So musste ich mich in seinem Bad umsehen. Ich öffnete den Spiegel, welcher über den Waschbecken hing. Was hatte ich eigentlich erwartet?! Hier war sicherlich kein Handtuch drin, aber einen kurzen Blick gönnte ich mir. Danach schloss ich den Schrank wieder, sah zu einer kleinen Kommode unter dem Waschbecken und wurde fündig. Fein zusammengelegt lagen dort einige Handtücher. Ich nahm mir eines und legte es ins Waschbecken. Ob das wohl in Ordnung war? Na ja, er ließ mich auch alleine in seiner Wohnung, also ging ich davon aus. Das Kleid zog ich aus, legte es ebenfalls fein säuberlich aufs Waschbecken und trat unter die Dusche. Die Dusche war erfrischend, das Wasser prasselte auf meinen Körper herunter und ließ für einen kurzen Moment alle Sorgen verschwinden und mich klar denken. Irgendwie müsste ich eine Lösung für das Ganze finden. Irgendetwas, irgendeine Spur, wieso ich hier war. Vielleicht würde ich bald eine Lösung finden? Ein geheimes Tagebuch bei mir Zuhause? Hoffentlich. Die ganze Situation machte mich unruhig. Unter der Dusche wusch ich mich, machte mich frisch und zog mich wieder an. Mein Weg führte mich letztendlich ins Schlafzimmer. Dort nahm ich meine Tasche und Handy, lief zurück in den Flur und zog die hohen Schuhe an. Ich hatte mich wirklich aufgebrezelt! Kurz tippte ich auf meinem Handy herum, suchte zuerst im Adressbuch meine eigene Adresse, doch diese hatte ich dort nicht eingespeichert. Nun ja. Ein bisschen dumm schien ich hier auch zu sein! Hatte ich sie vielleicht im Navi eingespeichert? In unbekannten Städten oder Ortschaften nutzte ich ständig das Navi, also war die Idee nicht sehr abwegig und tatsächlich: Eine Adresse war unter „Zuhause“ gespeichert. Gott sei Dank, ich war nicht dumm! Juhu! Ich tippte darauf, das Navi wies mir den Weg. Erstmal mit der Straßenbahn, das war kein Problem für mich! In die Bahn eingestiegen, bemerkte ich eine Sache ganz schnell: Mich starrten einige Bahnfahrer an, tuschelten ungläubig. Erst als sich ein jüngeres Mädchen zu mir gesellte, mich mit großen Augen ansah und nach einem Autogramm fragte, verstand ich das Starren der Leute. Ich war eine Profiheldin und natürlich hatte ich einen gewissen Ruf! „Aber natürlich!“, lächelte ich zu dem kleinen Mädchen, beugte mich herunter und unterschrieb letztendlich ihren Rucksack. Glücklich zufrieden quietschte das Mädchen und lief zu ihrer Mama zurück. Süß. Sehr süß. An der nächsten Station meldete sich mein Navi. Aussteigen und 300 Meter geradeaus. Gesagt, getan. Als ich ausgestiegen war und den Anweisungen folgte, fiel mir ein kleiner Laden an der Seite auf. Eine Drogerie. Vielleicht sollte ich den Plan in die Tat umsetzen und mir einen Schwangerschaftstest kaufen? Mit einem rötlichen Kopf betrat ich den Laden, schlenderte durch die Gänge und versuchte, unauffällig einige Kleinigkeiten zu kaufen. Ein wenig gekühltes Wasser, ein paar Snacks und Rotwein. Eine Maxiflasche von zwei Liter! Sicher war sicher. Und Schokolade, falls doch. Oh Gott, mein Kopf drehte sich! Plan A und B hatte ich nun in der Hand. An der Kasse angekommen, erkannten mich auch die Leute, vor allem der Kassierer, denn er grinste mir blöd entgegen, als er den Schwangerschaftstest über die Kasse zog. „Na, wer ist der Glückliche?“, fragte der Kassierer. Meine Wangen wurden noch röter als zuvor. Schnell steckte ich die Einkäufe in meine Tasche, packte den Rotwein und verließ den Laden ohne ein einziges weiteres Wort zu verlieren. Peinlich berührt lief ich schnell den Weg entlang, wollte nur noch nach Hause und mich verkriechen! Am Zielort angekommen drückte ich den Schlüssel, welchen ich in der Tasche dabei gehabt hatte, und betrat die chaotische Wohnung. Noch in der Tür blieb ich stehen, seufzte laut und legte den Kopf in den Nacken. Nicht einmal hier konnte ich ordentlich Ordnung halten?! Den Wein stellte ich auf einer Kommode ab, schlüpfte aus den hohen Schuhen und dem roten Kleid. Ein wenig müsste ich mich orientieren, blickte in jedes Zimmer hinein und entdeckte auf meinem Bett Klamotten, die unfassbar bequem aussahen. Sofort zog ich diese an, seufzte angenehm auf und fühlte mich direkt wohler! Nichts dagegen, bei einem Untergrundhelden aufzuwachen, aber mit dem roten Kleid durch die Stadt tapsen und einen Schwangerschaftstest zu kaufen, war so eine Geschichte für sich. Apropos Schwangerschaftstest. Mit rotem Kopf lief ich zu meiner Tasche, zog den Test heraus und begann, auf der Rückseite die Gebrauchsanweisung zu lesen. Den Stab in einen Behälter Urin stecken und 3 Minuten warten, Ergebnis ist eindeutig. Fein. Dann sollten wir das tun. Kurz verschwand ich im Badezimmer, welches ich zuvor gesucht hatte, und befolgte die Anweisungen. Während der drei Minuten begann ich, meine Wohnung genauer anzuschauen. Ich schien meinem Heldennamen alle Ehre zu machen! Vielleicht sollte ich erst einmal ein wenig Ordnung in das Chaos bringen? So fing ich an, den Großteil aufzuräumen, zumindest die leeren Tuben fortzuschmeißen, die Spritzen sicher zu verwahren und ein wenig Platz zu machen. Nicht allzu gut, aber für den Anfang ausreichend! Und gleichzeitig vergingen die drei Minuten der Ungewissheit. Gerade als ich danach sehen wollte, riss mich eine laute Melodie aus der Anspannung, ließ mich regelrecht kurz aufhüpfen und dann schnellte mein Kopf in Richtung Handy, welches klingelte. Wer rief mich jetzt an? Ein wenig unsicher ging ich ans Telefon. Auf dem Display stand nur „Büro“. Büro?! „Ja?“, meldete ich mich zögerlich am Telefon, doch wurde ich im nächsten Moment zugequasselt. „Guten Morgen, meine Liebe~! Auch schon wach und auf den Beinen?! Ich hätte schwören können, dass du den heutigen Tag nur im Bett verbringst! Du bist die Einzige, welche so viel verschiedenen Alkohol verträgt!“, quasselte es aus dem Handy, welches ich mir vom Ohr hielt. Abgesehen davon, dass ich die Person am anderen Ende nicht kannte, ging mir das Gespräch jetzt schon auf den Nerv. „Jaja. Was möchtest du? Eigentlich habe ich keine Zei-“, doch weiter kam ich nicht. „Also hör zu: Das Büro bräuchte dich. Wir haben einen hartnäckigen Fall, der unbedingt ein paar Fragen beantwortet haben möchte und sich nicht mehr vertrösten lässt. Schaffst du es heute? Sonst vertröste ich ihn irgendwie auf morgen!“, fuhr der scheinbare Kollege fort, fiel mit der Tür ins Haus und sorgte für ein resigniertes Seufzen auf meiner Seite. „Büro? Klient?“, fragte ich vorsichtig, denn ich wusste wirklich nicht, über was er sprach. Für einen kurzen Moment war Stille, dann lachte er laut ins Telefon hinein. „Hahaha! Du bist lustig! Bist du jetzt gerade aufgestanden? Nun gut. Hier in der Agency hast du einige Klienten! Einer davon ist ziemlich hartnäckig, er gibt wirklich keine Ruhe! Ich weiß, zwecks deines Jubiläums hast du heute frei, aber vielleicht drückst du es dazwischen?“, fragte der Anrufer, doch ich seufzte. „Eher schlecht“, wimmelte ich ihn ab, den Blick auf den Schwangerschaftstest gerichtet, aber nicht das Ergebnis sehend. „Aber“, doch ich legte auf. Vielleicht war es der kurze Moment der Überforderung gewesen, aber ich hatte hier so viele eigene Probleme, musste erstmal herausfinden, wo ich war und wie ich hierher gekommen war, als dass ich mich jetzt um Klienten kümmern könnte. Kapitel 3: Daheim in der Fremde ------------------------------- Unruhig blickte ich zu dem Schwangerschaftstest, der nach unendlichen drei Minuten endlich ein Ergebnis anzeigte: negativ. Gott sei Dank! Noch nie hatte ich solch eine Angst um mich, meine Figur, meine Nerven und die Kosten für so ein Balg gehabt! Obwohl ich gestehen musste, dass der Gedanke nicht nur auf Ablehnung stieß. Zwischen einem fremden Körper und meinem eigenen Geist herrschte ein stetiger Kampf, welcher anstrengender war, als ich gerne zugab. Ich setzte mich auf die Couch, atmete tief durch und überlegte, den Wein zu köpfen, aber die Stimmung war zwiegespalten in mir. Also ließ ich es vorerst, zumal ich nicht wusste, ob irgendjemand vom Büro auftauchen und mich doch auf die Arbeit zerren würde, weil Klient X sich nicht abwimmeln ließ. Lustig wäre es sicherlich, mit einem guten Schuss im Blut jemandem die Fragen zu beantworten, aber das darauffolgende Gespräch mit Nighteye eher nicht so, auch wenn ich bei dem Gedankengang schmunzelte. Den kurzen Moment der Ruhe gönnte ich mir, dann richtete ich mich auf und blickte mich um. Trotz dem, dass ich ein wenig Ordnung geschaffen hatte, sah es furchtbar chaotisch aus. Nicht einmal hier schaffte ich es, die Wohnung besuchssauber zu halten!? Ein kurzes Seufzen wanderte über meine Lippen, ehe ich versuchte, mehr von dem Chaos zu beseitigen. Zuerst räumte ich den Boden ein wenig auf, damit ich freier laufen konnte. Dabei fiel mir mein Laptop in die Hände, welcher im Schuhschrank eingeräumt war. What the fuck?! Ja gut, ich hatte immer seltsame Orte für meine Sachen gehabt. Ich klappte den Bildschirm auf, seufzte kurz und stand vor einem passwortgeschützten Profil. „Dein Ernst?“, brummte ich in Richtung des Elektrogerätes, schloss es ein wenig beleidigt wieder und legte es auf den Schuhschrank. Mein Glück mit den Computern war heute beschränkt! Brummend über den Misserfolg mit elektrischen Geräten kümmerte ich mich um die Ordnung innerhalb meiner Wohnung. Am Fenster angekommen, welches dringend eine Reinigung nötig hatte, fiel mein Blick auf eine verwelkte Pflanze und daneben einige Akten. Mein Glück mit Grünzeug war noch nie groß gewesen - noch nie! Nicht einmal Kakteen überlebten. Entweder sie starben an Durst oder ertranken. Und dann war ich hier eine Heldin? Kurz musterte ich das tote Grün, dann erblickte ich die Karte. „Danke für deine Hilfe - Toshinori.“ Bitte was? Ein schwaches Prusten entkam mir und ich fuhr mit dem Finger über die eingegangene Pflanze. „Hallo Toshinori. Ich bin Zuhause!“, murmelte ich in Richtung des toten Pflänzchens und nahm die Akten in die Hände. Meinen Namen fand ich schnell. Rose Kingston. Nun ja, zumindest hieß ich Rose! Der Inhalt war jedoch interessanter! Eilig blätterte ich durch die Blätter und suchte nach nützlichen Informationen. Ja ja, ich war gesund, groß, gut in Form und für meine Größe genügend dick. Nett! Das hörten Frauen gerne! Ledig, nicht verheiratet. Welcher arme Idiot würde sich auch ein Leben lang an mich binden wollen?! Jetzt galt es nur noch herauszufinden, ob ich überhaupt single war. Bei der Szene heute Morgen hatte ich gewisse Zweifel, aber eine Nutte war ich nicht, oder? Profiheldin und bei Nacht Nutte? Das würde sich beißen! Nach einigen Minuten der Selbstzweifel darüber, was ich nun war, blätterte ich weiter und letztendlich zum vorletzten Blatt. Mein Quirk und welche Nebenwirkung mir bei einer Übernutzung drohten. Gott, endlich! Wie ein ausgehungerter Wolf verschlang ich die Wörter, die Sätze und informierte mich über mein Talent. Für die direkte Anwendung des Quirks „Painting“ musste Blut in die feuchte Farbe gemischt werden und solange diese feucht war, wird die erstellte Zeichnungen zum Leben erweckt und kann von der Anwenderin kontrolliert werden. Die Nutzung endet mit dem Trockenprozess der vermengten Farbe. Bei Übernutzung drohen blutige Finger und Ausfallen der Fingernägel unter großen Schmerzen. Na toll, das klang nicht nur widerlich, sondern auch verdammt schmerzhaft! Ein kurzer Schauer durchfuhr mich, ließ mich schütteln, dann fuhr ich mit dem restlichen Text fort. Ansonsten stand nichts Interessantes mehr darinnen, weswegen ich die Akte wieder neben die verwelkte Pflanze legte, welche ich Toshinori getauft hatte, und kümmerte mich dann um die eigentliche Aufgabe: Meine Wohnung säubern und sie besuchsfähig machen. Wer wusste schon, wann jemand kommen würde? Langsam kämpfte ich mich in Richtung Wohnzimmer durch, zur Couch und dem kleinen Tischchen davor. Dort lag, zu meiner Überraschung, eine Zigarettenpackung. Hilfe?! Eigentlich war ich froh gewesen, dass ich Nichtraucher war, und würde mit dieser geldfressenden Droge nicht anfangen. Da fraß Alkohol mir schon ein Loch ins Portemonnaie! Brummend nahm ich die Schachtel in die Hand, schüttelte diese kurz und horchte auf das Geräusch. Es klang nach wenigen oder gar einen? Auf jeden Fall war es keine volle Schachtel und ich sah hier auch keinen Aschenbecher, weswegen ich ein wenig beruhigt ausatmete. Vielleicht rauchte ich gar nicht? Aber woher kam dann die Schachtel? Mein erster Gedanke war, die Kippenschachtel fortzuschmeißen, doch dann stoppte ich in der Bewegung. Scheinbar war meine Überlegung von zuvor verschwunden, vom Winde verweht. Ohne ein Wort zu verlieren, legte ich die Schachtel auf die Couch, welche ich ein wenig aufgeräumt hatte, und widmete mich letztendlich dem Tischchen. Fix war dieser ansehnlich geputzt, das kleine feine Glastischchen. Man sah dort sofort jeden Fingerabdruck, aber er sah so verdammt gut aus! Mein Blick richtete sich in Richtung einer kleinen Wohnzimmerwand. Schick, schlicht und modern gehalten mit einem Fernseher darauf, einer Konsole mit dazugehörigen Spielen und „Katzenleckerlis?“, fragte ich verwirrt, trat an die Wohnwand heran und nahm die angebrochene Tüte Leckerlis in die Hand. Was sollte und wollte ich damit?! Damit rütteln, bis Aizawa ans Fenster gesprungen kam und vorbeischaute? Ungewollt entkam mir ein lautes Lachen. Sofort räusperte ich mich und verbarg das dumme Kopfkino. Vielleicht sollte ich ihm das mal tippen? Wäre sicherlich nur eine genervte Antwort von seiner Seite wert, aber... Ich schnappte mir mein Handy, welches auf der Kommode im Flur lag, sodass ich dorthin sprinten musste, öffnete den Nachrichtenverlauf zu den Kontakten und unter Aizawa S. fand ich auch den richtigen! >Wenn ich meine Katzenleckerlis schüttel, kommst dann du oder Wolke?<, schickte ich eine Nachricht an Aizawa und legte erst dann meinen Kopf leicht schief. Wolke? Seine Katze? Dass der Untergrund eine Schwäche für Katzen hatte, war wohl weltbekannt, aber hatte er denn eine? Heute Morgen hatte ich keine Anzeichen dafür gefunden, dass eine Katze da war. Weder Klo, noch Napf oder Tierhaare! Woher wusste ich dann etwas von einer Wolke? Sein Kind?! The fuck, wer fütterte denn sein Kind mit Katzenleckerlis?! Waren es irgendwelche komischen Fetische?! Langsam lief es mir wieder kalt den Rücken herunter. Das Kopfkino war unfassbar grausam zu mir! Erst das Klingeln an meiner Tür riss mich aus absurden Fantasien von Aizawa in sexy Katzendress und mit diesen Leckerlis gefüttert. Mein Kopf wanderte in Richtung Tür und ich zog die Augenbrauen zusammen. Vielleicht der Kollege, den ich vorhin unsanft am Telefon abgewürgt hatte?! Für einen Moment blieb ich stehen, zögerte, die Tür überhaupt aufzumachen, und war versucht, so zu tun, als wäre ich nicht hier, aber wäre das nicht unverschämt? Mit einem kurzen Seufzen ging ich zur Tür, öffnete diese und blickte zu einem recht großen Mann mit orangenen Haaren. Er trat einfach ein und tätschelte mir kurz den Kopf. „Wusste ich doch, dass du hier bist“, summte mir der fremde Mann zu und trat über das Chaos in Richtung des Wohnzimmers. „Hast wirklich auf dich warten lassen, weißt du das?“, fuhr der Mann fort. Er sah aus wie ein Kleinkrimineller, jemand der illegal Alkohol an Minderjährige verkaufte oder Gras, keine schwerwiegenden Verbrechen. Hilfe?! „Komm... rein?“, fragte ich unsicher, trat langsam an die Tür zum Wohnzimmer und blickte misstrauisch zu ihm. Meine Beziehung zu Männern war seit jeher sehr angespannt und dann trat jemand ungebeten ein? „Wie liefs?“, wollte der Mann wissen, dessen Namen ich nicht einmal kannte. „Wie wie liefs?“, wiederholte ich fragend und zog nur eine Augenbraue nach oben, ein deutliches Signal, dass ich genervt war. „Na, dein Abend, du Idiot“, beantwortete mir der Fremde die Frage, nahm die Kippenschachtel und steckte sich die letzte Kippe in den Mund. „Oh nein, Freundchen, du rauchst draußen!“, fuhr ich ihn sofort an, packte seinen Arm und zerrte ihn auf die Beine und in Richtung des Ausgangs der Wohnung. „Hey hey hey. Mach mal langsam, Ro-“ „Nix mach mal langsam! Weißt du, wie höllisch das stinkt?! Raus mit dir, dann reden wir da weiter!“, schimpfte ich weiter und fuhr dem Fremden damit übers Maul und letztendlich lief er freiwillig mit mir herunter vor die Tür. Dort erst zündete er sich diesen Qualmstängel an. Rauch stank so widerlich! Leicht drehte ich meinen Kopf davon weg, um nicht unbedingt im Qualm zu stehen. „Also?“, entkam es dem Fremden. Sein Blick war auf mich gerichtet. „Natürlich erzähle ich jedem Unbekannten mein Privatleben“, murrte ich als Antwort. Sein Lachen war die Reaktion darauf. „Unbekannt? Sicher nicht!“, grinste der Mann in meine Richtung und schlug mir leicht gegen die Schulter, ganz so wie es gute Kumpels taten. Wurde ich gerade gefriendzoned?! „Mhm und dein Name war?“, fragte ich und legte meinen Kopf schief, doch er lachte erneut. Er nahm mich nicht für voll. „Ach du und deine dumme Scherze!“, grinste der Kerl blöd vor sich hin und schien mir die Frage nicht beantworten zu wollen. Dreck! „Ich kann mich an nicht mehr sehr viel erinnern“, murmelte ich ehrlich. Mein scheinbarer Kumpel lachte laut auf. „Du und dich an nicht mehr viel erinnern?! So hart getrunken?!“, neckte mich der immer noch fremde Mann spielerisch. Ich murrte nur leicht. „Ja“, murmelte ich kleinlaut, kratzte mich kurz am Hinterkopf und seufzte. Ein kurzes Klingeln weckte meine Aufmerksamkeit. Sein Handy schien eine Nachricht empfangen zu haben, denn er blickte darauf. An seinen Augenbewegungen konnte man erkennen, dass er etwas las. „Yo, ich muss dann. Halt die Ohren steif und deinen Schlüpfer sauber!“, verabschiedete sich der Mann, tätschelte mir den Kopf und ging dann seines Weges. Hatte der Penner mich getätschelt wie einen Hund? Murrend ging ich zurück in meine Wohnung. Den restlichen Nachmittag kümmerte ich mich intensiv um meine Wohnung, beseitige das ganze Chaos und goss sogar die tote Pflanze namens Toshinori. Vielleicht würde es ihr doch helfen? Ein schelmisches Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen. Der Name war so passend! Erschöpft setzte ich mich auf die Couch, atmete hörbar aus, lehnte mich zurück und lag mehr oder minder wie ein nasses Handtuch darauf. Dann nahm ich mein Handy in die Hand. Wahllos tippte ich darauf herum, durchforschte einige Helden- und Schurkenseiten, ein paar Foren rund um Helden und Schurken und diverse sinnlose Webseiten. Dann kam mir ein fixer Gedanke, als mein Blick zu der Pflanze wanderte. Würde er? Nachdenklich suchte ich nach dem Adressbuch und dem Kontakt Yagi T. und fand dieses letztendlich. „Holy“, murmelte ich überfordert. Natürlich war ich ein großer Fan von ihm, so wie Deku und Bakugou, aber ich war erwachsen und er eigentlich ein fiktiver Charakter! Ein wenig nervös tippte ich auf das Symbol, um ihn anzurufen, legte das Handy ans Ohr und wartete ab. „Oh Rose, wie schön das du anrufst!“, wurde ich freundlich vom Nummer Eins-Helden Toshinori Yagi begrüßt. Kurz fehlten mir die Worte, dann zwang ich mich zu einem hörbaren leisen Lachen. „Hallo. Ich habe eine freie Minute, da dachte ich, dass ich dich anrufe und horche, was der Nummer Eins-Held so macht“, witzelte ich unsicher. Sein leicht nervöses Lachen lockerte die Stimmung nur bedingt. „A-Ach was! Erwähn das nicht immer. Ich bin immerhin nur ein normaler Mann! Und nun... die Arbeit an der Yuei nimmt nicht ab und ich kontrolliere einige Abgaben von den Schülern“, erzählte mir der Held. Ich lauschte. Irgendwie war es ein beruhigend zuzuhören, wie normal das Symbol des Friedens war. Dabei hatte der Mann ein durchaus aktives Leben als All Might, wenn da nicht... „Rose?“, riss mich der Mann aus den Gedanken, dem ich nicht geantwortet hatte. „Verzeih! Der Abend war gestern lang“, entschuldigte ich mich. Ein kurzes Lachen war zu hören. „Ja. Wir sollten sowas nicht mehr tun. Es war wirklich ein langer Abend, auch wenn eindeutig zu viel Alkohol gekauft wurde“, erwähnte der Held am Telefon. „Oh ja! Aber es war immerhin auch ein Grund zum feiern, oder? Immerhin feiert man nicht jeden Tag sein Jubiläum!“, lachte ich leise amüsiert und der Mann am anderen Ende seufzte theatralisch. „Du hast dich wirklich sehr damit beschäftigt, Rose. Als Profiheldin solltest du ein wenig mehr Beherrschung haben“, tadelte Toshinori. Ein schuldiges „Ich weiß“, war meine Antwort darauf. „Morgen in deiner Mittagspause - die dürfte wohl gegen 12 Uhr sein? - hättest du da Lust auf einen Kaffee?“, fragte der Held. Es überrumpelte mich völlig und alle Worte waren im nächsten Moment verschwunden. Sollte ich ja sagen? Nein? Vielleicht?! „Natürlich gerne!“, entkam es mir überraschend laut und euphorisch, was wohl auch Toshinori ein wenig überraschte. Das konnte man deutlich an dem kurzen Geräusch erkennen, das ich durch die Leitung hörte. Es folgte ein freundliches Lachen. „Gut. Dann treffen wir uns Morgen um 12 Uhr! Ich freue mich. Bis morgen“, verabschiedete sich der Blonde. „Ja, bis Morgen“, verabschiedete ich mich ebenfalls, das Telefonat endete und ich seufzte theatralisch, bevor ich mich auf die Couch legte, noch ein wenig auf dem Handy herumtippte und letztendlich den Abend auf der Couch verbrachte anstatt im Bett. Kapitel 4: Die Nighteye Agency ------------------------------ Der Wecker riss mich unsanft aus dem Schlaf, den ich auf der Couch gefunden hatte. Mürrisch nahm ich mein Handy in die Hand, drückte auf Wiederholung und döste einige Momente weiter, bevor das erneute Schellen mir deutlich machte, dass die Nacht vorbei war. „Nur noch fünf Minuten“, murmelte ich leise und übermüdet, doch es half nichts. Der Wecker schellte nochmals und animierte - besser gesagt quälte - mich aus Federn. Verschlafen kratzte ich mir über den Kopf. Zugegeben: In Aizawas Bett war es gemütlicher und wärmer gewesen. „Guten Morgen Toshi“, murmelte ich in Richtung der eingegangenen Pflanze, nahm die kleine Gießkanne und gab ihr erneut etwas Wasser. Vielleicht half es wirklich etwas? Es würde mich freuen, wenn das tote Grün ins Leben zurückfände. Doch nicht nur die Pflanze benötigte Flüssigkeit, sondern auch ich - in zweierlei Hinsicht. Langsam trottete ich in die Küche, nahm einen Schluck Wasser und lief dann in Richtung des Badezimmers. Duschen! Herrlich! Das warme Wasser war einfach angenehm und massierte meine verspannten Muskeln. Blöde Idee, auf der Couch zu schlafen! Wieder bimmelte mein Handy. Der nächste Alarm. „Ja ja“, murmelte ich unter der Dusche, schaltete das Wasser ab, trat heraus und stellte den Wecker erneut ab. 6:40 Uhr. Ich könnte kotzen! Leicht murrend zog ich mich an. Schlichtes schwarzes Shirt mit Ausschnitt, eine schwarze enge Hose und etwas höhere, weiße Schühchen. Danach suchte ich meine Sachen zusammen, föhnte mir die Haare und richtete mich vollends. Ein wenig Schminke, hier und dort ein bisschen Parfüm, Tasche gepackt und dann war ich bereit, um das Haus zu verlassen. Die Nighteye Agency. Eigentlich war das gewiss nicht mein Traumjob, aber irgendjemand musste ja die Wohnung bezahlen, in der ich lebte und auch für meine Unterhaltskosten aufkommen. Ohne Ring am Finger war es unwahrscheinlich, dass es jemand anderes tat. So musste ich ins Büro, widerwillig, unmotiviert, müde und lustlos. Perfekte Voraussetzung für den Job. Demotiviert saß ich in der S-Bahn in Richtung Nighteye Agency. Dabei fühlte ich mich wieder beobachtet. Das Los des Heldendaseins. Einige jüngere Kinder sahen über die Sitze starr in meine Richtung, auch wenn ich versuchte, es zu ignorieren, was weniger funktionierte. Übermüdet brummte ich leicht und blickte aus den Augenwinkeln zu ihnen. Erst eine kurze Vibration weckte meine Aufmerksamkeit. Eine Textnachricht von Aizawa? Oh stimmt, ich hatte ihm gestern noch eine blöde SMS geschickt und wo ich diese gerade las, konnte mir die ungewollte Doppeldeutigkeit nicht entgehen! Es ging doch hier um eine Katze? Oder? Was sollte ich darauf antworten? Das klang zwar nach einer Einladung zum Katzenschmusen ABER auch für Sex. Hilfe! Die Agency und auch der Weg ins Büro waren mir seltsam vertraut. Sonst hatte ich eine Orientierung eines toten Eichhörnchens. Sasaki erwartete uns schon und mit „uns“ meinte ich auch den Rest meiner Kollegen, die mir vollkommen fremd waren. Langsam trudelten immer mehr verkaterte Männer und Frauen ein und die Stimmung unseres Vorgesetzten wurde immer schlechter. Sicher, dass wir jetzt nicht draufgingen? „Alle anwesend?“, entkam es Sasaki mit kühler Stimme. Sein Blick musterte den traurigen Anblick der verkaterten Helden. Gerade als Sir Nighteye anfing zu sprechen, öffnete sich die Tür und ein seltsamer Mann trat ein. Seinen Körper zierten einige Schweife und sichtbare Fuchsohren auf dem Kopf. „Guten Morgen“, gähnte der fremde Mann in die Runde, stellte sich neben mich und klopfte mir herzlich gegen die Schulter. „Die Heldenshots waren verdammt heftig. Dumme Idee von dir!“, meinte der Fremde lässig und ließ leicht seine Ohren hängen. Mit ihm zusammen war auch eine Frau ins Büro gekommen. Sie sah genauso erledigt aus er. „Wir sind total fertig“, murmelte die Frau übermüdet. Der Mann nickte bestätigend. „Nodami-san, der Chef“, flüsterte einer der verkaterten Kollegen neben uns, dann schien auch der Fremde namens Nodami nach vorne zu blicken und Sasaki zu bemerken. Noch einige Minuten mehr des sinnlosen Gequatsches und vermutlich wäre eine Ader bei dem Mann geplatzt! „Die gestrige Feier war ein Desaster!“, schimpfte uns der Mann, ließ einige zusammenzucken und schuldig den Kopf zwischen die Schultern ziehen. Auch wenn ich mich nicht mehr an die Feier erinnern konnte, zog auch ich leicht den Kopf ein. Immerhin war es mein Jubiläum gewesen und jeder, wirklich jeder, der mich näher kannte, wusste, dass ich Alkohol liebte! „Das Verhalten einiger Anwesenden kann man nicht mit ausreichend passenden Worten beschreiben! Abgesehen davon, dass ihr auch unter anderem den Ruf der Agency gefährdet habt, sind einige vollkommen aus dem Rahmen gefallen! Doch wer feiern kann, der kann auch arbeiten. So erwarte ich heute von jedem hier Höchstleistungen“, meinte der Grünhaarige kühl. Seine Stimmlage zeigte deutlich auf, dass für Widerworte kein Platz war. „Auf einen erfolgreichen und arbeitleistungsstarken Arbeitstag, meine Damen und Herren“ verabschiedete sich der Mann, drehte sich herum und ließ uns stehen. Man könnte das Gefühl bekommen, dass unser Vorgesetzter eine ziemliche Spaßbremse sein konnte oder besser gesagt war. Wenn er vorgestern auch auf der Party gewesen war, so kam in mir die Frage auf: War er entspannter, wenn er Alkohol getrunken hatte? Trank er sowas überhaupt?! Sich diesen Kerl mit irgendeinem alkoholischen Getränk in der Hand vorzustellen, war schwer, sehr schwer. Vielleicht mit einem Glas Rotwein, das hatte immerhin Stil, aber so völlig zugesoffen? Unvorstellbar! Nodami seufzte resigniert neben mir. Einige Kollegen folgten diesem Beispiel. „Aber natürlich Chef“, murmelte er. Sein Blick lag auf den Schultern unseres Vorgesetzten und als dieser außer Sichtweite war, gähnte er nochmals herzhaft. „Heldenshots, dümmste aber leckerste Idee des Abends“, murrte Nodami, ließ die Ohren leicht hängen und schien eher im Delirium zu schweben als im Hier und Jetzt. Langsam schlurften einige Kollegen in Richtung ihrer Büroräume und auch der Mann schien in eine Richtung zu laufen. Zuvor grinste er in mich an. „Das nächste Mal animieren wir ihn auch mehr zu trinken - deutlich mehr zu trinken!“ Ich konnte es mir nicht verkneifen, breit zu grinsen, dann räusperte ich mich und blickte meinem Vorgesetzten nach. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Sasaki nachzugehen und ihm zu schildern, was nicht stimmte, dass dieser Körper zwar aussah wie mein eigener und auch die Fähigkeit passte zu mir, doch ich war nicht ich. Zumindest nicht in ihrer Welt, die eigentlich ein Manga war. Wer das eine Parallelwelt? Eine verrückte und abgedrehte Folge von Rick und Morty?! War ich etwa auf Netflix!? Ich kannte mich hier nur mager aus. Hier und da waren mir ein paar Dinge vertraut, aber so wirklich wusste ich nicht wohin. Und wohin sollte ich?! Ein wenig nervös tippte ich auf den Fußspitzen hin und her, sah ein hilflos in Richtung einiger Kollegen, doch sie verschwanden nach und nach in den Büroräumen. „Rose“, entkam es der Stimme von Nodami und riss damit meine komplette Aufmerksamkeit auf den Mann. Er schien auf mich zu warten? „Ich werde nicht schon wieder den ganzen Papierkram machen und du nur unterschreiben!“, meinte er, winkte mich zu sich und ich trottete in seine Richtung. „Wäre aber doch eine nette Geste“, murmelte ich leicht. Der Mann neben mir lachte. „Ne ne ne, heute nicht!“, grinste Nodami, dem ich in unser Büro folgte. Schlicht gehalten mit zwei Schreibtischen, die sich gegenüber standen mit Computern darauf. Und einem Kunstgrün. Haha, gut, man vertraute mir keine richtige Pflanze an, besser so. Toshi durstete schon zuhause! Ein wenig zögerte ich absichtlich, ließ den Anderen sich zuerst setzen, damit ich herausfand, welcher mein Platz war. Artig setzte ich mich an den freien Schreibtisch und blickte zu den unzähligen Akten und Papiere vor mir. Mir sagte alles nichts. Nichts! Wie sollte ich den ganzen Tag hier arbeiten, ohne einen blassen Schimmer?! Leicht erinnerte mich das Ganze an das Arbeitsamt in meiner Realität. Doch es half nichts. Ich nahm einen Bericht in die Hand, begann diesen zu lesen und versuchte, ihn irgendwie zu bearbeiten. Anscheinend waren wir hauptsächlich Zeugen – und ich konnte mich an nichts erinnern! „Nodami, wie hast du die Nacht verbracht?“, fragte ich nach ein paar Momenten der Stille. Der Mann mir gegenüber hatte einige Papiere schon bearbeitet. Bearbeitet klang übertrieben. Er unterschrieb hier etwas, korrigierte ab und zu und schien besser voranzukommen als ich. Welch Wunder! „Hah, nachdem du abgehauen bist, war der Abend nicht mehr lang. Saki hat mich dazu genötigt, nach Hause zu gehen. Den Sake hätte ich noch vollkommen geleert!“, brummte der beschweifte Kerl, lehnte sich nach hinten und legte die Ohren an. Seine Augen waren kurz geschlossen. Ich nutzte den Augenblick und griff mir sein Blatt, legte es aber artig auffällig neben meinen Papierstapel. Er war darin definitiv besser! Eilig schrieb ich einige Absätze ab, korrigierte und unterschrieb gerade das Dokument, als ich wieder nach oben blickte. Der neckische Blick des Mannes lag auf mir. Er wusste ganz genau, was ich hier tat! Leicht brummte ich, dann wurde die Tür schlagartig geöffnet. Durch den Schreck und die Anspannung, dass vielleicht Sasaki reinschneite und uns anmaulen wollte, schmiss ich das geklaute Papier in Richtung Nodami, doch es tänzelte im Wind und bot ein amüsantes Bild. Aber nicht unser Vorgesetzter stand da, sondern eine hübsche Frau. Die gleiche Frau, die zusammen mit Nodami aus dem Fahrstuhl gekommen war. „Saaaaaki!“, entkam es dem Mann freudig. Er warf seine Arme in die Luft und ich sah, wie sich seine Schweife leicht bewegten. In seinem Gesicht spiegelte sich ein großes Grinsen. „Wir haben uns erst vor 30 Minuten verabschiedet, Hatake“, murmelte die Frau mahnend und schien ihn mit ihrem Blick leicht zu tadeln. Dann trat sie an mich heran, fuhr mir sanft über die Haare und lächelte. „Geht es dir gut, Liebes?“, fragte Saki mit liebevoller Stimme, stellte mir einen Apfel auf den Tisch. Auch ein kleines Fläschchen stellte die Blonde mir auf den Tisch. „Für deinen katastrophalen Kater, meine Liebe!“, betüddelte Saki mich. Daraufhin senkte Nodami seine Ohren sichtlich und zog einen leichten Schmollmund. „Und für mich?“, murmelte Hatake gespielt traurig, doch nur ein harscher Blick entkam seiner Frau. „Du, Mr. Sake, bekommst kein Mitleid von mir! Du hättest nicht unbedingt noch drei weitere Flaschen kaufen UND trinken müssen!“, ranzte die Frau ihn an, verschränkte die Arme vor der Brust und sah dann zu mir. „Und du auch nicht! Die Heldenshots waren teuer und unnötig!“, belehrte mich nun auch Saki. Leicht beschwichtigend hob ich meine Hände und lächelte entschuldigend. „Aber Schatz!“, warf nun Hatake ein, doch Saki blickte ihn wütend an. „Arbeite für dein Abendessen!“, ermahnte Saki den Mann, der anfing zu jammern. Sanft fuhr mir Saki über den Kopf, dann schickte sie sich an, sich zu verabschieden und das Büro zu verlassen, ohne ihrem Mann nochmal Beachtung zu schenken. Da schien es wohl in der Ehe zu kriseln. „Und du, meine Liebe, hast heute viel Spaß mit deinem Herzblatt!“, verabschiedete sich Saki und schloss die Tür hinter sich. Die Zeit bis zur Mittagspause ging eher schlecht als recht vorüber, zumindest für mich. Nodami war da effektiver! Wir unterhielten uns über einige Dinge. Dabei fiel mir auf, wie vertraut wir eigentlich waren. Erst, als ein Kollege die Tür öffnete, verstummte unser Gespräch und wir blickten zu ihm. „Kingston, jemand ist am Empfang für dich“, meinte der Kollege, dessen Stimme ich vom Telefonat erkannte. Ich wollte im Boden versinken, nickte aber und richtete mich leicht auf. „Uhlala! Viel Glück!“, meinte Nodami. Ich steckte ihm frech die Zunge heraus und folgte dem Kollegen zum Empfang. Ich entschuldigte mich leise für das Abwürgen am Telefon, doch er winkte mit einem breiten Grinsen ab. Er schien damit kein großes Problem zu haben! Gott sei Dank. Wir waren nicht einmal am Empfangstresen angekommen, da konnte man schon erste Gespräche mitbekommen. Ein kleiner Tumult war entstanden und inmitten einiger Kollegen und Kolleginnen stand ein etwas hochgewachsener Mann, der versuchte, auf alle Fragen gleichzeitig zu antworten. Er war himmelschreiend überfordert! Sasaki stand unweit des Geschehens, eine Augenbraue hochgezogen und die Arme vor der Brust verschränkt, aber er sagte nichts. Scheinbar beobachtete er die Situation vor Ort. Nicht ein einziges Wort verlor der Mann mit dem mächtigen Quirk. „Oh, entschuldigt mich bitte“, entkam es dem Helden, unterschrieb dann noch jemandem einen Zettel und schaffte es, aus der kleinen Menge herauszutreten. „Kingston, hast du Mittagspause?“, sprach mich Toshinori an. Ich nickte und lächelte sanft. „Ja, hab ich. Wir können los“, war meine Antwort. Ich trat an den deutlich größeren Mann heran und blickte kurz über die Schulter zu Nighteye, der hörbar ausatmete und scheinbar wollte, dass Yagi den Empfang verließ. Zumindest wirkte es so. Nicht gerade charmant, aber verständlich, zog Toshinori doch große Aufmerksamkeit auf sich und lenkte seine Arbeitnehmer ab. Irgendwie hatte sich ein dumpfes und unwohles Gefühl eingeschlichen. Immerhin war das hier ein Büro. Wo gab es mehr Tratsch? Auch wenn es gentlemanlike gewesen war, mich abzuholen, so konnte ich nicht vermeiden, dass es mir ein wenig unangenehm war. Diese Geste würde so viele dumme Gerüchte schüren. Das war der Kaffee eigentlich nicht wert, aber uneigentlich freute ich mich auf dieses Treffen. „Du hättest mich nicht abholen müssen“, murmelte ich, gefolgt von einem kurzen Lachen. „Es gehört sich, eine Dame abzuholen“, antwortete mir der blonde Mann ehrlich, ein charmantes Lächeln auf den Lippen, und öffnete mir eine Tür, damit ich zuerst heraustreten konnte. Ein zu guter Mann für diese Welt! Unser Weg führte aus der Agency und in ein naheliegendes Café. Davon gab es hier nahe der Agency einige, die an der ständigen Laufkundschaft und den Angestellten verdienten. Keine dumme Idee! Zusammen setzten wir uns draußen an einen Tisch, da das Wetter gut genug dafür war. „Als Lehrer in der Mittagszeit genügend Zeit zu haben, um sich zu treffen und gemeinsam Tee zu trinken... sind die Schüler so artig an der Yuei?“, entkam mir die Frage. Sein etwas ertapptes Lachen verriet schon, dass heute wohl kein normaler Schultag gewesen war. „Tatsächlich habe ich mir den Tag freigenommen, denn eigentlichen geht ein Schultag bei der Yuei über acht Stunden, die Pausen dazwischen eingerechnet“, gestand Toshinori mit einem kurzen Lächeln. War doch klar. Irgendwie hätte ich mir gestern die Zeit nehmen sollen, meine Kontakte durchzutelefonieren! Aber so blieb uns nur eine Stunde. „Wie lief es bei dir bisher? Sasaki wirkte noch schlechter gelaunt als sonst“ fragte nun der Blonde, der einen einfachen Kaffee bestellte, ich hingegen einen Latte macchiato, wobei mir ein kurzes Grinsen entglitt, kamen doch die Erinnerungen an den gestrigen Morgen zurück. Pfffhahaha! Ich sollte unbedingt noch das Nacktbild an Aizawa schicken! „Sasaki? Oh, natürlich!“, entkam es mir schnell. Im ersten Moment hatte ich die beiden Namen nicht miteinander in Verbindung gebracht. „Nun ja. Er ist schlecht gelaunt, weil die Feier ein wenig eskaliert ist, und wir den Ruf der Agency geschädigt haben sollen. Wir müssen heute Höchstleistungen bringen, damit er zufrieden ist!“, erzählte ich mit einem leichten genervten Unterton und zwang mich zu einem sanften Lächeln. „Arbeit ist Arbeit. Dagegen kann man nicht viel machen“, fügte ich hinzu und zuckte mit den Schultern. „Sei nicht so hart zu Sasaki. Er hat wirklich versucht, am Abend die ganzen Kollegen und Angestellten im Zaum zu halten. Wir haben uns mehr damit beschäftigt, die Leute bei Bewusstsein zu behalten und vom Trinken abzuhalten, als selbst zu feiern. Wir haben mehr Arbeit an diesem Abend gehabt, als uns entspannt dieser Feier zu widmen“, berichtete mir Toshinori und daraufhin zog ich leicht den Kopf an die Schultern. Ups. „Und die dritte Runde der Heldenshots hat dann einige seiner Angestellten vollkommen ausgeknockt“, fügte der Held hinzu, lachte leise. Ich errötete verlegen. „Ich habe sie gut vertragen“, murmelte ich. Das aufkommende Lachen Toshinoris ließ mich verstummen. „Du bist vielleicht trinkfest, aber die letzte Runde hat auch bei dir die Lichter ausgeknipst“, erzählte der Blonde und ich konnte mir ein Seufzen nicht verkneifen. Irgendwie klang das nach mir und Tequila. Keine gute Mischung. Unsere Gespräche handelten von allerlei Dingen. Von der Arbeit als Lehrer mit ihren positiven und negativen Seiten, dann von Deku, vom welchem Toshinori redete, als wäre er sein eigener Sohn, bis hin zu dem Angriff der Schurkenliga. Da horchte ich auf. In diesem Abschnitt des Mangas war ich? Oh Gott. Und ich könnte Toshinori alles sagen! ALLES! Aber in dem Moment, in dem ich es versuchte, entkam mir kein Wort und mir wurde speiübel, noch ehe ich einen einzigen Ton gesagt hatte. Es war zwecklos, weiter zu versuchen, etwas zu sagen, wenn schon der Gedanke Brechreiz in mir auslöste. „Ich danke dir nochmals für deine Hilfe dabei!“, bedankte sich der Blonde aufrichtig, auch wenn ich mich an diesen Teil nicht erinnern konnte. „Kein Problem. Helden sind immer da, um ihre Umgebung sicher zu halten, oder nicht?“, fragte ich rhetorisch. Ein kurzes Nicken seitens Toshinori bestätigte diesen Satz. Gemeinsam unterhielten wir uns hauptsächlich über die Schüler an der Yuei. Da konnte ich immerhin ein wenig mitreden und er schien bei den Erzählungen aufzublühen, auch wenn ich dabei wieder an die Pflanze Toshi denken musste. Blöder Wortwitz, aber unfassbar lustig! Die Mittagspause war relativ schnell vergangen. Bei guten Gesprächen verlor man das Zeitgefühl und eine Stunde fühlte sich wie wenige Minuten an. Es fühlte sich an, als raste die Zeit unaufhaltsam. „Ich danke dir für die Einladung!“, bedankte ich mich ehrlich, doch Toshinori machte deutlich, dass er sich gerne Zeit für seine Freunde nahm. Zwar kam die Frage auf, ob er mich auch wieder zurückbegleiten sollte, aber ich lehnte ab. Es war ja nicht sehr weit zu Fuß! So verabschiedete ich mich von dem Helden und ging mit guter Laune in Richtung Agency zurück. Mit kleiner Verspätung trat ich wieder in dem Empfangsraum, wirkte ein wenig gehetzt und versuchte, die Büroräume wiederzufinden. Warum sah hier auch alles gleich aus!? „Kingston, linker Gang, 4 Tür von rechts“, murmelte mir die Empfangsdame entgegen. Scheinbar war meine Orientierungslosigkeit hier ebenfalls ein bekanntes Problem. „Dankeschön“, wisperte ich leise und huschte zurück ins Büro. Der restliche Arbeitstag war gefühlt unendliche Stunden lang, auch wenn ich es eher semiproduktiv schaffte, bei Hatake abzuschreiben. Nun ja, er schien keine großen Probleme damit zu haben. War es nicht das erste Mal? Gemeinsam schafften wir es, den Tag hinter uns zu bringen, putzten die Schreibtische ab und wollten gerade das Büro verlassen, da stand unser Vorgesetzter vor uns. „Kingston, Nodami. Ihr seid noch hier. Eine erfreuliche Überraschung“, meinte Sasaki streng. Fast klang er sogar ein wenig ironisch. „Dachte nicht, dass unser Arbeitstag nur sechs Stunden geht, Boss. Oder gab es eine Verkürzung der Stunden und uns wurde nichts mitgeteilt?“, entkam es Nodami beinahe frech. Hatake und Mirai schienen sich nicht sonderlich zu mögen. „Idiot, leg dich nicht mit dem Boss an!“, schoss es mir durch den Kopf, den Blick auf den Mann vor mir gerichtet. „Sei kein Narr, Nodami. Eure regulären Arbeitszeiten wurden nicht verändert aber falls ihr es vergessen haben solltet: Ihr standet beide für einen halben Arbeitstag drin. Doch eure Arbeitsleistung lobe ich mir“, meinte Sasaki und sorgte dafür, dass Nodami und ich gleichermaßen seufzten. Nun ja, scheinbar war der Boss nun glücklich gestellt worden! „Können wir zumindest morgen früher Feierabend machen?“, fragte Hatake. Sasaki schüttelte den Kopf. „Nein“, entkam knapp die Antwort von dem Mann, der dann schon wieder seines Weges gehen wollte. „Morgen früh pünktlich, Nodami. Einen schönen Abend noch“, verabschiedete er sich. „Mistkerl“, brodelte Nodami leise in seinen nicht vorhandenen Bart und seufzte. „Bis morgen! Saki und ich gehen heute schick essen! Ich erzähle dir morgen alle Details“, meinte der Held hastig, klopfte mir auf die Schulter und sprang dann schon beinahe aus dem Büro. Mein Weg führte mich zuerst nach Hause, wo ich die Sachen ablegte und für einen kurzen Moment auf die Couch setzte, bevor ich mein Handy wieder in die Hand nahm. Die SMS. Diese blöde SMS von Aizawa, die nach so vielen anderen Dingen klang als harmloses Katzenschmusen! Aber fein, eine Einladung lehnte man nicht ab. Der Weg war noch im Handynavi eingespeichert, auch wenn da die Frage aufkam: Wie oft war ich bei Aizawa?! Aber letztendlich besser, als ihn zu fragen, wo er wohnte. Ich stand auf, machte mich ein wenig frisch und auf den Weg zu Aizawa. Zumindest war das der Plan. Die Leckerlis hatte ich in der Wohnung vergessen, was mir erst auf der Hälfte des Weges einfiel. Gott verdammt, wenn mein Kopf nicht auf den Körper festgewachsen wäre, würde dieser morgens wohl im Bett liegen bleiben, weil ich ihn dort vergaß! Kapitel 5: Wut -------------- Ich war noch nicht einmal an seiner Wohnungstür angekommen und gerade dabei, die Türklingel zu drücken, da öffnete mir der Untergrundheld die Tür. “Ein wenig spät”, begrüßte mich Aizawa, trat zur Seite und ging zurück in die Küche. Scheinbar hatte ich wirklich freien Eintritt in seine Wohnung. “Auch einen wunderschönen guten Abend, Shota!”, brummte ich ihm nach, trat ein und zog artig die Schuhe aus. Dann folgte ich dem Mann in die Küche. Eigentlich hatte ich eher erwartet, dass Aizawa ein Lieferdienstkunde war, anstatt selbst zu kochen. “Riecht interessant”, murmelte ich. Der Geruch war unbeschreiblich! “Du kannst gleich kochen!”, raunte Shota leicht genervt. Ich grinste. Oh, hatte ich etwa den Nagel auf den Kopf getroffen? Ich ließ meinen Blick über die Töpfe wandern und erkannte, welches Gericht er kochte. Spaghetti Bolognese mit Salat! Und zugegeben: Da ich bis auf den Apfel von Saki und den Kaffee mit Toshinori nichts im Magen hatte, knurrte mein Bauch dementsprechend, was mich leicht erröten ließ. “Setz dich, ist gleich fertig”, meinte Aizawa und machte eine kurze Bewegung mit dem Kopf, ein stummes „Ab ins Wohnzimmer mit dir!“ Gesagt, getan. Ich horchte auf die Anweisung des Helden und ging in das vertraute Wohnzimmer zurück. Wie unerwartet ich den Laptop am gleichen Ort wiederfand, an dem ich ihn heute Morgen zurückgelassen hatte. Was tat Shota nach der Schule?! Scheinbar direkt schlafen, oder? Kurz huschte mein Blick ins Schlafzimmer des Mannes. Ich versuchte auszumachen, ob er geschlafen hatte oder nicht. Gab es die Möglichkeit, heute hier zu übernachten? Es musste nicht zwingend in Sex enden, aber dieses Bett! So weich! Gerade noch ins Schlafzimmer starrend, bemerkte ich den Untergrundhelden mit den Tellern in den Händen nicht. „Gibt es etwas, das du nicht kennst?“, fragte Shota kühl, woraufhin ich erschrak und schuldig zu dem Mann lächelte. „Nein, oder?“, klang ich eher fragend als antwortend. Ein leicht genervter Blick war die Reaktion darauf. Gemeinsam traten wir ins Wohnzimmer. Shota servierte das Essen auf dem Tisch und schenkte sogar zwei Gläser Rotwein dazu ein. So viel Romantik hätte ich ihm nicht zugetraut! „Ich dachte nicht, dass ich so verwöhnt werde“, murmelte ich kleinlaut. Shota gab ein kurzes, wirklich sehr kurzes Lachen von sich, mehr nicht. Kurz nachdem wir angefangen hatten, das Essen zu uns zu nehmen, das zugegeben grauenhafter schmeckte als es aussah, begann Aizawa das Gespräch. „All Might und du“, fing der Untergrundheld ruhig an, blickte aus dem Augenwinkel zu mir und sorgte dafür, dass ich mich am Rotwein verschluckte. „War das ein Date?“, fragte mich der Schwarzhaarige direkt – sehr direkt! Und was sollte ich darauf bitte antworten?! Ja, war es?! Nein, war es nicht!? Im Grunde genommen hatten wir Kaffee getrunken und uns über seine Schüler unterhalten. Ein Date stellte ich mir anders vor, eher wie jetzt. Man lud mich ein zu gutem, nun ja, minder gutem Essen und süßem Rotwein ein. DAS war ein Date, Shota! Nicht das heute Nachmittag! Und vor allem: Woher wusste der Mann bitte davon?! Stalker! STALKER! „Mhm. Eifersüchtig, dass mich jemand anderes daten könnte, Shota?“, entkam mir eine Gegenfrage, doch der Dunkelhaarige brummte nur. „All Might hat viel Aufsehen erregt. Das nächste Mal solltet ihr einen etwas abgeschiedeneren Ort für solche Treffen ausmachen“, meinte Shota und schien sich mit meiner Antwort zu begnügen. Und bitte?! Ich hatte nicht mit dem Nummer Eins-Helden öffentlich auf dem Cafétisch Sex gehabt und ihm schweinische Namen gegeben, sondern nur, ich wiederholte, NUR einen Kaffee getrunken! Shota, eifersüchtele mich nicht! „Er sieht es als eins“, fügte Shota hinzu, nahm einen Schluck seines Rotweins und schien mich keines Blickes zu würdigen, auch wenn mich diese Information ein wenig baff machte. Toshinori hatte es als Date gesehen?! „Dann wird es wohl ein Date gewesen sein, schätze ich“, murmelte ich, unwissend, was ich darüber denken sollte. „Wie reagierte Sasaki darauf?“, fragte Aizawa nach einigen Minuten des Schweigens und wandte sich nun mehr zu mir, schien das Thema ernster zu nehmen als das Thema All Might bzw. Toshinori Yagi. War ihm nicht zu verübeln. „Was soll mit Sasaki sein?“, fragte ich überrascht, was mir sichtlich auch im Gesicht geschrieben stand, denn Shota schloss kurz seine Augen, griff nach seinem Weinglas und setzte es an seine Lippen. „Seine Ex-Freundin jeden Tag zu sehen und dann holt dich dein Date von der Arbeit ab?“ Fuck Aizawa! Woher wusstest du das nun wieder!? Und was hieß Ex-Freundin? Mirai und ich waren ein Paar gewesen? Und im nächsten Moment fühlte sich alles falsch an – wirklich alles. Hier zu sein, das Treffen mit Toshinori, der Morgen vor zwei Tagen! Und irgendwie erklärte es den skeptischen Blick des Helden! Oh fuck! Oh fuck, fuck, fuck, fuck!! „Rose“, ergriff Aizawa das Wort, um irgendeine Reaktion von mir zu bekommen, aber ich war für den Moment nicht in der Lage, mich auszudrücken oder auch nur ein einziges passendes Wort zu finden! Mir war, als ob man mich ins kalte, dunkle Wahrheitsmeer geschubst hatte und erwartete, dass ich schwimmen lernte, damit mich das kalte Nass nicht verschluckte. Schweigend stellte ich das Glas auf das Tischchen, richtete mich auf und lief in Richtung des Ausgangs. Es war beinahe ein Reflex, dies zu tun, eine automatische Handlung. „Hey!“, rief mir Aizawa nach. Sofort war der Mann auf den Beinen, griff nach meinem Handgelenk und stoppte mich. „Tut noch weh, mh?“, fragte der Untergrundheld und traf mitten ins Schwarze. „Lass mich los“, murmelte ich ruhig und emotionslos. Eine typische Reaktion von mir auf Schmerz: Resignation. Ob das hier auch so war? „Es bringt nichts, wenn die Vergangenheit dich einholt. Es ist vorbei mit euch Beiden“, meinte Aizawa kühl, aber direkt und es fühlte sich an wie ein Fass Salz in der Wunde. Es brannte so furchtbar und ganz erklären konnte ich es mir nicht, aber es schmerzte und schnürte mir die Kehle zu. Es waren nicht meine Reaktionen oder?! Ich war fucking nochmal nur zwei Tage hier, aber der Schmerz, die Trauer, die Frustration und der leicht angekratzte Stolz waren da. Fühlbar, als ob sie meinen eigenen Emotionen entspringen würden! „Was weißt du schon!“, fuhr ich den Dunkelhaarigen an, ungewollt laut und harsch. „Nicht mehr als du, aber es rei-“ „Nichts weißt du! Gar nichts!“, unterbrach ich den Untergrundhelden, der mein Handgelenk ein wenig fester hielt. Wollte er mich wirklich da behalten, gegen meinen Willen? Es schürte die brodelnde Suppe meiner Gefühle und ich entriss meinen Arm seinem Griff mit einem Ruck. Unangenehm für mich und mein Handgelenk, welches von der Aktion schmerzte. „Ich lasse mir nicht von dir vorhalten, im Jetzt zu leben. Nicht von dir, einem Mann, der Liebe nicht verstanden hat!“, ranzte ich Shota weiter an, doch dieser gab keinen Mucks von sich. Nicht weil er nicht könnte oder sich traute, sondern weil er wusste, woher mein Ausbruch kam. „Und willst du diese Beziehung erzwingen? Einen erwachsenen Mann und Profihelden dazu zwingen, dich zu lieben? Werd erwachsen, Rose. Du bist keine pubertierende 16-Jährige mehr, die ihren ersten Freund verliert!“, meinte Shota direkt, jedoch auch hörbar genervt. Streitigkeiten waren sowieso nicht Shotas Ding, das wusste ich ja, aber so war ich eben. Es war wie ein Feuer unter der Haut, welches von Sekunde zu Sekunde schmerzhafter wurde und sein Rauch, der Qualm, nahm mir den Raum, logisch nachzudenken. Es war so verschwommen, so verworren. Es war so unklar, wieso diese Beziehung ein Ende gefunden hatte und wieso mir das so wehtat. Die Antwort fühlte sich zum Greifen nah an, doch das war nichts weiter als eine Illusion im Wind. Ein entscheidendes Puzzleteil fehlte für die Lösung. „Er liebt dich nicht mehr, komm damit zurecht!“, meine Shota harsch, danach herrschte drückende Stille. Mit voller Kraft biss ich mir auf die Unterlippe, schmeckte den verräterischen Geschmack von Eisen und versuchte krampfhaft, das alles hier nicht weiter zu verschlimmern. Dennoch hatte ich das Bedürfnis, dem Mann hinter mir für diesen Satz, der sich wie hochkonzentrierte Säure anfühlte, eine zu scheuern. „Ich gehe“, entkam es mir zwanghaft ruhig im Versuch, meine Gefühle zu verbergen, wie ich es sonst auch immer tat, wenn es mir schlecht ging und ich nicht wollte, dass Personen auf mich aufmerksam wurde. „Rose, du kannst hier bleiben. Dich in die Einsamkeit zu flüchten und einem Mann nachzutrauern, den du nicht haben kannst, ist wahnsinnig und schwachsinnig. Du verlierst dich darin und das möchte niemand. Auch ich nicht“, meinte der Untergrundheld beinahe in einem beschwichtigenden Tonfall. Doch die Worte kamen nur mager bei mir an. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete ich mich, zog fix die Schuhe an und verließ schneller die Wohnung, als ich sie betreten hatte. Der Abend war eine Katastrophe! Obwohl ich es nicht wollte, konnte ich das Schluchzen nicht mehr verbergen und Tränen rannen meine Wange herunter. Zu allem Übel war ich tierisch verwirrt und aufgewühlt von einer Tatsache, die ich nicht mehr zu ändern konnte, ja, die nicht einmal mehr im Raum stand, aber umso schmerzhafter war. Zuerst lief ich panisch und ziellos durch die Gänge, suchte einen stillen Ort für mich. Eine dunkle Seitengasse, ein kleiner Geheimweg oder sogar ein zugänglicher Garten – irgendetwas musste ich finden, um mich zu beruhigen und meine Gedanken zu sortieren. Erst als mein Handy klingelte, blieb ich stehen, wischte mir mit dem Handrücken über die Augen und versuchte mit verschwommener Sicht, ausgelöst durch die Tränen, zu erkennen, wer es war. Aizawa natürlich. Auch wenn ich selbst eine Profiheldin war, waren wir Freunde, oder? Meine Reaktion war dennoch, den Anruf abzulehnen und das Handy wegzustecken. Mein Weg führte mich weiter, dieses Mal deutlich langsamer, auch wenn sich mein Gefühlschaos nicht gelegt hatte. Auf eine kleine Parkbank setzte ich mich schließlich, stützte meine Arme auf den Knien ab und legte den Kopf in die Hände. Okay, okay, okay. Tief durchatmen! Gefühlt dauerte es eine Ewigkeit, bis das Chaos in mir abnahm, meine Gefühle sich langsam beruhigten und die Tränen aufhörten. Der Schmerz war immer noch da, doch quälte er mich in diesem Moment nicht mehr so krass. Ob ich fragen könnte, warum wir uns getrennt hatten und damit für diese brennende Unwissenheit Erlösung fände? Ob ich der Grund war? Meine Eigenheit, die nicht nur auf positive Reaktionen traf oder gar oft als nervig und unnötig empfunden wurde? Hatte ich ihn betrogen?! Nein, das niemals! War ich in einer Beziehung, so war ich bedienungslos loyal und treu! Aber was dann?! Was war es gewesen? Auf diese Frage brauchte ich eine Antwort – dringend. Sonst würde die quälende Unwissenheit mich in den Wahnsinn treiben. Wieder nahm ich das Handy in die Hand, durchsuchte die Kontakte und fand fix Sasaki M. Ob es eine so gute Idee war, am Abend anzurufen und die Stimme zu hören, welche diesen Schmerz ausgelöst hatte? Aber was blieb mir anderes übrig? „Arbeit und Privatleben gehören strikt getrennt!“, kam mir sein Satz in den Kopf, woher auch immer. Es war abends und privat. Konnte ich mich dazu durchringen? Nein. Meine Feigheit stand wieder im Weg und frustrierte mich. Ein kurzes Seufzen entwich meiner Kehle, dann richtete ich mich auf und trottete langsam in Richtung meines Zuhauses. Mein Blick war weiterhin fest auf das Handy gerichtet und ich überlegte krampfhaft nach den richtigen Worten für eine SMS. Vielleicht gab es die Möglichkeit, mit Sasaki zu sprechen? Wenn ich ihn geliebt hatte, so hatte der strenge Mann an sich Seiten, die liebenswürdig waren! Außer man hieß Enji Todoroki. Dann war man einfach ein empathieloser Bastard, dessen einzige gute Tat gewesen war, seinen Samen in Rei zu schießen und Shoto zu zeugen! Unzählige Male fing ich die SMS an, löschte aber jeden Anfang. Kein Wort war passend, keine Formulierung konnte ausdrücken, was ich sagen wollte! Gab es noch die Chance, dass...? Nein, sicherlich nicht. Dieser Keim sollte sofort verbrannt, betoniert und vergessen werden! Der Weg kam mir vor wie ein Katzensprung, nicht mehr wie eine 30-minütige Heimreise. Nichts fühlte sich in diesen kurzen Moment sonderlich lang an, nur meine Gedanken. Als ob es unmöglich wäre, einen normalen Satz zu formulieren, nach dem Grund für die Trennung und nach einem Gespräch fragen. Eine etwas härtere Variante wäre wohl, einfach bei ihm aufzutauchen und zu klingeln, aber dann könnte ich mich auch einem Telefonat stellen. Das war weniger hart, falls Sasaki ablehnend reagieren sollte. Oder war das besser? Gerade stapfte ich die letzten paar Meter bis zu dem Haus, in dem ich wohnte, da begann ich letztendlich eine SMS zu formulieren. Egal, wie sie klänge, irgendetwas musste ich gegen die ganze Unsicherheit in mir tun. Sollte ich mich lieber kurz fassen oder ausführlich? Vielleicht besser eine einfache Frage oder gar die Bitte, heute Abend bei mir zu sein? Noch während ich auf der Suche nach der passenden SMS-Formulierung war, fand mich die Lösung. Denn gerade als ich anfing, Sasakis Namen zu tippen, überwand ich das letzte Stückchen zur Wohnung und traf auf eine offene Wohnungstür. Eigentlich hatte ich den Kopf nur gehoben, um das Schloss aufzuschließen, aber der Anblick, welcher sich mir bot, jagte mir einen eiskalten und widerlichen Schauer über den Rücken. Profiheld hin oder her: In diesen Moment hatte ich Angst, furchtbare Angst. Irgendjemand war in meine Wohnung eingebrochen, in meinen privatesten Lebensraum! >Bei mir wurde eingebrochen. Kannst du vorbeikommen? Ich habe wirklich Angst< Tippte ich geistesgegenwärtig. Natürlich wäre es sinnvoller gewesen, die Polizei oder andere Helden anzurufen, aber nein, in diesem Moment war ich nur zu dieser Nachricht fähig. Langsam trat ich näher, steckte das Handy in die Hosentasche und schob die geöffnete Tür mit klopfendem Herzen weiter auf. An den Spuren am Schloss konnte man leicht erkennen, dass dieses mit Gewalt aufgebrochen worden war, nicht mit einem Zweitschlüssel aufgeschlossen. Aber was suchte jemand bei mir? Einen Barren Gold? Den dürfte er artig teilen! Beim besten Willen fiel mir nichts ein, was von Wert war, außer mein Laptop. Dort waren sicherlich unzählige Daten über Klienten und Kollegen der Agency! Sie wären wortwörtlich das einzig wertvolle Gut in meiner Wohnung! Langsam trat ich durch den Türrahmen und verfluchte mich dafür, dass ich meine Tasche bei Aizawa hatte liegen lassen und nun quasi quirklos war. Ich würde dem Untergrundhelden dafür in den Hintern treten! Er hatte wirklich das Talent, mit Frauen umzugehen wie ein fucking Molch! Meine einzige Hoffnung war es nun, dass Sasaki reagierte oder der Einbrecher bereits mit ein wenig Geld abgehauen war. Langsam machte ich einen Schritt nach hinten und versuchte, unauffällig aus der Wohnung zu schleichen, um unweit der offenen Tür zu warten. Notfalls würde ich später die Polizei oder jemand anderes anrufen. Kapitel 6: Die Drohung ---------------------- Es fühlte sich wie eine Unendlichkeit an, die ich, ein paar Schritte von der aufgebrochenen Tür entfernt, in die Wohnung blickte. Noch nie in meinem Leben hatte ich solche Angst verspürt und noch nie hatte ich mich so unsicher, angreifbar und verletzbar gefühlt. Als ob man mich nackt auf die Straße gestellt hatte und jeder mich anstarren konnte. Zugleich vermischten sich die Dunkelheit und meine aufgewühlten Emotionen miteinander und vermittelten mir noch mehr das Gefühl der Unsicherheit. Hier schien ich nicht mehr sicher zu sein, oder? Meine Wohnung war aufgebrochen worden und damit gab es keinen sicheren Rückzugsort mehr. Wie sehr wünschte ich mir in diesem Moment, dass jemand hier wäre, einfach nur hier. Jemand, der mir sagte, dass alles wieder gut würde. Ich war vor dieser Tür so alleine, wie die Nacht schwarz war. Mein Handy vibrierte in der Jackentasche und ich rechnete fest damit, dass Aizawa wieder anrief und Gott, ich wünschte mir nichts mehr als eine Stimme, die mir wohlgesonnen war. Also nahm ich den Anruf an, ohne auf den Bildschirm zu gucken. Fehler. Großer Fehler. “Endlich!”, kam es gehetzt und panisch vom Anrufer, der in gewisser Weise auch fertig und am Ende klang. “Kleine, du musst mir helfen! Komm morgen zu der Adresse, die ich dir schicke. Dringend! Ohne dich wird das mein Ende sein”, meinte er gestresst. Auch wenn ich nicht wusste wieso, war mir der Typ sofort unsympathisch und ich war genervt. Er machte die Stimmung nicht besser. “Ach, du hast Probleme?! Was bildest du dir eigentlich”, begann ich zornig, doch wurde unterbrochen. “Ich brauche dich, Rose! Bitte!”, jammerte der Mann am anderen Ende der Leitung. “Ja! Fein! Tue ich!”, fuhr ich, selbst am Ende meiner Kräfte, ihn an, dann legte der Anrufer mit einem leise geflüsterten „Danke“ auf. Am liebsten hätte ich mein Handy weggeworfen, so wütend war ich! Für einen kurzen Moment hob ich den Arm, das Handy fest in der Hand, und war wirklich versucht, aber letztendlich senkte ich meinen Arm wieder und ließ ihn schlaff herunterhängen. Ich kämpfte mit den Tränen, so verzweifelt waren der Moment, meine Gefühle und ich. Alles. Den Liebeskummer hatte ich bisher ausgeblendet und nicht wahrgenommen. Mit dem Wissen, dass Sasaki mein Ex-Partner war, kochte der Liebeskummer tief in mir auf unlöschbarer Flamme. Der Schlüsselstein hatte gefehlt. Nach einigen Minuten hob ich meine Hand, sah auf das Handy und die verpassten Anrufe. Klasse. Der nächste Held in meinem Umfeld, der einen Hals auf mich haben würde! Konnte dieser Abend noch schlimmer werden? Ein Geräusch ließ mich im nächsten Moment zusammenzucken, meinen Kopf in die Richtung schnellen und in der unsicheren Situation nun einen Touch Gefährlichkeit entstehen. Ich hatte Angst, große Angst. Auch als Profiheldin, von deren Quirk ich nur gelesen und für welchen ich keine Utensilien hier hatte, war ich eine Frau und ich hatte in einigen Berichten gelesen, welche Abgründe es gab. Woher wusste ich das?  Schemenhaft drängten sich Erinnerungen dieses Körpers in mein Bewusstsein. Sofort presste ich mich an die Hauswand, versuchte, meinen schnellen Herzschlag zu beruhigen, und die Situation panisch zu analysieren, doch erfolglos. Aber woher kamen die Geräusche? Panik stieg in mir hoch. Draußen war es nicht unbedingt sicherer als drinnen, oder? Zum Nachbarn konnte ich nicht. Ich kannte hier niemanden und vor Aizawa war ich geflüchtet. Mir blieb in meiner Panik keine Zeit und so eilte ich in die Wohnung, drehte mich schlagartig um und schlug die Tür zu. Das Klicken des Schlosses gab mir ein minimales Gefühl der Sicherheit, doch es wurde von der Tatsache gnadenlos niedergebrannt, dass jemand hier eingebrochen war. Alles war verwüstet. Von der vormals geschaffenen Ordnung war nichts mehr zu sehen. Es sah noch chaotischer aus wie vor zwei Tagen. Langsam trat ich näher und kam im Wohnzimmer an. Auf den ersten Blick war nichts zerstört worden. Mein Fernseher stand da, die Konsole war auch heile. Doch als mein Blick auf die Couch fiel, sah ich einige Trümmerteile. Jemand hatte ein Elektrogerät auseinandergenommen, demoliert und unbrauchbar gemacht. Na klasse. Dafür war man eingebrochen?! So wie die Einzelteile aussahen, war es für mich Technikdepp im ersten Moment, schockiert und panisch, nicht möglich zu sagen, was es gewesen war. Nachdem ich im Wohnzimmer das Licht angeschaltet hatte, stach mir eine neongrüne Schmiererei an der Wand ins Auge und die Drohung darunter. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter und für einen Moment setzte mein Herz einmal aus. „Das nächste Mal bist du dran“, brannten sich die Worte in mein Gedächtnis und ich hatte nun noch größere Furcht. Total unter Schock trat ich einen Schritt nach hinten, stolperte über einige Sachen auf dem Boden und landete mit meinem Rücken an der Wohnzimmerwand. Das Taumeln entlockte mir einen Luftstoß. Eine unangenehme Gänsehaut fuhr mir über den Körper. Zitternd griff ich nach meinem Handy und machte geistesgegenwärtig ein Foto von der Wand. Erst jetzt bemerkte ich die SMS von Sasaki. Hm, dafür war wohl zu spät. Vorsichtig trat ich langsam in den Flur, löschte die Lichter in den Räumen und verließ behutsam die Wohnung, wissend dass ich den Knauf und das Schloss meiner Tür nicht anfassen sollte, um mögliche Fingerabdrücke nicht zu verschmieren. Gerade öffnete ich die Tür, trat heraus und atmete erschöpft aus, da hörte ich eilige Schritte, die sich mir näherten. Natürlich dachte ich im ersten Moment nicht an Sasaki, sondern an die Einbrecher, welche ihr Werk nun vollenden wollten. Sofort stieg Panik auf, stieg unermesslich weiter mit jedem weiteren Schritt an und letztendlich konnte ich meine Stimme nicht mehr zurückhalten. Instinktiv presste ich meine Augen zu und erhob meine Stimme. “Bleib mir fern!”, schoss es unerwartet laut und möglichst bedrohlich aus mir heraus. “Wenn jemand mir zu nahe kommt, schwöre ich, dass ich mich wehren werde!”, versuchte ich mich panisch zu wehren und hörte zwar, dass jemand mit mir redete, aber vor lauter Panik nicht, wer es war. Wie auch? Der Abend, nein, alles war chaotisch, schlimm und ich hatte Angst. “Rose!”, rief jemand meinen Namen, dann erst öffnete ich meine Augen und erblickte einen sehr zerzausten Sasaki vor mir. Er hob die Hände leicht und versuchte, mich zu beruhigen. Dann sackte ich zusammen, rutschte in die Knie und der Mann kam einige Schritte näher. “Ich sagte keine Alleingänge!”, wies mich der Grünhaarige harsch zurecht, doch dann seufzte der Mann kurz. “Geht es dir gut?”, fragte Sasaki mit ruhiger Stimme und ja, es beruhigte meinen aufgewühlten Körper. Gleichzeitig lösten seine Worte unheimlichen Schmerz aus, brachten die Tränen zurück auf meine Wangen und ließen mich schluchzen. “Du bist nun in Sicherheit, keine Sorge”, sprach er weiter und fuhr mit einem Handrücken über die nasse Wange. Es schmerzte mehr und tat gut. Ein linderndes Feuer. Langsam schaffte es Sasaki, dass ich Kraft in meinen Beinen fand, sodass ich mich leicht gegen die Hauswand lehnen konnte. Sasaki hingegen nahm sein Handy heraus und wählte direkt die Nummer der Polizei, um die wichtigsten Informationen zu übermitteln. Sie würden in zehn Minuten da sein. Langsam drehte sich mein eigentlicher Vorgesetzter zu mir, einem Haufen Elend an der Wand, zitternd vor Anspannung, Panik und aufkommender Kälte. “Was ist geschehen?”, fragte mich Nighteye direkt. Sein Blick glitt in Richtung der Tür, aus der ich gekommen war. “Du solltest nicht in die Wohnung gehen, Kingston! Es war unfassbar gefährlich und dir hätte was passieren können!”, schimpfte Sasaki weiter und fuhr sich über die zerzausten Haare. “Und dann?”, fragte ich mit hörbarer Traurigkeit in der Stimme und lenkte den Blick des Helden auf mich. Doch ich sagte nichts weiter und beantwortete stattdessen seine Frage. “Nichts. Ich war bei Shota und eigentlich wollten wir etwas zu Abend essen, aber es ist eskaliert. Ich wollte nur nach Hause, meine Ruhe und nachdenken, aber als ich hier ankam, war die Wohnung aufgebrochen. Drinnen standen ein seltsames Zeichen und „Das nächste Mal bist dran“ an der Wand”, berichtete ich artig und wohl eher wie ein Roboter. Das Seufzen meines Gegenüber verriet mir, dass die Informationen wohl dennoch angekommen waren. “Wir sollten dir eine neue Wohnung besorgen, Kingston”, meinte Sasaki, doch ich unterbrach ihn wenige Sekunden darauf. “Rose. Du hast mich früher auch so genannt, oder nicht?”, murmelte ich traurig, doch eine Antwort bekam ich nicht, nur Schweigen. Was hatte ich erwartet? Es tat nur mehr weh. “Mein Herz schlägt für dich, auch wenn du es nicht mehr willst. Aber wenn der Tag kommt, an dem eine Chance für uns besteht, würde ich dich damit wieder erreichen können? Würde es auf Gegenseitigkeit beruhen?”, fragte ich, doch wieder keine Antwort. Nicht nach fünf Sekunden, zehn Sekunden, vierzig Sekunden, sechzig Sekunden, zwei Minuten oder fünf Minuten. Nichts. Gar nichts. Eine aussagekräftige Antwort. Meine Augen schlossen sich als einzige, stumme Reaktion. Erst als die Polizei eintraf, wurde die Stille unterbrochen und Sasaki schien sein Handy herauszunehmen und jemanden anzurufen, doch ich bekam nur am Rande mit, wer es war, denn die Polizisten kamen näher und schienen sich aufzuteilen. Jemand redete kurz mit Sasaki, dann sah dieser zur Wohnung. Der andere Polizist widmete sich mir, befragte mich und erkundigte sich nach meiner Gesundheit. Auf alles gab ich eine monotone Antwort. Doch was sollte ich auch groß erzählen? Ich wusste von nichts und konnte auch dementsprechend nicht viele Informationen geben. Die beiden Polizisten kümmerten sich dann um die Wohnung, während Sasaki und ich draußen schwiegen. Wir hatten uns nichts mehr zu sagen. Erst als das Geräusch von hohen Absätzen näher kam, blickte ich auf und wurde stürmisch umarmt. “Mein Liebes! Geht es dir gut? Wurde dir was angetan? Bist du verletzt? Ich bringe die Schweine um!”, blubberte Saki hastig und zog mich fest an sich. Genau was ich brauchte. In diesen Moment brach alles aus mir heraus. Erst ein verzweifeltes Schluchzen, dann Tränen. „Shhh. Alles ist gut! Ich bin ja nun hier“, murmelte Saki beruhigend und blickte zu meinem Vorgesetzten. “Passen Sie auf Miss Kingston auf, Miss Nodami”, meinte der Held ruhig. Saki nickte nur und strich mir über die Haare. Leise murmelte ich etwas. Natürlich verstand Saki nicht, was ich sagte. “Liebes?”, murmelte die fürsorgliche Frau, nahm mein weinendes Gesicht in beide Hände und schenkte mir ein warmes Lächeln. “Komm mit. Heute Abend schläfst du bei mir und morgen früh erzählst du mir alles, einverstanden?”, schlug mir die Blonde vor. Mein leichtes Nicken veranlasste die Frau dann dazu, mit mir zusammen in Richtung ihres Autos zu laufen, einzusteigen und die kurze Fahrt nach Hause zu nutzen, um mich zu beruhigen. Sie redete nicht viel mit mir und auch Hatake nicht, als wir das kleine Haus betraten. Niemand sprach wirklich mehr etwas. Liebevoll richteten mir Saki und Hatake das Gästezimmer her, bezogen das Bett und boten mir an, eine Weile lang hierzubleiben, bis ich mich sicher fühlte. Das Angebot nahm ich schweigend nickend an. Besser, als komplett ohne Wohnung zu sein, oder? Ich legte mich ins Bett, löschte das Licht und konnte noch wahrnehmen, wie das Ehepaar sich vor der Tür über alles unterhielt. Den Einbruch, meinen Zustand, die Polizeibeamten und welcher Idiot unbedingt bei einem Kollegen einbrechen musste! Erneut schwor Saki, demjenigen die Knochen zu brechen, doch Hatake beruhigte seine Frau. Dann bekam ich nicht mehr viel mit. Das viele Weinen und der ganze seelische Schmerz hatten mich ermüdet. Sehr sogar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)