Caught Cold von Komori-666 ================================================================================ Kapitel 26: ------------ Hallo liebe Leser! :) Nach langer Zeit kommt auch mal wieder ein Kapitel von Caught Cold zum Vorschein. Bevor das Kapitel beginnt, noch ein ganz großes DANKESCHÖN an meine grandiose Betaleserin , die mich jetzt schon seit einiger Zeit unterstützt und sich auch dieses Kapitel vorgeknöpft hat ;) Ich könnte mir keine bessere Betaleserin vorstellen! :) Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen! _____________________________________________________________________________________ „Ist der Laden nicht ein bisschen groß für euer Dorf?“ „Es wirkt überdimensional, nicht wahr? Ein Krankenhaus dieser Größe findet man für gewöhnlich nur in den Zentren der Regionen, wie in Konohagakure, oder Iwagakure.“ „Dieses Dorf wird wohl kaum alle Kapazitäten dieser Einrichtung ausnutzen, oder?“ „Sie müssen wissen, dieses Krankenhaus ist das einzige, das es hier in der Umgebung gibt. Alle anliegenden Dörfer sind recht klein und haben neben einzelnen Ärzten nur kleinere Tageskliniken, wenn überhaupt. Also kommen die Leute hierher, um sich zu behandeln lassen. Aber auch, um zu lernen. Die Entfernung zu unseren Nachbarn ist überschaubar und die Gefahr für gewöhnlich gering. Da es keine weiteren Krankenhäuser in der Nähe gibt, kommen Ärzte in der Hoffnung hierher, ihre Fähigkeiten und ihr Gelerntes voll nutzen zu können.“ „Und das wiederum bringt euch wertvolle Lehrer, um neue Ärzte ausbilden zu können.“ „Ganz genau.“ „Mit anderen Worten hatten Kakashi und Obito gewaltiges Glück.“ „Wären sie in ein anderes Dorf in der Umgebung gekommen… daran will ich gar nicht denken. Kakashi wäre noch auf der Straße verblutet.“ Sie gingen weiter, bis sie am Ende eines Ganges ankamen. „Auch, wenn unsere Mittel nicht mit dem Standard der großen Dörfer mithalten können, so ist es immer noch ein Krankenhaus und nicht nur eine kleine Klinik in einer Nebenstraße.“ Tsunade verstand die Nachricht, die Shuichi zwischen den Zeilen übermittelte. Sie taten ihr Bestes hier, auch wenn das manchmal nicht gut genug war. „Ich vermute, dass solche Patienten hier eher eine Ausnahme darstellen.“ „Das stimmt, Kriegsopfer sind hier selten gesehen.“ Shuichi öffnete eine der Türen und bat Tsunade und Shizune mit einer kurzen Handbewegung in den Raum. „Das ist das Lernzimmer für alle angehenden Ärzte. Um diese Uhrzeit ist es hier für gewöhnlich immer leer, so haben Sie Platz und Ruhe, um die Unterlagen ungestört durchzugehen. Wenn Sie möchten, kann ich bleiben. Für den Fall, dass Sie Fragen haben.“ Die Sannin hatte Shizune die Unterlagen gereicht, die damit begann die Dokumente auf einem größeren Tisch auszubreiten und entsprechend der Vorgehensweise ihrer Meisterin zu ordnen. Tsunade hatte durch die pausenlose Anreise völlig das Zeitgefühl verloren, doch der Blick auf die Uhr verriet ihr, dass der Tag im Prinzip gerade erst angefangen hatte. Umso besser, das vereinfachte ihre Planung. „Die aktuellen Unterlagen habe ich gerade überflogen, den anderen Teil kannte ich ja bereits. Ich befürchte, dass du nicht bleiben kannst. Du müsstest mir nämlich einen Gefallen tun.“ Shuichi schloss die Tür, während er Tsunade zuhörte. Er verstand schnell, dass das Folgende keiner seiner Kollegen hören sollte. „Und zwar noch bevor ich mich über mehrere Stunden mit den Verantwortlichen hier treffe, meinen Handlungsspielraum auslote und diese Berichte durchgehe. Ich würde nur ungern Zeit verschwenden.“ „Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.“ ~~ Wieso fand er sich immerzu in derselben Position wieder? Immer wieder stand er vor dieser verdammten Tür und traute sich jedes Mal aufs Neue nicht das Zimmer zu betreten. Was sollte er nur tun? Was konnte er tun? Hatte er denn eine Wahl? Eigentlich nicht. Er musste. Es war das Mindeste, was er tun konnte. Nach allem konnte er nicht vor Kakashi weglaufen. Auch wenn ihm diese Situation schon viel zu bekannt vorkam. Er sammelte sein Selbstvertrauen und gleich im nächsten Moment konnte er nichts mehr davon finden. Es war wie früher. Egal wie oft Kakashi ihn in irgendeiner Weise niederzwang, er stand immer wieder auf und versuchte es erneut. Und genau das musste er auch jetzt tun. Er musste sich aus dem Sumpf, in dem er gefangen war, wieder herausziehen und sich der Herausforderung stellen. Er musste alles dafür tun, um die Dinge so meistern, wie sie eben waren. Außerdem hatten die Schwestern ihm gesagt, Kakashi würde gerade schlafen. Auch wenn er wusste, dass dies nichts in Stein Gemeißeltes war und sein Kamerad jeden Moment aufwachen könnte, war es oft der entscheidende Grund, der ihn über die Türschwelle schubste. Er hatte nahezu panische Angst davor, sich Kakashi zu stellen und ihm in die Augen zu sehen. Was sollte er nur machen, wie konnte er es anstellen nicht ständig einen Rückzieher zu machen? Was erhoffte er sich eigentlich davon, das Gespräch zu meiden? Es hatte keinen Sinn, jetzt noch wegzulaufen. Bei diesem Gedanken lächelte er bitter und dachte an die Ironie, die ihn inzwischen auf Schritt und Tritt begleitete. Wie wahr, es hatte keinen Sinn wegzulaufen. Kakashi würde es auch nicht mehr können. Genauso, wie er vielleicht nie wieder ein Ninja sein konnte. Er würde jetzt bis drei zählen und dann langsam und entschlossen diese Tür öffnen. Danach würde er, sollte sein Freund doch wach sein, sich mutig Kakashi gegenüberstellen und in jenem Moment wissen, dass es nicht das letzte Mal sein würde, das er bei ihm sein würde. Er würde ihn nicht noch einmal im Stich lassen. Er würde sich seiner Schuld stellen und er würde alles tun, was Kakashi zuließ, um ihm zu helfen. Das war sein Plan. Der Uchiha spürte, dass er endlich in das Zimmer gehen musste, bevor er sich zu sehr in seinen Gedanken verstrickte. Er sah noch einmal an sich hinab, als wollte er überprüfen, dass er wirklich er selbst war. Nicht jemand, der seinen besten Freund anlügen und weglaufen würde. Doch während sein Blick an ihm hinabwanderte wusste er bereits, dass etwas fehlte. Er wusste aber auch, dass er es nicht vermissen würde. Dieser eine wichtige Gegenstand, der ihn noch nie im Stich gelassen hatte. Seine orangene Brille. Er konnte sich an keine Mission erinnern, bei der er seine Sturmbrille nicht mindestens einmal aufgesetzt hatte. Kein Kampf gegen seinen Endgegner Kakashi verlief ohne sie. Wie sagte man immer? Manche Leute sehen die Welt durch eine rosarote Brille… oder so ähnlich, wenn er sich recht erinnerte. Und so war es auch mit der seinen. Sie war zwar nicht pink, aber die Welt sah mit ihr trotzdem ganz anders aus. Besser. Beherrschbarer. Die Welt sah dann einfach anders aus und das machte ihm jedes Mal Mut. Sie hatte ihm immer Kraft und Schutz gegeben und ihn somit zum Durchhalten und Weitermachen angespornt. Er war sich bewusst, dass sie nicht wie sonst um seinem Hals hing doch es störte ihn nicht. Er hatte sie mit Absicht abgelegt, in der Hoffnung, sie könnte vielleicht auch einem anderem helfen, so wie sie ihm immer geholfen hatte. Obito hoffte, dass vielleicht ein anderer sah, was dieser kleine orangene Gegenstand für eine Wirkung haben konnte. Und noch viel mehr hoffte er, dass Kakashi sehen würde, dass es noch immer etwas gab, das ihm dabei helfen konnte, Mut zu schöpfen und weiterzumachen. Und auch, wenn Obito es vielleicht nicht schaffte, ihm das direkt zu sagen, so war es doch zumindest dieses eine Etwas, das er hatte tun können. Er hatte seine Brille noch am Tag zuvor neben Kakashis Kopfkissen an einer der Bettstangen angebracht. Ob der Hatake es gesehen hatte? Hastig schüttelte er den Kopf, als wollte er diesen Gedanken abschütteln. Die Antwort war völlig irrelevant und lag zudem auf der Hand: Vermutlich nicht, denn wahrscheinlich lag es gar nicht in seinem Blickfeld. Außerdem spielte es keine Rolle, ob sein Partner die Brille gesehen hatte. Schließlich ging es nicht darum, ob Kakashi Notiz von ihm oder der Brille nehmen würde, sondern vorerst nur darum, dass es ihm schnell besser ging. Entschlossen, sich von nichts und niemanden aus der Ruhe bringen und seinen Mut nicht schwinden zu lassen, holte er nochmals tief Luft. Er konnte sich Kakashi auch ohne seine orangene Sicht auf die Welt stellen und die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. „Hi, Obito!“, erschrocken sprang der Uchiha zurück, hatte er überhaupt nicht gemerkt, dass er nicht allein war. Diese Stimme direkt neben seinem Ohr hatte er nicht erwartet. „Sh- Shuichi?!“, Angesprochener grinste Obito frech und belustigt an. Dass der Kleine so springen würde hätte er nicht gedacht; und das als kampferprobter Shinobi. Da musste er ja wieder ziemlich tief in seinen Gedanken versunken sein. Ob der Junge überhaupt noch im Hier und Jetzt lebte? „Zu Kakashi kann ich dich leider gerade nicht lassen. Eure Sannin, Tsunade, hat das so angeordnet.“ „Tsunade… ist hier?“ „Jap, wieso schaust du nicht einfach unten bei Misami vorbei?“ „Was- was meinst du damit?“ „Geh einfach.“ Und mit diesen Worten spürte Obito, wie er an den Schultern in die entsprechende Richtung geschoben wurde. ~~ Tsunade schritt zielstrebig die fahlen Gänge des Krankenhauses entlang. Den ganzen Morgen und bis in den Nachmittag hinein hatte sei mit den verschiedensten Leuten gesprochen und dabei das Gefühl gehabt, ihre Zeit zu verschwenden. Sie würde sich jetzt Kakashi widmen und sich das Ganze genauer ansehen. Vielleicht konnte sie sogar schon mit ihm reden. Sie hatte sich gerade eben schon mit den zuständigen Medizinern in Rage diskutiert - über Dinge, die sie im Büro des Hokage nicht ansprechen konnte. Unklarheiten, Unstimmigkeiten, und offensichtlich nichts, was je hätte einem anderen Arzt von außerhalb vorgelegt werden sollen. Es gab so viele Punkte in diesem Bericht, die für sie einfach nicht zusammenpassten und sie hatte an mehreren Stellen das Gefühl gehabt, dass etwas fehlte. Also hatte sie reinen Tisch gemacht und Antworten gefordert. Doch das, was sie bekommen hatte, entsprach nicht ihren Erwartungen, sondern ihren Befürchtungen. Ihre Antworten würde sie sich jetzt von dem Hatake direkt holen müssen. Sie würde sich alles ganz genau ansehen und versuchen, seine Wunden und deren wahres Ausmaß, den tatsächlichen Schaden, den sie angerichtet hatten, einzuschätzen. Manchmal wünschte sie sich, in ihre Patienten hineinsehen zu können. Dann könnte sie die Wunden in ihrer ganzen Form sehen, könnte sehen, auf welche Weise sie ein in sich stimmiges System ins Wanken brachten und wie sehr sie dem Körper bereits zugesetzt hatten. Doch anstelle dessen bekam sie oft nur die Sicht von außen, sie sah die klaffenden Wunden, die die Haut in zwei rissen und meist ein Chaos hinterließen, das sie nicht schnell genug überblicken konnte. Ein Chaos, das sie schon so manches Mal zum Scheitern gebracht hatte. Weil ein Krieg nichts anderes hervorbrachte und man überall nur noch Blut in Strömen sah. Weil es manchmal nicht darum ging, einfach die Wunden zu schließen. Weil der Teufel im Detail lag - Details, die den Tod mit sich brachten. Und jetzt, jetzt konnte sie weder das eine noch das andere. Weder konnte sie in Kakashi hineinsehen, noch gab es offene Wunden, die sie auf Tiefe und Winkel hätte untersuchen können. Zwei Kriterien, die so unendlich wichtig waren und so viel über den wahren Zustand eines Patienten preisgeben konnten. Informationen wie was, wie und wie sehr konnte sie nur erahnen. Sie traute den Unterlagen nicht. Sie hatte zu viele Fragen, es fehlten ihr zu viele Details und deren versteckte Haken. Sie verbargen sich in verschlossenen Wunden und saßen spottend direkt unter der mit Fäden zusammengehaltenen Haut. Das hiesige Personal war sich sicher, korrekt gehandelt zu haben. Dass es das einzig richtige gewesen wäre. Doch sie fand es zu konservativ. Zu vorsichtig. Es sollte nicht darum gehen, Kakashi irgendwie am Leben zu halten. Sondern darum, dass er wirklich leben konnte. Dafür musste man eben auch mal ein Risiko eingehen, aber vielleicht irrte sie sich. Vielleicht war der Tatbestand ein anderer. Sie würde es herausfinden müssen, daran führte kein Weg vorbei – weder für sie, noch für Kakashi. Aber genau deswegen war sie ja auch hergekommen. Sie atmete tief ein, wappnete sich innerlich und ging noch einmal die laut Bericht größten Wunden durch. Vor allem Rücken und Lunge beschäftigten sie. Nervenschäden, bleibende Narben an Sehnen, Muskeln und eine nicht funktionierende Lunge waren das sichere Aus eines Shinobis. Der Junge würde unvorstellbar viel Kraft brauchen, um dies alles zu überstehen. Und ob sie ihn wieder auf die Beine bringen konnte stand noch offen. Ob er sich jemals damit abfinden könnte? Schmerzlich erinnerte Tsunade sich an Sakumo – auch er hatte eine Last geschultert, die ihn letzten Endes unter sich begraben hatte. Als sie um die Ecke des Krankenhausganges bog, konnte sie bereits Shuichi sehen, der vor Kakashis Zimmer wartete. Er lächelte schelmisch, als er sie sah. „Ich habe alles so ausgeführt, wie Sie es wollten.“ „Gut.“ Tsunade nickte, wohl wissend, dass der Student gerade Anweisungen befolgt hatte, die ihm keiner seiner Vorgesetzten je erteilt oder gar genehmigt hätte. Knapp ließ sie sich von dem jungen Arzt über jegliche Veränderung des Zustandes ihres Patienten innerhalb der letzten Stunden informieren. Sie war über Stunden hinweg beschäftigt gewesen, daher hatte Shuichi für sie alles erledigt, worum sie ihn nach ihrer Ankunft gebeten hatte. Tsunades Empfinden nach hätte Kakashi mit einer so hohen Medikamentendosis gar keine Chance gehabt, richtig zu Bewusstsein zu kommen. Also hatte sie Shuichi gebeten, alle Substanzen fürs Erste abzusetzen. Für das, was sie vorhatte, würde sie nicht nur Kakashis Verstand brauchen, sondern vor allem dessen Reaktionen und Schmerzempfinden. Immerhin musste sie seine Wunden erneut untersuchen - und das blind. Es war ausreichend Zeit vergangen, sie sollte es jetzt also mit einem ansprechbaren Patienten zu tun haben. Theoretisch verlief es fast so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Nur wehrte sich der Körper des Hatake gegen keine der Maßnahmen, die ihn bislang versorgt und am Leben gehalten hatten. Das war kein gutes Zeichen, ein funktionierendes Organ sollte sich gegen ein künstliches Eingreifen sträuben. Vor allem jetzt, da sich alle Substanzen, die den Schmerz lindern und Muskeln entspannen sollten, langsam abbauten, sollten natürliche, angeborene Reflexe wieder greifen. Es beunruhigte sie, dass er allem Anschein nach nicht selbstständig zu atmen versuchte. Wenn die Lunge so geschädigt und geschwächt war… Tsunade seufzte angestrengt. Doch so leicht hatte sie noch niemanden aufgegeben und es war mehr nötig, damit sie sich einer Situation nicht gewachsen fühlte. „Kakashis Besuch habe ich weggeschickt.“ „Welcher Besuch?“ „Obito.“ Für einen Moment dachte Tsunade darüber nach, ob sie den Uchiha Jungen über den aktuellen Stand seines Kameraden in Kenntnis setzen sollte. Die beiden waren ein Team und auch Seite an Seite durch diesen Alptraum gegangen. Aber nur, weil sie zu zweit waren, hieß das noch lange nicht, dass sie es gemeinsam soweit geschafft hatten. Noch wusste niemand, was eigentlich passiert war. Sollte sie den Jungen treffen, würde sie spontan entscheiden, ob sie Obito aufklärte. Nicht nur über Kakashi, sondern auch über die Konsequenzen, die das alles für Minato hatte. Vielleicht war es dann sogar sie selbst, die aufgeklärt wurde und erfuhr, was damals im Wald geschehen war. Wie dem auch sei, das musste warten. „Danke. Wenn du möchtest, kannst du jetzt gehen.“ ~~ Minato Namikaze streckte sich schwerfällig in einem der Stühle und ließ sich anschließend mit einem ergebenen Seufzen wieder zurückfallen. Er war zuversichtlich, dass Tsunade die aktuelle Situation erheblich bessern konnte. Die kommende Zeit würde somit auch für Obito und Rin etwas weniger belastend werden, auch wenn sie sich deswegen nicht würden ausruhen können. Ob er die zwei Heranwachsenden überhaupt involvieren sollte? Er hatte zugestimmt, Tsunades Schulden zu tilgen, wenn das Dorf sie fürs Erste begleichen und man Kakashi helfen würde. Aber diese Schulden waren nicht so einfach mit ein bis zwei A- oder B-Missionen beglichen und er ahnte, dass der Hokage ihn zu allem Überfluss mit D- und C-Missionen strafen würde. Er würde mit seinem Team wieder von ganz unten anfangen müssen, weil er als Sensei versagt hatte. Weil er bewiesen hatte, keine Verantwortung übernehmen zu können. Sicherlich würden Obito und Rin bei den Missionen helfen wollen… trotzdem war es nicht fair. Er wünschte sich, dass sich die beiden wie alle ihrer Kameraden weiterentwickeln und ihre Ziele erreichen konnten. Und sie waren weit über das Niveau einer D-Mission hinaus. Er würde ihnen die Wahl lassen, sie sollten selbst entscheiden. Nicht, weil er sich vor der Verantwortung drücken wollte, sondern weil den beiden das Mitspracherecht genommen wurde seitdem dieser Alptraum seinen Lauf genommen hatte. Ob Obito weiterhin so übereifrig bei der Sache sein würde? Auf der einen Seite hoffte er es, auf der anderen spürte er Unmut. Obitos Eifer grenzte teilweise schon an Lebensmüdigkeit. Und inwiefern die aktuelle Lage Obitos zukünftiges Handeln beeinflussen würde, würde sich ebenfalls noch herausstellen. Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, den Uchiha bei ein paar Missionen etwas genauer zu beobachten. Für gewöhnlich gab sich der Uchiha nicht lange geschlagen und suchte nach Fehlschlägen immer wieder die Herausforderung. Minato hoffte inständig, dass Obito zu diesem alten Ich zurückfand. Früher war sein Antrieb dafür Kakashi gewesen, aber in Anbetracht der aktuellen Lage ging Minato davon aus, dass auch das sich ändern würde. Zumindest vorerst. Kakashi… Diesem Thema würde er sich die Tage mit Tsunade widmen. Er wollte wissen, wie sie seinen Zustand einschätzte. Erst dann würde sich entscheiden, wie es von nun an weiterging. Aus dem Augenwinkel erhaschte er Obito, der sich gerade der Rezeption näherte. Er war also tatsächlich im Krankenhaus - ob er Kakashi besucht hatte? Auf Minato machte der Junge einen eher verlorenen Eindruck. Während Obito sich über die Theke der Rezeption zu Misami lehnte, erhob Minato sich von seinem Platz und kam langsam von hinten auf ihn zu. „Hallo Obito!“ „Der Nächste!“, wie vom Blitz getroffen sprang Angesprochener erschrocken zur Seite und machte seinem Missbehagen Luft, „Wieso müssen sich denn heute alle von hinten anschleichen?!“ „Hab‘ ich dich erschreckt?“, mit einer Hand am Hinterkopf, grinste Minato halb verlegen, halb entschuldigend seinen Schüler an. Dem Uchiha fiel erst jetzt auf, mit wem er es zu tun hatte. Vor Schreck hatte er gar nicht darauf geachtet. „Se- Sensei?!… Was machen Sie denn hier?“ „Soll ich wieder gehen?“ „N-Nein, so war das nicht gemeint. Ich meinte nur, dass… na ja… also-“ „Schon gut, es ist alles okay, Obito. Das war nicht ernst gemeint.“ Minatos Lächeln war sanft und fürsorglich, ebenso wie seine Hand, die er auf Obitos Schulter legte. Mit etwas Druck bedeutete er seinem Schüler, mit ihm zu kommen und sich von möglichen Zuhörern zu entfernen. „Ich bin mit Tsunade hergekommen.“ Minato sah seinem Schüler an, wie seine Gedanken sich drehten und er herauszufinden versuchte, was das nun für sie alle bedeuten würde. Leise hörte er ihn vor sich hin nuscheln. „Ich habe gehört, dass sie hier sein soll, konnte es aber nicht ganz glauben.“ Obito wusste, er sollte sich freuen, aber eigentlich machte es ihm Angst, dass eine Sannin - die Wunderheilerin Tsunade - sich nun Kakashi annehmen würde. Es unterstich den Ernst der Lage. "Du machst dir zu viele Gedanken, Obito.“, Minatos Stimme war ruhig, als er den Jungen aus seinen Gedanken riss, bevor er sich in ihnen verlieren konnte. Minato schob seinen Schüler behutsam an den Schultern in Richtung der Stühle und bedeutete ihm, sich zu setzen. „Dass Tsunade hier ist, ist gut. Mach dir darüber keine Gedanken.“ „Aber das bedeutet, dass-“ „Es bedeutet, dass wir alle Shinobi aus Konoha sind und das Dorf zusammenhält. Wir helfen uns gegenseitig, das macht uns stark. Und das war noch nie anders.“ Auch wenn es einen Moment dauerte, so konnte Namikaze sehen, wie ein Teil der Last von Obitos Schultern fiel. Tsunade einzuschalten war ein großer Schritt gewesen, doch das sollte nicht Obitos Sorge sein. Im Gegenteil. Immerhin war das Ziel, ihm und Kakashi zu helfen. „Wir werden bald nach Konoha zurückkehren, dieses Mal wirst du mich begleiten.“ „W-was? Wieso? Und… Kakashi?“ „Nun, das hängt mitunter damit zusammen, dass Tsunade hier ist.“ Immerhin konnte er nach der Geschichte über Konohas Teamgeist seinem Schüler nicht erzählen, dass es einen Preis dafür gab, dass die Sannin nun vor Ort war - Und dass er diesen Preis abzuarbeiten hatte. „Denn sie kümmert sich ab jetzt um Kakashi. Das werden also alles sie und Shizune regeln. Wenn ich mich nicht irre, ist Shizune sogar schon dabei, alle Möglichkeiten abzuschätzen, die ihnen in Anbetracht der Umstände zur Verfügung stehen.“ „Also weiß sie es auch nicht…“ „Hm?“ „Dann weiß Tsunade auch nicht, ob Kakashi…“ „Wie gesagt, du machst dir zu viele Gedanken, Obito! Hab ein bisschen Vertrauen!“, er lächelte seinen Schüler auf vertraute Weise an, als er mit seiner Hand aufmunternd und zugleich tadelnd dessen Haare zerzauste. „Eins nach dem anderen. Ich denke, den morgigen Tag werden wir noch hier verbringen, aber spätestens abends oder noch in den frühen Morgenstunden des darauffolgenden Tages werden wir uns auf den Weg machen, um die Dunkelheit ausnutzen zu können.“ ~~ Als Tsunade den Raum betrat verschaffte sie sich rasch einen Überblick. Trotz des Status als Provinzkrankenhaus waren sie technisch gut ausgestattet. Die großen Ninja Dörfer hatten ihre Krankenhäuser gänzlich anders aufgebaut, immerhin hatten sie die Möglichkeit, Iryo-Nins für die Behandlung der Verletzten einzusetzen. Da dieses Dorf jedoch keinerlei Ninja ausbildete, mussten sie sich anderweitig helfen. Und soweit Tsunade die Lage beurteilen konnte, war dieses Krankenhaus gut vorbereitet. Besser, als sie es erwartet hatte. Dennoch, ihr Ziel war es, Kakashi von jeglicher Technik zu befreien. Ihr Patient schien zu schlafen und sie nicht bemerkt zu haben. Sie fragte sich, wie viel Bedeutung sie dem beimessen sollte. Müsste der Junge nicht Schmerzen haben, die ihn keine Sekunde ruhen ließen? Oder hatten eben genau diese ihn erneut überwältigt? Während Tsunade sich darüber Gedanken machte, fing sie an, die Knöpfe der einzelnen Geräte auszuprobieren, bis sie den gewünschten Effekt erreicht hatte. Viele davon waren ihr neu und das gelegentliche Piepen signalisierte ihr, dass sie ihr Ziel noch immer nicht erreicht hatte. Sie merkte, wie sie langsam die Geduld verlor und entschied, notfalls einfach kurzerhand die Stecker eines jeden einzelnen ziehen, bevor sie ihre Zeit vergeudete. So würde es auch gehen. „Hallo Kakashi“, sprach sie ihn aufmunternd an. Die Geräusche mussten ihn geweckt haben und Tsunade war froh, dass er nun doch von selbst die Augen geöffnet hatte. Seine Iriden folgten langsam ihrer Stimme, bis sie auf ihrem Gesicht Halt machten. Sein Blick war verklärt und noch etwas benommen, eine Tatsache, die Tsunade sichtlich entspannte. Dass der Junge nicht reagiert hatte, als sie ins Zimmer kam, lag also nicht an seinen Wunden. Seine geweiteten Pupillen hatten ihn verraten - die Medikamente wirkten wohl länger, als sie angenommen hatte. Ihr entging nicht, wie es in seinem Kopf anfing zu arbeiten, er musste sie erkannt haben. Auch wenn seine Reaktionen stark verzögert und schwach waren. Laut Shuichi war Kakashi jedoch bereits vor ein paar Tagen ansprechbar gewesen. Vielleicht hatten die Ärzte bemerkt, dass sie eine höhere Dosis verabreichen mussten, um ihm den Schmerz nehmen zu können. Wie Tsunade erfahren hatte, war das Ziel, Kakashi solange ruhig zu stellen, bis seine Verletzungen nicht mehr kritisch waren. Aber Abwarten und Nichtstun würde in diesem Fall nicht helfen, davon war sie überzeugt. „Ich bin hier, um dich zu untersuchen.“ Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, entfernte sie auch schon das dünne Laken, das als Decke diente. Für einen Moment hielt sie inne und überlegte. Wenn Kakashi seine Verletzungen nicht richtig spürte, würde sie aus seinen Reaktionen im Moment nichts Wissenswertes gewinnen. Dennoch, gegen eine erste Untersuchung sprach nichts, nur würde sie entgegen ihres ursprünglichen Vorhabens so behutsam wie möglich vorgehen und jegliche Reizung vermeiden. Außerdem hatte sie den ein oder anderen Apparat nicht ausschalten können und das Risiko, einen Alarm auszulösen und die halbe Ärztekammer dadurch hier zu versammeln, wollte sie nicht eingehen - ihr stand nicht der Sinn nach weiteren Diskussionen. Bis morgen würde sie sich über die Technik informiert haben, oder den Stecker einfach von Anfang an ziehen. Schnell hatte sie sich freie Sicht auf Kakashis Oberkörper verschafft. Sie sah die abheilenden Blutergüsse und nur wenige offene Wunden auf seiner Vorderseite – keine davon fesselte ihn an dieses Bett. Aber sie konnte sofort den Unterschied der Läsionen erkennen. Diese Wunden stammten aus verschiedenen Kämpfen, sie waren unmöglich am gleichen Tag entstanden. Und die Älteren waren nicht weniger ernst als die Jüngeren. Da hatte jemand ganze Arbeit geleistet. Sanft fuhr sie mit ihren Fingern die dunklen Stellen auf Kakashis Haut nach und tastete sich vorsichtig voran. Soweit schienen ihre Unterlagen korrekt zu sein. Und dem Hatake machten diese Berührungen noch nicht allzu viel aus. Ihre eiskalten und somit auch kühlenden Hände spielten ihr positiv zu. Trotz allem konnte sie die Panik in den Augen des Jungen sehen. Er wusste, dass sie sich mit seinem Brustkorb nicht zufriedengeben würde. Wahrscheinlich konnte er seine Wunden und deren Ausmaß bereits die ganze Zeit spüren, wenn auch abgeschwächt. Natürlich, keiner war näher am Geschehen als er selbst, als ihm die Wunden zugefügt wurden. Er musste sie wahrscheinlich gar nicht spüren, Kakashi wusste, wo die Messer seine Haut durchdrungen hatten. Er versuchte noch nicht einmal sich zu wehren, oder einen Laut von sich zu geben. Nur seine dunklen Iriden sprachen Bände. Tsunade atmete tief ein, sammelte sich und ließ die Luft langsam wieder entgleiten. „Ich sehe es mir nur an.“ Sie musste ihm nicht schon jetzt sagen, dass sie morgen nicht mehr so viel Nachsicht mit ihm haben würde, und im Grunde genommen wollte sie selbst nicht daran denken. Auch ihr widerstrebte ein solches Vorgehen, aber ihn zu heilen war leichter gesagt als getan. Eine falsch kurierte Verletzung war gleichzusetzen mit einem irreversiblen Schaden. Tsunades Hände wanderten über Kakashis Körper, bis sie eine Position gefunden hatte, in der sie ihn in eine Seitlange bringen konnte, ohne ungewollt Druck auf eine der Wunden auszuüben. Vorsichtig begann sie, Kakashi auf die Seite zu drehen und wartete, als sie ihn in der gewünschten Haltung hatte. Tsunade spürte unter ihren Fingern Kakashis Muskeln und Sehnen, die schwach versuchten, sich gegen die Bewegung zu wehren und hörte die erstickten Laute der Qual. Den Schmerz, den Kakashi in diesem Moment durchlebte, konnte sie ihm ansehen. Soweit Tsunade wusste, war Kakashi als Shinobi nicht nur stark und ausdauernd, sondern auch unempfindlich was den Kampf anging. So schnell würde man ihm nichts anmerken, doch die jetzige Situation zerrte an seinen Nerven – und das im wahrsten Sinne. Auch, wenn es nicht die erste schwierige Phase in seinem Leben war, so durfte keiner von ihnen je vergessen, dass Kakashi kein Erwachsener war. Er war immer noch ein Kind, ein Jugendlicher, der genauso wie andere auch Weisung, Unterstützung und Nachsicht brauchte. Der noch so viele Jahre seines Lebens vor sich hatte und so viel erleben sollte – und sie würde persönlich dafür sorgen, dass er das auch tat. Seitdem sie mit der Untersuchung begonnen hatte, vermied sie jeden Augenkontakt und auch Kakashi versuchte nicht einmal, sie aus den Augenwinkeln zu beobachten. Sie konnte sich vorstellen, wie entblößt sich Kakashi aufgrund seiner Hilflosigkeit fühlen musste und war froh, sich gänzlich seinem Rücken widmen zu können. Ihn nicht direkt in die Augen sehen zu müssen, machte es für sie und sicherlich auch für Kakashi einfacher. Doch das stille, salzige Nass, das sich in Kakashis Augenwinkel gesammelt hatte, war ihr nicht entgangen. Er hatte all diese Verletzungen erleiden und diesen Albtraum durchleiden müssen und dennoch vergoss er nur eine einzige Träne. Und auch diese war wahrscheinlich nur durch den Reiz, den sie verursacht hatte, ausgelöst worden. Tsunade löste eine ihrer Hände und begann behutsam, die Verletzungen freizulegen. In einer fast selbstverständlichen und unscheinbaren Bewegung hatte sie sanft die Träne weggewischt. Weder hatte sie ihm dabei ins Gesicht geblickt noch hatte sie vor es zu kommentieren. Sie wollte Kakashis Stolz respektieren, bevor er in sich zusammenbrach, und außerdem war er ihr Patient. Kakashi konnte also nicht nur die Behandlung, sondern auch Einfühlungsvermögen von ihr erwarten. Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Als sie allmählich die Pflaster, Wundkompressen und Verbände gelöst hatte, stockte ihr der Atem. Das war nicht das, was sie erwartet hatte. Das waren keine einfachen Stichwunden, die es zu behandeln galt. Was sie sah, spiegelte wider, was sie selbst zu gut kannte und das, was Minato im Wald gesehen haben musste. Sie hatte den Horror in den Augen des berüchtigten Gelben Blitzes wiedererkannt. Jedes Schlachtfeld hatte eine eigene Sprache, durch die es mit den Zurückgebliebenen kommunizierte. Da Kakashi es jedoch lebend ins Dorf geschafft hatte, hatte sie ein derartiges Ausmaß nicht erwartet. Es waren nicht nur Stichwunden und Schnitte simpler Klingen, die sich tief in seinen Rücken gebohrt hatten. Wenn sie sah, wie sehr die Haut zerschnitten und sogar zerfetzt worden war, konnte es sich nicht um normale Kunai oder Messer handeln, die die beiden Shinobi abbekommen hatten. Diese Wunden waren die Spuren eines Kampfes auf Leben und Tod, sie waren Beweise einer Schlacht, die Kakashi noch lange nicht überstanden hatte. Solche Verletzungen hatte sie lange nicht gesehen. Nicht seit dem letzten Krieg. Für einen Moment fühlte sie sich ratlos und Zweifel überkamen sie. War es wirklich eine gute Idee, die Medikation des Hatake herabzusetzen? Sollte sie die schmerzlindernden Mittel wieder erhöhen? Hätte sie ihn sich vorher ansehen sollen? Es überraschte sie nicht länger, dass die Dosis um einiges stärker angesetzt war, als sie erwartet hatte. War es wirklich das Richtige, was sie hier tat? Wieder hielt sie inne, atmete lautlos tief ein, spürte ihre Lungen, die sich mit Sauerstoff füllten, fühlte die Luft, die ihr Inneres bewegte und den Moment des Stillstandes, bevor sie langsam ausatmete. Wieder und wieder. Sie musste sich sammeln, ihre Gedanken ordnen. Sie tat das Richtige. Denn auch, wenn Kakashis Verletzungen ein weitaus gravierenderes Ausmaß hatten, als sie es erwartet hatte, so würde sie ihre Behandlung nicht ändern können. Sie wollte es auch gar nicht; um seines Willen. Um aus dieser Sache wieder herauszukommen, musste er dadurch, auch wenn es hart war. Sie konnte sich den Luxus nicht leisten, sich jetzt in Selbstzweifel verlieren zu können. Kakashi brauchte Hilfe und die würde er von ihr bekommen – auch, wenn es sich für ihn vorerst nicht danach anfühlen würde. Danach würde sie ihn ordentlich durch die Mangel nehmen und anschließend Obito. Und abschließend würde sie ihren Sensei darauf hinweisen, dass Namikazes Team diese Mission nie hätte bekommen dürfen. Das Versagen lag nicht bei Namikaze, sondern bei ihrem Sensei selbst. Das hier waren Kriegsverletzungen. Verursacht durch Waffen, die man weder zum Kampf noch zur Verteidigung, sondern ausschließlich zum Töten einsetzte. Ihr Sensei hatte den Anforderungsgrad der Mission erheblich fehleingeschätzt und ein Team ausgewählt, das diesem Level nicht gerecht werden konnte. Minato hatte lediglich auf Basis beidseitiger Fehlinformation gehandelt. Er hatte sich auf den Hokage, die ihm gegebenen Informationen und sein Team verlassen. Und trotz allem hatten die zwei Jugendlichen es irgendwie aus dem Wald geschafft. „Ihr beide seid wirklich interessante Shinobi.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)