Amigo del alma von Vampyrsoul (Boston Boys 5) ================================================================================ Kapitel 7: Perdón ----------------- Chico stieg mit neugierigem Blick aus dem Auto und hielt die Nase in die Luft. Nicht nur er war gespannt, was ihn erwartete. Tatsächlich hatte ich am Vortag endlich mal wieder pünktlich Feierabend machen können und mit Hilfe von Peppers Herrchen eine mögliche Lösung gefunden: einen Hundesitter. Nun musste ich nur noch kurzfristig einen finden und mir Gedanken machen, wie ich das finanzierte. Ich hatte keine Ahnung, wie teuer so etwas war, aber wenn Chico fast den ganzen Tag betreut werden musste, war das sicher nicht ohne. Doch irgendwie würde ich das schon hinbekommen. Was mich nervös machte: Ich hatte den Punk am Vortag nicht in seiner Wohnung angetroffen. Ich hatte es mehrmals versucht, jedoch ohne Erfolg. Nun gab es zwei Möglichkeiten: Ich würde ihm gleich bei der Selbsthilfegruppe begegnen und musste das dort mit ihm klären oder ich hatte ihn doch schwerer verletzt, als es zunächst den Anschein machte. Daran wollte ich überhaupt nicht denken, daher hoffte ich einfach, dass er am Abend unterwegs gewesen war. Chico beschnupperte auf dem Weg zum Eingang jedes Auto, an dem wir vorbeikamen, ausgiebig. Ich ließ ihn machen, es kaufte mir Zeit. Ich wusste, dass das feige war, aber ich hatte einfach keine Ahnung, wie die Begegnung verlaufen würde. Und vor allem, was Elmer dazu sagen würde. Zum Glück hatte dieser nichts dagegen gehabt, als ich ihn fragte, ob ich Chico mitbringen dürfte. Die einzige Bedingung war, dass ich ihn notfalls ins Auto bringen musste, wenn ein Teilnehmer Angst hatte. Versuchen wollte ich es aber wenigstens. Immerhin hörte Chico normalerweise sehr gut und ich hatte seine Decke dabei. Wenn ich es ihm sagte, würde er sich darauf legen und die anderen in Ruhe lassen. Im Gebäude setzte er seine Erkundung fort, doch nun legte ich doch einen Schritt zu. Zu spät wollte ich auch nicht kommen. Im Idealfall konnte ich noch vor Beginn der Sitzung mit Watkins reden. Zu meinem Pech war das nicht der Fall. Es waren schon alle da und Elmer machte klar, dass er beginnen wollte. Also setzte ich mich auf den letzten freien Platz, Chico ließ ich erstmal an der Leine in die Mitte des Kreises. Einige Teilnehmer sahen ihn direkt freundlich und neugierig an. Elmer wandte sich an mich. »Magst du uns deinen Begleiter vorstellen?« »Ja klar. Das ist Chico. Er ist etwas über ein Jahr alt und daher noch sehr neugierig, aber freundlich. Wenn es für euch in Ordnung ist, würde ich ihn von der Leine lassen, damit er euch kennenlernen kann? Ansonsten setzt er sich auch in die Ecke und hört nur zu.« Es erhob niemand Widerspruch, daher machte ich die Leine los. Chico sah zu mir auf, als warte er auf eine Erlaubnis. Daher kraulte ich ihn hinterm Ohr, um zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Sobald er verstanden hatte, dass er sich frei bewegen durfte, marschierte er zur ausgestreckten Hand eines der Teilnehmer. Nachdem er kurz geschnuppert hatte, ließ er sich kraulen. Eine Weile herrschte Stille, während Chico der Reihe nach jeden beschnupperte und sich kraulen ließ. Ein Grund, warum ich mich für einen Xolo ausgesprochen hatte, war, dass sie gute Wachhunde und misstrauisch gegenüber Fremden waren. Tja, mit Chico hatten wir da einfach ein besonderes Exemplar. Bisher war er noch auf jeden Fremden zugegangen und machte nun keine Ausnahme. Als langsam Ruhe einkehrte und jeder, der wollte, Chico gekrault hatte, ergriff Elmer wieder das Wort. »Mat, was ist denn mit dir passiert?« Bisher hatte ich vermieden, ihn anzusehen, doch nun blieb mir nichts anderes übrig. Mein Schlag hatte offenbar gesessen, denn seine Lippe war noch immer geschwollen. Von der Wunde sah man zum Glück nicht mehr viel. Gespannt hielt ich die Luft an. »Nur eine kleine Auseinandersetzung. Nichts Schlimmes.« Verwundert sah ich ihn an. Ich hatte damit gerechnet, dass er die Chance ergriff und mich bloßstellte. Doch er sah mich nicht einmal an. Stattdessen war sein Blick auf Chico gerichtet. »Bist du sicher?«, fragte Elmer noch einmal eindringlich nach. Der Punk nickte und sah ihn direkt an. »Ja klar. Du weißt doch, manchmal muss man einstecken, wenn man sich für andere einsetzt.« Überzeugt schien der Gruppenleiter nicht, ging aber auch nicht weiter darauf ein, sondern machte mit der normalen Tagesordnung weiter. »Haben sich in den letzten zwei Wochen irgendwelche Fragen ergeben, die ihr gerne in die Gruppe stellen würdet? ... Nicht? Dann würde ich vorschlagen, ihr schiebt mal die Stühle an den Rand und wir machen ein kleines Spiel. Eloy, kannst du den Hund etwas zur Seite bitten? Er kann danach weiterkuscheln.« Ich breitete Chicos Decke in einer Ecke aus, rief ihn zu mir und gab ihm dann den Befehl, sich zu setzen, während ich auf die Decke deutete. Gehorsam ließ er sich nieder, hielt aber den Blick auf die Gruppe gerichtet. Es war ihm anzusehen, dass er gern mitgespielt hätte. »Ich danke euch für euer Kommen. Das war eine wirklich arbeitsreiche und erfolgreiche Sitzung. Ich hoffe, ihr konntet alle etwas daraus mitnehmen«, beendete Elmer die Sitzung. »Vor allem, dass Eloys Hund und Mat im Partnerlook rumlaufen«, witzelte einer der Teilnehmer. Nicht einmal ich konnte mir ein Schmunzeln verkneifen. Irgendwo hatte er ja recht. Wenn man so wollte, dann sah Chicos spärliche Behaarung, die sich über seine Stirn zog, wie ein Iro aus. Auch der Punk schmunzelte und kraulte Chicos Nacken. Dieser Verräter hatte fast die gesamte Zeit mit dem Kopf auf dessen Schoß gelegen. Selbst, wenn er mal für eine Weile nicht gekrault wurde. Wenn ich es nicht unterbunden hätte, wäre er ihm sogar auf den Schoß geklettert. Nicht, dass er das nicht bei mir auch ab und zu versuchen würde, aber er wusste, dass das verboten war. Immerhin gab mir das eine gute Gelegenheit, noch einmal mit dem Punk zu reden. Ich ging zu ihm rüber, legte Chico die Leine an und fragte leise: »Können wir gleich auf dem Parkplatz reden?« »Reden? Oder mir nochmal eine reinhauen?«, fragte er leise, aber aggressiv. Ich spürte, wie mein Blut wieder anfing zu kochen. Musste das sein? Er hatte doch vorher nichts davon erwähnt, dass ich das gewesen war, warum dann jetzt? Unruhig sah ich mich um, doch niemand schien auf uns zu achten. Die kleinen Grüppchen, die sich bildeten, waren mit sich beschäftigt. »Reden.« »Dir gehört der schwarze Pick-up, richtig? Wir treffen uns gleich dort.« Er stand auf und ging auf einen der anderen Teilnehmer zu. Ich schnappte mir Chicos Sachen und begab mich direkt nach draußen. Das würde mir die Chance geben, mich wieder etwas runterzufahren, und Chico konnte noch eben seine Notdurft verrichten. So nervös wie er mittlerweile im Raum herumlief und jede Ecke inspizierte, wurde es Zeit. »Was möchtest du?« Der Punk blieb ein Stück von mir entfernt stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Daran änderte auch Chico nichts, der sofort auf ihn zustürmte und auf weitere Streicheleinheiten hoffte. Ich atmete tief durch und brachte mich noch einmal zur Ruhe. Die Worte waren wie zähflüssiger Teer. »Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich hätte dich nicht schlagen dürfen.« Er nickte ruhig. »War’s das?« »Nein. Wenn es in Ordnung ist, würde ich gerne die Wand reparieren. Es wird zwar ein paar Tage dauern, aber ich denke, das bin ich dir schuldig.« Nun dauerte etwas länger, bis er reagierte. Fast hatte ich das Gefühl, dass mich sein Blick durchbohrte. »Ist gut. Sag mir nur, wann du kommst, damit ich zu Hause bin.« »Morgen Abend? So ab sechs? Ich muss noch einiges besorgen, vor allem Gipsplatten, aber das sollte ich hoffentlich schaffen.« »Die besorge ich. Schreib mir, wenn du es nicht schaffst. Ich hab keine Lust, ewig zu warten.« Ich wollte ihn gerade darauf hinweisen, dass ich das schlecht konnte, als er in seiner Hosentasche wühlte, seinen Geldbeutel hervorholte und mir daraus eine Visitenkarte gab. Ich nahm sie entgegen und betrachtete sie eingehend. Sie war komplett in Schwarz gehalten, den Hintergrund zierte eine graue, gehörnte Fratze. Zunächst sprang mir der rote, mit blutstropfenversehene Schriftzug »Death Demons« am oberen Ende ins Auge. Darunter war ebenfalls in Rot zu lesen: »Mathew Watkins ›Zombie‹, Drummer«. Dann folgten Handynummer und E-Mail-Adresse. War ja klar, dass er auch offiziell keiner vernünftigen Arbeit nachging. Für einen Moment standen wir uns gegenüber. Ich war unsicher, wie ich jetzt reagieren sollte. Immerhin war das alles deutlich ruhiger abgelaufen, als ich es erwartet hatte. Ich räusperte mich und deutete auf meinen Wagen. »Bist du mit dem Auto hier? Oder soll ich dich mitnehmen?« Er schnaubte verächtlich. »Als würde ich mit dir in ein Auto steigen. Komm ja nicht auf falsche Gedanken. Ich möchte nur dieses hässliche Loch in meiner Wand loswerden. Deswegen kommst du noch lange nicht an meinen Arsch.« Das Blut rauschte in meinen Ohren. »Niemand will deinen hässlichen Arsch!« »Klar.« Er drehte sich auf der Stelle herum und ging in die entgegengesetzte Richtung davon. Nachdem er ein paar Schritte gemacht hatte, hob er die Faust und streckte den Mittelfinger hervor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)