Amigo del alma von Vampyrsoul (Boston Boys 5) ================================================================================ Kapitel 5: Un perro llamado Chico --------------------------------- Unruhig lief ich in der Eingangshalle auf und ab, hielt dabei das Schild hoch. Ich kam mir recht merkwürdig vor, damit durch die Gegend zu rennen. Mehr als genug Leute grinsten, als sie die Aufschrift lasen. Aber ich wollte sichergehen, dass ich gesehen wurde. Dafür stellte ich mich auch gerne mit einem Schild in den Flughafen, auf dem ›Junge‹ stand. Die Halle leerte sich bereits, als eine braunhaarige Frau mit einem Kofferkuli auf mich zukam und mich nach einem Blick auf das Schild anlächelte. Das Gepäck zeigte, dass sie diejenige war, auf die ich wartete. Unter dem großen Koffer befand sich eine Transportbox. Ich machte ein paar Schritte auf sie zu und erwiderte das Lächeln höflich. »Sie sind sicher Mrs. Segovia.« »Ja. Mr. Meléndez, nehme ich an?« Sie reichte mir die Hand, die ich sofort ergriff. »Genau. Ich danke ihnen für ihre Hilfe.« Das musste erstmal an Höflichkeiten genügen. Ich kniete mich vor die Transportbox. »Hey Buddy, na, geht es dir gut?« Chico öffnete nur leicht die Augen, wedelte aber sofort mit dem Schwanz, als er mich erkannte. Ich steckte einen Finger durch die Gitterstäbe. Seine Zunge schnellte hervor und schleckte darüber, bevor ich kurz über seine Schnauze kraulen konnte. »Hast du den Flug gut überstanden?« »Ihr Bruder hat ihm Beruhigungsmittel gegeben, damit er den Flug durchschläft. Aber er sollte bald wieder fit sein«, erklärte die Frau. Ich nickte mit einem höflichen Lächeln, während ich wieder auf die Beine kam. Das hatte ich mir schon gedacht. »Kann ich Ihnen noch mit dem Koffer helfen?« Sie errötete leicht. »Ja gern. Mein Auto steht auf dem Langzeitparkplatz. Wenn es Ihnen keine Umstände macht.« »Nein, keine Sorge. Immerhin haben Sie ja den Kleinen mitgebracht. Das waren sicher deutlich mehr Umstände.« Ich griff nach dem Transportwagen, sobald sie ihn losgelassen hatte, und folgte ihr durch den Flughafen. Ich war froh, dass ich es sich als sehr einfach herausgestellt hatte, übers Internet jemanden zu finden, der ihn mitnahm. Ansonsten hätte ich ihn persönlich abholen müssen. Aber notfalls wäre es eben nicht anders gegangen. Ich seufzte. Was tat man nicht alles für so einen Flohfänger. Aber immerhin hatte alles reibungslos geklappt. Selbst mit der Hausverwaltung war es leichter geworden als zunächst angenommen. Sie waren zwar wegen Chicos Größe etwas skeptisch, hatten sich aber schnell überzeugen lassen, dass er gut erzogen war und keinen Ärger machen würde. Auf dem Weg zu Mrs. Segovias Auto erkundigte ich mich höflich, was sie nach New York führte, wie lange sie blieb und so weiter. So viel Smalltalk war ich ihr für den Aufwand schuldig. Nachdem ich ihr geholfen hatte, den Koffer ins Auto zu hieven, bedankte ich mich noch einmal aufrichtig und wünschte ihr eine gute Fahrt. Dann rollte ich mit dem Karren durch den halben Flughafen zurück zu meinem Auto, das leider auf einem völlig anderen Parkplatz stand. Endlich angekommen, lud ich Chico samt Transportbox auf den Rücksitz. Noch immer wirkte er ziemlich weggetreten. Dennoch öffnete ich kurz die Tür und kraulte ihn hinterm Ohr. So begeistert es in seinem Zustand möglich war, leckte er mir über die Hand. Lachend versicherte ich ihm: »Ich hab dich auch vermisst.« Aus einer Wasserflasche gab ich ihm etwas zu trinken, dann musste ich ihn für einen Moment allein lassen, um den Wagen zurückzubringen. Zum Glück gab es eine Sammelstelle gleich in der Nähe. Als ich ins Auto einstieg, hörte ich Chico leise winseln, doch es verstummte sofort, als ich leise mit ihm sprach. Hoffentlich erholte er sich bald vom Flug und den Beruhigungsmitteln. Denn eigentlich mochte er Autofahrten. Sobald er fit genug war, würde ich ihn nach vorne holen, dann musste er sich hinten nicht so einsam fühlen. Tatsächlich kam er erst eine halbe Stunde vor Boston wieder richtig zu sich. Doch dann war er so aufgedreht, dass schon die kurze Runde, die ich auf einem Rastplatz mit ihm drehte, zu einem Kraftakt wurde. Obwohl er sonst auf jedes Kommando reagierte, machte er nun seiner Wiedersehensfreude ausgiebig Luft. Daher musste er doch wieder in die Transportbox. Ich konnte nicht gebrauchen, dass er auf den Beifahrersitz sprang oder, noch schlimmer, versuchte, auf meinen Schoß zu klettern. Wenn er einmal richtig aufdrehte, merkte man ihm sein junges Alter eben doch noch an.   Zuhause ließ ich ihn aus der Box und ging mit ihm in einen kleinen Park im Viertel, wo es eine Hundewiese gab. Es war zwar schon spät und vermutlich kaum noch jemand dort, aber Chico sollte sich nach dem Trip ruhig austoben. Danach würde er sicher schlafen wie ein Baby. Doch ich hatte mich getäuscht. Ein paar Hunde waren noch auf der Wiese. Sobald Chico sie entdeckte, wurde er wieder aufgeregt, dabei war ich eigentlich froh gewesen, dass sich das auf dem Weg etwas gelegt hatte. Daher beobachtete ich die anderen Hunde, bevor ich Chico auf die Wiese ließ. Ich wusste aus Erfahrung, dass er sehr grob spielte und dieses Verhalten einigen Hundebesitzern Angst machte. Zum Glück waren jedoch keine kleinen Hunde anwesend. Alle waren entweder so groß wie er oder größer. Ein junger Mann mit Nerdbrille und Lockenkopf kam auf mich zu und betrachtete Chico einen Moment. Dann lächelte er mich an. »Hallo. Entschuldigen Sie, wenn ich sie so direkt anspreche, aber ich habe Sie hier noch nie gesehen. An den süßen Racker hätte ich mich erinnert; es ist ungewöhnlich, hier Nackthunde zu sehen. Wollen Sie ihn gar nicht auf die Wiese lassen?« Ich grummelte eine Begrüßung. Mir war durchaus bewusst, dass viele Xoloitzcuintles für hässlich hielten. Trotzdem liebte ich ihn und jetzt, da er endlich in seine Haut reingewachsen war, sah er richtig majestätisch aus, während ihm die paar hellen Haare an der Stirn etwas Süßes verliehen. »Chico spielt recht wild und ich bin mir noch nicht sicher, ob es eine gute Idee ist mit so vielen fremden Hunden.« »Ah, ja, das versteh ich. Lassen Sie uns ein wenig da rübergehen, dann kann er Pepper kennenlernen. Dem macht ein wenig Raufen nichts aus.« Er pfiff und rief dann nach seinem Hund, während wir uns auf den Weg zu einer Ecke der umzäunten Wiese machten, an der gerade keine Hunde spielten. Ein braun-weißer Schlittenhund, der ein wenig größer war als Chico, kam angerannt und blieb mit treudoofem Blick vor seinem Herrchen stehen. Dann fiel sein Blick auf Chico, den ich gerade ableinte. Langsam kam er auf uns zu, als es ihm nicht verboten wurde. Chico beobachtete den Neuankömmling mindestens genauso interessiert. Sobald er sich frei bewegen konnte, ging er auf ihn zu und beide begrüßten und beschnupperten sich ausgiebig. Sobald diese Höflichkeiten erledigt waren, forderte Pepper Chico direkt zum Spielen auf. Tatsächlich schienen sich die beiden wirklich gut zu verstehen. Pepper hatte kein Problem mit Chicos ruppiger Art, im Gegenteil, er schien es zu genießen, sich ebenfalls austoben zu können. Und obwohl der fremde Hund größer und kräftiger war, interessierte Chico das herzlich wenig. Die beiden spielten gut eine halbe Stunde mit einigen kurzen Pausen, während ich mich mit dem jungen Mann über unsere Hunde unterhielt. Für eine kurze Zeit kam auch noch eine Frau mit Schäferhund dazu, dem es aber bereits nach zwei Minuten zu viel wurde.   Als die Hunde müde wurden, kamen sie zu uns zurück. Pepper, von dem ich mittlerweile wusste, dass er ein Alaskan Malamute war, schien noch etwas Energie zu haben, doch er ließ Chico in Ruhe, sobald dieser ihm signalisierte, dass er genug hatte. Es war schön, zu sehen, wie gut erzogen das Tier war. Obwohl ich mich insgeheim fragte, was der eher schlaksige Kerl eigentlich ausrichten wollte, wenn der Hund mal seinen Kopf durchsetzte. »Kommen Sie ab jetzt öfter hierher? Ich denke, Pepper würde sich wirklich freuen«, fragte der Junge, als ich meinem Hund die Leine anlegte. »Ich denke ja. Chico wohnt ja jetzt bei mir.« Ich hatte wirklich nichts dagegen, wenn Chico einen festen Spielgefährten bekam. Dann war ich wenigstens sicher, dass er ausgelastet war. »Ich kann aber keine festen Zeiten ausmachen, weil ich im Schichtdienst arbeite.« »Oh, schade. Aber wenn es bei euch aufgeht: Wir sind jeden Tag ab etwa acht hier.« »Dann sehen wir uns morgen auf jeden Fall. Ich hab mir für Chicos Eingewöhnung ein paar Tage freigenommen. Dann hält er sicher auch länger durch. Er hat heute einen langen Flug hinter sich.« Mein Gegenüber lächelte und tätschelte seinem tierischen Gefährten den Kopf. »Wir freuen uns schon.« Freundlich verabschiedete mich. Wenn die Hundebesitzer hier alle so locker waren, würde es nicht schwer werden, noch ein paar weitere Spielgefährten für Chico zu finden.   In der Nacht wachte ich von ungewohnten Geräuschen in der Wohnung auf und brauchte eine Weile, bis ich realisierte, dass Chico es sich neben dem Bett bequem gemacht hatte. Ich war es schlicht nicht mehr gewohnt, nicht allein in der Wohnung zu sein. Einen Moment sah ich ihm Halbdunkel zu ihm hinunter, dann streckte ich die Hand nach ihm aus und kraulte ihn hinter den Ohren. Bis zu diesem Moment hatte ich es gar nicht wirklich bemerkt, aber ich vermisste die Nähe eines anderen Lebewesens. Ich war in den wenigen Stunden, die Chico wieder bei mir war, besser gelaunt gewesen, als in meiner ganzen bisherigen Zeit in Boston. Kurz dachte ich darüber nach, ihn in mein Bett zu lassen, doch wenn ich das einmal zuließ, dann würde er das immer wollen. Und ich hielt nichts von Tieren im Bett. Daher beließ ich es dabei, ihn sanft zu streicheln, während er leicht über meine Hand leckte und kurz wimmerte, bevor er sich noch etwas näher zu mir bewegte. Ich bildete mir ein, dass er meine Einsamkeit spürte. Vielleicht wurde es Zeit, mir hier mehr Freunde als nur meine Arbeitskollegen zu suchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)