Zum Inhalt der Seite

Priester und Mörder

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verfolgt

Kopfschmerzen waren das erste was er wahrnahm, als sein Bewusstsein langsam wieder klarer wurde. Castus Hand wanderte zu seiner Schläfe. Er öffnete seine Augen nur einen Spalt breit und es dauerte eine ganze Weile, bis er überhaupt etwas wahrnahm. Es war dunkel und roch ein wenig muffig.

Dennoch war ihm schnell klar, dass er sich nicht in seiner Kammer in der Kirche befand. Als er sich aufrichtete und die Leinendecke zurückwarf, stellte er entsetzt fest, dass er nackt war.
 

Verdammt, stell dich nicht so an, du weißt genau was passiert ist.
 

Castus umfasste seinen Kopf mit beiden Händen und schloss die Augen. Ungewollte Bilder strömten auf ihn ein. Eros, der sich über ihn beugte, seine Lippen, ihre Körper, die sich aneinanderpressten. Er biss die Zähne fest aufeinander. Er hatte einen Eid geleistet. Seine Bedürfnisse, sein Verlangen, es hätte ihn niemals von seiner Pflicht abhalten dürfen.
 

Ein wenig Spaß wird uns nicht umbringen. Du solltest mir eher danken.
 

Wie konnte das passieren? Stimmt, Eros hatte ihm Wahrheitsserum eingeflößt, seitdem war alles verschwommen. Das merkwürdigste an der ganzen Situation war, dass ein Teil von ihm sich zufrieden fühlte. Es war, als würden Cartans Gefühle sich mit seinen eigenen vermischen. Sein Verstand, sein Geist, war nicht länger klar.
 

Er atmete tief durch und erhob sich. Die Finsternis machte es nicht einfach irgendetwas zu finden, aber durch kleine Fenster schien ein wenig Mondlicht ins Zimmer. Es war noch immer, oder schon wieder Nacht. Wer wusste schon wie lange er geschlafen hatte, immerhin lange genug, damit das Wahrheitsserum aufhörte zu wirken.
 

Vom Boden sammelte er seine Kleidung auf und zog alles über. Wenn er wieder in der Kirche war, sollte er sich waschen und eine neue Robe anlegen, doch in diesem Moment hatte er dazu keine Möglichkeit.
 

Er ging zur Tür und rüttelte an der Klinke, doch nichts, sie war verschlossen. Klasse, offenbar hatte Eros ihn in einem seiner Verstecke eingesperrt.
 

Er will wohl dafür sorgen, dass wir ihm nicht weglaufen, damit wir später da weiter machen können, wo wir aufgehört haben.
 

Fahrig griff er nach der Ampulle, um seinen Hals. Ein Glück, sie war da, er war bereits dabei sie zu seinen Lippen zu führen, doch zögerte. Woher wusste er, dass es tatsächlich heiliges Wasser war? Alles war verschwommen, die letzten Tage existierten nur als bruchstückhafte Bilder.
 

Nicht dieses Zeug, ich will nicht verschwinden.
 

Sein Griff verstärkte sich und er trank gierig. Wenn Cartan sich beschwerte, dann war es tatsächlich das heilige Wasser, dass die Stimme des Dämons endlich zum Schweigen bringen würde. Doch er hielt erschrocken inne, als die Klarheit ausblieb. Der Geschmack war auch anders.
 

Reingelegt.
 

Nur ein Wort und doch ging es ihm durch Mark und Bein. Er war so töricht. Warum hatte er nicht erst einen kleinen Schluck probiert, nein, er musste gleich mehrere Schlucke trinken, ohne nachzudenken. Er war kaputt, er war durcheinander und nun würde er erneut verschwinden.
 

Es ist besser so. Du würdest nur alles kaputt machen.
 

„Kaputt machen? Was denn? Was sollte ich zerstören, dass du in letzter Zeit nicht bereits zerstört hast?“
 

Er zitterte.
 

„Bist du bei Pater Mechalis eingebrochen? Wirklich?“
 

Die Erinnerung strömte urplötzlich auf ihn ein. Unklar und nicht definiert, aber er sah wie seine Hände durch Papiere im Schreibtisch des Paters wühlten.
 

Du wolltest doch eine Möglichkeit oder nicht? Die Möglichkeit jemanden zu retten?
 

„Wenn es die gäbe, dann hätte Pater Mechalis es mir gesagt. Er hat keinen Grund zu lügen.“
 

Sein Körper fühlte sich schwer an, seine Finger, seine Beine, nichts wollte ihm länger gehorchen. Bis er erneut zum Beobachter wurde.
 

***
 

Cartan keuchte, Schweiß stand auf seiner Stirn. Das war knapp gewesen. Er hatte zu lange geschlafen, die Wirkung des Wahrheitsserums war begrenzt.
 

Wir sollten zur Kirche gehen. Melde dich bei Pater Mechalis und stehe für deine Sünden gerade.
 

Was sollte das? Warum hörte er Castus. Das Wahrheitsserum hätte ihn doch unterdrücken sollen. Leichter Schwindel befiel ihn. Instinktiv wollte er nach seinem linken Arm greifen, wollte zudrücken und kratzen, doch er hielt sich zurück. Das waren nicht seine Gedanken. Irgendetwas stimmte nicht. Die Wirkung des Wahrheitsserums war nicht mehr so stark wie zuvor.
 

Die Tür war verschlossen. Er war noch immer erschöpft und im Prinzip hätte er sich gerne wieder hingelegt und geschlafen, doch er wusste nicht, ob er dann nochmal als er selbst aufwachen würde. Und ein weiteres Mal könnte er Castus wohl nicht hereinlegen. Cartan musste also dafür sorgen, dass er die Oberhand behielt, bis er von Eros Nachschub erhalten würde. In der Ampulle um seinen Hals befand sich nur noch ein kleiner Schluck, da Castus einen Großteil der Flüssigkeit getrunken hatte. Aber immerhin sollte ihm das ein wenig Zeit geben.
 

Sein Blick wanderte umher, zwei kleine und schmale Fenster ließen Mondlicht herein, doch er könnte da niemals durchpassen. Die Tür war verschlossen und mit Eisen verstärkt. Mit seiner Feuermagie hätte er sich wahrscheinlich einen Weg nach Draußen brennen können, doch er hatte keinen Zugriff auf diese Macht. Sein Zustand erschien ihm noch weit fragiler, als an jenem Tag in der Kirche als er Pater Mechalis Arbeitszimmer durchwühlt hatte.
 

Was hast du dort gefunden? Was planst du?
 

Cartan grinste. Es war interessant, dass nun Castus die ungewollte Stimme in seinem Inneren war. Er wusste nur zu gut wie das war. Man beobachtete, man hörte Gedanken, die nicht die eigenen waren und konnte nur gelegentlich versuchen Einfluss zu nehmen. Nur Worte, doch nun hatte er die Macht Castus einfach zu ignorieren.
 

Eine weitere Tür führte wohl zum Erdgeschoss des verlassenen Hauses. Sie war mit Brettern verbarrikadiert, doch dieses Problem konnte er wahrscheinlich lösen. An der Wand lehnte das silberne Schwert mit dem Castus bereits unzählige Menschen oder Dämonen geköpft hatte.
 

Er griff danach, doch zuckte zurück, als er plötzlich Hitze an seinem Handgelenk fühlte. Irritiert wanderte sein Blick umher. Das Insigne reagierte auf etwas, was bedeutete, dass ein Dämon oder ein Wirt eines solchen in der Nähe war. Doch warum fühlte er das? Das war Castus Magie.
 

Wie du schon sagtest, deine Gelüste sind auch ein Teil von mir, doch genauso ist meine Magie und mein Glaube auch ein Teil von dir.
 

Er stieß die Luft aus, packte das silberne Schwert und fuhr herum. Der Kellerraum war leer, er war allein. Sollte Relias Kreatur an diesem Ort sein, so war sie draußen. Natürlich könnte es auch die Magierin selbst sein, immerhin war sie wohl so etwas wie eine alte Freundin von Eros. Es war also wohl nicht auszuschließen, dass sie eines seiner Verstecke kannte oder auch mehrere.
 

Und nachdem was geschehen war, war es durchaus nachvollziehbar, dass sie den Priester, der ihr auf die Schliche gekommen war, ausschalten wollte.
 

Das Problem war, er hatte keinen Zugriff auf seine Magie und das was er eigentlich bräuchte, wären Castus heilige Flammen. Besondere Feuer-Magie, die Dämonen verbrannte, aber nichts anderes.
 

„Verdammt.“ Vielleicht hätte er Castus nicht hereinlegen sollen.
 

Erneut wanderte sein Blick zur verbarrikadierten Tür, die sicher nach oben führte. Dort gäbe es größere Fenster und eventuell sogar eine unverschlossene Eingangstür. Aber sein Insigne brannte regelrecht an seinem Handgelenk. Das Wesen war nah. Vielleicht sogar bereits im Haus.
 

Cartan zuckte zurück als etwas gegen die Tür schlug. Nicht, die, die nach oben führte, sondern die welche in die Freiheit führte. Es war ein verstörender Anblick. Das Holz verwitterte langsam aber sicher. Wurde mit jedem Schlag morscher, bis bereits einzelne Bretter herunterfielen. Cartan sah schwarzen Stoff und er wusste er hatte keine Zeit zu zögern.
 

Er rannte regelrecht zum anderen Ausweg und schlug mit dem Schwert gegen die Bretter, welche mit Nägeln in die Wand neben der Tür geschlagen worden waren, immer und immer wieder. Leider hatte er keine Magie, die das Holz morsch machte, doch es waren ohnehin alte Barrikaden. Eros hatte sie wahrscheinlich länger nicht ausgetauscht. Das rettete ihn.
 

Das Holz splitterte, beinahe im selben Moment, wie die Zugangstür. Hektisch zog er die Tür auf und stürmte die Treppen nach oben, ohne sich nochmal umzusehen. Cartan achtete nicht auf seine Umgebung, alles was er suchte war ein Fenster. Das erste was er fand zog er auf und sprang nach draußen. Er landete auf hartem Stein und schürfte sich das Knie auf, doch das war egal.
 

Das Vieh was da gerade in Eros Versteck eingedrungen war, hätte ihn garantiert getötet, daran bestanden für ihn keinerlei Zweifel. Er richtete sich hastig wieder auf und rannte los. Alles was ihm einfiel war zur Kirche zurückzukehren. Die vage Hoffnung, dass der heilige Boden das Wesen fernhalten würde, trieb ihn an. Waren das seine Gedanken oder die von Castus? Er vermochte es nicht länger klar zu trennen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück