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Priester und Mörder

von

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Konfrontation

Castus fühlte sich, als würde er aus einem Traum erwachen. Kein schöner Traum, ein Alptraum voll skurriler Bilder. Eros der sich über ihn beugte. Schmerzen, seine eigene Erregung. Worte, die nicht er aussprach. Sein Kopf schmerzte beim Versuch die Erinnerungen zu greifen.
 

Er öffnete die Augen vorsichtig und erkannte, dass er sich in seiner Kammer befand. Die Kirche, sein zu Hause, seine Zuflucht. Hatte er einfach nur schlecht geträumt?
 

Eros hatte ihn nach dem Treffen mit Elisa abgefangen und ein Teil von ihm glaubte, dass der Attentäter ihn gefoltert hatte. Hitze durchflutete seinen Körper. Instinktiv umfasste er seinen linken Unterarm und drückte zu, so fest er nur konnte, doch es half nichts. Erinnerungen. Seine Hand fuhr zu seiner Brustwarze. Geschwollen. Der andere hatte ihn mit einer Zange bearbeitet. Erregung durchflutete den Priester und zwang ihn dazu zu keuchen.
 

Beinahe panisch sprang er auf, musste jedoch feststellen, dass sein Körper geschwächt war.

Er taumelte und ließ sich erneut auf das Bett sinken.
 

Wie war er hierhergekommen? Es war unangenehm. Fast wie ein ausgeschlafener Rausch. Doch er hatte sich solcher Dinge entsagt. Cartan war der Säufer, der Versager.
 

Du bist ebenso Ich. Der Teil von mir, der sich vor der Verdammnis fürchtet und deshalb seinem wahren Ich entsagt hat. Aber es reicht. Ich will nicht mehr verschwinden.
 

„Ich bin derjenige der die Kontrolle hat. Ich bin Castus, Gottes Streiter, du bist nur ein Dämon!“, entwich es dem Priester, bevor er tief durchatmete. Er musste sich beruhigen. Nichts und niemand durfte ihn vom Ziel abbringen. Der Dämon durchstreifte Lorring noch immer, brachte Tod und Chaos. Was auch immer geschehen war, es durfte ihn nicht von seiner Mission abbringen.
 

Die Ampulle um seinen Hals war verschwunden, was Castus sich nicht erklären konnte. Eros hatte ihm irgendetwas angetan, doch ohne Erinnerung und ohne Beweise, konnte er den Mann nicht beschuldigen.
 

Erneut richtete er sich auf und schritt zu einem reich verzierten Kelch, der in einer Ecke seiner Schlafkammer stand. Heiliges Wasser. Es würde seine inneren Dämonen bezwingen und ihm die nötige Klarheit schenken. Er tauchte seine Hände hinein und schöpfte ein wenig der Flüssigkeit ab. Er trank und fühlte die Erleichterung.
 

Castus fiel auf die Knie und begann zu beten: „Oh Herr, ich bin deiner Gnade nicht würdig, aber bitte erbarme dich der Bürger dieser Stadt. Gib mir die Kraft die Unschuldigen zu schützen und zu erretten.“
 

***
 

Am Abend desselben Tages hatte Castus seine Roben wieder angelegt und durchschritt die Straßen von Lorring mit einem klaren Ziel. Die Morde traten gehäuft in einem bestimmten Bereich auf. Jemand hatte seine Seele verkauft und befehligte den Dämon, daran bestand für Castus kein Zweifel. Und Pater Mechalis hatte Informationen, die einen Verdacht gegen eine bestimmte Magierin rechtfertigten.
 

Castus hatte eine neue Ampulle erhalten und trank rasch einige Schlucke des Heiligen Wassers. Er konnte sich keine Fehler erlauben. Das war zu wichtig.
 

Relia Florant, eine junge Magierin, welche selbst dem König gelegentlich zu Diensten war. Der Pater hatte ihm erzählt, sie könne die wahre Natur hinter Dingen oder auch Menschen erkennen. Also Spione aufdecken oder verfluchte Gegenstände identifizieren. Sie war in Lorring gesichtet worden, begleitet von einem dunklen Schatten.
 

Bisher belief es sich auf einen Verdacht und die ängstliche Aussage eines Bürgers, doch Castus‘ Insigne würde die Wahrheit offenbaren.
 

Er trug sein silbernes Schwert bei sich, da es gut sein könnte, dass es bereits an diesem Abend zum Kampf kommen würde.
 

Seine Schritte führten ihn rasch durch die Stadt, ganz bewusst versuchte er jeden Gedanken an Eros oder das was vielleicht geschehen war, auszublenden. Jede Ablenkung wäre Gift für seine Mission.
 

Das Anwesen erstreckte sich vor ihm, das Tor stand offen und Castus schritt unbeirrt voran. Ein gepflegter Garten, mit Rosensträuchern und Steinfiguren, erweckte den Anschein von Luxus.
 

Als er sich dem Gebäude näherte, trat ihm ein älterer Herr entgegen.
 

„Wünschen Sie ein Gespräch mit Frau Florant?“, fragte der Mann und verneigte sich leicht. Offenbar konnte sie sich sogar einen Diener leisten.
 

„Ja, ich habe etwas, zu dem ich gerne ihre Einschätzung hören würde.“
 

„Das übliche also. Folgen Sie mir.“
 

Der ältere Herr schritt voran und Castus folgte ihm ins Innere der Villa. Prunk wurde nahezu dreist zur Schau gestellt. Goldene Vasen, vergoldete Treppengeländer und bunte Teppiche. Die wenigsten konnten sich so etwas leisten. Besser lebten wohl nur der Papst und der König.
 

Sie folgten einer Wendeltreppe nach oben. Der Diener hielt vor einer Tür inne und klopfte an. „Frau Florant, ein weiterer Kunde.“ „Lass ihn rein“, sagte sie. Der Mann nickte Castus zu und trat zur Seite. Ein wenig zögerlich näherte er sich der Tür und trat schließlich ein.
 

Das Zimmer stand dem Rest des Anwesens in nichts nach. Noch mehr bunte Teppiche und Gardinen, ein Kamin und ein mit Samt bespannter Sessel hinter einem hölzernen, polierten Schreibtisch. In der Ecke stand ein Kleiderständer, an dem eine schwarze Robe hing. Seltsam, das Kleidungsstück sah fast aus wie eine der Priesterroben.
 

Sein Blick wanderte zu Relia Florant, welche im Sessel saß. Ihre Beine waren überschlagen und sie führte eine Zigarre zum Mund.
 

Während sie den Rauch auspustete erhob sie sich und kam Castus entgegen. Er fühlte es, das Insigne an seinem Handgelenk brannte regelrecht. Es war also wahr. Sie war diejenige welche ihre Seele verkauft hatte. Doch wie?
 

Elisa war im Heim, und alles andere verbrannt. Es dürfte keine Verbindung mehr zu dem Dämon geben.
 

„Also, was ist dein Begehr?“, fragte sie in einem verführerischen Tonfall. Diese Frau war tatsächlich außergewöhnlich schön. Schlank und elegant, eingehüllt in bunte, enganliegende Kleider. Ihr Haar war schwarz, lang und zu einem Flechtzopf zusammengebunden. Die Augen schimmerten hellbraun. Aus dem Augenwinkel meinte er eine Bewegung zu sehen, doch er konnte nichts entdecken.
 

Noch bevor er antworten konnte wich sie ein Stück zurück und zog Castus Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Du bist aufgewühlt und wütend. Eine starke Überzeugung leitet dich, doch sie missfällt dir.“
 

„Genug, wir können uns diese Farce sparen. Ich fühle die Dunkelheit und du wurdest gesehen, bei einem deiner Streifzüge durch Lorring. Ich weiß, dass du deine Seele verkauft hast, dass du einen Pakt eingegangen bist!“
 

Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter, er griff nach dem silbernen Schwert, doch Relia trat dicht an ihn heran, ihre schlanken Hände umfassten sein rechtes Handgelenk. Es sollte ihn nicht aufhalten, er war viel stärker, doch mit der Berührung kamen unzählige Gefühle. Verlangen, Unwillen seiner Berufung Folge zu leisten und schließlich Cartan. Sein innerer Dämon.
 

Lass uns einfach gehen, wenden wir uns von der Kirche ab. Überlass es einfach mir. Wir können frei sein, wir können leben.
 

Diese Kreatur versuchte ihn zu beeinflussen, versuchte seine Überzeugung zu erschüttern. Doch er war Gottes Streiter, neu geboren, um die Sünder zu strafen.
 

Er wollte das heilige Feuer nutzen, wollte den Dämon verbrennen, aber die Magie war nicht greifbar. Neue Gefühle strömten auf ihn ein. Er sah Eros vor sich, seinen selbstsicheren Blick. Fühlte die Erregung angesichts der Schmerzen, die der andere Mann ihm zugefügt hatte. Castus schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Was passierte mit ihm?
 

„Vergiss was du gefühlt hast, geh zurück zur Kirche und sage ihnen ich sei unschuldig. Es fühlt sich doch richtig an, oder nicht?“, fragte sie so sanft. Und ja, es fühlte sich richtig an. Als würde es sich ihm aufdrängen, als einzige Wahrheit. Diese Frau war unschuldig. Fast könnte er es glauben würde nicht das Insigne an seinem Handgelenk brennen wie Feuer.
 

Castus entzog sich ihrem Griff und wich zurück. Entschlossen zog er das Schwert und richtete es auf sie.
 

„Ich weiß von deiner Magie, Dämon. Du kannst das wahre Wesen hinter Dingen und Menschen erkennen, ihre Gefühle wahrnehmen. Doch offenbar hast du sogar noch größere Macht. Aber mir wirst du deine Wahrheiten nicht aufzwingen! Ich gebe mich nicht geschlagen!“
 

Relia ging langsam zurück, ein bösartiges Grinsen breitete sich auf ihrem hübschen Gesicht aus.
 

„Ich wollte dir wirklich nicht wehtun, aber du lässt mir keine andere Wahl“, sagte sie, griff unter ihre Gewänder, zog eine Kette hervor, und umfasste einen blutroten Edelstein.
 

Castus erkannte das Schmuckstück. Die Kette glich denen, die Eros bei Marie Permont gefunden hatte. Der Priester hatte die Edelsteine verbrannt, da Pater Mechalis ihm gesagt hatte, dass sie eine erneute Verbindung zum Dämon ermöglichen könnten.
 

Also war eines der verfluchten Schmuckstücke übriggeblieben. Und irgendwie hatte es seinen Weg zu der jungen Magierin gefunden. Sie hatte den Pakt erneuert. Ihre Seele schwand mit jeder Sekunde ein Stückchen mehr. Bis sie selbst nur noch ein Monster wäre. Erneut müsste er ein Leben nehmen, seiner Bürde folgend, musste er sie erlösen. Erretten vor der Verdammnis. Einen anderen Weg kannte er nicht.
 

Relia schnitt sich mit einem kleinen Messer in die Hand und ließ das Blut auf den Edelstein tropfen. Ihre Augen verloren sämtliche Farbe, nur noch Schwärze, die Stimme klang verzerrt und schrill. „Ich werde dich zerquetschen. Du bist nur ein Insekt, bedeutungslos gegen meine Macht.“
 

Etwas regte sich in der Ecke. Die seltsame Robe, die ihm schon vorhin aufgefallen war, bewegte sich. Fast unmerklich. Ein Schatten, der sich aus der Dunkelheit löste. Langsam kam es näher. Die weiten, schwarzen Gewänder umhüllten beinahe den ganzen Körper, der Kopf war gesenkt, sodass das Gesicht komplett vom Stoff verdeckt wurde. Eine Hand, mit langgezogenen dünnen Fingern, umklammerte eine Art Gehstock. Ein spitzer Zulauf am oberen Ende, ließ das Holz wie eine Sense aussehen. Jedes Mal, wenn der Stock den hölzernen Boden berührte, glaubte Castus eine dunkle, wabernde Energie zu sehen, die alles zerfraß.
 

Er dachte unwillkürlich an Abbildungen aus alten Büchern. Es war als würde der Tod selbst auf ihn zuschreiten. Und dann hob die Kreatur die andere Hand und schob die Kutte zurück. Sie gab den Blick frei auf das entstellte Gesicht. Es schienen Stücke zu fehlen, eingefallene Haut, die teils herunterhing und ein ausgefranster Mund. Die Nase bestand aus zwei schwarzen Löchern im Schädel. Die Augen waren menschlich, doch bei einem fehlten die Lider, weshalb es unnatürlich groß aussah. Weißlich trüb blickte es ins Nichts. Das zweite Auge schien intakt, doch es war fast noch verstörender. Dunkelrot wie der Edelstein, starrte es Castus direkt an. Auge in Auge mit dem Tod.
 

Das Schwert war noch immer nach vorn gerichtet, das Biest viel zu nah, doch er konnte seine Waffe nicht schwingen. Kein einziger Muskel gehorchte ihm. Sein Blick war unverwandt auf das grausige Geschöpf gerichtet, fast, als hielte es ihn gefangen. Würde das sein Ende sein?



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