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Priester und Mörder

von

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Die Wahrheit erzwingen

Eros wartete nur auf den richtigen Moment. Es war nicht das erste Mal, dass er jemanden beschattete und er machte niemals leere Versprechungen.
 

Doch das Castus die Dreistigkeit besaß, jenes Mädchen zu besuchen, dessen Mutter er getötet hatte, konnte er nicht begreifen. Wie konnte er das Kind so aufrichtig ansehen, ohne dabei vor Scham im Boden zu versinken. Und dann schwafelte er auch noch von Erlösung. So ein Bastard.
 

Seine Hände verkrampften sich, doch er zwang sich dazu ruhig zu atmen. Er war ganz schön nah dran. Hinter einem Baum auf dem Grundstück des Heims. Die Nonne und der Priester waren so miteinander beschäftigt gewesen, dass er sich völlig unbemerkt hatte bewegen können, um dann schließlich hinter einem Baum in Deckung zu gehen.
 

Das Gespräch endete offenbar damit, dass das Mädchen begann zu weinen. Eros schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er hätte Elisa nicht entgegentreten können. Immerhin hatte er Marie an Castus ausgeliefert. Er war ebenso schuldig wie der Priester, doch gerade deshalb musste er die Wahrheit erfahren.
 

Castus verabschiedete sich von der Nonne und Elisa. Dann machte er kehrt. Nicht gerade ein langer Besuch. Der Zweck erschloss sich Eros nicht.
 

Da die Nonne fort ging, hatte er freie Bahn und konnte dem Priester vom Grundstück folgen. Er hatte schon immer ein Talent dafür sich lautlos zu bewegen. Ungesehen und heimtückisch. Manche Verbrecher hatten ihr Ende nicht mal kommen sehen. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Wenn er ehrlich war, war genau das sein Element. Beobachten, Anschleichen und Zuschlagen. Es machte ihm mehr Freude als er je zugeben würde.
 

Das Heim befand sich am Rande Lorrings, was bedeutete, dass er und der Priester sich ganz in Ruhe unterhalten könnten. Kein Haus Gottes, keine Regeln. Er würde nicht eher nachgeben, bis der Priester ihm alles gesagt hätte.
 

Castus schritt eine leere Straße entlang und Eros war ihm durch Seitengassen gefolgt. Er kannte sich gut aus. Er wusste, wie er jemandem den Weg abschneiden konnte. Genau im richtigen Moment trat er aus dem Schatten und stellte sich direkt vor den Priester.
 

Die Augen erfassten ihn schnell und wirkten müde.
 

„Bitte, Eros. Lass mich einfach durch“, forderte der andere Mann matt.
 

Warum war er so erschöpft? Diesmal hatte er doch gar nicht gekämpft.
 

„Du weißt was ich will“, entgegnete er gelassen. Doch es war nur Fassade. Innerlich brodelte er. Castus war nicht nur ein Schoßhund der Kirche, sondern auch noch eiskalt und respektlos. Elisa hatte wahrlich genug gelitten.
 

„Gold nehme ich an.“
 

Eros schnaubte. „Offenbar verstehst du gar nichts.“
 

„Derjenige der nichts versteht bist du. Du hast keinen Respekt vor mir, keinen Respekt vor der Kirche oder der Obrigkeit und noch dazu keinerlei Manieren.“
 

Nun stahl sich ein Grinsen auf Eros Gesicht. „Du erinnerst dich doch an mein Versprechen, oder? Hier gibt es nur uns beide. Egal was ich tue, niemand sieht es.“
 

Er näherte sich dem Priester langsam. Natürlich wollte er ihm keine Gewalt antun. Jedenfalls noch nicht. Nicht bevor er alles wusste.
 

„Gott sieht alles.“
 

Eros musste sich zusammenreißen. So abgedroschen. Leere Floskeln. Hatte Gott auch gesehen wie seine Mutter gestorben war? Hatte er Mitleid mit dem kleinen Jungen gehabt, dessen Leben zerstört worden war? Nein, Eros suchte den Grund oder die Schuld nicht bei einem höheren Wesen. Die Menschen machten schon allein mehr als genug kaputt.
 

„Und du? Was siehst du, wenn du in den Spiegel schaust? Eine Marionette der Kirche oder gar Gottes?“
 

Castus schüttelte den Kopf. Doch Eros würde nicht aufhören.
 

„Glaubst du tatsächlich du folgst Gottes Willen? Glaubst du das es so etwas gibt? Will er die Kriege, die Kämpfe, die Verbrechen? Will er das du die Mutter eines Kindes tötest? Tatsächlich?“
 

Der Priester zitterte, Eros sah wie der andere Mann kurz davor war nach seinem Schwert zu greifen. Silber und schwer. Mit nur einem Hieb hatte er Marie geköpft. Schoßhund oder nicht, Castus war gefährlich und im Kampf ausgebildet.
 

Dennoch trat er immer dichter an den Priester heran, bis er schließlich direkt vor seinem Gesicht zischte: „Sag es mir, oh, Gottes Streiter. Spricht er zu dir? Oder ist es nicht nur die Kirche, die dir seinen vermeintlichen Willen einflüstert?“
 

„Schweig!“, nur ein Wort, laut und voller Macht ausgesprochen. Aber Eros wich nicht zurück. Er starrte Castus geradewegs in die Augen.
 

„Eros Doran, ich warne dich. Mein Gebot verbietet es mir Menschen zu verletzen, aber deshalb werde ich nicht alles tolerieren.“ Die Worte des Priesters zeugten von mühsamer Beherrschung.
 

„Wer gibt dir Befehle? Gott oder die Kirche?“
 

„Es gibt keinen Unterschied“, entgegnete Castus kühl.
 

Eros grinste und entfernte sich vom anderen Mann. Damals hatte er die Fassade des Priesters mit einem groben Kuss zum Bröckeln gebracht, doch das würde ihn nicht weiterbringen. Seine Raffinesse jedoch schon. Alles nur ein Ablenkungsmanöver. Während er sich Castus genähert hatte, hatte Eros ein paar Tropfen einer ganz speziellen Tinktur in die Ampulle des Priesters gemischt. Wahrheitsserum.
 

Wieder mal klammerte sich die rechte Hand des Priesters um den linken Unterarm. Eros hatte das schon oft beobachtet. Er verstand Castus nicht. Seine Ziele, seine Beweggründe, vordergründig so klar, erschienen ihm dennoch völlig schleierhaft. Was hatte den Mann dazu gebracht sich einem Gott so demütig zu unterwerfen? Oder war es tatsächlich nur Fassade. Eros würde alles aufdecken.
 

„Hast du jetzt endlich genug?“, fragte Castus und betrachtete Eros, als wäre dieser eine lästige Plage, die er tolerieren musste.
 

Nun durfte der Attentäter nicht zeigen, dass er sein Ziel bereits erreicht hatte.
 

„Ich gebe nicht auf. So oder so, auf die ein oder andere Weise, werde ich erfahren, was die Wahrheit ist.“
 

„Dann sprich mit Pater Mechalis. Wenn dich irgendjemand in die Geheimnisse der Kirche einweihen dürfte, dann er. Wenn er dich für vertrauenswürdig erachtet, dann soll es so sein. Ich werde nichts sagen.“
 

Die Worte klangen beinahe höhnisch, was dem Attentäter ein klein wenig imponierte. Mit so etwas wie Sarkasmus hatte er bei dem Priester nicht gerechnet.
 

„Vielleicht tue ich das“, entgegnete er dennoch völlig ungerührt. Alles nur noch Geplänkel, um von seiner kleinen, aber hoffentlich wirkungsvollen, Schandtat abzulenken.
 

„Geh, verkriech dich in der Kirche. Und warte darauf, dass der kleine dicke Mann dich wieder herumkommandiert.“
 

Castus kämpfte sichtlich um Beherrschung. Eros sah, wie die rechte Hand stärker zudrückte. Der Priester atmete tief durch und nahm wie erhofft ein paar Schlucke von der Flüssigkeit aus seiner Ampulle. Die Provokation hatte zum gewünschten Ergebnis geführt. Es würde nicht lange dauern, bis Castus jede seiner Fragen beantworten müsste.
 

Das Zittern ließ nach und Castus ließ die Schultern sinken. Sein Blick war kalt, als er Eros wieder ansah. „Du bist es nicht wert…“, sagte er schlicht und schritt an dem Attentäter vorbei. Doch Eros berührte das nicht. Hass und Wut waren sein Ziel gewesen. Gleichgültigkeit war ebenso in Ordnung. So oder so war der Priester unaufmerksam und Wahrheitsserum begann durch seinen Blutkreislauf zu zirkulieren. Das war seine Chance.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Heute hatte ich Zeit und habe es geschafft einige Kapitel nochmal Korrektur zu lesen und hochzuladen. :) Über Meinungen würde ich mich riesig freuen.
Insgesamt hat diese Geschichte 20 Kapitel. Das nächste werde ich im Verlauf der nächsten Woche hochladen. Komplett anzeigen

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